Ausgabe 03 / 2010 - BankPraktiker
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Herausgeber<br />
Werner Böhnke, Vorstandsvorsitzender, WGZ Bank<br />
Dr. Jürgen Ellenberger, Richter am BGH, Bankrechtssenat<br />
Dr. Peter Hanker, Vorstandssprecher, Volksbank Mittelhessen eG<br />
Wolfgang Hartmann, Vorstandsvorsitzender des Instituts für Risikomanagement<br />
und Regulierung, ehem. Mitglied des Vorstands und CRO, Commerzbank aG<br />
Walter kleine, Vorstandsvorsitzender, Sparkasse Hannover<br />
Prof. Dr. Thomas a. Lange, Sprecher des Vorstands, national-Bank aG<br />
Dr. Hans Richter, Oberstaatsanwalt, Leiter abteilung Bank-, Börsen- und Insolvenzstrafrecht,<br />
Schwerpunktstaatsanwaltschaft Wirtschafts strafrecht, Stuttgart<br />
karl Matthäus Schmidt, Vorstandssprecher, quirin bank aG<br />
Werner Severin, stv. Vorsitzender des Vorstands, SaarLB<br />
Prof. Dr. Franz-Christoph Zeitler, Vize-Präsident der Deutschen Bundesbank<br />
FacHbeirat<br />
Jürgen Becker, Bundeszentralamt für Steuern<br />
Markus Dauber, Vorstand, Volksbank Offenburg eG<br />
Markus Dokter, Leiter Unternehmenssteuerung, Volksbank Mittelhessen eG<br />
Volker Fentz, Vertriebsdirektor und Leiter Firmenkunden, niederlassung Rhein-<br />
Main, UniCredit Bank aG<br />
Dr. karsten Füser, Head of advisory Services / Global Financial Services,<br />
Ernst & Young aG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft,<br />
Stuttgart<br />
Dr. Ralf Hannemann, Direktor, Bereichsleiter Risikomanagement und<br />
Controlling, Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands, VÖB<br />
Ralf Josten, LL. M. oec, Rechtsanwalt, Direktor Zentralbereich kommunen/<br />
Recht und Chefsyndikus kreissparkasse köln<br />
Dr. Jörg Lauer, Direktor Immobilienkunden Europa, Landesbank<br />
Baden-Württemberg<br />
Hans-Peter Lorenz, Bankenaufsicht, Deutsche Bundesbank, Hauptverwaltung<br />
Frankfurt<br />
Mathias nittel, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Bank- und kapitalmarktrecht,<br />
Witt nittel Rechtsanwälte, Heidelberg<br />
Burkhard Reitermann, Fachbereichsleiter GRM – Credit Risk Central & Eastern<br />
Europe Retail & MidCorp, Commerzbank aG<br />
Helmut Schneider, Direktor, Steuerabteilung, Bayern LB<br />
Elmar Scholz, abteilungsleiter Marktfolge Passiv / Dienstleistungen,<br />
Sparkasse am niederrhein<br />
anja Steinmeyer, Leiterin Handelskontrolle, HSH nordbank aG<br />
Walter Ullrich, Direktor Revision, Hamburger Sparkasse aG<br />
Christoph Wengler, Syndikus, European association of Public Banks (EaPB)<br />
Dr. Maximilian a. Werkmüller, LL.M., Syndikus & Leiter Family Office, HSBC<br />
Trinkaus & Burkhardt kGaa<br />
Prof. Dr. Stefan Zeranski, ehem. Leiter Treasury, kölner Bank eG<br />
redaktion<br />
Dr. Patrick Rösler, Chefredakteur und VisdP<br />
Corinna van der Eerden, stellv. Chefredakteurin<br />
Dr. Christian Göbes<br />
Frank Sator<br />
Marcus Michel<br />
Thomas Welker<br />
sponsoren<br />
abit.de<br />
de.ey.com<br />
Liebe Leserinnen<br />
und Leser,<br />
„Stillstand ist Rückschritt.”<br />
Rudolf von Bennigsen-Foerder (1926–89),<br />
dt. Topmanager, Vorstandsvors. Veba AG<br />
unter diesem Leitgedanken haben wir den <strong>BankPraktiker</strong> im Sommer<br />
2009 von der Verlagsgruppe Handelsblatt übernommen und ihn seither<br />
konsequent weiter an den aktuellen Themen der Praxis ausgerichtet.<br />
Die Beiträge unserer Autoren, die überwiegend aktiv in namhaften<br />
deutschen Kreditinstituten tätig sind, bieten Ihnen konkrete<br />
Hinweise und Praxistipps zur Lösung, Optimierung und Gestaltung<br />
ihrer Aufgaben.<br />
Ergänzend möchten wir Ihnen für diesen erfolgreichen Praktiker-Ansatz<br />
zukünftig eine moderne Kommunikations- und Netzwerkplattform bieten,<br />
um so noch früher über die aktuellen <strong>BankPraktiker</strong>-Themen zu<br />
informieren. Diese neue Plattform schafft gleichzeitig auch die Möglichkeit,<br />
institutsgruppenübergreifend mit den Autoren der Beiträge<br />
aus dem <strong>BankPraktiker</strong> und Kollegen zu diskutieren.<br />
Hierzu haben wir innerhalb des Business-Netzwerks XING unsere<br />
Gruppe „<strong>BankPraktiker</strong>“ eingerichtet. XING ist heute das größte berufsbezogene<br />
Kommunikationsnetzwerk, welches sich durch eine weltweite<br />
Vernetzung von Menschen aus allen Unternehmensbereichen<br />
und Branchen zum Ziel gesetzt hat, eine interdisziplinäre Kommunikationsplattform<br />
für unterschiedlichste Themenbereiche zu schaffen.<br />
Gerade Mitarbeiter aus Banken und Sparkassen sind in XING in großer<br />
Zahl vertreten und kennen die vielfältigen Vorteile einer modernen<br />
fachthemenbezogenen Kommunikation. Die Basismitgliedschaft bei<br />
XING ist kostenfrei und kann von jedem durch eine einfache Registrierung<br />
erlangt werden (www.xing.de). Ihren Beitritt zur Gruppe<br />
„<strong>BankPraktiker</strong>“ können Sie einfach unter dem folgenden Link beantragen:<br />
https://www.xing.com/net/bankpraktiker/<br />
Wir werden künftig allen Gruppenmitgliedern ca. 14 Tage vor Erscheinen<br />
der neuen <strong>Ausgabe</strong> unseres <strong>BankPraktiker</strong> einen ersten aktuellen<br />
Themenüberblick durch unseren „Newsletter <strong>BankPraktiker</strong>“ vermitteln<br />
und Ihnen dann auch eine fachbezogene Diskussion zu den einzelnen<br />
Themen in den dafür eingerichteten „<strong>BankPraktiker</strong>-Foren“ ermöglichen.<br />
Hier haben Sie auch die Möglichkeit, uns ein Feedback zum<br />
<strong>BankPraktiker</strong> zu geben und interessante neue Themen anzustoßen.<br />
Die Diskussionsforen in der XING-Gruppe <strong>BankPraktiker</strong> sind in Rubriken<br />
unterteilt. Diese orientieren sich an den bekannten <strong>BankPraktiker</strong>-<br />
Rubriken aus dem Heft. In welcher Rubrik Sie zu dem jeweiligen Beitrag<br />
diskutieren können, finden Sie als Hinweis künftig auf der ersten<br />
Seite eines jeden Beitrags, direkt unter dem Autorenkasten.<br />
Wir freuen uns sehr auf eine interessante Diskussion mit Ihnen.<br />
Für die gesamte Redaktion<br />
Marcus Michel, Redakteur <strong>BankPraktiker</strong> und<br />
Moderator XING-Gruppe <strong>BankPraktiker</strong><br />
Marcus Michel<br />
<strong>03</strong> / <strong>2010</strong> <strong>BankPraktiker</strong><br />
Editorial<br />
57
Inhalt<br />
58<br />
<strong>03</strong> / <strong>2010</strong> <strong>BankPraktiker</strong><br />
60–64<br />
AKTUELL / BANKPERSPEKTIVEN<br />
60 Umfang der Beratungspflichten im<br />
Rahmen von Zinsswap-Geschäften<br />
Wissen über Kredite abhängig von<br />
Einkommen, Alter und Geschlecht<br />
61 Ein Drittel der CEOs von Finanzinstituten<br />
erwartet W-förmige Konjunkturerholung<br />
Umfrage bei Finanzmarkt experten<br />
zu Lehren aus der Finanzmarktkrise<br />
Studie: Vertrauenskrise der Finanzbranche<br />
noch lange<br />
nicht ausgestanden<br />
62 Banken fürchten politische<br />
Einmischung<br />
GLS Bank erhält Mikrofinanz-<br />
Auftrag von Bundesregierung<br />
63 Auszeichnung der besten<br />
Banken‐Website <strong>2010</strong><br />
Ikea wird zum Häuslebauer<br />
Migros-Bank übernimmt<br />
Swisslease AG<br />
LBBW Asset Management ist „Fondsboutique<br />
des Jahres“<br />
64 BankPerspektiven:<br />
Innovationspreis des<br />
<strong>BankPraktiker</strong> für die Volksbank<br />
Mosbach/Deutschland<br />
BEITRÄGE<br />
BEITRÄGE<br />
65 Stresstest: Modellierung eines<br />
Prototypen<br />
Svend Reuse, Sparkasse Mülheim an der Ruhr, Fachhochschule Masaryk-<br />
Universität Brno | Dr. Martin Svoboda, Masaryk Universität (Brno)<br />
w Wann immer ein Controller Anfang 2007 als<br />
Stresstest definiert hätte „Zusammenbruch des<br />
Bankensystems, Insolvenz einer großen Investmentbank<br />
und Liquiditätsknappheit am deutschen<br />
Bankenmarkt“, wäre er von allen Marktteilnehmern<br />
als verrückt tituliert worden. Die Realität<br />
hat jedoch gezeigt, dass dies durchaus eintreten<br />
kann. Stresstests sind somit wichtiger denn<br />
je. Auch die Bankenaufsicht hat sich des Themas<br />
Stresstests angenommen und die MaRisk entsprechend<br />
modifiziert. Doch wie sind diese Modifizierungen<br />
zu bewerten? Wie kann ein konkretes<br />
Stressszenario aussehen? Der Beitrag behandelt<br />
diese Themen und gibt wertvolle Tipps zur Umsetzung<br />
von Stresstests in die Praxis.<br />
71 Öffentlich-rechtliche Banken in<br />
Deutschland: Beurteilung aus<br />
externer Ratingsicht<br />
Andreas Biele, UniCredit Markets & Investment Banking –<br />
Bayerische Hypo- und Vereinsbank AG.<br />
w Die Sparkassen Finanzgruppe aus Sicht externer<br />
Ratingagenturen – Ratingbetrachtung, Tendenzen<br />
und Refi nanzierungsaspekte.<br />
78 Kundenorientierung: Optimierung<br />
von Banköffnungszeiten am Fallbeispiel<br />
der Volksbank Leipzig<br />
Lucretia Löscher | Marcus Göpfert | Tanja Bogumil, HHL – Leipzig Graduate<br />
School of Management.<br />
w Öffnungszeiten sind und waren schon immer<br />
Anlass für Diskussionen. Den schmalen Grad zwischen<br />
Kundenzufriedenheit, wirtschaftlichen Erwägungen,<br />
rechtlicher Zulässigkeit und Mitarbeiterbedürfnissen<br />
zu finden, ist eine der schwierigsten<br />
Aufgaben von Unternehmen im Zusammenhang<br />
mit dem Außenauftritt. Kreditinstitute<br />
müssen heutzutage mehr denn je an Öffnungszeitkonzepten<br />
arbeiten, die sowohl Geschäftsals<br />
auch Privatkunden gerecht werden, die den<br />
Kundenzulauf in zentralen und ländlichen Filialen<br />
beachten und die Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich<br />
mit konkurrierenden Instituten sicherstellen.
65–96<br />
84 Forwarddarlehen: Berechnung der<br />
Nichtabnahme- und Vorfälligkeitsentschädigung<br />
Prof. Dr. Konrad Wimmer, msgGillardon AG Ismaning |<br />
Dr. Patrick Rösler, Finanz Colloquium Heidelberg GmbH<br />
w Bei der Berechnung von Nichtabnahme- und<br />
Vorfälligkeitsentschädigung bei Forward-Darlehen<br />
spielt aus juristischer Sicht eine Rolle, wie der<br />
rechtlich geschützte Zinserwartungszeitraum bei<br />
Forwarddarlehen zu definieren ist. Außerdem ist<br />
häufig unklar, wie aus finanzmathematischer und<br />
juristischer Sicht die konkrete Berechnung der<br />
Nichtabnahme- und Vorfälligkeitsentschädigung<br />
bei vorzeitiger Rückführung bzw. Nichtabnahme<br />
von Forwarddarlehen zu erfolgen hat und ob ein<br />
Forwarddarlehen oder eine sofortige Umschuldung<br />
für den Kunden günstiger ist.<br />
90 Bankfiliale: Ein Blick in die Zukunft<br />
Ulrich Jungmann, msgGillardon AG<br />
w Der Beitrag nennt erfolgsbestimmende Faktoren<br />
und Trends in den Filialbanken. Trotz der<br />
steigenden Anzahl an Onlinebanken besteht bei<br />
den Bankkunden nach wie vor Bedarf an kompetenter<br />
Beratung in den Filialen der Kreditinstitute.<br />
Allerdings ist ein „weiter wie bisher“ eine<br />
Sackgasse.<br />
SERVICE<br />
97 BankPartner<br />
99 Rezensionen<br />
1<strong>03</strong> Personalia<br />
IMPRESSUM<br />
<strong>BankPraktiker</strong><br />
RECHTSSICHER • REVISIOnSFEST • RISIkOGERECHT<br />
Redaktion<br />
Dr. Patrick Rösler, Chefredakteur und VisdP<br />
Corinna van der Eerden, stellv. Chefredakteurin<br />
Dr. Christian Göbes<br />
Frank Sator<br />
Marcus Michel<br />
Thomas Welker<br />
E-Mail: <strong>BankPraktiker</strong>@FC-Heidelberg.de<br />
Leiterin Korrektorat und Rezensionen<br />
Janin Stärker<br />
E-Mail: Janin.Staerker@FC-Heidelberg.de<br />
Sponsoring- /Anzeigenleitung<br />
Stefanie nauen<br />
E-Mail: Stefanie.nauen@FC-Heidelberg.de<br />
Produktionsleitung<br />
Christiane kempe<br />
E-Mail: Christiane.kempe@FC-Heidelberg.de<br />
Leiterin Aboservice<br />
Beate knopf<br />
E-Mail: Beate.knopf@FC-Heidelberg.de<br />
Satz<br />
Metalexis, niedernhausen<br />
Druck<br />
City Druck, Heidelberg<br />
Versand<br />
letterei.de GmbH & Co. kG, nauheim<br />
Titelfoto<br />
Rolf Bopp/fotolia<br />
Preise<br />
Der Preis für ein Jahresabonnement Inland beträgt<br />
€ 210.– inkl. USt. und zzgl. € 12.– Versandkosten.<br />
<strong>BankPraktiker</strong> erscheint zehn Mal jährlich.<br />
Der Preis für ein Einzelheft beträgt € 23,45<br />
(€ 22 + € 1,45 Versand). abonnementkündigungen<br />
sind nur mit einer Frist von 4 Wochen zum Ende<br />
des berechneten Bezugszeitraums möglich.<br />
Firmenanschrift & inhaltliche Verantwortung<br />
Finanz Colloquium Heidelberg GmbH<br />
Plöck 32a<br />
D-69117 Heidelberg<br />
Tel.: 06221 – 99 898 0<br />
Fax: 06221 – 99 898 99<br />
info@fc-heidelberg.de<br />
www.fc-heidelberg.de<br />
Geschäftsführung<br />
Dr. Christian Göbes, Frank Sator, Dr. Patrick Rösler<br />
Sitz der Gesellschaft ist Heidelberg,<br />
amtsgericht Mannheim HRB nr. 335598<br />
Umsatz-Identifi kationsnummer gemäß § 27 a<br />
Umsatzsteuergesetz: DE184391372<br />
ISSn 1861-4884<br />
97–104<br />
<strong>03</strong> / <strong>2010</strong> <strong>BankPraktiker</strong><br />
59
Aktuell<br />
Anlage, Recht<br />
Umfang der Beratungspflichten<br />
im Rahmen von Zinsswap-<br />
Geschäften<br />
w Mit zwei aktuellen Urt. v. 30.12.2009 (Az.<br />
23 U 175/08 bzw. 23 U 24/09) hat das OLG<br />
Frankfurt/M. erneut über den Umfang von<br />
Beratungspflichten im Rahmen von Zinsswap-Geschäften<br />
entschieden.<br />
Klägerin war – jeweils – ein mittelständisches<br />
Unternehmen. Streitgegenständlich<br />
waren in beiden Fällen insbesondere<br />
Schadensersatzansprüche wegen Verletzung<br />
von Beratungspflichten im Zusammenhang<br />
mit zwischen den Parteien<br />
geschlossenen sog. CMS-Spread-Ladder-Swaps.<br />
Während das LG Frankfurt/M.<br />
(Vorinstanz zu Az. 23 U 24/09) die Klage<br />
wegen einer Beratungspflichtverletzung<br />
als begründet ansah, hatte in dem anderen<br />
Verfahren das LG Hanau (Vorinstanz<br />
zu Az. 23 U 175/08) eine derartige Pflichtverletzung<br />
bereits verneint und die Klage<br />
abgewiesen. Das OLG Frankfurt/M. sah<br />
in beiden Fällen eine Verletzung von Beratungspflichten<br />
nicht als gegeben an und<br />
wies im Ergebnis beide Klagen als unbegründet<br />
ab, da die vom Kläger angegriffene<br />
Beratung anleger- und anlagegerecht<br />
erfolgt sei.<br />
Über die Risiken des Zinsswap-Geschäfts<br />
wurde dem Gericht zufolge hinreichend<br />
aufgeklärt. Das asymmetrische Chancen-<br />
Risiko-Profil und die sich daraus ergebende<br />
Charakteristik des CMS-Spread-Ladder-<br />
Swaps hätten sich deutlich aus der Produktbeschreibung<br />
ergeben. Eine Verpflichtung<br />
der Beklagten, über den anfänglich<br />
negativen Marktwert der Zinsswaps aufzuklären,<br />
bestehe nicht. Dieser Marktwert<br />
sei derjenige Betrag, den der Vertragspartner<br />
der Bank im Falle einer vorzeitig<br />
gewünschten Beendigung des Swapgeschäfts<br />
als Ausgleich zu zahlen habe. Eine<br />
solche Zahlung bei vorzeitiger Beendigung<br />
eines Vertragsverhältnisses sei einer Vorfälligkeitsentschädigung<br />
vergleichbar und<br />
allgemein üblich, so dass nicht gesondert<br />
darüber aufgeklärt werden müsse. Darüber<br />
hinaus hält es das Gericht für unschädlich,<br />
60 <strong>03</strong> / <strong>2010</strong> <strong>BankPraktiker</strong><br />
dass die Beklagte den Zinsswap zur „Zinsoptimierung“<br />
anbot. Zu einer derartigen<br />
Optimierung sei grds. jede Anlage geeignet,<br />
die im Falle einer günstigen Entwicklung<br />
zu bedeutenden Erträgen führe und<br />
somit die Möglichkeit biete, bestehende<br />
Zinslasten zu reduzieren. Schließlich weist<br />
der erkennende Senat im Zusammenhang<br />
mit der erfolgten Aufklärung über historische<br />
Zinssätze – in den Beratungsunterlagen<br />
war ein Zeitraum von zehn Jahren<br />
dargestellt – auf die nur begrenzte Bedeutung<br />
der Darstellung historischer Zinssätze<br />
hin. Zwar beruhe die Entwicklung kurz-<br />
und langfristiger Zinssätze auf spezifischen<br />
Wirtschaftsgegebenheiten, die einer<br />
reflektierenden Betrachtung zugänglich<br />
seien. Da aber die Entwicklung der Kapitalmärkte<br />
in jeder volkswirtschaftlichen<br />
Epoche von anderen Rahmenbedingungen<br />
geprägt würde, könne auch mit Hilfe<br />
des Studiums historischer Daten keine<br />
verlässliche Prognose über die zukünftige<br />
Zinsentwicklung aufgestellt werden, so<br />
dass die vorhandene Darstellung der Historie<br />
ausreiche.<br />
Nachdem das OLG Frankfurt/M. (Az. 23 U<br />
76/08) bereits im Juli 2009 in einem ähnlichen<br />
Fall die Klage einer – gewerblich<br />
handelnden – Anlegerin abwies, liegt das<br />
Gericht auch mit diesen Urteilen auf einer<br />
Linie mit Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte<br />
(OLG Bamberg, Az. 4 U 92/08;<br />
OLG Celle, Az. 3 U 45/09; OLG Düsseldorf,<br />
Az. I-9 U 187/08) und bestätigt die bisherige<br />
OLG-Rechtsprechung zum Umfang<br />
der Beratungspflichten bei Zinsswap-<br />
Geschäften. £<br />
Dr. Roland Hoffmann-Theinert, Partner,<br />
Rechtsanwalt und Notar und Dr. Daniel<br />
Tiwisina, Rechtsanwalt, beide GÖRG Partnerschaft<br />
von Rechtsanwälten.<br />
Kredit<br />
Wissen über Kredite abhängig<br />
von Einkommen, Alter und<br />
Geschlecht<br />
w Welche Einstellung haben die Deutschen<br />
zum Thema Kredit und welches<br />
Image haben die unterschiedlichen Kre-<br />
ditformen? Eine repräsentative Umfrage<br />
von CreditPlus unter der deutschen Bevölkerung<br />
zeigt, dass in der Bevölkerung ein<br />
sehr unterschiedlicher Kenntnisstand über<br />
das Thema „Kredit“ herrscht.<br />
Die Basis für eine fundierte Wertung und<br />
Entscheidung über einen Kredit liegt im<br />
Wissen. Auf die Frage „Welcher Kredit bietet<br />
Ihnen Ihrer Meinung nach die besten Konditionen?“<br />
waren 41% der Befragten nicht<br />
in der Lage, eine Einschätzung hinsichtlich<br />
der Konditionen der vier angebotenen<br />
Kreditformen Ratenkredit, Abrufkredit,<br />
Dispokredit und Kreditkarte abzugeben.<br />
Besonders bedenklich: Die Hälfte der<br />
Bevölkerung über 55 Jahre kann keine Aussage<br />
darüber machen. Auffällig ist darüber<br />
hinaus der Mangel an Information unter<br />
den weiblichen Umfrageteilnehmern: Fast<br />
die Hälfte der Frauen (46%) haben keine<br />
Meinung zu den unterschiedlichen Kreditarten;<br />
im Vergleich konnten nur 36%<br />
der traditionell eher an Geldfragen interessierten<br />
Männer ebenfalls keine Wertung<br />
abgeben.<br />
Die Unkenntnis über die unterschiedlichen<br />
Kreditarten nimmt mit sinkendem Haushaltsnettoeinkommen<br />
zu: 55% der Personen,<br />
deren Nettoeinkommen unter und<br />
bis zu 1.249 € monatlich beträgt, können<br />
sich nicht zu dem Thema äußern. Nicht<br />
verwunderlich ist, dass in dieser Einkommensgruppe<br />
79,5% grundsätzlich „nein“<br />
zur Finanzierung über einen Kredit sagten.<br />
Zum Vergleich die anderen Einkommensgruppen:<br />
Der Anteil derjenigen, die<br />
keine Aussage zum Thema Kredit machen<br />
können, liegt bei den Befragten mit einem<br />
Einkommen von 1.250 bis 1.749 € bei 48%;<br />
unter denjenigen mit einem Einkommen<br />
von 1.750 bis 2.499 € bei 36% und 22% in<br />
der Gruppe, die über 2.500 € netto erwirbt.<br />
Der niedrige Kenntnisstand zum Thema<br />
„Kredit“ spiegelt sich im Bildungsniveau<br />
der Befragten wider: Beunruhigende<br />
48% der Bevölkerung mit Hauptschulabschluss<br />
wissen wenig über Konditionen<br />
bei der Kreditvergabe. Aber auch 37% der<br />
Deutschen mit Abitur oder Universitätsabschluss<br />
zeigen Wissenslücken. £
Vorstand<br />
Ein Drittel der CEOs von Finanzinstituten<br />
erwartet W-förmige<br />
Konjunkturerholung<br />
w Die Geldpolitik der Zentralbanken sorgt<br />
für Profite im Bankensektor und erlaubt<br />
Finanzinstituten, ihre Kapitalbasis zu verbessern.<br />
Doch weiterhin steht die Branche<br />
vor großen Herausforderungen.<br />
Die Strategieberatung Oliver Wyman hat<br />
die 13. <strong>Ausgabe</strong> ihres jährlichen Reports<br />
„State of the Financial Services Industry“<br />
auf dem Weltwirtschaftsgipfel in Davos vorgestellt.<br />
Die Studie analysiert den Zustand<br />
der Branche und bewertet die Performance<br />
der 400 größten Finanzinstitute weltweit<br />
während der vergangenen fünf Jahre. Darüber<br />
hinaus werden im Rahmen der Studie<br />
die CEOs der 400 größten Finanzinstitute<br />
weltweit zu ihren Erwartungen an die Entwicklung<br />
der Branche befragt.<br />
Die Studie zeigt, dass Finanzinstitute derzeit<br />
wieder gute Gewinne schreiben und<br />
über die Branche hinweg 57% des Verlusts<br />
an Marktwert durch die Krise wettgemacht<br />
haben. Allerdings bedeutet die<br />
massive Schuldenübertragung von Haushalten<br />
und Unternehmen zu Schulden der<br />
öffentlichen Hand von bis zu 70%, dass die<br />
Besserung so nicht lange weiter unterstützt<br />
werden kann.<br />
Die langfristige Zukunft der Finanzinstitute<br />
bleibt daher weiterhin im Unklaren und<br />
ein Rückfall ist möglich. Dieser hängt vom<br />
regulatorischen Umfeld ab, in dem sich die<br />
Banken bewegen sowie von der Stärke der<br />
Gesamtwirtschaft außerhalb der Finanzbranche.<br />
32% der befragten CEOs glauben<br />
an einen W-förmigen Rezessionsverlauf<br />
und 60% erwarten keine dauerhafte<br />
Besserung der wirtschaftlichen Situation<br />
vor 2012. Sie erwarten für ihre Firmen nur<br />
noch langfristige Wachstumsraten von acht<br />
Prozent, im Unterschied zu zwölf Prozent<br />
vor der Krise.<br />
Zu einer vollständigen Genesung legt die<br />
Studie der Finanzbranche für die Zukunft<br />
einen neuen Lebensstil ans Herz: Die Insti-<br />
tute werden sich auf zumindest zwei Aspekte<br />
konzentrieren müssen: Ihre Reputation zu<br />
verbessern und Antworten auf die wahren<br />
Bedürfnisse ihrer Kunden zu finden. £<br />
Vorstand<br />
Umfrage bei Finanzmarktexperten<br />
zu Lehren aus der<br />
Finanzmarktkrise<br />
w Die Aufsichtsräte der Banken haben ihre<br />
Kontrollfunktion in den zurückliegenden<br />
Jahren schlecht erfüllt und tragen Mitschuld<br />
an der Finanzmarktkrise. Der Gesetzgeber<br />
sollte deshalb unbedingt die Aufsichtsratsstrukturen<br />
bei Banken verbessern.<br />
Vordringlich sollten höhere Anforderungen<br />
an die Qualifikation und Erfahrung von Aufsichtsräten<br />
gestellt, die Zahl der von einem<br />
Aufsichtsratsmitglied ausgeübten Mandate<br />
begrenzt und die Informationsrechte des<br />
Aufsichtsrats gegenüber dem Vorstand<br />
gestärkt werden. Auch eine längere zeitliche<br />
Sperrfrist bei einem Wechsel vom Vorstand<br />
in den Aufsichtsrat einer Bank sollte<br />
überlegt werden. Zu diesen eindeutigen<br />
Ergebnissen kommt eine aktuelle Umfrage<br />
des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung<br />
(ZEW) in Mannheim unter 222<br />
Experten des Finanzsektors im Rahmen des<br />
monatlichen ZEW Finanzmarkttests.<br />
Wegen der internationalen Finanzmarktkrise<br />
sieht sich vor allem das Topmanagement<br />
der Banken scharfer Kritik ausgesetzt.<br />
Weitaus weniger kritisiert wird dagegen die<br />
Rolle des Aufsichtsrats. Dabei ist es dessen<br />
vornehmste Pflicht, das Management zu<br />
überwachen und zu riskante Geschäftspraktiken<br />
zu verhindern. Diese Pflicht haben die<br />
Aufsichtsräte der Banken nach Ansicht von<br />
88% der vom ZEW befragten Finanzmarktexperten<br />
vernachlässigt. Sie sind daher für<br />
die Finanzmarktkrise mitverantwortlich.<br />
Als Reaktion darauf sprechen sich neun<br />
von zehn der vom ZEW Befragten für deutliche<br />
Änderungen bei den Aufsichtsratsstrukturen<br />
der Banken aus.<br />
Nach Ansicht der Experten sind höhere<br />
Anforderungen an die Qualifikation der<br />
Aufsichtsratsmitglieder der beste Weg,<br />
um die Kontrolle des Vorstands durch den<br />
<strong>03</strong> / <strong>2010</strong> <strong>BankPraktiker</strong><br />
Aktuell<br />
Aufsichtsrat zu verbessern. Rund 94% von<br />
ihnen halten eine solche Maßnahme für<br />
geeignet oder sogar sehr geeignet.<br />
Ein verstärktes Informationsrecht des Aufsichtsrats<br />
gegenüber dem Vorstand wird<br />
von 89% der Finanzexperten als geeignet<br />
oder sehr geeignet bewertet, um die Kontrollfunktion<br />
zu verbessern. Darüber hinaus<br />
sollte die Anzahl der Aufsichtsratsmandate,<br />
die von einem Aufsichtsratsmitglied ausgeübt<br />
werden dürfen, begrenzt und höhere<br />
Anforderungen an die Erfahrung der Aufsichtsratsmitglieder<br />
gestellt werden. Mehr<br />
als 80% der Experten halten diese Maßnahmen<br />
für geeignet oder sehr geeignet.<br />
Und immerhin noch 71% der Experten plädieren<br />
für eine gewisse zeitliche Sperrfrist<br />
zwischen dem Wechsel eines Vorstandsmitglieds<br />
in den Aufsichtsrat, um daraus<br />
möglicherweise entstehende Interessenkonflikte<br />
zu vermeiden.<br />
Deutlich skeptischer sind die befragten<br />
Finanzexperten bezüglich einer Begrenzung<br />
der Anzahl der Mitglieder des<br />
Aufsichtsrats. Eine erfolgsabhängige Entlohnung<br />
des Aufsichtsrats wird von der<br />
Mehrheit der Experten ebenfalls abgelehnt.<br />
Knapp 20% von ihnen halten eine solche<br />
Maßnahme sogar für vollkommen ungeeignet,<br />
um die Kontrolle des Managements<br />
durch den Aufsichtsrat zu verbessern. Diese<br />
Ablehnung muss indessen nicht wundern,<br />
wird doch die erfolgsabhängige Entlohnung<br />
von Bankmanagern von der breiten<br />
Öffentlichkeit als eine der Hauptursachen<br />
für die Finanzmarktkrise betrachtet.<br />
Es erscheint somit wenig sinnvoll, genau<br />
dies nun auch für die Aufsichtsratsmitglieder<br />
einzuführen. £<br />
mehr dazu unter:<br />
www.zew.de/publikation5707<br />
Vorstand<br />
Studie: Vertrauenskrise der<br />
Finanzbranche noch lange<br />
nicht ausgestanden<br />
w Auch über ein Jahr nach der Lehman-<br />
Pleite leidet die Finanzdienstleistungsbranche<br />
immer noch unter einer echten<br />
61
Aktuell<br />
Vertrauenskrise - dies ist das Kernergebnis<br />
einer repräsentativen Studie von BBDO<br />
Consulting, der auf Marketingstrategien<br />
spezialisierten Unternehmensberatung<br />
der BBDO Gruppe. Die Marketingexperten<br />
hatten schon Ende 2008 mit der gleichen<br />
repräsentativen Studie über 1.000 Personen<br />
zu ihrer Vertrauenseinschätzung gegenüber<br />
unterschiedlichen Finanzdienstleistern<br />
befragt und können nun folgende<br />
wesentliche Entwicklungen feststellen:<br />
Kundenvertrauen stagniert: Insgesamt<br />
bleibt das Kundenvertrauen gegenüber<br />
der Branche auf ähnlich niedrigem<br />
Niveau wie vor einem Jahr, also wie zu<br />
Hochzeiten der Finanzkrise.<br />
Gewinner verlieren, Verlierer gewinnen:<br />
Die Vertrauens-Champions des<br />
letzten Jahres, Sparkassen und Genossenschaftsbanken,<br />
sind auch dieses<br />
Jahr wieder vorne, müssen aber leichte<br />
Verluste hinnehmen, sodass jetzt auch<br />
die Bausparkassen Einzug in diese Spitzengruppe<br />
halten. Umgekehrt können<br />
die großen Verlierer des letzten Jahres<br />
– Investmentbanken, Unabhängige<br />
Finanzdienstleister wie MLP oder AWD<br />
sowie Privatbanken – zum Teil deutlich<br />
zulegen. Ausnahme: Fondsgesellschaften<br />
verharren auf dem niedrigen<br />
Niveau des letzten Jahres.<br />
Bodenständigkeit und Transparenz<br />
hilft, Internationalität und Kapitalmarktnähe<br />
nicht: Wie vor einem Jahr<br />
belohnen Kunden auch diesmal wieder<br />
das, was für sie ein im besten Sinne<br />
des Wortes konservatives Geschäft<br />
ausmacht: Bodenständigkeit und<br />
Transparenz. Umgekehrt scheint das<br />
Misstrauen gegenüber Geschäften mit<br />
großer Nähe zu den internationalen<br />
Kapitalmärkten immer noch tief zu<br />
sitzen, trotz der positiven Entwicklungen<br />
vieler Aktienmärkte 2009.<br />
Vertrauen alleine reicht nicht, ausschlaggebend<br />
ist die Präferenzposition:<br />
Die Ergebnisse zeigen, dass eine<br />
gute Vertrauensposition sich nicht<br />
automatisch in eine starke Präferenzposition<br />
übersetzt. Zwei Beispiele aus<br />
der Gruppe der „Vertrauens-Champions“:<br />
während die Sparkassen ihre Vertrauensführerschaft<br />
auch in starke Prä-<br />
62 <strong>03</strong> / <strong>2010</strong> <strong>BankPraktiker</strong><br />
ferenzpositionen bei allen abgefragten<br />
Bedarfen der persönlichen Finanzplanung<br />
ummünzen können (z. B. Altersvorsorge,<br />
Geldanlage, Kredit), gelingt<br />
dies den Genossenschaftsbanken nicht.<br />
Zahlungsbereitschaft für Honorarberatung<br />
sehr niedrig: zwar gibt es mittlerweile<br />
eine breite generelle Zahlungsbereitschaft<br />
für gebührenpflichtige<br />
Finanzberatung, allerdings bewegen<br />
sich die Beträge, die Kunden dafür<br />
nach eigener Aussage tatsächlich zu<br />
zahlen bereit sind, größtenteils bei<br />
Werten deutlich unter 50 €. £<br />
Vorstand<br />
Banken fürchten politische<br />
Einmischung<br />
w Gut ein Jahr nach dem Höhepunkt der<br />
Finanzmarktkrise hat sich die Stimmung<br />
in der Bankenwelt klar gegen eine weitere<br />
staatliche Einflussnahme gewendet.<br />
Wie aus einer gemeinsamen Umfrage der<br />
Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft<br />
PricewaterhouseCoopers (PwC)<br />
und des Centre for the Study of Financial<br />
Innovation (CSFI) hervor geht, gelten „Politische<br />
Interventionen“ derzeit als Risikofaktor<br />
Nummer Eins. Auf dem zweiten Platz<br />
des „Banking-Banana-Skins-Index“ folgen<br />
Kreditrisiken. Die Furcht vor Überregulierung<br />
steht auf Rang drei und damit noch<br />
vor der Sorge über die Entwicklung der<br />
Weltwirtschaft. Der Index listet regelmäßig<br />
die aus Sicht von Bankern, Aufsichtsbehörden<br />
und Branchenbeobachtern größten<br />
Gefahren für die Bankenbranche auf.<br />
Konkret sehen viele Befragte einen Zielkonflikt<br />
zwischen der politischen Forderung<br />
nach einer Ausweitung der Kreditvergabe<br />
an Unternehmen und der angestrebten<br />
Stärkung des Eigenkapitals. Zudem kritisieren<br />
einige Banker, dass die unterschiedliche<br />
Haltung der Staaten zu Stützungskrediten<br />
und -bürgschaften den internationalen<br />
Wettbewerb in der Branche verzerrt.<br />
Eng verknüpft mit der Sorge vor den Konsequenzen<br />
staatlicher Eingriffe ist das von<br />
den Befragten wahrgenommene Risiko der<br />
Überregulierung.<br />
Die Risiken im Bankgeschäft insgesamt<br />
sind nach Einschätzung der Befragten<br />
derzeit so hoch wie noch nie. Gleichzeitig<br />
sind nur neun Prozent der Ansicht, dass die<br />
Banken gut auf die Gefahren vorbereitet<br />
sind, während elf Prozent den Instituten eine<br />
schwache Verfassung attestieren. In der letzten<br />
Umfrage von 2008 sahen sich noch 24%<br />
die Banken gut aufgestellt, lediglich vier<br />
Prozent waren gegenteiliger Auffassung.<br />
Bei den Risiken mit unmittelbaren wirtschaftlichen<br />
Folgen für den Bankensektor<br />
stehen die Kreditrisiken wie schon in der<br />
Umfrage von 2008 auf dem zweiten Rang.<br />
Auch in den Kernbereichen des Bankgeschäfts<br />
deutet der Risikoindex nur auf eine<br />
Entspannung, nicht jedoch eine Entwarnung<br />
hin. So sackt die Furcht vor einer<br />
Liquiditätsklemme gegenüber der Umfrage<br />
von 2008 zwar vom ersten auf den fünften<br />
Rang ab. Jedoch taucht die „mangelnde<br />
Verfügbarkeit von Kapital“ als Risiko erstmals<br />
im Ranking auf (Rang sechs).<br />
Deutlich weniger Sorgen als 2008 machen<br />
sich die Befragten über die wirtschaftlichen<br />
Konsequenzen der Aktivitäten von Hedge<br />
Fonds, die im Ranking von Platz zehn auf<br />
18 gefallen sind. Auch das Schadensrisiko<br />
durch illegale bzw. nicht autorisierte<br />
Transaktionen einzelner Wertpapierhändler<br />
(„Rogue Trader“) schätzen die Experten<br />
geringer ein (Rang 20) als noch vor zwei<br />
Jahren (Rang 14). £<br />
Kredit<br />
GLS Bank erhält Mikrofinanz-<br />
Auftrag von Bundesregierung<br />
w Die GLS Bank wurde vom Bundesministerium<br />
für Arbeit und Soziales beauftragt,<br />
das Mikrokreditgeschäft in Deutschland<br />
flächendeckend auszubauen. Der Mikrokreditfonds<br />
Deutschland startet mit einem<br />
Volumen von 100 Mio. € und sichert Kredite<br />
an Klein- und Kleinstunternehmen sowie<br />
Betriebsgründungen ab. Die GLS Bank ist<br />
seit zehn Jahren im Bereich Mikrofinanz tätig<br />
und verfügt über ein großes Netz von Kooperationspartnern.<br />
Sie wurde jetzt mit dem<br />
Ausbau eines deutschlandweiten Mikrokre-
ditgeschäfts beauftragt. Die Mittel aus dem<br />
Fonds stammen im Wesentlichen aus dem<br />
Europäischen Sozialfonds und dem Haushalt<br />
des Bundesministeriums für Arbeit<br />
und Soziales (BMAS). Klein- und Kleinstbetriebe<br />
sowie Unternehmensgründungen<br />
haben trotz innovativer Geschäftsmodelle<br />
aufgrund von fehlenden Sicherheiten oft<br />
keinen Zugang zu Kapital. Die Vergabe der<br />
Kredite bis 20.000 € erfolgt durch die GLS<br />
Bank in Zusammenarbeit mit regionalen<br />
Mikrofinanzinstituten. Sie beraten Kreditnehmer<br />
vor Ort und geben eine Kreditempfehlung<br />
an die GLS Bank. Der Mikrokreditfonds<br />
sichert gegenüber der GLS Bank die<br />
Kreditausfälle ab und wird als Treuhandvermögen<br />
von der NBank verwaltet. £<br />
IT<br />
Auszeichnung der besten<br />
Banken‐Website <strong>2010</strong><br />
w Bereits im zwölften Jahr wird der ibi Website<br />
Rating Award für die besten Banken‐<br />
Webseiten verliehen. Die Deutsche Postbank<br />
AG geht zum dritten Mal in Folge als<br />
Gewinner aus dieser umfangreichen Untersuchung<br />
deutschsprachiger Internet‐Auftritte<br />
von Banken und Sparkassen hervor.<br />
Die Beratungsqualität sagt aus, wie gut der<br />
Kunde im Internet in seinem Kaufentscheidungsprozess<br />
virtuell beraten und betreut<br />
wird. Art und Qualität der abgebildeten Beratungs‐<br />
und Verkaufsprozesse bestimmen<br />
maßgeblich die Vertriebsstärke einer Website.<br />
Diese wird z. B. durch richtig platzierte<br />
und ausgewählte Informationen, interaktive<br />
Elemente und Beratungstools gewährleistet.<br />
Um die vertrieblich relevanten Botschaften<br />
erfolgreich zu transportieren, müssen diese<br />
durch geeignete Aufbereitung und Bereitstellung<br />
zugänglich und nutzbar gemacht<br />
werden. Je höher dieser Bedienkomfort,<br />
also die Usability einer Seite, desto besser<br />
werden die Inhalte vom Kunden erfasst.<br />
Wie bereits im Vorjahr können sich Deutsche<br />
Postbank, Sparkasse Hannover und die<br />
Dresdner Bank durch hohe Zielerreichungsgrade<br />
in beiden Hauptkategorien die ersten<br />
drei Plätze in der Gesamtwertung sichern.<br />
Die Vergleichsstudie untersucht dabei rund<br />
160 Kreditinstitute in Deutschland, Österreich<br />
und der Schweiz. Es wird ermittelt,<br />
in wie weit die Webseiten der Banken die<br />
geforderten Kriterien eines erfolgreichen<br />
Internet‐Vertriebs umsetzen. Die Top10 des<br />
ibi Website Rating <strong>2010</strong>:<br />
1 Deutsche Postbank AG<br />
2 Sparkasse Hannover<br />
3 Dresdner Bank AG<br />
4 Kreissparkasse Köln<br />
5 Sparkasse Aachen<br />
6 Deutsche Bank AG<br />
7 Sparkasse Saarbrücken<br />
8 SEB AG<br />
9 Sparkasse KölnBonn<br />
10 Stadtsparkasse München<br />
Neben den TOP 10 wurden auch Awards<br />
für die Gewinner der Schwerpunktthemen<br />
„Konten & Karten/Girokonto“ sowie „Suchfunktion<br />
auf Bankenwebsites“ vergeben.<br />
Die beste Ausgestaltung des Online‐Girokontos<br />
zeigt die Sparkasse Hannover, die<br />
beste Suchfunktion wurde von der Sparkasse<br />
KölnBonn umgesetzt. £<br />
Kredit<br />
Ikea wird zum Häuslebauer<br />
w Mit Ikea verkauft laut Bericht von www.<br />
spiegel.de jetzt nicht mehr nur Möbel: Der<br />
Konzern aus Schweden erweitert sein Sortiment<br />
um Fertighäuser. Ab März kann das<br />
erste Haus in Hofheim-Wallau besichtigt<br />
werden, der Verkaufsstart ist für April angesetzt.<br />
Die Reihenhäuser, die samt Grundstück<br />
schlüsselfertig übergeben werden, sollen<br />
unter der Marke Boklok („Wohne clever“)<br />
vertrieben werden. Die kleinste Wohnung<br />
kostet knapp 100.000 €, ein ganzes Reihenhaus<br />
in Offenbach inklusive Grundstück gibt<br />
es z. B. für rd. 180.000 €. Der Konzern kooperiert<br />
in Deutschland mit Bien-Zenker, einem<br />
hessischen Hersteller für Fertighäuser. Bis<br />
zum Jahresende sollen zunächst 60 Reihenhäuser<br />
und 20 Wohnungen entstehen – die<br />
ersten Bewohner sollen bereits Ende dieses<br />
Jahres einziehen. Die zweigeschossigen<br />
Mehrfamilienhäuser im skandinavischen<br />
Stil bestehen aus sechs Wohnungen, aufgeteilt<br />
in jeweils Zwei-, Drei- und Vierzim-<br />
<strong>03</strong> / <strong>2010</strong> <strong>BankPraktiker</strong><br />
Aktuell<br />
merwohnungen. Später sind laut Ikea auch<br />
größere Stückzahlen geplant. Die ersten Projekte<br />
starten in der Rhein-Main-Region an<br />
den Ikea-Standorten Offenbach, Nürnberg,<br />
Wiesbaden und Hofheim. Alle Ikea-Häuser<br />
sind in der Holzbaurahmenbauweise gefertigt<br />
und werden in Deutschland verputzt<br />
angeboten. In Dänemark, Norwegen und<br />
Großbritannien läuft das Geschäft bereits<br />
erfolgreich. Seit Mitte der neunziger Jahre<br />
entstanden hier schon 4.000 Boklok-Bauten.<br />
£<br />
Vorstand, Kredit<br />
Migros-Bank übernimmt<br />
Swisslease AG<br />
w Die Schweizer Migros-Bank hat die auf<br />
Leasing von Investitionsgütern und Unternehmensfahrzeugen<br />
spezialisierte Swisslease<br />
AG vollständig übernommen. Wie<br />
die Handelszeitung berichtet, erfolgte die<br />
Akquisition rückwirkend zum 01.01.<strong>2010</strong>.<br />
Über den Kaufpreis wurde nichts bekannt.<br />
Durch die Übernahme sieht sich die Migros-<br />
Bank in der Lage, in der ganzen Schweiz<br />
sämtliche Finanzierungsdienstleistungen<br />
im Firmenkundengeschäft aus einer Hand<br />
anzubieten. Swisslease erzielte 2009 ein Leasingvolumen<br />
von 100 Mio. CHF. Das Unternehmen<br />
war seit seiner Gründung 1997 über<br />
eine Partnerschaft mit der Migros-Bank verbunden.<br />
£<br />
Anlage<br />
LBBW Asset Management ist<br />
„Fondsboutique des Jahres“<br />
w Mit Preisen in allen Anlageklassen wurde<br />
die LBBW Asset Management (LBBW AM),<br />
eine 100-prozentige Tochter der Landesbank<br />
Baden-Württemberg (LBBW), bei den<br />
„Euro-FundAwards <strong>2010</strong>“ ausgezeichnet.<br />
Aufgrund der Qualität der Produktpalette<br />
und der Vielzahl der gewonnenen Awards<br />
durfte Michael Trauth, Geschäftsführer der<br />
LBBW AM, zusätzlich den „Goldenen Bullen“<br />
als „Fondsboutique des Jahres“ entgegen<br />
nehmen. Die Verleihung fand im Rahmen<br />
der „Finanzen-Nacht“ des Magazins „Euro“<br />
in München statt. £<br />
63
BankPerspektiven<br />
BankPerspektiven<br />
Innovationspreis des<br />
<strong>BankPraktiker</strong> für die Volksbank<br />
Mosbach/Deutschland<br />
Fakten<br />
Bilanzsumme 725.000 €<br />
Mitarbeiteranzahl 176<br />
Name der Vorstände<br />
Zweite Führungsebene<br />
Cost-Income-Ratio 79<br />
Geschäftsmodell der Bank und<br />
strategische Ausrichtung<br />
w Als Genossenschaftsbank ist die<br />
Volksbank eG Mosbach traditionell eng<br />
verbunden mit den Menschen der Region.<br />
Die Versorgung der Unternehmen und<br />
Privatpersonen mit qualitativ einzigartiger<br />
Beratung in allen Finanzfragen<br />
liegt dem Institut und seinen Mitarbeitern<br />
am Herzen. Dabei steht die genossenschaftliche<br />
Identität im Vordergrund:<br />
Langfristige, dauerhafte Mitgliederförderung,<br />
nicht Gewinnmaximierung, ist<br />
das, was die Bank antreibt.<br />
Grund für die Auszeichnung durch<br />
den <strong>BankPraktiker</strong><br />
Die Volksbank Mosbach schafft es, ihre<br />
Unternehmensvision in eine klare strategische<br />
Ausrichtung zu transferieren.<br />
Der Dienstleistungsgedanke, der in der<br />
Unternehmensvision verankert ist, wird<br />
auch durch außergewöhnliche Maßnahmen<br />
in die Tat umgesetzt, z. B. durch die<br />
Initiierung und Begleitung einer Bürgerstiftung<br />
für die Region Mosbach.<br />
64 <strong>03</strong> / <strong>2010</strong> <strong>BankPraktiker</strong><br />
Für die fest umrissene, von Kunden und<br />
Mitarbeitern gleichermaßen nachvollziehbare<br />
strategischen Stoßrichtung wurde sie<br />
u. a. im Rahmen der glamourösen victor<br />
Gala 2009 am 17.09.2009 in Baden bei<br />
���������� ��<br />
� � � � �������<br />
Klaus Saffenreuther (Vorstandsvorsitzender)<br />
Andreas Siebert<br />
Marco Garcia (Generalbevollmächtigter, Leiter<br />
Produktionsbank)<br />
Holger Engelhardt (Prokurist, Leiter Vertriebsbank)<br />
Manfred Galm (Prokurist, Leiter Steuerungsbank)<br />
Wien mit der begehrten victor Trophäe<br />
ausgezeichnet und ließ damit alle anderen<br />
teilnehmenden Institute in der Säule<br />
Strategie des victor Benchmarking hinter<br />
sich.<br />
Mit über 400 (von 500 möglichen) Punkten<br />
beweisen die victor Auswertungsergebnisse<br />
der Volksbank eG Mosbach, dass die<br />
eindeutig formulierte Unternehmensstrategie<br />
bei 100% der Mitarbeiter und<br />
Führungskräften angekommen ist. Die<br />
Identifikation mit der Unternehmensvision<br />
ist im Vergleich zum Durchschnitt<br />
fast dreifach so hoch. Einer der Gründe<br />
für das überdurchschnittliche Abschneiden<br />
liegt in der hohen Qualität der Vision der<br />
Volksbank Mosbach. Sie wird als herausfordernd,<br />
aber erreichbar gesehen. Sie ist<br />
verständlich, inspirierend und auch aus<br />
Sicht der Mitarbeiter einzigartig. Aber<br />
nicht nur die Vision, auch der Weg zum<br />
Ziel ist klar umrissen. Hierbei liegt der<br />
Fokus auf Kundeninteresse, Leistung und<br />
Wettbewerbsfähigkeit. Vorstandsvorsitzender<br />
Klaus Saffenreuther, der bereits 2007<br />
eine victor Trophäe im Bereich Strategie<br />
für sein Institut entgegennehmen durfte:<br />
„Wir waren mutig und haben uns 2009<br />
in schwierigem Marktumfeld der victor<br />
Befragung gestellt. Kunden und Mitarbeiter<br />
waren zusätzlich durch eine dem<br />
verändertem Kundenverhalten Rechnung<br />
tragende Anpassung von Servicezeiten<br />
gefordert. In diesen vergangenen Monaten<br />
war unsere Authentizität ein ganz<br />
wesentlicher Baustein, sowohl intern als<br />
auch extern. Gemeinsames Erarbeiten der<br />
anstehenden Veränderungen, gezielte und<br />
offene Kommunikation über alle Unternehmensebenen<br />
und –bereiche hinweg<br />
waren weitere Schlüsselfaktoren, auf die<br />
wir bauen konnten. Ein Unternehmensleitbild,<br />
das Identifikation bietet, ist dabei<br />
unerlässlich. Es erfüllt uns mit Stolz, dass<br />
all unsere Mitarbeiter hinter diesem Leitbild<br />
stehen. Doch das allein reicht nicht.<br />
Wichtig ist, dass Strategie gelebt wird –<br />
und das funktioniert hervorragend bei<br />
uns!“<br />
Dass dies auszeichnungswürdig ist,<br />
bestätigt der Vergleich mit den victor<br />
Globalergebnissen (über alle victor Teilnehmer<br />
2009 im deutschsprachigen<br />
Raum). Diese zeigen, dass die meisten Führungskräfte<br />
in turbulenten Zeiten zwar die<br />
Bedeutung des strategischen Managements<br />
als besonders wichtig hervorheben.<br />
Allerdings werden die Strategien selten<br />
in Handeln umgesetzt.<br />
Perspektiven und zukünftige<br />
Entwicklungsfelder<br />
„Unsere bisherige, seit einigen Jahren<br />
geltende und zweifellos auch bewährte<br />
Unternehmensvision haben wir in den<br />
letzten Monaten gemeinsam mit unseren<br />
Führungskräften auf den Prüfstand gestellt<br />
und überarbeitet. Unsere genossenschaftlichen<br />
Wurzeln und die entsprechende<br />
Identität stellen wir nun, in unserer neuen<br />
Vision, als zentrale Orientierungsmarke<br />
ins Zentrum unseres Denkens. Denn wir<br />
sind der festen Überzeugung, dass unser<br />
Hauptunterscheidungsmerkmal, unsere<br />
besondere Unternehmensform, mehr als<br />
genügend Potenzial bietet, um den Erfolg<br />
und die grundsätzliche Sinnhaftigkeit<br />
unseres Tuns dauerhaft sicher zu stellen“<br />
betont der Vorstandsvorsitzende. £
Vorstand Kredit Konto Anlage Recht Handel Controlling Revision IT<br />
Stresstests<br />
Kritische Analyse der Anforderungen in den neuen MaRisk und Modellierung<br />
eines Prototypen.<br />
I. Einleitung<br />
w Stresstests waren schon immer in den<br />
MaRisk verankert, doch im Rahmen der Finanzmarktkrise<br />
hat die BaFin im nun vorliegenden<br />
endgültigen MaRisk Werk vom 14.08.2009<br />
diesen einen höheren Stellenwert eingeräumt 1 ,<br />
die es kritisch zu würdigen gilt. Hierzu geht<br />
dieser Beitrag wie folgt vor: Nach einer kurzen<br />
Defi nition und Kategorisierung von Stresstests<br />
werden die Anforderungen der MaRisk dargestellt.<br />
Abschn. IV stellt ein pragmatisches<br />
Modell zur Stresstestermittlung vor.<br />
II. Definition und Strukturierung<br />
von Stresstests<br />
1. Definition von Stresstests<br />
Eine einheitliche Defi nition von Stresstests existiert<br />
nicht. So defi niert die BIZ „Stresstests als<br />
Methoden des Risikomanagements, die die<br />
Auswirkungen bestimmter Ereignisse oder Veränderungen<br />
ökonomischer Rahmenbedingungen<br />
auf die (fi nanzielle) Lage von Kreditinstituten<br />
abschätzen sollen 2 “.<br />
Das CEBS wiederum lässt sich wie folgt zitieren:<br />
„Stresstests sind […] ein übergreifender<br />
Ausdruck, um die verschiedenen (quantitativen<br />
und qualitativen) Methoden zu beschrei-<br />
Abbildung 1: Anforderungen an Stresstests<br />
ben die von den Kreditinstituten eingesetzt<br />
werden, um ihre Verwundbarkeit durch<br />
außergewöhnliche aber plausible Ereignisse<br />
herauszufi nden 3 “.<br />
Das Fachgremium Kredit hat in 2007 ebenfalls<br />
eine Defi nition zur Verfügung gestellt:<br />
„Stresstests dienen dem Institut dazu, mögliche<br />
künftige Veränderungen der ökonomischen<br />
Rahmenbedingungen zu spezifi zieren<br />
und zu prüfen, inwieweit es im Hinblick auf<br />
seine regulatorische und ökonomische Kapitalausstattung<br />
derartigen besonders negativen<br />
Einfl üssen standhalten kann. […] Stresstests<br />
sind somit Mittel zur Abschätzung<br />
zukünftiger Risiken in ungünstigen ökonomischen<br />
Szenarien und dienen der Information<br />
der Geschäftsleitung 4 “.<br />
Auch die MaRisk defi nieren Stresstests in<br />
Anlage 1 zum Rundschreiben 15/2009: „Der<br />
Ausdruck Stresstests wird im Folgenden als<br />
Oberbegriff für die unterschiedlichen Methoden<br />
gebraucht, mit denen die Institute ihre<br />
Verlustanfälligkeit auch bezüglich außergewöhnlicher,<br />
aber plausibel möglicher, Ereignisse<br />
überprüfen 5 “. Im Rundschreiben selbst<br />
heißt es zudem „Die Stresstests haben auch<br />
außergewöhnliche, aber plausibel mögliche<br />
Ereignisse abzubilden. Dabei sind geeignete<br />
historische und hypothetische Szenarien darzustellen<br />
6 “.<br />
Stresstests sind zusätzliche Simulationen zu den bestehenden Risikomanagementverfahren.<br />
Sie sollen externe Faktoren wie ökonomische Rahmenbedingungen berücksichtigen.<br />
Sie haben qualitativ und quantitativ zu erfolgen.<br />
Sie sollen die Verlustanfälligkeit von Instituten aufzeigen.<br />
Sie müssen somit nicht nur für einzelne Risiken, sondern auch für das gesamte Institut<br />
vollzogen werden.<br />
Sie sollen der Information der Geschäftsleitung dienen.<br />
Sie sollen historische und hypothetische Szenarien umfassen.<br />
Sie müssen außergewöhnliche aber plausible Szenarien darstellen.<br />
Autoren:<br />
<strong>03</strong> / <strong>2010</strong> <strong>BankPraktiker</strong><br />
Beitrag<br />
Svend Reuse,<br />
Dipl.-Betriebsw. (FH)/Dipl.-Inform. (FH),<br />
MBA, Abteilungsleiter Controlling<br />
der Sparkasse Mülheim an der Ruhr,<br />
Dozent an der Fachhochschule<br />
für Oekonomie und Management.<br />
Seit 2007 Doktorand an der Masaryk-<br />
Universität Brno, Tschechien,<br />
Fachrichtung Finanzwesen.<br />
Dr. Martin Svoboda,<br />
Ph. D., Dekan der Masaryk Universität<br />
(Brno), Inhaber des Lehrstuhls für<br />
Finanzen und Kapitalmärkte.<br />
Er beschäftigt sich seit 20 Jahren<br />
mit derivativen Finanzinstrumenten<br />
und ist Herausgeber des<br />
ZertifikateJournals in Tschechien<br />
und der Slowakischen Republik.<br />
Diskutieren Sie zum Thema<br />
dieses Beitrags mit anderen<br />
<strong>BankPraktiker</strong>n in unserer Gruppe<br />
bei .<br />
Diesen Beitrag finden Sie<br />
dort unter der Rubrik:<br />
Controlling.<br />
1 Vgl. BaFin, Anlage 1 zum Rundschreiben<br />
15/2009, erhältlich auf: http://www.bafi n.de/<br />
cln_108/SharedDocs/Downloads/DE/Service/<br />
Rundschreiben/Anlagen/rs__0915__ba__an<br />
lage1,templateId=raw,property=publication<br />
File.pdf/rs_0915_ba_anlage1.pdf, Abfrage vom<br />
16.08.2009.<br />
2 Zitiert nach Ernst & Young, Stresstests, S. 9, Präsentation<br />
im Rahmen des Regulatory Breakfast<br />
„Die neu gefassten MaRisk“, 07.07.2009.<br />
3 Zitiert nach Ernst & Young, Stresstests, a. a. O.<br />
(Fn. 2), S. 9.<br />
4 Fachgremium Kredit, Stresstests 21.11.2007,<br />
erhältlich auf: http://www.bundesbank.de/<br />
download/bankenaufsicht/pdf/stresstest.pdf,<br />
Abfrage vom 16.08.2009.<br />
5 Vgl. BaFin, a. a. O. (Fn. 1), Anmerkungen zu AT<br />
4.3.2 Satz 3.<br />
6 Vgl. BaFin, a. a. O. (Fn. 1), AT 4.3.2 Satz 4.<br />
65
66<br />
Beitrag<br />
» Der Ausdruck<br />
Stresstests wird im<br />
Folgenden als Oberbegriff<br />
für die unterschiedlichenMethoden<br />
gebraucht, mit<br />
denen die Institute<br />
ihre Verlustanfälligkeit<br />
auch bezüglichaußergewöhnlicher,<br />
aber plausibel<br />
möglicher, Ereignisse<br />
überprüfen. «<br />
7 In Anlehnung an Basel Committee on Banking<br />
Supervision, Consultative Document: Principles<br />
for sound stress testing practices and supervision,<br />
Januar 2009, S. 10 ff., erhältlich auf: http://<br />
www.biz.org/publ/bcbs147.pdf?noframes=1,<br />
Abfrage vom 16.08.2009; Deutsche Bundesbank,<br />
Stresstests bei deutschen Banken – Methoden<br />
und Ergebnisse, Monatsbericht Oktober<br />
2004, S. 81 ff., erhältlich auf: http://www.<br />
bundesbank.de/download/volkswirtschaft/<br />
mba/2004/200410mba_stresstest.pdf, Abfrage<br />
vom 16.08.2009; Ernst & Young, a. a. O. (Fn. 2),<br />
S. 12 f.<br />
8 Vgl. Deutsche Bundesbank, a. a. O. (Fn. 7), S. 81 ff.<br />
<strong>03</strong> / <strong>2010</strong> <strong>BankPraktiker</strong><br />
Abbildung 2: Strukturierung von Stresstests7<br />
Univariate Stresstests<br />
Sensitivitätsanalyse<br />
• Es wird nur ein Risikofaktor variiert.<br />
• Ziel ist es, die Emp�ndlichkeit/Sensitivität<br />
dieses Risikoparameters und seine<br />
Ein�üsse auf das Risiko zu messen.<br />
Vorteil:<br />
• Die isolierte Wirkung eines Parameters<br />
kann aufgezeigt werden.<br />
Nachteil:<br />
• Die Auswirkungen des Zusammenspiels<br />
mehrere Risikofaktoren werden nicht<br />
berücksichtigt.<br />
Arten:<br />
• Portfolioindividuelle Verfahren<br />
• Standardisierte Verfahren<br />
Stresstests müssen somit die Aspekte berücksichtigen,<br />
die Abb. 1 darstellt.<br />
Gerade die letztere Aussage führt in der Praxis<br />
oft zu Problemen. Oft werden Szenarien als<br />
zu unwahrscheinlich abgetan, so dass eine<br />
tendenzielle Unterschätzung der Risiken im<br />
Stressfall auftritt. So finden Stresstests, die auf<br />
den ersten Blick unrealistisch erscheinen, kein<br />
Gehör. Die komplexeste Aufgabe des Controlling<br />
ist es somit die Stresstests so „objektiv“ wie<br />
möglich zu formulieren und diesen gleichzeitig<br />
Gehör im Haus zu verschaffen.<br />
2. Strukturierung von Stresstests<br />
Stresstests lassen sich nach univariaten und<br />
multivariaten Stresstests untergliedern, wie<br />
Abb. 2 zeigt.<br />
Letztlich muss ein Institut immer beide Arten<br />
von Verfahren verwenden, um Stressszenarien<br />
umfassend umsetzen zu können. Die Deutsche<br />
Bundesbank hat bereits 2004 erhoben, dass<br />
Stresstests<br />
Multivariate Stresstests<br />
Szenarioanalyse<br />
• Simultane Veränderung mehrerer<br />
Faktoren.<br />
• Ziel ist die Darstellung eines kumulativen<br />
Stresszustands.<br />
Vorteil:<br />
• „Realistische“ Simulation von<br />
Krisensz enarien.<br />
• Betrachtet ggf. alle Portfolien.<br />
• Wechselwirkungen zwischen<br />
Param etern werden deutlich.<br />
Nachteil:<br />
• Erhöhter Modellierungsaufwand.<br />
• Die Wirkung des einzelnen Parameters<br />
geht unter.<br />
Arten:<br />
• Historische Szenarien<br />
• Hypothetische Szenarien<br />
deutsche Institute sowohl Sensitivitätsanalysen<br />
als auch hypothetische und historische Szenarien<br />
ansetzen 8 .<br />
III. Anforderungen der MaRisk<br />
und deren Umsetzung<br />
1. Systematische Darstellung der Anforderungen<br />
der MaRisk<br />
Nicht zuletzt auf Basis der aktuellen Entwicklungen<br />
an den Märkten hat die Novellierung<br />
der MaRisk auch Stresstests einer erneuten<br />
Beobachtung unterzogen. Abb. 3 gibt einen<br />
Überblick über die Anforderungen der MaRisk<br />
an Stresstests.<br />
Auch wenn Stresstests für alle wesentlichen<br />
Risiken nach MaRisk gelten, sind doch gerade<br />
die Neuerungen in Bezug auf das Liquiditätsrisiko<br />
positiv hervorzuheben. Gerade an dieser<br />
Stelle haben aus Sicht der Autoren viele Institute<br />
Stresstests nicht gebührend beachtet. Die
aktuelle Situation am Liquiditätsmarkt ist ein<br />
trauriges Ergebnis dessen. In Summe sind die<br />
Anforderungen der MaRisk somit als gut und<br />
praxisnah zu bezeichnen.<br />
2. Umsetzungsempfehlungen für die<br />
Institute<br />
Obwohl die Anforderungen der MaRisk auf<br />
den ersten Blick einfach und logisch erscheinen,<br />
dürfte jedoch die konkrete Umsetzung zu<br />
einem erheblichen Aufwand führen. Folgende<br />
Abbildung 3: Anforderungen der MaRisk an Stresstests 9<br />
Dinge sollten aus Sicht der Autoren beachtet<br />
werden:<br />
Schon vor Definition der Szenarien muss die<br />
aufbau- und ablauforganisatorische Verankerung<br />
von Stresstests sichergestellt werden –<br />
nicht umsonst sind die wesentlichen Aspekte<br />
von Stresstests im Bereich „Risikosteuerungs-<br />
und -controllingprozesse“ geregelt.<br />
Erst danach sind sinnvolle Stresstest zu modellieren,<br />
die sowohl Sensitivitätstests als auch<br />
Artikel Inhalt<br />
AT 4.3.2 Satz 3<br />
Stresstests sind für alle vier wesentlichen Risiken durchzuführen.<br />
Risikokonzentrationen und Risiken aus außerbilanziellen Geschäften sind<br />
zu berücksichtigen.<br />
Stresstests müssen auch auf Institutsebene durchgeführt werden.<br />
Sowohl Sensitivitätstests als auch Szenarioanalysen sind durchzuführen.<br />
AT 4.3.2 Satz 4 Stresstests sollen auch außergewöhnliche, aber plausibel mögliche Ereignisse<br />
abbilden.<br />
Sowohl historische als auch hypothetische Verfahren sind anzuwenden.<br />
Die strategische Ausrichtung eines Institutes und sein wirtschaftliches<br />
Umfeld sind bei Festlegung der Szenarien zu berücksichtigen.<br />
AT 4.3.2 Satz 5 Die Angemessenheit der Stresstests ist in regelmäßigen Abständen, mind.<br />
jährlich zu überprüfen.<br />
AT 4.3.2 Satz 6 Die Ergebnisse der Stresstests sind „auch bei der Beurteilung der Risikotragfähigkeit<br />
angemessen zu berücksichtigen 10 “<br />
Dies bedeutet nicht, dass diese unbedingt in quantitativer Hinsicht mit gegen<br />
die Risikotragfähigkeit gerechnet werden müssen.<br />
AT 4.3.2 Satz 7 Die Geschäftsleitung ist regelmäßig über die Ergebnisse der Stresstests zu<br />
informieren.<br />
Neben den Ergebnissen der Stresstests sind v.a. ihre potenziellen Auswirkungen<br />
auf die Risikosituation und die Risikodeckungspotenziale darzustellen.<br />
Die Annahmen der Stresstestszenarien sind offen zu legen.<br />
AT 4.5 Satz 5 Auch auf Gruppenebene sind für alle wesentlichen Risiken Stresstests durchzuführen.<br />
BTR 3 Satz 7 Für Liquiditätsrisiken sind regelmäßig Stresstests zu rechnen.<br />
Hierbei sind sowohl institutseigene als auch marktweite Ursachen zu berücksichtigen.<br />
Es sind unterschiedlich lange Zeithorizonte zugrunde zu legen.<br />
Für kapitalmarktorientierte Institute gelten verschärfte Anforderungen:<br />
Sie haben neben internen Ursachen (Verschlechterung des eigenen Ratings)<br />
auch externe Ursachen wie Ausfall zentraler Kontrahenten und Kursverfall<br />
auf Sekundärmärkten zu simulieren. Zudem sind beide Ursache miteinander<br />
zu kombinieren.<br />
BTR 3 Satz 8 Die Ergebnisse der Stresstests sind bei Maßnahmen und deren Würdigung<br />
zu berücksichtigen.<br />
BTR 3 Satz 10 Die Geschäftsleitung ist regelmäßig über die Ergebnisse der Stresstests im<br />
Liquiditätsrisiko zu informieren.<br />
<strong>03</strong> / <strong>2010</strong> <strong>BankPraktiker</strong><br />
Beitrag<br />
» Oft werden Szenarien<br />
als zu unwahrscheinlich<br />
abgetan,<br />
so dass eine tendenzielleUnterschätzung<br />
der Risiken im<br />
Stressfall auftritt. «<br />
9 Eigene Darstellung in Anlehnung an BaFin,<br />
a. a. O. (Fn. 1).<br />
10 Vgl. BaFin, a. a. O. (Fn. 1), AT 4.3.2 Satz 6.<br />
67
68<br />
Beitrag<br />
» Die besondere<br />
Herausforderung ist<br />
die Definition von<br />
außergewöhnlichen<br />
aber plausiblen<br />
Szenarien – eine<br />
Gratwanderung, die<br />
äußerstes Fingerspitzengefühl<br />
verlangt. «<br />
11 D. h. keine ABS Investments.<br />
12 Vgl. Deutsche Bundesbank a. a. O. (Fn. 7), S. 86 ff.<br />
13 Vgl. BaFin (2007, Zinsrisiko Rundschreiben):<br />
Rundschreiben 07/2007, Zinsänderungsrisiken<br />
im Anlagebuch; Ermittlung der Auswirkungen<br />
einer plötzlichen und unerwarteten<br />
Zinsänderung, BA 17 – K 31<strong>03</strong> – 2007/0001,<br />
06.11.2007, Bonn-Frankfurt, erhältlich auf:<br />
http://www.bafin.de/cln_109/nn_721290/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Service/<br />
Rundschreiben/2007/rs__0707__ba.html?__<br />
nnn=true, Abfrage vom 16.08.2009.<br />
<strong>03</strong> / <strong>2010</strong> <strong>BankPraktiker</strong><br />
Szenarioanalysen beinhalten sollten. Die<br />
besondere Herausforderung ist hier die Definition<br />
von außergewöhnlichen aber plausiblen<br />
Szenarien – eine Gratwanderung, die äußerstes<br />
Fingerspitzengefühl verlangt. Neben internen<br />
Stressursachen sollten auch externe Faktoren<br />
implementiert werden. Hier sollte aber eine<br />
recht pauschale Annahme getroffen werden.<br />
Die Erfahrung zeigt, dass Banken schon im<br />
Normalfall Märkte und deren Auswirkungen<br />
auf die Bank nur bedingt voraussagen<br />
können.<br />
Ungleich schwerer ist dies im Stressfall, so dass<br />
an dieser Stelle vor einer zu hohen Komplexität<br />
mit dem damit einhergehenden Modellrisiko<br />
gewarnt wird. Es bietet sich hier ein Arbeitskreis<br />
aus Praktikern aus allen Risikosparten<br />
des Hauses an. Dies erhöht die Akzeptanz und<br />
führt oft schnell zu brauchbaren Ergebnissen.<br />
Aufgabe des Controlling ist es an dieser Stelle,<br />
diese Ideen zusammenzuführen und ggf. zu<br />
einem Institutsstresstest zu aggregieren. Generell<br />
gilt: Die Anzahl und auch die Komplexität<br />
der Szenarien müssen zur Risikostruktur des<br />
Hauses „passen“. Zu viele zu komplexe Szenarien<br />
werden schnell unübersichtlich und sind<br />
nur mit hohem Aufwand simulierbar.<br />
Zudem bietet es sich an, Stresstests nicht nur<br />
für die periodische bzw. barwertig orientierte<br />
Risikotragfähigkeit, sondern auch für die regulatorische<br />
Risikotragfähigkeit zu rechnen. Das<br />
Stressen bestimmter Faktoren in der Solvabilitätsverordnung<br />
kann durchaus zu wichtigen<br />
Steuerungsimpulsen führen!<br />
Bei der Integration in die Risikotragfähigkeit<br />
ist Vorsicht geboten. Zu schnell kann dies zu<br />
einer fiktiven Handlungsunfähigkeit eines Instituts<br />
führen. Sollen auch quantitative Aspekte<br />
mit der Risikotragfähigkeit verbunden werden,<br />
so ist ein Augenmerk auf die Frage zu richten,<br />
welche Stresstests mit welcher Wahrscheinlichkeit<br />
simultan eintreten können. Auch in<br />
der Finanzmarktkrise konnte gezeigt werden:<br />
Während Aktien und strukturierte Produkte<br />
drastisch an Wert verloren haben, haben Zinstitel<br />
eine hohe Performance verzeichnet – und<br />
„echte“ 11 Kreditausfälle waren auch nur in<br />
einem geringen Maß zu verzeichnen.<br />
Die Reportings an die Geschäftsleitung<br />
müssen aussagefähig sein, zudem muss die<br />
Geschäftsleitung die Parameter bzw. die Ausgestaltung<br />
der Stressszenarien mind. jährlich<br />
legalisieren.<br />
IV. Entwicklung eines Prototyps<br />
für Stresstest in mittelständischen<br />
Banken<br />
Zur konkreten Umsetzung dieser Impulse der<br />
MaRisk soll dieser Abschnitt den Prototypen<br />
eines Stresstestszenariokonzepts darstellen,<br />
wobei sich hier auf die Aspekte der Einzelrisikostresstests<br />
und der Aggregation auf Institutsebene<br />
konzentriert wird. Für viele Risiken gibt<br />
es schon Empfehlungen der Aufsicht, wie damit<br />
umzugehen ist. So ist der Aktienkursrückgang<br />
mit 30% bereits im Monatsbericht 10/2004<br />
der Deutschen Bundesbank angesprochen<br />
worden 12 , der Stress des Zinsrisikos ergibt sich<br />
aus dem Rundschreiben 07/2007 der BaFin 13 .<br />
1. Stresstests auf Institutsebene<br />
Für den Prototypen gilt es im ersten Schritt, Risikokategorien<br />
und die Wahrscheinlichkeit des<br />
simultanen Eintritts zu definieren – nach Möglichkeit<br />
vor Definition der Einzelszenarien, um<br />
die Wahl der Abhängigkeiten zwischen Risikoarten<br />
wirklich „objektiv“ treffen zu können.<br />
Eine mögliche Darstellung der Abhängigkeiten<br />
stellt Abb. 4 dar.<br />
Es wird deutlich, dass trotz kritischer Analyse<br />
nur wenige Risiken oft simultan miteinander<br />
auftreten. Auf Basis dieser Matrix lässt sich<br />
dann eine Art Wahrscheinlichkeitsverteilung<br />
definieren, die genau aufzeigt, welche Kombinationen<br />
extrem unwahrscheinlich sind und<br />
somit nicht in quantitativer Form gegen die<br />
Risikotragfähigkeit gerechnet werden müssen.<br />
2. Stresstests auf Einzelrisikoebene<br />
Doch welche konkreten Möglichkeiten der Einzelrisikostresstestdefinition<br />
gibt es nun? Ohne<br />
an dieser Stelle in einer theoretischen Definitionen<br />
Sensitivitätstest und Szenariosimulation<br />
unterscheiden zu wollen, stellt Abb. 5 einen<br />
Prototypen zur Definition von Stresstest dar<br />
– wobei hier hervorzuheben ist, dass es sich<br />
hierbei immer um institutsspezifische Sets<br />
handeln muss, die auf Basis der individuellen<br />
Wesentlichkeit eines Risikos basieren müssen.
Abbildung 4: Abhängigkeiten eines Stresstests auf Institutsebene 14<br />
Abbildung 5: Abhängigkeiten eines Stresstests auf Institutsebene 15<br />
Risiko Unterkategorie Art Auswirkung Beschreibung<br />
hyp. hist. BW Aufs. GuV<br />
x x (x) Alle Ratings migrieren ad hoc -2 Stufen.<br />
x x (x) Verwertungsquote wird halbiert.<br />
x x (x) Einbringungsquote wird halbiert.<br />
x x (x) Die Spreads denen sich ad hoc aus.<br />
x x (x) Die ersten vier Stresstests werden simultan durchgeführt.<br />
Kundenkreditgeschäft<br />
x x Höchster EWB-Bedarf der letzten 10 Jahre, ggf. mit<br />
Aufschlag.<br />
x x Ausfall der x Engagements mit dem größten<br />
Blankoanteil.<br />
x x Aufsichtsrechtlicher Stress:<br />
– Wegfall der Anrechungserleichtung gewerblicher<br />
Immobilien<br />
– Verschärfung bei privaten Immobilien<br />
x x (x) Verwendung einer historisch extremen Migrationsmatrix.<br />
x x (x) Verwertungsquote wird halbiert.<br />
Depot A<br />
x x (x) Einbringungsquote wird halbiert.<br />
x x x Ausdehnung der Spreads.<br />
x x (x) Die ersten vier Stresstests werden simultan durchgeführt.<br />
x x x x Analyse der historischen Maximaländerungen in<br />
Zinsbuch<br />
z. B. einem Monat pro Laufzeitband. Anwendung<br />
dieses Spreads auf alle Assets.<br />
x x x x x Aufsichtsrechtlicher Stress +130 / -190 BP.<br />
x x x hist. max. p. a. Änderung auf alle Indizes<br />
Aktien und sonstige Investments<br />
x x x Anwendung eines 30% Shifts gemäß Bundesbank<br />
2004 – oder historische Analyse der Jahre<br />
2008/2009<br />
Handelsbuch x x x Totalverlust der Assets.<br />
x x Simulation eines Ratingdowngrades des eigenen<br />
Refinanzierungskosten<br />
Hauses – was hat dies für Auswirkungen auf die<br />
Refinanzierungskosten?<br />
x x Ratingdowngrade um mehr als eine Stufe.<br />
Illiquiditätsrisiko x x Stressen der Kennziffer der Liquiditätsverordnung.<br />
Strategisches x Stressen der Prolongationsquoten im Aktivbereich.<br />
alle Formen<br />
x<br />
x (x)<br />
x<br />
x<br />
x-faches des historisch größten Ausfalls.<br />
Ansetzen der 15% des Basisindikators aus Basel II.<br />
Adressrisiko<br />
Marktpreisrisiko<br />
Liquiditätsrisiko<br />
Op-<br />
Risk<br />
0 : Risiken treten nicht simultan ein<br />
1 : Risiken treten nur in geringem Ausmaß kumuliert ein<br />
2 : Risiken treten in mittlerem Umfang miteinander ein<br />
3 : Risiken treten häufig zusammen ein<br />
Definition der Risikokategorien<br />
Adressrisiko<br />
Marktpreisrisiko<br />
Liquiditätsrisiko<br />
Operat.<br />
Risiko<br />
Kundenkreditgeschäft<br />
Kundenkreditgeschäft<br />
Depot A 2<br />
Adressrisiko<br />
Depot A<br />
Zinsbuch/ Zinsspanne<br />
Marktpreisrisiko<br />
Aktien und sonstige<br />
Investments<br />
Handelsbuch<br />
Refinanzierungskosten<br />
Liquiditätsrisko<br />
Zinsbuch/ Zinsspanne 2 2<br />
Aktien und sonstige<br />
Investments 0 3 1<br />
Handelsbuch 0 1 1 3<br />
Refinanzierungskosten<br />
2 3 0 0 0<br />
Illiquiditätsrisiko 1 1 0 0 0 3<br />
strategisches<br />
Liquiditätsrisiko 1 1 1 0 0 3 3<br />
Operationelles Risiko 1 1 1 1 1 1 1 1<br />
Illiquiditätsrisiko<br />
strategisches<br />
Op.risiko<br />
Operationelles Risiko<br />
<strong>03</strong> / <strong>2010</strong> <strong>BankPraktiker</strong><br />
Beitrag<br />
» Es wird deutlich,<br />
dass trotz kritischer<br />
Analyse nur<br />
wenige Risiken oft<br />
simultan miteinander<br />
auftreten. «<br />
14 Eigene Prinzipdarstellung.<br />
15 Eigene Prinzipdarstellung. BW = Barwert, hyp.<br />
= hypothetisch, hist. = historisch, Aufs. = Aufsichtsrecht.<br />
69
Beitrag<br />
» Es wird nicht<br />
gefragt, welche Auswirkungen<br />
ein Szenario<br />
auf die Risikotragfähigkeit<br />
hat,<br />
sondern, wie stark<br />
sich Risikoparameter<br />
verändern dürfen,<br />
damit die Risikotragfähigkeit<br />
gerade<br />
noch ausreicht. «<br />
16 Ernst & Young, a. a. O. (Fn. 2), S. 25 f.; Klauck/<br />
Liermann, Banken im Stresstest, Bank 05/2009,<br />
erhältlich auf:http://www.die-bank.de/betriebswirtschaft/banken-im-stresstest,<br />
Abfrage vom<br />
16.08.2009.<br />
70<br />
<strong>03</strong> / <strong>2010</strong> <strong>BankPraktiker</strong><br />
Wichtig ist bei dieser Art der Analyse, welche<br />
Risiken in der GuV, im Barwert oder gar im Aufsichtsrecht<br />
schlagend werden. In Bezug auf<br />
ökonomische Entwicklungen ist hervorzuheben,<br />
dass Abb. 5 nur die Auswirkungen dieser<br />
darstellt. So ist eine Halbierung der Einbringungsquote<br />
im Adressrisiko z. B. auf eine Rezession<br />
zurückzuführen, die Herleitung dessen<br />
wurde aber nicht berücksichtigt.<br />
Den Autoren ist bewusst, dass das hier vorgestellte<br />
Modell nur ein erster Schritt zur institutsindividuellen<br />
Herleitung von Stresstests<br />
sein kann. Es sind durchaus je nach Art und<br />
Komplexität auch umfangreichere Stresstests<br />
möglich und nötig. Das Modell bietet jedoch<br />
konkrete Ansatzpunkte zum Aufbau eines<br />
Stresstestsystems.<br />
V. Fazit und kritische Würdigung<br />
Die Anforderungen der MaRisk sind positiv zu<br />
sehen, konkretisieren sie doch die Anforderungen<br />
an Stresstests. Nichtsdestotrotz wäre es<br />
PRAXISTIPPS<br />
wünschenswert, wenn die Aufsicht Leitplanken<br />
oder Beispielformulierung für die Ausgestaltung<br />
von Stresstests zur Verfügung stellen<br />
würde. Obschon die MaRisk hier (erfreulicherweise)<br />
einen großen Spielraum lassen, würde<br />
dies gerade kleineren Instituten helfen.<br />
Hilfreich ist es in jedem Fall, wenn die herkömmliche<br />
Art der Stresstests durch die<br />
„reverse“ bzw. „implicit“ Stresstests ersetzt<br />
wird 16 . Hierbei wird nicht gefragt, welche<br />
Auswirkungen ein Szenario auf die Risikotragfähigkeit<br />
hat, sondern, wie stark sich Risikoparameter<br />
verändern dürfen, damit die Risikotragfähigkeit<br />
gerade noch ausreicht.<br />
Mathematisch gesehen findet hier eine Umkehrung<br />
der Zielfunktion statt. Dies hilft Management<br />
und Controlling, Stresstests besser zu<br />
greifen und zu interpretieren. Mittelfristig<br />
muss dies zu der Entwicklung einer Stresstestkultur<br />
führen, damit sich Stresstests adäquat<br />
im deutschen Bankensektor implementieren<br />
und Szenarien wie 2007–2009 sich nicht<br />
wiederholen. £<br />
Verankern Sie Stresstests konsistent in Ihren Strategien und Anweisungen.<br />
Modellieren Sie historische und hypothetische Szenarien – nur so können Sie sich<br />
einem Risiko anders als „nur“ über Zahlen nähern.<br />
Bilden Sie einen Kreis, der einen Stress auf Gesamtbankebene definiert und zudem<br />
die Abhängigkeiten von Teilstressszenarien zueinander qualifiziert schätzt.<br />
Implementieren Sie sowohl Sensitivitätsanalyse (� univariater Stresstest) als auch<br />
Szenarioanalyse (� multivariater Stresstest).<br />
Versuchen Sie, solche Szenarien zu simulieren, die „gerade noch realistisch“ sind.<br />
Stresstests, die die Bank per se handlungsunfähig machen, helfen zur Steuerung<br />
nicht weiter.<br />
Je nach Wesentlichkeit: Berücksichtigen Sie makroökonomische Daten und deren<br />
Auswirkungen auf Ihre Risikolage.<br />
Versuchen Sie, das Verständnis für Stresstests zu schaffen und eine „(Stress)-risikokultur“<br />
zu schaffen.
Vorstand Kredit Konto Anlage Recht Handel Controlling Revision IT<br />
Die öff entlich-rechtlichen Banken<br />
in Deutschland aus externer<br />
Ratingsicht<br />
Sichtweise der Ratingagenturen zum Sparkassenverbund und Refi nanzierungsaspekte<br />
für Landesbanken und Sparkassen am Kapitalmarkt.<br />
I. Einleitung<br />
w Kein Zweifel, die Finanzkrise hat die Kreditinstitute<br />
noch fest im Griff – manchen sogar im<br />
„Würgegriff .“ Vor allem die Bonitätsbeurteilung<br />
von Banken und die Frage der Nachhaltigkeit<br />
einzelner Geschäftsmodelle sind dabei zunehmend<br />
in den Vordergrund gerückt. Als logische<br />
Konsequenz werden Geschäftsmodelle sowie<br />
gesetzliche oder branchenspezifi sche Unterstützungsmechanismen<br />
kritischer betrachtet<br />
und auf Ihre Werthaltigkeit im Krisenfall beurteilt.<br />
Während bei den Privatbanken hinsichtlich<br />
der Ausfallwahrscheinlichkeit primär die individuelle<br />
Betrachtung und eventuell die Frage der<br />
Systemimmanenz („too big to fail“) eine Rolle<br />
spielen, greift für die Sparkassengruppe der<br />
Verbundgedanke. Die Implikationen auf das<br />
Rating sind zum einen die Auswirkungen auf<br />
das Geschäftsrisikoprofi l des Verbunds und<br />
zum anderen die Unterstützungsmechanismen<br />
und der Zusammenhalt innerhalb des<br />
Verbunds. Nach dem Wegfall der Anstaltslast<br />
im Juli 2005 war dies der Dreh- und Angelpunkt<br />
einer externen Bonitätsbewertung. Eine Frage,<br />
welche sich die Analysten zunehmend stellen,<br />
lautet: „Sind die Unterstützungsmechanismen<br />
und die Verbundstabilität so noch gewährleistet.“<br />
Kürzlich erschienene Publikationen ein-<br />
Abbildung 1: Maßgebliche Finanzkennzahlen<br />
zelner Agenturen weisen darauf hin, das sich<br />
die Meinungen über die Stabilität des Verbunds<br />
eingetrübt haben. Wenn hier die Rede<br />
von „Agenturen“ ist, so beschäftigt sich der Beitrag<br />
nur mit den großen drei: Standard & Poor‘s,<br />
Moody‘s und FitchRatings (kurz Fitch).<br />
Neben zentralen Ratinggesichtspunkten soll<br />
auch die Frage nach dem eigentlichen Nutzen<br />
eines externen Ratings – dem Finanzierungsaspekt<br />
– über z. B. eine Kapitalmarktrefi nanzierung<br />
gestellt werden. Der Kapitalmarktzugang<br />
wurde in den letzten Jahren auch zunehmend<br />
von einzelnen Sparkassen direkt genutzt.<br />
II. Die Sparkassen-Finanzgruppe<br />
im Krisentest<br />
1. Überblick über die Sparkassen-<br />
Finanzgruppe<br />
Die folgende Abb. 1 soll eine Vorstellung von<br />
der Größe des Verbunds und insbesondere der<br />
Gewichtung zwischen Sparkassen und Landesbanken<br />
aufzeigen. Der Gruppe gehören etwa<br />
620 Unternehmen an, davon sind die wichtigsten<br />
Mitglieder die 438 Sparkassen sowie die<br />
acht Landesbank-Konzerne.<br />
Landesbanken Sparkassen S-Finanzgruppe<br />
Mrd. € 2008 2007 % 2008 2007 % 2008 2007 %<br />
Bilanzsumme 1.563 1.587 - 1,5% 1.071 1.045 + 2,5% 2.685 2.683 + 0%<br />
Eigenkapital 58,1 54,8 + 6,0% 54,6 52,7 + 3,6% 115,3 110,1 + 4,72%<br />
Vorsteuergewinn -5,8 0,8 - 2,2 3,8 - 41,9% -3,4 4,7 -<br />
Aufwand-<br />
Ertragsrelation (in %)<br />
51,2% 55,4% - 73,4% 71,7% - 65,6% 66,4% -<br />
Quelle: Sparkassen-Finanzgruppe<br />
Autor:<br />
<strong>03</strong> / <strong>2010</strong> <strong>BankPraktiker</strong><br />
Beitrag<br />
Andreas Biele,<br />
Vice President,<br />
Capital Markets Solutions,<br />
Debt-/Rating Advisory, UniCredit<br />
Markets & Investment Banking –<br />
Bayerische Hypo- und Vereinsbank AG.<br />
Diskutieren Sie zum Thema<br />
dieses Beitrags mit anderen<br />
<strong>BankPraktiker</strong>n in unserer Gruppe<br />
bei .<br />
Diesen Beitrag finden Sie<br />
dort unter der Rubrik:<br />
Handel.<br />
» Aus Ratinggesichtspunkten<br />
sind<br />
die Landesbanken<br />
ein „signifikanter<br />
Teil des Geschäftsmodells“,<br />
der damit<br />
positiv oder negativ<br />
zu einem Verbundrating<br />
beiträgt. «<br />
71
Beitrag<br />
» Die Unterstützung<br />
des Verbundratings<br />
hängt stark von der<br />
Solidarität innerhalb<br />
des Verbunds und<br />
den Unterstützungsmechanismen<br />
ab. «<br />
72<br />
<strong>03</strong> / <strong>2010</strong> <strong>BankPraktiker</strong><br />
2. Der Verbundgedanke<br />
a) Definition: Rating<br />
An dieser Stelle sei kurz ein Exkurs zur Rating-<br />
Definition erlaubt: Es gilt weltweit die Auffassung,<br />
dass ein Fremdkapital-Rating die<br />
Meinung einer Rating-Agentur über die Wahrscheinlichkeit<br />
der zeitgerechten und vollständigen<br />
Bezahlung von Zins- und Tilgungsverpflichtungen<br />
eines Schuldners ist. Dabei bezieht sich<br />
das Rating entweder auf den Schuldner (Emittenten-Rating)<br />
oder den Schuldtitel (Emissions-Rating).<br />
D. h. auch ein Unterstützungsmechanismus,<br />
der prinzipiell fähig wäre zu leisten<br />
aber nicht zeitnah leistet, verhindert keinen<br />
Ausfall (default).<br />
b) Verbundrating im Unterschied zum<br />
Rating einzelner Mitglieder<br />
Ein Verbundrating beruht auf einer Basiskrediteinschätzung<br />
sowie der im Bedarfsfall gegebenen<br />
Wahrscheinlichkeit einer Unterstützung.<br />
Es handelt sich dabei um die Meinung über die<br />
Fähigkeit einer Gruppen-, Verbund oder Verbandsstruktur<br />
zur Erfüllung Ihrer Finanzverbindlichkeiten.<br />
Es gilt nicht für einzelne Mitglieder<br />
der Gruppe, sondern bezieht sich auf<br />
die Kreditwürdigkeit der Gruppe als Ganzes,<br />
wenngleich die Mitglieder des Verbunds bei<br />
der individuellen Beurteilung des Geschäftsrisikoprofils<br />
von der Verbundstruktur profitieren.<br />
Im Fall der Sparkassen-Finanzgruppe handelt<br />
es sich nicht um ein einzelnes Wirtschaftssubjekt<br />
wie z. B. eine zentrale Holding sondern<br />
um eine dezentralisierte Gruppe. Die abgeleiteten<br />
Bonitätsaspekte für die Verbundpartner<br />
sind deshalb abhängig von der Fähigkeit und<br />
Bereitschaft der einzelnen Institute, Unterstützung<br />
zu leisten. Welche Form diese Unterstützung<br />
annimmt, in welchem Umfang sie möglich<br />
ist und v. a. wie zeitnah sie geleistet werden<br />
kann, hängt von der Zusammenarbeit und dem<br />
Zusammenhalt innerhalb des Verbunds ab.<br />
Die „Verbund-Betrachtung“ der Unterstützungsmechanismen<br />
stützt sich bei allen Agenturen<br />
auf drei wesentliche Faktoren:<br />
1. Zusammenhalt und Solidarität innerhalb<br />
des Verbunds.<br />
2. Unterstützung durch die (überwiegend)<br />
öffentlichen Träger.<br />
3. Systemimmanente Relevanz bzw. Unter-<br />
stützung.<br />
c) Haftungsverbund und<br />
Risikomanagement<br />
Der Haftungsverbund der Gruppe geht weit<br />
über die Einlagensicherung hinaus und stellt<br />
die fortlaufende Geschäftstätigkeit sicher (Institutssicherung).<br />
Dazu greifen verschiedene<br />
Unterstützungsfonds. Für die Landesbanken<br />
und -bausparkassen verwaltet dies der Deutsche<br />
Sparkassen- und Giroverband (DSGV),<br />
die regionalen Unterstützungsfonds werden<br />
dagegen von den regionalen Verbänden verwaltet.<br />
Seit 20<strong>03</strong> wurden die Fondsvolumen<br />
stark erhöht, wobei die Fonds der Landesbanken<br />
mit einem deutlich geringeren Volumen<br />
starteten. Theoretisch kann der DSGV bei<br />
jedem neuen Unterstützungsfall zusätzliche<br />
Beiträge von allen Mitgliedern anfordern. Jeder<br />
Regionalverband, ebenso wie die Landesbanken<br />
hat ein eigenes Kontrollgremium. Nur auf<br />
dieser Ebene sind auch die Informations- und<br />
Eingriffsrechte angesiedelt. Die Finanzgruppe<br />
kann dementsprechend z. B. nicht selbst auf<br />
regionaler Ebene eingreifen. Sie nimmt vielmehr<br />
die Funktion einer „Transparenzstelle“<br />
ein, die eine standardisierte Anwendung und<br />
Beurteilung der Risikokontrollmechanismen<br />
sicherstellt.<br />
d) Ratingrelevante Aspekte zu den<br />
Unterstützungsmechanismen<br />
Die Ratingagenturen haben sehr wohl registriert,<br />
dass eine zeitnahe Risikokontrolle über<br />
den Verbund schwierig ist, erst recht ein frühzeitiges<br />
Eingreifen. Die meisten halten es für<br />
unwahrscheinlich, dass die prinzipiellen Sanktionsmöglichkeiten<br />
ausgeschöpft werden, wie<br />
z. B. der Ausschluss aus dem Verbund oder die<br />
öffentliche Aufforderung von z. B. personellen<br />
Konsequenzen (Disziplinierungseffekt). Der<br />
Unterstützungsmechanismus ist kein Automatismus<br />
sondern abhängig von qualifizierten<br />
Mehrheiten. Eingriffsrechte zur vorbeugenden<br />
Eliminierung oder Reduzierung riskanter Aktivitäten<br />
oder Engagements sind begrenzt. Zumal<br />
die Absorptionsfähigkeit der Unterstützungsfonds<br />
in der Krise mit mehreren signifikanten<br />
Fällen ohne zusätzliche Beiträge überfordert<br />
wäre. Die Korrelation zwischen risikobereinigten<br />
Beiträgen und den Ergebnissen des Risiko-
kontrollmechansimus hat sich nach Meinung<br />
einiger Agenturen insgesamt als unzureichend<br />
erwiesen.<br />
Die Kooperation und der Beistand innerhalb<br />
des Sparkassenlagers wird als sehr hoch angesehen,<br />
dabei erweist sich vor allem der Wert<br />
des Markennamens aus Sicht der Agenturen<br />
als starke Klammer. Die Zusammenarbeit zwischen<br />
Sparkassen und Landesbanken jedoch<br />
variiert stark und findet nicht systematisch<br />
statt. Bei den Landesbanken handelt es sich<br />
um eine sehr viel heterogenere Gruppe als<br />
bei den Sparkassen und es herrscht nicht dieselbe<br />
Harmonisierung und Standardisierung.<br />
Auch haben die Landesbanken kein Monopol<br />
bei der Erbringung von Dienstleistungen für<br />
die Sparkassen und konkurrieren zunehmend<br />
untereinander, wie das Beispiel NordLB und<br />
HSH Nordbank zeigt. Bei der Beurteilung der<br />
Unterstützung zwischen Sparkassen und Landesbanken<br />
sind selbst sehr positiv gestimmte<br />
Agenturen (z. B. Moody’s) skeptisch, ob eine<br />
Unterstützung wahrscheinlich ist, wenn:<br />
die Landesbank nicht als Geschäftsbank<br />
eingebettet ist im Sinne eines Dienstleisters<br />
für die Sparkassen in ihrer Region und<br />
nur ein Minderheitsanteil der Sparkassen<br />
an den Landesbanken als Miteigentümer<br />
besteht.<br />
Dementsprechend skeptisch sind die Agenturen<br />
bei dem Rückzug der Sparkassen aus einzelnen<br />
Landesbanken 1 . Hier muss das externe<br />
Rating zunehmend auf die Bonität des Öffentlichen<br />
abgestellt werden. Für die Agenturen<br />
stellt sich die Frage, ob es sich dabei um Ausnahmen<br />
oder eine symptomatische Entwicklung<br />
handelt.<br />
3. Weitere maßgebliche<br />
Einflussfaktoren auf die<br />
jetzige Ratingbeurteilung<br />
a) Marktposition und Marktanteil<br />
Eine besondere Stärke des Verbunds ist die<br />
hohe Marktdurchdringung, die Markenpositionierung<br />
der Marke „Sparkasse“ und die<br />
Vertriebsstärke. Aus Sicht der Agenturen hat<br />
sich – im Gegensatz den Landesbanken – das<br />
Geschäftsmodell der Sparkassen als großteils<br />
widerstandsfähig erwiesen. Für die Landes-<br />
banken gelten hier fast umgekehrte Vorzeichen.<br />
Selbst konservative Institute sind großteils<br />
überwiegend international aktiv, spielen<br />
dort aber nur eine untergeordnete Rolle. Eine<br />
besondere Markenpositionierung oder Kernkompetenz<br />
ist schwer zu erkennen. Anders<br />
z. B. die österreichische Erste Bank, die Ihren<br />
Retail Ansatz erfolgreich aufgegriffen und insbesondere<br />
in Osteuropa erfolgreich umgesetzt<br />
hat.<br />
b) Konzentrationsrisiken und limitierte<br />
Diversifikation<br />
Das Beispiel „Erste“ zeigt aber auch das<br />
Risiko einer regionalen Konzentration. Das<br />
Geschäftsmodell der Sparkassen ist abhängig<br />
von der nationalen und regionalen Entwicklung.<br />
Die Folgen einer mangelnden geografischen<br />
Diversifikation können zu einer hohen<br />
Erosion der Qualität der Kreditportfolien<br />
führen. Der Grad der Risikobereitschaft oder<br />
die Nutzung von Kreditrisikodiversifikationsinstrumenten<br />
(z. B. über Schuldscheindarlehen<br />
oder klassisches Depotgeschäft) haben deswegen<br />
hohe Relevanz. Ratingagenturen geht es<br />
weniger um die Ausfallraten oder Kosten des<br />
Risikomanagements, solange dies kein chronisch<br />
schwaches Rentabilitätsniveau zur Folge<br />
hat, als vielmehr um die Stabilität und Volatilität<br />
der erwarteten Ausfallraten im Vergleich zu<br />
den Tatsächlichen.<br />
c) Qualität des Anlagevermögens und<br />
Risikopositionierung<br />
Die Qualität des Anlagevermögens stützt sich<br />
bei den Sparkassen auf die hohe Granularität<br />
des Kreditportfolios v. a. bei Konsumenten und<br />
KMU. Dazu kommt noch die hohe Werthaltigkeit<br />
der Kredite, da bei den KMU mehr als die<br />
Hälfte der Kredite grundschuldbesichert sind.<br />
Positiv wird auch die zentrale Entwicklung und<br />
Unterstützung des Kreditrisikomanagementprozesses<br />
durch den DSGV bewertet, was allerdings<br />
wieder etwas abgeschwächt wird durch<br />
die dezentrale Natur der Organisation und der<br />
hohen Abhängigkeit von Pilotprojekten. Für<br />
die Landesbanken waren umfangreiche Kapitalmaßnahmen<br />
notwendig um die mangelnde<br />
Qualität der Anlageportfolien auszugleichen.<br />
Vorgaben aus Brüssel, der hohe Wettbewerb<br />
und die geringe Ertragsstabilität machen den<br />
Landesbanken noch auf absehbare Zeit zu<br />
<strong>03</strong> / <strong>2010</strong> <strong>BankPraktiker</strong><br />
Beitrag<br />
» Eingriffsrechte<br />
zur vorbeugenden<br />
Eliminierung oder<br />
Reduzierung riskanter<br />
Aktivitäten<br />
oder Engagements<br />
sind begrenzt. «<br />
1 So z. B bei BayernLB und HSH Nordbank geschehen.<br />
73
Beitrag<br />
» Die regionale<br />
Kreditportfolio<br />
Konzentration kann<br />
durch geeignete<br />
Instrumente und<br />
Steuerungsmechanismen<br />
individuell<br />
besser ausbalanciert<br />
werden. «<br />
74<br />
<strong>03</strong> / <strong>2010</strong> <strong>BankPraktiker</strong><br />
schaffen bzw. werden das „Geschäftsmodell<br />
der Finanzgruppe“ belasten.<br />
d) Marktrisikobedingter<br />
Abschreibungsbedarf<br />
Das traditionelle Geschäftsbankenprofil der<br />
Sparkassen mit Laufzeitinkongruenzen zwischen<br />
kurzfristigen Depositen und längerfristigen<br />
Ausleihungen gepaart mit gestiegenen<br />
Zinsänderungsrisiken ist eine primäre Quelle<br />
für Marktrisiken und damit ganz im Fokus der<br />
Agenturen. Besonders die gestiegene Spreizung<br />
der Renditen (Spreads in Basispunkten)<br />
führt zu latentem Abschreibungsbedarf<br />
selbst bei Anleihen mit hoher Bonität. Teilweise<br />
kommt dazu noch außerordentlicher<br />
Abschreibungsbedarf auf die Beteiligungen<br />
einzelner Landesbanken. Bei den Landesbanken<br />
sieht es weit schlechter aus. Das Risikomanagement<br />
und die Risikokultur hat sich aus<br />
Sicht der Agenturen als nicht effizient genug<br />
erwiesen, die Institute vor einer Anfälligkeit von<br />
Marktrisiken zu schützen. Einer aktuellen Merrill-Lynch-Studie<br />
im Oktober zu Folge, sind die<br />
die Landesbanken beim Abbau der toxischen<br />
Vermögenswerte nicht vorangekommen und<br />
es besteht weiterhin Abschreibungsbedarf in<br />
Milliardenhöhe, bei der BayernLB kommt dazu<br />
noch das Engagement in Osteuropa.<br />
e) Rentabilitätsniveau und Kostenstruktur<br />
Die meisten Institute streben ein moderates<br />
Rentabilitätsniveau mit dem primären Ziel<br />
der langfristigen Wahrung ihrer finanziellen<br />
Unabhängigkeit. Die Qualität der Erträge und<br />
die geringere Volatilität eines Geschäftsmodells<br />
finden wieder stärker Berücksichtigung, nicht<br />
nur bei den Agenturen sondern auch bei den<br />
Investoren. Wenngleich auf Verbundebene die<br />
Erträge nachhaltig eingebrochen sind, war die<br />
Korrektur im Sparkassensektor eher moderat,<br />
wohingegen die Landesbanken massiv zum<br />
Verlustausweis der Gruppe beigetragen haben.<br />
Aus Sicht von Moody’s und Standard & Poor’s<br />
leiden Sparkassen und Landesbanken unter<br />
ungünstigen Kostenstrukturen, was auf z. B.<br />
Doppeltätigkeiten in der Gruppe und ineffiziente<br />
Aktivitäten zurückzuführen ist. Positiv zu<br />
werten ist das Agreement vom Juni zwischen<br />
den acht relevanten Bundesländern und der<br />
Bundesregierung über die Reorganisation des<br />
Landesbankensektors. Die Zusage der Bundesregierung<br />
bei der Auslagerung von toxischen<br />
strukturierten Assets sowie problematischen<br />
oder hoch risikobehafteten Engagements mitzuwirken<br />
ist positiv für das Risikoprofil des Verbunds<br />
zu werten.<br />
f) Kapitalausstattung<br />
Eine der erwarteten Finanzmarktreformen sind<br />
höhere Eigenkapitalanforderungen. Insbesondere<br />
wird hier eine „harte Eigenkapitalquote“<br />
bzw. „Tier 1 ratio“ (ohne Anrechnung<br />
von hybriden Instrumenten wie z. B. Wandelanleihen,<br />
Genussrechte oder Gesellschafterdarlehen)<br />
verlangt. Nach aktuellem Stand der<br />
Diskussionen soll diese bei acht Prozent liegen.<br />
Die privaten Banken nutzen daher die positive<br />
Stimmung an den Aktienmärkten für massive<br />
Kapitalerhöhungen, um sich auf die höheren<br />
Anforderungen vorzubereiten. Der internationale<br />
Währungsfonds schätzt den Bedarf der<br />
EURO Banken auf etwa 150 Mrd. US-Dollar.<br />
Sparkassen und Landesbanken sind hier limitiert,<br />
da eine Eigenkapitalerhöhung entweder<br />
nur aus eigener Ertragskraft oder durch Einlagen<br />
ihrer öffentlich-rechtlichen Anteilseigner<br />
erfolgt. Beides ist derzeit schwierig, zumal<br />
die öffentliche Hand selbst mit einer Einnahmenerosion<br />
zu kämpfen hat. Der Bedarf im<br />
öffentlich-rechtlichen Lager ist allerdings sehr<br />
unterschiedlich. Während Sparkassen ihre<br />
Kernkapitalquote Ende 2008 auf 9,5% steigern<br />
konnten, benötigen mehrere Landesbanken<br />
weitere Kapitalerhöhungen.<br />
4. Ratingdiversifikation bei den öffentlich-rechtlichen<br />
Kreditinstituten<br />
a) Ratingdiversifikation<br />
Auffällig sind dabei die zum Teil sehr großen<br />
Unterschiede zwischen den Agenturen (siehe<br />
Abb. 2). Dies ist auf die unterschiedliche Methodologie<br />
bei der Verbundbewertung und der<br />
erwarteten Unterstützung durch die öffentliche<br />
Hand im Ausfallszenario zurückzuführen.<br />
Die Spreizung ist weniger differierend bei den<br />
Sparkassen. Alle Agenturen schätzen die Bonität<br />
der Sparkassen als sehr hoch ein und die<br />
Ratinganalysen machen deutlich, dass v. a. die<br />
Landesbanken vom Verbund und der Verbindung<br />
zu den Sparkassen profitieren.
Abbildung 2: Rating Distribution öffentliche Finanzinstitute<br />
Bank / Sparkassengruppe<br />
Emittenten Rating (corporate credit rating)<br />
größtes Rating "Delta"<br />
(notches)<br />
S&P Moody's Fitch Moody's vs. S&P vs. Fitch<br />
Helaba A/negative Aa2/stable A+/stable - 3<br />
Nord/LB A-/negative Aa2/negative A/stable - 4<br />
Bremer LB - Aa2/negative A/stable - 3<br />
LBBW A-/negative Aa2/negative A+/negative - 4<br />
LBB - A1/ stable Aa-/stable -1<br />
HSH Nordbank BBB+/negative A2/stable A/negative - 2<br />
WestLB BBB+/negative A2/negative A-/negative - 2<br />
BayernLB (BBB+/negative)* A1/stable A+/negative 0 (- 3)<br />
SaarLB - A1/ RUR/down A+/negative 0<br />
DekaBank A/stable Aa2/stable - - 3<br />
S-Finanzgruppe - Aa2/ stable - -<br />
Sparkassenverbund<br />
Baden-Württemberg<br />
- Aa3/stable - -<br />
Ostdeutscher<br />
Sparkassenverband<br />
- Aa3/stable - -<br />
S-Finanzgruppe<br />
Hessen-Thüringen<br />
A/negative - A+/stable - 1<br />
Sparkasse KölnBonn - Aa2/RUR/down** - -<br />
Sparkasse Aachen - Aa2/stable - -<br />
Sparkasse Spree-Neise - Aa2/stable - -<br />
Stadtsparkasse Düsseldorf - Aa1/stable - -<br />
Kreissparkasse Köln - Aa2/stable - -<br />
* Rating wurde auf Wunsch der BayernLB zum 19.10.09 zurückgezogen<br />
**RUR/down: Rating under Review/possible downgrade = Rating unter Beobachtung, mögliche Herabstufung<br />
Quellen: Moody's, Fitch Rating Services und Standard & Poor’s<br />
b) Wer ist der Adressat?<br />
I. d. R. richten sich externe Ratings an Investoren,<br />
die in Schuldtitel wie z. B. Anleihen investieren.<br />
Bisher waren innerhalb des Verbunds<br />
derlei Aktivitäten fast ausschließlich auf die<br />
Landesbanken beschränkt. Innerhalb der letzten<br />
Jahre haben aber auch zunehmend Sparkassen<br />
ein gewisses Maß an Kapitalmarktaktivität<br />
entfaltet. So z. B. die Sparkasse KölnBonn,<br />
die Sparkasse Aachen, die Stadtsparkasse Düsseldorf<br />
und die Kreissparkasse Köln.<br />
c) Die Ratingunterstützung der<br />
Landesbanken am Beispiel von<br />
Standard & Poor’s<br />
Während in der Vergangenheit die Bonität der<br />
Landesbanken recht homogen eingeschätzt<br />
wurde, hat sich diese Beurteilung nicht nur bei<br />
den Ratingagenturen sondern auch bei den<br />
Investoren verändert. Wie oben bereits erwähnt,<br />
profitieren die Ratings der Institute vom Verbund.<br />
Am Beispiel von Standard & Poor’s (siehe<br />
nachfolgende Abb. 3) wird dies deutlich.<br />
Abbildung 3: Rating Unterstützung am Beispiel von Standard & Poor’s<br />
Landesbank<br />
aktuelles Rating<br />
Emittenten Rating (corporate credit rating)<br />
Rating<br />
Unterstützung<br />
(in notches)<br />
Rating ohne<br />
Unterstützung<br />
Helaba A/negative 3 BBB/negative<br />
Nord/LB A-/negative 3 BBB-/negative<br />
LBBW A-/negative 3 BBB-/negative<br />
HSH Nordbank BBB+/negative 4 BB/negative<br />
BayernLB BBB+/negative* 4 BB/negative*<br />
WestLB BBB+/negative 5 BB-/negative<br />
* Rating wurde auf Wunsch der BayernLB zum 19.10.09 zurückgezogen<br />
Quelle: Standard & Poor’s<br />
Moody's S&P Fitch<br />
<strong>03</strong> / <strong>2010</strong> <strong>BankPraktiker</strong><br />
Beitrag<br />
» Die Ratinganalysen<br />
machen deutlich,<br />
dass v. a. die Landesbanken<br />
vom Verbund<br />
und der Verbindung<br />
zu den Sparkassen<br />
profitieren. «<br />
75
76<br />
Beitrag<br />
<strong>03</strong> / <strong>2010</strong> <strong>BankPraktiker</strong><br />
Abbildung 4: Refinanzierungskosten am Kapitalmarkt für ausgewählte<br />
Landesbankenanleihen<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
Jun 08 Oct 08 Feb 09 Jun 09 Oct 09<br />
WESTLB 4.5% 01/13 HSHN 4.25% <strong>03</strong>/13<br />
HESLAN 4.25% <strong>03</strong>/13 NDB 4.5% 04/13<br />
Quelle: Bloomberg<br />
Selbstständig und ohne die unterstützende<br />
Wirkung des Verbunds könnten die Landesbanken<br />
auf dem Bonitätsniveau „ohne Unterstützung“<br />
nur schwer am Markt bestehen.<br />
d) Auswirkungen auf die Refinanzierungsfähigkeit<br />
der Landesbanken<br />
Die aktuell gehandelten Spreads einiger ausgewählter<br />
Anleihen (ohne Staatsgarantien)<br />
weisen eine zunehmende Divergenz auf, insbesondere<br />
seit Oktober 2008.<br />
Im Vergleich zu den derzeit am Markt gehandelten<br />
Spreads für Finanzinstitute zeigt sich,<br />
dass die Landesbanken sich damit aber immer<br />
noch deutlich günstiger refinanzieren, als es<br />
der vergleichbaren Ratingkategorie entsprechen<br />
würde.<br />
5. Fazit<br />
Abbildung 5: Kapitalmarkt „spreads“ für Finanzinstitute<br />
Die derzeitige Marktsituation stellt die Sparkassen<br />
vor schwierige Herausforderungen.<br />
Gleichzeitig eröffnen sich aber auch Handlungsalternativen,<br />
die in der Vergangenheit<br />
vielleicht weniger Beachtung oder Relevanz<br />
hatten. Um einen höheren Spielraum und<br />
eine langfristige Unabhängigkeit – auch in<br />
Krisenzeiten – zu gewähren, ist eine höhere<br />
1600<br />
1500<br />
1400<br />
1300<br />
1200<br />
1100<br />
1000<br />
900<br />
800<br />
700<br />
600<br />
500<br />
400<br />
300<br />
200<br />
100<br />
0<br />
Oct 07 Feb 08 Jun 08 Oct 08 Feb 09 Jun 09 Oct 09<br />
Quelle: Bloomberg<br />
iBoxx € Financials AA iBoxx € Financials A iBoxx € Financials BBB
Effizienz im Risikomanagement und ein verbessertes<br />
Rentabilitätsniveau notwendig. Je<br />
nach Situation des einzelnen Instituts, kann<br />
eine höhere Flexibilität bei der Refinanzierung<br />
– z. B. durch Kapitalmarktinstrumente – dabei<br />
durchaus eine Rolle spielen. Die Zunahme<br />
externer Ratings innerhalb des Sparkassenlagers<br />
zeigen, dass Kapitalmarktaktivitäten nicht<br />
mehr alleine auf Landesbanken beschränkt<br />
sein müssen. Das dafür notwendige externe<br />
Rating für Sparkassen ist dabei durchaus wett-<br />
PRAXISTIPPS<br />
bewerbsfähig. Problematischer ist die Situation<br />
allerdings für die Landesbanken. Eine weitere<br />
Loslösung von Ihrer Funktion als Servicepartner<br />
der Sparkassen, was bisher durch eine maßgebliche<br />
Beteiligung und einem damit einhergehenden<br />
strategischen Interesse verbunden<br />
war, würde logischerweise damit entweder nur<br />
eine massive Fokussierung auf deren Servicefunktion<br />
oder aber eine Bündelung der Landesbankaktivitäten<br />
auf Bundesebene zulassen. Wie<br />
auch immer diese aussehen mag. £<br />
Beitrag<br />
Sparkassen sollten sich stärker mit der Methodik und Sichtweise der Ratingagenturen auseinandersetzen. Dies ermöglicht<br />
nicht nur ein besseres Benchmarking zu den Sparkassen, sondern erleichtert auch ein Benchmarking auf europäischer<br />
Ebene.<br />
Bei der Evaluierung des Refinanzierungsbedarfs und der individuellen Bankensteuerung sind größere Sparkassen gut<br />
beraten, auch weitere Finanzierungsinstrumente wie z. B. Anleihen in Betracht zu ziehen und die Kapitalmarktentwicklung<br />
zu beobachten.<br />
Bei der Überlegung für ein externes Rating müssen Kosten und Nutzen abgewogen werden. Gegebenfalls kann hier der<br />
Regionalverband oder die Landesbank eine Rolle bei der regionalen Bündelung bei gleichzeitig werthaltiger Besicherung<br />
einnehmen<br />
Die einzelne Sparkasse hat auf ein finales Rating einen unterschiedlichen Einfluss. Bei einem Regional-Verbundrating ist<br />
der Einfluss gering, bei einem individuellen Rating höher. In jedem Fall sollte sich das Institut gut vorbereiten und ein<br />
halbes Jahr Vorlauf für eine Kapitalmarkttransaktion einplanen.
78<br />
Beitrag<br />
<strong>03</strong> / <strong>2010</strong> <strong>BankPraktiker</strong><br />
Vorstand Kredit Konto Anlage Recht Handel Controlling Revision IT<br />
Kundenorientierung: Optimierung<br />
von Banköff nungszeiten am Fallbeispiel<br />
der Volksbank Leipzig<br />
Autoren:<br />
Lucretia Löscher, Rechtsanwältin,<br />
Consultant, HHL – Leipzig Graduate<br />
School of Management.<br />
Marcus Göpfert, HHL – Leipzig Graduate<br />
School of Management.<br />
Tanja Bogumil, HHL – Leipzig Graduate<br />
School of Management.<br />
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dieses Beitrags mit anderen<br />
<strong>BankPraktiker</strong>n in unserer Gruppe<br />
bei .<br />
Kreditinstitute müssen mehr denn je an Öff nungszeitkonzepten arbeiten, die<br />
sowohl Geschäfts- als auch Privatkunden gerecht werden, die den Kundenzulauf<br />
in zentralen und ländlichen Filialen beachten und die Wettbewerbsfähigkeit im<br />
Vergleich mit konkurrierenden Instituten sicherstellen.<br />
Diesen Beitrag finden Sie<br />
dort unter der Rubrik:<br />
Vorstand.<br />
» Öffnungszeiten<br />
sind Teil eines durch<br />
die Bank festgelegten<br />
Customer<br />
Care Konzepts und<br />
richten sich v. a. an<br />
aktuelle und potenzielle<br />
Kunden. «<br />
1 Schmidt, Zufriedenheitsorientierte Steuerung<br />
des Customer Care, S. 9f.; 253.<br />
I. Einleitung<br />
w Öff nungszeiten sind und waren schon<br />
immer Anlass für Diskussionen. Den schmalen<br />
Grad zwischen Kundenzufriedenheit, wirtschaftlichen<br />
Erwägungen, rechtlicher Zulässigkeit<br />
und Mitarbeiterbedürfnissen zu fi nden, ist<br />
eine der schwierigsten Aufgaben von Unternehmen<br />
im Zusammenhang mit dem Außenauftritt.<br />
Öff nungszeiten von Banken sind auf<br />
Grund dessen, dass der Zugang des Kunden<br />
zu eigenen fi nanziellen Mitteln gewährt und<br />
nicht nur der Einkauf von Waren ermöglicht<br />
wird, besonders sensibel. Trotz EC-Automaten,<br />
bargeldlosem Zahlungsverkehr und<br />
Online Banking, nutzen Kunden die Service-<br />
und Beratungscenter für Transaktionen. Als<br />
Folge müssen Kreditinstitute mehr denn je an<br />
Öff nungszeitkonzepten arbeiten, die sowohl<br />
Geschäfts- als auch Privatkunden gerecht<br />
werden, die den Kundenzulauf in zentralen und<br />
ländlichen Filialen beachten und die Wettbewerbsfähigkeit<br />
im Vergleich mit konkurrierenden<br />
Instituten sicherstellen.<br />
II. Kundenfreundlichkeit von<br />
Banken<br />
1. Bedeutung von Banköffnungszeiten<br />
für Kunden<br />
Empirische Studien zeigen, dass ein direkter<br />
positiver Zusammenhang zwischen Kundenzufriedenheit<br />
und Unternehmenserfolg sowie Kundenzufriedenheit<br />
und Kundenbindung besteht.<br />
Banköff nungszeiten stellen dabei ein wichtiges<br />
Kriterium für die Zufriedenheit der Kunden dar.<br />
Service- und Beratungszeiten in Bankfi lialen<br />
bieten dem Kunden die einzige Möglichkeit, mit<br />
seiner Bank in persönlichen Kontakt zu treten.<br />
Das Schaltergeschäft und die direkte Beratung<br />
gewährleisten eine individuelle Kundenbetreuung.<br />
Diese ist aber nur unternehmerisch sinnvoll,<br />
wenn zusätzlichen Kosten ein entsprechender<br />
wirtschaftlicher Erfolg gegenüber steht. Der<br />
größte Kostenfaktor ist, sieht man von Mietaufwendungen<br />
ab, das Personal. Die Berater sollten<br />
daher durch Neukunden und Finanzgeschäfte<br />
mit Bestandskunden im Idealfall die durch sie<br />
selbst entstehenden Kosten erwirtschaften. Um<br />
Kunden zu erreichen, müssen die Öff nungszeiten<br />
jedoch an deren zeitliche Möglichkeiten<br />
und Wünsche angepasst werden.<br />
Öff nungszeiten sind Teil eines durch die Bank<br />
festgelegten Customer Care Konzepts und<br />
richten sich vor allem an aktuelle und potenzielle<br />
Kunden 1 . Das Konzept soll als Hauptziel<br />
Kundenzufriedenheit sicherstellen, und damit<br />
Kundenbindung gewährleisten. Bezüglich der<br />
Öff nungszeiten bedeutet dies, dass der Kunde<br />
entsprechend seinen Vorstellungen ausreichend<br />
Möglichkeiten erhält die Bank aufzusuchen,<br />
ohne seine Ablaufroutine mit erheblichem<br />
Aufwand anpassen zu müssen.<br />
2. Unterschiedliche Anforderungen an<br />
Beratungs- und Servicezeiten<br />
Servicezeiten sind im Allgemeinen auf den<br />
Privatkunden zugeschnitten und sollten einen<br />
möglichst großen Teil dieser Kunden zufriedenstellen.<br />
In fast allen Banken wird während<br />
der Servicezeiten auch Beratung angeboten.<br />
Diese Beratungszeiten werden von den Privat-
kunden genutzt, aber auch viele Geschäftskunden<br />
kommen innerhalb ihrer Arbeitszeiten,<br />
um Beratungsservice nutzen zu können.<br />
Einige Kunden, insbesondere Privatkunden mit<br />
sehr langen Arbeits- oder Wegezeiten, schaffen<br />
es jedoch nicht, innerhalb der Servicezeiten<br />
einen Beratungstermin wahrzunehmen.<br />
Für diese Kunden sollte im entsprechenden<br />
Maß auch Beratung außerhalb der Servicezeiten<br />
angeboten werden. Ein Konfliktpunkt liegt<br />
dabei in der Kommunikation dieses Services.<br />
Nur wenn ein Kunde Kenntnis von der Möglichkeit<br />
zusätzlicher Beratungstermine hat, kann er<br />
diese wahrnehmen. Bankberater können ein<br />
Kontingent an wöchentlichen Stunden besitzen,<br />
welche zum Zweck der individuellen Beratung<br />
von Kunden auch außerhalb der allgemeinen<br />
Geschäftszeiten zur Verfügung stehen.<br />
Alternativ ist ein Ausgleich der zusätzlichen<br />
Arbeitszeit zu vereinbaren.<br />
3. Unterschiedliche Anforderungen von<br />
Privat- und Geschäftskunden<br />
Privat- und Geschäftskunden haben unterschiedliche<br />
Bedürfnisse und Anforderungen<br />
an Banken. Privatkunden richten allgemein<br />
den Zeitpunkt Ihrer Bankbesuche nach ihrer<br />
Arbeitszeit aus. Daraus ergeben sich Stoßzeiten<br />
in den ersten Stunden und kurz vor dem<br />
Ende der Öffnungszeiten. Schüler, Studenten<br />
und Rentner sind meist flexibler und nutzen<br />
Service- und Beratungszeiten über den gesamten<br />
Tag.<br />
Geschäftskunden sind schwieriger zu gruppieren<br />
und setzen aufgrund ihrer Bedeutung eine<br />
gewisse Flexibilität der Bank voraus. Neben den<br />
Servicezeiten die u.a. für den Zahlungsverkehr<br />
genutzt werden, nehmen Geschäftskunden<br />
tendenziell häufiger individuelle Beratungstermine<br />
wahr 2 . Kunden, die die Bank sowohl<br />
als Geschäfts- als auch als Privatkunden nutzen,<br />
haben entsprechend aktueller Studien die<br />
höchsten Anforderungen an ihre Bank 3 . Dieser<br />
Tatsache ist durch eine individuellere Betreuung<br />
dieser Gruppe Rechnung zu tragen, um<br />
Zufriedenheit zu gewährleisten.<br />
Als Folge größerer Erwartungshaltungen<br />
und wegen der überragenden Bedeutung<br />
dieser Kunden für die Bank, erhalten große<br />
Geschäftskunden Beratung durch einen eigenen<br />
Betreuer aus dem Geschäftskundenbereich<br />
der Bank. Dieser Service zeichnet sich dadurch<br />
aus, dass der Berater auf Anfrage auch in das<br />
Unternehmen kommt und nur ein Ansprechpartner<br />
entsprechend des Grundsatzes „one<br />
face to the customer“ die Angelegenheiten<br />
eines Geschäftskunden bearbeitet.<br />
4. Unterschiedliche Anforderungen von<br />
zentralen und ländlichen Filialen<br />
Die Schwierigkeit ein Öffnungszeitkonzept zu<br />
optimieren liegt nicht zuletzt darin, dass eine<br />
Bank ein Filialnetz in unterschiedlichen Besiedelungsgebieten<br />
aufweist. Filialen in Stadtkernen<br />
und Filialen in ländlichen Gegenden weisen<br />
unterschiedliche Kundenaktivitäten auf. Zentrale<br />
Filialen haben grundsätzlich einen höheren<br />
Zulauf über den gesamten Tag, in ländlichen<br />
Gebieten sind Filialen kleiner, weil der Kundenstrom<br />
geringer ist. Dafür sind Stoßzeiten klarer<br />
zu erkennen. Dies lässt sich darauf zurückführen,<br />
dass Kunden in städtischen Gebieten flexibler<br />
sind und deren Arbeitsplatz näher an<br />
der nächsten Bankfiliale liegt. Aufgrund der<br />
geringeren Filialdichte in ländlichen Gebieten,<br />
besteht eine größere Abhängigkeit der<br />
Kunden zur regionalen Filiale. Ein Kunde einer<br />
ländlichen Filiale ist deshalb vielmehr von den<br />
Öffnungszeiten der Filiale abhängig, da ein<br />
Ausweichen auf andere Filialen oder Konkurrenzbanken<br />
aufwändig ist.<br />
III. Optimierungsansätze<br />
1. Kundenbedürfnisse<br />
Um Kundenbedürfnisse zu erfassen, gibt es<br />
verschiedene Ansätze. Es könnten Daten ausgewertet<br />
werden, die aus der Nutzung der<br />
Automaten und Kontoauszugsdrucker resultieren.<br />
Dabei kommt es natürlich nicht auf<br />
eine personalisierte Auswertung an, sondern<br />
auf die Möglichkeit, quantitativ zu ermitteln,<br />
wann die Bank am häufigsten besucht wird.<br />
Vorteil ist, dass man auf existierende Werte<br />
zurückgreifen kann und dadurch Informationen<br />
erhält, die ohne einen hohen Kostenaufwand<br />
ausgewertet werden können. Darüber<br />
hinaus ist die Erhebung nicht von einer Beteiligung<br />
der Kunden abhängig und wird durch<br />
diese nicht beeinflusst. Der große Nachteil<br />
dieser Methode ist, dass sie nicht zielgruppenorientiert<br />
genutzt werden kann. Die Person<br />
<strong>03</strong> / <strong>2010</strong> <strong>BankPraktiker</strong><br />
Beitrag<br />
2 Löscher Consulting, Bankkundenanalyse 2009.<br />
3 Löscher Consulting, Bankkundenanalyse 2009.<br />
79
Beitrag<br />
» Wurden nach der<br />
Kundenbefragung<br />
und dem Benchmarking<br />
ein oder zwei<br />
neue Konzepte für<br />
Öffnungszeiten entwickelt,<br />
müssen diese<br />
vor der finalen Auswahl<br />
einer rechtlichen<br />
Kontrolle unterzogen<br />
werden. «<br />
80<br />
<strong>03</strong> / <strong>2010</strong> <strong>BankPraktiker</strong><br />
am Automaten kann ein Kunde einer fremden<br />
Bank sein, der nur eine Auszahlung vornehmen<br />
möchte. Ein Bankautomatennutzer muss nicht<br />
zwingend ein Kunde der Bank sein, sondern<br />
kann als Kunde einer anderen Bank Fremdservice<br />
wie z. B. Auszahlungen in Anspruch<br />
nehmen. Es gibt Kunden, die ausschließlich<br />
Automaten nutzen, und deshalb auf die Öffnungszeiten<br />
der Filiale keinen größeren Wert<br />
legen. Schließlich wird nicht ermittelt, ob der<br />
Kunde zufrieden ist oder sich einfach für den<br />
Moment den Umständen, die die Bank vorgegeben<br />
hat, anpasst. Um Kriterien wie Zufriedenheit<br />
messen zu können ist es unumgänglich,<br />
die Kunden direkt zu befragen. Dadurch<br />
erreicht man nicht nur ein besseres Verständnis<br />
für kritische Bereiche der Öffnungszeiten<br />
sondern erzeugt gleichzeitig beim Kunden den<br />
Eindruck, dass die Serviceorientierung für seine<br />
Bank wichtig ist und stetig verbessert werden<br />
soll. Der Anspruch an das Ergebnis der Befragung<br />
bestimmt den Umfang und den Aufwand.<br />
Eine Befragung in einer Filiale ist weniger<br />
aufwändig als eine filial über grei fende. Zur<br />
Objektivierung der Befragung sollten Kunden<br />
auf verschiedenen Wegen angesprochen<br />
werden. Erhebungen durch Mitarbeiter am<br />
Schalter und außerhalb der Räume der Bank<br />
durch Personen, die nicht bei der Bank angestellt<br />
sind, die Bereitstellung von Fragebögen<br />
zur eigenständigen Abgabe durch Kunden und<br />
Datenermittlungen online sowie Befragungen<br />
über die EC-Automaten sind sinnvolle Instrumente.<br />
Unterschiedliche Befragungsmethoden<br />
ermöglichen einen objektiven Überblick<br />
über die tatsächlichen Bedürfnisse der Kunden.<br />
Automatenauswertungen und Kundenbefragungen<br />
ergeben jedoch kein so umfassendes<br />
Bild, um allein daraus ein Öffnungszeitenkonzept<br />
zu entwickeln. Es wird nicht ermittelt,<br />
warum potenzielle Kunden sich final für eine<br />
andere Bank entscheiden. Ursachen dafür,<br />
die im Zusammenhang mit Öffnungszeiten<br />
zu suchen sind, werden deshalb im nächsten<br />
Abschn. behandelt.<br />
2. Bankenumfeld<br />
Kunden suchen sich ihre Bank meist nicht spontan<br />
aus, sondern orientieren sich an verschiedenen<br />
Kriterien. Neben Reputation und lokaler<br />
Präsenz sind auch die Leistungen der Bank<br />
für den Kunden maßgeblich. Dabei muss zwischen<br />
Leistungen unterschieden werden, die<br />
vertragsabhängig sind und Leistungen, die<br />
grundsätzlich im Zusammenhang mit der Service-<br />
und Kundenorientierung stehen. Öffnungszeiten<br />
gehören klar zu der zweiten<br />
Kategorie.<br />
Um ein Benchmarking mit anderen Banken<br />
durchzuführen, sollte vorher sorgfältig ausgewählt<br />
werden, welche Banken in den Vergleich<br />
einbezogen werden. Privatbanken und<br />
öffentlich-rechtliche Kreditinstitute haben oft<br />
unterschiedliche Ansätze und kalkulieren mit<br />
anderen Wirtschaftlichkeitsmaßstäben. Auch<br />
werden unterschiedliche Kundenkreise angesprochen.<br />
Eine Privatbank sollte deshalb auf<br />
jeden Fall eine weitere private Bank in das<br />
Benchmarking aufnehmen, idealerweise eine,<br />
die ein strukturell vergleichbares Filialnetz aufweist.<br />
Erfolgreiche Standorte der eigenen Bank<br />
müssen zum Vergleich herangezogen werden.<br />
Wettbewerb sollte sich außerdem immer am<br />
lokalen Best Practice-Modell orientieren. Oftmals<br />
wird es ein öffentlich-rechtliches Institut<br />
geben, dass nicht nur ein dichtes Filialnetz,<br />
sondern auch sehr weitreichende Öffnungszeiten<br />
aufweist. Bei dem Benchmarking geht<br />
es nicht in erster Linie darum, die längsten Öffnungszeiten<br />
zu adaptieren. Vielmehr sollen<br />
die Unterschiede zu den anderen Banken auf<br />
Zeiten aufmerksam machen, die Kunden gern<br />
in Anspruch nehmen und solche, die nicht<br />
oder nur wenig Nachfrage nach Service und<br />
Beratung generieren. Neben dem Vergleich<br />
der allgemeinen Öffnungszeiten ist auch ein<br />
Vergleich flexibler Beraterzeiten hilfreich. Wie<br />
bereits in Abschn. 2 beschrieben, sind diese<br />
Zeiten besonders für die Geschäftskunden<br />
relevant.<br />
3. Rechtliche Grundsätze<br />
Wurden nach der Kundenbefragung und dem<br />
Benchmarking ein oder zwei neue Konzepte<br />
für Öffnungszeiten entwickelt, müssen diese<br />
vor der finalen Auswahl einer rechtlichen Kontrolle<br />
unterzogen werden. Sowohl gesetzliche<br />
Bestimmungen wie z. B. Arbeitszeitregelungen<br />
als auch arbeitsvertragliche Klauseln<br />
können Konzepte scheitern lassen. Gesetzliche<br />
Bestimmungen sind nicht abdingbar, d.h.<br />
sie sind als Schutzbestimmungen für die Arbeitnehmer<br />
nicht durch Verträge einschränkungsfähig.<br />
Nach § 3 ArbZG darf die werktägliche<br />
Arbeitszeit der Arbeitnehmer acht Stunden
nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn<br />
Stunden nur verlängert werden, wenn innerhalb<br />
von sechs Kalendermonaten oder innerhalb<br />
von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden<br />
werktäglich nicht überschritten werden.<br />
Deshalb sollten grundsätzlich Öffnungszeiten<br />
entweder diese acht Stunden Regelung<br />
berücksichtigen oder es müssen Schichtsysteme<br />
eingeführt werden. Auch europäische<br />
Regelungen sind zu beachten. Bei einer täglichen<br />
Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden<br />
sind Ruhepausen von 30 Minuten (unterteilbar<br />
in Einheiten von 15 Minuten) obligatorisch.<br />
Insbesondere in kleinen Filialen mit wenigen<br />
Mitarbeitern kann das zu Einschränkungen<br />
führen. Entweder wird über Mittag die Filiale<br />
geschlossen, oder es müssen so viele Mitarbeiter<br />
in der Filiale arbeiten, dass die Pausenzeiten<br />
realisiert werden können, ohne Auflagen<br />
von Versicherungen zu gefährden. Die Kasse ist<br />
in dem Zusammenhang das zentrale Problem.<br />
Nach dem Vier-Augen Prinzip sind bei geöffneter<br />
Kasse, also den Servicezeiten, grundsätzlich<br />
zwei Mitarbeiter zu beschäftigen. Ist zeitweise<br />
nur ein Mitarbeiter anwesend, z. B. durch<br />
eine Pause des Anderen, kann die Versicherung<br />
bei einem Schaden die Regulierung ablehnen.<br />
Neben den Regelungen zur Arbeitszeit müssen<br />
auch die betriebsverfassungsrechtlichen Regelungen<br />
beachtet werden. Haben die Änderungen<br />
der Öffnungszeiten Auswirkungen auf<br />
die Arbeitsplätze, so ist der Betriebsrat durch<br />
den Arbeitgeber zu informieren. Der Betriebsrat<br />
hat darüber hinaus gem. § 87 I Nr. 2 BetrVG<br />
ein Mitbestimmungsrecht hinsichtlich Anfang<br />
und Ende der täglichen Arbeitszeit sowie den<br />
Pausenregelungen und der wöchentlichen Verteilung<br />
der Arbeitszeit. Deshalb ist es sinnvoll,<br />
die Arbeitnehmervertretung frühzeitig in die<br />
Erarbeitung eines Arbeitszeitkonzepts einzubeziehen.<br />
Kommt eine Einigung über die Angelegenheit<br />
nicht zustande, so entscheidet die<br />
Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle<br />
ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und<br />
Betriebsrat.<br />
IV. Fallbeispiel Volksbank Leipzig<br />
1. Ausgangssituation<br />
Die Volksbank Leipzig ist eine Genossenschaftsbank.<br />
Der Partnerschaftsgedanke sowie die<br />
Kundenorientierung stehen im Zentrum des<br />
wirtschaftlichen Handelns. Der Kunde wird<br />
auf persönlicher Ebene angesprochen und<br />
Kundenzufriedenheit ist als richtungsweisender<br />
Faktor im Leitbild fest verankert.<br />
Ein zentraler Aspekt in diesem Zusammenhang<br />
ist die Optimierung der Öffnungszeiten.<br />
Dabei darf der Fokus jedoch nicht allein auf<br />
den Kundenerwartungen liegen. Zusätzlich ist<br />
dem Wettbewerb sowie den arbeitsrechtlichen<br />
und vertraglichen Restriktionen Rechnung zu<br />
tragen. Dass diese Bereiche konfliktär zueinander<br />
stehen ist eindeutig. Die Herausforderung<br />
besteht also darin, einen optimalen Mittelweg<br />
zu finden, um die Position der Volksbank Leipzig<br />
zu stärken.<br />
Eine Besonderheit des Filialnetzes der Volksbank<br />
Leipzig liegt in seiner Struktur. Neben den<br />
klassischen Stadtfilialen bestehen auch mehrere<br />
sog. Landfilialen, welche unterschiedliche<br />
Öffnungszeiten aufweisen. Den unterschiedlichen<br />
Gegebenheiten der Stadt- und Landgebiete<br />
ist bei der Konzeptentwicklung Rechnung<br />
zu tragen.<br />
2. Projektablauf<br />
Am Anfang des Projekts stand eine umfangreiche<br />
Analyse der Ausganssituation. Darauf<br />
aufbauend wurden verschiedene Lösungsansätze<br />
entwickelt und anhand festgelegter Kriterien<br />
bewertet. Abschließend wurde ein Konzept<br />
ausgewählt und konkretisiert.<br />
Um die Objektivität insbesondere bei den persönlichen<br />
Kundeninterviews zu wahren, wurde<br />
ein standardisierter Kurzfragebogen entwickelt.<br />
Gefragt waren neben der allgemeinen<br />
Zufriedenheit mit den Öffnungszeiten auch die<br />
gewünschten Anfangs- und Schließzeiten. Weiterhin<br />
wurde ermittelt, wann Servicezeiten am<br />
Schalter durch den Kunden genutzt werden.<br />
Gespräche mit den Filialleitern und Mitarbeitern<br />
boten eine sinnvolle Ergänzung der<br />
eigentlichen Kundenbefragung. Aus den langjährigen<br />
Erfahrungen der Mitarbeiter hinsichtlich<br />
allgemeiner Kundenverhaltensweisen und<br />
Reaktionen der Kunden auf Veränderungen der<br />
Öffnungszeiten in der Vergangenheit konnten<br />
wertvolle Schlussfolgerungen für das aktuelle<br />
Projekt gezogen werden. Die Gespräche boten<br />
<strong>03</strong> / <strong>2010</strong> <strong>BankPraktiker</strong><br />
Beitrag<br />
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Beitrag<br />
» Grundprinzipien<br />
der Konzepte waren<br />
ein kurzer Mittwoch<br />
und eine Verlängerung<br />
der Öffnungszeit<br />
am Freitag. «<br />
<strong>03</strong> / <strong>2010</strong> <strong>BankPraktiker</strong><br />
auch die Möglichkeit, die unterschiedlichen<br />
Anforderungen von Privat- und Geschäftskunden<br />
zu bestimmen und die Möglichkeit einer<br />
Trennung von Service- und Beratungszeiten zu<br />
ermitteln.<br />
Die aus den verschiedenen Kanälen gewonnen<br />
Erkenntnisse wurden bei der abschließenden<br />
Bewertung mit entsprechender Gewichtung<br />
einbezogen. Wichtig war neben der Unterscheidung<br />
von Privat- und Geschäftskunden auch<br />
die Berücksichtigung von Kunden, die sowohl<br />
privat als auch geschäftlich mit der Volksbank<br />
Leipzig verbunden sind.<br />
Des Weiteren war die Wettbewerbssituation in<br />
Leipzig und Umgebung zu untersuchen. Wie<br />
bereits erläutert, bieten die Öffnungszeiten für<br />
den Kunden die einzige Möglichkeit zur direkten<br />
Kontaktaufnahme mit der Bank und können<br />
folglich zu einem wettbewerbsentscheidenden<br />
Faktor werden. Um Anhaltspunkte für die spätere<br />
Konzepterstellung zu sammeln, wurde<br />
ein intensives Benchmarking mit dem größten<br />
Wettbewerber vor Ort sowie einem Kreditinstitut<br />
mit vergleichbarer Struktur und Filialdichte<br />
durchgeführt. Das Benchmarking zeigte Möglichkeiten<br />
für eine bewusste Abgrenzung der<br />
Volksbank Leipzig vom Wettbewerb.<br />
Abschließend wurde eventuellen arbeitsrechtlichen<br />
und vertraglichen Restriktionen<br />
Rechnung getragen. Arbeitszeiten-, Schichten-,<br />
Pausen- und Überstundenregelungen<br />
des neuen Konzepts waren zu überprüfen und<br />
anhand der vorhandenen Anzahl von Mitarbeitern<br />
auf ihre Realisierbarkeit zu überprüfen.<br />
Der Betriebsrat und dessen Rechte waren<br />
einzubeziehen.<br />
3. Ergebnis<br />
Es ergaben sich drei Konzepte. Einige Kriterien,<br />
die durch die Projektarbeit festgestellt<br />
wurden, widerholten sich aufgrund ihrer zentralen<br />
Bedeutung, andere Charakteristika gaben<br />
den Konzepten eine klare und von den anderen<br />
Konzepten eindeutig abgrenzbare Richtung.<br />
Grundprinzipien der Konzepte waren<br />
ein kurzer Mittwoch und eine Verlängerung<br />
der Öffnungszeit am Freitag. Die Befragungen<br />
der Kunden und der Mitarbeiter ergaben filialübergreifend<br />
eine geringe Nutzung der Service-<br />
und Beratungszeiten am Mittwoch. Erklä-<br />
rungen für diese Erscheinung fallen schwer.<br />
Der Mittwoch ist kein klassischer Behördentag.<br />
Die Kunden der Bank könnten Bankangelegenheiten<br />
eher mit dem Gang zu einer Behörde<br />
als mit einem gewöhnlichen Einkauf verbinden.<br />
Eine weiterer Ansatz wäre der zeitliche<br />
Abstand zum Wochenende. Freitags wurde in<br />
der Vergangenheit bereits um 12 Uhr geschlossen.<br />
Viele Kunden sahen hierin ein Defizit und<br />
kritisierten die Regelung. Mangelnde Kundenzufriedenheit<br />
und auch der Wettbewerbsnachteil<br />
zu den anderen Banken ergaben, dass<br />
freitags auf jeden Fall länger geöffnet werden<br />
muss.<br />
Das erste Konzept ging von einer vollständig<br />
einheitlichen Gestaltung der Öffnungszeiten<br />
für alle Filialen, und zwar sowohl für Stadt- als<br />
auch für Landfilialen, aus. Einziger Unterschied<br />
war, dass die Landfilialen über Mittag eine<br />
Stunde schließen. Dies ermöglicht den Mitarbeitern<br />
die Automaten aufzufüllen und die<br />
gesetzliche Mittagspause einzuhalten. Einheitliche<br />
Öffnungszeiten erleichtern dem Kunden,<br />
sich diese Zeiten einzuprägen und verhindern<br />
damit Irrtümer hinsichtlich der tages- und filialabhängigen<br />
Geschäftszeiten.<br />
Dies kann die Kundenzufriedenheit wesentlich<br />
erhöhen und die Kundenbeziehung stärken.<br />
Ein Nachteil ist hier allerdings der Kostenaspekt.<br />
Eine Angleichung der Öffnungszeiten würde<br />
eine Verlängerung in den äußeren Landbezirken<br />
mit sich bringen. Das Kosten-Nutzen-Verhältnis<br />
dieser Maßnahme ist dementsprechend<br />
zentraler Entscheidungsfaktor.<br />
Beim zweiten Öffnungszeitenkonzept wurden<br />
die täglichen Geschäftszeiten so gestaltet,<br />
dass sie den verschiedenen Bedürfnissen der<br />
unterschiedlichen Kundengruppen durch eine<br />
erhöhte Flexibilität entgegen kommen. Die Filialen<br />
wurden in Stadt- und Landfilialen unterteilt.<br />
Die Landfilialen wurden darauf ausgerichtet,<br />
an einigen Tagen der Woche bis 19 Uhr<br />
zu öffnen und darüber hinaus Beratungszeiten<br />
außerhalb der Öffnungszeiten aktiv anzubieten.<br />
Damit wurde berücksichtigt, dass die<br />
Kunden auf dem Land häufig längere Wegezeiten<br />
zur Arbeit haben und deshalb spätere<br />
Termine benötigen. Die Öffnungszeiten<br />
der Stadtfilialen wurden dagegen über die<br />
Woche verteilt homogener geplant. Auch die<br />
unterschiedlichen Bedürfnisse der Geschäfts-
und Privatkunden wurden bei diesem Konzept<br />
einbezogen. Konkret war es möglich, für<br />
Geschäftskunden an bestimmten Tagen in der<br />
Woche besonders früh zu öffnen und für Privatkunden<br />
an anderen Tagen besonders spät<br />
zu schließen. Berücksichtigt wurde auch, inwieweit<br />
eine verstärkte Trennung von Service- und<br />
Beratungszeiten wertbringend für die Kunden<br />
der Volksbank Leipzig ist.<br />
Das dritte Konzept überzeugte durch den<br />
Fokus auf die Hauptgeschäftsstelle mit besonders<br />
langen Geschäftszeiten und schränkte<br />
diese für die übrigen Filialen ein. Vorteil dieser<br />
„französischen Lösung“ 4 war, dass die im Innenstadtkern<br />
liegende Zentrale damit extrem wettbewerbsfähig<br />
gewesen wäre. Insbesondere für<br />
das Neukundengeschäft ist das ein wichtiger<br />
Vorteil. Die übrigen Stadtfilialen und die Landfilialen<br />
hätten die Öffnungszeiten verringert,<br />
um mehr individuelle Beratung durchführen<br />
zu können. Die Kommunikation der verkürzten<br />
Öffnungszeiten gegenüber den Kunden<br />
war allerdings ein wesentlicher Nachteil. Darüber<br />
hinaus sind viele Kunden so weit vom Stadtkern<br />
entfernt ansässig, dass ein Verweis an die<br />
Zentrale bei spätem Bedarf für Serviceleistungen<br />
schwer zumutbar schien.<br />
Durch unterschiedliche Prioritäten hat jedoch<br />
kein Geschäftszeitenmodell ausschließlich Vor-<br />
teile.<br />
Die finale Optimierung erfolgte deshalb nicht<br />
durch die Wahl eines der drei Konzepte, sondern<br />
durch eine möglichst verlustfreie Kom-<br />
PRAXISTIPPS<br />
bination der Vorteile aller Varianten, ohne die<br />
jeweiligen Nachteile tragen zu müssen.<br />
Für die Zentrale wurden besonders umfangreiche<br />
Öffnungszeiten festgelegt, um zum Einen<br />
im Wettbewerbsvergleich eine führende Rolle<br />
einzunehmen und zum Anderen den Kundenbedürfnissen<br />
Rechnung zu tragen, denn<br />
in der Innenstadt sind auch die umliegenden<br />
Geschäfte besonders lang geöffnet. Für die übrigen<br />
Stadt- und Landfilialen wurde ein einheitliches<br />
Konzept entwickelt. Der Kunde hat damit<br />
wie fast in keiner anderen Bank ein sehr eingängiges,<br />
einfaches System von Öffnungszeiten, das<br />
aber gleichzeitig durch eine Erweiterung der Öffnungszeiten<br />
allen Kundengruppen gerecht wird.<br />
Trotzdem ist es durch eine geschickte Verteilung<br />
möglich, die neuen Öffnungszeiten ohne einen<br />
Mehrbedarf an Personal oder eine Erhöhung der<br />
Wochenarbeitszeit der Mitarbeiter umzusetzen.<br />
V. Fazit<br />
Banken müssen ihre Kunden durch Leistungsfähigkeit<br />
und Leistungsbereitschaft überzeugen.<br />
Erreichbarkeit ist dabei ein wichtiges Kriterium.<br />
Die Festlegung der Öffnungszeiten<br />
sollte alle hier dargestellten Aspekte berücksichtigen.<br />
Dabei spielt auch der angesprochene<br />
Kundenkreis eine wesentliche Rolle. Schließlich<br />
sollte das gewählte Konzept überzeugend sein,<br />
denn neben einigem Aufwand, die Öffnungszeiten<br />
zu bewerben und den Kunden mitzuteilen,<br />
sollte mittelfristig von fortlaufenden Änderungen<br />
abgesehen werden. £<br />
<strong>03</strong> / <strong>2010</strong> <strong>BankPraktiker</strong><br />
Beitrag<br />
4 In Anlehnung an die starke politische Zentralisierung<br />
in Frankreich.<br />
Spezielle Kundengruppen, welche die allgemeingültigen Öffnungszeiten nicht wahrnehmen können, sollten die Möglichkeit<br />
zu individuellen Beratungsterminen haben.<br />
Dabei ist es von entscheidender Bedeutung, solche potenziellen Beratungstermine aktiv zum Kunden zu kommunizieren.<br />
Eine hohe Aufmerksamkeit gilt Geschäftskunden, die gleichzeitig Privatkunden sind, da für diese ein breites Spektrum<br />
an Produkten in Frage kommt, sie aber auch eine variablere Beratung voraussetzen.<br />
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Beitrag<br />
<strong>03</strong> / <strong>2010</strong> <strong>BankPraktiker</strong><br />
Vorstand Kredit Konto Anlage Recht Handel Controlling Revision IT<br />
Vorfälligkeitsentschädigung bei<br />
Forwarddarlehen<br />
Autoren:<br />
Prof. Dr. Konrad Wimmer,<br />
Geschäftsbereichsleiter Bankinnovation<br />
msgGillardon AG Ismaning.<br />
Dr. Patrick Rösler,<br />
Rechtsanwalt, Geschäftsführer<br />
Finanz Colloquium Heidelberg GmbH.<br />
Diskutieren Sie zum Thema<br />
dieses Beitrags mit anderen<br />
<strong>BankPraktiker</strong>n in unserer Gruppe<br />
bei .<br />
Spezialfragen zur Berechnung von Nichtabnahme- und Vorfälligkeitsentschädigung<br />
bei vorzeitiger Beendigung von Forwarddarlehen.<br />
Diesen Beitrag finden Sie<br />
dort unter der Rubrik:<br />
Kredit.<br />
» Letztlich stellt<br />
sich in der Praxis<br />
häufig die Frage,<br />
ob ein Forwarddarlehen<br />
oder eine<br />
sofortige Umschuldung<br />
für den Kunden<br />
günstiger ist. «<br />
1 BGH vom 07.11.2000, NJW 2001, 509 = WM 2001,<br />
20 = ZIP 2001, 20, dazu von Heymann/Rösler ZIP<br />
2001, 441.<br />
2 Dazu ausführlich Lübbersmann in: Münscher/<br />
Grziwotz/Lang/Krepold, Praktikerhandbuch Baufi<br />
nanzierung, 2. Aufl ., 2007, Rdnr. 73 ff .; Rösler,<br />
WM 2000, 1930.<br />
3 Vgl. Bruchner/Krepold in: Schimansyk/Bunte/<br />
Lwowski, Bankrechtshandbuch, 3. Aufl ., 2007, S.<br />
2170, RdNr. 22a.<br />
I. Einleitung<br />
w Die Vorfälligkeitsentschädigung soll die<br />
Bank oder Sparkasse so stellen, als ob der Darlehensvertrag<br />
bis zum Ende des geschützten<br />
Zinserwartungszeitraums vereinbarungsgemäß<br />
durchgeführt worden wäre. Damit sollen<br />
ihr grob umrissen einerseits die vertraglich<br />
vereinbarten Zahlungen zufl ießen, andererseits<br />
muss sie sich den Vorteil der sofortigen<br />
Verfügbarkeit der Mittel bei der Schadensbetrachtung<br />
anrechnen lassen. Die Schadensberechnung<br />
basiert auf der an anderer Stelle<br />
ausführlich diskutierten Barwertmethode<br />
(Kurswertmethode), die vom BGH 1 anerkannt<br />
ist.<br />
In der Praxis besteht häufi g Unsicherheit, wie<br />
dieses Konzept bei Forwarddarlehen anzuwenden<br />
ist. Bei Forward-Darlehen 2 schließt die<br />
Bank mit dem Kunden einen Darlehensvertrag<br />
ab, der in der Praxis regelmäßig erst in etwa<br />
ein bis drei Jahren (Forward-Zeit) zur Auszahlung<br />
kommen soll. Bereitstellungszinsen fallen<br />
für diese Darlehen während der Forward-Zeit<br />
regelmäßig nicht an. Durch diese Konstruktion<br />
will sich der Kreditnehmer das zum Zeitpunkt<br />
des Vertragsschlusses (niedrige) Zinsniveau<br />
zum Fordwardzinssatz sichern. Dabei treten<br />
mehrere Fragestellungen auf, denen im Folgenden<br />
nachzugehen ist. Zum einen spielt<br />
aus juristischer Sicht eine Rolle, wie unter Auslegung<br />
von § 489 Abs. 1 Ziff er 3 2. HS BGB (nach<br />
Inkrafttreten des Umsetzungsgesetzes Verbraucherkreditrichtline<br />
§ 489 Abs. 1 Ziff er 2 2. HS<br />
BGB) der rechtlich geschützte Zinserwartungszeitraum<br />
bei Forwarddarlehen zu defi nieren ist.<br />
Außerdem ist häufi g unklar, wie aus fi nanzmathematischer<br />
und juristischer Sicht die konkrete<br />
Berechnung der Nichtabnahme- und Vorfälligkeitsentschädigung<br />
bei vorzeitiger Rückführung<br />
bzw. Nichtabnahme von Forwarddarlehen<br />
zu erfolgen hat. Letztlich stellt sich in der<br />
Praxis häufi g die Frage, ob ein Forwarddarle-<br />
hen oder eine sofortige Umschuldung für den<br />
Kunden günstiger ist.<br />
II. Rechtlich geschützter<br />
Zinserwartungszeitraum<br />
bei Forwarddarlehen<br />
1. Neuer (Forward-)Kreditvertrag<br />
Beispiel 1:<br />
Die Bank schließt mit einem Kunden einen<br />
neuen Forward-Kreditvertrag mit einer zehnjährigen<br />
Zinsbindung ab, da der Kunde a) erst<br />
in der Zukunft (z. B. in 2 Jahren) den Kredit für<br />
einen Umbau o. ä. benötigt, aber sich schon<br />
jetzt das vermeintlich niedrige Zinsniveau<br />
sichern will oder b) eine bei einer anderen Bank<br />
noch (z. B. 2 Jahre) laufende Festzinsfi nanzierung<br />
ablösen will und sich wiederum das aktuelle<br />
Zinsniveau sichern will.<br />
In beiden Konstellationen liegt der Fall des<br />
§ 489 Abs. 1 Ziff er 3 2. HS BGB vor, d. h. die<br />
10-Jahresfrist läuft nach dem Wortlaut des<br />
Gesetzes ab dem vollständigen Erhalt der Darlehensvaluta<br />
3 . Problematisch ist hier allerdings<br />
die Koppelung von Forwardvereinbarungen<br />
mit einem normalen Festzinskredit.<br />
Bezogen auf den Wortlaut der Norm kann die<br />
Forward-Zeit beliebig lang sein, theoretisch<br />
kommen 5, 10 und auch 15 Jahre Forward-<br />
Zeit in Betracht. In Übereinstimmung mit dem<br />
Wortlaut der Vorschrift könnte dies bedeuten,<br />
dass der Darlehensnehmer heute einen Kreditvertrag<br />
zur sofortigen Auszahlung mit einer<br />
10-jährigen Zinsfestschreibungszeit abschließt<br />
und einen zweiten Kreditvertrag wiederum mit<br />
10-jähriger Zinsfestschreibung und Auszahlung<br />
in 10 Jahren, wenn die Zinsfestschreibung des<br />
ersten Darlehens abgelaufen ist. Damit hätte er<br />
sich die heutige Zinskondition für wirtschaftlich
ein und dasselbe Darlehen für 20 Jahre gesichert<br />
(Doppeldarlehen).<br />
Zweck des § 489 BGB ist, dem Kreditnehmer<br />
seine wirtschaftliche Bewegungsfreiheit zu<br />
erhalten und ihn nicht übermäßig lange an Kreditverträge<br />
zu binden, um unter dem Druck des<br />
Kündigungsrechts marktgerechte Zinsen zu<br />
vereinbaren und Umschuldungen zu erleichtern.<br />
Die Kündigungsrechte des Darlehensnehmers<br />
dürfen nach § 489 Abs. 4 BGB durch<br />
Vertrag weder ausgeschlossen noch erschwert<br />
werden.<br />
Aus diesem Grund wird die durch obige Konstruktion<br />
des Doppeldarlehens erzielte, faktisch<br />
20-jährige Zinsbindung gegen § 489<br />
BGB verstoßen. Der Darlehensnehmer wäre<br />
20 Jahre wirtschaftlich an dieselbe Finanzierung<br />
gebunden. Dies würde z. B. im Falle der<br />
Nichtabnahme des Darlehens wenige Wochen<br />
nach Abschluss der beiden Darlehensverträge<br />
bedeuten, dass der Darlehensnehmer für das<br />
zuerst zur Auszahlung gelangende Darlehen<br />
für die rechtlich geschützte Zinserwartung der<br />
Bank Nichtabnahmeentschädigung bezahlen<br />
muss 4 . Die rechtlich geschützte Zinserwartung<br />
der Bank beträgt in diesem Fall 10 Jahre und<br />
6 Monate, d. h. der Darlehensnehmer kann das<br />
Darlehen frühestens 10 Jahre nach Auszahlung<br />
kündigen, muss aber eine Kündigungsfrist<br />
von 6 Monaten einhalten. Gleiches gilt für das<br />
Anschlussdarlehen, die Bank könnte nach dem<br />
Wortlaut des Gesetzes darauf vertrauen, dass<br />
dieses Darlehen nach Auszahlung in 10 Jahren<br />
nochmals für 10 Jahre Zinsfestschreibung läuft<br />
und insgesamt für über 20 Jahre Nichtabnahmeentschädigung<br />
für das zweite Darlehen<br />
verlangen. In der Gesamtbetrachtung würde<br />
die Bank grob betrachtet also für wirtschaftlich<br />
ein und dasselbe Darlehen für die ersten<br />
10 Jahre doppelt und außerdem für die Jahre<br />
10–20 eine Entschädigung für eine Nichtabnahme<br />
verlangen können. Weniger extrem<br />
aber prinzipiell ähnlich ist die Schadensbetrachtung,<br />
wenn der Kreditnehmer ein ihm<br />
zustehendes vorzeitiges Tilgungsrecht während<br />
der Laufzeit des ersten Darlehens ausübt<br />
und die Bank dann Vorfälligkeitsentschädigung<br />
für das erste Darlehen und Nichtabnahmeentschädigung<br />
für das zweite Darlehen verlangt.<br />
Aus diesem Grund wird eine überzogene<br />
Konstruktion des Forward-Darlehens insbesondere<br />
bei Doppeldarlehen als Umgehung des<br />
§ 489 BGB nicht möglich sein. Dem Darlehensnehmer<br />
wird dennoch ein Kündigungsrecht<br />
zustehen.<br />
Unter Abwägung des erheblichen Kundeninteresses<br />
am Produkt Forward-Darlehen, insbesondere<br />
in Zeiten einer Niedrigzinsphase<br />
wie derzeit, der normalen Auszahlungsfristen<br />
über Monate oder Jahre bei Baufinanzierungen<br />
(vgl. z. B. Ratenmodell nach § 3 MaBV) und des<br />
eindeutigen Gesetzeswortlauts erscheint es<br />
zulässig, eine Forward-Zeit bis zur Hälfte der<br />
gesetzlich zulässigen Bindung, also 5 Jahre, zu<br />
vereinbaren. Mit dieser Begrenzung dürften<br />
auch Anschlußdarlehen, die nach Ablauf der<br />
ersten 5 Jahre des bestehenden Darlehensvertrages<br />
bei Zinsfestschreibung von 10 Jahren<br />
geschlossen werden oder Doppeldarlehen mit<br />
gleichzeitigem Abschluß und einer Beschränkung<br />
auf 5 Jahre Zinsfestschreibung und<br />
5 Jahre Forward-Zeit, zulässig sein. Darüber<br />
hinaus dürfte eine weitere Ausdehnung der<br />
Forward-Zeit (auch unter besonderer Aufklärung<br />
des Kunden) rechtlich nicht möglich sein<br />
- vom wirtschaftlichen Aspekt der in Abhängigkeit<br />
von der Zinsstrukturkurve möglicherweise<br />
sehr hoch ausfallenden Forwardprämie ganz<br />
abgesehen. Im Ergebnis kann sich die Vorfälligkeitsentschädigung/Nichtabnahmeentschädigung<br />
im beschriebenen Fall des Doppeldarlehens<br />
(„2*10 Jahre“) maximal auf die Restlaufzeit<br />
des Erstdarlehens mit 5 Jahren, das ist zugleich<br />
der Vorlauf des Forwarddarlehens, und einer<br />
Nichtabnahmeentschädigung eines Forwarddarlehens<br />
mit einer Zinsbindung von 10 Jahren<br />
zusammensetzen.<br />
2. Neue Zinsvereinbarung<br />
Beispiel 2:<br />
Die Bank schließt mit einem Kunden bei einem<br />
bereits bestehenden Festzinskredit mit einer<br />
zehnjährigen Zinsbindung z. B. 2 Jahre vor<br />
Ablauf eine Prolongationsvereinbarung wiederum<br />
für 10 Jahre (ab Ablauf der alten Zinsbindung),<br />
da der Kunde sich schon jetzt das<br />
aktuelle Zinsniveau sichern will. Dabei stellt<br />
sich die Frage, ob der Wortlaut § 489 Abs. 1<br />
Ziffer 3 1. HS BGB greift, wonach die 10-Jahresfrist<br />
ab dem Zeitpunkt der Vereinbarung<br />
läuft (in der Abbildung unten also ab dem Jahr<br />
8) oder ob die 10-Jahresfrist erst ab Geltung<br />
der neuen Kondition läuft 5 . Für den Kunden<br />
<strong>03</strong> / <strong>2010</strong> <strong>BankPraktiker</strong><br />
Beitrag<br />
» Aus diesem Grund<br />
wird eine überzogene<br />
Konstruktion<br />
des ForwardDarlehens<br />
– insbesondere<br />
bei Doppeldarlehen<br />
– als Umgehung<br />
des § 489 BGB nicht<br />
möglich sein. «<br />
4 BGH WM 1991, 760, dazu WuB I E 4. – 7.91<br />
Beckers; Rösler/Wimmer, WM 2000, 164.<br />
5 So Bruchner/Krepold in: Schimansyk/Bunte/<br />
Lwowski, Bankrechtshandbuch, 3. Aufl., 2007,<br />
S. 2170, RdNr. 22b.<br />
85
86<br />
Beitrag<br />
<strong>03</strong> / <strong>2010</strong> <strong>BankPraktiker</strong><br />
hat dies erkennbar weitreichende Folgen, da<br />
zum einen der Zeitraum der Festzinsbindung<br />
tangiert wird und zum anderen der Zeitraum<br />
der Schadensberechnung bei der Nichtabnahme-/Vorfälligkeitsentschädigungbetroffen<br />
ist (siehe Abb. 1).<br />
Aufgrund der aus vertraglicher Sicht vorgenommenen<br />
Umschuldung durch Abschluss<br />
eines neuen Kreditvertrages kann das Forward-Darlehen<br />
jedoch nicht als Anwendungsfall<br />
von § 489 Abs. 1 Nr. 3 zweiter Halbsatz BGB<br />
eingestuft werden. Diese Norm erfasst nur Fälle,<br />
bei denen sich Darlehensnehmer und Bank vor<br />
Ablauf der Zinsfestschreibung über eine neue<br />
Zinsfestschreibung – in aller Regel mit einem<br />
geänderten Zinssatz – für das bereits bestehende<br />
Darlehen einigen. Ein neuer Darlehensvertrag<br />
wie beim Forward-Darlehen wird in<br />
diesen Fällen gerade nicht geschlossen. Also ist<br />
in jedem Fall abzugrenzen, ob ein neuer Darlehensvertrag<br />
abgeschlossen wurde und damit<br />
ein vom Anwendungsbereich dieser Norm ausgeschlossener<br />
Forwardkredit vorliegt oder ob<br />
Bank und Kunde lediglich zum bestehenden<br />
Darlehensvertrag eine neue Zinsvereinbarung<br />
geschlossen haben, der Vertrag aber ansonsten<br />
unverändert fortlaufen soll. In Abb. 1 ist damit<br />
ausgehend von der Erklärung der Nichtabnahme<br />
des prolongierten Darlehens im Jahr 9<br />
das Jahr 18 für das Ende der rechtlich geschützen<br />
Zinswartung maßgeblich, wenn eine neue<br />
Zinsvereinbarung geschlossen wird, hingegen<br />
das Jahr 20, wenn ein neuer (Forward-)Kredit<br />
abgeschlossen wird.<br />
Abbildung 1: Zinserwartungszeitraum bei Forwarddarlehen<br />
Kreditver -<br />
trag neu<br />
Jahr 8<br />
Zins -<br />
prolongation<br />
Neuer<br />
Zinssatz<br />
verein -<br />
bart<br />
Jahr 9<br />
NA des<br />
prolongierten<br />
Darle -<br />
hens<br />
Jahr 10<br />
III. Berechnung der<br />
Nichtabnahme-/Vorfälligkeitsentschädigung<br />
bei Forwarddarlehen<br />
Im obigen Beispiel 1 ist aus juristischer und aus<br />
ökonomischer Sicht davon auszugehen, dass<br />
der Schaden gerechnet auf den geschützten<br />
Zinserwartungszeitraum zu erfolgen hat. Bei<br />
einer Forwardvereinbarung heute mit einer<br />
Vorlaufzeit von 2 Jahren und einer Zinsbindung<br />
von 10 Jahren ab Auszahlung wird der Schaden<br />
bei einer angenommenen Nichtabnahme am<br />
Tag des Darlehensvertragsschlusses zum Zeitpunkt<br />
der Auszahlung in 2 Jahren auf 10 Jahre<br />
(Ablauf der Zinsbindung) gerechnet, womit<br />
der künftige Cash-Flow bei der Berechnung in<br />
zwei Jahren startet. Die „weit“ in der Zukunft liegenden<br />
Cash-Flows sind dementsprechend auf<br />
den „heutigen“ Tag abzuzinsen. Würde fälschlicherweise<br />
eine Sofortauszahlung „heute“ bei<br />
der Schadensbetrachtung angenommen, so<br />
würde der Schaden deutlich überzeichnet, da<br />
die Cash-Flows zu gering abgezinst würden.<br />
Um diesen Sachverhalt zu verdeutlichen, wird<br />
angenommen, dass der Bankkunde ursprünglich<br />
zum Zeitpunkt 0 einen Kredit über 100 T€<br />
zu 5% p. a. bei einem Tilgungssatz von 2% abgeschlossen<br />
hat. Bei einer angenommen normal<br />
verlaufenden Zinsstrukturkurve (1 Jahr 3%,<br />
vereinfachend wiederum pro Jahr um linear<br />
0,25%-Punkte ansteigend) ergibt sich der in<br />
Abb. 2 dargestellte Cash-Flow und der damit<br />
verbundene Margenbarwert.<br />
Zins -<br />
prolongation<br />
Beginn<br />
neue<br />
Zinsbin -<br />
dung<br />
Schadensberechnung bis Jahr 18 oder 20?<br />
Jahr 20
Der Kunde schließe später zum Zeitpunkt 3 auf<br />
Basis der vereinfachend als unverändert angenommeen<br />
Zinsstrukturkurve ein Forwarddarlehen<br />
ab, das in zwei Jahren zur Auszahlung<br />
gelangt. Das Volumen in Höhe von 90 T€ 6 wird<br />
pro Jahr zu 2% getilgt; Forwardsatz 6,0791%.<br />
Die Bewertung des Darlehens ergibt: Margenbarwert<br />
zum Zeitpunkt 3 der ursprünglichen<br />
Zeitachse 3,6<strong>03</strong>4 T€, Marge 1,02188% und Einstandssatz<br />
5,05721% 7 .<br />
Wie Abb. 2 zu entnehmen ist, führen die Vertragsmodalitäten<br />
zu einem geplanten Cash-<br />
Flow, der im Jahr t = 5 der ursprünglichen Zeitachse<br />
startet und der per t = 3 dieser Zeitachse<br />
bewertet wird. Die Bank, welche die Forwardposition<br />
im Kundengeschäft am Geld- und<br />
Kapitalmarkt bereits zum Abschlussdatum t = 3<br />
absichern könnte, errechnet einen Margenbarwert<br />
in Höhe von 3,6<strong>03</strong>4 T€.<br />
Ein Jahr nach Abschluss der Forwardvereinbarung<br />
(t = 4 der ursprünglichen Zeitachse)<br />
erklärt der Kunde, dass er das Darlehen nicht<br />
abnimmt; die Zinskurve verläuft jetzt wiederum<br />
normal (jetzt 1. Jahr 2%, pro Jahr um linear<br />
0,25%-Punkte ansteigend). Die Nichtabnahmeentschädigung<br />
beläuft sich auf 9,923 T€, die<br />
sich in den Zinsmargenschaden ZMS (3,835 T€)<br />
und den Zinsverschlechterungsschaden ZVS<br />
(5,992 T€) aufspalten lässt (vgl. Abb. 3).<br />
Falsch wäre es hingegen, die Berechnung<br />
so durchzuführen, als ob das Darlehen zum<br />
Berechnungszeitpunkt zur Auszahlung gelänge<br />
– man würde beispielsweise den Auszahlungsbetrag<br />
nicht abzinsen, obwohl dieser erst in<br />
einem Jahr zur Auszahlung gelangen würde.<br />
IV. Vergleich Umschuldung und<br />
Forwarddarlehen<br />
Abbildung 2: Kalkulation Ursprungsdarlehen und Forwarddarlehen<br />
Vergleicht man die Situation der Vorfälligkeitsentschädigung<br />
mit dem Ergebnis bei einer<br />
Umschuldung, so zeigt sich, dass der Kunde<br />
infolge der Umschuldung bezogen auf den<br />
rechtlich geschützten Zinserwartungszeitraum<br />
des Restdarlehens nichts gewinnt, da er die<br />
Vorfälligkeitsentschädigung zu zahlen hat. Im<br />
Gegenteil: Die Umschuldung führt bei einem<br />
Wechsel zu einer anderen Bank dazu, dass er<br />
im Neudarlehen die volle Marge zahlt, jedoch<br />
auch beim Altdarlehen über die Vorfälligkeitsentschädigung<br />
die „alte“ Marge begleicht. Wird<br />
die bisherige Bankverbindung beibehalten, so<br />
sollte – wie von den Autoren mehrfach gefordert<br />
8 – der Margenausgleich (Erstattung der<br />
Neugeschäftsmarge) vorgenommen werden<br />
(vgl. Abb. 5). Der Kunde profitiert, wenn sich<br />
die Zinssituation zu Gunsten des Kunden entwickelt,<br />
d. h. der Marktzins steigt.<br />
Um diesen Sachverhalt zu verdeutlichen, wird der<br />
ursprünglich aufgenommene und in Abb. 2 dargestellte<br />
Kredit über 100 T€ zu 5% p. a. bei einem<br />
Tilgungssatz von 2% Ende t=3 der ursprünglichen<br />
Zeitachse umgeschuldet: es verbleiben bei<br />
Zeitachse 0 1 2 3 4 5<br />
-100 7 6,9 6,8 6,7 96,6 Cash-Flow<br />
1,0000000 0,970873786 0,937962811 0,90163355 0,86227216 0,82027914 Abzinsfaktoren<br />
-100 6,7961 6,4719 6,1311 5,7772 79,2390 Barwerte CF<br />
Margenbarwert 4,4154<br />
Forwarddarlehen Abschluss Jahr 3 6,0791% Tilgungssatz (%): 2<br />
Zeitachse 3 4 5 6 7 8 9 10<br />
-90 7,47 7,35 7,23 7,11 86,98 Cash-Flow<br />
1,00000000 0,970873786 0,937962811 0,90163355 0,862272164 0,820279142 0,7760639 0,730<strong>03</strong>9388 Abzinsfaktoren<br />
0 0 -84,41665295 6,73626999 6,337357212 5,928994151 5,51505 63,50237134 Barwerte<br />
Margenbarwert 3,6<strong>03</strong>4<br />
Abbildung 3: Nichtabnahmeentschädigung Forwarddarlehen<br />
Forwarddarlehen: Nichtabnahme im Jahr 4 6,079093%<br />
Zeitachse 3 4 5 6 7 8 9 10<br />
Ablösung/NA -90 7,47118386 7,34960199 7,2280201 7,1064383 86,9848564 Cash-Flow<br />
0,98<strong>03</strong>922 0,9564217 0,9283704 0,8965522 0,8613086 0,8230<strong>03</strong>4 Abzinsfaktoren<br />
Nichtabnahmeentschädigung per t=1 9,923 - 88,235 7,146 6,823 6,480 6,121 71,589 Barwerte<br />
0,919692 0,8992544 0,8788168 0,8583792 0,8379416 Marge<br />
davon ZMS 3,835 0,8796 0,8348 0,7879 0,7393 0,6896 abgezinste Margen<br />
davon ZVS 5,992<br />
<strong>03</strong> / <strong>2010</strong> <strong>BankPraktiker</strong><br />
Beitrag<br />
6 Zum Zeitpunkt der Ausreichung ist das Altdarlehen<br />
bereits auf 90 T€ (=100 - 100*2%*5) zurückgeführt.<br />
7 Zu Details der Kalkulationsmethodik vgl.<br />
Wimmer, Bankkalkulation und Risikomanagement,<br />
3. Aufl., Ber lin 2004 und Wimmer, Moderne<br />
Bankkalkulation, 3. Aufl., Stuttgart 2006.<br />
8 Rösler/Wimmer/Lang: Vorzeitige Beendigung<br />
von Darlehensverträgen, S. 140–142, München<br />
20<strong>03</strong>, S. 147–149 und S. 225 ff.; Wimmer/Rösler,<br />
WM 2005, 1873.<br />
87
88<br />
Beitrag<br />
» Aus diesem<br />
Margen vergleich<br />
ergibt sich, dass die<br />
beiden Alternativen<br />
gleichwertig sind. «<br />
<strong>03</strong> / <strong>2010</strong> <strong>BankPraktiker</strong><br />
Abbildung 4: Umschuldung (grafische Darstellung)<br />
Jahr 0<br />
Kreditvertrag<br />
neu 100 T€<br />
Zinsprolongation:<br />
Neuer Zinssatz<br />
vereinbart<br />
Jahr 3<br />
Jahr 3<br />
einer Restschuld von 94 T€ noch die zwei Raten<br />
über 6,7 und 96,6 T€, die für die Ermittlung der<br />
Vorfälligkeitsentschädigung relevant sind. Übernimmt<br />
man die bereits oben verwendete geänderte<br />
Zinskurve (jetzt 1. Jahr 2%, pro Jahr um<br />
linear 0,25%-Punkte ansteigend), so beläuft sich<br />
die Vorfälligkeitsentschädigung auf 4,96 T€. Darin<br />
enthalten ist die Marge des Altgeschäfts.<br />
Wird das Neudarlehen marktgerecht kalkuliert<br />
und gepreist, wobei hier bewusst angenommen<br />
wird, die Alt- und die Neugeschäftsmarge<br />
seien identisch, so ergibt sich der neue Darlehenszinssatz<br />
mit knapp 4% p. a. Die Umschuldungskonstruktion<br />
wird in Abb. 4 nochmals<br />
grafisch aufbereitet.<br />
Insgesamt resultiert aus der Umschuldung das<br />
folgende Ergebnis, wenn die Neugeschäftsmarge<br />
ausgeglichen wird. Wie Abb. 5 zu ent-<br />
VE<br />
Jahr 5<br />
Jahr 5<br />
Abbildung 5: Umschuldung und Vorfälligkeitsentschädigung<br />
Jahr 8<br />
nehmen ist, zahlt der Kunde mit der Vorfälligkeitsentschädigung<br />
für das Altdarlehen die<br />
dort eingepreiste Marge, während im Neudarlehen<br />
für den Überlappungszeitraum von<br />
Alt- und Neudarlehen (zwei Jahre) die Neugeschäftsmarge<br />
angerechnet wird. Das barwertige<br />
Ergebnis für die Bank ist in Abb. 5 dargestellt.<br />
Die Margen, die der Kunde in den beiden<br />
Varianten Umschuldung bw. Forwarddarlehen<br />
zahlt, gehen aus Abb. 6 hervor. Aus diesem<br />
Margenvergleich ergibt sich, dass die beiden<br />
Alternativen gleichwertig sind.<br />
Abb. 6 belegt, dass die Kombination Alt- und<br />
Neudarlehen mit Vorteilsausgleich die Doppelvereinahmung<br />
von Margen vermeidet und der<br />
Bank pro Jahr die vertraglich im Zins eingearbeitete<br />
Marge verbleibt. Zum gleichen Ergebnis<br />
kommt man bei der Kombination Alt- und<br />
Forwarddarlehen. £<br />
Zeitachse<br />
5%<br />
0 1 2 3 4 5 6 7<br />
Altdarlehen 94,00 6,70 96,60 Rest- Cash-Flow<br />
1,0000000 0,98<strong>03</strong>92157 0,956421688 Abzinsfaktoren<br />
94,00 6,5686 92,39<strong>03</strong> Barwerte Rest-Cash-Flow<br />
VE 4,9590<br />
Neudarlehen Tilgungssatz (%): 2,00 Nominalzins: 3,998806%<br />
0 1 2 3 4 5 6 7<br />
-94 2,00<br />
2 2 2 86 Tilgung<br />
92 90 88 86 0 Restschuld<br />
3,758877879 3,678901754 3,598925628 3,5189495<strong>03</strong> 3,438973378 Zinsen<br />
-94 5,758877879 5,678901754 5,598925628 5,5189495<strong>03</strong> 89,43897338 Cash-Flow<br />
1,000000 0,98<strong>03</strong>92 0,956422 0,928370 0,896552 0,861309 Abzinsfaktoren<br />
-94 5,6460 5,4314 5,1979 4,9480 77,<strong>03</strong>46 Barwerte CF<br />
MBW NEU 4,2578<br />
Margenerstattung - 0,9606 - 0,9401 bezieht sich auf die Kapitalbindung des Altgeschäfts und die Neugeschäftsmarge<br />
Barwert Marge - 1,8409 - 0,9417 - 0,8992<br />
Gesamtergebnis 7,3759<br />
davon VE 4,9590<br />
davon MBW neu 4,2578<br />
Margenanrechnung - 1,8409<br />
Abbildung 6: Margenvergleich Umschuldung und Forwarddarlehen<br />
Margen-Sicht 0 1 2 3 4 5<br />
Neudarlehen erstattet 0,9606 0,9401 0,9197 0,8992 0,8788<br />
Altdarlehen 0,9606 0,9401<br />
Summe 0,9606 0,9401 0,9197 0,8992 0,8788<br />
Summe barwertig 4,2578 0,9417 0,8992 0,8538 0,8062 0,7569<br />
FW-DL 0,9197 0,8993 0,8788<br />
Altdarlehen 0,9606 0,9401<br />
Summe 0,9606 0,9401 0,9197 0,8993 0,8788<br />
Summe barwertig 4,2579 0,9417 0,8992 0,8538 0,8062 0,7569
Foto: www.christian-husar.com<br />
PRAXISTIPPS<br />
Beitrag<br />
Wird ein neuer (Forward-)Darlehensvertrag abgeschlossen, so stellt sich die Problematik der Koppelung von mehreren<br />
Krediten und die damit verbundene Umgehenung der 10-Jahresfrist nach § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB. § 489 Abs. 1 Nr 3 zweiter<br />
Halbsatz BGB ist auf diesen Sachverhalt nicht anzuwenden, sondern bezieht sich auf die Vereinbarung einer neuen<br />
Zinsvereinbarung eines bereits bestehenden Vertrags.<br />
Die Berechnung der Nichtabnahmeentschädigung (ebenso Vorfälligkeitsentschädigung) erfolgt nach den üblichen<br />
Grundsätzen. Bei einer Nichtabnahme ist auf das Datum abzuzinsen, an dem die Nichtabnahme erklärt wird. Die Cash-<br />
Flows sind jeweils auf das Datum zu legen, das laut Forwardvereinbarung als Zahlungstermin vorgesehen war.<br />
Umschuldung bei derselben Bank oder Abschluss eines Forwarddarlehens wird für den Kunden im Ergebnis unter idealtypischen<br />
Bedingungen und der Margenanrechnung dasselbe Ergebnis zeigen. Bei der Umschuldung zu einer anderen<br />
Bank fällt dagegen die Marge doppelt an für die Restlaufzeit. Auch die Transaktionskosten (insbes. Grundschuldübertragung)<br />
werden diese Variante verteuern.<br />
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Beitrag<br />
<strong>03</strong> / <strong>2010</strong> <strong>BankPraktiker</strong><br />
Vorstand Kredit Konto Anlage Recht Handel Controlling Revision IT<br />
Wer braucht denn noch eine<br />
Bankfi liale?<br />
Autor:<br />
Ulrich Jungmann,<br />
diplomierter Sparkassenbetriebswirt,<br />
Leiter Kreditüberwachung,<br />
EDEKABANK AG,<br />
zuvor Consultant bei der<br />
msgGillardon AG und 17 Jahre<br />
Erfahrung in der S-Finanzgruppe.<br />
Diskutieren Sie zum Thema<br />
dieses Beitrags mit anderen<br />
<strong>BankPraktiker</strong>n in unserer Gruppe<br />
bei .<br />
Der Beitrag nennt erfolgsbestimmende Faktoren und Trends in den Filialbanken.<br />
Diesen Beitrag finden Sie<br />
dort unter der Rubrik:<br />
Konto.<br />
» Umfassend durch<br />
einen Fachmann<br />
beraten zu werden ist<br />
mehr, als selbst online<br />
nach dem höchstenTagesgeldZinssatz<br />
zu suchen. «<br />
I. Einleitung<br />
w Statistische Erhebungen zeigen, dass sich<br />
knapp 40% der Kunden nahezu ganz von der<br />
klassischen Bankfi liale verabschiedet haben.<br />
Diese Kunden führen Standardaktivitäten<br />
online oder an SB-Geräten aus.<br />
Bevölkerungsrepräsentative Umfragen verschiedener<br />
Meinungsforschungsinstitute, Kundenbefragungen<br />
und Studien zu Kundenbindung<br />
und Filialkonzepten im Retail Banking<br />
zeigen auf, dass die klassische Bankfi liale<br />
– zumindest in der aktuellen Form – ein Auslaufmodell<br />
darstellt.<br />
Experten vermuten hingegen eine Wiedergeburt<br />
der Filiale, die derzeit auch noch der wichtigste<br />
Vertriebsweg der Banken ist. Teilweise<br />
haben sogar Direktbanken mit dem Ausbau<br />
eines kleinen Filialnetzes begonnen.<br />
Dies belegen auch die Trendstudien Bank &<br />
Zukunft der Jahre 2008 und 2009 (siehe Abb. 1).<br />
Im Rahmen einer repräsentativen Umfrage<br />
haben 17% der Vertreter deutscher Banken<br />
angegeben, dass Sie von einer zunehmenden<br />
Bedeutung und 71% der Befragten von einer<br />
auch künftig gleichbleibenden Bedeutung des<br />
Filialvertriebs ausgehen. Lediglich zehn Prozent<br />
gehen davon aus, dass die Geschäftsstellen der<br />
Kreditinstitute in den nächsten Jahren eine<br />
geringere Bedeutung für den Vertrieb haben<br />
werden.<br />
II. Überblick über die aktuelle<br />
Filialsituation<br />
Abbildung 1: Künftige Bedeutung des Filialvertriebs (Studie 2009)<br />
Zunehmende Bedeutung<br />
Gleichbleibende Bedeutung<br />
Abnehmende Bedeutung<br />
Weiß nicht<br />
2<br />
In der Kundenstruktur der Filialbanken macht<br />
sich derzeit eine Art „Badewanneneff ekt“<br />
bemerkbar. Die am häufi gsten vertretenen und<br />
treuen Kundensegmente sind Kinder/Jugend-<br />
10<br />
17<br />
Quelle: Spath (Hrsg.)/Engstler/Praeg/Vocke, »Bank & Zukunft 2009«<br />
71<br />
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100%<br />
Gewichtet (N=354)<br />
Genossenschaftsbanken (N=292)<br />
Sparkassen (N=26)<br />
Geschäftsbanken/ Spezialinstitute (N=29)
liche, junge Erwachsene unter 20 Jahren und<br />
die Generation „50+“, wobei durch die zunehmende<br />
Technikfreude der Senioren in den kommenden<br />
Jahren mit weiteren Verschiebungen<br />
in Richtung „60 oder 65+“ zu rechnen ist.<br />
Im Segment der Kunden zwischen 20 und 50<br />
Jahren lässt sich hingegen eine hohe Produktnutzungsrate<br />
bei Direktbanken feststellen.<br />
Es besteht ein spürbarer Trend zur Selbstberatung.<br />
Aufgrund der modernen technischen<br />
Möglichkeiten und des zunehmend steigenden<br />
Bildungsniveaus jüngerer Generationen,<br />
sehen diese häufig keine Notwendigkeit zum<br />
Besuch eines Kundenberaters einer Filialbank.<br />
Die günstigsten Konditionen sind online zu<br />
ermitteln. Im Bedarfsfall kann bei den meisten<br />
Anbietern auch eine telefonische Beratung in<br />
Anspruch genommen werden.<br />
Wie in Abb. 2 zu sehen ist, nutzen lediglich<br />
sieben Prozent der befragten Kunden die Filiale<br />
auch für ein Beratungsgespräch. Lediglich<br />
ein Prozent hat in der Geschäftsstelle ein<br />
Konto eröffnet oder ein Finanzprodukt gekauft.<br />
Die überwiegende Filialnutzung erfolgt im<br />
Rahmen der SB-Geräte wie Geldautomaten<br />
und Kontoauszugsdrucker.<br />
Dennoch hält ein Großteil der Online-Banking-<br />
User die Erreichbarkeit einer Filiale für wichtig,<br />
Abbildung 2: Filialnutzung meist nur für „schnelle“ Aktionen<br />
auch wenn sie selbst dieses Angebot ihrer Filialbank<br />
kaum nutzen.<br />
Bezieht sich die Produktnutzung nämlich<br />
einmal nicht auf eine 0815-Leistung, sondern<br />
interessiert sich der Kunde für beratungsintensive<br />
Produkte, z. B. aus dem Bereich der steueroptimierten<br />
Vermögensanlage sowie maßgeschneiderte<br />
Immobilienfinanzierungen, stellt<br />
dies für ihn in der jeweiligen Situation häufig<br />
Neuland dar. Die erforderliche, intensive thematische<br />
Einarbeitung in die Materie im Alleingang<br />
zu bewältigen, wäre für den Kunden mit<br />
hohem zeitlichen Aufwand und Unsicherheiten<br />
verbunden. In diesen Fällen besinnen die<br />
Kunden sich gerne auf die kompetente Beratungsleistung<br />
ihrer Bankfiliale zurück und<br />
suchen das persönliche Gespräch mit einem<br />
Berater.<br />
Ungeachtet der Tatsache, dass das Angebot<br />
aufbereiteten Spezialwissens von den Kunden<br />
weiterhin in den Filialen in Anspruch genommen<br />
wird, ist angesichts des zuvor beschriebenen<br />
Wandels hin zur Selbstberatung davon<br />
auszugehen, dass ohne neue Ansätze die Filialen<br />
in der heutigen Form voraussichtlich in<br />
etwa 15 Jahren nahezu ausgestorben sein<br />
werden.<br />
Verlockende Konditionen der Direktbanken<br />
stellen die in den Filialen betonten, jedoch<br />
Geld aus Geldautomaten gezogen oder eingezahlt 58<br />
Kontoauszug geholt<br />
Überweisung/Dauerauftrag an Terminal gedruckt, eingeworfen<br />
Persönliches Beratungsgespräch geführt<br />
Überweisung persönlich abgegeben<br />
Geld abgeholt oder eingezahlt am Schalter, Sparbuch als Scheck<br />
Konto erö�net/Finanzprodukt abgeschlossen<br />
Kurzinformation<br />
Geld wechseln/Währungswechsel<br />
Beschwerde/Reklamation/Probleme<br />
Kündigung eines Finanzprodukts<br />
Deutschlandtrend, November 2008<br />
Frage 3: Was war der Anlass für diesen Filialbesuch?<br />
Basis: n = 991, Angaben in Prozent<br />
Sonstiges<br />
1<br />
1<br />
1<br />
4<br />
4<br />
7<br />
0<br />
0<br />
4<br />
9<br />
24<br />
<strong>03</strong> / <strong>2010</strong> <strong>BankPraktiker</strong><br />
Beitrag<br />
» Kernproblem der<br />
heutigen Kunde<br />
BankBeziehung<br />
ist ein häufig nur<br />
mittelmäßiges<br />
Kunden bezie hungsmanage<br />
ment. «<br />
91
92<br />
Beitrag<br />
» Der eindeutige<br />
Trend geht hin zum<br />
Erlebnisbanking. «<br />
<strong>03</strong> / <strong>2010</strong> <strong>BankPraktiker</strong><br />
häufig zu schwach ausgestalteten Aspekte, wie<br />
den persönlichen Kontakt zu einem Kundenberater<br />
und eine langjährige, vertrauensvolle<br />
Geschäftsbeziehung, in den Schatten.<br />
Ein geringes Zurückbleiben hinter den Konditionen<br />
anderer Anbieter wird in nur mäßig ausgeprägten<br />
Kundenbeziehungen aufgrund der<br />
in den Filialen gebotenen Beratungsleistung<br />
zwar häufig vom Kunden (noch) akzeptiert,<br />
nicht jedoch deutliche Unterschiede.<br />
Den einmal abgewanderten Kunden, die sich<br />
hohe Tagesgeldzinsen bei einer Direktbank<br />
sichern wollen, muss daher der Mehrwert<br />
einer kompetenten Beratung durch Fachkräfte<br />
aufgezeigt werden. Solange ein gut<br />
informierter Kunde diesen Nutzen nicht erkennen<br />
kann, wird er sich nicht veranlasst sehen,<br />
seine Anlagen zu verhältnismäßig ungünstigeren<br />
Konditionen in eine Filialbank zurück zu<br />
transferieren.<br />
III. Erfolgsbestimmende Faktoren<br />
für Filialbanken<br />
1. Kundenbindung<br />
a) Bindung von Jugendlichen<br />
an das Kreditinstitut<br />
Mit ihrem dicht angelegten Filialnetz gewinnen<br />
gerade die Sparkassen und Genossenschaftsbanken<br />
z. B. die Zielgruppe Kinder/Jugendliche<br />
durch Aktionen wie Schulsparen, Club-<br />
Aktivitäten und Geschenke zum Weltspartag.<br />
Das kostenlose Girokonto bis zum Abschluss<br />
der Ausbildung oder des Studiums und höhere<br />
Guthabenzinsen binden die jungen Kunden, bis<br />
diese in Lebensphasen eintreten, in denen ihr<br />
Imagedenken und Kostenbewusstsein einen<br />
höheren Stellenwert bei der Wahl ihrer Bank<br />
einnehmen, als regionale Nähe. Um diesem<br />
drohenden Kundenverlust vorzubeugen gilt<br />
es, den Auf- und Ausbau starker Kundenbeziehungen<br />
zu betreiben und diese Maßnahmen<br />
in erster Linie als Investment in die Zukunft<br />
und nicht als Verlustbringer der Gegenwart zu<br />
verstehen.<br />
Die Kundenbeziehung sollte kontinuierlich<br />
– wie eine gute Freundschaft – gepflegt werden<br />
und nicht erst dann, wenn der Kunde ein kon-<br />
kretes Anliegen vorbringt. Der Aufbau eines<br />
Kundenbeziehungsmanagements stellt somit<br />
einen elementaren Erfolgsfaktor dar und muss<br />
bei der Entwicklung des Filialkonzepts unbedingt<br />
Berücksichtigung finden. Einige Institute<br />
haben dies bereits erkannt und spezielle<br />
(häufig selbst noch junge) Jugendberater mit<br />
der Aufgabe betraut, die Kundengruppe der<br />
Schüler, Auszubildenden und Studenten zu<br />
betreuen. Diese Maßnahme fördert bei den<br />
jungen Kunden die Akzeptanz der Beratungsleistung.<br />
In etwa Gleichaltrige können zudem<br />
die Bedürfnisse dieser Kundengruppe deutlich<br />
besser einschätzen, als ältere Kollegen.<br />
Weitere Maßnahmen, um die Kundenbindung<br />
im Bereich der Jugendlichen zu erhöhen,<br />
könnten z. B. durch Sponsoring angesagter<br />
Trendsportarten oder von Musikevents ergriffen<br />
werden.<br />
b) Aktive Kundenbetreuung als<br />
wichtiger Erfolgsfaktor<br />
Kernproblem der heutigen Kunde-Bank-Beziehung<br />
ist die häufig nur mittelmäßige Aktivität<br />
der Banken in Sachen Kundenbindung.<br />
Werden einem Berater immer mehr Kunden<br />
zur Betreuung zugeschlüsselt, um den Personalkostenblock<br />
durch Mitarbeiterabbau<br />
weiter zu reduzieren, sinkt dadurch zwangsläufig<br />
die Anzahl der Kundenkontakte. Diese<br />
sind jedoch für den Aufbau eines Vertrauensverhältnisses<br />
als Basis einer engen Kundenbeziehung<br />
zwingend notwendig. Kein Vertrauen<br />
– kein Geschäft, so könnte eine einfache Formel<br />
für die Bankenwelt lauten. Fehlt die Kundenbindung,<br />
sinken Wechselschwellen. Nach dem<br />
Wechsel zu einer Direktbank mit kostenlosem<br />
Girokonto und Kreditkarte kappen die abgewanderten<br />
Kunden häufig nach und nach die<br />
gesamte Geschäftsverbindung zu ihrer einstigen<br />
Filialbank.<br />
c) Die richtige Kundensegmentierung<br />
macht den Unterschied<br />
Unseres Erachtens wird in den Banken und<br />
Sparkassen immer noch falsch segmentiert,<br />
so dass so mancher Potenzialkunde durch das<br />
Raster fällt und sich nicht im Individualkunden-<br />
oder Private-Banking-Segment wieder findet.<br />
Das innovative Filialkonzept segmentiert die
Kunden nicht (nur) nach Einkommen und Vermögen,<br />
sondern bedient sich neuer Ansätze,<br />
die sich an der Persönlichkeit und den Lebenseinstellungen,<br />
wie z. B. Interessen, Risikoneigung,<br />
Konsumfreude und Bildungsstand der<br />
Kunden orientieren.<br />
d) Einsatz von Bonusprogrammen<br />
zur Kundenbindung<br />
Während im Einzelhandel und verschiedenen<br />
großen Dienstleistungs- sowie Transportunternehmen<br />
eine schier unüberschaubare Flut von<br />
Bonusprogrammen dazu erfunden wurde, den<br />
Kunden an das Unternehmen zu binden und<br />
die Wiederkaufraten zu erhöhen, sind derartige<br />
Programme im Bankensektor bislang fast<br />
nur in den modern ausgerichteten Direktbanken<br />
zu finden.<br />
Der Kunde erhält für die Nutzung verschiedener<br />
Produkte credits, points und Ähnliches,<br />
womit er z. B. vergünstigte Eintrittskarten für<br />
Konzerte, Musicals, Events und Fußballspiele<br />
oder auch einen Wellness-Urlaub erwerben<br />
kann.<br />
Häufig scheitern die Bonusprogramme als In -<br />
strument zur Kundenbindung jedoch daran,<br />
dass der Kunde keinen zeitnahen sichtbaren<br />
Nutzen in ihnen sieht, weil er z. B. um in den<br />
Genuss vergünstigter Eintrittskarten für ein<br />
Fußballspiel zu kommen, erst einmal 75.000<br />
Punkte sammeln müsste, wofür er mit seiner<br />
Produktnutzung mehrere Jahre benötigen<br />
würde oder er eine erhebliche Zuzahlung leisten<br />
müsste.<br />
Dass es auch anders geht, zeigt z. B. das Konzept<br />
der msgGillardon AG. Hier kann der Kunde<br />
bei jeder Produktnutzung Bonuspunkte sammeln<br />
und diese unkompliziert gegen verschiedene<br />
Dienstleistungen (wie z. B. Lounge, Shop,<br />
Parkplatzreservierung, usw.) in der Filiale einlösen.<br />
Preisverhandlungen werden dadurch<br />
reduziert.<br />
Dabei zeigt sich: Die Bank, die ihre Prozesse<br />
im Griff hat, kann solche Nachlässe trotz überdurchschnittlich<br />
guter Konditionen auch anbieten,<br />
weil die Masse den nötigen Ertrag bringt.<br />
Das ist ein Teil des Aldi-Konzepts, das in den<br />
Banken noch nicht konsequent genug angewandt<br />
wird.<br />
Eine Ausnahmeerscheinung ist hier die DKB in<br />
Berlin, die im Jahr 2007 eine überragende Cost-<br />
Income-Ratio von 27,2% vorweisen konnte und<br />
hierüber an ihre Kunden Vorzüge, wie<br />
ein kostenloses Girokonto mit kostenloser<br />
Visa-Card,<br />
weltweit gebührenfreie Bargeldversorgung<br />
und<br />
überdurchschnittlich hohe Tagesgeldkonditionen<br />
weitergeben kann.<br />
e) Kundenbindung durch<br />
Erlebnisbanking schaffen<br />
Wissen Sie noch, wie Sie am 08.11.2002 gekleidet<br />
waren? Nein? Aber an Ihr Outfit anlässlich<br />
Ihrer Konfirmation bzw. Kommunion oder<br />
Hochzeit können Sie sich sicher noch erinnern<br />
… Warum das so ist? Weil dieser Tag<br />
ein besonderes Erlebnis für Sie war und uns<br />
das Besondere im Gedächtnis präsent bleibt.<br />
Jeder ist hungrig auf Neues, Anderes, auf Erlebnisse<br />
… Diese Tatsache kann, wie im Folgenden<br />
beschrieben, zur Attraktivitätssteigerung und<br />
Wiederbelebung der Filialen genutzt werden.<br />
2. Erlebnisbanking als<br />
Filialkonzept der Zukunft<br />
Der eindeutige Trend geht mittlerweile zum<br />
„Erlebnisbanking“ und die Banken orientieren<br />
sich zunehmend auch am Einzelhandel, um die<br />
Frage zu beantworten: „Wie bekommt man die<br />
Kunden wieder in die Filiale?“<br />
So haben jeweils elf Prozent der befragten Bankenvertreter<br />
in der Trendstudie Bank & Zukunft<br />
2009 angegeben, dass ihre Institute Investitionen<br />
im Bereich Erlebnisbanking tätigen oder<br />
differenzierte Zielgruppenzonen in der Filiale<br />
einrichten.<br />
Neben einer ansprechenden Filialgestaltung<br />
sind spezielle Betreuungskonzepte mit einem<br />
neuen Ansatz zu einem Gesamtpaket zu kombinieren.<br />
Wichtig ist es, den Kunden in die Filiale<br />
„zu ziehen“. Dieser sog. „Pull-Effekt“ wird z. B.<br />
durch eine einladende Atmosphäre, attraktive<br />
Präsentation von Angeboten, Erlebniselemente<br />
sowie durch kundenorientierte Öffnungszeiten<br />
erzeugt.<br />
<strong>03</strong> / <strong>2010</strong> <strong>BankPraktiker</strong><br />
Beitrag<br />
93
94<br />
Beitrag<br />
» Freundlichkeit ist<br />
Einstellungssache<br />
– im doppelten<br />
Sinne. «<br />
<strong>03</strong> / <strong>2010</strong> <strong>BankPraktiker</strong><br />
Vorreiter für das neue Erlebnisbanking ist die<br />
Filiale „Q110“ der Deutschen Bank in Berlin.<br />
Dort finden sich neben einer Lounge, dem kids’<br />
corner und einem Trendshop auch eine Galerie<br />
der Wünsche, in der u. a. aktuelle Produktpräsentationen<br />
kostenlos erfolgen.<br />
Weitere Banken und Sparkassen haben ebenfalls<br />
bereits interessante und innovative Filialkonzepte<br />
mit großem Erfolg umgesetzt.<br />
So sind z. B. das Citycenter der Sparkasse im<br />
Landkreis Schwandorf, das „Jyske Differences“<br />
– Programm der dänischen Jyske-Bank oder die<br />
„Neighborhood Stores“ der Umpqua Bank zu<br />
nennen. Während in Schwandorf die Sparkassen-Geschäftsstelle<br />
bewusst in einer Art Marktplatz<br />
mit Geschäften für den täglichen Bedarf<br />
platziert wurde, präsentieren sich bei der Jyske-<br />
Bank die Beratungszimmer in außergewöhnlichem<br />
Design. Auf diese Weise punktet die Jyske-<br />
Bank bei ihren Kunden und diese können es ihr<br />
in einem Match mit den Beratern an eigens zu<br />
diesem Zweck in den Beratungszimmern bereitgestellten<br />
Tischfußball-Kickern gleichtun.<br />
Die „Neighborhood Stores“ der Umpqua Bank<br />
sind Internet Café und Bankfiliale in einem.<br />
Die Atmosphäre in den Umpqua Bank Stores<br />
ist eine Mischung aus Bistro, Luxus-Hotel und<br />
angesagtem Retail-Store. Das neue Filial-Konzept<br />
der Umpqua-Bank war so erfolgreich, dass<br />
in manchen Filialen die Jahresziele im ersten<br />
Monat nach Eröffnung übertroffen werden<br />
konnten.<br />
a) Filialgestaltung<br />
Abbildung 3: Investitionen im Filialvertrieb (Studie 2009)<br />
Modernisierung der Filialen in der Fläche<br />
Ausbau des Services an den SB-Geräten SB-Geräten in der Filiale<br />
Etablierung von Leuchtturm�lialen<br />
Leuchtturm�lialen<br />
Herauslösung des Private Banking aus der Fläche<br />
Dienstleistungszentren (mit »Non- Banking«-Angeboten)<br />
Zielgruppenkonforme Filialausstattung<br />
»Erlebnisbanking« (Aktionen, After-Work-Banking)<br />
Di�erenzierung Di�erenzierung nach Zielgruppenzonen in der Filiale<br />
Themenfokussierte Filialen (z. B. Kredit, Anlage, Vorsorge)<br />
Auslagerung des Standortbetriebs an Dritte<br />
Quelle: Spath (Hrsg.)/Engstler/Praeg/Vocke, »Bank & Zukunft 2009«<br />
Der bewusste Einsatz von aufeinander abgestimmten<br />
Gestaltungselementen (Einrichtungsgegenstände,<br />
Materialien, Farben) sollte<br />
das Anliegen, eine einladende, behagliche<br />
Wohlfühlatmosphäre in den Filialen zu schaffen,<br />
unterstützen.<br />
Durch den Einsatz von Pflanzen, Wasser, einem<br />
durchdachten Lichtkonzept und ansprechenden<br />
Fußbodenbelägen erhält die Filiale die<br />
besonders wichtige persönliche Note und<br />
kann sich so vom Standard klassischer Filialen<br />
abheben.<br />
Das Ambiente des Verkaufsraums entscheidet<br />
darüber, ob der Kunde sich an diesem Ort wohl<br />
fühlt und ihn gerne wieder aufsucht. Viele „klassische“<br />
Bankfilialen sind leider nüchtern, beinahe<br />
steril ausgestattet und verfehlen dieses<br />
Ziel.<br />
3<br />
1<br />
17<br />
15<br />
13<br />
11<br />
11<br />
23<br />
34<br />
46<br />
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 %<br />
Gewichtet (N=284)<br />
Genossenschaftsbanken (N=234)<br />
Sparkassen (N=25)<br />
Geschäftsbanken/Spezialinstitute (N=19)
) Wohlfühlfaktoren für den<br />
Kunden beachten<br />
„Kaffee, Espresso, Wasser?“ Beim Friseur, im Autohaus<br />
oder auch beim Optiker wird heutzutage<br />
zu Beginn eines Besuchs danach gefragt, ob der<br />
Kunde gerne etwas trinken möchte. Eine freundliche<br />
Begrüßung, bei der Mantel und Schirm<br />
abgenommen werden und der Kunde angelächelt<br />
wird, bereitet den Boden für ein angenehmes<br />
Gespräch in entspannter Atmosphäre.<br />
Dem Kunden, der sich im Wartebereich noch<br />
einen Augenblick bis zum Termin mit dem Berater<br />
gedulden muss, sollte Beschäftigung (z. B. in<br />
Form von seriösen Nachrichten-Sendern im TV<br />
oder Lektüre) geboten werden. Wie viel mehr<br />
kostet es, einige interessante aktuelle Zeitschriften<br />
zu mieten, statt das Kundenmagazin<br />
des letzten Quartals auszulegen?<br />
Häufig sind Kunden verärgert, wenn sie den<br />
Eindruck gewinnen, dass die Bank am falschen<br />
Ende spart – und in seiner Sicht ist jeder Kunde<br />
der Überzeugung, dass er in jedem Fall das falsche<br />
Ende ist.<br />
Nicht alle Kosten-/ Nutzen-Aspekte von Kundenbindung<br />
lassen sich in € und Cent beziffern.<br />
Es geht aber auch gar nicht um eine dezidierte<br />
Gegenüberstellung von direkt ausweisbarem<br />
Aufwand und Ertrag. Eine stabile Kundenbeziehung<br />
ist eine Langzeitinvestition und ein<br />
Kunde, der sich durch das Leistungsangebot<br />
seiner Bank nicht angesprochen fühlt, wird sich<br />
sehr schnell nach Alternativen umschauen.<br />
c) Marketing als wesentliches Element<br />
des Erlebnisbanking<br />
Die Bedeutung von Marketingaktionen ist vielfach<br />
noch nicht erkannt. So kommt es immer<br />
noch vor, dass unter Marketing vereinzelte<br />
„Events“ wie Schulsparen, Planspiel Börse und<br />
eine Vortragsreihe von Vertretern aus Politik<br />
und Wirtschaft verstanden werden.<br />
In einer innovativen Filiale wird Außergewöhnliches<br />
durch interessante Marketingaktionen<br />
erlebbar. Welche Bank hat schon einmal einen<br />
Zufallsgenerator am Geldautomaten installiert,<br />
der einmal täglich das Doppelte des eigentlich<br />
gewünschten Betrags auszahlt? Die Zusatzverlosung<br />
eines Bausparvertrags oder Fondsan-<br />
teils mit einem gewissen Startguthaben unter<br />
allen Abschlüssen eines bestimmten, aber<br />
kurzen Zeitraums kann einen unentschlossenen<br />
Kunden positiv in seiner Entscheidung für<br />
dieses Produkt beeinflussen.<br />
Der Einzelhandel macht es vor. Die Leute<br />
stehen bei interessanten Aktionen Schlange.<br />
3. Mitarbeiter als erfolgsbestimmende<br />
Ressource<br />
„Unsere Mitarbeiter sind unser wichtigstes<br />
Kapital!“ ist ein häufig auf Personalversammlungen<br />
zu hörender Satz. In einem Dienstleistungsunternehmen<br />
entscheidet die Qualität<br />
der Mitarbeiter über Erfolg und Misserfolg des<br />
Unternehmens. Doch oft wird dieser wichtigen<br />
Ressource nicht der ihr gebührende Stellenwert<br />
beigemessen.<br />
Ein Kunde registriert als Erstes einmal die<br />
Freundlichkeit und Höflichkeit, die ihm von<br />
seinem Gegenüber entgegengebracht werden.<br />
Zu einem Zeitpunkt, in dem die Beratungsqualität<br />
noch gar nicht wahrgenommen wird, hat<br />
sich bereits ein erster Eindruck gebildet, der<br />
sich nur schwer im Zeitablauf revidieren lässt.<br />
Freundlichkeit kann man nicht anordnen. Sie<br />
ist Einstellungssache – im doppelten Sinne. In<br />
unserem Filialkonzept werden daher ausgesprochen<br />
hohe Anforderungen an die Persönlichkeitsmerkmale,<br />
die Sozial-, Emotional- und Verkaufskompetenz<br />
der Mitarbeiter gestellt. Hoch<br />
motivierte, leistungsfähige Mitarbeiter partizipieren<br />
in diesem Modell überdurchschnittlich<br />
an Verkaufs- und Beratungserfolgen durch vereinbarte,<br />
erfolgsabhängige Vergütungsbestandteile.<br />
Damit die Mitarbeiter die an sie gestellten<br />
Anforderungen erfüllen können, werden ihre<br />
Kompetenzen nicht nur durch fachspezifische<br />
Produktschulungen und Trainingsangebote<br />
zur sicheren Beherrschung neuer Automaten<br />
und Geräte gefördert, sondern diese als üblich<br />
anzusehenden Schulungsmaßnahmen werden<br />
ergänzt um Kommunikationsseminare und Veranstaltungen<br />
zu den Themengebieten Bekleidungsstil<br />
und Umgangsformen.<br />
IV. Ein stimmiges Gesamtpaket<br />
Das Filialkonzept besteht insgesamt betrachtet<br />
aus den angesprochenen Puzzleteilen:<br />
<strong>03</strong> / <strong>2010</strong> <strong>BankPraktiker</strong><br />
Beitrag<br />
» Welche Bank<br />
hat schon einmal<br />
einen Zufallsgenerator<br />
am Geldautomaten<br />
installiert, der<br />
einmal täglich das<br />
Doppelte des eigentlich<br />
gewünschten<br />
Betrags auszahlt? «<br />
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96<br />
Beitrag<br />
PRAXISTIPPS<br />
<strong>03</strong> / <strong>2010</strong> <strong>BankPraktiker</strong><br />
Maßnahmen zur Kundenbindung, Erlebnisbanking<br />
und dem Angebot fachkundiger Beratungsleistung<br />
durch freundliche, kompetente<br />
Mitarbeiter.<br />
Aus diesen Komponenten muss ein Gesamtpaket<br />
geschnürt werden, das darauf ausgerichtet<br />
ist, die angestrebte Zielgruppe nachhaltig<br />
zu erreichen.<br />
Eine innovative Filialausstattung allein reicht<br />
bei weitem nicht aus. Erst die zielgerichtete<br />
Kombination von marktgerechter Preis- und<br />
Produktpolitik, Filial-Infrastruktur, Öffnungszeiten,<br />
Personal, Kundensegmentierung, Marketing-<br />
und Kommunikationsmaßnahmen<br />
und – ganz wesentlich – Betreuungskonzept<br />
zur Individualisierung der Kunde-Bank-Beziehung,<br />
führt zu den gewünschten Erfolgen,<br />
namentlich Kundengewinnung und letztlich<br />
Kundenbindung.<br />
V. Zusammenfassung und Fazit<br />
Ein innovatives Filialkonzept bietet die Möglichkeit,<br />
in einem bestehenden „klassischen“<br />
Vollservice-Filialsystem eine Neuausrichtung<br />
der Services versuchsweise zu testen und hieraus<br />
Erkenntnisse für eine nachhaltige Weiter-<br />
Strategische Maßnahmen gegen den Badewanneneffekt ergreifen.<br />
Berücksichtigung von Persönlichkeitselementen bei der Kundensegmentierung .<br />
entwicklung der Marketing- und Vertriebssteuerungsaktivitäten<br />
zu gewinnen.<br />
Der Einzelhandel macht es den Banken schon<br />
seit langem vor, die wenigsten haben jedoch<br />
bislang die Notwendigkeit der Durchführung<br />
attraktiver Aktionen als Instrument zur Kundengewinnung/<br />
-bindung und damit als Mittel<br />
zur Erreichung von Gewinn- und Ertragszielen<br />
erkannt. Erwirtschaften die Banken und Sparkassen<br />
im Private Banking-Segment durch<br />
ihre anerkannte Beratungs- und Servicequalität<br />
noch akzeptable Margen, sind die Kunden<br />
im Massengeschäft zweifellos preissensibler<br />
und wechselwilliger geworden. Mit einfallsreichen<br />
Marketingaktionen ist den Kunden<br />
ein Besuch in ihrer Bankfiliale wieder attraktiv<br />
zu machen und ein exzellentes Kundenbeziehungsmanagement<br />
muss eingesetzt werden,<br />
um die Bindung zwischen Kunde und Bank zu<br />
festigen.<br />
Die Erfahrung zeigt es immer wieder: Eine langjährige,<br />
von Vertrauen geprägte Geschäftsverbindung<br />
zu „seinem eigenen“ Bank-Mitarbeiter<br />
ist die Basis einer engen Kunde-Bank-Beziehung,<br />
die beide Seiten als wichtig erachten und<br />
an der vom Kunden auch angesichts verlockender<br />
Angebote der Direktbanken gern festgehalten<br />
wird. £<br />
Commitments zu Kundenkontakten per Quartal für die Mitarbeiter zum Aufbau einer langfristigen Kundenbindung. Ständiger<br />
Beraterwechsel schadet der Vertrauensbildung.<br />
Maßnahmen für ein Kundenbeziehungsmanagement einführen und konsequent weiter entwickeln.<br />
Erlebnisbanking als Konzept der Zukunft mit ansprechender Filialgestaltung und Wohlfühlfaktoren in der Bank umsetzen.<br />
Mitarbeiterqualifizierung endet nicht bei Fach-Seminaren.
Rubrik Firma Kontakt Profi l<br />
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Banken, Versicherungen und Finanzdienstleistungsunternehmen spezialisiert und berät z. B. sowohl<br />
im Rahmen regulatorischer Themenstellungen rund um „Basel II“, bei der Bewertung strukturierter<br />
Finanzprodukte oder aber in Fragen der Optimierung betrieblicher abläufe.<br />
Wirtschaftsprüfung • Steuerberatung<br />
Unternehmensberatung • Gutachten<br />
Unser Leistungsspektrum:<br />
• Gesetzliche und freiwillige Prüfungen für Finanzdienstleister nebst Beratungsleistungen<br />
• Umfassende Beratungsleistungen zu den Bereichen Organisation, Prozesssteuerung, Unternehmenssteuerung<br />
sowie Unterstützung bei der Bearbeitung von Problemengagements<br />
• Outsourcing, Interne Revision, kreditrevision<br />
GSk Stockmann + kollegen berät spezialisiert zu Fragen des Investment-, Bank-, Bankaufsichts- und<br />
Wertpapierrechts. Die Schwerpunkte unserer Beratung liegen in folgenden Bereichen:<br />
Gründung von Banken und Finanzdienstleistungsinstituten<br />
asset Management und Investmentrecht (z. B. aufsichts-, immobilien- und steuerrechtliche<br />
Strukturierungen)<br />
Rechtliche und steuerrechtliche konzeption geschlossener Fonds und anderer Vermögensanlageprodukte<br />
nationale und internationale Finanzierungen, insbesondere Immobilienfi nanzierungen, Finanzierungen<br />
von Unternehmenskäufen, Leasing, Factoring, Projektfi nanzierungen<br />
Rechtsfragen des deutschen und des europäischen Zahlungsverkehrs
Vorstand, Controlling, Revision<br />
01 Bearbeitungs- und Prüfungsleitfaden<br />
Neue MaRisk<br />
Axel Becker/Michael Berndt/Dr. Jochen Klein (Hrsg.): Bearbeitungs-<br />
und Prüfungsleitfaden Neue MaRisk. Finanz<br />
Colloquium Heidelberg, Heidelberg, 2009. 494 S., 69 €.<br />
w Das vorliegende Fachbuch setzt die Reihe der bisher<br />
im gleichen Verlag publizierten Bearbeitungs- und Prüfungsleitfäden<br />
fort und bietet eine sinnvolle Ergänzung<br />
zu dem ebenfalls in 2009 erschienenen Werk MaRisk<br />
Interpretationshilfen. Die Struktur des Leitfadens ist<br />
praxisorientiert aufgebaut. Neben den beschreibenden<br />
Aussagen zu den rechtlichen Hintergründen für die<br />
Novellierung der MaRisk und den jeweiligen Inhalten<br />
der MaRisk-Module enthält das Werk eine Vielzahl von<br />
Checklisten und eine Reihe von Praxistips.<br />
Als Nutzer dieser Checklisten und Praxistips kommen<br />
nicht nur interne und externe Revisoren in Frage sondern<br />
auch die mit der MaRisk-Umsetzung befassten Organisationseinheiten<br />
bzw. Projektmitarbeiter. Im Abschnitt<br />
I. „Einleitung“ wird auf die neuen MaRisk aus aufsichtrechtlicher<br />
Sicht sowie aus Sicht der Institute eingegangen.<br />
Die Struktur der Abschnitte II. und III. orientiert<br />
sich am Aufbau und den Inhalten der MaRisk. Abschließend<br />
wird im Abschnitt IV. auf ausgewählte Problemkreise<br />
der neuen MaRisk aus Sicht der DV-technischen<br />
Anforderungen eingegangen. Ein Literaturverzeichnis,<br />
das durchaus noch einige weitere wichtige Literaturquellen<br />
enthalten könnte, sowie ein Stichwortverzeichnis<br />
runden das Fachbuch ab.<br />
Den drei Herausgebern und den weiteren kompetenten<br />
Mitautoren ist mit dem Leitfaden ein praxisorientiertes<br />
Werk gelungen, das zu einer prüfungsfesten Umsetzung<br />
der MaRisk im jeweiligen Institut beitragen kann.<br />
Des Weiteren sollte der Leitfaden als Hilfsmittel in jeder<br />
Revisionsbibliothek vorhanden sein. £<br />
Walter Ullrich, Direktor im Unternehmensbereich Revision,<br />
Hamburger Sparkasse AG<br />
Konto, Recht, Revision<br />
02 Bearbeitungs- und Prüfungsleitfaden<br />
Risikobasierte Geldwäscheprävention<br />
Axel Becker/Michael Berndt/Dr. Jochen Klein (Hrsg.): Bearbeitungs-<br />
und Prüfungsleitfaden Risikobasierte Geldwäscheprävention:<br />
Erleichterungen und Verschärfungen<br />
gegenüber Sicherungsmaßnahmen und Kundensorg-<br />
faltspflichten. Finanz Colloquium Heidelberg, 2009,<br />
247 S., 59 €.<br />
w Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Novellierung<br />
des Gesetzes über das Aufspüren von Gewinnen aus<br />
schweren Straftaten (GwG) im August 2008 haben sich<br />
die geldwäscherechtlichen Anforderungen an die Institute<br />
und deren Prüfer erheblich erhöht. Nach einer<br />
„Schonfrist“ von neun Monaten sind diese Vorgaben seit<br />
Mai 2009 von den Instituten vollumfänglich umzusetzen.<br />
Der Bearbeitungs- und Prüfungsleitfaden „Risikobasierte<br />
Geldwäscheprävention“ thematisiert die Auswirkungen<br />
der aktuellen Rechtslage sowohl aus Sicht<br />
des Geldwäschebeauftragten als auch des Internen<br />
Revisors und des externen Wirtschaftsprüfers. In praxisnaher<br />
Form arbeitet das Buch mit zahlreichen Beispielen<br />
und Checklisten.<br />
Im ersten Kapitel werden risikobasierte Überwachungsansätze<br />
durch den hierfür primär verantwortlichen Geldwäschebeauftragten<br />
erläutert. Schwerpunkt bildet die<br />
Ausgestaltung der institutsspezifischen Gefährdungsanalyse<br />
sowie die sachgerechte Kategorisierung der<br />
identifizierten Kundengruppen nach geldwäscherechtlichen<br />
Vorgaben. Anhand von aussagekräftigen Praxisbeispielen<br />
werden mögliche Maßnahmen zur Begrenzung<br />
der Risiken vorgestellt. Abschließend werden<br />
„formelle“ Aspekte insbesondere zur Dokumentation<br />
und zur Berichterstattung an die Entscheidungsträger<br />
erläutert. Das anschließende Kapitel zeigt mögliche<br />
Kooperationsfelder zwischen dem Geldwäschebeauftragten<br />
und der Interne Revision auf. Synergien<br />
sieht der Autor insbesondere bei der Koordinierung<br />
der Prüfungsgebiete und Einsatzpläne der Revision<br />
mit den Kontrollhandlungen des Geldwäschebeauftragten.<br />
Ferner werden Kooperationsfelder u. a. bei<br />
der Erstellung und Aktualisierung der Gefährdungsanalyse<br />
sowie bei Verdachtsanzeigen und Mitarbeiterschulungen<br />
erörtert.<br />
Die beiden folgenden Kapitel beinhalten Prüfungsansätze<br />
zur Prüfung und Beurteilung der aufbau- und<br />
ablauforganisatorischen Vorkehrungen des Instituts zur<br />
Erfüllung der geldwäscherechtlichen Vorgaben aus Sicht<br />
von zwei Internen Revisoren. Neben den klassischen<br />
Prüfungsgebieten zum GwG wird auch die Einbindung<br />
der Geldwäscheprävention in das übergreifende Risikomanagement<br />
des Instituts thematisiert. Schwerpunkte<br />
sind ferner die Prüfung der Gefährdungsanalyse und<br />
die Einhaltung kundenbezogener Sorgfaltspflichten.<br />
Im letzten Kapitel wird insbesondere die Handhabung<br />
von Ermessensspielräumen bei risikoorientierten und<br />
institutsspezifischen Lösungen zur Erfüllung der geldwäscherechtlichen<br />
Vorgaben aus Sicht des externen Prü-<br />
<strong>03</strong> / <strong>2010</strong> <strong>BankPraktiker</strong><br />
Rezensionen<br />
01<br />
02<br />
99
Rezensionen<br />
<strong>03</strong><br />
04<br />
05<br />
100 <strong>03</strong> / <strong>2010</strong> <strong>BankPraktiker</strong><br />
fers vorgestellt. Die Autoren stellen die Mindest-/Soll-<br />
Vorgaben des Gesetzgebers und der Aufsichtsbehörden<br />
vor und zeigen Öffnungsklauseln und Erleichterungsregeln.<br />
Auch hier liegt der Fokus auf der Gefährdungsanalyse<br />
und den kundenbezogenen Sorgfaltspflichten.<br />
Das Buch berücksichtigt die aktuellste (aufsichts-)<br />
rechtliche Sachlage zum Thema „Geldwäscheprävention“<br />
und weist einen hohen Praxisbezug auf. Es ist<br />
insbesondere für Geldwäschebeauftragte und deren<br />
Mitarbeiter sowie für interne und externe Fachprüfer<br />
zu empfehlen. Einzig nennenswerter Kritikpunkt ist<br />
die unzureichende Behandlung spezifischer, geldwäscherelevanter<br />
Aspekte bei stark international agierenden<br />
Instituten. £<br />
Hakan Güzel, Teamleiter Revision, SEB AG, Frankfurt<br />
am Main<br />
Vorstand, Anlage, Recht<br />
<strong>03</strong> Compliance in der Unternehmerpraxis<br />
Gregor Wecker/Hendrik van Laak (Hrsg.): Compliance in<br />
der Unternehmerpraxis – Grundlagen, Organisation<br />
und Umsetzung. Gabler Verlag, Wiesbaden, 2. Aufl age<br />
2009. 272 S., 44,90 €.<br />
w Compliance als Gesamtkonzept organisatorischer<br />
Maßnahmen soll die Rechtmäßigkeit unternehmerischer<br />
Aktivitäten gewährleisten. Ein effizientes Konzept reduziert<br />
Risiken und bringt darüber hinaus wirtschaftliche<br />
Vorteile für das Unternehmen und seine Eigentümer.<br />
Aber auch das Management, Mitarbeiter und Kunden<br />
sowie Lieferanten profitieren. Die Identifikation der<br />
rechtlichen Risiken bildet dabei den Ausgangspunkt,<br />
von dem aus der Handlungsbedarf ermittelt und die<br />
angemessenen organisatorischen Maßnahmen im<br />
Unternehmen entwickelt und umgesetzt werden, um<br />
diesen Risiken effektiv zu begegnen. Das Werk wurde<br />
vollständig aktualisiert und um zusätzliche Handlungsempfehlungen<br />
sowie ein neues Kapitel zur Tax Compliance<br />
erweitert. Der Aufbau einer Compliance-Organisation,<br />
Pflichten der Geschäftsleitung, Compliance<br />
in der Außenwirtschaft, arbeitsrechtliche Aspekte, IT-<br />
Compliance und datenschutzrechtliche Probleme sind<br />
nur einige der interessanten Themenfelder, die ausführlich<br />
behandelt werden.<br />
Die Herausgeber und Autoren sind erfahrene Praktiker<br />
einer renommierten und international tätigen Rechtsanwaltsgesellschaft.<br />
Das Werk richtet sich an Unternehmer,<br />
Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Unternehmensjuristen<br />
und Compliance-Verantwortliche. £<br />
Kredit, Konto, Anlage<br />
04 Gabler Kompakt-Lexikon Bank und Börse<br />
Günter Wierichs/Stefan Smets: Gabler Kompakt-Lexikon<br />
Bank und Börse. Gabler Verlag, Wiesbaden, 5. Aufl age<br />
<strong>2010</strong>. 246 S., 26,95 €.<br />
w Das Lexikon defi niert mehr als 2.000 Begriff e aus dem<br />
Bank- und Börsenwesen. Die Stichwörter sind verständlich<br />
erklärt und auf eine praktische Anwendung des<br />
Wissens ausgerichtet. Die 5. Aufl age wurde komplett<br />
überarbeitet und den neuen gesetzlichen Regelungen<br />
insbesondere aus dem Bankrecht und Steuerrecht angepasst.<br />
Damit ist das Lexikon z. B. für Auszubildende und<br />
Studenten interessant, die sich punktuell über brachenspezifi<br />
sche Themen ganz knapp und schnell einlesen<br />
möchten. Ob sich das Speziallexikon gerade bei dieser<br />
jungen Zielgruppe auf Dauer dem Gegenwind durch<br />
kostenfreie Webangebote wie insbesondere Wikipedia.<br />
de entziehen kann, der schon anderen Lexikonangeboten<br />
das Licht ausgeblasen hat, bleibt jedoch off en … £<br />
Handel, Controlling, Revision<br />
05 Risikomanagement im Handelsgeschäft<br />
Thomas Ramke/Dirk Wohlert (Hrsg.): Risikomanagement<br />
im Handelsgeschäft – MaRisk, § 25a KWG, § 44 KWG-<br />
Prüfungen, Umsetzungsspielräume. Schäff er-Poeschel<br />
Verlag, Stuttgart, 2009. 275 S., 79,95 €.<br />
w Das Handelsgeschäft zeichnet sich durch seine besonders<br />
hohen Verlustpotenziale aus und ist gekennzeichnet<br />
von verschiedenen Krisenfällen, wobei die Société<br />
Générale nur als spektakulärster Fall der jüngeren Vergangenheit<br />
zu nennen ist. Die Finanzkrise und die daraus<br />
resultierenden Konsequenzen stellen die für die Durchführung<br />
und Steuerung von Handelsgeschäften verantwortlichen<br />
Personen vor sehr hohe Anforderungen.<br />
Die beiden Autoren geben als erfahrene Spezialisten<br />
und Prüfer eine Vielzahl interessanter Hinweise für ein<br />
sachgerechtes Risikomanagement im Handelsgeschäft<br />
und kommentieren die Umsetzungsspielräume der<br />
MaRisk für alle betroffenen Organisationseinheiten.<br />
Dabei werden vor allem die Bereiche Handel, Abwicklung<br />
und Kontrolle, Risikocontrolling, IT/Organisation<br />
sowie übergeordnete Anforderungen (z. B. Strategien,<br />
Risikotragfähigkeit) detailliert einbezogen und die entsprechenden<br />
Öffnungsklauseln identifiziert. Somit<br />
umfasst dieses Fachbuch sämtliche relevanten Risikomanagementanforderungen<br />
für den kompletten<br />
Handelsprozess. Die Herausgeber wenden sich mit
ihrem Werk an Mitarbeiter aus den vorab genannten<br />
Bereichen in Kreditinstituten. £<br />
Kredit, Recht, Controlling, Revision<br />
06 Kreditwesengesetz (KWG)<br />
Günther Luz/Werner Neus/Paul Scharpf/Peter Schneider/<br />
Max Weber (Hrsg.): Kreditwesengesetz (KWG) • Kommentar<br />
zum KWG inklusive SolvV, LiqV, GroMiKV, MaRisk. Schäffer-Poeschel<br />
Verlag, Stuttgart, 2009. 2.227 S., 199,95 €.<br />
w Das 2009 in erster Auflage erschienene Werk überzeugt<br />
durch seine fachliche Tiefe und Praxisnähe an<br />
vielen Stellen. Hierfür verantwortlich zeichnet zum<br />
einen ein hochkarätiges Autorenteam aus Praxis, Prüfung<br />
und Rechtsberatung. Zum anderen verwendet<br />
ein Gros der Autoren praxisnahe Fachliteratur.<br />
Zielsetzung dieses Werks ist es neben einer grundlegenden<br />
Einführung, die Vorschriften des KWG und der<br />
wesentlichen Verordnungen unter dem Gesichtspunkt<br />
der Anwendung in der Praxis auf aktuellem Stand darzustellen.<br />
Es umfasst nicht nur die Änderungen, die aus<br />
dem Umsetzungsprozess Basel II bzw. der neu gefassten<br />
EG-Bankenrichtlinie und EG-Ka pitaladäquanzrichtlinie<br />
resultieren, sondern ebenfalls die Änderungen, die sich<br />
aus der Um setzung der MiFID und aus dem InvestmentänderungsG<br />
ergeben haben. Die SolvabilitätsV<br />
und die neu gefasste GroMiKV werden eigenständig und<br />
umfassend kommentiert; Quer verweise in den Kommentierungen<br />
stellen die Zusammenhänge zwischen<br />
KWG und den Verordnungen sicher. Zur Würdigung<br />
der praktischen Bedeutung des § 25a KWG enthält das<br />
Werk eine Darstellung der MaRisk. Der zunehmenden<br />
Bedeutung der Liquiditätsrisiken wird mit einer ausführlichen<br />
Kommentierung von § 11 KWG und der auf<br />
diesem beruhen den LiquiditätsV Rechnung getragen.<br />
Andere Verordnungen, wie die AnzV, werden direkt in<br />
den entsprechenden Paragrafen des KWG abgehandelt.<br />
Das Werk vereinigt damit eine Kommentierung sämtlicher<br />
Paragraphen des KWG mit den wesentlichen, für<br />
die laufende Bankpraxis relevanten Ausführungsbestimmungen<br />
der deut schen Aufsicht. Soweit den Autoren<br />
zugänglich, wurden Auslegungsentscheidungen und<br />
Schreiben der BaFin (bzw. des BAKred) berücksichtigt.<br />
Aufgrund des zunehmenden Stel lenwerts des Committee<br />
of European Banking Supervisors (CEBS) werden auch die<br />
dort getroff enen Auslegungsentscheidungen und Veröffentlichungen<br />
bei den Kommentierungen einbezogen.<br />
Das Werk tritt in Konkurrenz zu namhaften KWG-Kommentierungen,<br />
wird sich jedoch aufgrund seiner Quali-<br />
tät schnell seinen Platz in den Regalen der Bankpraktiker<br />
schaffen. Mit Blick auf den durchaus gerechtfertigten<br />
aber per se nicht günstigen Preis soll diesen der Hinweis<br />
gegeben werden, dass im Laufe des Jahres KWG,<br />
SolvV und GroMiKV maßgebliche Änderungen erfahren<br />
werden. Somit muss eine Anschaffung individuell<br />
abgewogen werden. £<br />
Vorstand, Recht, Kredit<br />
07 Nachfolgeratgeber Familienunternehmen<br />
F.A.Z.-Institut für Management-, Markt- und MedieninformationenGmbH/Deloitte&Touch<br />
GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft/NaviGet<br />
GmbH/Eurenta Holding<br />
GmbH/Rechtsanwalt Thomas Auer (Hrsg.): Nachfolgeratgeber<br />
Familienunternehmen – Ein integrierter Leitfaden<br />
für die Praxis. F.A.Z.-Institut für Management-,<br />
Markt- und Medieninformationen GmbH, Frankfurt/M.,<br />
2009. 105 S., 29,90 €.<br />
w Der Themenbereich der Unternehmensnachfolge<br />
gewinnt in Deutschland zunehmend an Bedeutung.<br />
Gerade für die Banken ist es hier wichtig rechtzeitig<br />
aktiv auf die betreuten Firmenunternehmen zuzugehen<br />
und entsprechende fachliche Kompetenz in der<br />
Nachfolgeberatung zu zeigen. Mit dem Buch wurde<br />
eine fundierte Grundlage geschaffen, die eine wirkliche<br />
Hilfestellung auch für die Beratung der Firmenkunden<br />
darstellt. Der strukturierte Aufbau, der den Nachfolgeprozess<br />
in drei Phasen, Nachfolgestrategie, Nachfolgeumsetzung<br />
und Nachfolgecontrolling gliedert, ist hilfreich.<br />
Er beinhaltet in allen Phasen die entsprechenden<br />
rechtlichen, steuerrechtlichen, finanzwirtschaftlichen<br />
aber auch psychologischen Eckpunkte und verbindet<br />
diese miteinander. Schaubilder und eine Vielzahl von<br />
Checklisten erleichtern die Arbeit mit dem Ratgeber<br />
deutlich.<br />
Wenn die Nachfolge gelingen soll, ist eine rechtzeitige<br />
und systematische Vorbereitung unabdingbar.<br />
Hier bietet der “Nachfolgeratgeber Familienunternehmen”<br />
gut verständliche und praxiserprobte Informationen.<br />
Das Buch zeigt auf 100 Seiten einen Weg,<br />
die Nachfolgeherausforderung gezielt und systematisch<br />
anzugehen. £<br />
Vorstand, Kredit, Handel, Controlling, Revision<br />
08 MaRisk Interpretationshilfen<br />
Guido Pfeifer/Walter Ullrich (Hrsg.): MaRisk Interpretationshilfen.<br />
Finanz Colloquium Heidelberg, Heidelberg,<br />
2009. 660 S., 94 €.<br />
<strong>03</strong> / <strong>2010</strong> <strong>BankPraktiker</strong><br />
Rezensionen<br />
06<br />
07<br />
08<br />
101
Rezensionen<br />
09<br />
102 <strong>03</strong> / <strong>2010</strong> <strong>BankPraktiker</strong><br />
w Es ist in den letzten Jahren für die Praxis zunehmend<br />
schwieriger geworden, die regulatorischen Anpassungen<br />
in den eigenen Häusern nicht nur zeitnahe, sondern auch<br />
betriebswirtschaftlich vernünftig umzusetzen. Zahlreiche<br />
neue Gesetze und Gesetzesanpassungen, neue Rundschreiben<br />
und nicht zuletzt die zweite MaRisk-Novelle<br />
2009, erhöhen den Handlungsdruck auf Banken und<br />
Sparkassen. Jeder Praktiker ist daher dankbar, wenn<br />
die aktuellen Themen mit Sachverstand und Pragmatismus<br />
aufgegriffen und mit praxisnahen Ideen und<br />
Impulsen angereichert werden.<br />
Bei diesem Buch handelt es sich bereits um die 2. Auflage<br />
(das Grundwerk erschien 2006). Es gliedert sich<br />
in insgesamt fünf Abschnitte. Diese umfassen die Hintergründe<br />
für die aktuellen bankaufsichtlichen Anpassungen<br />
und deren Einordnung bezüglich der strategischen<br />
Positionierung der Institute. Es werden zudem<br />
die wesentlichen Änderungen im Risikomanagement<br />
unter besonderer Herausarbeitung der Einflussfaktoren<br />
Steuerung und Überwachung der Risikoarten dargestellt.<br />
Abgerundet werden die Ausführungen mit einer<br />
Darstellung der aktuellen und kommenden Herausforderungen<br />
für die Interne Revision.<br />
Die Herausgeber sind erfahrene Praktiker. Guido Pfeifer<br />
ist Geschäftsführer eines Beratungsunternehmens<br />
(zuvor in leitender Funktion verantwortlich für Unternehmensplanung/Risikomanagement<br />
in einer genossenschaftlichen<br />
Bank), Walter Ullrich Direktor Unternehmensbereich<br />
Revision der Hamburger Sparkasse.<br />
Sie wurden durch ein umfangreiches und qualifiziertes<br />
Autorenteam (Vorstand aus dem Genossenschaftsbereich,<br />
Wirtschaftsprüfer sowie Spezialisten aus den<br />
Bereichen Risikomanagement/Controlling/Unternehmenssteuerung<br />
und Treasury) unterstützt. Das Buch enthält<br />
eine umfangreiche Sammlung von Abbildungen<br />
und ist sehr informativ. Es werden zudem vielfältige Praxisansätze<br />
verständlich dargeboten. Der Leser erhält<br />
umfangreiche Ideen zur Umsetzung in die Praxis. Wünschenswert<br />
für eine dritte Auflage wäre ein Stichwortverzeichnis.<br />
£<br />
Michael Helfer, Geschäftsführer, AuditManagement<br />
LiVE, Berlin<br />
Vorstand, Recht, Handel, Controlling, Revision, IT<br />
09 OpRisk-Management in Banken und Sparkassen<br />
Dr. Patrik Buchmüller (Hrsg.): OpRisk-Management in<br />
Banken und Sparkassen. Finanz Colloquium Heidelberg,<br />
2009. 392 S., 87,85 €.<br />
w Das Buch vermittelt in neun Kapiteln einen guten<br />
Überblick sowohl über die aktuellen Trends im Management<br />
operationeller Risiken, als auch die Risikomanagementpraxis<br />
in zwei Institutsgruppen. Gerade vor dem<br />
Hintergrund spektakulärer Schadensfälle in jüngster<br />
Zeit (Swapzahlung der KfW über 350 Mio. €, Handelsverluste<br />
in Höhe von 5 Mrd. € durch Jérôme Kerviel,<br />
der Verlust vertraulicher Kreditkartendaten durch die<br />
Landesbank Berlin, etc.) wird deutlich, dass ein wirksames<br />
und zugleich effizientes OpRisk-Management<br />
kein „nice-to-have“ sondern ein „must-be“ für die Sicherung<br />
der Unternehmensexistenz ist.<br />
Nach dem einführenden Beitrag durch den Herausgeber,<br />
der die aktuellen aufsichtsrechtlichen Entwicklungen<br />
für das OpRisk-Management beschreibt, schildern<br />
Falk Haußwald und Bodo Schmidt die Praxis des<br />
OpRisk-Managements im Sparkassen- und Genossenschaftssektor.<br />
Diese Kapitel dürfen insbesondere<br />
die nicht verbandsabhängigen Kreditinstitute interessieren,<br />
da sie hier von den Erfahrungen der beiden zahlenmäßig<br />
größten Bankengruppen in Deutschland profitieren<br />
können.<br />
Sehr lesenswert ist auch der Beitrag von Armin D. Rheinbay<br />
und Oliver Tiebing, in dem eingehend beschrieben<br />
wird, welche methodischen Fehler bei Expertenschätzungen<br />
auftreten und wie sie minimiert werden<br />
können. Vor allem im Hinblick auf ein präventives<br />
OpRisk-Management sind Szenariobetrachtungen auf<br />
Basis von Risk Assessment Verfahren unabdingbar,<br />
weswegen dieses Kapitel besondere Erwähnung verdient.<br />
Das Buch enthält abschließend ein Kapitel mit Hinweisen<br />
zur Prüfungspraxis operationeller Risiken, insbesondere<br />
in Verbindung mit dem Jahresabschluss.<br />
Darin werden sowohl die gesetzlichen Grundlagen als<br />
auch Prüfungsansätze aufgezählt, aber auch konkrete<br />
Tipps für einzelne Prüfungsfelder gegeben. Diese Ausführungen<br />
sind nicht nur für Prüfer von Bedeutung,<br />
sondern auch für alle diejenigen, die für die Umsetzung<br />
aufsichtsrechtlicher Normen in Kreditinstituten<br />
verantwortlich sind.<br />
Ein umfangreicher Anhang, der die für das OpRisk-<br />
Management relevanten Bestimmungen der MaRisk<br />
und SolvV dokumentiert, rundet das kompakt gehaltene,<br />
aber dennoch detaillierte Anregungen enthaltende<br />
Buch ab. £<br />
Matthias Kurfels, Riskmanager und stv. Abteilungsleiter<br />
Unternehmenssteuerung, Sparkasse Kulmbach-<br />
Kronach, Kulmbach
Benk, Matthias<br />
Sparkasse Nürnberg<br />
w Matthias Benk wird als Vorstand neuer<br />
Chefrisikomanager der Sparkasse Nürnberg.<br />
Der 51-jährige Volkswirt soll zum<br />
nächstmöglichen Zeitpunkt das Ressort<br />
Marktfolge mit den Bereichen Finanzund<br />
Risikomanagement und Organisation<br />
übernehmen, ebenso die Verantwortung<br />
für die Tochtergesellschaft transactio. Nach<br />
neun Jahren in verantwortlicher Position<br />
bei der Sparkasse in seiner Geburtsstadt<br />
Kiel wechselte er 1994 zur Kreissparkasse<br />
Hannover, die 2002 mit der Stadtsparkasse<br />
Hannover fusionierte und heute die sechstgrößte<br />
Sparkasse Deutschlands ist. Hier<br />
verantwortete Benk die Organisation, die<br />
IT, die Marktfolge und zuletzt das Vertriebsmanagement<br />
mit 430 Mitarbeitern. £<br />
Bergé, Alexander<br />
Berenberg Invest AG<br />
w Der frühere Vertriebsvorstand der Wölbern<br />
Invest AG Alexander Bergé ist in den<br />
Vorstand der im Juli 2009 gegründeten<br />
Berenberg Invest AG berufen worden. £<br />
Dahmen, Dr. Marcus<br />
Rentenbank<br />
w Der Verwaltungsrat der Landwirtschaftlichen<br />
Rentenbank hat Dr. Marcus Dahmen<br />
(44), seit Oktober 2007 Sprecher des Vorstands,<br />
von seinem Amt entbunden. Die<br />
Aufgaben von Dahmen werden bis auf weiteres<br />
von den Vorständen Hans Bernhardt<br />
(52) und Dr. Horst Reinhardt (55) wahrgenommen.<br />
Zusätzlich zu seiner Verantwortung<br />
für Finanzen und den IT-Bereich übernimmt<br />
Bernhardt den Förderkreditbereich<br />
und Personal. Reinhardt, verantwortlich für<br />
das Treasury und die Rechtsabteilung, wird<br />
zusätzlich den Bereich Öffentlichkeitsarbeit<br />
übernehmen. £<br />
Florack, Jürgen<br />
Helaba Invest<br />
w Jürgen Florack hat am 01.01.<strong>2010</strong> seine<br />
neue Aufgabe als Leiter Marketing/Akquistion<br />
für die Helaba Invest aufgenommen.<br />
Florack bringt mehr als 15 Jahre Erfah-<br />
rung aus dem Bereich Asset Management<br />
mit. Die letzten neun Jahre war er bei UBS<br />
Global Asset Management tätig, zuletzt<br />
als Head of Institutional Sales. Florack<br />
hat Betriebswirtschaftslehre in Deutschland<br />
und in den USA studiert und ist<br />
CFA-Charterholder. £<br />
Häusler, Gerd<br />
BayernLB<br />
w Gerd Häusler (58) wird zum 15.04.<strong>2010</strong><br />
den Vorstandsvorsitz der BayernLB übernehmen.<br />
Das hat der Verwaltungsrat<br />
der BayernLB in seiner heutigen Sitzung<br />
beschlossen. Als dessen stellvertretender<br />
Vorsitzender gehört Häusler dem Verwaltungsrat<br />
seit 01.08.2009 an.<br />
Der Jurist startete seine Berufslaufbahn<br />
als Auszubildender bei der Deutschen<br />
Bank in Darmstadt. Nach dem Jurastudium<br />
in Frankfurt und Genf und einem<br />
Referendariat bei der Deutschen Bundesbank<br />
begann er 1978 auch hier seine Karriere.<br />
1994 wurde er in das Direktorium und<br />
den Zentralbankrat der Deutschen Bundesbank<br />
berufen. 1996 wechselte Häusler<br />
in den Vorstand der Dresdner Bank, wo<br />
er u. a. für das Investment Banking verantwortlich<br />
zeichnete, ab 1998 auch als<br />
Chairman von Dresdner Kleinwort Benson<br />
in London. In dieser Eigenschaft führte er<br />
das Investmentbanking der Dresdner Bank<br />
und von Kleinwort Benson zusammen. Ab<br />
2001 baute er die Kapitalmarktabteilung<br />
des Internationalen Währungsfonds (IWF)<br />
in Washington auf. In dieser Funktion arbeitete<br />
er eng mit dem damaligen Managing<br />
Director des IWF und heutigen Bundespräsidenten<br />
Horst Köhler zusammen. 2006<br />
wechselte er zur Investmentbank Lazard,<br />
wo er als Vice Chairman für das internationale<br />
Geschäft und als Managing Director<br />
mit Sitz in Paris und Frankfurt vor allem als<br />
Berater für Finanzdienstleister tätig war.<br />
Seit dem 01.10.2008 arbeitet Häusler als<br />
Mitglied des Boards und als Führungskraft<br />
für den Finanzinvestor RHJ International.<br />
Daneben gehört Gerd Häusler u. a.<br />
der Group of Thirty mit Sitz in Washington<br />
an, die eine Reihe von Studien zur Stabilität<br />
des internationalen Finanzsystems veröffentlicht<br />
hat. £<br />
Haller, Michael<br />
Sparkasse Bregenz<br />
<strong>03</strong> / <strong>2010</strong> <strong>BankPraktiker</strong><br />
Personalia<br />
w Einstimmig zum Nachfolger von Dr.<br />
Peter Mennel als Vorstandsvorsitzender<br />
der Sparkasse Bregenz hat der Aufsichtsrat<br />
der Sparkasse Bregenz den bisherigen<br />
Vorstandskollegen von Mennel, Mag. Michel<br />
Haller, bestellt. Zum neuen Vorstandsmitglied<br />
– und damit zu Hallers Stellvertreter –<br />
wurde Mag. Martin Jäger berufen, der ein<br />
umfangreiches Auswahlverfahren für sich<br />
entscheiden konnte. £<br />
Hirschler, Dr. Herbert<br />
WIBank<br />
w Mit Wirkung zum 01.01.<strong>2010</strong> wurde<br />
Dr. Herbert Hirschler zum Sprecher der<br />
Geschäftsleitung der Wirtschafts- und Infrastrukturbank<br />
Hessen (WIBank) berufen.<br />
Er ist neben seiner Sprecherfunktion auch<br />
weiterhin für die Geschäftsfelder Infrastruktur,<br />
Wirtschaftsförderung und Landwirtschaftsförderung<br />
verantwortlich. Dr.<br />
Michael Reckhard und Eckhard Hassebrock<br />
komplementieren die Geschäftsleitung der<br />
WIBank.<br />
Hirschler verfügt über langjährige Erfahrung<br />
in der Wirtschaftsförderung. Nach<br />
seiner Tätigkeit als Vizepräsident im Regierungspräsidium<br />
Darmstadt von 1991 bis<br />
1999, war er von 1999 bis 2004 als Staatssekretär<br />
im Hessischen Ministerium für<br />
Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung<br />
tätig. 2004 wechselte er als Bereichsleiter<br />
in die Landestreuhandstelle Hessen<br />
und wurde 2007 zum Geschäftsleiter der<br />
LTH – Bank für Infrastruktur berufen. £<br />
Piehl, Thomas<br />
Sparkasse Lüneburg<br />
w Thomas Piehl, bisher Bereichsleiter Firmenkunden<br />
Süd der Hamburger Sparkasse,<br />
ist jetzt Vorstand bei der Sparkasse<br />
Lüneburg. £<br />
Schlipf, Dr. Udo<br />
Volksbank Schwarzwald-Neckar<br />
w Dr. Udo Stefan Schlipf (45) ist vom Aufsichtsrat<br />
der Volksbank Schwarzwald-<br />
1<strong>03</strong>
Personalia<br />
Neckar eG als weiteres Vorstandsmitglied<br />
berufen worden. Er übernimmt zukünftig<br />
die Funktion des Vorstandssprechers. Weitere<br />
Mitglieder des Vorstands sind Rolf Biedermann<br />
sowie Peter Lenski. £<br />
Sesemann, Marc<br />
Sparkasse Pforzheim Calw<br />
w Zum Beginn des Jahres ist Marc Sesemann,<br />
Chef des Bereichs Firmenkunden<br />
Pforzheim der Sparkasse Pforzheim Calw,<br />
zum Direktor ernannt und zugleich zum<br />
stellvertretenden Vorstandsmitglied berufen<br />
worden.<br />
Der gebürtige Karlsruher legte nach Schule<br />
und Wehrdienst ein Studium (Fachrichtung<br />
Bank) an der Berufsakademie Karlsruhe mit<br />
Abschluss als Diplom-Betriebswirt (BA) ab.<br />
Anschließend war er bis 2002 bei seinem<br />
Ausbildungsbetrieb, der BW-Bank AG, tätig,<br />
zuletzt als stellvertretender Abteilungsdirektor.<br />
2002 kam Sesemann zur damaligen<br />
Sparkasse Pforzheim.<br />
Sesemann trägt seit 2009 die Verantwortung<br />
für sechs Abteilungen und vier Fach-<br />
bereiche mit insgesamt 70 Beschäftigten<br />
und einem betreuten Kreditvolumen von<br />
rund 2,2 Mrd. €. £<br />
Steinhart, Franz<br />
Volksbank Hohenzollern<br />
w Die Volksbank Hohenzollern stellt die<br />
Weichen für die Zukunft: Franz Steinhart<br />
ist jetzt weiteres Vorstandsmitglied.<br />
Steinhart ist zu Jahresbeginn in den Vorstand<br />
eingetreten. Seine Ernennung sieht der Aufsichtsrat<br />
als eine für die Zukunft wichtige<br />
Personalentscheidung, weil die Vorstandsmitglieder<br />
Paul-Gerhard Link und Erwin Staiger<br />
in absehbarer Zeit ausscheiden. Beide<br />
stehen seit 30 Jahren in der Verantwortung.<br />
Steinhart ist verheiratet und Vater von drei<br />
erwachsenen Kindern. Der 50-jährige diplomierte<br />
Bankbetriebswirt (ADG) begann<br />
1981 seine Ausbildung zum Bankkaufmann<br />
bei der damals noch selbstständigen<br />
Volksbank Gammertingen, wurde 1994 zum<br />
Prokuristen bestellt und war von 1997 bis<br />
2000 Vorstand der inzwischen umfirmierten<br />
Volksbank Alb-Lauchert. In der Volksbank<br />
Hohenzollern leitete Steinhart seit 2000 als<br />
Prokurist die Hauptgeschäftsstelle Gammertingen<br />
und wurde 2005 Leiter des Firmengeschäfts<br />
der gesamten Volksbank.<br />
Im Gesamtvorstand übernimmt Steinhart<br />
das Kundengeschäft und trägt Verantwortung<br />
für die Marktbearbeitung im Firmen-,<br />
Privat- und Individualkundengeschäft. £<br />
Schwarz, Hermann-Josef<br />
Volksbank eG Überlingen<br />
w Walter Mauch, Vorstandsvorsitzender der<br />
Volksbank Überlingen, hat zum Jahresende<br />
2009 sein aktives Berufsleben beendet. Sein<br />
Nachfolger ist Hermann-Josef Schwarz, er<br />
war bis dahin Vorstandsmitglied. £<br />
Weck, Martin<br />
Sparkasse Mülheim an der Ruhr<br />
w Einstimmig wählte der Verwaltungsrat<br />
den 42-jährigen Martin Weck zum Vorstandsvorsitzenden<br />
der Sparkasse. Er hat<br />
zum 01.02.<strong>2010</strong> die Nachfolge von Jörg<br />
Enaux angetreten, der dann vorzeitig in<br />
den Ruhestand getreten ist. £<br />
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