Herbst - Forum Alpinum
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FORUM ALPINUM Nr. 1/10 1
Inhaltsverzeichnis / Table des matières<br />
• Anfragen an die SGGM 3<br />
Notfall Höhenmedikamente<br />
Höhenauswirkungen auf eine Zentralvenenthrombose<br />
Verwendung von Diamox zur Prophylaxe von AMS<br />
Behandlung/ Vorbeugung der Höhenkrankheit<br />
Trittunsicherheit beim Skyrace<br />
Acetazolamid – Pro und Contra<br />
Höhenprobleme bei Kindern im Vorschulalter<br />
• Gehören Kinder in die Höhe? 8<br />
Moritz Flubacher, Melanie Keller, Susi Kriemler<br />
• SAC Buch Gebirgs- und Outdoormedizin 12<br />
Martin Walliser<br />
• Porträt Susi Kriemler Wiget 13<br />
Walo Pfeifhofer<br />
• Ankündigung der 6. Schweizer Bergrettungsmedizintagung 14<br />
• Agenda der SGGM 15<br />
Editorial IMPRESSUM<br />
Die Berge – Refugium für die einen, Vergnügungspark der Extremsportarten<br />
für die anderen: ihr Freizeitwert und ihre Beliebtheit nehmen stetig zu. So ist<br />
es nicht verwunderlich, dass es stellen- und zeitweise eng am Berg wird.<br />
Unser Titelbild zeigt eine solche Situation und ist an einem wunderbaren<br />
Sommermorgen auf dem Grenzgletscher im Monte-Rosa-Gebiet entstanden<br />
und zwar an einer Stelle, an der man besser nicht allzu lange verweilen<br />
sollte…<br />
Das öffentliche Interesse an Krankheiten und Gefahren in Höhenlagen hat<br />
dabei in gleichem Masse zugenommen. Das kann man unter anderem an der<br />
steigenden Anzahl der Anfragen an die SGGM erkennen (ab S. 3). Diese<br />
erreichen meistens in den Sommermonaten ihren Höhepunkt, wenn man sich<br />
Tipps für geplante Hochtouren oder Trekkings holen möchte. Unser Buch<br />
„Gebirgs- und Outdoormedizin“ ist daher in eine echte Marktlücke<br />
gestossen, was wohl bald zu seiner Neuauflage führen wird. Die aktuelle<br />
Auflage kann von SGGM-Mitglieder gratis beim Sekretariat der SGGM<br />
bestellt werden. Näheres hierzu ist auf Seite 12 zu erfahren.<br />
Dass es auch nicht gefahrlos sein kann, Kinder mit in grosse und extreme<br />
Höhen zu nehmen, haben wir ja irgendwie alle geahnt, es aber nie<br />
quantifizieren können. Mit der Untersuchung von Susi Kriemler und ihrem<br />
Team haben wir nun die erste grössere Studie weltweit vorliegen, welche die<br />
akute Bergkrankheit bei Kindern im Vergleich zu Erwachsenen untersucht<br />
hat. Der Beitrag auf S. 12ff ist daher ein Muss für alle begeisterten<br />
Familien-Berggänger und Pädiater mit gebirgsmedizinischem Hintergrund.<br />
Ich hoffe, wir sehen uns am 13.11.2010 auf der Bergrettungsmedizintagung<br />
in Interlaken. Die Ankündigung findet sich auf S. 14.<br />
Eckehart Schöll<br />
1. Umschlagseite: Eine heikle Passage am Grenzgletscher (Monte-Rosa-Massiv)<br />
4. Umschlagseite: Rettungseinsatz bei Höhenmedizinkurs im Expeditionsstil 2010<br />
FORUM ALPINUM Nr. 3/10 2<br />
Herausgeber / Éditeur<br />
Schweizerische Gesellschaft für Gebirgsmedizin<br />
Société suisse de médecin de montagne<br />
Società Svizzera di Medicina di Montagna<br />
Präsidium / Présidence<br />
Walo Pfeifhofer<br />
Mobile: +41 79 677 93 64<br />
Email: walopfeifhofer@bluewin.ch<br />
Kassierer / Caissier<br />
Andreas Christ<br />
Beitritts-Anmeldung / Inscription d’entrée<br />
Mobile: +41 78 922 43 57<br />
Email: achrist@uhbs.ch<br />
Redaktion / Rédaction<br />
Eckehart Schöll<br />
Mobile: +49 151 42 30 15 56<br />
Email: schoell@forum-alpinum.ch<br />
www.sggm.ch<br />
Layout / Mise en page<br />
Eckehart Schöll<br />
Erscheinen / Parution<br />
4 x jährlich / par an<br />
Redaktionsschluss / Clôture rédactionnelle<br />
30.09.2010<br />
Druck / Impression<br />
Copy- und Schnelldruck-Center AG<br />
Untere Bahnhofstr. 30, CH-9500 Wil<br />
Tel.: +41 71 911 47 11<br />
Email: info@copy-center-wil.ch<br />
www.copy-center-wil.ch<br />
Jahrgang / Année<br />
16, Nr. 3, 10/2010
Notfall-Höhenmedikamente<br />
Besten Dank für Ihre Informationen vom 27. Mai, die mir<br />
sehr weitergeholfen haben. (Anm. d. Red.: siehe<br />
FA_02_2010)<br />
Ich habe noch eine Frage. Bei Kari Kobler und im Film<br />
über die Muztagh Ata-Ärzteexpedition habe ich<br />
herausgehört, dass die Gäste ein persönliches Set von 4<br />
Notfallmedikamenten in der Höhe dabei haben und diese<br />
bei Beschwerden einnehmen und dann, falls über Nacht<br />
keine Besserung eintritt, absteigen. Es würde mich<br />
interessieren, um welche Medikamente es sich hier<br />
handelt und in welcher Dosierung.<br />
Korrespondenz<br />
Margrith Sengupta<br />
info@maktab.ch<br />
Antwort der Redaktion<br />
Wie bereits in der ersten E-Mail geschrieben, sollte man<br />
sich gut auskennen mit der Höhenproblematik, bevor man<br />
polypragmatisch einen Medikamenten-Cocktail einwirft<br />
und hofft, dass es am nächsten Tag besser werde.<br />
Verstehen Sie mich recht, Kari Kobler hat eine extreme<br />
Erfahrung mit der Höhenproblematik und die empirische<br />
Anwendung der Medikamente hat bei ihm und den<br />
Mitgliedern seines Expeditionsteams sicher seine<br />
Berechtigung.<br />
Aber da Sie hier die SGGM anfragen, dürfen Sie eine<br />
validierte Antwort erwarten. Also das Set, welches Sie<br />
ansprachen, ist der so genannte Margherita-Cocktail<br />
(sic!), so genannt nach der Capanna Regina Margherita<br />
auf der Signalkuppe, wo unser Schweizer HAPE-Guru<br />
Marco Maggiorini diverse klinische Studien auf 4500m<br />
durchgeführt hat. Es ist eine Dreier-Kombination:<br />
- Acetacolamid 250mg (Diamox®): akute Bergkrankheit<br />
- Nifedipin 10mg (Adalat® 10): Höhenlungenödem<br />
- Dexamethason 4mg (Fortecortin®): Höhenhirnödem<br />
- Hinzugekommen ist in der letzten Zeit noch Sildenafil<br />
50mg (Viagra®): Höhenlungenödem.<br />
Nicht vergessen: bei HACE kann ein Patient<br />
wahrscheinlich nichts mehr oral aufnehmen: 5 Amp.<br />
Dexamethason 8mg inklusive 2ml-Spritzen, Kanülen<br />
(blau), Alkoholtupfer<br />
Schreiben Sie mir doch mal kurz, wie es in der Höhe<br />
gelaufen ist und ob Sie die Informationen brauchen<br />
konnten.<br />
Höhenauswirkungen auf eine Zentralvenenthrombose<br />
Ich habe im April eine Zentralvenenthrombose im<br />
rechten Auge erlitten; eine ophthalmologische<br />
Untersuchung hat ergeben, dass ich ein Makulaödem<br />
habe, welches in den nächsten Tagen behandelt wird<br />
(Avastin). Eine Ursache für die Thrombose konnte nicht<br />
gefunden werden. Ich bin ansonsten gesund, 59-jährig,<br />
Nichtraucher, BMI ca. 22, 3-5 Sporteinheiten à 30 – 60<br />
Minuten pro Woche plus Skitouren im Winter, Trekkings<br />
im Sommer und nehme seit mehreren Jahren Statine<br />
(Sortis, 20mg).<br />
Anderseits habe ich mich im Frühjahr für ein Trekking in<br />
Nepal angemeldet. Das Trekking ist etwas speziell: es hat<br />
zum Ziel, Spuren von Schneeleoparden zu finden. Es ist<br />
also kein Trekking mit allzu grossen Strapazen,<br />
gleichwohl sind wir an 8 Tagen in deutlich über 3'000<br />
Meter Höhe, wovon an deren 4 in rund 4'000 – 4'500<br />
müM. Die Lagerhöhen sind im Anhang aufgeführt.<br />
Ich habe nun folgende Fragen, die evtl. Sie oder sonst<br />
jemand aus der SGGM beantworten können.<br />
Besteht ab einer bestimmten Höhe (3000m; 4000m) ein<br />
Risiko, dass sich eine bestehende Thrombose im Auge<br />
vergrössert?<br />
Besteht ein erhöhtes Risiko, dass sich an einer andern<br />
Stelle (z.B. am andern Auge) eine Thrombose bildet?<br />
Ab wie vielen Tagen in der Höhe steigt das Risiko für<br />
eine Thrombose (könnte ich z.B. risikolos 3-4 Tage in die<br />
Höhe gehen und dann nach Katmandu zurückgehen)?<br />
Seit April nehme ich auch Aspirin cardio täglich zu mir.<br />
Ist es allenfalls sinnvoll präventiv einen Blutverdünner zu<br />
nehmen? Würden dann weniger/ keine Einschränkungen<br />
in Bezug auf die Höhe bestehen?<br />
Korrespondenz<br />
Jakob Schlapbach<br />
jakob.schlapbach@bluewin.ch<br />
Antwort der Redaktion<br />
Herzlichen Dank für Ihre Anfrage. Kommen wir zunächst<br />
zu Ihrer jetzigen Erkrankung. Eine<br />
Zentralvenenthrombose (ZVT) des Auges behindert den<br />
Blutabfluss aus dem Augeninneren, was letztendlich dazu<br />
führt, dass das Blut auch nicht mehr in Ihr Auge<br />
hineingelangen kann, da es einen Blutrückstau gibt.<br />
Dieser Rückstau führt im Übrigen auch immer zu dem<br />
von Ihnen genannten Makulaödem, da der<br />
Gefässinnnendruck so hoch ist, dass Flüssigkeit in den<br />
Raum außerhalb der Blutgefäße abgepresst wird. Die<br />
Makula (eigentlich macula lutea = gelber Fleck) ist die<br />
Zone des schärfsten Sehens. Schwellungen an diesem Ort<br />
führen immer auch zur Verminderung der Sehschärfe.<br />
Kommt die Durchblutung des Auges durch den genannten<br />
Rückstau komplett zum Erliegen, kann es leider auch zur<br />
irreversiblen Erblindung des betroffenen Auges kommen.<br />
ZVT des Auges sind schon seit etwa 100 Jahren bekannt.<br />
Ungeachtet dessen haben wir nur wenig greifbare<br />
Anhaltspunkte über deren Entstehung. Vermutet wird der<br />
behinderte Blutfluss z.B. durch eine erhöhte Dichte<br />
(Viskosität) des Blutes, eine Blutgefäßwandläsion oder<br />
eine verminderte Strömungsgeschwindigkeit des Blutes.<br />
Diese drei Ursachen sind im Übrigen auch die<br />
Grundpathophysiologie für alle übrigen Thrombosen<br />
(Virchow-Trias).<br />
Therapeutisch gibt es heute verschiedene Substanzen:<br />
Aspirin (ASS), Pentoxyphyllin (Trental), Avastin<br />
(Bevacizumab), Plavix (Clopidogrel).<br />
FORUM ALPINUM Nr. 3/10 3
Das Avastin wurde eigentlich zur Therapie bestimmter<br />
Karzinome entwickelt, wird aber seit 4 Jahren erfolgreich<br />
zur Therapie der ZVT eingesetzt. Es handelt sich hierbei<br />
um einen Hemmer der Blutgefäßneubildung.<br />
Nun zu Ihren Fragen:<br />
Ja, das Risiko für eine ZVT steigt leider mit der<br />
Höhenexposition an. Ob sich eine bereits bestehende ZVT<br />
weiter verschlechtert, kann man nicht mit Sicherheit<br />
sagen. Fakt ist jedoch, dass sich Ihr Hämatokrit (Anzahl<br />
Zellen pro Blutvolumen) in der Höhe vergrößern wird,<br />
wodurch Ihr Blut eine höhere Viskosität haben wird.<br />
Damit muss man auch Ihre Frage Nr. 2 bejahen.<br />
Falls Sie über Blutverdünner in der Höhe nachdenken,<br />
dann empfiehlt sich eher ein Hemmer der<br />
Blutgerinnungsfaktoren (niedermolekulares Heparin) als<br />
Aspirin. Wenn Sie sich nicht täglich spritzen wollen, wäre<br />
auch Xarelto eine Alternative, allerdings ist dieses<br />
Medikament für diese Indikation nicht zugelassen (Offlabel-use).<br />
Bedenken Sie bitte, dass es unter<br />
Blutgerinnungshemmern in der Höhe aber auch zu<br />
vermehrten Blutungen kommen kann, die ggf. auch im<br />
Auge oder sogar im Gehirn auftreten können.<br />
Wieweit Sie sich von meinen Ausführungen ent- oder<br />
ermutigen lassen, hängt jetzt ein wenig von Ihnen ab. Da<br />
unser Leben an sich sowieso nicht gefahrlos ist, sollte<br />
man vielleicht nicht auf alles verzichten. Und Sie<br />
beabsichtigen ein einzigartiges Erlebnis zu buchen,<br />
wobei Sie völlig korrekt schreiben, dass 4500m keine<br />
extremen Höhen sind. Schließlich wollen Sie ja nicht in<br />
die "Todeszone". Die 4500m sind in den Breitengraden<br />
des Himalajas von den biologischen Auswirkungen her<br />
auch nicht gleich hoch einzuschätzen wie z.B. die<br />
Signalkuppe in der Schweiz.<br />
Quellen:<br />
E. Seidel: Zur Entstehung des Krankheitsbildes der<br />
Thrombose der Vena centralis retinae. GRAEFE'S<br />
ARCHIVE FOR CLINICAL AND EXPERIMENTAL<br />
OPHTHALMOLOGY 1915, Volume 141, Numbers 2-<br />
3,151-155<br />
Karl SE et al.: Radial optic neurotomy versus intravitreal<br />
injection of Avastin for central retinal vein occlusion.<br />
Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft e.V.. 104.<br />
Jahrestagung der Deutschen Ophthalmologischen<br />
Gesellschaft (DOG). Berlin, 21.-24.09.2006<br />
Höhenauswirkungen auf eine ZVT II<br />
Vielen herzlichen Dank für Ihre umfassenden<br />
Ausführungen, welche mich mehr er- als entmutigen,<br />
zumal sich der Zustand meines Auges seit der Avastin-<br />
Spritze stark verbessert hat (Sehkraft wieder bei 70 –<br />
80% gegenüber 30 – 40% unmittelbar vor der Spritze).<br />
Hoffen wir, dass der Effekt andauernd ist, wohl wissend,<br />
dass das Grundübel, die Thrombose, immer noch<br />
vorhanden ist.<br />
Ich verstehe einen Satz von Ihnen nicht: " Die 4500m<br />
sind in den Breitengraden des Himalajas von den<br />
biologischen Auswirkungen her auch nicht gleich hoch<br />
einzuschätzen wie die z.B. Signalkuppe in der Schweiz.“.<br />
FORUM ALPINUM Nr. 3/10 4<br />
Meinen Sie damit, dass sich die 4'500 Meter in Nepal mit<br />
vielleicht 3'500 Meter in der Schweiz vergleichen lassen?<br />
Korrespondenz<br />
Jakob Schlapbach<br />
jakob.schlapbach@bluewin.ch<br />
Antwort der Redaktion<br />
Ja, in etwa so. Unsere Atmosphäre, genauer gesagt die<br />
Troposphäre ist am Äquator ca. 18km und an den Polen<br />
nur etwa 6km dick. Das liegt whs. am Schleudereffekt der<br />
Erdrotation. Daher ist der Sauerstoffpartialdruck in<br />
gleicher Höhe grösser, je näher man dem Äquator<br />
kommt. Damit gibt es auch weniger häufig<br />
höhenassoziierte Erkrankungen als z.B. in unseren<br />
Breiten, wenn man beispielsweise auf 4500m Höhe ist.<br />
Verwendung von Diamox zur Prophylaxe von AMS<br />
Ich habe eine Frage betreffend der Verwendung von<br />
Diamox zur Verhinderung von Höhenkrankheiten.<br />
Gemäss Arzneimittelkompendium gibt es doch einige<br />
Nebenwirkungen wie Schwindel und Übelkeit. Genau<br />
diese Symptome möchte ich jedoch mit Diamox<br />
reduzieren oder verhindern. Von Reisemedizinern und<br />
Intensivmedizinern habe ich bisher verschiedenes gehört.<br />
Es scheint, als gingen die Meinungen zu Diamox relativ<br />
weit auseinander.<br />
Meine Frage ist deshalb: Wie beurteilen sie die Einnahme<br />
von Diamox zur Vermeidung der Höhenkrankheit bei<br />
einer Besteigung des Kilimanjaro?<br />
Korrespondenz<br />
Christoph Wasem<br />
Christoph.Wasem@cslbehring.com<br />
Antwort der Redaktion<br />
Sie haben Recht, Diamox hat zu Beginn der Behandlung<br />
unerwünschte Arzneimittelwirkungen wie Parästhesien,<br />
leichte gastrointestinale Beschwerden, Müdigkeit,<br />
Schwindel und Kopfschmerzen. All das kann Ihnen<br />
natürlich auch durch höhenassoziierte Erkrankungen<br />
passieren. Die Kernfrage ist, warum diese<br />
Nebenwirkungen bei Diamox auftreten und warum<br />
selbige Symptome bei Höhenkrankheiten erscheinen. Die<br />
Ursachen sind eben unterschiedlich.<br />
Durch Diamox entsteht ein Verlust von Natrium, Kalium<br />
und Bikarbonat über den Urin, was letztendlich zu einer<br />
Stoffwechselentgleisung führen kann, die man<br />
hyperchlorämische Azidose nennt. Dies führt unter<br />
anderem zu den o.g. Nebenwirkungen.<br />
Die akute Bergkrankheit (AMS) und das Höhenhirnödem<br />
(HACE) rühren jedoch von einer allmählichen<br />
Schwellung des Gehirns her. Diese Schwellung ist die<br />
Folge eines verminderten Sauerstoffgehaltes im Blut, was<br />
wiederum zu einer Weitstellung und Undichtigkeit der<br />
Hirnblutgefässe führt. Dies versucht man im<br />
Anfangsstadium mit Diamox zu verhindern, da das<br />
Medikament zu einer verstärkten Atmung führt, wodurch
dem Körper auch mehr Sauerstoff pro Zeiteinheit<br />
zugeführt wird.<br />
Die Schweizerische Gesellschaft für Gebirgsmedizin<br />
(SGGM) empfiehlt keine prophylaktische Einnahme von<br />
Diamox. Bei leichten Formen der AMS ist die Einnahme<br />
durchaus sinnvoll. Bei schweren Formen der AMS und<br />
erst recht beim HACE ist Diamox wirkungslos.<br />
Wenn man an einer AMS leidet, ist das immer ein<br />
Zeichen unzureichender Akklimatisation. Man sollte in<br />
einem solchen Fall nicht weiter aufsteigen und bei<br />
Verschlechterung der Problematik unbedingt absteigen.<br />
Wenn ein HACE vorliegt, helfen in der Regel nur<br />
Dexamethason und der sofortige Abtransport nach unten.<br />
Verwendung von Diamox zur Prophylaxe von AMS II<br />
Herzlichen Dank für Ihre ausführliche Antwort.<br />
Das Problem bei der Besteigung des Kilimanjaro ist in<br />
der Tat die fehlende Akklimatisation. Der Tour-<br />
Veranstalter rechnet keine Akklimatisation ein, d.h. es<br />
besteht ein fixes Tagesprogramm, ohne auf einer<br />
bestimmten Höhe einen Tag dazwischen zu schalten.<br />
Dann stellt sich natürlich die Frage, welche Anzeichen<br />
genau auf eine AMS hindeuten und Diamox verwendet<br />
werden kann, und welche Anzeichen eindeutig auf ein<br />
HACE hindeuten. Kopfschmerzen wird man ja wohl<br />
sowieso ein wenig haben, da man sich die Umstände<br />
nicht gewohnt ist. Bei welchen Anzeichen ist ein HACE<br />
gegeben, resp. ein sofortiger Abstieg angebracht? Oder in<br />
anderen Worten, welches ist der Unterschied zwischen<br />
AMS und HACE?<br />
Korrespondenz<br />
Christoph Wasem<br />
Christoph.Wasem@cslbehring.com<br />
Antwort der Redaktion<br />
Schade, dass Ihr Veranstalter nicht auf eine<br />
Akklimatisationstaktik eingeht. Nun ja, das liegt sicher an<br />
dem enorm hohen Konkurrenzdruck, der unter den<br />
Anbietern herrscht. Wir wollen aber die ethischen<br />
Aspekte hier aus dem Spiel lassen. Was Sie interessiert,<br />
ist ja die medizinische Problematik.<br />
Eine AMS beinhaltet obligat den Kopfschmerz. Weitere<br />
Symptome sind Magen-Darm-Beschwerden, Müdigkeit<br />
und Schwäche, Schwindel und Schlafstörungen - wie<br />
gesagt: alles Symptome, die auch durch Diamox<br />
hervorgerufen werden können. Aber, wie auch schon<br />
bemerkt, es liegt eine andere Ursache zugrunde. Sie<br />
haben die Möglichkeit, die Ausprägung der AMS zu<br />
quantifizieren, indem Sie den Lake-Louise-Score<br />
anwenden (Anhang).<br />
Ein HACE diagnostizieren Sie nicht mehr an sich<br />
selber... Das will heissen, Sie haben bereits eine so<br />
ausgeprägte Hirnschwellung, dass die neurologische<br />
Funktion beeinträchtigt ist und Sie völlig ataktisch sind<br />
(Koordinationsprobleme). Ihre bedrohliche Situation<br />
können Sie dann nicht mehr adäquat einschätzen -<br />
höchste Zeit, Sie nach unten zu bringen. Auch bei<br />
korrekter Therapie kann ein HACE tödlich enden.<br />
Behandlung/ Vorbeugung der Höhenkrankheit<br />
Sehr geehrter Herr Kollege<br />
Ich bin Ihnen dankbar, wenn Sie mich bezüglich<br />
Behandlung/ Vorbeugung der Höhenkrankheit im<br />
folgenden Fall beraten würden:<br />
Es handelt sich um einen 51 jährigen, gut trainierten und<br />
abgesehen einer moderaten Hyperlipidämie internistisch<br />
gesunden Mann. Er plant in 2 Wochen einen 5-6 Tage<br />
dauernden Aufenthalt in 4500 m Höhe als Basislager, von<br />
dort werden Tagestouren unternommen. Einen Aufenthalt<br />
im Himalaja letztes Jahr hat er ohne Zwischenfälle<br />
absolviert.<br />
Korrespondenz<br />
Gerold Honegger<br />
g.honegger@hofweissbad.ch<br />
Antwort der Redaktion<br />
Sehr geehrter Herr Kollege Honegger<br />
Prinzipiell empfielt die SGGM keine medikamentöse<br />
Prophylaxe, wenn man sich stattdessen akklimatisieren<br />
kann. 4500m reichen in jedem Fall für alle<br />
Eventualitäten höhenmediziníscher Erkrankungen.<br />
Höhenkrankheit ist hierbei ein weit gefasster Begriff,<br />
unter welchem wir verschiedene Krankheiten<br />
unterschiedlicher Organsysteme und Symptome verstehen<br />
(AMS, HACE, HAPE, HARH, periphere Ödeme usw.). All<br />
diese Erkrankungen haben zwar die gleiche Ursache,<br />
nämlich die hypobare Hypoxie, aber die Therapie richtet<br />
sich nach betroffenem Organ und Schweregrad.<br />
Wir empfehlen, sich in grossen (bis 5300m) bis extremen<br />
Höhen (>5300m) gegen alle Eventualitäten abzusichern,<br />
da man sich hier erstens nicht mehr akklimatisieren<br />
können und zweitens eine schnelle Rettung (Helikopter)<br />
schwierig wird.<br />
Wenn sich Ihr Patient mit Medikamenten eindecken<br />
möchte, sollte er genau über die Symptome und Therapie<br />
der unterschiedlichen höhenbedingten Erkrankungen<br />
Bescheid wissen. Entsprechende Literatur finden Sie in<br />
unserem Journalarchiv unter<br />
www.sggm.ch/de/forum-alpinum/archiv.html<br />
Natürlich brauchen Sie nicht von allen Medikamenten<br />
eine Packung pro Person. Folgende Präparate sind<br />
empfehlenswert:<br />
Ein Set zusammen mit den üblichen Rucksackapotheken<br />
auf mehrtägigen Touren und Gruppen >3 Personen:<br />
-10 Tbl. Acetylsalicylsäure (ASS) 300mg: bei lokalen<br />
Erfrierungen oder<br />
-Pentoxyfyllin (Trental®): bei lokalen Erfrierungen<br />
-BepanthenPlus® Crème: Wunddesinfektion<br />
-Bepanthen® Nasensalbe: entzündete Augen/Nase<br />
FORUM ALPINUM Nr. 3/10 5
-5 Xylometazolin-Einzelpipetten: verstopfte Nase<br />
-5 Drg. Metoclopramid(Paspertin®): Übelkeit/Erbrechen<br />
-1 x Sam-Splint®: Frakturen, Gelenkverletzungen<br />
-Sportgel oder –Pflaster (Dolobene®): Prellungen und<br />
Verstauchungen<br />
-Sonnenschutz Crème/-Spray/ -Lipstick: SF +30<br />
„Höhen-Medikamente“<br />
-10 Tbl. Acetacolamid (Diamox®): akute Bergkrankheit<br />
-10 Tbl. Nifedipin (Adalat® 10): Höhenlungenödem oder<br />
-10 Tbl. Sildenafil (Viagra®): Höhenlungenödem<br />
-5 Tbl. Dexamethason 4mg (Fortecortin®):<br />
Höhenhirnödem und<br />
-5 Amp. Dexamethason 8mg: Höhenhirnödem inklusive<br />
2ml-Spritzen, Kanülen (blau), Alkoholtupfer<br />
Eine gut eingestellte Hyperlipidämie per se stellt kein<br />
grösseres Risiko in der Höhe dar, wenn nicht bereits<br />
Endorganerkrankungen bestehen. Falls Sie<br />
weiterreichende Fragen haben, können Sie uns gerne<br />
wieder kontaktieren.<br />
Trittunsicherheit beim Skyrace<br />
Ich bin ein regelmässiger Läufer, habe im April den<br />
Zürich Marathon in 3:27 absolviert und fühle mich<br />
grundsätzlich in guter Gesundheit. Am Sonntag habe ich<br />
am Skyrace von Val Malenco (I) nach Poschiavo (CH)<br />
teilgenommen. Und zwar bin ich, wohnhaft in Uitikon-<br />
Waldegg auf 560 m.ü.M., am Freitag spätabends nach<br />
Poschiavo gereist (1000 m.ü.M.) und dann am Sonntag<br />
an den Start in Lanzada auch 1000 m.ü.M. Von dort ging<br />
es in 20 km rauf auf den Pass 2620 m.ü.M. und dann in<br />
weiteren 10 km wieder runter nach Poschiavo auf 1000<br />
m.ü.M.<br />
Beim Aufstieg, ca. auf Höhe 2000 m.ü.M. wurde mein<br />
Tritt unsicherer, kurz darauf habe ich dann meine Frau<br />
gebeten vorauszugehen. So, bin ich "nur noch Ihren<br />
Schuhen gefolgt", dabei ging es besser. Aber in den<br />
Momenten wo ich Ihr nicht folgen konnte fühlte ich mich<br />
ziemlich unsicher, ängstlich, weil ich die Dritte<br />
Dimension nicht mehr hatte. So wusste ich im steinigen<br />
Gelände nicht so recht wo ich meinen Fuss aufsetzen<br />
sollte. Pulsmässig war nach meiner Einschätzung alles<br />
ok. Nach einer kurzen Pause, fühlte ich mich sofort<br />
besser. Doch die Kombination, kurzfristige Anreise,<br />
Anstrengung und Höhenluft, ist nach meiner<br />
Eigeneinschätzung die Ursache (Wenig trinken, denke<br />
ich kann ich ausschliessen). Dem möchte ich nun<br />
nachgehen und zwar am liebsten mit einem Spezialarzt.<br />
Ich hatte in der Vergangenheit bereits diverse Sporttests/<br />
Leistungsdiagnostik gemacht, dabei war immer alles in<br />
Ordnung.<br />
Ich bin in Uitikon-Waldegg wohnhaft und arbeite in<br />
Horgen. Gibt es einen "Bergarzt" hier in der Umgebung.<br />
Oder sollte ich dazu eher ins Gebirge?<br />
FORUM ALPINUM Nr. 3/10 6<br />
Korrespondenz<br />
H. Windegger<br />
hubi.windegger@uitikon.ch<br />
Antwort der Redaktion<br />
Falls Sie Interesse an einem Mediziner haben, der sich in<br />
Höhenfragen auskennt, so kann ich Ihnen in Ihrer<br />
Gegend Herrn Dr. Walter Pfeifhofer (Parkstrasse 2, 6410<br />
Goldau) empfehlen.<br />
So wie Sie es beschreiben, sind Sie bei bester Gesundheit<br />
und Ihre Problematik hängt whs. tatsächlich mit der<br />
dünner werdenden Luft in der Höhe zusammen (auch<br />
wenn wir bis 2500m nur von mittleren Höhen sprechen).<br />
Ihre gute Gesundheit kann man daraus schliessen, dass<br />
Sie den Marathon in Zürich absolviert haben. Menschen<br />
mit ernsthaften gesundheitlichen Problemen sind hierzu<br />
nicht in der Lage.<br />
Es ist auch nicht das Gleiche, ob man im Flachland oder<br />
auf gut geebneten Wegen eine solche sportliche<br />
Höchstleistung vollbringt oder auf steinigen<br />
Holperwegen. Der Misstritt lauert hier überall. Falls es<br />
sich also um solche Wege gehandelt haben sollte, wäre es<br />
nicht verwunderlich, wenn Sie Koordinationsprobleme<br />
hatten.<br />
Können Sie andere Informationen liefern: Alter,<br />
Medikamenteneinnahme usw.? Kopfschmerzen hatten Sie<br />
wohl keine, wie ich Ihrer Mail entnehme.<br />
Acetazolamid – Pro und Contra<br />
Liebe Kollegen,<br />
im Frühjahr durfte ich im Team den Kilimanjaro<br />
besteigen. Von 15 erfolgreichen Besteigern hatten 8<br />
Kopfschmerzen und 7 hatten keine Kopfschmerzen. Von<br />
den letzteren 7 nahmen 2 Bergsteiger 2x 1/2 Tbl.<br />
Acetazolamid zu 250mg täglich während der Besteigung<br />
ein. Auch ich selbst nahm Acetazolamid. Ich litt nicht an<br />
Kopfschmerzen, jedoch unter nächtlicher Pollakisurie,<br />
und damit unter einem gestörten Schlaf. Meines Wissens<br />
sind Kopfschmerzen ein obligatorisches Symptom für die<br />
Diagnose AMS.<br />
Meine Fragen lauten:<br />
Kann auch bei fehlenden Kopfschmerzen, jedoch bei<br />
anderen Symptomen wie Dysurie oder Insomnie von<br />
AMS gesprochen werden?<br />
Ist häufiges Wasserlösen nachts eine gut bekannte NW<br />
von Acetazolamid? Wenn ja, überwiegen die Nachteile<br />
und Nebenwirkungen von Acetazolamid die günstige<br />
präventive Wirkung?<br />
Mit freundlichen Grüssen<br />
Bernhard Blum<br />
Korrespondenz<br />
Dr. med. Bernhard Blum<br />
blum.bernhard@gmail.com
Antwort der Redaktion<br />
Lieber Herr Kollege Blum<br />
Danke für Ihre Anfrage. Zu Ihren Fragen:<br />
1. Da die AMS von einer Blutzunahme im Schädel und<br />
damit einer Schwellung der weißen Substanz herrührt, ist<br />
der Kopfschmerz ein obligates Symptom. Ohne<br />
Kopfschmerz keine AMS.<br />
2. Dass Sie eine Pollakisurie unter Acetazolamid hatten,<br />
leuchtet ein. Schließlich handelt es sich ja um ein<br />
Diuretikum, welches eine alkalische Diurese verursacht.<br />
Als Indikation geben die Hersteller unter anderem<br />
Ödeme unterschiedlicher Genese an (Diamox). Häufiges<br />
und auch vermehrt nächtliches Wasserlösen ist bekannt.<br />
3. Ob die Nachteile überwiegen, sollte man von Fall zu<br />
Fall abwägen. Das Medikament ist sowieso nur für<br />
leichte Formen der AMS ratsam. Gegen HACE, HAPE,<br />
HARH hilft es nicht. Die SGGM empfiehlt keine<br />
medikamentöse Prophylaxe von Höhenkrankheiten<br />
sondern nur die Therapie.<br />
Liebe Grüsse von Eckehart Schöll<br />
Höhenprobleme bei Kindern im Vorschulalter<br />
Ich möchte mit meinem 4 jährigen Sohn in größerer Höhe<br />
Bergwandern. Wir leben auf 3400 m und sind bis zu<br />
dieser Höhe gut akklimatisiert (98%-ige<br />
Sauerstoffkapazität im Blut). Vier kleinere Ausflüge in<br />
größere Höhen haben sehr gut geklappt (Besuch bei<br />
Freunden auf 4000 Meter, beim 2. Mal mit kleinem<br />
Fußballspiel, Fahrt auf 4700 Meter mit 20-minütiger<br />
Wanderung, Fahrt auf 4700 Meter mit 2-stündigem<br />
Aufstieg um 150 Höhenmeter).<br />
Ich möchte gerne häufiger am Fuße des Berges, also um<br />
4700 Meter, wandern. Da man ja nicht ohne weiteres die<br />
Erkenntnisse der Höhenanpassung der Erwachsenen auf<br />
Kinder übertragen kann, stelle ich mir die Frage nach<br />
Sicherheitsvorkehrungen. Ich dachte daran, mit<br />
stündlichen Oxymeter-Messungen auszuschließen, in<br />
Sauerstoffunterversorgung zu kommen. Sprich: bei einem<br />
Erreichen eines Wertes von 90% O2 im Blut abzubrechen<br />
(6% Reserve zu kritischen O2-Werten ab 84%). Kann<br />
man dadurch ernste Höhenprobleme ausschließen, oder<br />
ist das Auftreten von HAPE und HACE nicht nur von der<br />
O2-Versorgung des Blutes abhängig?<br />
Sollten diese Tageswanderungen gut klappen, würde ich<br />
auch ab und an in dieser Höhe in einer Berghütte<br />
übernachten wollen. Es gilt ja die Regel ab 2500 Metern<br />
pro Nacht nicht mehr als 500 Höhenmeter höher schlafen,<br />
so wie ich das verstanden habe, für Personen, die auf<br />
normalen Höhen zwischen 0 und 1000 leben. Da wir<br />
schon auf 3400 m akklimatisiert sind, könnten wir bei<br />
4700 mit der ersten Übernachtung beginnen, oder darf<br />
man die akklimatisierten 3400 m nicht einer Basishöhe<br />
gleichsetzen, ähnlich der 0 bis 1000, von der man dann<br />
ertmal einen größeren Sprung bis 2500 machen kann?<br />
Schöne Grüße Kano<br />
Diese Frage hat uns über unser Internetforum erreicht:<br />
www.forum-alpinum.ch/de/forum<br />
Antwort der Redaktion<br />
Hallo Kano<br />
Sie kennen sich bereits sehr gut mit der<br />
höhenmedizinischen Problematik aus. Offensichtlich<br />
wissen Sie auch, dass mit zunehmender Höhe die<br />
Sauerstoffsättigung im Blut sinkt. Da geht es den Kindern<br />
natürlich ebenso wie den Erwachsenen. Kinder -<br />
insbesondere kleine Kinder - können aber<br />
gesundheitliche Probleme nicht so akzentuiert angeben<br />
wie Erwachsene. Vielleicht erscheint Ihr Bub dann<br />
einfach nur lustlos; er wird Ihnen sicher nicht sagen:<br />
"Mama, ich habe gerade einen Leistungsknick...".<br />
Allerdings können Sie davon ausgehen, dass er bei<br />
Beschwerdefreiheit völlig normal spielen wird. Also<br />
Fussballspielen ist da schon mal ein gutes Zeichen. Die<br />
Oxymetermessungen sind hierbei zwar ein nettes<br />
Accessoire, bringen aber nicht mehr als die klinische<br />
Beobachtung. Das Auftreten einer tieferen<br />
Sauerstoffsättigung als bei anderen Probanden auf<br />
gleicher Höhe führt nicht zu einem stärkeren Auftreten<br />
von AMS, HAPE oder HACE. Hin und wieder haben<br />
diese Probanden dann sogar weniger Beschwerden, weil<br />
sie einen stärkeren Atemantrieb haben (hypoxic<br />
ventilatory response, HVR). Aber natürlich ist die<br />
Ursache aller höhenassoziierten Erkrankungen<br />
letztendlich die Sauerstoffarmut im Blut, respektive die<br />
Antwort unseres Körpers darauf.<br />
Ich vermute mal, dass Sie irgendwo in Südamerika leben<br />
und wie Sie ja auch völlig richtig bemerken, sind Sie und<br />
Ihr Sohn gut an diese Höhe angepasst. Ab hier müssen<br />
Sie sich dann aber wieder akklimatisieren, wenn Sie in<br />
die Höhe gehen. Vorsichtige Empfehlungen geben einen<br />
maximalen Höhenzuwachs von 300m/Tag an, andere<br />
500m/Tag. In Ihrem Fall läge damit die erste<br />
Übernachtung bei 3900m und die nächste bei 4400m,<br />
falls Sie länger oben bleiben wollen. Tagesausflüge<br />
müssen sich natürlich nicht an diese Reglementierung<br />
halten, wenn man wieder auf die Ausgangshöhe<br />
zurückkehrt.<br />
Prinzipiell kann man sagen, dass Sie in Äquatornähe<br />
symptomfrei höher gehen können als z.B. in Nähe der<br />
Pole. Das liegt an der unterschiedlichen Dichte der Luft<br />
infolge unterschiedlicher Höhe der Troposphäre (18km<br />
vs. 8km).<br />
Also, gehen Sie mit Ihrem Sohn unter den o.g.<br />
Vorsichtsmassnahmen in die Höhe, solange er sich wohl<br />
fühlt. Bei Unwohlsein gehen Sie bis zum Beweis des<br />
Gegenteiles von einem Höhenproblem aus und kehren<br />
nach unten zurück.<br />
Falls Sie weitere Fragen haben, zögern Sie nicht, uns<br />
wieder zu kontaktieren.<br />
FORUM ALPINUM Nr. 3/10 7
Einleitung<br />
Ob man Kinder in die Höhe mitnehmen soll oder nicht, wird<br />
immer noch kontrovers diskutiert und die Palette der<br />
Empfehlungen geht vom streng erhobenen Drohfinger bis<br />
zur ekstatischen Befürwortung solcher Unternehmen. Alle<br />
sind sich jedoch einig, die Kinder nicht in<br />
gesundheitsgefährdende Zustände in Form einer schweren<br />
Bergkrankheit oder eines Höhenödems zu bringen.<br />
Die akute Bergkrankheit (ABK) als mildeste Form der<br />
höhenbedingten Erkrankungen des Menschen tritt auf ab<br />
Höhen von 2500m. Sie besteht aus einem Symptomkomplex,<br />
welcher einem „Alkohol hangover“ sehr nah kommt. Sie<br />
äussert sich mit Kopfschmerzen, Appetitverlust, Uebelkeit<br />
oder Erbrechen, Schwäche, Schwindel und Schlafstörungen.<br />
Die Symptome treten innert vier bis 36 Stunden nach<br />
Höhenexposition auf. Diese akute Erscheinung ist bei<br />
Erwachsenen gut untersucht, doch existieren kaum Daten bei<br />
Kindern und Jugendlichen, insbesondere im Vergleich zu<br />
Erwachsenen.<br />
Aufgrund bisheriger Untersuchungen mit Kindern ist die<br />
Häufigkeit der Höhenkrankheiten bei der noch wachsenden<br />
Population nicht unterschiedlich von derjenigen bei<br />
Erwachsenen. Zwei Untersuchungen in den Rocky<br />
Mountains haben sogar Kleinkinder zwischen 3 Monaten<br />
und 3 Jahren auf einer Höhe von 2800m untersucht. Für die<br />
Erfassung der Höhenkrankheit wurde ein speziell<br />
entwickelter Fragebogen für noch nicht sprachfähige Kinder<br />
entwickelt. Kinder und ihre Eltern erkrankten gleich häufig,<br />
einer auf 5 war krank. Eine Untersuchung auf 3450m Höhe<br />
erfasste die Häufigkeit der ABK im Alter von 10 bis 16<br />
Jahren. Ein Drittel der Kinder und Jugendlichen und auch<br />
der Erwachsenen erkrankten irgendwann während des<br />
dreitägigen Höhenaufenthaltes an einer ABK. Die Zahl war<br />
am höchsten am ersten Tag, 6-8 Stunden nach Ankunft<br />
(25%), und ging stetig zurück am Tag 2 (21%) und Tag 3<br />
(8%).<br />
Zur Erfassung der Höhenkrankheit dienen spezifische<br />
Fragebogen, welche die einzelnen Symptome und Zeichen<br />
der Höhenkrankheit erfassen. Der Lake Louise Score (LLS)<br />
ist der am häufigsten gebrauchte Fragebogen, der auch bei<br />
älteren Kindern ohne Probleme angewendet werden kann.<br />
Für jüngere Schulkinder kann eine adaptierte Version des<br />
LLS für Erwachsene angewandt werden. Letzterer verwendet<br />
eine kindsgerechte Sprache und integriert Smileys, um die<br />
Kinder in der Definition der Symptome zu unterstützen. Ob<br />
dieser Fragebogen jedoch den wissenschaftlichen Kriterien<br />
von Validität und Reliabilität genügt und vergleichbar mit<br />
dem Erwachsenen-Fragebogen ist, wurde bisher nicht<br />
untersucht.<br />
Immer wieder wird nach einfachen klinischen Tests gesucht,<br />
welche die ABK voraussagen oder diagnostizieren können.<br />
Für die ABK ist dies bisher nicht gelungen. Als einzige klare<br />
Prädiktoren gelten die persönliche Anfälligkeit für die ABK<br />
(also eine schon mal durchgemachte ABK), die erreichte<br />
Höhe und die Geschwindigkeit des Anstiegs. Es wurde<br />
bisher nicht untersucht, ob die subjektive Schmerzsensibilität<br />
möglicherweise mit der ABK korreliert. Die<br />
Sauerstoffsättigung wurde immer wieder untersucht<br />
hinsichtlich ihres Zusammenhangs mit der ABK, es konnte<br />
FORUM ALPINUM Nr. 3/10 8<br />
Gehören Kinder in die Höhe?<br />
Moritz Flubacher, Melanie Keller, Susi Kriemler<br />
jedoch in den die meisten Studien kein Zusammenhang<br />
gefunden werden.<br />
Aufgrund dieser wissenschaftlichen Lücken haben wir eine<br />
Untersuchung an einem grossen Kollektiv Schweizer<br />
Familien durchgeführt, um das Auftreten der ABK auf<br />
3500m zu untersuchen. Diese Untersuchung wurde vom<br />
BASPO, von der SGGM und vom SAC unterstützt.<br />
Methodik<br />
Zwischen 2005 und 2009 wurden drei Studienarme über das<br />
Auftreten und die Symptome der akuten Höhenkrankheit<br />
durchgeführt und die Daten zu einer Studie zusammengelegt.<br />
Diese Studie ist mit einer Gesamtstudienpopulation von 87<br />
Kindern, 70 Jugendlichen und 155 Erwachsenen die grösste,<br />
die in diesem Rahmen bisher durchgeführt wurde. Studie 1<br />
(2005) und 2 (2007) wurden in der Forschungsstation auf<br />
dem Jungfraujoch (3450m) durchgeführt, Studie 3 (2009) auf<br />
der Mönchsjochhütte (3650m). Zur Erfassung der<br />
Höhenkrankheit verbrachten die Probanden mindestens eine<br />
Nacht in der Höhe und mussten am ersten Tag, 6-8 Stunden<br />
nach Ankunft und am Morgen des zweiten Tages am<br />
Morgen, 20-22 Stunden nach Ankunft die<br />
Erwachsenenversion sowie die Kinderversion des LLS<br />
ausfüllen und sich verschiedenen medizinischen Tests<br />
unterziehen. Es wurde ein Kaltwassertest durchgeführt, um<br />
die Schmerztoleranz zu messen. Die Probanden hielten dabei<br />
jeweils die nicht-dominante Hand solange in 5° C kaltes,<br />
zirkulierendes Wasser, bis sie den Test freiwillig abbrechen<br />
mussten oder die Maximalzeit von vier Minuten erreicht<br />
hatten. Weiter fand ein klinischer Test statt, welcher zwei<br />
Gleichgewichtstests (Romberg-Test und Strichgang), sowie<br />
eine Untersuchung auf Ödeme beinhaltete. Am Abend, bevor<br />
die Probanden zu Bett gingen und am folgenden Morgen<br />
wurde jeweils die Sauerstoffsättigung pulsoximetrisch<br />
gemessen.<br />
Resultate<br />
Während den drei Perioden konnten 87 vorpubertäre Kinder,<br />
70 pubertäre Jugendliche und 155 Erwachsene untersucht<br />
werden. Da kein Unterschied im Auftreten der ABK<br />
zwischen den Geschlechtern und den drei<br />
Studienzeitpunkten bestand, wurden die Daten<br />
zusammengelegt.<br />
Schweregrad und Prävalenz<br />
Abbildung 1 zeigt den Schweregrad und Abbildung 2 die<br />
Prävalenz der ABK am Tag 1 und Tag 2 auf 3450-3650m<br />
Höhe in den drei Alterskategorien. Die Darstellungen zeigen,<br />
dass Kinder am Tag 1 signifikant weniger krank waren als<br />
die älteren Gruppen. Der Schweregrad der ABK sowie die<br />
Prävalenz gingen bei den Jugendlichen und Erwachsenen<br />
signifikant zurück, während bei den Kindern nur eine<br />
Tendenz ersichtlich war. Beide Fragebogen stimmten in ihrer<br />
Aussage sehr gut überein. Die Prävalenz der ABK über die<br />
gesamte Population betrug 21.5% an Tag 1, 14.1% an Tag 2<br />
und 29.2% kumuliert über beide Messzeitpunkte.
Tabelle 1 Schweregrad der akuten Bergkrankheit bei Kindern (n=87), Jugendlichen (n=70) und<br />
Erwachsenen (n=155) über 24 Stunden auf 3500m Höhe<br />
Kinder 3.1 ± 2.2 aa<br />
Lake Louise Score<br />
Fragebogen Erwachsene<br />
Tag 1 Tag 2 Tag 1 Tag 2<br />
Jugendliche 3.9 ± 2.4 2.6 ± 2.1 bb<br />
Erwachsene 4.1 ± 2.1 3.3 ± 2.3 bb<br />
2.7 ± 2.4 3.1 ± 2.0 aa<br />
Lake Louise Score<br />
Fragebogen Kinder<br />
2.8 ± 2.4<br />
3.9 ± 2.3 2.9 ± 2.2 bb<br />
4.2 ± 1.9 3.3 ± 2.2 bb<br />
Werte in Durschnitt ± SD, aa p
Sauerstoffsättigung.<br />
Es konnte kein Zusammenhang zwischen der<br />
Sauerstoffsättigung und der ABK gefunden werden<br />
(Abbildung 5). Die SO2-Werte am Tag 2 waren signifikant<br />
tiefer als am Tag 1, obwohl der Schweregrad sowie die<br />
Prävalenz der ABK tiefer lagen als am Vortag.<br />
Abbildung 3.<br />
Kaltwassertest im<br />
Tiefland sowie in der<br />
Höhe. Bei den Werten<br />
handelt es sich um<br />
Mittelwerte (95%<br />
Konfidenzintervall) der<br />
Zeit in 5-grädigem<br />
Wasser. *** p
Abbildung 5. Sauerstoffsättigung am Abend von Tag 1 und am Morgen von Tag 2. *p
sehr gut verständlich ist. Andererseits haben die Kinder<br />
gemeldet, dass sie den Kinderfragebogen sehr viel „cooler“<br />
finden.<br />
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass<br />
1. Kinder die Höhe tendenziell besser ertragen als<br />
Erwachsene<br />
2. zirka ein Drittel aller Kinder eine leichte bis moderate<br />
ABK nach raschem Anstieg auf 3500m erleiden.<br />
3. sich die Symptome in den allermeisten Fällen spontan<br />
über die ersten zwei Tage zurückbilden<br />
4. es jedoch Einzelfälle von schweren höhenbedingten<br />
Erkrankungen gibt, die eines sofortigen Abstiegs und<br />
einer Therapie bedürfen.<br />
5. das subjektive Schmerzempfinden und die<br />
Sauerstoffsättigung schlechte Prädiktoren für die<br />
Entstehung oder Diagnose der ABK sind.<br />
Wir danken der SGGM nochmals ganz herzlich für die<br />
grosszügige finanzielle Unterstützung, welche diese Studie<br />
möglich gemacht hat.<br />
Korrespondenz<br />
PD Dr. med. Susi Kriemler<br />
FMH Pädiatrie und Sportmedizin<br />
Swiss Tropical and Public Health Institute (STPH)<br />
Socinstrasse 59<br />
CH – 4002 Basel<br />
susi.kriemler@unibas.ch<br />
SAC Buch Gebirgs- und Outdoormedizin<br />
Nach über einem Jahr intensiver und ehrenamtlicher Arbeit ist das Buch<br />
"Gebirgs- und Outdoormedizin" diesen Sommer im SAC Verlag erschienen.<br />
Es haben dabei 26 Autoren mitgeschrieben, die meisten stammen aus dem<br />
Kreis der SGGM. Das Buch wurde primär als Grundlage für die zahlreichen<br />
Laienkurse in Gebirgs- und Rettungsmedizin konzipiert und<br />
zusammengestellt. Viele dieser Kurse werden in Zusammenarbeit mit dem<br />
SAC durchgeführt.<br />
Im Vorstand wurde beschlossen, dass jedes interessierte Mitglied der SGGM<br />
ein Exemplar gratis erhalten soll.<br />
Einerseits sind wir daran interessiert, dass das Buch einem möglichst breiten<br />
Publikum vorgestellt werden kann, andererseits hoffen wir, dass allenfalls<br />
vorhandene Fehler oder Verbesserungsmöglichkeiten von Euch entdeckt und<br />
an uns weitergemeldet werden (bitte an A. Brunello, M. Walliser oder U.<br />
Hefti). So hoffen wir, die nächste Auflage, die wahrscheinlich schon in den<br />
nächsten 1-2 Jahren ansteht, weiter zu verbessern.<br />
Damit nicht unnötig Ressourcen verbraucht werden, möchten wir alle<br />
interessierten SGGM-Mitglieder einladen, das Buch „Gebirgs- und<br />
Outdoormedizin“ gratis beim Sekretariat SGGM zu bestellen:<br />
sekretariat@forum-alpinum.ch<br />
Die Arbeiten sind aber noch nicht abgeschlossen. Die französische<br />
Übersetzung ist im Gang, die italienische und möglicherweise auch eine<br />
englische Übersetzung werden folgen. Unser Ziel ist es, eine in der ganzen<br />
Schweiz einheitlich anwendbare Ausbildungsgrundlage für Berg- und<br />
Rettungsmedizinische Kurse zu haben. Leider ist die Finanzierung dieser<br />
geplanten Übersetzungen noch nicht gesichert und es erwartet uns noch eine<br />
Menge Arbeit. Falls sich mehrsprachige (und freiwillige)<br />
Gesellschaftsmitglieder finden, die uns bei den Übersetzungsarbeiten<br />
unterstützen möchten, meldet Euch doch bei den Koordinatoren (Alex<br />
Kottmann für die französische, Anna Brunello für die italienische und<br />
Martin Walliser für die englische Übersetzung). Für alle anderen, die das<br />
Übersetzungsprojekt zwar nicht sprachlich, aber finanziell unterstützen möchten, legen wir beim Buchversand einen<br />
Einzahlungsschein bei. Wir freuen uns über jede Unterstützung!<br />
Wir hoffen, Euch möglichst zahlreich an der nächsten SGGM Jahresversammlung im Anschluss an die 6. Schweizer<br />
Bergrettungsmedizintagung in Interlaken am 13.11.2010 anzutreffen.<br />
Walliser Martin, Anna Brunello und Urs Hefti (in Vertretung des Vorstandes der SGGM)<br />
Korrespondenz:<br />
Anna Brunello: brunelloa@hotmail.com<br />
Martin Walliser: walli@spin.ch<br />
Urs Hefti: urshefti@bluewin.ch<br />
Alex Kottmann: alex.kottmann@me.com<br />
FORUM ALPINUM Nr. 3/10 12
Porträt Susi Kriemler Wiget<br />
Susi, du hast dir als Höhenforscherin international einen Namen gemacht und mit Höhen- und Sportmedizin eine Habilitation erreicht.<br />
Wie jung bist du? 49 - jährig<br />
Wie viele Kinder hast du? Sophie und Tom<br />
Wie viele Lebenspartnerschaften bist du eingegangen? Eine<br />
Was hat dich das Altern gelernt? Die Welt ist wunderbar und grausam zugleich<br />
Was hat dich an deinen Wohnort gebracht? Da ich 6 Jahre Dienst machen musste im Triemlispital und in 15 Minuten im Spital sein musste,<br />
habe ich in Uitikon ein Haus bezogen<br />
Wo fühlst du dich zu Hause, wo ist für dich Heimat? Dort wo es gemütlich ist<br />
Bist du „genetisch“ belastet, waren deine Eltern Ärzte, eventuell Bergärzte? Weder noch<br />
Werden deine Kinder Ärzte? Hoffentlich nicht, da mir die gesamte Entwicklung des ärztlichen Berufsstandes nicht gefällt<br />
Wann hast du mit höhenmedizinischer Forschung begonnen? Als Medizinstudentin habe ich 23-jährig unter Oswald Oelz eine<br />
Dissertation begonnen<br />
Wann und wie hast du deine Liebe zu den Bergen entdeckt? Von meinen Eltern habe ich als Maturageschenk eine Wanderung mit<br />
Bergführer um die Monte Rosa bekommen. Das hat mich sehr beeindruckt. So habe ich später mit dem ASVZ Skitouren und Lager gemacht,<br />
was mich dann zu Oswald Oelz geführt hat.<br />
Was ausser Berge ist noch dein Hobby? Sport allgemein, aber am liebsten Outdooraktivitäten; Biken, Joggen, Wandern und Schwimmen<br />
Wer wäre für dich ein Vorbild für einen Höhenforscher? Peter Bärtsch<br />
Welches ist dein bergmedizinisch grösster Erfolg? Als Medizinstudentin habe ich während eines Trekkings erreicht, dass ein Nepali mit<br />
Darmblutung vom Berg ausgeflogen und so gerettet werden konnte<br />
Welches ist dein bergmedizinisch grösster Misserfolg? Mitansehen zu müssen wie unvernünftige Eltern ihre Kinder auf dem Rücken in<br />
Tragsäcken mitnehmen, wenn sie auf Gletschern Skifahren.<br />
Weibliche, Schweizer Höhenforscherinnen sind mir nur zwei bekannt, du bist eine davon. Bist du in dieser Männerdomäne aufgrund<br />
deines Geschlechtes benachteiligt worden? Nur indirekt, durch die Pflichten als Mutter, die ich jedoch nicht missen möchte<br />
Wie siehst du die Zukunft der Forschung in Berg- und Höhenmedizin? Eine gute Idee/Vision wird immer einen Platz haben<br />
Wie haben sich diesbezüglich deine Möglichkeiten im Laufe deines Lebens geändert? Man wird nicht als Forscher geboren, sondern zuerst<br />
ist man Student, Assistent und erst später selbständiger Forscher<br />
Was wäre dein Wunsch in Zukunft bezüglich der Forschung in Berg- und Höhenmedizin? Ich wünsche mir junge, sozialkompetente<br />
Forscher mit dem Willen geniale Ideen auszutauschen<br />
Was würdest du aufgrund deiner Erfahrung einer jungen Forscherin raten? Begeisterung ist der beste Weg Türen zu öffnen<br />
Du hast relativ spät Kinder bekommen, würdest du es in einem neuem Leben wieder so machen? Ja, sofort. Kinder spät zu bekommen<br />
bedeutet für mich Abstand, Ruhe und Erfahrung zu haben und keine Angst durch das Kinderkriegen in jungen Jahren etwas verpassen<br />
Was ist für dich das Schwierigste daran, Familie, Beruf, Karriere und Forschung unter einen Hut zu bringen? In sich selbst das<br />
Vertrauen zu finden, dass diese Kombination machbar ist trotz des steten Gefühls diesen Anforderungen nicht vollständig genügen zu<br />
können<br />
Was ist dein geheimes Rezept, wenn dir wieder einmal alles über den Kopf wächst nicht unterzugehen, einen Halt zu finden? In die Natur<br />
hinaus zu gehen<br />
Was hältst du davon Kleinkinder in grosse Höhen mitzunehmen? Das ist für mich stark abhängig von der höhenmedizinischen Ausbildung<br />
der Eltern und den Rückzugsmöglichkeiten auf der Route<br />
Was hältst du von Speedbegehungen und anderen Rekorden an den Bergen? Verrückte Leute hat es immer schon gegeben<br />
Was hältst du von Sauerstoffbesteigungen? Das muss jeder für sich selber entscheiden. Mich stört lediglich das damit verbundene<br />
Umweltproblem<br />
Wie hoch ist dein ohne Doping erstiegener höchster Gipfel? Der Huascaran 6768 m<br />
Wie gross schätzt du deine Möglichkeit ein, dich für ein Ziel zu quälen? Ich glaube schon dass ich mich für Ziele quälen kann<br />
Welcher Gipfel reut dich am meisten, den du nicht geschafft hast? Der Zmuttgrat am Matterhorn. Leider sind dort die Verhältnisse<br />
aufgrund des Gletscherrückganges sehr schlecht geworden<br />
FORUM ALPINUM Nr. 3/10 13
Welches war deine schönste Bergtour und warum? Die Mt. Mc. Kinley Traverse. Wahrscheinlich wegen der grossen Anforderungen<br />
Kannst du dir vorstellen mittels Doping schneller in der Höhe zu akklimatisieren? Um einen klaren Kopf zu behalten bei Rettungen oder<br />
für die Forschung würde ich es machen. Auch sofort, falls ich die Möglichkeit hätte auf 5000 m eine Audienz vom Dalai Lama zu<br />
bekommen<br />
Wenn du am Berg überholt wirst, hast du das Bedürfnis aufzuschliessen, dich nicht abhängen zu lassen, wenn nein, seit wann nicht<br />
mehr? Kommt darauf an wer mich überholt. Gewisse Leute könnten meinen Ehrgeiz schon herausfordern<br />
Gibt es eine Grenzsituation in den Bergen, die dein Leben verändert hat? Für die Dissertation musste ich beim Aufstieg auf die Capanna<br />
Margherita in einem Notbiwak übernachten. Ich hatte damals Angst zu sterben. Anstatt den Bergen den Rücken zu kehren, habe ich damals<br />
angefangen sie zu lieben<br />
Was findest du fehlt noch um dich zu porträtieren? Berge sind nicht nur Forschungsplatz, sondern eine Lebensphilosophie, diese Erfahrung<br />
wünsche ich allen<br />
Alles Gute für deine Familie, weitere Forschung und Karriere. Vielen Dank für das Interview Susi<br />
6. Schweizer Bergrettungsmedizintagung<br />
6. Rencontre suisse de médecine de sauvetage en montagne<br />
Interlaken, Samstag, 13.November 2010, Aula Sekundarschulhaus, 9.00 – 16.45 Uhr<br />
Generalversammlung der SGGM um: assemblée générale de la SSMM à: 16.45 Uhr<br />
Organisation: Schweizerische Gesellschaft für Gebirgsmedizin (SGGM), Société Suisse de Médecine de Montagne (SSMM),<br />
GRIMM (Groupe Romande d`Intervention Médicale en Montagne)<br />
Patronat: Medizinische Kommission der Int. Kom. für Alpines Rettungswesen (CISA-IKAR), Bergrettungsmedizin ARS<br />
Rega/SAC ,Kant. Walliser Rettungsorganisation (KWRO), Rega, Air Glaciers, Air Zermatt, SGNOR/SSMUS,<br />
Schweiz.Bergführerverband SBV, Schweiz.Institut für Schnee und Lawinenforschung SLF, Fondation de saufetage de<br />
montagne Rega/CAS, Org.Cantonale valaisanne de Secours (OCVS), Speleo secours Suisse, SSMUS<br />
Ziel / but: Gesamtschweizerisches Weiterbildungsforum und Erfahrungsaustausch für Bergrettungsmedizin und Bergrettung;<br />
<strong>Forum</strong> suisse de formation continue et échange d`experiences pour médecins et secouristes en montagne<br />
Referate über / exposés: Schweiz 2010: State of the art der Bergrettungsmedizin, Möglichkeiten und Grenzen der on-site<br />
Therapie, Zusammenarbeit der verschiedenen Organisationen, Interessante case reports<br />
Suisse 2010: State of the art de la medicine de sauvetage en montagne, possibilités et limites de la prise en charge médicale<br />
initiale en terrain difficile, Collaboration des organisations differentes, case reports intéressants<br />
Diskussionsrunden über / table ronde: Stärken und Schwächen des Schweizer Bergrettungswesens aus medizinischer<br />
Sicht: Zusammenarbeit mit Partnern, Aus- und Weiterbildung, Qualitätskontrolle, rechtliche und finanzielle Aspekte. Force<br />
et faiblesse du système suisse de sauvetage en montagne du point de vue médicale: collaborations avec les partenaires,<br />
formation de base et continue, contrôle de qualité, aspects juridiques et financiers.<br />
Sprachen/ langues: deutsch et francais<br />
Kosten / coûts: keine / aucun<br />
Weitere Informationen / Programme: www.sggm.ch / www.ssmm.ch<br />
FORUM ALPINUM Nr. 3/10 14
Agenda<br />
13.11.2010 6. Schweizer Bergrettungsmedizintagung<br />
6. Rencontre suisse de médecine de sauvetage en<br />
montagne<br />
19.03.11 – 25.03.11<br />
inscription jusqu’au<br />
15.02.11<br />
09.04.11 – 15.04.11<br />
Anmeldung bis:<br />
Februar 2011<br />
Cours de médecine de montagne<br />
Modules de base: hiver<br />
Pré requis: bonne condition physique, absence de<br />
vertige, ski avec assurance sur piste<br />
Winter-Basiskurs<br />
Teilnehmer: Ärzte, cand. med.<br />
Bergerfahrung erwünscht, keine Voraussetzung<br />
28./29. Mai 2011 Kurs Sportklettern und Medizin<br />
Anmeldung bis:<br />
April 2011<br />
18.07.11 – 23.07.11<br />
Anmeldung bis:<br />
Juni 2011<br />
Teilnehmer: Ärzte, cand. med., Sportlehrer,<br />
Physiotherapeuten und sonstige Interessierte<br />
Themen: sportartspezifische Verletzungen,<br />
präklinisches Notfallmanagement, Training und<br />
Ernährung, Kletter-, Boulder u. Sicherungstechniken<br />
Höhenmedizinkurs im Expeditionsstil<br />
Erster akkreditierter Kurs zur Erlangung des<br />
Diploms „Wilderness and Expedition Medicine“<br />
UIAA-ICAR-ISMM<br />
Teilnehmer: Ärzte, cand. med.<br />
Ziel des Kurses ist es, theoretische und praktische<br />
Kenntnisse im Bereich der Höhen- und<br />
Expeditionsmedizin zu vermitteln.<br />
Hochtourenausrüstung/-Erfahrung erforderlich<br />
Kosten:keine<br />
Coûts: aucun<br />
Prix:<br />
SFr. 1700.-<br />
SFr 1400.- pour les<br />
étudiant(e)s (justificatif à<br />
envoyer au secrétariat lors<br />
de l'inscription)<br />
Kosten inkl. VP<br />
SFr. 1700.-<br />
Studenten SFr. 1400.-<br />
(bitte Studentenausweis<br />
vorlegen)<br />
Kosten inkl. HP<br />
SFr. 585.-<br />
Kosten inkl. Unterkunft/<br />
Frühstück am<br />
Veranstaltungsort u. HP<br />
am Berg<br />
SFr. 1600.-<br />
Studenten SFr. 1300.-<br />
(bitte Studentenausweis<br />
vorlegen)<br />
Mindestteilnehmerzahl: 12<br />
Ort: Interlaken, CH<br />
Aula Sekundarschulhaus<br />
Information: www.sggm.ch<br />
Localisation: La Fouly, CH<br />
Inscriptions: www.sggm.ch<br />
Ort: Adermatt, CH<br />
Anmeldung: www.sggm.ch<br />
Ort : Tessin, CH<br />
Anmeldung: www.sggm.ch<br />
Das Programm wird den jeweiligen<br />
Witterungsverhältnissen angepasst<br />
Ort: Ostschweiz (Genaueres folgt)<br />
CREDITS 2010: SGNOR 12, SGIM 12<br />
SGSM 12 , SGC/SSC 8<br />
SGAM-Q-Label: empfohlen durch die<br />
SGAM<br />
Anmeldung: www.hoehenmedizin.ch<br />
FORUM ALPINUM Nr. 3/10 15
FORUM ALPINUM Nr. 3/10 16