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W wie weniger - Universität Würzburg

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Wer mehr leistet, soll mehr Geld bekommen;<br />

der Rest muss sich mit <strong>weniger</strong><br />

begnügen. Seit diesem Jahr gelten neue<br />

Regeln für die Gehälter von Professoren.<br />

Der Reform schlägt aber deutliche Kritik<br />

entgegen. Auchdie Dekane der <strong>Universität</strong><br />

<strong>Würzburg</strong>sinddamitunzufrieden,während<br />

Kanzler Bruno Forster das System jedoch<br />

nicht von vornherein verdammen möchte.<br />

„EsbietetaucheinigeMöglichkeiten.“<br />

Die neue Besoldungsordnung „W“ gilt seit<br />

Anfang 2005 für alle neu zu besetzenden<br />

Stellenundlöstdamitdasvertraute„C“ausden<br />

Stellenbezeichnungen der Professoren ab.<br />

Charakteristisch am neuen System ist ein<br />

deutlich geringeres Grundgehalt, das jedoch<br />

durch Leistungszulagen aufgestockt werden<br />

kann. Hatte ein 45-jähriger Professor der<br />

Gruppe „C4“ bisher einGrundgehaltvon5830<br />

Euro brutto im Monat, sind es nun in der vergleichbaren<br />

Gruppe „W3“ etwa 4700 Euro –<br />

also rund 1100 Euro <strong>weniger</strong>. Außerdem galt<br />

bisher: Man bekommt mehr Geld, jeälterman<br />

wird. Die neue Regelung sieht dagegen das<br />

VonOrdnungen, Gruppen undStufen<br />

–Grundlegendeszum Beamtengehalt<br />

Für Beamtinnen und Beamte werden die<br />

VergütungennachsogenanntenBesoldungsordnungenbestimmt,<br />

die miteinzelnenBuchstabengekennzeichnet<br />

sind. Für Professoren<br />

galtbisherverbindlichdieBesoldungsordnung<br />

C.<br />

Je nach Bedeutung der Stelle, Tätigkeit und<br />

VerantwortungwirdderBeamteinnerhalbder<br />

Besoldungsordnung einer Besoldungsgruppe<br />

zugeordnet. Für Professoren sind dabei vor<br />

allem die Gruppen C3 und C4 relevant. So<br />

spricht man häufig von der Besetzung einer<br />

„C4-Stelle“. Die Grundvergütung richtet sich<br />

zum einen nach der Besoldungsgruppe, zum<br />

anderen nach der Besoldungsstufe. Diese<br />

Stufendurchwandert der BeamteinderRegel<br />

einfachdurchÄlterwerden.Für dieVergütung<br />

gilt: Je höher die Gruppe und je höher die<br />

Stufe, desto höher dasGehalt. DieGrundvergütung<br />

wird noch ergänzt durch Familien-,<br />

Kinder-,Orts-undStellenzulagen.<br />

W<strong>wie</strong> <strong>weniger</strong><br />

gleicheGrundgehaltfüralleAltersstufenvor.<br />

„Für die Professorenbesoldung gilt ab sofort<br />

durchgängig das Leistungsprinzip“, schreibt<br />

dasBundesbildungsministerium. Dasentsprechende<br />

Gesetz nennt drei Arten, das Gehalt<br />

durch Leistungszulagen aufzubessern: Berufungs-<br />

und Bleibebezüge kann die Uni einsetzen,<br />

um renommierte Kollegen zu halten oder<br />

zum Kommen zu bewegen. Wer bestimmte<br />

Ämter <strong>wie</strong>zumBeispieldas des Dekans übernimmt,<br />

bekommt künftigdafür eine Funktions-<br />

Zulage.<br />

Bezüge für „besondere Leistungen in Forschung,<br />

Lehre, Kunst, Weiterbildung und<br />

Nachwuchsförderung“, so der Gesetzestext,<br />

sindderdritteWeg,dasGrundgehaltaufzubessern<br />

– und zugleich der problematischste.<br />

Denn es entsteht unmittelbar die Frage, <strong>wie</strong><br />

diese Leistungen gemessen werden sollen –<br />

undvonwem. Die entsprechende Verordnung<br />

zählteineVielzahlqualitativerKriterienauf.Die<br />

<strong>Universität</strong><strong>Würzburg</strong>hatgeradeentsprechende„GrundsätzefürdieVergabevonLeistungsbezügen“verabschiedet–unddieLatterelativ<br />

hoch gehängt. Ein Professor muss einiges<br />

leisten,umeinenAufschlagzubekommen.Für<br />

den Bereich Forschung wird als Beispiel der<br />

Leibniz-Preis genannt. Auch der „Preis für<br />

besonders gute Lehre“ kann sich bezahlt<br />

machen. Der W-Professor wird also nicht<br />

selbstverständlich davon ausgehen können,<br />

sein Gehalt auf dasbisherige Niveauoder gar<br />

darüberhinausaufbessernzukönnen.<br />

DieBundesregierungmöchtemitLeistungszulagen<br />

ermöglichen, dass die <strong>Universität</strong>en<br />

stärkereinProfilherausbildenkönnen.Besonders<br />

herausragende Wissenschaftler könnten<br />

so gehalten werden und um diese herum<br />

könnte die <strong>Universität</strong> einen erfolgreichen<br />

Fachbereichaufbauen.<br />

DochdiesnurzulastenandererFachbereiche.<br />

Denn ein Knackpunkt der Reformsteckt inder<br />

unscheinbaren Vokabel „Vergaberahmen“.<br />

Dahinter verbirgtsichdieRegelung,dassdas<br />

durchschnittliche Jahresgehalt der ProfessorennichtübereinenbestimmtenBetragsteigen<br />

darf. Dieser beträgt aktuell für den Freistaat<br />

Bayern 76.745 Euro. Möchte die Uni-Leitung<br />

also die Leistung eines Professors besonders<br />

Seite1/4


honorieren, musssiedasbeianderenStellen<br />

<strong>wie</strong>der einsparen, da der Durchschnitt auf<br />

<strong>Universität</strong>sebeneeingehaltenwerdenmuss.<br />

Spätestens an dieser Stelle setzt zahlreiche<br />

Kritikein.<br />

SostelltdieHochschulrektorenkonferenz fest,<br />

„dass rigide, kleinkarierte Kostenneutralität<br />

oder sogar Kürzungen der Personalbudgets<br />

die Ziele der Reform desavouieren.“ Hochschullehrer<br />

und Rektoren kommentieren die<br />

Neuregelung als „absolute Katastrophe“ und<br />

„absurd“. Einzelne fordern sogar, sie müsse<br />

„schleunigstabgeschafftwerden“.<br />

Auchdie Dekanean der <strong>Universität</strong> <strong>Würzburg</strong><br />

lehnendieReformab undbeschreibensie als<br />

„überflüssig“ und „katastrophal“. Sie betonen<br />

unisono, dass die Attraktivität der wissenschaftlichenKarriereabnehmenwird.<strong>Universität</strong>skanzler<br />

Bruno Forster befürchtet hingegen<br />

DieW-Besoldungkennt3Gruppen:DasBrutto-<br />

Grundgehalt in W1 (für Juniorprofessoren)<br />

beträgt zurzeit 3.405 Euro, in W2 (bisherige<br />

Planstellen mit C2 und C3) erhält man 3.890<br />

Euro und W3 (bisherige C4-Stellen) entspricht<br />

4.723 Euro. Diese Werte liegen deutlich unter<br />

der gewohnten C-Besoldung, können jedoch<br />

durch Leistungszulagen aufgebessert werden.<br />

Außerdem gibt es keine Altersstufen mehr,<br />

Gehaltserhöhungen erfolgen also nicht mehr<br />

automatischmitdemÄlterwerden.<br />

Die neue Besoldungsordnung gilt seit Anfang<br />

2005 für alle neu zu besetzenden Stellen.<br />

Zusätzlich kann ein Professor freiwillig in das<br />

neue System wechseln. Möchte er dies nicht,<br />

bleibterweiterinderC-Ordnung.Fürihnändert<br />

sichdannnichts.<br />

DasGesetzsiehtdreiArtenvonLeistungszulagenvor:<br />

Berufungs- und Bleibezuschläge dienen dazu,<br />

einenProfessorfürdie<strong>Universität</strong>zugewinnen<br />

oder eineAbwanderung aneineandere HochschuleoderineinUnternehmenzuvermeiden.<br />

Bezüge für „besondere Leistungen in Forschung,<br />

Lehre, Kunst, Weiterbildung und<br />

Nachwuchsförderung“, so der Gesetzestext,<br />

sind der zweite Weg, das Grundgehalt aufzubessern.<br />

Die „Grundsätze für die Vergabevon<br />

Leistungsbezügen“ der <strong>Universität</strong> <strong>Würzburg</strong><br />

sehen–ähnlich<strong>wie</strong>ananderen<strong>Universität</strong>en–<br />

Seite2/4<br />

Die W-BesoldungimDetail<br />

nichtsodramatischeAuswirkungen.Erfordert,<br />

erst einmal abzuwarten, <strong>wie</strong> sich das System<br />

einspielt. Undohnehin dürfemandieGehaltsfragenichtüberbewerten.(sieheArtikel„Reaktionenin<strong>Würzburg</strong>“aufdieserSeite).<br />

ReinhardLutz, seinKollegevonderUniBonn,<br />

befürchtet dagegen zwei Klassen von Professoren:<br />

„Solche im alten C-System, die fürs<br />

Älterwerdenbezahlt werdenundsolche im W-<br />

System, die deutlich <strong>weniger</strong> verdienen, und<br />

deren eventuelle Leistungszulagen nur befristet<br />

und nicht ruhegehaltsfähig sind.“ Da in<br />

absehbarer Zeit kein Geld für Leistungszulagen<br />

vorhanden sei,„kommtdie'Reform'einer<br />

radikalenGehaltskürzunggleich.“Lutzrechnet<br />

weiter vor, dass ein W2-Professor künftig<br />

<strong>weniger</strong> verdiene als ein Oberstudienrat –<br />

seinerhöherenQualifikationzumTrotz.<br />

Prof.LeonhardKnoll,VertreteramLehrstuhlfür<br />

BWL, Personal &Organisation, ist mit Vergü-<br />

vor, dass Forschungspreise, <strong>wie</strong> beispielsweise<br />

der Leibniz-Preis, oder die erfolgreiche<br />

Leitung eines Sonderforschungsbereichs<br />

honoriertwerden.Auch„einPreisfürbesonders<br />

gute Lehre“ oder „weit überdurchschnittlicher<br />

Einsatz und Erfolg in der Lehre“ bessern das<br />

Gehaltauf.<br />

DiedritteArtdesExtra-GehaltssindFunktions-<br />

Leistungsbezüge. Dies ist eine Zulage dafür,<br />

dass einProfessor ein zusätzlichesAmt wahrnimmt,<strong>wie</strong>dasdesDekansoderdesStudiendekans.<br />

Für dieseLeistungszulagenstehenjedoch nur<br />

beschränkt Mittel zur Verfügung. Die durchschnittlicheGesamtvergütungderProfessoren<br />

imFreistaatBayerndarfzurzeit76.745Euroim<br />

Jahr nicht überschreiten. Ausgangspunkt<br />

dieser Berechnung sind die Stellenstruktur im<br />

Jahr 2001unddie dafürnotwendigenGehaltszahlungen.EserfolgteinejährlicheAnpassung<br />

mitderallgemeinenBesoldungserhöhung.<br />

Zusätzlich ist die individuelle Vergütung gedeckelt.<br />

Mehr als B10, also aktuell knapp 10.000<br />

Euromonatlich darfeinProfessor nicht verdienen.<br />

Für dieBerechnungderPensionenwerdendie<br />

Zulagen nur dann berücksichtigt, wenn sie<br />

mindestens drei Jahre gewährt wurden; sie<br />

werdendannbiszueinerHöhevonmaximal40<br />

ProzentdesGrundgehaltsangerechnet.


tungsfragen vertraut. Er erwartet durch die<br />

niedrigeren Bezüge vor allem eine negative<br />

Selektionswirkung. „Gute Leute werden sich<br />

immer <strong>weniger</strong> für die wissenschaftliche<br />

Karriere begeistern lassen und Optionen<br />

außerhalb der <strong>Universität</strong> verfolgen.“ Der<br />

gleichen Meinung ist auch sein Vorgänger<br />

Prof. Stefan Winter, der nun an der Uni<br />

Bochum Human Resource Management<br />

lehrt.„Manbekommt,wofürmanbezahlt“,ist<br />

die einfache ökonomische Wahrheit. „Wenn<br />

man mehr möchte, muss man mehr zahlen.“<br />

Die Vergütung pro Leistungseinheit werde<br />

dramatisch abgesenkt. „Und es werden<br />

zuerst diejenigen wegbleiben, die viele<br />

Leistungseinheiten erbringen können, also<br />

dieleistungsfähigsten.“<br />

CarstenMüller,BeraterbeiMLPin<strong>Würzburg</strong>,<br />

hat einen Einblick in Vergütungsstrukturen<br />

von Unternehmen. Im Vergleich dazuhälter<br />

dasW-System fürwenigattraktiv.„Für diese<br />

Qualifikationen wird in der freien Wirtschaft<br />

wesentlich mehr gezahlt.“ Zudem sei die<br />

Leistung bei Professoren nicht unmittelbar<br />

messbar. „Im Gegensatz zur Situation in<br />

Unternehmenfehlteshierangutenundleicht<br />

handhabbarenIndikatoren.“<br />

AuchdieMobilitätderProfessorenwirdeher<br />

behindert als gefördert. Experten erwarten,<br />

dass es –entgegen der formulierten Ziele –<br />

sogar sch<strong>wie</strong>riger werde, C3- oder C4-<br />

ProfessorenzueinemWechselaneineneue<br />

Uni zu bewegen. Denn dann wäre die W-<br />

Besoldung nicht mehr zu umgehen. Statt<br />

automatischer Gehaltssteigerungenmitdem<br />

Älterwerden im C-System müssten sie sich<br />

dann Leistungszulagen mühsam erarbeiten.<br />

Außerdem wären sie davon abhängig, dass<br />

der Topf für die Zulagen auch ausreichend<br />

gefüllt ist. So arbeitete man in allen Fakultäten<br />

im letzten Jahr mit Hochdruck daran,<br />

noch möglichst viele Kollegen auf eine C-<br />

Stellezuberufen.<br />

Der Bayerische Wissenschaftsminister<br />

ThomasGoppelsiehtVor-undNachteileder<br />

Neuregelung.BeieinemBesuchin<strong>Würzburg</strong><br />

sagteer:„Die Leistungsorientierung ist gut.“<br />

Man müsse einem exzellenten Kandidaten<br />

auch mehr zahlen können, „aber die Pflicht<br />

zumAusgleichanandererStelleistschlecht.“<br />

Letztlichseidie Vergütungzugering,umdie<br />

Hochschulenattraktivzumachen.<br />

„überflüssig“und„katastrophal“<br />

DieReaktionen in<strong>Würzburg</strong><br />

Das Urteil der <strong>Würzburg</strong>er Dekane ist eindeutig.VonderneuenW-BesoldungfürProfessorenhaltensienichts.<br />

Von„überflüssig“, „verfehlt“und„katastrophal“<br />

ist die Rede. „Wissenschaftsfeindlich“, „nachwuchsfeindlich“und„formalistisch“nennt<br />

Prof.<br />

Dr. Georg Ertl, Direktor der Medizinischen<br />

Klinik, dieReform.Prof.Hans-GeorgWeigand<br />

vonderFakultätfürMathematikundInformatik<br />

vermutet schlicht: „Es soll Geld gespart werden.“<br />

Niveau und Attraktivität der W-Besoldung sei<br />

nach MeinungderBefragten deutlichgeringer<br />

und nicht der Ausbildung angepasst. Prof.<br />

KlausLaubenthalvonderJuristischenFakultät<br />

schreibt,dassdasneueSystemnurfürEinzelfälleattraktivsein<br />

könne. Esseidavonauszugehen,„dasssichinderBreitedasVergütungsniveau<br />

für Hochschullehrer absenkt“. Man ist<br />

sich einig, dass die Attraktivität der wissenschaftlichenKarrieredeutlichabnehmenwird.<br />

Dies betont auch Prof. Ulrich Scheer vom<br />

Biozentrum.SpitzenforscherausdemAusland<br />

oder deutsche C4-Professoren seien damit<br />

nicht zu gewinnen.Auch in der medizinischen<br />

Fakultät sindschoneinigeAbsageneingegangen.<br />

Der Arbeitsaufwand für einen Dekan werde<br />

sichinZukunftdeutlicherhöhen,abhängigvon<br />

der Zahl der berufenen W-Professoren. Denn<br />

dann müssen dieAnträgederKollegenbegutachtet<br />

werden. Der Dekan sei gegenwärtig<br />

dafür nicht ausgestattet, so Prof. Ingfried<br />

Zimmermann (Chemie /Pharmazie). Er sieht<br />

das Problem, dass „der Dekan keine Vorgesetztenfunktionhat.“<br />

Seite3/4


Der Vorschlag ist populär: Beamte sollen mehr<br />

leistenundauchnachLeistungbezahltwerden.<br />

Es liegt also nichtfern,diesauch von Professoreneinzufordern.<br />

Der Grundgedanke ist vernünftig, doch die<br />

Neuregelungistzukurzgedacht.<br />

Dieerstegrundlegende Fragelautet:Wiemisst<br />

man eigentlich die Leistung eines Professors?<br />

Unddiezweite:Wermisst?<br />

So trivial <strong>wie</strong>esaufdenerstenBlickklingt,sind<br />

diese Fragen keineswegs. Ein Professor fertigt<br />

kein Gut, das einer Marktbewertung zugänglich<br />

ist.<br />

Esgibt(bisher?)keinezuverlässigenIndikatoren<br />

fürdieLeistung,diefacherübergreifendanwendbar<br />

sind. Dies scheinen Gesetz- und Verordnungsgebererkanntzuhaben.Dennaufkonkrete<br />

MaßzahlenundAutomatismenverzichtensie.<br />

Stattdessen verlässt man sich auf subjektive<br />

Abwägungen. Die Unileitung entscheidet; der<br />

DekandarfGutachtenschreibenundbeurteilen,<br />

obessichtatsächlichumeinen„weitüberdurchschnittlichen<br />

Einsatz und Erfolg in der Lehre“<br />

handelt. Professoren müssen – neben ihrer<br />

eigentlichen Arbeit –immer mehr Werbung in<br />

eigener Sache machen. Und sie müssen sich<br />

beim Dekan beliebtmachen.Setzt dersichnicht<br />

vollein,rücktdieZulageinweiteFerne.Dochder<br />

DekanselbstsitztzwischenallenStühlen.Ohne<br />

klare Vorgesetztenposition kommt er in die<br />

Verlegenheit, seine Kollegen beurteilen zu<br />

müssen.Wirdereswirklichwagen,dieProfessorenungleichzubehandeln?DennderAmtsinhaber<br />

wechselt in kurzer Zeit undermussVergeltung<br />

fürchten. Oder es bilden sich Koalitionen:<br />

„Ich lobe dich heute und du mich im nächsten<br />

Jahr.“<br />

Ein weiterer großer Knackpunkt der Reform ist<br />

dieDeckelungderGehaltsausgaben.<br />

Mehr Leistung wird gefordert.Aberdas Gehalt<br />

soll im Durchschnitt gleich bleiben.Dasbedeutet,<br />

dass die Vergütung pro Leistungseinheit<br />

stark reduziert wird. Individuelle Gehaltssteigerungen<br />

sind zwar möglich, doch nur, wenn der<br />

Topf für Zulagen gerade auch gefüllt ist. In<strong>wie</strong>weit<br />

dies in Zukunft der Fall sein wird, können<br />

selbstdieBeteiligtenausder<strong>Universität</strong>sleitung<br />

nicht sagen. Wer mehr leistet, wird wohl mehr<br />

Seite 4/4<br />

Kommentar<br />

Zukurz gedacht<br />

bekommenalsandereW-Professoren,aberwohl<br />

trotzdem<strong>weniger</strong>alsbisher.<br />

AuchinBezugaufdieFunktionszulagenhatdie<br />

Regierung nicht zu Ende gedacht. Ja, wichtige<br />

Ämter,diestrategischeAufgabenbeinhalten<strong>wie</strong><br />

dasdesDekans,müssengestärktwerden–auch<br />

finanziell. Aber die Zulage wird gewährt unabhängig<br />

davon, in welcher Weise er das Amt<br />

ausfüllt. So werden keine Leistungsanreize<br />

gesetzt.<br />

Die organisatorische Führung einer Fakultät<br />

braucht eindeutige und längerfristige Verantwortlichkeiten.<br />

WievielInteressehateinDekan,<br />

sich zu engagieren und strategische Impulse zu<br />

setzen, wenn die Früchte dieser Arbeit einer<br />

seiner Nachfolger erntet? Wenig. Und daran<br />

ändert eine Funktionszulage nichts. Außerdem<br />

wirdeinMenschProfessor,weilerinersterLinie<br />

inForschungundLehretätigseinwillundnicht,<br />

um die Fakultät und deren Verwaltungsabläufe<br />

zu organisieren und sie strategisch auszurichten.<br />

Das Geld wärebesserangelegt,wennman<br />

beispielsweise einen Referenten oder Manager<br />

einstellt,dersichdarumkümmert–undzwarweil<br />

es seine originäre Aufgabe ist so<strong>wie</strong> seinen<br />

InteressenundFähigkeitenentspricht.Hinsichtlich<br />

einer effizienten Selbstorganisation haben<br />

einigeFakultätennochNachholbedarf.<br />

Ob die wissenschaftliche Karriere mit dieser<br />

Reform attraktiver wird, muss aufgrund der<br />

Ausgabendeckelung stark bezweifelt werden.<br />

EineserreichtsieaberinjedemFall:einenhohen<br />

ArbeitsaufwandinderVerwaltungunddieAblenkungaufNebentätigkeiten–<br />

statt alles dafür zu<br />

tun,dassProfessorensichumihreneigentlichen<br />

Berufkümmernkönnen:ForschenundLehren.<br />

Wennman–auswelchenGründenauchimmer–<br />

zudemErgebniskommt,dassProfessorenfürihr<br />

Geld mehr leisten sollenodermitGehaltseinbußen<br />

rechnen müssen, nun gut, dann soll die<br />

Regierungdasauchsobenennen.DasZiel,die<br />

Attraktivität der wissenschaftlichen Karriere zu<br />

erhöhen, passt zu dieser Reform auf jeden Fall<br />

nicht!<br />

Stefan Zimmermann (30) ist wissenschaftlicher<br />

Mitarbeiter am Lehrstuhl für BWL, PersonalundOrganisation.

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