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Abschlussbericht WM-Elf - Mikroaufbautechnik am HSG-IMAT

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<strong>Abschlussbericht</strong><br />

zum InnoNet-Projekt<br />

"Herstellung und Vermessung genauester Werkzeuge<br />

für das elektrochemische Fräsen mit<br />

ultrakurzen Spannungspulsen“<br />

Kurzbezeichnung: <strong>WM</strong>-<strong>Elf</strong><br />

Förderkennzeichen: 16IN0372<br />

Projektlaufzeit: 01.01.2006 – 31.03.2008<br />

Das Projekt wurde mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie<br />

(BMWi) innerhalb des Progr<strong>am</strong>ms „Förderung innovativer Netzwerke (InnoNet)“<br />

gefördert und vom Projektträger VDI/VDE-IT GmbH in Berlin betreut.


Hahn-Schickard-Gesellschaft<br />

Institut für <strong>Mikroaufbautechnik</strong> (<strong>HSG</strong>-<strong>IMAT</strong>)<br />

Allmandring 9b<br />

70569 Stuttgart<br />

Universität Stuttgart<br />

Institut für Technische Optik (ITO)<br />

Pfaffenwaldring 9<br />

70569 Stuttgart<br />

Verbundpartner<br />

Fraunhofer<br />

Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration (IZM)<br />

Gustav-Meyer-Allee 25<br />

13355 Berlin<br />

Mahr GmbH<br />

Carl-Mahr-Str. 1<br />

37073 Göttingen<br />

BLUM-Novotest GmbH<br />

Postfach 1202<br />

88182 Ravensburg<br />

C<strong>WM</strong> Chemnitzer Werkstoffmechanik GmbH<br />

Otto-Schmerbach-Str. 19<br />

09117 Chemnitz<br />

ECMTEC GmbH<br />

Robert-Bosch-Str. 3<br />

71088 Holzgerlingen<br />

Horst Scholz GmbH + Co. KG<br />

Nalser Str. 39<br />

96317 Kronach<br />

Fraunhofer<br />

IZ<br />

Institut<br />

Zuverlässigkeit und<br />

Mikrointegration<br />

2


Inhalt<br />

Inhalt........................................................................................................................... 3<br />

1 Zus<strong>am</strong>menfassung.............................................................................................. 5<br />

2 Aufgabenstellung................................................................................................. 6<br />

3 Voraussetzungen, unter denen das Vorhaben durchgeführt wurde .................... 7<br />

4 Planung und Ablauf des Vorhabens .................................................................... 9<br />

5 Wissenschaftlicher und technischer Stand, an den angeknüpft wurde.............. 10<br />

6 Zus<strong>am</strong>menarbeit mit anderen Stellen................................................................ 12<br />

7 Erzielte Ergebnisse............................................................................................ 13<br />

7.1 Drehachse und Werkzeuge ........................................................................... 13<br />

7.1.1 Konzepte ................................................................................................ 13<br />

7.1.2 Konstruktion und Design......................................................................... 22<br />

7.1.3 Aufbau des Teilsystems.......................................................................... 25<br />

7.1.4 Erprobung............................................................................................... 26<br />

7.1.5 Optimierung ............................................................................................ 26<br />

7.2 Herstellung rotationssymmetrischer Werkzeuge............................................ 28<br />

7.2.1 Konzepte ................................................................................................ 28<br />

7.2.2 Konstruktion und Design......................................................................... 29<br />

7.2.3 Aufbau des Teilsystems.......................................................................... 31<br />

7.2.4 Erprobung und Optimierung ................................................................... 32<br />

7.3 Optiken zur Vermessung der Werkzeuge ...................................................... 41<br />

7.3.1 ITO-Optik ................................................................................................ 41<br />

7.3.2 BLUM-LaserControl nano NT ................................................................. 53<br />

7.3.3 Grenzen der Messverfahren ................................................................... 57<br />

7.4 Software zum Auswerten der Werkzeugform................................................. 60<br />

3


7.4.1 Konzepte ................................................................................................ 60<br />

7.4.2 Algorithmen und Softwaredesign............................................................ 63<br />

7.4.3 Implementierung und Integration des Teilsystems.................................. 70<br />

7.4.4 Erprobung............................................................................................... 73<br />

7.4.5 Optimierung, zukünftige Anpassungsarbeiten ........................................ 75<br />

8 Voraussichtlicher Nutzen................................................................................... 76<br />

9 Fortschritte auf dem Gebiet bei anderen Stellen ............................................... 78<br />

10 Erfolgte und geplante Veröffentlichungen.......................................................... 79<br />

Literatur .................................................................................................................... 80<br />

Danksagung ............................................................................................................. 81<br />

4


1 Zus<strong>am</strong>menfassung<br />

Ziel des Verbundprojekts war die Erarbeitung und Bereitstellung von Verfahren und Strategien<br />

zur Herstellung und Vermessung hochgenauer filigraner rotationssymmetrischer Werkzeuge<br />

mit bekannter Geometrie im Mikrometerbereich.<br />

Dazu wurde <strong>am</strong> <strong>HSG</strong>-<strong>IMAT</strong> eine Strategie zur Herstellung von rotationssymmetrischen<br />

Werkzeugen mittels der Technik des elektrochemischen Fräsens mit ultrakurzen Spannungspulsen<br />

(ECF) erarbeitet. Hierbei wird der Durchmesser von Werkzeugrohlingen reduziert,<br />

indem das rotierende Werkzeug gegen eine ortsfeste Gegenelektrode bearbeitet wird,<br />

ähnlich der Bearbeitung mit einer konventionellen Drehmaschine. Die hierfür notwendige<br />

Dreheinheit wurde <strong>am</strong> <strong>HSG</strong>-<strong>IMAT</strong> entwickelt, aufgebaut und in die ECF-Anlage integriert. Die<br />

Herstellungsstrategie wurde progr<strong>am</strong>miert und getestet. Es wurden erfolgreich rotationssymmetrische<br />

Werkzeuge mit Durchmessern von 40 µm hergestellt.<br />

Zur Auswertung und Prüfung der gefertigten Werkzeuge wurde <strong>am</strong> ITO ein optischer Sensor<br />

entwickelt und aufgebaut. Die Implementierung des Sensors in die ECF-Anlage erfolgte <strong>am</strong><br />

<strong>HSG</strong>-<strong>IMAT</strong>.<br />

Die aufgenommenen Bilder der Werkzeuge wurden mit Hilfe der <strong>am</strong> IZM und von der Firma<br />

C<strong>WM</strong> entwickelten Korrelationssoftware automatisiert ausgewertet und die Werkzeugform,<br />

d.h. Werkzeugdurchmesser und Schneidenlänge, ermittelt und an den Steuerrechner der<br />

ECF-Anlage übergeben.<br />

Alle <strong>am</strong> <strong>HSG</strong>-<strong>IMAT</strong> hergestellten Werkzeuge wurden dokumentiert und deren Geometrie<br />

bestimmt. Auch andere filigrane zylindrische Körper bis zu Durchmessern kleiner 10 µm<br />

konnten mit dem optischen System in Verbindung mit der Korrelationssoftware vermessen<br />

werden.<br />

Als Referenzmesssystem wurde das kommerziell verfügbare Lasermesssystem der Firma<br />

BLUM verwendet.<br />

Die Versuche zur industriellen Tauglichkeit der in diesem Projekt erarbeiteten Werkzeugherstellung<br />

und Vermessung wurden durch die Firma ECMTEC GmbH durchgeführt.<br />

Mit den im Projekt erarbeiteten Ergebnissen, insbesondere bezüglich der Werkzeugvermessung,<br />

steht ein neues Messverfahren zur Bestimmung zylindrischer Körper mit Durchmessern<br />

kleiner 10 µm zur Verfügung, das auch für eine breite Palette mikrotechnischer Anwendungen<br />

nutzbar ist.<br />

5


2 Aufgabenstellung<br />

Ziel des Verbundprojekts war die Erarbeitung und Bereitstellung von Verfahren und Strategien<br />

zur Herstellung und Vermessung hochgenauer filigraner rotationssymmetrischer Werkzeuge<br />

mit bekannter Geometrie im Mikrometerbereich, d. h. Durchmessern von 10 µm und<br />

darunter, für das elektrochemische Fräsen mit ultrakurzen Spannungspulsen (ECF). Dazu<br />

mussten Verfahren und geeignete Vorrichtungen zur Herstellung der Werkzeuge sowie geeignete<br />

Messverfahren zur Ermittlung der Werkzeuggeometrie erarbeitet werden. Die entsprechenden<br />

Komponenten sollten dabei in die bestehende ECF-Anlage integriert werden<br />

können. Die Herstellung der filigranen Werkzeuge sollte aufgrund der hohen Leistungsfähigkeit<br />

zur Erstellung feinster Mikrostrukturen durch das ECF-Bearbeitungsverfahren erfolgen,<br />

deren hochgenaue Vermessung durch schnelle berührungsfreie optische Verfahren. D<strong>am</strong>it<br />

ergaben sich im Einzelnen folgende Ziele:<br />

• ECF-basiertes Verfahren zur Herstellung hochgenauer rotationssymetrischer Werkzeuge<br />

mit Durchmessern bis zu 10 µm und darunter;<br />

• optisches Verfahren zur Bestimmung des Werkzeugdurchmessers;<br />

• optisches Verfahren zur Überwachung des Werkzeugzustands;<br />

• Signal- und Bildverarbeitungsalgorithmen zur Bestimmung des Durchmessers und Zustandes<br />

des Werkzeugs;<br />

• Grundlagen zur Integration der Verfahren in eine ECF-Anlage;<br />

• Erkenntnisse zur Industrietauglichkeit der Verfahren.<br />

6


3 Voraussetzungen, unter denen das Vorhaben<br />

durchgeführt wurde<br />

Sowohl die Werkzeugbearbeitung mittels ECF als auch die Vermessung geringster Durchmesser<br />

sind vor diesem Projekt in dieser Art noch nicht untersucht worden. Das Konsortium<br />

ging somit eine große komplexe Thematik an und baute dabei auf den Erfahrungen der Partner<br />

in der ECF-Bearbeitung, in der optischen Messtechnik sowie der zugehörigen Signalund<br />

Bildverarbeitung auf. Die Aufgaben im Vorhaben umfassten die Teilgebiete der Herstellung<br />

genauester filigraner ECF-Werkzeuge, die optische Vermessung der Werkzeuge und<br />

die Analyse der optischen Signale und Bilddaten.<br />

Diese komplexe Aufgabenstellung bedurfte der Vernetzung von geeigneten kompetenten<br />

Partnern. Daher arbeiteten in diesem Vorhaben drei Institute zus<strong>am</strong>men, die jeweils Wissen<br />

und Erfahrung auf einem der drei Teilgebiete mitbringen, d. h. in der ECF-Technik, in der<br />

technischen Optik sowie in der Bildverarbeitung für die geometrische Formerfassung in der<br />

Mikrotechnik. Auch bei den Industriepartnern wurde auf diese Aufgaben- und Wissensverteilung<br />

Wert gelegt, nicht nur um die gestellte Aufgabe zu lösen, sondern auch um eine schnelle<br />

Verwertung der Ergebnisse und d<strong>am</strong>it eine Platzierung neuer Produkte auf dem Markt zu<br />

garantieren. Dabei besteht das Konsortium aus Partnern des Anlagenbaus bzw. der Softwareentwicklung<br />

sowie aus Partnern, die Mikrostrukturen herstellen und dazu die ECF-<br />

Technik anwenden wollen.<br />

Sowohl die Werkzeugherstellung als auch der optische Sensor sollte in die ECF-Anlage des<br />

<strong>HSG</strong>-<strong>IMAT</strong>, die von der Firma ECMTEC entwickelt wurde, integriert werden. Deshalb fand<br />

sowohl bei der Konstruktion Drehachse als auch bei den Bearbeitungsversuchen zur Herstellung<br />

rotationssymmetrischer Werkzeuge eine enge Zus<strong>am</strong>menarbeit zwischen <strong>HSG</strong>-<strong>IMAT</strong><br />

und ECMTEC statt. Neben der mechanischen Werkstatt zur Fertigung der Komponenten der<br />

Drehachse stehen dem <strong>HSG</strong>-<strong>IMAT</strong> Messtechnik wie z.B. eine optische Koordinatenmessmaschine<br />

der Fa. Werth und ein Oberflächenmessgerät der Fa. FRT zur Verfügung. Zur Dokumentation<br />

der Bearbeitungsergebnisse und zur Verifikation der Werkzeugvermessung<br />

steht ein Rasterelektronenmikroskop der Firma JEOL <strong>am</strong> <strong>HSG</strong>-<strong>IMAT</strong> zur Verfügung.<br />

Die Firma Mahr entwickelt zus<strong>am</strong>men mit ITO die Messtechnik und Sensorik. Die Firma<br />

BLUM stellte ihr Lassermesssystem LaserControl NanoNT als Referenzmesssystem bereit.<br />

Auf Grund ihrer langjährigen Erfahrungen brachten sich Blum und Mahr außerdem bei der<br />

mechanischen Anbindung sowie den elektronischen und softwareseitigen Schnittstellen ein.<br />

FhG-IZM und C<strong>WM</strong> bearbeiteten softwareseitig gemeins<strong>am</strong> mit ITO die Aufnahme und Ver-


arbeitung der Bilddaten, die mit den Achspositionen der Messgeräte korreliert werden mussten,<br />

um die Topographieinformation zu extrahieren.<br />

8


4 Planung und Ablauf des Vorhabens<br />

Bis auf unvorhergesehene Schwierigkeiten bei der Herstellung rotationssymmetrischer<br />

Werkzeuge mit Durchmessern kleiner 40 µm mittels ECF verlief das Vorhaben weitgehend<br />

problemlos. Die Ergebnisse konnten auf dem öffentlichen Workshop zum Abschluss des Projektes<br />

„Herstellung und Vermessung genauester Werkzeuge für das elektrochemische Fräsen<br />

mit ultrakurzen Spannungspulsen“, der <strong>am</strong> 08.07.2008 <strong>am</strong> <strong>HSG</strong>-<strong>IMAT</strong> stattfand, einem<br />

breiten Publikum vorgestellt werden. Die Veranstaltung stieß auf großes Interesse. Beim<br />

Workshop k<strong>am</strong> es zu einen intensiven Austausch. Es wurden nützliche Kontakte zur Verbreitung<br />

der Ergebnisse und für die Realisierung möglicher neuer Projekte zur ECF-Bearbeitung<br />

geknüpft.<br />

Aufgrund des Wechsels der Projektleitung und des Umzugs des <strong>HSG</strong>-<strong>IMAT</strong> in ein neues<br />

Institutsgebäude im ersten Quartal 2007 und der längeren Erkrankung eines wichtigen Mitarbeiters<br />

bei CMW musste die Laufzeit des Projekts im April 2007 kostenneutral um 3 Monate<br />

verlängert werden.<br />

Aufgrund der verzögerten Lieferung der Teile für die Dreheinheit konnte die Drehachse erst<br />

später als geplant aufgebaut und in Betrieb genommen werden. Zudem musste der Spannmechanismus<br />

zur Aufnahme der Werkzeuge im Kegelfutter neu konstruiert und gefertigt werden,<br />

um einen wackelfreien Sitz der Werkzeuge in der Drehachse zu gewährleisten. Daher<br />

konnte mit den Arbeiten zur Werkzeugbearbeitung nicht planmäßig begonnen werden. Aufgrund<br />

der Schwierigkeiten bei der Werkzeugherstellung konnte mit der Erprobung auf industrielle<br />

Tauglichkeit in der Praxis erst sehr spät begonnen werden. Optimierungen der Dreheinheit<br />

und der Werkzeugherstellung wurden durchgeführt.<br />

Durch die Verlängerung konnten die Ziele des Ges<strong>am</strong>tvorhabens erreicht werden.


5 Wissenschaftlicher und technischer Stand, an<br />

den angeknüpft wurde<br />

Das ECF-Verfahren bietet die Möglichkeit der 3D-Mikrobearbeitung von Hochleistungswerkstoffen,<br />

insbesondere Edelstahl, bis in den Sub-Mikrometerbereich. Werkzeug und Werkstück<br />

befinden sich in einem Elektrolyten. Durch Anlegen einer gepulsten Spannung mit<br />

Pulslängen im Nanosekundenbereich kann die elektrochemische Doppelschicht <strong>am</strong> Werkstück<br />

nur bis zu einem bestimmten Arbeitsabstand vom Werkzeug so stark umgeladen werden,<br />

dass ein Materialabtrag <strong>am</strong> Werkstück stattfindet [1]. Am Werkzeug selbst entsteht bei<br />

korrekter Prozessführung kein Verschleiß. Daher ist es möglich, Werkzeuge mit vergleichsweise<br />

einfachen Geometrien, z. B. Zylinder, Kugel oder Konus, einzusetzen und die Werkzeuge<br />

ähnlich wie beim spanabhebenden Fräsen zuzustellen und so Mikrostrukturen herzustellen.<br />

Durch den geringen Arbeitsabstand von bis unter 1 µm und die nahezu kräftefreie<br />

Bearbeitung können hier kleinste Werkzeuge mit wenigen Mikrometern lateraler Ausdehnung<br />

und hohem Aspektverhältnis eingesetzt werden. Obwohl bei der ECF-Technik mit stehenden<br />

Werkzeugen gearbeitet wird, kann es auch sinnvoll sein, rotierende Werkzeuge zu verwenden,<br />

da hierdurch der Elektrolytaustausch im Arbeitsspalt verbessert wird und entstehende<br />

Gasblasen weggespült werden können, was eine Erhöhung der Arbeitsgeschwindigkeit zur<br />

Folge hat. Somit stellt das ECF-Verfahren eine leistungsfähige innovative Form der Mikrobearbeitung<br />

dar. Insbesondere bei der Herstellung einfacher, aber feinster und genauester Geometrien,<br />

z. B. Düsenstrukturen oder bei der Herstellung genauester Mikrospritzgußeinsätze<br />

ist die ECF-Bearbeitung anderen Techniken an Genauigkeit bei gleichzeitig geringen Kosten<br />

im Vorteil. Ähnlich wie bei der spanenden Bearbeitung durch Fräsen hängt die Präzision und<br />

Feinheit der gefertigten 3D-Geometrien neben der Genauigkeit der Werkzeug- bzw. Werkstückverfahrbewegung<br />

insbesondere von der Präzision und Feinheit der Werkzeuge selbst<br />

ab. Vor allem letztgenannte Voraussetzung ist zu Beginn des Projektes noch nicht bzw. nur<br />

unzureichend gegeben. Die Werkzeuge werden aus Wolfr<strong>am</strong>drahtrohlingen mit einem<br />

Durchmesser von typischerweise 50 µm hergestellt. Diese zylindrischen Rohlinge werden auf<br />

einer einfachen labormäßigen Werkzeuganlage mit statischen Potentialen ohne das Anlegen<br />

von Nanosekundenpulsen elektrochemisch auf den gewünschten Enddurchmesser geätzt<br />

[2]. Das Abbruchkriterium für den Ätzprozess ist dabei die geflossene Ladungsmenge. Insbesondere<br />

bei dünnen Werkzeugdurchmessern ist das Erkennen des Endpunktes des Ätzprozesses<br />

sehr kritisch. Im Bereich von 30 µm–40 µm sind die Werkzeugdurchmesser so nur<br />

mit einer Genauigkeit von ±5 µm herzustellen. Die Rohlinge sind dabei auf den Werkzeugträ-


ger geschweißt, welcher anschließend vom Futter der ECF-Anlage aufgenommen wird. Das<br />

Ablängen der Werkzeuge wurde aufgrund der zur Verfügung stehenden Anlagentechnik bereits<br />

vor Projektbeginn durch das ECF-Verfahren realisiert. Dazu wurde das Werkzeug gegen<br />

die Werkstückoberfläche oder eine Referenzfläche gefahren und abgetragen. Die Werkzeuggeometrie<br />

konnte nur durch Vermessen mittels REM oder Lichtmikroskop außerhalb der<br />

Anlage bestimmt werden. Die Nutzungsrechte des ECF-Verfahrens liegen bei der Firma<br />

ECMTEC, die Mitglied des Projektkonsortiums ist. Des Weiteren sind keine weiteren Rechte<br />

Dritter bekannt, die dieses Vorhaben tangieren.<br />

Die genaue Topografiemessung von Mikroaußenzylinderflächen im Durchmesserbereich von<br />

10 µm bis 500 µm stellte vor Projektbeginn ein ungelöstes Problem dar. Kommerzielle taktile<br />

Zylindertopografen, z.B. der Fa. Mahr, waren für die Vermessung der feinen ECF-<br />

Werkzeuge mit Durchmessern von wenigen 10 µm aufgrund der Antastkräfte nicht geeignet,<br />

da die mechanische Antastung zu Verbiegung bzw. irreversibler Deformation oder Zerstörung<br />

führen würde. Der Cylinder Master der Firma Corning [3] ist ein Messgerät für Zylinderaussenflächen<br />

mit einer Auflösung von 0,01 µm. Jedoch können nur Durchmesser von 3 mm<br />

bis 25 mm gemessen werden. Außerdem ist eine in situ Messung mit diesem Messprinzip<br />

nicht realisierbar [4]. Die Wirescan-Messsysteme der Firma BETA LaserMike [5] sind zwar<br />

geeignet, um den Durchmesser von Mikrozylindern mit einer Auflösung bis zu 0,1 µm zu<br />

bestimmen, ein lateral parallel versetzter Laserstrahl wird dabei durch den Prüfling unterbrochen,<br />

das Messprinzip eignet sich aber nicht zur Topografiebestimmung. Insbesondere stellt<br />

die Vermessung der Zylinder an der Stirnfläche ein Problem dar. Die Anwendung einer Streifenprojektion,<br />

bei der der Schatten eines Sinusgitters auf den zylindrischen Prüfling geworfen<br />

wird, wird in [6] beschrieben: Der Zylinderdurchmesser wird durch Messung der Phasenverteilung<br />

des Intensitätsmusters an den Zylinderkanten bestimmt. Hierbei ergeben sich Probleme<br />

durch Abweichungen der Intensitätsverteilung vom sinusförmigen Verlauf durch den<br />

Abstand zwischen Gitter und Prüfling.<br />

11


6 Zus<strong>am</strong>menarbeit mit anderen Stellen<br />

Über die Projektkooperation hinaus erfolgte eine Zus<strong>am</strong>menarbeit mit dem Institut für Zeitmesstechnik,<br />

Fein- und Mikrotechnik der Universität Stuttgart (IZFM), welches durch das<br />

Aufgreifen der ECF-Technik im Jahr 2001 und durch die anschließende Entwicklung einer<br />

eigenen ECF-Anlage über große Erfahrungen bezüglich des mechanischen und elektrischen<br />

Aufbaus der ECF-Anlagen und des Einsatzes der ECF-Technik verfügt.


7 Erzielte Ergebnisse<br />

Zur Herstellung und Vermessung von rotationssymmetrischen Werkzeugen für das ECF<br />

mussten die folgenden Teilaufgaben gelöst werden, die thematisch den einzelnen Projektpartnern<br />

zugeordnet werden können.<br />

Zunächst galt es, eine hinreichend genaue Werkzeugspindel, die für den ECF-Prozess geeignet<br />

ist, zu entwickeln, zu fertigen und in die ECF-Anlage zu integrieren. Zudem musste<br />

eine Bearbeitungsstrategie zur Herstellung rotationssymmetrischer Werkzeuge mittels ECF<br />

entwickelt und implementiert werden. Beide Themenkomplexe wurden durch das <strong>HSG</strong>-<strong>IMAT</strong><br />

bearbeitet.<br />

Der zur Vermessung der Werkzeuge notwendige optische Sensor wurde durch das ITO ausgelegt<br />

und als Laboraufbau realisiert und charakterisiert. Das optimierte System wurde anschließend<br />

auf einem Messsystemträger aufgebaut und gehäust. Die Integration des fertigen<br />

optischen Sensors in die ECF-Anlage erfolgte durch das <strong>HSG</strong>-<strong>IMAT</strong>.<br />

Mittels der durch FhG-IZM und C<strong>WM</strong> entwickelten Software zur korrelationsgestützten Bildverarbeitung<br />

können die Werkzeugbilder hinsichtlich ihrer Geometrie analysiert werden.<br />

Die einzelnen Teilsysteme werden im Folgenden genauer vorgestellt.<br />

7.1 Drehachse und Werkzeuge<br />

7.1.1 Konzepte<br />

Zur Herstellung rotationssymmetrischer Werkzeuge, die mittels ECF-Technik gefertigt werden<br />

sollen, muss das Ges<strong>am</strong>tsystem bestehend aus Drehachse, Werkzeug und pulserzeugender<br />

Elektronik betrachtet werden. Denn zum einen sollen die unbearbeiteten Werkzeuge<br />

in der Drehachse einen möglichst kleinen Rundlauffehler aufweisen, da somit zur Herstellung<br />

von rotationssymmetrischen Werkzeugen nur ein kleines Materialvolumen bearbeitet werden<br />

muss. Dies stellt hohe Anforderungen an die aufzubauende Mechanik. Zum anderen müssen<br />

Drehachse und Werkzeug so aufgebaut sein, dass die für die ECF-Bearbeitung notwendigen<br />

Spannungspulse im Bereich von wenigen Nanosekunden von der Generatorplatine bis zur<br />

Werkstückspitze verlustfrei übertragen werden können.<br />

Somit ergeben sich für die Konstruktion der Drehachse und der Werkzeuge folgende Einzelfragestellungen,<br />

die anschließend genauer diskutiert werden: Elektrische Kontaktierung des<br />

Werkzeugs, Lagerung und Aufbau der Drehachse, Werkzeug bzw. Werkzeugaufnahme. Die


Skizze in Abb. 1 zeigt einen möglichen Aufbau der Drehachse und die zu lösenden Aufgaben.<br />

Zu lösende Aufgaben:<br />

Abb. 1: Schematische Skizze einer Drehachsenanordnung inkl. Werkzeug und zu lösende<br />

Aufgaben<br />

Werkzeughalter<br />

Zunächst wurde sich auf die Konzeption des Werkzeughalters konzentriert, der das eigentliche<br />

Werkzeug, was in der Regel aus einem W-Draht besteht, mit der Drehachse bzw. einem<br />

Werkzeugfutter verbindet. Folgende 4 Varianten wurden erarbeitet und bewertet:<br />

Abb. 2 zeigt den Aufbau der Werkzeuge, wie sie vor Projektbeginn in den ECF-Anlagen verwendet<br />

wurden. Hierbei wird ein 50 µm dicker Wolfr<strong>am</strong>draht mittels Widerstandsschweißen<br />

auf einem 3 mm dicken Stahlzylinder montiert. Beides wird von einem Kunststoffwerkzeughalter<br />

aufgenommen. Der Nachteil dieser Ausführung liegt darin, dass nicht sichergestellt<br />

werden kann, dass sich das Werkzeug auf der Rotationsachse befindet. Zudem stellt die<br />

Schweißverbindung, die während des ECF-Prozesses den korrosiven Dämpfen ausgesetzt<br />

ist, eine Schwachstelle dar. Daraus ergab sich die Notwendigkeit, ein neues Konzept für den<br />

Werkzeughalter zu entwickeln.<br />

14


Abb. 2: Werkzeughalter Variante 1 (Ausführung vor Projekt)<br />

Variante 2<br />

Abb. 3: Werkzeughalter Variante 2<br />

Abb. 3 zeigt den schematischen Aufbau des Werkzeughalters der zweiten Variante. Das<br />

Werkzeug wird hierbei über eine Klebeverbindung fest mit einer Kunststoffführung verbunden.<br />

Die Kunststoffführung wird über eine konische Aufnahme mit der Drehachse verbunden<br />

und zentriert d<strong>am</strong>it das Werkzeug in der Drehachse. Neben der Zentrierung übernimmt die<br />

Kunststoffführung die Aufgabe, das Werkzeug gegenüber der Werkzeugaufnahme elektrisch<br />

zu isolieren. Die elektrische Kontaktierung des Werkzeugs erfolgt über einen Federkontaktstift.<br />

Es ist allerdings zu erwarten, dass das Werkzeug nur sehr schlecht justiert mit der<br />

Kunststoffführung gefügt werden kann.<br />

Bei der Werkzeugvariante, die schematisch in Abb. 4 dargestellt ist, wird das Werkzeug in<br />

einer Spannzange aus Kunststoff aufgenommen, die mittels Überwurfmutter im Werkzeughalter<br />

oder direkt in der Werkzeugspindel verspannt wird. Bei der Verwendung von rotations-<br />

symmetrischen Teilen, die über konische Flächen verspannt werden, ist eine hohe koaxiale<br />

15


Genauigkeit des unbearbeiteten Werkzeugs bezüglich der Spindelachse zu erwarten. Die<br />

elektrische Kontaktierung erfolgt im Inneren des Werkzeugs über einen Federkontaktstift. Die<br />

Kontaktstelle selbst ist somit vor den korrosiven Dämpfen des Elektrolyten geschützt.<br />

Nachteilig wirkt sich die Überwurfmutter aus, da sie in den Raum ragt, den das Werkzeug<br />

einnimmt. Somit muss die Werkzeuglänge erhöht werden, was in einer geringeren Steifigkeit<br />

des Werkzeugs und in größeren induktiven Leitungswiderständen bei der Pulsübertragung<br />

resultiert. Zudem wird durch die Überwurfmutter die Sicht auf den Bearbeitungsbereich versperrt.<br />

Abb. 4: Werkzeughalter Variante 3<br />

Abb. 5 zeigt den schematischen Aufbau der vierten Variante des Werkzeughalters, wie er<br />

auch bei der Firma ECMTEC GmbH zum Einsatz kommt. Hierbei wird das Werkzeug zentrisch<br />

in einem Kunststoffkegel positioniert, der mit Hilfe einer hohlgebohrten Madenschraube<br />

im Werkzeughalter verspannt wird. Aufgrund der Rotationssymmetrie aller verwendeten Teile<br />

ist davon auszugehen, dass der Werkzeugdraht ausreichend genau auf der Rotationsachse<br />

der Dreheinrichtung montiert werden kann. Die elektrische Kontaktierung erfolgt über einen<br />

Federkontaktstift und die Kontaktstelle befindet sich im Inneren des Werkzeugs und ist so<br />

vor den korrosiven Dämpfen des Elektrolyten geschützt. Die spitz zulaufende Form des<br />

Werkzeugs erlaubt einen freien Blick auf die Bearbeitungsstelle.<br />

16


Abb. 5: Werkzeughalter Variante 4 (ECMTEC)<br />

Da Werkzeughalter Variante 1 und 2 in Bezug auf eine hohe Rundlaufgenauigkeit der Werkzeuge<br />

vor der Bearbeitung sehr kritisch zu bewerten sind, werden diese für die spätere Konstruktion<br />

nicht berücksichtigt. Werkzeughalter Variante 3 und 4 sind in ihrer Funktion und<br />

Aufbau sehr ähnlich. Aufgrund der spitz zulaufenden Form, die die Beobachtbarkeit des Arbeitsbereiches<br />

begünstigt und die Verwendung kürzere Werkzeugdrähte erlaubt, wird Variante<br />

4 bevorzugt und in der Konstruktion des Werkzeugs realisiert.<br />

Pulsübertragung<br />

Eine weitere Fragestellung ist die elektrische Kontaktierung des Werkzeugs. Hierbei muss<br />

der auf der ortsfesten Pulserplatine erzeugte kurze Spannungspuls auf das rotierende Werkzeug<br />

übertragen werden. Wie in Abb. 1 ersichtlich ist, ergeben sich hierbei zwei Kontaktstellen.<br />

Über einen Schleifkontakt wird der Puls auf die rotierende Spindel übertragen. Ein zweiter<br />

Kontakt sorgt für die Kontaktierung des Werkzeugs. Für den Kontakt zwischen Pulserplatine<br />

und rotierendem Werkzeug sind prinzipiell zwei Varianten vorstellbar, die in Abb. 6<br />

schematisch dargestellt sind.<br />

17


Kontaktierung<br />

<strong>am</strong> Umfang:<br />

Kontaktierung<br />

an Stirnfläche:<br />

Abb. 6: Kontaktieren der Dreheinheit: links: Kontaktierung <strong>am</strong> Umfang; rechts: Kontaktierung<br />

an Stirnfläche<br />

Bei der rechten Variante erfolgt die Kontaktierung auf der Stirnseite der Drehachse. Es stoßen<br />

ein ortsfester Federkontaktstift und die rotierende Achse aufeinander, so dass an der<br />

Kontaktstelle eine Art „bohrende“ Beanspruchung vorliegt, die aus Verschleißgründen eine<br />

Schwachstelle darstellt. Bei der linken Variante wird die rotierende Achse an ihrem Umfang<br />

über einen federnd gelagerten Goldkontakt kontaktiert. Aus Gründen der Zuverlässigkeit ist<br />

auch denkbar, mehrere Federkontakte parallel anzuordnen und so ein redundantes System<br />

aufzubauen und den Übergangswiderstand zu reduzieren. Zwar sind beide Varianten ohne<br />

großen Aufwand zu realisieren, doch ist die Variante mit Kontaktierung über den Umfang der<br />

Stirnkontaktierung aus Zuverlässigkeitsgründen vorzuziehen. In vorangegangenen Arbeiten<br />

konnte gezeigt werden, dass 30 ns-Pulse über einen derartigen Schleifkontakt zuverlässig<br />

übertragen werden können [7]. Abb. 7 zeigt einen Testaufbau für die Pulsübertragung über<br />

einen Schleifkontakt <strong>am</strong> Umfang. In Abb. 8 ist die Messung der Übertragung eines 30 ns-<br />

Pulses über den Schleifkontakt zu sehen. Die linke Messung entstand bei stehender Achse,<br />

die rechte bei rotierender Achse. Die Rotationsgeschwindigkeit betrug 1 U/s. Man erkennt,<br />

dass in beiden Fällen der Spannungspuls ohne Veränderung über den Schleifkontakt übertragen<br />

wird.<br />

18


Abb. 7: Testaufbau zur Übertragung von kurzen Spannungspulsen auf eine rotierende<br />

Achse<br />

Abb. 8: Messung von 30 ns-Spannungspulsen vor (dunkelblau/oben) und nach (hellblau/unten)<br />

dem Schleifkontakt: links ohne Rotation; rechts: bei rotierender Welle (1 U/s)<br />

Da bei der zweiten Kontaktstelle sowohl Drehachse als auch Werkzeug mit der gleichen Rotationsgeschwindigkeit<br />

drehen, zwischen ihnen also keine Relativbewegung auftritt, kann die<br />

Kontaktierung des Werkzeugs mit einem einfachen Federkontaktstift realisiert werden. Um<br />

aber auch hier einen möglichst geringen Übergangswiderstand und eine sichere Kontaktierung<br />

zu realisieren, wurden auch hier unterschiedliche Varianten untersucht, die sich im Wesentlichen<br />

in der Form des Werkzeugdrahtes unterscheiden.<br />

19


Goldkontaktstift<br />

Madenschraube<br />

Kunststoffkegel<br />

Werkzeugdraht<br />

6 mm<br />

Abb. 9: Kontaktierung des Werkzeugs<br />

(Konzept 1)<br />

Goldkontaktstift<br />

Madenschraube<br />

Kontaktierblättchen<br />

Kunststoffkegel<br />

Werkzeugdraht<br />

6 mm<br />

Abb. 10: Kontaktierung des Werkzeugs<br />

(Konzept 2)<br />

Abb. 9 und Abb. 10 zeigen zwei mögliche Varianten, die im Wesentlichen aus den gleichen<br />

Elementen bestehen. Ein konischer Kunststoffkegel (grün) wird mittels hohlgebohrter Madenschraube<br />

(rot) im Werkzeugfutter (nicht dargestellt) verspannt, wodurch der Werkzeugdraht<br />

(gold) geklemmt wird. Diese Anordnung entspricht der in Abb. 5 dargestellten Variante<br />

4 des Werkzeughalters. In Abb. 9 wird der Werkzeugdraht direkt über einen Federkontaktstift<br />

mit kegelförmiger Spitze kontaktiert. In Abb. 10 ist an das Ende des Werkzeugdrahtes<br />

zusätzlich ein Kontaktblech montiert, was für einen definierten Kontakt sorgen soll. Allerdings<br />

stellt die Fertigung von Werkzeugdrähten mit Kontaktblättchen ein nicht triviales Problem<br />

dar. Da in beiden Varianten eine zuverlässige Kontaktierung realisiert werden kann, wurde<br />

sich für die Umsetzung der leichter zu realisierenden Variante entschieden, wie sie in Abb. 9<br />

dargestellt ist.<br />

Lagereinbau und Lageranordnung<br />

Für die Lagerung der Spindel wurden zwei Konzepte genauer untersucht. Abb. 11 zeigt die<br />

Skizze des schematischen Aufbaus der ersten Variante. Zentrales Element ist hierbei ein<br />

zweireihiges Rillenkugellager, in dessen Innenring die Antriebswelle (rot) eingepresst wird.<br />

Die Antriebswelle verfügt über eine Längsbohrung, über die die elektrische Kontaktierung<br />

des Werkzeugs erfolgt, und wird mittels Elektromotor (nicht dargestellt) über ein Zahnradgetriebe<br />

angetrieben.<br />

Das Kegelfutter des Werkzeugs (dunkelgrün) wird über eine Spielpassung in den Innenring<br />

des Rillenkugellagers montiert und mittels eines Federmechanismus fixiert.<br />

20


Antriebswelle<br />

Zahnrad-/Zahnriemenantrieb<br />

Madenschraube<br />

Kunststoffkegel<br />

Abb. 11: Lagerung der Spindel (Konzept I)<br />

El. Kontatkierung <strong>am</strong> Umfang<br />

Federmechanismus<br />

Zweireihiges Kugellager<br />

Werkzeugfutter<br />

Werkzeug<br />

Diese Variante zeichnet sich durch einen sehr einfachen Aufbau aus, bei dem nur sehr wenige<br />

Teile gefertigt werden müssen. Die hohe Rundlaufgenauigkeit der Rillenkugellager wird<br />

ausgenutzt und das Werkzeug direkt im Innenring montiert. Die Befestigung des Werkzeugs<br />

im Werkzeugfutter erfolgt nach der oben beschriebenen Variante 4 (vgl. Abb. 5). Allerdings<br />

wird das Werkzeugfutter nicht in der Drehachse zentriert, so dass sich dadurch höhere<br />

Rundlauffehler ergeben könnten.<br />

In Abb. 12 ist die Lagerung der Spindelwelle mit einer Zwei-Lager-Anordnung realisiert, die<br />

zur Reduzierung des Lagerspiels verspannt eingebaut werden. Die Spindel wird von den<br />

Innenringen der Lager aufgenommen und verfügt über eine Längsbohrung, über die das<br />

Werkzeug elektrisch kontaktiert wird. Die Werkzeugaufnahme ist über einen Kegelsitz realisiert,<br />

so dass die Werkzeuge in der Spindel zentriert werden. Die Werkzeughalterung entspricht<br />

der oben beschriebenen Variante 4 (vgl. Abb. 5). Die Kontaktierung des Werkzeugdrahtes<br />

erfolgt entsprechend der in Abb. 9 dargestellten Variante. Die Isolierhülse sorgt für<br />

die elektrische Isolierung des Federkontaktstifts.<br />

21


Zahnradantrieb El. Kontaktierung <strong>am</strong> Umfang<br />

Madenschraube<br />

Kunststoffkegel<br />

Werkzeug<br />

Abb. 12: Lagerung der Spindel (Konzept II)<br />

7.1.2 Konstruktion und Design<br />

Einreihiges Rillenkugellager<br />

Federkontaktstift<br />

Isolierhülse<br />

Spindel<br />

Einreihiges Rillenkugellager<br />

Aus den in Kap. 7.1.1 angestellten Überlegungen ergibt sich für Werkzeug und Drehachse<br />

folgende Konstruktion, deren Aufbau in Abb. 13 dargestellt ist. Die Dreheinheit stellt eine<br />

eigenständige Baugruppe dar, die an die im Projekt einzusetzenden Bearbeitungsköpfe montiert<br />

werden kann. Kernstück stellen zwei einreihige Schrägkugellager dar, deren Rundlaufgenauigkeit<br />

auf kleiner 2 µm spezifiziert ist. Die Lager nehmen die Hülse der Drehachse auf,<br />

deren Konusfläche als Passfläche zur Aufnahme der Kegelfutter dient. Die Spindelwelle wird<br />

in die Hülse der Drehachse gepresst. Sie enthält den Mechanismus zur elektrischen Kontaktierung<br />

des Werkzeugs in Form einer Schraube mit eingelötetem Kontaktstift, die gegenüber<br />

der Spindelwelle isoliert ist. Die Konusflächen von Kegelfutter und Hülse der Drehachse<br />

werden über einen Federmechanismus aufeinander gezogen (siehe Abb. 14)<br />

22


Elektrische<br />

Kontaktierung<br />

Hülse-<br />

Drehachse<br />

Werkzeughalter<br />

Abb. 13: Schnittzeichnung durch die Dreheinheit<br />

Hülse der<br />

Drehachse<br />

Kegelfutter<br />

Feder<br />

Kunststoffkegel<br />

Spindelwelle<br />

Flanschplatte<br />

Kugellager<br />

Feder<br />

Spindellagerpfanne<br />

Abb. 14: Detailansicht: Aufnahme des Werkzeugs / Kegelfutter in der Dreheinheit und<br />

Entstehung der Haltekraft<br />

Die Haltekraft, mit der die beiden Konusflächen aufeinander gezogen werden, ist in Abb. 15<br />

in Abhängigkeit des Winkels α wiedergegeben.<br />

FH<br />

FH<br />

α<br />

23


Haltekraft FH [N]<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

Haltekraft und Verschiebung über Kegelwinkel<br />

Haltekraft Verschiebung<br />

0 20 40 60 80 100<br />

Kegelwinkel α[°]<br />

Abb. 15: Haltekraft und Einzugweg des Werkzeugs in Abhängigkeit des Winkels α (vgl.<br />

Abb. 14)<br />

Wie dem Graphen entnommen werden kann, können mit dieser Anordnung maximale Haltekräfte<br />

von 10 N bei einem Winkel von 57° realisiert werden. Die Strecke, auf der diese Kraft<br />

wirkt, ist allerdings sehr kurz. Deshalb wurde ein Winkel von 40° realisiert, bei dem eine noch<br />

ausreichende Kraft von 9 N entwickelt wird und diese Kraft über einen längeren Weg wirkt.<br />

Die Montage des Werkzeugdrahtes im Kegelfutter wird über die Werkzeughalter Variante 4<br />

(vgl. Abb. 5) realisiert. Abb. 16 zeigt den Aufbau eines Werkzeugs in Schnittdarstellung. Ein<br />

Kunststoffkegel, der eine koaxiale Bohrung mit einem Durchmesser von 250 µm besitzt, wird<br />

von einer modifizierten Madenschraube im Kegelfutter verspannt und so der Werkzeugdraht<br />

in der Bohrung kraftschlüssig montiert. Die Madenschraube wurde hohlgebohrt und die Innenfläche<br />

durch Einpressen einer Kunststoffhüse elektrisch isoliert. Durch diese zentrische<br />

Bohrung kann der W-Draht über einen Federkontaktstift elektrisch kontaktiert werden.<br />

700<br />

600<br />

500<br />

400<br />

300<br />

200<br />

100<br />

0<br />

dz [µm] bei dx 10µm<br />

24


Abb. 16: Kegelfutter<br />

Kegelfutter<br />

W-Draht<br />

7.1.3 Aufbau des Teilsystems<br />

Kunststoffkegel<br />

Federdraht<br />

Durchbohrte<br />

Madenschraube<br />

Kunststoffhülse<br />

k l<br />

Nachdem alle Komponenten der Dreheinheit gefertigt wurden, wurde die Dreheinheit aufgebaut<br />

und in die ECF-Anlage des <strong>HSG</strong>-<strong>IMAT</strong> implementiert. Abb. 17 zeigt ein Bild der fertig<br />

aufgebauten Dreheinheit ohne Gehäuse, so dass die Pulsgeneratorplatine, der Schleifkontakt<br />

und der Zahnriemenantrieb sichtbar sind.<br />

Pulsgenerator<br />

Schleifkontakt<br />

Zahnriemenantrieb<br />

Spindellagerpfanne<br />

Kegelfutter<br />

W-Draht<br />

Abb. 17: Dreheinheit mit Pulsgenerator, Schleifkontakt, Zahnriemenantrieb<br />

Um die Rundlaufgenauigkeit der Drehachse zu bestimmen, wird die Konusfläche der Hülse<br />

der Drehachse, die zur Aufnahme des Werkzeugfutters dient, mit einer Messuhr zu 1-2 µm<br />

bestimmt. Die spezifizierte Rundlaufgenauigkeit der Rillenkugellager beträgt < 2 µm und stellt<br />

25


den minimalen Rundlauffehler der Dreheinrichtung dar, der nicht korrigiert werden kann. Die<br />

Rundlaufgenauigkeit der Drehachse ist d<strong>am</strong>it als ausreichend anzusehen.<br />

7.1.4 Erprobung<br />

Versuche zeigten, dass sowohl bei stehendem als auch bei rotierendem Werkzeug der<br />

Spannungspuls vom Pulsgenerator bis auf den Werkzeugdraht übertragen wird und eine<br />

Bearbeitung möglich ist.<br />

Vermisst man den Rundlauf von Werkzeugen vor der Bearbeitung, fällt auf, dass diese einen<br />

verhältnismäßigen großen Rundlauffehler aufweisen. Hierfür können zwei Ursachen festgestellt<br />

werden.<br />

Aufgrund der kurzen Konusfläche der Spindelwelle und der d<strong>am</strong>it verbundenen kurzen Federwege<br />

werden die Konusflächen von Kegelfutter und Drehachsenhülse nicht mit ausreichender<br />

Kraft aufeinander gezogen, so dass es nicht zur Berührung auf der ges<strong>am</strong>ten Konusfläche<br />

kommt. Die Passung der Konusflächen weist also Spiel auf, wodurch es zum Wackeln<br />

der Werkzeuge kommt.<br />

Als zweite Fehlerquelle konnte der Kunststoffkonus ausgemacht werden, der den Werkzeugdraht<br />

gegenüber dem Werkzeugfutter elektrisch isoliert. Fertigungsbedingt weist die<br />

zentrische Bohrung eine große Toleranz bezüglich Koaxialität auf, so dass der Werkzeugdraht<br />

gegenüber der Rotationsachse verkippt wird. Zudem neigt Kunststoff unter mechanischer<br />

Belastung zum Fließen, was den Rundlauf des Werkzeugs zusätzlich verschlechtern<br />

kann.<br />

7.1.5 Optimierung<br />

Um Werkzeugwackeln zu unterbinden, wurde zunächst die Form der Feder, die die Spannkraft<br />

für die Werkzeuge entwickelt, verändert (vgl. Abb. 18 und Abb. 19).<br />

26


Abb. 18: Feder im Werkzeugfutter Abb. 19: Modifizierte Feder im Werkzeugfutter<br />

Die Modifikation sollte die von der Feder erzeugte Spannkraft erhöhen, brachte aber keine<br />

wesentliche Verbesserung in Bezug auf das Wackeln des Werkzeugs, so dass der bestehende<br />

Spannmechanismus durch ein neues Spannsystem ersetzt wurde. Abb. 20 zeigt den<br />

schematischen Aufbau der Drehachse mit altem und neuem Spannmechanismus. Beide Aufbauten<br />

unterscheiden sich durch die Spindelwelle. Im Gegensatz zur ursprünglichen Version<br />

wurde die neue Spindelwelle aus drei Teilen gefertigt, wobei sich zwei in axialer Richtung<br />

verschieben lassen. Mit Hilfe des Bodenteils werden beide Teile durch eine Spiralfeder so<br />

miteinander verspannt, dass eine Kraft in Einzugsrichtung des Werkzeugs entsteht. Ein Bajonettverschluss<br />

bildet einen Hinterschnitt mit der Feder im Werkzeugfutter, wodurch die<br />

Kraft der Spiralfeder formschlüssig auf das Kegelfutter übertragen wird.<br />

27


Altes Konzept Neues Konzept<br />

Schleifkontakt<br />

Zahnrad<br />

Schraube mit<br />

eingelötetem Kontaktstift<br />

Isolierung<br />

Spindelwelle (neu) I<br />

Druckfeder<br />

Spindelwelle (neu) II<br />

Boden Spindelwelle<br />

Spindelwelle (alt)<br />

Hülse der Drehachse<br />

Kegelfutter<br />

Bajonett-<br />

verschluss<br />

Abb. 20: Dreheinheit; li: alter Spannmechanismus; re: optimierter Spannmechanismus<br />

Durch die Modifikation werden die Kegelfutter der Werkzeuge mit einer definierten Kraft von<br />

25 N in den Kegelsitz gezogen und der Rundlauf der Werkzeugrohlinge konnte erheblich<br />

verbessert werden.<br />

Um den Einfluss der Kunststoffkegel auf den Rundlauffehler zu verkleinern, wurden Kunststoffkegel,<br />

die zunächst aus Gründen der chemischen Beständigkeit aus PTFE gefertigt wurden,<br />

durch Kegel aus PP und POM ersetzt. PP und POM weisen mit einer Zugfestigkeit von<br />

33 N/mm 2 bzw. 60 – 70 N/mm 2 eine höhere Zugfestigkeit auf als PTFE mit 15 – 25 N/mm 2 ,<br />

was sich auch im mechanischen Verhalten widerspiegelt. Durch die Verwendung von steiferen<br />

Kegeln konnte die Rundlaufgenauigkeit der Werkzeugrohlinge weiter gesteigert werden.<br />

Ein Fließen des Werkstoffs konnte aber bei keinem der verwendeten Kunststoffkegel verhindert<br />

werden.<br />

7.2 Herstellung rotationssymmetrischer Werkzeuge<br />

7.2.1 Konzepte<br />

Die Herstellung rotationssymmetrischer Werkzeuge soll in situ in der ECF-Anlage stattfinden,<br />

wobei der Materialabtrag dabei mittels elektrochemischer Bearbeitung mit ultrakurzen Spannungspulsen<br />

erfolgen soll. Durch Anpassen der elektrochemischen Bearbeitungspar<strong>am</strong>eter<br />

kann der ECF-Prozess derart verändert werden, dass der Materialabtrag nicht <strong>am</strong> Werk-<br />

28


stück, sondern <strong>am</strong> Werkzeug erfolgt. Dies wird vornehmlich durch Invertierung der Spannungspulse<br />

und Verschieben des Spannungsniveaus erreicht. Die Form der Gegenelektrode<br />

wird dabei in das Werkstück übertragen.<br />

Ähnlich dem Vorgehen zur Herstellung rotationssymmetrischer Werkzeuge für die Funkenerosion<br />

sollen auch in der ECF-Anlage Werkzeuge hergestellt werden. Das rotierende Werkzeug<br />

wird gegen eine ortsfeste Gegenelektrode bearbeitet, deren Form sich auf das Werkzeug<br />

überträgt. Im einfachsten Fall kann ein gespannter Draht als Gegenelektrode dienen.<br />

Die Anordnung der Elektroden zur Werkzeugbearbeitung ist schematisch in Abb. 21 dargestellt.<br />

W-Draht<br />

(∅ 500µm)<br />

Platindraht<br />

(∅ 500µm)<br />

Abdünnen: Ablängen/Abflachen:<br />

W-Draht<br />

(∅ 20µm)<br />

∅ 20 µm<br />

∅ 500 µm<br />

Abb. 21: Elektrodenanordnung zur Herstellung rotationssymmetrischer Werkzeuge<br />

Zur Durchmesserreduktion wird das Werkzeug seitlich versetzt oberhalb des Platindrahtes<br />

positioniert und in axialer Richtung zugestellt. Das Werkzeug rotiert dabei und wird ähnlich<br />

der Bearbeitung in einer Drehmaschine abgetragen. Zum Einstellen der Spitzengeometrie<br />

wird das Werkzeug mit dem reduzierten Querschnitt mittig über den Platindraht positioniert<br />

und die Spitze durch eine einfache Bohrbearbeitung abgetragen. Das Resultat ist ein Werkzeug<br />

mit zylindrischer Schneide.<br />

7.2.2 Konstruktion und Design<br />

Wie in 7.2.1 beschrieben, muss zum Herstellen rotationssymmetrischer Werkzeuge das rotierende<br />

Werkzeug gegen eine ortsfeste Gegenelektrode abgetragen werden. Die Herstellung<br />

einer Drehvorrichtung wurde im Kap.7.1 bereits ausführlich beschrieben. Im Folgenden<br />

wird die Konstruktion der Gegenelektrodenanordnung genauer beschrieben.<br />

29


Als Gegenelektrode dient zunächst ein Platindraht mit einem Durchmesser von 500 µm, der<br />

in einem Rahmen aus PTFE geführt wird. Der Rahmen wird s<strong>am</strong>t Draht in einem Becken,<br />

das mit Elektrolyt gefüllt werden kann, eingetaucht, so dass sich der Platindraht dicht unter<br />

der Elektrolytoberfläche befindet.<br />

Platindraht<br />

(∅500µm;<br />

freie Länge: 15mm)<br />

Rahmen (PTFE)<br />

Bad (PTFE)<br />

Abb. 22: Elektrodenanordnung zur Herstellung rotationssymmetrischer Werkzeuge in<br />

Variante 1<br />

Im Zuge der Werkzeugherstellung wurde die Anordnung der Gegenelektrode zweimal verändert,<br />

um auch Platindrähte mit dünnerem Querschnitt spannen zu können. Die beiden anderen<br />

Varianten sind in Abb. 23 und Abb. 24 dargestellt. Bei Variante 2 wurde gegenüber Variante<br />

1 der Rahmen derart verändert, dass ein Pt-Draht mit 100 µm Durchmesser zwischen<br />

den beiden Hälften des Rahmens festgeklemmt werden kann. Um die Höhe des Pt-Drahtes<br />

einzustellen, wird dieser über zwei Führungswellen gespannt. Die freie Länge des Drahtes<br />

wurde gegenüber Variante 1 von 15 mm auf 4 mm reduziert. Bei Variante 3 wurde der Pt-<br />

Draht über zwei Zapfen fest mit den beiden Rahmenhälften verbunden. Diese können aber<br />

im Gegensatz zu Variante 2 über zwei Schrauben parallel zueinander verschoben werden,<br />

wodurch der Pt-Draht gespannt werden kann. Die freie Länge des Drahtes beträgt ca.<br />

15 mm.<br />

30


Rahmen (Teil 1)<br />

Rahmen (Teil 2)<br />

Führungswelle<br />

Pt-Draht<br />

(∅100µm)<br />

Abb. 23: Elektrodenanordnung zur Herstellung rotationssymmetrischer Werkzeuge in<br />

Variante 2; Pt-Draht-∅ 100 µm<br />

Rahmen (ortsfest)<br />

Gespannter Pt-Draht<br />

(∅100µm)<br />

Rahmen (beweglich)<br />

Schrauben zum Spannen<br />

des Pt-Drahtes<br />

Abb. 24: Elektrodenanordnung zur Herstellung rotationssymmetrischer Werkzeuge in<br />

Variante 3; Pt-Draht-∅ 100 µm<br />

7.2.3 Aufbau des Teilsystems<br />

Die oben beschriebenen Varianten der Anordnung der Gegenelektrode wurden aus PTFE<br />

gefertigt und in die ECF-Anlage implementiert. Abb. 25 zeigt die Gegenelektrodenanordnung<br />

in Variante 1 in der ECF-Anlage. Zusätzlich wurde ein Becken zum Abdünnen von<br />

Werkzeugen mit statischen Potentialen und ein Spülbecken mit DI-Wasser in die Anlage integriert.<br />

31


Pt-Spirale zum Ätzen<br />

mit statischen<br />

Potentialen<br />

Pt-Draht zum Ätzen<br />

mit kurzen<br />

Spannungspulsen<br />

Spülbecken<br />

(DI-Wasser)<br />

Abb. 25: Bad- und Elektrodenanordnung zur Herstellung rotationssymmetrischer Werkzeuge<br />

in Variante 1 (links); Becken zum Ätzen mit statischen Potentialen (rechts hinten);<br />

Spülbecken für DI-Wasser (rechts vorne)<br />

7.2.4 Erprobung und Optimierung<br />

Zunächst wurden die elektrochemischen Bearbeitungspar<strong>am</strong>eter für die Werkzeugbearbeitung<br />

in einer 2M NaOH-Lösung optimiert. Hierfür wurden Bearbeitungen mit nicht rotierendem<br />

Werkzeug durchgeführt und das Werkzeug seitlich versetzt neben der Gegenelektrode<br />

positioniert und in horizontaler Richtung auf die Gegenelektrode verfahren, so dass die Gegenelektrode<br />

in Form einer Kerbe im Werkzeug abgeformt wird. Das Ergebnis einer solchen<br />

Bearbeitung mit einem 500 µm dicken W-Draht und einer Gegenelektrode mit 500 µm Durchmesser<br />

ist in Abb. 26 zu sehen. Dem konstanten Werkzeugpotential UTip=300 mV wurden<br />

Spannungspulse mit einer Amplitude von Um=2700 mV und einer Pulsweite PW=100 ns<br />

überlagert.<br />

Abb. 26: Bearbeitungsergebnis zur Optimierung der Bearbeitungspar<strong>am</strong>eter von Wolfr<strong>am</strong><br />

in 2M NaOH-Lösung<br />

Es ist gut erkennbar, dass die Bearbeitung nur sehr lokal um die Gegenelektrode stattgefunden<br />

hat, so dass diese Par<strong>am</strong>eter für die nächsten Bearbeitungen beibehalten wurden.<br />

32


Als nächster Bearbeitungsschritt sollten die Ergebnisse auf rotierende Werkzeuge übertragen<br />

werden. Hierfür wurde die gleiche Versuchsanordnung wie oben beschrieben aufgebaut.<br />

Die Ergebnisse von zwei Bearbeitungen sind in Abb. 27 und Abb. 28 dargestellt. Die Bearbeitung<br />

des in Abb. 27 dargestellten Werkzeugs erfolgte aber mit Spannungspulsen mit einer<br />

Pulsweite PW=200 ns und rotiertem Werkzeug. Die Bearbeitungspar<strong>am</strong>eter des in Abb.<br />

28 abgebildeten Werkzeugs unterscheiden sich zum vorherigen Werkzeug durch die Wahl<br />

einer höheren Puls<strong>am</strong>plitude von Um=4000 mV.<br />

Abb. 27: REM-Bild eines in 2M NaOH bearbeiteten rotierenden Werkzeugs. Stelle mit<br />

größter Unwucht wurde nicht bearbeitet<br />

Abb. 28: REM-Bild eines in 2M NaOH bearbeiteten rotierenden Werkzeugs. Stelle mit<br />

größter Unwucht wurde nicht bearbeitet<br />

Wie in Abb. 27 und Abb. 28 im rechten Bild deutlich zu sehen ist, wurden beide Werkzeuge<br />

nicht auf ihrem ges<strong>am</strong>ten Umfang bearbeitet. Die Stelle mit der größten Unwucht wurde nicht<br />

bearbeitet, was in der Herstellungsstrategie begründet liegt. Das Werkzeug verfährt in horizontaler<br />

Richtung, bis ein Kontakt detektiert wird. In diesem Falle wird die Vorschubbewegung<br />

gestoppt und das Werkzeug wird entgegen der Bearbeitungsrichtung verfahren, bis der<br />

Kontakt gelöst wurde. Bei rotierenden Werkzeugen löst die Stelle mit der größten Unwucht<br />

den ersten Kontakt aus. Der Kontakt wird detektiert, aber nicht durch Zurückfahren entgegen<br />

der Vorschubrichtung sondern durch das „Weiterdrehen“ der Unwucht gelöst. Die Maschine<br />

33


setzt nach dem Lösen des Kontaktes die Bearbeitung fort, bis nach einer vollen Umdrehung<br />

die Unwucht den nächsten Kontakt auslöst. Da der Strom im Kontaktfall nicht über den Elektrolyten<br />

fließt, sondern über den Kurzschluss direkt zur Gegenelektrode, findet an der Stelle<br />

mit der Unwucht keine elektrochemische Reaktion und d<strong>am</strong>it auch kein Materialabtrag statt.<br />

Ein ähnliches Bearbeitungsbild ergibt sich, wenn man das Werkzeug seitlich versetzt oberhalb<br />

der Gegenelektrode positioniert und mit Hilfe der bereits installierten Funktion „Autobohren“<br />

bearbeiten lässt. Hierbei wird bei rotierendem Werkzeug kontinuierlich in z-Richtung<br />

zugestellt, bis ein Kontakt detektiert wird und dann entgegen der Bearbeitungsrichtung verfahren,<br />

bis der Kontakt gelöst wurde. Abb. 29 zeigt das Ergebnis einer solchen Bearbeitung,<br />

wobei UTip=300 mV, Um=2700 mV und PW=200 ns gewählt wurde.<br />

Abb. 29: REM-Aufnahmen eines Werkzeugs, das mit der Funktion „Autobohren“ hergestellt<br />

wurde.<br />

Auch hier erkennt man, dass die Stelle mit der größten Unwucht, die eigentlich abgetragen<br />

werden sollte, nicht bearbeitet wurde. Als Ursache ist der schon oben beschriebene Effekt zu<br />

nennen, nämlich dass der Kontakt nicht durch die Ausweichstrategie sondern durch das<br />

„Weiterdrehen“ der Unwucht gelöst wurde.<br />

Aufgrund dieser Tatsache wurde die Fertigungsstrategie derart geändert, dass sichergestellt<br />

ist, dass der Kontakt nicht durch das „Weiterdrehen“ der Unwucht sondern durch das Zurückfahren<br />

der Maschinenachsen entgegen der Bearbeitungsrichtung gelöst wird. Folgender Ansatz<br />

wurde verfolgt:<br />

Das rotierende Werkzeug nähert sich der Gegenelektrode, bis ein Kontakt detektiert wird.<br />

Das Werkzeug verfährt entgegen seiner Bearbeitungsrichtung, bis der Kontakt gelöst ist und<br />

bleibt an dieser Stelle für eine bestimmte Bearbeitungszeit stehen. Während dieser Bearbeitungszeit<br />

wird das Material <strong>am</strong> Werkzeug, was sich innerhalb des Arbeitsabstandes befindet,<br />

abgetragen. Anschließend wird wieder in Bearbeitungsrichtung zugestellt bis ein Kontakt<br />

auftritt und anschließend wieder bearbeitet, bis alles Material im Arbeitsspalt abgetragen<br />

wurde.<br />

34


In einer ersten Bearbeitung wurde diese Strategie durch manuelles Verfahren der Achsen<br />

umgesetzt (siehe Abb. 30). Das Werkzeug wurde seitlich versetzt neben der Gegenelektrode<br />

platziert und radialer Richtung verfahren. Als Werkzeugpotential wurde eine Spannung<br />

von UTip=300 mV angelegt und es wurden 200 ns Spannungspulse mit einer Amplitude von<br />

Um= 2700 mV überlagert.<br />

Abb. 30: Werkzeug mit rotationssymmetrischem Einstich, hergestellt durch manuelle<br />

Zustellung der Achsen (W0011)<br />

Wie man in Abb. 30 gut erkennen kann, wurde das Werkzeug auf seinem ges<strong>am</strong>ten Umfang<br />

bearbeitet. Die angewandte Strategie wird deshalb für eine automatisierte Herstellung progr<strong>am</strong>miert<br />

und in die Anlage implementiert.<br />

Alle bisher gezeigten Bearbeitungsergebnisse wurden mit der Gegenelektrodenanordnung<br />

der Variante 1 mit einem Pt-Draht mit 500 µm Durchmesser hergestellt. Da sich hierbei relativ<br />

große Flächen des Werkzeugs innerhalb des Arbeitsabstandes befinden, sind die fließenden<br />

Ladeströme verhältnismäßig groß. Der Pulsgenerator ist aber auf einen Maximalstrom<br />

von 2,5 A begrenzt.<br />

Um die umzuladenden Flächen bei der Bearbeitung zu verkleinern, wurde die Gegenelektrodenanordnung<br />

in Variante 2 mit einem Pt-Draht mit 100 µm Durchmesser verwendet. Um die<br />

Bearbeitungspar<strong>am</strong>eter zu überprüfen und auf die geänderten geometrischen Verhältnisse<br />

anzupassen, wurde das Werkzeug seitlich versetzt neben der Gegenelektrode positioniert<br />

und bezüglich der Werkzeugachse in radialer Richtung verfahren, so dass sich die Gegenelektrode<br />

im Werkzeug abbildet. Das Ergebnis der Bearbeitung eines Werkzeugs mit einem<br />

W-Draht mit 500 µm Durchmesser ist in Abb. 31 dargestellt. Als konstantes Werkzeugpotential<br />

wurde eine Spannung UTip= -100 mV angelegt, der 400 ns Spannungspulse mit einer<br />

Amplitude von Um= 2700 mV überlagert wurden.<br />

35


Abb. 31: Werkzeug mit eingebrachter Kerbe<br />

Wie man in Abb. 31 gut erkennen kann, hat sich die Gegenelektrode sehr scharfkantig in<br />

den W-Draht abgeformt. Die Kerbe weist eine Breite von 135 µm, so dass sich hieraus ein<br />

Arbeitsabstand von 17,5 µm folgern lässt.<br />

Nachdem gezeigt werden konnte, dass sich Werkzeuge mittels schrittweiser Bearbeitung<br />

rotationssymmetrisch herstellen lassen, wurde folgende Herstellungsstrategie für die automatische<br />

Werkzeugherstellung progr<strong>am</strong>miert und in die ECF-Anlage implementiert:<br />

Durch Antasten der Gegenelektrode mit dem W-Draht und Messen des Kurzschlussstroms<br />

lässt sich die relative Lage des Werkzeugsdrahtes zum Pt-Draht bestimmen. Dies erfolgt bei<br />

rotierendem Werkzeug, so dass der Berührpunkt der Stelle mit der größten Unwucht entspricht.<br />

Der W-Draht wird seitlich versetzt oberhalb des Pt-Drahtes positioniert und verfährt<br />

dann bei ausgeschaltetem Pulser in z-Richtung, d.h. axial zur Werkzeugachse, bis der W-<br />

Draht den Pt-Draht berührt. An dieser Stelle stoppen die Achsen und der Kontakt wird durch<br />

Zurückfahren entgegen der Bearbeitungsrichtung gelöst, so dass gerade keine Berührung<br />

mehr stattfindet (vgl. Abb. 32 Schritt 1).<br />

36


z<br />

Schritt 1 Schritt 2 Schritt 3 Schritt n<br />

y<br />

x<br />

W-Draht<br />

Pt-Draht<br />

1. Kontakt Pulse einschalten<br />

bis Material bis zum<br />

Arbeitsabstand<br />

entfernt<br />

In z-Richtung<br />

zustellen bis<br />

Kontakt detektiert<br />

Nach n<br />

Zustellungen in<br />

z-Richtung<br />

Abb. 32: Schematische Darstellung des Herstellungsprozesses rotationssymmetrischer<br />

Werkzeuge (Durchmesserreduktion)<br />

An dieser Stelle verweilt das Werkzeug bei eingeschalteten Spannungspulsen für die Bearbeitungszeit,<br />

so dass das Material des Werkzeugs, was in den Arbeitsspalt ragt, aufgelöst<br />

wird (vgl. Abb. 32 Schritt 2). Nach erfolgter Bearbeitung verfährt das Werkzeug einige Male<br />

zwischen Bearbeitungshöhe und Rückzugsebene hin und her, um frischen Elektrolyten um<br />

das Werkzeug und den Pt-Draht zu pumpen und verfährt anschließend in z-Richtung bis es<br />

den Pt-Draht berührt (vgl. Abb. 32 Schritt 3), löst den Kontakt und bearbeitet das Werkzeug<br />

für die Bearbeitungszeit, wobei das Material im Arbeitsspalt gelöst wird. Diese Schleife setzt<br />

sich solange fort, bis die zuvor eingestellte Schneidenlänge erreicht ist.<br />

Die Spitzengeometrie des Werkzeugs wird in einem zweiten Bearbeitungsschritt hergestellt.<br />

Das Vorgehen zum Herstellen zylindrischer Werkzeuge ist in Abb. 33 dargestellt. Das im<br />

Durchmesser reduzierte Werkzeug wird mit der Spitze neben dem Pt-Draht positioniert und<br />

horizontal über diese verfahren, wobei die Werkzeugspitze abgetragen wird. Das Resultat ist<br />

eine zylindrische Werkzeugspitze.<br />

37


z<br />

y<br />

x<br />

Pt-Draht<br />

Werkzeug seitlich<br />

neben Pt-Draht<br />

positionieren<br />

W-Draht<br />

Pt-Draht<br />

W-Draht<br />

Werkzeug horizontal<br />

über Pt-Draht verfahren<br />

und Spitze abtragen<br />

Abb. 33: Schematische Darstellung der Bearbeitung der Werkzeugspitze zum Herstellen<br />

von zylindrischen Werkzeugen<br />

REM-Aufnahmen von Werkzeugen, die mit dieser Bearbeitungsstrategie hergestellt wurden,<br />

sind in Abb. 34 bis Abb. 36 dargestellt.<br />

Abb. 34 zeigt die REM-Aufnahme eines Werkzeugs, das aus einem W-Draht mit 500 µm<br />

Durchmesser hergestellt wurde. Der Durchmesser wurde auf einer Länge von 802 µm auf<br />

283 µm reduziert. Als Gegenelektrode wurde ein Pt-Draht mit 100 µm Durchmesser verwendet.<br />

Als konstantes Werkzeugpotential wurde eine Spannung von UTip= -100 mV angelegt,<br />

der 400 ns Spannungspulse mit einer Amplitude von Um= 2700 mV überlagert wurden.<br />

283 µm<br />

802 µm<br />

500 µm<br />

Abb. 34: REM-Aufnahme eines rotationssymmetrischen Werkzeugs. Werkzeugdurchmesser:<br />

283 µm, Schneidenlänge: 802 µm<br />

38


In den Aufnahmen ist ein scharfer Übergang zwischen bearbeitetem und unbearbeitetem<br />

Bereich erkennbar. Die Oberfläche im Bereich mit dem reduzierten Durchmesser ist im Vergleich<br />

zur unbearbeiteten Oberfläche ähnlich rau. Insges<strong>am</strong>t weist das Werkzeug eine rotationssymmetrische<br />

Form auf, die lediglich durch eine Einschnürung in der Mitte der Schneide<br />

gestört wird. Die Zylinderform an der Werkzeugspitze ist sehr scharfkantig ausgeprägt.<br />

Das in Abb. 35 dargestellte rotationssymmetrische Werkzeug wurde aus einem W-Draht mit<br />

200 µm Durchmesser gefertigt und weist in seinem bearbeiteten Bereich einen Durchmesser<br />

von 46,4 µm auf. Die Schneidenlänge beträgt nach der Bearbeitung der Werkzeugspitze<br />

233 µm. Dem statischen Werkzeugpotential UTip= -100 mV wurden 100 ns Spannungspulse<br />

mit einer Amplitude von Um= 2700 mV überlagert.<br />

233 µm<br />

46,4 µm<br />

200 µm<br />

Abb. 35: REM-Aufnahme eines rotationssymmetrischen Werkzeugs. Werkzeugdurchmesser:<br />

46,4 µm, Schneidenlänge: 233 µm<br />

Die Qualität der Bearbeitung entspricht der des zuvor gezeigten Werkzeugs. Die Übergänge<br />

zwischen bearbeitetem und unbearbeitetem Bereich sind sehr scharfkantig. Allerdings ist die<br />

Oberfläche des bearbeiteten Bereichs im Vergleich zum unbearbeiteten eher rau und kraterförmig.<br />

Wie groß der Offset zwischen der Rotationsachse des unbearbeiteten W-Drahtes und<br />

des bearbeiteten Bereichs ist, der dem Rundlauffehler des ursprünglichen Werkzeugs entspricht,<br />

ist in Abb. 35 besonders in der isometrischen Ansicht des Werkzeugs gut erkennbar.<br />

Ein weiteres Beispiel für ein rotationssymmetrisches Werkzeug ist in Abb. 36 dargestellt.<br />

Der 200 µm W-Draht wurde auf einen Durchmesser von 48,0 µm reduziert. Hierfür wurde<br />

eine Spannung von UTip= -100 mV als konstantes Potential <strong>am</strong> Werkzeug angelegt, der<br />

100 ns Spannungspulse mit einer Amplitude von Um= 2700 mV überlagert wurden.<br />

39


48,0 µm<br />

220,9 µm<br />

200 µm<br />

Abb. 36: REM-Aufnahme eines rotationssymmetrischen Werkzeugs. Werkzeugdurchmesser:<br />

48 µm, Schneidenlänge: 220 µm<br />

Auch dieses Werkzeug weist im reduzierten Bereich eine hohe Zylindrizität auf. Der Übergang<br />

der Zylindermantelfläche zur Stirnfläche ist allerdings nicht scharfkantig sondern besitzt<br />

einen relativ großen Radius.<br />

Es stellte sich bei der Bearbeitung der Werkzeuge heraus, dass die reproduzierbare Herstellung<br />

guter Werkzeuge problematisch ist, was vor allem im elektrochemischen Herstellungsprozess<br />

begründet liegt. Zum einen verändert sich über die Bearbeitungszeit durch Verdunsten<br />

von Wasser die Elektrolytkonzentration und d<strong>am</strong>it seine Leitfähigkeit, die einen entscheidenden<br />

Einfluss auf den sich ergebenden Arbeitsabstand hat, zum anderen reduziert sich<br />

mit kleineren Werkzeugdurchmessern deren Werkzeugoberfläche, was zu einem Anstieg der<br />

elektrischen Feldstärke vor dem Werkzeug führt, die wiederum die elektrochemische Reaktion<br />

stark beeinflusst. Aus diesem Grund erscheint besonders die Herstellung von Werkzeugdurchmessern<br />

kleiner 40 µm als schwierig und konnte in diesem Projekt nicht realisiert werden.<br />

40


7.3 Optiken zur Vermessung der Werkzeuge<br />

7.3.1 ITO-Optik<br />

Die vom ITO zu bearbeitenden Arbeitspakete umfassten die Erstellung eines flächig messenden<br />

optischen Sensors zur hochgenauen Ermittlung des Werkzeugdurchmessers sowie<br />

darüber hinaus zur Erkennung von lokalen Defekten <strong>am</strong> Werkzeug. Das Messsystem soll in<br />

die Werkzeugmaschine integriert werden, d<strong>am</strong>it die Messergebnisse direkt in den Fertigungsprozess<br />

rückgekoppelt werden können, um z.B. die Bearbeitungspar<strong>am</strong>eter an den<br />

aktuellen Zustand des Werkzeugs anpassen zu können.<br />

7.3.1.1 Konzepte<br />

Zunächst wurde ein Messsystem mit zwei Beleuchtungseinrichtungen geplant. Es sollte eine<br />

Auflichtbeleuchtung und eine Durchlichtbeleuchtung verwendet werden können. Die Durchlichtbeleuchtung<br />

sollte zur Messung des Werkzeugdurchmessers eingesetzt werden und die<br />

Auflichtbeleuchtung zur Defekterkennung. Es hat sich jedoch frühzeitig bei der Projektbearbeitung<br />

herausgestellt, dass eine Durchlichtbeleuchtung in Kombination mit der geplanten<br />

Drehvorrichtung des Werkzeugs ausreichend ist, da auch so die Defekte <strong>am</strong> Werkzeug sicher<br />

erkannt werden können.<br />

WLQ<br />

Blende<br />

Schutzgläser<br />

ECM-Wzg.<br />

MO<br />

Abb. 37: Erstes Konzept des flächig messenden optischen Messsystems mit Auflichtund<br />

Durchlichtbeleuchtung.<br />

Auf Grund des begrenzten Bauraums sowie der guten Ergebnisse der ersten Durchlichtmessungen<br />

wurde daher auf eine Auflichtbeleuchtung verzichtet. Es wurde im weiteren Verlauf<br />

nur die Durchlichtbeleuchtung weiterverfolgt.<br />

EP<br />

10x<br />

0,3<br />

BS<br />

WLQ<br />

CCD


Für die Abbildung wurde ein Objektiv von der Firma Zeiss gewählt (s. Abb. 38). Das Objektiv<br />

hat folgende Daten:<br />

� Vergrößerung 10,0x,<br />

� Arbeitsabstand 45 mm,<br />

� Numerische Apertur 0,2,<br />

� verzeichnungsfrei,<br />

� Bildweite ca. 120 mm,<br />

� Baulänge 163 mm,<br />

� Gewicht ca. 600g,<br />

� Preis ca. 2000,-€.<br />

Abb. 38: Bild des eingesetzten Zeiss-Objektives.<br />

Der große Arbeitsabstand des Objektives von 45 mm ist notwendig, da zur Vermessung ein<br />

Teil der Werkzeugaufnahme zwischen die Beleuchtung und die Abbildungsoptik gefahren<br />

werden muss. Da das Objektiv jedoch relativ große Abmaße aufweist und einen hohen Teil<br />

der Ges<strong>am</strong>tkosten des Sensors ausmacht, sollte geprüft werden, ob es möglich ist, das Objektiv<br />

durch eine Kombination mehrerer Standardlinsen zu ersetzen. Hierfür wurde eine Simulation<br />

mit dem Optikberechnungsprogr<strong>am</strong>m Zemax durchgeführt. Es konnte eine Kombination<br />

aus Einzellinsen gefunden werden, welche ähnliche Abbildungseigenschaften bietet<br />

wie das Zeiss-Objektiv. Allerdings ist die Montage auf Grund der einzuhaltenden Positionierungstoleranzen<br />

schwierig. Außerdem werden ebenfalls sieben Linsen benötigt (s. Abb. 39),<br />

so dass die Kosten für das Abbildungssystem inklusive der noch benötigten mechanischen<br />

Komponenten nicht wesentlich geringer ausfallen als die des gekauften Objektives.<br />

42


Abb. 39: Strahlengang des Abbildungssystems, welches als Ersatz des Zeiss-Objektives<br />

zum Einsatz kommen sollte.<br />

Als Bildsensor wurde eine 12 Bit CCD-K<strong>am</strong>era der Firma PCO gewählt. Diese bietet eine<br />

hervorragende Dyn<strong>am</strong>ik und eine sehr hohe Sensitivität bei geringen Gehäuseabmessungen<br />

(s. Abb. 40). Die Daten der PCO Pixelfly K<strong>am</strong>era sind:<br />

� 1392 x 1024 Pixel,<br />

� Pixelgröße 6,45 µm quadratisch,<br />

� sensitive Fläche 9,0 x 6,6 mm².<br />

Abb. 40: Bild der PCO Pixelfly K<strong>am</strong>era.<br />

Eine weitere wichtige Komponente ist die Beleuchtungseinrichtung. Zunächst wurde, wie bei<br />

mikroskopischen Messsystemen üblich, eine Köhler'sche Beleuchtung vorgesehen (s. Abb.<br />

41). Diese bietet den Vorteil, dass die Numerische Apertur der Beleuchtung sowie die Beleuchtungsstärke<br />

getrennt voneinander einstellbar sind. Ermöglicht wird dies durch einen<br />

sog. verflochtenen Strahlengang. Der Nachteil dieser Lösung ist, dass hierfür ebenfalls eine<br />

recht komplexe Beleuchtungseinheit mit mehreren Linsen und Blenden benötigt wird.<br />

43


Abb. 41: Schema der Köhler'schen Beleuchtung.<br />

Da der zur Verfügung stehende Bauraum klein ist und die Kosten für das einzusetzende<br />

Messsystem gering gehalten werden sollten, wurden verschiedene Beleuchtungsvarianten<br />

untersucht. Es wurden folgende Varianten betrachtet:<br />

• Köhler'sche Beleuchtung mit weißer LED (s. Abb. 42),<br />

• weiße LED direkt,<br />

• farbige LED direkt,<br />

• LED-Array aus weißen LEDs, direkt (s. Abb. 43).<br />

Abb. 42: Laboraufbau mit Köhler'scher Beleuchtungseinheit.<br />

44


Abb. 43: Laboraufbau mit direkter Beleuchtung mit einem LED-Array.<br />

Durch die unterschiedliche numerische Apertur und zeitliche Kohärenz der Lichtquellen ergaben<br />

sich einige Besonderheiten. Bei der Köhler'schen Beleuchtung konnten keine Effekte<br />

einer kohärenten Beleuchtung, wie z.B. Überschwinger an Kanten, festgestellt werden. Die<br />

Kanten des abgebildeten Werkzeugs ergeben hierbei einen gleichmäßigen Hell-<br />

Dunkelübergang. Bei der Verwendung einer einzelnen LED ohne eine zusätzliche Abbildungsoptik<br />

treten Effekte einer kohärenten Abbildung an den Werkzeugkanten auf. Es entstehen<br />

Überschwinger. Die Höhe der Überschwinger unterscheidet sich in Abhängigkeit von<br />

der verwendeten LED. Mit einer einfarbigen, also spektral schmalbandigen LED sind die auftretenden<br />

Überschwinger sehr groß, mit einer einzelnen Weißlicht-LED sind die Überschwinger<br />

bereits deutlich reduziert. Beim Einsatz des Weißlicht-LED-Arrays treten, wie bei der<br />

Köhler'schen Beleuchtung auch, keine Überschwinger an Kanten auf.<br />

Abb. 44 und Abb. 46 zeigen Messungen mit einer einzelnen grünen LED, einer einzelnen<br />

weißen LED, dem LED-Array und der Köhler'schen Beleuchtung. Man sieht, dass die auftretenden<br />

Überschwinger an den Kanten stark von der Position des Werkzeugs relativ zur Fokusebene<br />

des Messsystems abhängen. In der Fokusposition treten keine relevanten Überschwinger<br />

auf, während intra- und extrafokal deutliche Überschwinger zu sehen sind. Die<br />

Überschwinger sind darüber hinaus asymmetrisch.<br />

45


a) b)<br />

Abb. 44: Linienschnitt durch die aufgenommenen Intensitätsbilder eines ECF-Werkzeuges<br />

in a) intrafokaler Lage, b) Fokuslage und c) extrafokaler Lage. Es wurde eine einzelne, grüne<br />

LED zur Beleuchtung verwendet. Man kann deutlich die an den Kanten auftretenden<br />

Überschwinger erkennen.<br />

Es wurde daraufhin detailliert untersucht, ob sich die auftretenden Überschwinger für eine<br />

hochgenaue Subpixel-Kantendetektion nutzen lassen. Hierfür wurden Simulationsrechnungen<br />

mit der Lightpipes-Toolbox mit dem Progr<strong>am</strong>m Matlab durchgeführt. Die Simulationsergebnisse<br />

stimmen im Wesentlichen mit den Messergebnissen überein (s. Abb. 45). Einzig<br />

das Verschwinden der Überschwinger in der Fokusposition und die auftretende Asymmetrie<br />

können mittels der Simulationsrechnung nicht ganz nachvollzogen werden. Da die Überschwinger<br />

jedoch stark von der lokalen Werkzeuggeometrie, wie z.B. Verschmutzungen und<br />

Ausbrüchen, abhängig sind, wurde eine mögliche Nutzung für eine hochgenaue Kantendetektion<br />

ausgeschlossen.<br />

c)<br />

46


a) b)<br />

Abb. 45: Linienschnitte durch simulierte Intensitätsbilder eines ECF-Werkzeuges bei direkter<br />

Beleuchtung mit einer schmalbandigen Lichtquelle, in a) intrafokaler Lage, b) Fokuslage<br />

und c) extrafokaler Lage.<br />

c)<br />

47


a)<br />

Abb. 46: Linienschnitte durch aufgenommene Bilder eines ECF-Werkzeugs. a) Beleuchtung mit<br />

einer einzelnen weißen LED, b) Beleuchtung mit dem weißen LED-Array und c) Köhler'sche Beleuchtung.<br />

Es werden stattdessen die von den Projektpartnern erarbeiteten Algorithmen zur Subpixelkantendetektion<br />

verwendet.<br />

7.3.1.2 Konstruktion und Design<br />

Neben der zu lösenden messtechnischen Aufgabe lag ein großer Schwerpunkt in diesem<br />

Projekt auf der konstruktiven Gestaltung der Messvorrichtung. Der kleine zur Verfügung stehende<br />

Bauraum, der bei der benötigten Vergrößerung und Auflösung sehr große geforderte<br />

Arbeitsabstand, das aggressive Flusssäure-Milieu und die möglichst geringen Systemkosten<br />

stellten schwer zu erfüllende Rahmenbedingungen dar.<br />

Auf der Seite der Beleuchtung konnte die vorgegebene maximale Sensorbaulänge durch<br />

eine zweifache Faltung des Strahlengangs eingehalten werden. Für die Beleuchtungsseite<br />

c)<br />

b)<br />

48


wurden verschiedene Konzepte erarbeitet. Zuerst der Ansatz mit einer Köhler'schen Beleuchtung,<br />

da diese die besten Abbildungseigenschaften bietet. Da jedoch der vorhandene<br />

Bauraum hierfür nicht ausreicht (s. Abb. 47), wurde schließlich das Array aus weißen LEDs<br />

eingesetzt (s.Abb. 48).<br />

Zum Schutz gegen die bei der Bearbeitung entstehenden Flusssäuredämpfe wurde das<br />

Messsystem mit einem geschlossenen Gehäuse gekapselt. Eine Schwierigkeit hierbei war<br />

der Schutz des Objektives. Dieser sollte mittels einer speziellen Kunststoffplatte oder -folie<br />

realisiert werden. Diese wiederum beeinträchtigt aber die Abbildungseigenschaften. Deshalb<br />

wurden Versuche <strong>am</strong> Laboraufbau mit unterschiedlichen Folien durchgeführt. Es wurde<br />

letztendlich eine 50 µm dünne, flusssäurebeständige FEP-Folie der Firma Novofol verwendet,<br />

welche mittels einer Spannvorrichtung möglichst eben eingespannt vor dem Objektiv<br />

angeordnet wurde.<br />

Das konstruierte Blechgehäuse wurde mit dem Messsystemträger fest verschraubt und mit<br />

Silikon abgedichtet. Hierdurch sollte ein über längere Zeit stabiles Messsystem gegeben sein<br />

(s. Abb. 49).<br />

Abb. 47: Variante des Beleuchtungssystems mit Köhler'scher Beleuchtung. Der Strahlengang<br />

ist hierbei zweifach gefaltet.<br />

49


Abb. 48: Endgültige Konstruktion des Abbildungssystems und des Beleuchtungssystems.<br />

Der Strahlengang des Abbildungssystems ist innerhalb des Gehäuses zweifach<br />

gefaltet.<br />

7.3.1.3 Aufbau des Teilsystems<br />

Es wurden zunächst mehrere Laboraufbauten zur Erprobung des Messprinzips erstellt und<br />

aufgebaut. Nach erfolgreichem Abschluss der Testmessungen und Rücksprache mit den<br />

anderen Projektpartnern wurde die abschließende Konstruktion erstellt und mit Hilfe der Institutswerkstatt<br />

gefertigt. In der Abb. 49 ist das aufgebaute Messsystem, fertig montiert auf<br />

dem Messsystemträger, dargestellt. Der Gehäusedeckel ist hierbei geöffnet, so dass die<br />

Komponenten (K<strong>am</strong>era, Objektiv, Strahlumlenkung) zu sehen sind.<br />

PCO K<strong>am</strong>era<br />

Objektiv<br />

Schutzfolie (Novofol FEP 50 µm)<br />

LED-Array<br />

Abb. 49: Erstelltes Messsystem mit geöffnetem Gehäuse, auf dem Messsystemträger<br />

montiert.<br />

50


7.3.1.4 Erprobung<br />

Vor der Integration des Sensors in die ECF-Anlage wurden zahlreiche Testmessungen mit<br />

dem Sensor durchgeführt. Es wurden Werkzeuge mit verschiedenen Durchmessern untersucht<br />

sowie mehrere Messserien mit verkippten Werkzeugen und Werkzeugen in verschiedenen<br />

Abständen zur Fokusebene. Die Abb. 50 zeigt ein mit dem endgültigen Messsystem<br />

aufgenommenes ECF-Werkzeug.<br />

Abb. 50: Ergebnis einer Messung eines stark verschmutzten ECF-Werkzeugs und zugehöriger<br />

Linienschnitt.<br />

7.3.1.5 Optimierung<br />

Durch die im Laufe des Projekts aufgebauten und schrittweise optimierten Laborsysteme war<br />

eine abschließende Optimierung des Beleuchtungs- oder Abbildungssystems nicht mehr<br />

notwendig. Einzig für die zum Schutz der Optik eingesetzte FEP-Folie mussten mehrere<br />

Spannvorrichtungen getestet werden, um eine ausreichend ebene Spannung der Folie zu<br />

erreichen.<br />

7.3.1.6 Integration des Sensors in die ECF-Anlage und Testen<br />

Der Messsystemträger s<strong>am</strong>t optischem Sensor wurde in der ECF-Anlage des <strong>HSG</strong>-<strong>IMAT</strong><br />

implementiert (siehe Abb. 51) und in Betrieb genommen.<br />

51


Abb. 51: Platzierung der optischen Systeme zur Werkzeugvermessung in der ECF-<br />

Anlage des <strong>HSG</strong>-<strong>IMAT</strong><br />

Um die Messgenauigkeit des Systems zu untersuchen, wurde ein Referenzobjekt, dessen<br />

Durchmesser durch die Fa. Mahr mit Hilfe einer optischen Koordinatenmessmaschine zu<br />

102,88 µm bestimmt wurde, verwendet. Abb. 52 zeigt eine Aufnahme des Referenzobjektes,<br />

das mit der ITO-Optik aufgenommen wurde. Das Bild zeigt einen hohen Kontrast und die<br />

Kanten des Werkzeugs lassen sich gut erkennen. Die Pixelpositionen der Kanten des Werkzeugs<br />

wurden in einer Entfernung von 140 µm von der Spitze mit Hilfe einer Bildsoftware<br />

manuell ausgelesen. Nominell weist ein Pixel eine Fläche von 0,645 x 0,645 µm 2 auf. Legt<br />

man diesen Abbildungsmaßstab zugrunde, erhält man durch Differenzbildung den Durch-<br />

140 µm<br />

589 px<br />

748 px<br />

159 px<br />

∅=102,55 µm<br />

Abb. 52: Aufnahme eines Referenzobjektes mit 100 µm Durchmesser<br />

ITO-Optik<br />

(Beleuchtung)<br />

ITO-Optik<br />

(Objektiv und K<strong>am</strong>era)<br />

BLUM-Laser<br />

Drehachse<br />

52


messer des Referenzobjektes. Die so ermittelten 102,55 µm stimmen gut mit dem durch die<br />

Firma Mahr bestimmten Durchmesser von 102,88 µm überein.<br />

Abb. 53 zeigt eine Aufnahme des oben beschriebenen Werkzeugs (vgl. Abb. 36), die mit<br />

der ITO-Optik aufgenommen wurde. Das Bild zeigt einen hohen Kontrast und das Werkzeug<br />

wird von scharfen Kanten begrenzt. Dies erlaubt eine Auswertung der Werkzeuggeometrie<br />

mit bildverarbeitender Software.<br />

Abb. 53: Aufnahme des in Abb. 35 dargestellten Werkzeugs, aufgenommen mit ITO-<br />

Optik<br />

Die Auswertung der aufgenommenen Bilder erfolgt mit der von FhG-IZM und C<strong>WM</strong> im Rahmen<br />

dieses Projektes erarbeiteten Korrelationsoftware (vgl. Kap. 7.4)<br />

7.3.2 BLUM-LaserControl nano NT<br />

Neben der ITO-Optik wurde das in Abb. 54 dargestellte Lasermesssystem „LaserControl<br />

NanoNT“ der Fa. BLUM-Novotest GmbH als Referenzsystem in die ECF-Anlage integriert<br />

und in Betrieb genommen (vlg. Abb. 51).<br />

53


Abb. 54: BLUM-Lasermesssystem LaserControl nanoNT<br />

Es handelt sich hierbei um ein kommerziell verfügbares Lasermesssystem zur Werkzeugeinstellung<br />

und Bruchkontrolle, was speziell für die Anforderungen in Bearbeitungszentren der<br />

Mikrobearbeitung konzipiert wurde. Eine der Standardanwendungen für dieses System ist<br />

die Durchmesserbestimmung von Werkzeugen. Dabei wird der Laserstrahl einmal von links<br />

und einmal von rechts gegen das Werkzeug verfahren (vgl. Abb. 55). Das System detektiert<br />

die Abschattung des Laserstrahls und gibt ein Schaltsignal an den Steuer-PC der Anlage.<br />

Die Achspositionen werden zum Zeitpunkt der Laserstrahlabschattung dokumentiert und aus<br />

diesen der Werkzeugdurchmesser berechnet.<br />

A<br />

W-Draht<br />

Laserstrahl<br />

Antasthöhe<br />

z<br />

Antasten der Werkzeugwand<br />

re. Wand li.<br />

Wand<br />

Abb. 55: Vermessen eines Werkzeugs mit dem BLUM-Lasermesssystem<br />

Wie aus Abb. 55 B ersichtlich ist, entspricht die Differenz der Schaltpunkte nicht ausschließlich<br />

dem Werkzeugdurchmesser. Vielmehr geht der Laserstrahldurchmesser unter Berücksichtigung<br />

der Schaltschwellen des Lasermesssystems als Offset in das Messergebnis mit<br />

ein. Um den Offset zu bestimmen, wird das in Abb. 52 dargestellte Referenzobjekt vermessen.<br />

Analog zur Messung mit der ITO-Optik beträgt die Messhöhe 140 µm von der Spitze<br />

des Referenzobjektes. Der Objektdurchmesser wurde in zwei Messreihen zu je 100 Mes-<br />

y<br />

x<br />

B<br />

54


sungen bestimmt. In Abb. 56 sind die x-Koordinaten der Schaltpunkte für jede Messung aufgezeichnet.<br />

Als Mittelwert ergibt sich für den Werkzeugdurchmesser in Messung 1 ein Wert<br />

von 110,47 µm, in Messung 2 ein Wert von 110,39 µm. Die Standardabweichung beträgt in<br />

beiden Fällen 0,18 µm. Besonders bei der ersten Messung (roter und schwarzer Graph) ist<br />

ein Drift der Schaltpunkte von annähernd 5 µm erkennbar. Da beide Schaltpunkte parallel<br />

driften, wirkt sich dieser nicht auf den ermittelten Objektdurchmesser aus. Ursache des Drifts<br />

ist vermutlich eine zu geringe mechanische Steifigkeit des Messsystemträgers für das<br />

BLUM-Lasermesssystem.<br />

Nr. der Messung<br />

110<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

V1 re. Wand<br />

V1 li. Wand<br />

V2 re. Wand<br />

V2 li. Wand<br />

85235<br />

85236<br />

85237<br />

85238<br />

85239<br />

85240<br />

85241<br />

85242<br />

85445<br />

85446<br />

85447<br />

85448<br />

85449<br />

85450<br />

85451<br />

85452<br />

x-Koordinate [µm]<br />

Abb. 56: Wiederholte Durchmesserbestimmung eines Referenzobjektes mit dem BLUM-<br />

Lasermesssystem<br />

Durch Vergleich dieser Messergebnisse mit dem zuvor bestimmten Objektdurchmesser von<br />

102,88 µm durch die Fa. Mahr ergibt sich ein Offset des BLUM-Lasermesssystems von<br />

7,85 µm. Dieser Wert konnte durch eine zweite Messreihe mit einem Referenzobjekt mit<br />

200 µm Durchmesser verifiziert werden.<br />

Das in Abb. 35 dargestellte Werkzeug wurde ebenfalls mit dem BLUM-Lasermesssystem<br />

100 mal vermessen. Das Messergebnis ist in Abb. 57 dargestellt.<br />

55


Nr. der Messung<br />

110<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

Wiederholgenauigkeit bei 100 Messungen<br />

Antasthöhe 140 µm<br />

Durchmesser [µm]<br />

46 48 50 52 54<br />

85338 85340 85342 85344 85346 85348<br />

x-Koordinate re. Wand [µm]<br />

85382 85384 85386 85388 85390<br />

x-Koordinate li. Wand [µm]<br />

re.Wand<br />

li. Wand - offset<br />

Durchmesser<br />

Abb. 57: Bestimmung des Werkzeugdurchmessers des in Abb. 35 dargestellten ECF-<br />

Werkzeugs in einer Messhöhe von 140 µm<br />

Dabei entspricht die mit Dreiecken gekennzeichnete Kurve der rechten Werkzeugwand, die<br />

mit Kreisen der linken. Dargestellt sind die Koordinaten der x-Achse zum Schaltzeitpunkt.<br />

Die mit Quadraten gekennzeichnete Kurve stellt den daraus bestimmten Werkzeugdurchmesser<br />

dar. Im Mittel ergibt sich unter Berücksichtung des oben ermittelten Offsets des<br />

BLUM-Lasermesssystems ein Werkzeugdurchmesser von 45,7 µm. Die Standardabweichung<br />

über 100 Messungen beträgt 0,27 µm. Die Drift der dargestellten Kurven der Werkzeugwände<br />

von ca. 4 µm ist vermutlich auf eine zu geringe mechanische Steifigkeit des<br />

Messsystemträgers zurückzuführen. Auch bei diesem Werkzeug ergibt sich eine gute Übereinstimmung<br />

des mit dem BLUM-Lasermesssystem bestimmten Durchmessers mit dem mittels<br />

REM und ITO-Optik bestimmten Durchmessers.<br />

Mit dem BLUM-Lasermesssystem lässt sich auch die Form des Werkzeugs ermitteln. Hierzu<br />

wird der Werkzeugdurchmesser in unterschiedlicher Entfernung von der Werkzeugspitze<br />

56


estimmt. Das in Abb. 35 dargestellte Werkzeug wurde auf diese Weise vermessen, wobei<br />

der Abstand zur Werkzeugspitze sukzessive um 20 µm erhöht wurde (vgl. Abb. 58). Analog<br />

zu Abb. 57 zeigt der mit Dreiecken markierte Graph die rechte Werkzeugwand, der mit Kreisen<br />

die linke. Beide Graphen zus<strong>am</strong>men geben die Werkzeugform in der vermessenen Ebene<br />

wieder. Der durchmesserreduzierte Bereich, von der Spitze bis etwa 160 µm, ist gut erkennbar.<br />

Der mit den Quadraten gekennzeichnete Graph stellt den ermittelten Werkzeugdurchmesser<br />

dar. Von der Spitze bis zu einem Abstand von 160 µm beträgt der mittlere<br />

Werkzeugdurchmesser 46,51 µm, die Standardabweichung 0,71 µm.<br />

Abstand von Werkzeugspitze [µm]<br />

350<br />

300<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

Bestimmung der Werkzeugform<br />

Werkzeugdurchmesser [µm]<br />

20 40 60 80 100 120 140 160 180 200 220<br />

0<br />

85250 85300 85350 85400 85450 85500 85550<br />

x-Koordinate [µm]<br />

re. Wand<br />

li. Wand<br />

Durchmesser<br />

Abb. 58: Bestimmung des Werkzeugdurchmessers in unterschiedlicher Entfernung von<br />

der Werkzeugspitze (vgl. Abb. 35)<br />

7.3.3 Grenzen der Messverfahren<br />

Um die Grenze der Messverfahren zu bestimmen, wurde der Durchmesser eines Wolfr<strong>am</strong>drahtes<br />

mittels Ätzen mit konstanten Potentialen in einem Elektrolyten aus 2 M NaOH reduziert.<br />

Der Ätzprozess wurde mehrmals unterbrochen und die Eintauchtiefe des Werkzeugs<br />

57


variiert, so dass sich das Werkzeug wellenförmig stufenweise verjüngt. Das so hergestellte<br />

Werkzeug wurde anschließend mittels BLUM-Lasermesssystem von der Werkzeugspitze bis<br />

in eine Höhe von 1,5 mm in 20 µm-Schritten vermessen und der Durchmesser bestimmt.<br />

Das Messergebnis ist in Abb. 59 dargestellt. Zudem wurde das Werkzeug mittels ITO-Optik<br />

dokumentiert. Aufgrund der hohen Länge wurde das Werkzeug schrittweise durch das K<strong>am</strong>erafeld<br />

der ITO-Optik verfahren, dokumentiert und mittels bildverarbeitender Software manuell<br />

wieder zus<strong>am</strong>mengesetzt. Es ist gut erkennbar, dass die mit dem BLUM-<br />

Lasermesssystem bestimmte Werkzeugform gut mit der mittels ITO-Optik dokumentierten<br />

Form übereinstimmt.<br />

Abstand von Werkzeugspitze [µm]<br />

800<br />

600<br />

400<br />

200<br />

0<br />

-200<br />

-400<br />

-600<br />

re. Wand<br />

li.Wand - 7,8 µm<br />

Werkzeugform<br />

-800<br />

84600 84800 85000 85200 85400 85600 85800<br />

Werkzeugdurchmesser<br />

800<br />

600<br />

400<br />

200<br />

0<br />

-200<br />

-400<br />

-600<br />

-800<br />

Werkzeugdurchmesser W0082<br />

0 20 40 60 80 100 120 140<br />

Abb. 59: Bestimmung der Werkzeugform mit dem BLUM-Lasermesssystem bei einem<br />

Werkzeug, dass mit konventioneller Ätztechnik hergestellt wurde.<br />

Abb. 60 zeigt die Detailansicht der Spitze des in Abb. 59 dargestellten Werkzeugs. Das<br />

Werkzeug weist in diesem Bereich einen Werkzeugdurchmesser von 20 µm und kleiner auf.<br />

In der linken Abbildung ist gut erkennbar, dass selbst im Bereich der Werkzeugspitze die mit<br />

dem BLUM-Lasermesssystem bestimmte Werkzeugform gut mit der durch das ITO-System<br />

dokumentieren Form übereinstimmt, so dass davon ausgegangen werden kann, dass mittels<br />

58


BLUM-Lasermesssystem Werkzeuge mit Durchmessern kleiner 10 µm vermessen werden<br />

können. Die gleiche Aussage gilt auch für das ITO-Messsystem.<br />

Abstand von Werkzeugspitze [µm]<br />

-500<br />

-550<br />

-600<br />

-650<br />

-700<br />

Werkzeugform<br />

-750<br />

-750<br />

re. Wand<br />

li.Wand - 7,8 µm<br />

Werkzeugdurchmesser W0082<br />

-800<br />

-800<br />

85350 85400 85450 85500 85550 85600 85650 0 5 10 15 20 25<br />

x-Koordinate [µm]<br />

Werkzeugdurchmesser [µm]<br />

Abb. 60: Detailansicht der Werkzeugspitze (vgl. Abb. 59).<br />

Antasthöhe [µm]<br />

-500<br />

-550<br />

-600<br />

-650<br />

-700<br />

Werkzeugdurchmesser<br />

59


7.4 Software zum Auswerten der Werkzeugform<br />

7.4.1 Konzepte<br />

Die Aufgabenstellung zur Vermessung der Werkzeugform mit Mitteln der digitalen Bildverarbeitung<br />

lässt sich grob in drei Aufgabenbereiche gliedern:<br />

1. Einbindung der K<strong>am</strong>era, Bilderfassung<br />

2. Messung der Werkzeugposition in allen drei Komponenten im Messraum, um eine<br />

optimale Positionierung des Werkzeugs für die Vermessung nach 3. herstellen zu<br />

können.<br />

3. Vermessung der Werkzeugform durch Lokalisierung der Werkzeugkanten in ausreichend<br />

vielen Stellungen des Werkzeugs, ausgehend von der durch die ITO-Optik und<br />

die K<strong>am</strong>era bereitgestellte Schattenprojektionsabbildung. Ableitung von Globalwerten,<br />

die das ges<strong>am</strong>te Werkzeug hinsichtlich seiner Maße und Formabweichungen<br />

hinreichend beschreiben, wie Werkzeugdurchmesser, Abweichungen vom Werkzeugdurchmesser,<br />

Defektoskopie (im Sinne der Detektion gravierender Abweichungen<br />

von der Sollform).<br />

Im Folgenden soll die Aufgabenstellung gem. 3. der Lokalisierung der Werkzeugkanten näher<br />

charakterisiert werden, um anschließend die hierzu erforderlichen Werkzeuge verständlich<br />

darstellen zu können. Diese Aufgabe stellt den innovativen Kernbereich der Projektbearbeitung<br />

durch IZM und C<strong>WM</strong> dar.<br />

Die genaue Vermessung von Objektkanten zählt zu den anspruchsvolleren Aufgaben der<br />

digitalen Bildverarbeitung, die durch klassische Methoden oft nur unzureichend zu bewältigen<br />

sind. Eine „ideale“ Kante in einem digitalisierten Bild wäre gekennzeichnet durch einen<br />

abrupten Übergang der Grauwerte, z.B. von „Schwarz ( = gehört zum Objekt) zu Weiß ( =<br />

Hintergrund) von einem Bildpunkt zu dessen Nachbarn. In einem solchen Fall reduziert sich<br />

die Aufgabe der Kantendetektion auf die Auffindung der Grenze zwischen „schwarzem“ und<br />

„weißem“ Bildbereich.<br />

Eine solche Kantenrepräsentation kann es in digitalisierten Bildern realer Objekte nicht geben.<br />

Einerseits wird im allgemeinen Fall die optisch exakte Abbildung einer Kante nie genau<br />

auf den Übergang zwischen zwei Pixeln fallen, sondern ein „Zwischenpixel“ treffen, dass<br />

dann partiell beleuchtet wäre, d.h. einen bestimmten Grauwert zwischen „schwarz“ und<br />

„weiss“ empfängt. Andererseits gibt es die hier angenommene exakte optische Abbildung in<br />

der Praxis nicht. Vielmehr wirken sich normale Unschärfen und Beugungserscheinungen an<br />

den Kanten so aus, dass der Grauwertübergang einen größeren Bereich zwischen „Objekt“


und „Hintergrund“ einnimmt. Dies ist in Abb. 61 deutlich erkennbar, die einen vergrößerten<br />

Ausschnitt einer Werkzeugabbildung zeigt.<br />

Abb. 61: Vergrößerter Ausschnitt eines Werkzeugbildes mit unscharf abgebildeteten<br />

Kanten in Schattenprojektion<br />

Der Grauwertverlauf an der Kante ist von einer Reihe verschiedener Par<strong>am</strong>eter der Aufnahme<br />

abhängig und kann nur schwer mathematisch erfasst (etwa simuliert) werden. Einen typischen<br />

Kantengrauwertverlauf stellt Abb. 62 dar.<br />

61


160<br />

140<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

Grauwertverlauf an Kante in Schattenprojektion<br />

Objekt Hintergrund<br />

0<br />

255 260 265 270 275<br />

Pixel (Y)<br />

280 285 290 295<br />

Abb. 62: Grauwertverlauf an einer real abgebildeten Objektkante<br />

Deutlich erkennbar ist der sanfte, nichtkontinuierliche Übergang sowie ein typisches beugungsbedingtes<br />

Überschwingen der Grauwerte <strong>am</strong> Rand des Übergangs. Es ist offensichtlich<br />

kaum a priori möglich, aus einem solchen Grauwertverlauf die tatsächliche Lage der Objektkante<br />

auf das Pixel genau abzuleiten, da der eigentliche Abbildungsmechanismus unbekannt<br />

ist und daher kaum eine mathematisch korrekte Beschreibung möglich ist.<br />

Die klassische Bildverarbeitung versucht an dieser Stelle unterschiedliche, mehr oder weniger<br />

anspruchsvolle Herangehensweisen. Im einfachsten Fall erfolgt eine Grauwertdiskriminierung<br />

mit einem mehr oder weniger willkürlich zwischen dunkel und hell gewählten<br />

Schwellwert (für Abb. 62 etwa „60“) und sucht in dem so berechneten S/W-Zweitonbild den<br />

Übergang zwischen dem Schwarz- und dem Weißwert. (Randlage in Abb. 62 wäre dann<br />

etwa 251). Aus Abb. 62 wird ohne weiteres verständlich, dass eine solche Herangehensweise<br />

je nach Wahl des Schwellwerts zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen für die Kantenlage<br />

führen wird, die sich um einige Pixel unterscheiden können.<br />

Genauere Analysen suchen beispielsweise den Wendepunkt der Grauwertkurve in einer approximierten<br />

polynomischen Kurve oder bestimmen denjenigen Punkt, bei dem die Fläche<br />

62


zwischen Grauwertkurve und Mittelwert auf beiden Seiten gleich groß ist – ohne jedoch im<br />

Allgemeinen wirklich berechtigten Anspruch auf subpixelgenaue Angabe der Kantenlage<br />

beanspruchen zu können.<br />

Die langjährigen Erfahrungen von FhG IZM und Chemnitzer Werkstoffmechanik GmbH auf<br />

dem Gebiet der Grauwertkorrelation [8 und 9] in unterschiedlichen metrologischen Aufgabenstellungen<br />

(Verschiebungs- und Deformationsanalyse, motion analysis, Mustererkennung<br />

für Identitätdsnachweis und Authentifizierung) ließen es nahe liegen, einen Weg zu finden,<br />

die außergewöhnlichen Eigenschaften dieses Verfahrens (hohe Genauigkeit, sehr geringe<br />

Anfälligkeit gegenüber äußeren Störungen) für die vorliegende Aufgabenstellung nutzbar zu<br />

machen.<br />

Die typische digitale Bildkorrelation geht von Grauwertmustern (Patterns) in der lokalen Umgebung<br />

eines interessierenden virtuellen Messpunktes in einem Referenzbild aus. Sie löst<br />

die Aufgabe, dieses Pattern in einem Vergleichsbild in einer lokalen Suchumgebung um die<br />

Position des virtuellen Messpunkts herum wieder aufzufinden. Als Maß für die Ähnlichkeit<br />

des Vergleichspatterns mit dem Referenzpattern hat sich der Korrelationskoeffizient bewährt,<br />

durch dessen Normierung das Verfahren weitgehend unempfindlich gegen Beleuchtungsunterschiede<br />

und andere Störungen wird.<br />

Das für <strong>WM</strong>-<strong>Elf</strong> entwickelte Konzept geht davon aus, dass auch die Abbildung einer Kante in<br />

einem digitalisierten Bild ein Muster im Sinne der digitalen Korrelationsanalyse ist und daher<br />

mit den grundsätzlich gleichen Mitteln behandelt werden kann. Selbstverständlich setzt der<br />

Einsatz die Reproduzierbarkeit des Kantenmusters unter vergleichbaren experimentellen<br />

Bedingungen voraus.<br />

7.4.2 Algorithmen und Softwaredesign<br />

7.4.2.1 Kantendetektion mit digitaler Bildkorrelation – der Basisalgorithmus<br />

Für die Zielstellungen des Vorhabens war der bei IZM und C<strong>WM</strong> gebräuchliche Algorithmus<br />

entsprechend anzupassen und in Software zu integrieren.<br />

Grundgedanke des Verfahrens ist, einen aktuell vom bearbeiteten Werkzeug aufgenommenen<br />

Kantenbereich mit einem gespeicherten Pattern eines Kantenbereichs zu korrelieren,<br />

wobei eine Suche nur entlang einer horizontalen Verschiebung, d.h. senkrecht zum Kantenverlauf<br />

vorgenommen werden muss. Dieser gespeicherte Kantenbereich liegt im Rechner als<br />

sogenanntes „Minibildchen“ bereit und muss aus vorangehenden Experimenten gewonnen<br />

oder simuliert worden sein.<br />

63


Minibildchen vom Kantenverlauf können künstlich generiert werden (Abb. 63 und Abb. 64)<br />

oder in Einmessexperimenten von Werkzeugen gewonnen werden, deren Maße genau bekannt<br />

sind oder die nach der Bildaufnahme exakt (z.B. im Anschliff) vermessen werden (Abb.<br />

65)<br />

0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 255 255 255 255 255 255 255 255 255 255<br />

Abb. 63: einfachste Variante: diskreter s-w-Übergang<br />

0 0 0 0 0 0 25 51 76 102 127 127 153 178 204 229 255 255 255<br />

Abb. 64: kontinuierlicher Übergang linear<br />

255 255 249,9 239,7 224,4 204 178,5 153 127,5 102 76,5 51 30,6 15,3 5,1<br />

Abb. 65: kontinuierliche Kantenübergang gefiltert (durch Dreipunktglättung, Verlauf ist<br />

quasi-stetig)<br />

X<br />

Abb. 66: Realbild eines Werkzeugs rot gekennzeichnet: ein für ein Mini-Referenzbild<br />

auszuschneidender Bereich (schematisch)<br />

Die Lage der Mini-Referenzbildmatrix im Ges<strong>am</strong>tbild wird durch die bildbezogene horizontale<br />

Pixelkoordinate der linken oberen Minibildecke bezeichnet. Um aus dieser Position die Lage<br />

Y<br />

64


der Kante zu ermitteln, muss noch bekannt sein, wo im Minibild die Kante des Referenzobjekts<br />

zuzuordnen ist. Bei synthetischen Minibildern ist dies einfach die Lage, die zu deren<br />

Synthese vorausgesetzt wird – in Abb. 63 also die exakte Grenze Schwarz-Weiß. Wird das<br />

Minibild aus einem Einmessexperiment an einem Kalibrierdorn bekannten Durchmessers<br />

gewonnen, so kann der sogenannte „Minibildoffset“ aus der bekannten Geometrie und dem<br />

ebenfalls bekannten Abbildungsmassstab exakt ermittelt werden. Wird nun an einem realen<br />

Werkzeug mittels dieses Minibilds gemessen, so kann die Kantenlage (exakte Patternreproduzierbarkeit<br />

vorausgesetzt) subpixelgenau unter Zugrundelegung des Minibildoffsets bestimmt<br />

werden.<br />

Da von den Optik-Spezialisten des ITO erwartet wird, dass die Struktur der Abbildung der<br />

Kanten wegen der Lichtbeugung vom Werkzeugdurchmesser abhängig sein wird, kann es in<br />

der Anwendungspraxis sinnvoll sein, eine Bibliothek durchmesserabhängiger Konturengrauwertverläufe<br />

zugrunde zu legen. Für die Vermessung eines Werkzeugs mit dem Durchmesser<br />

d wird dann „der „passendste“ Verlauf nach dem Zieldurchmesser verwendet.<br />

Jeder Mini-Kantenverlauf ist daher durch eine Reihe numerischer Par<strong>am</strong>eter gekennzeichnet:<br />

• H: Höhe: Zeilenanzahl (Pixel)<br />

• B: Breite: Spaltenanzahl (Pixel)<br />

• O: Kantenoffset: x-Position im Minibild, auf dem die Kante vorausgesetzt wird (in<br />

Pixel, subpixelgenau)<br />

• R: Ursprungsradius: Radius des Werkzeugs, an dem der Referenzverlauf gewonnen<br />

wurde (Pixel, subpixelgenau, wird durch Einmessexperimente gewonnen.<br />

Für virtuelle Bilder sinngemäß zu definieren.)<br />

R und O können in der Dateibezeichnung codiert sein (z.B. Kante200,21_6,21: bezeichnet<br />

ein Kantenbild eines Werkzeugs von 200,21 Pixel Radius, dessen Miniaturbild 6,21 Pixel vor<br />

der Kantenlage ausgeschnitten wurde (d.h. beginnend bei einer Position 194 Pixel rechts<br />

von der zentrierten Werkzeugmittellinie)<br />

Die eigentliche Kantenvermessung erfolgt folgendermaßen:<br />

Das jeweils verfügbare (evtl. gemäß dem angestrebten Zieldurchmesser d aus einer Bibliothek<br />

ausgewählte) Minireferenzbild wird in der Umgebung der (mittels Schwellwertdiskriminierung)<br />

grob vorbestimmten Kantenlage horizontal verschoben (bei Seitenkantenbestim-<br />

65


mung also z.B. Minibildposition ab 5 Pixel vor (x-Kantenkoordinate –O) der grob bestimmten<br />

Kante bis 5 Pixel nach (x-Kantenkoordinate-O) der grob bestimmten Kante) und der jeweilige<br />

Korrelationskoeffizient bestimmt. Die Lage mit dem höchsten Korelationskoeffizienten Kmax<br />

sei xmax. Danach wird die subpixelgenaue Maximumlage xmaxsub mittels Parabelalgorithmus<br />

bestimmt. Der Parabelalgorithmus besteht in der Approximation der drei Korrelationskoeffizienten<br />

in Maximumumgebung und in der Bestimmung des Maximums der Approximationsparabel.<br />

Da bekannt ist, wo die Referenzkante im Referenzminibild lag (nämlich um O neben<br />

dem linken Mini-Bildrand), kann mittels xkante = xmaxsub + O die Lage der zu findenden Werkzeugkante<br />

subpixelgenau angegeben werden. Soweit von bildaufnahmetechnisch reproduzierbaren<br />

Verhältnissen ausgegangen werden kann (d.h. eine zur Referenzbildaufnahme<br />

analoge Kantenabbildung vorliegt), ist auch der Subpixelanteil messtechnisch gültig.<br />

Dies hat an beiden Werkzeugkanten zu erfolgen, die Differenz ergibt den subpixelexakten<br />

Durchmesser.<br />

Achtung: Eine Radiusbestimmung an einer Seite des Werkzeugs reicht nicht aus, da das<br />

Werkzeug ja nur grob positioniert wurde und daher nicht von einer exakt symmetrischen Lage<br />

der Werkzeugmittellinie zum Bild ausgegangen werden darf.<br />

Die Geometrie im Spitzenbereich kann in analoger Weise bestimmt werden, nur dass die<br />

Korrelation mit einem senkrecht orientierten Minibild in senkrechter Richtung ausgeführt wird.<br />

7.4.2.2 Hilfsalgorithmen – Zus<strong>am</strong>menarbeit der Bildverarbeitung mit der Maschinensteuerung<br />

zur Werkzeugpositionierung und Scharfstellung<br />

7.4.2.2.1 Allgemeines<br />

Das zu erstellende Progr<strong>am</strong>m soll u. a. als Voraussetzung für die korrelationsgestützte Feinvermessung<br />

die vorherige optimale Positionierung des Werkzeugs für die ordnungsgemäße<br />

und reproduzierbare Bilderfassung ermöglichen. Dies geschieht in z-Richtung über eine<br />

Schärfebewertung, in xy-Richtung über eine klassische Konturfindung und Berechnung der<br />

Korrekturwerte für die Repositionierung.<br />

Das Progr<strong>am</strong>m ist einerseits durch einen Bediener manuell bedienbar, andererseits über<br />

eine geeignete Schnittstelle auch von einem anderen Progr<strong>am</strong>m steuerbar (RS232-<br />

Schnittstelle zur Maschinensteuerung des <strong>HSG</strong>-<strong>IMAT</strong>). Auf dem Bildverarbeitungsrechner<br />

läuft gleichzeitig ein Bilderfassungsprogr<strong>am</strong>m, das ebenfalls mit dem „Maschinensteuerprogr<strong>am</strong>m“<br />

kommuniziert und die Erfassung und Abspeicherung der Bilder für das Bildauswertungsprogr<strong>am</strong>m<br />

vornimmt.<br />

66


WZM<br />

PC WZM RS<br />

Ste ue run g<br />

RS 232<br />

Be d ie n e rin te rfa c e<br />

Bild ve ra rb e itung<br />

Kom m unika tion Bild e rfa ssu n g<br />

PC Bild vera rb eitung<br />

HDD: Bild file s<br />

Abb. 67: Zus<strong>am</strong>menwirken der Progr<strong>am</strong>mkomponenten zwischen Maschinensteuerung<br />

und Bildbearbeitung. Die vorliegende Konzeption betrifft die Komponente „Bildverarbeitung“<br />

7.4.2.2.2 Bilder laden und speichern<br />

Konvention: Als Koordinatensystem wird im Folgenden ein Weltkoordinatensystem verwen-<br />

det, dessen z-Achse in Richtung der optischen Achse der K<strong>am</strong>era verläuft. x-und y-Achse<br />

verlaufen entsprechend ihrer Projektion in die Bildebene. Als 0-Punkt wird willkürlich die op-<br />

timale Position der Werkzeugspitze (entsprechend deren Abbildung exakt in der senkrechten<br />

Bildmittellinie) festgelegt. Maßeinheit ist, wenn nicht anders angegeben, Pixel in x-y-Richtung<br />

(gemeint ist die jeweilige Projektion auf die Bildebene, solange nicht die Bildebene selbst<br />

betrachtet wird.) und ein Normabstand zwischen zwei Schärfe-Objektebenen in der z-Ebene<br />

(willkürlich, je nach Messkontext, z.B. entsprechend 0,05 mm K<strong>am</strong>eraverfahrweg).<br />

Bildkoordinatensystem: 0:obere linke Bildecke, x nach rechts, y nach unten, Pixel)<br />

Es wird im Folgenden davon ausgegangen, dass die WZM-Steuerung den exakten Maßstab<br />

kennt und daher aus übergebenen Pixelwerten metrische Werte berechnen kann. Ein weiter<br />

unten dargestellter Hilfsalgorithmus enthält eine Möglichkeit zur Selbsteinmessung (automa-<br />

tisierte Bestimmung des Umrechnungsfaktors Pixel in metrische Einheiten) des Systems.<br />

Es wird davon ausgegangen, dass alle Eingabebilder eine St<strong>am</strong>mbezeichnung und eine lau-<br />

fende Nummerierung aufweisen. (also z.B. Werkzeugnnnn.bmp). Es erfolgt eine unkompri-<br />

mierte Bildspeicherung im bmp-Format der erfassten hochauflösenden 12-Bit-Bilder unter<br />

Reduzierung der Grauwertauflösung auf 8 Bit.<br />

67


Das Progr<strong>am</strong>m enthält im Modul „Bildverarbeitung“ im Menü „Datei“ ein Kommando, um ein<br />

oder nacheinander mehrere Ausgangsbilder für die weitere Verarbeitung laden zu können<br />

(z.B. den Bildstapel aus n Bildern, der für die z-Positionierung nach dem Kriterium maximaler<br />

Schärfe benötigt wird, oder ein Einzelbild für die Konturerkennung und die Berechnung der<br />

Korrekturwerte für die x-y-Positionierung). Ein weiteres Kommando erlaubt das Abspeichern<br />

(für Dokuzwecke) eventueller Ergebnisbilder bzw. grafischer Veranschaulichungen oder der<br />

in Messwerttabellen organisierten alphanumerischen Ergebnisdateien.<br />

Alle für die Maschinensteuerung relevanten Messfunktionen sind auch über die externe<br />

Steuerung über die RS 232-Schnittstelle durch die Werkzeugmaschinensteuerung veranlassbar,<br />

indem ein vereinbartes Kommando übergeben wird.<br />

7.4.2.2.3 Bearbeitungsalgorithmus auswählen<br />

In einem Menüpunkt „Verarbeitung“ kann der Bediener zwischen den unterschiedlichen Algorithmen<br />

wählen, die in den Folgeabschnitten dargestellt werden. Je nach Kontext startet die<br />

Wahl des entsprechenden Kommandos den jeweiligen Algorithmus oder öffnet ein Dialogfenster<br />

zur Eingabe weiterer benötigter Par<strong>am</strong>eter. Soweit die vorher gewählten Einzelbilder<br />

den Anforderungen des Algorithmus nicht entsprechen (z.B. nur ein Bild vorhanden bei<br />

Schärfestapelbearbeitung), wird eine Fehlermeldung ausgegeben. In diesem Fall hat der<br />

Bediener den Schritt 2.1 (Wahl der Eingangsbilder) korrekt zu wiederholen.<br />

7.4.2.2.4 Bearbeitungsalgorithmus „Schärfeebene bestimmen“<br />

Dieser Algorithmus sucht aus einem Stapel von Einzelbildern dasjenige Bild mit dem höchsten<br />

Kontrast heraus und ermittelt durch Interpolation einen exakten Wert für die Lage der<br />

Schärfeebene „zwischen den schärfsten“ Bildern. Voraussetzung für den korrekten Ablauf<br />

ist, dass eine Anzahl n von Bildern zur Verfügung steht (d.h. vorher auf Befehl der Maschinensteuerung<br />

geladen wurde), die von der K<strong>am</strong>era bei unterschiedlichen z-Lagen des Werkzeugs<br />

aufgenommen wurden:<br />

Ablauf: Für jedes Bild wird ein „Schärfewert“ berechnet: Aus den vorgeschlagenen Algorithmen<br />

auf Basis:<br />

Alg.a): Streuung aller Grauwerte<br />

Alg b): Streuung aller Differenzen zwischen Nachbarpixeln<br />

Alg c): Streuung nach Normierung der vorhandenen Grauwertverteilung.<br />

In einem eingegrenzten AOI wurde Variante a erfolgreich realisiert und erprobt. Gesucht wird<br />

das Maximum.<br />

68


Dieses Maximum sei gefunden für das Bild Werkzeugj.<br />

Betrachtet wird nun die Nachbarschaft Werkzeugj-1…Werkzeugj+1. Zwischen diesen drei<br />

Werten wird durch Parabelapproximation der Positionswert für das „Schärfeoptimum“ k, (j-<br />

1


Abb. 68: Grobbestimmung der Werkzeuglage zur Ermittlung der Korrekturfahrwege in<br />

einem AOI, der vorher durch Schwellwertdiskriminierung auf die nutzbare Werkzeugspitze<br />

eingeschränkt wurde. Dieser AOI wird auch für die Schärfebewertung eingesetzt, so<br />

dass die Werkzeugspitze exakt abgebildet wird.<br />

Eine Abwandlung dieses Algorithmus kann auch für die exakte automatische Bestimmung<br />

des Abbildungsmaßstabs eingesetzt werden. Hierzu werden zwei Werkzeugbilder verwen-<br />

det, zwischen denen eine metrisch exakt bekannte Werkzeugverschiebung vorliegt<br />

(Aufnahme 1 - Maschine verfährt um einen mm in x-Richtung – Aufnahme 2)<br />

Nach Konturlagebestimmung in beiden Bildern wird die bildbezogene Verschiebung in Pixel<br />

aus der bildbezogenen Lagedifferenz bestimmt, der Quotient aus bekannter metrischer Ver-<br />

schiebung und berechneter bildbezogener Pixelverschiebung ist der gesuchte Abbildungs-<br />

maßstab in der Schärfeebene und kann für die Folgeberechnungen eingesetzt werden.<br />

Ggf. ist eine solche „Kalibrierfahrt“ vor jedem Messvorgang sinnvoll, um den ordnungsgemä-<br />

ßen Zustand der Maschinenjustage zu testen.<br />

7.4.3 Implementierung und Integration des Teilsystems<br />

7.4.3.1 Allgemeines<br />

Im Folgenden wird die Integration des Basisalgorithmus in das Bildverarbeitungssystem dargestellt.<br />

Die dabei dem Projektziel entsprechend erforderlichen Arbeitschritte der Kantenverlaufsvermessung,<br />

der Rundlaufbestimmung und der Defektoskopie werden dabei jeweils auf<br />

den Basisalgorithmus zurückgeführt, der mehrfach – ggf. in verschiedenen Stellungen und<br />

Drehwinkeln des Werkzeugs - ausgeführt wird.<br />

70


7.4.3.2 Ges<strong>am</strong>tgeometrie: Kantenverläufe<br />

Kantenverläufe werden aus dem Werkzeugbild durch mehrfache Ausführung des Basis-<br />

Algorithmus in verschiedenen Schnittlinien ermittelt. Die Ergebnisse stehen rechnerintern als<br />

Tabelle zur Verfügung. Globalwerte zur Übergabe an die Maschinenschnittstelle sind aus<br />

den numerischen Tabellen der Einzeldurchmesser ableitbar: Durchmesserdurchschnitt,<br />

Streuungen, Maximum, Minimum.<br />

Zur Ges<strong>am</strong>tgeometriebeschreibung wird dieser Vorgang für eine Vielzahl von Winkelstellungen<br />

des Werkzeugs um die Rotationsachse aufgenommen.<br />

Abb. 69: An den Werkzeugkanten werden in geringen Abständen die Durchmesser gemessen<br />

(gelbe Kreise)<br />

7.4.3.3 Ges<strong>am</strong>tgeometrie: Rundlauf<br />

Der Rundlauf kann in einem bestimmten Höhenschnitt durch mehrfache und beidseitige Ausführung<br />

des Basisalgorithmus in verschiedenen Werkzeugdrehwinkeln (muss daher durch<br />

WZM gesteuert werden) ausgeführt werden. Die grafische Darstellung für den Nutzer erfolgt<br />

als Polardiagr<strong>am</strong>m, in dem die jeweils ermittelten Radien in Abhängigkeit vom Drehwinkel<br />

skaliert wiedergegeben werden.<br />

Abgeleitete Globalpar<strong>am</strong>eter können wiederum aus der Messwertschar berechnet und an die<br />

Maschinensteuerung übergeben werden.<br />

71


Durchmesser Rundlauf<br />

Schnittebene<br />

Abb. 70: Grafische Anzeige von Durchmesser (rot) und Rundlauf (blau) für eine vorgegebene<br />

Messebene, beide Par<strong>am</strong>eter stimmen hier gut mit dem idealen Verlauf (gestrichelte<br />

Linie) überein<br />

Abb. 71: Werkzeug mit schlechter Durchmesserkonstanz und starker Rundlaufabweichung<br />

72


Die Ergebnisse zur Defektoskopie beruhen nicht auf einer separaten Messung, sondern sind<br />

von der Ges<strong>am</strong>tgeometriebeschreibung ableitbar, die durch das Verfahren nach Abschnitt<br />

7.4.3.2 geliefert wird.<br />

Als Defekt werden signifikante lokale Abweichungen vom geraden Kantenverlauf angesehen.<br />

Das Vorhandensein starker Abweichungen kann aus dem Maximum- und Minimumwert der<br />

Durchmessertabelle geschlussfolgert werden.<br />

7.4.4 Erprobung<br />

Das implementierte Progr<strong>am</strong>m wurde manuell und in Kopplung mit dem Maschinenprogr<strong>am</strong>m<br />

erfolgreich erprobt. Die in Abb. 72 sichtbaren tabellarischen Anzeigen und grafischen<br />

Darstellungen erlauben dem Bediener einen anschaulichen Überblick über das Arbeitsergebnis.<br />

Im Rahmen der Untersuchungen zur industriellen Tauglichkeit spricht die Firma<br />

ECMTEC GmbH dem Verfahren wegen der Anschaulichkeit, der schnellen Datenerfassung<br />

und des offenbar vorhandenen Potentials auch für die Vermessung noch kleinerer<br />

Objekte eine gute Eignung für die projektgemäßen Aufgabenstellungen zu.<br />

1 2 3 4 5 6 7<br />

Abb. 72: Messwerte in Messwerttabelle: 1.: Mittlerer Durchmesse, 1.: Minimum D, 3.:<br />

Maximum D, 4.:Standardabweichung des Durchmessers, 5.:Mittlere Position der Drehachse,<br />

6.: kleinste Position der Drehachse, 7.: größte Position der Drehachse … im jeweiligen<br />

Höhenschnitt. Die Tabelle kann als ASCII-Datei exportiert werden.<br />

73


Zur Analyse der Genauigkeit der Werkzeugvermessung wurden Untersuchungen an Kalibrierdornen<br />

vorgenommen. Abb. 73 zeigt die Ergebnisse für die Durchmessermessung für<br />

unterschiedliche Drehwinkel. Die Streuung liegt unterhalb 1 µm, das absolute Ergebnis unter<br />

Berücksichtigung der Streuung innerhalb der für die Dorne angegebenen Toleranzen.<br />

Durchmesser [µm]<br />

220<br />

210<br />

200<br />

190<br />

180<br />

170<br />

160<br />

150<br />

140<br />

130<br />

120<br />

110<br />

100<br />

Kalib 100µm - 0°<br />

Kalib 100µm - 90°<br />

Kalib 200µm - 0°<br />

Kalib 200µm - 90°<br />

90<br />

0 100 200 300 400 500 600<br />

Position (y) [µm]<br />

Abb. 73: Ergebnisse der Testmessungen für zwei Kalibrierdorne,<br />

Normmaße: 200 +/-1 µm, 100 +/- 1 µm<br />

Mittlerer Durchmesser<br />

über die Werkzeuglänge:<br />

201,2 µm ±0,2µm<br />

Mittlerer Durchmesser<br />

über die Werkzeuglänge:<br />

101,9 µm ±0,2µm<br />

Im Rahmen der industriellen Erprobung der Systeme zur Werkzeugvermessung durch die<br />

Firma ECMTEC GmbH wurden darüber hinaus Tests zur Wiederholgenauigkeit der Messung<br />

vorgenommen, die ebenfalls Streuungen unter 1 µm ergaben (vgl. Abb. 74).<br />

74


Abweichung in µm<br />

0,500<br />

0,400<br />

0,300<br />

0,200<br />

0,100<br />

0,000<br />

-0,100<br />

-0,200<br />

-0,300<br />

-0,400<br />

-0,500<br />

Wiederholmessung, Abweichung Durchmesser<br />

vom Mittelwert (47,25µm)<br />

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27<br />

Nummer der Messung<br />

Abb. 74: Bestimmung der Widerholgenauigkeit bei der Durchmesserbestimmung mit<br />

Hilfe des ITO-Optik und C<strong>WM</strong>-Auswertesoftware<br />

7.4.5 Optimierung, zukünftige Anpassungsarbeiten<br />

Die Integration in das Maschinensystem wird fortgeführt. Im Laufe der weiteren Produktentwicklung<br />

wird vor allem die Kommunikation über die Schnittstelle zu verbessern sein, so<br />

dass aussagekräftige Par<strong>am</strong>eter für die automatische Bearbeitung abgeleitet und für die Maschinensteuerung<br />

genutzt werden können. Die Bildverarbeitungssoftware ist zum gegenwärtigen<br />

Stand weitgehend nutzbar, weiterzuführen ist die Integration mit der Maschinensteuersoftware<br />

unter besonderer Beachtung der funktionsfähigen Schnittstelle.<br />

75


8 Voraussichtlicher Nutzen<br />

Die Ergebnisse, die im Rahmen des hier berichteten Projektes erzielt wurden, finden bei den<br />

Projektpartnern unmittelbar Anwendung.<br />

So bedeutet insbesondere die Kenntnis der exakten Werkzeuggeometrie für Firma ECMTEC<br />

und für <strong>HSG</strong>-<strong>IMAT</strong> als Anwender der ECF-Technik einen bedeutenden Fortschritt, da hierdurch<br />

der aktuelle Werkzeugdurchmesser als Grundlage zur CAM-Daten-Erstellung herangezogen<br />

werden kann, was zu einer genaueren Bearbeitung führt. Zudem kann durch den<br />

Einsatz der Werkzeugvermessung zur Kontrolle der Werkzeuggeometrie während der Bearbeitung<br />

der Automatisierungsgrad der ECF-Bearbeitung weiter erhöht werden und somit letztendlich<br />

ein sichererer mannloser Betrieb realisiert werden. Die Herstellung von zylindrischen<br />

rotationssymmetrischen Werkzeugen und deren Einsatz bei der Werkstückbearbeitung<br />

führt zu einem verbesserten Elektrolytaustausch im Arbeitsspalt und d<strong>am</strong>it zu einer<br />

schnelleren und qualitativ besseren Bearbeitung, so dass auch großvolumigere Bearbeitungen<br />

wirtschaftlich sind.<br />

Beides führt zu einer erhöhten Wertschöpfung durch die ECF-Technik und eröffnet somit den<br />

Anwendern neue Marktperspektiven z.B. für die Herstellung von Mikrospritzgussteilen in der<br />

Mikrosystemtechnik, wodurch ECMTEC einen gesteigerten Absatz von ECF-Anlagen und<br />

Dienstleistungen erwarten kann.<br />

Aufbauend auf den in diesem Projekt erarbeiteten Strategien zur Vermessung von Zylindergeometrien<br />

mit Durchmessern von 500 µm bis in den Bereich kleiner 10 µm kann die Fa.<br />

Mahr Messeinrichtungen für Form- und Durchmesserbestimmung an Mikrozylindern und Mikrokegeln<br />

anbieten, die mit herkömmlichen optischen oder taktilen Sensoren bisher nicht ausgeführt<br />

werden konnten, woraus ein Wettbewerbsvorsprung in Bereich der Mikrotechnik resultiert.<br />

Ein solches System zur Vermessung kleinster Zylindergeometrien, insbesondere<br />

deren Abweichung von der Sollgeometrie, z. B. durch Verschleiß, Ablagerungen und Grate,<br />

kann auch in Fertigungs- und Produktionseinrichtungen vom Stand der Technik eingesetzt<br />

werden, um sie im Hinblick auf Miniaturisierung und Präzision zu verbessern.<br />

Der Vergleich von Soll- und Ist-Strukturen über ein optisches System und deren Auswertung<br />

mit den hier entwickelten Algorithmen kann im Weiteren auch in anderen Bereichen der Fertigung<br />

oder Vermessung verwendet werden. C<strong>WM</strong> sieht ein besonderes Potential bei der<br />

Analyse kleinster Objekte bis in den Nanometerbereich. Andererseits ist die hochgenaue<br />

Vermessung von Topographien nicht auf die Mikrosystemtechnik beschränkt.


Für das Lasermesssystem der Fa. BLUM konnten die Grenzen des Systems an realen Objekten<br />

überprüft werden. So konnte die vom Hersteller angegebene Wiederholgenauigkeit<br />

bei der Durchmesserbestimmung von ±0,2 µm erreicht werden. Bei der minimalen Größe<br />

des zu vermessenden Objektes konnten sogar kleiner als die vom Hersteller angegebenen<br />

Durchmesser noch reproduzierbar vermessen werden. Durch diese Untersuchungen konnte<br />

der Einsatzbereich des Lasermesssystems weiter vergrößert werden, wodurch die Fa. BLUM<br />

einen Wettbewerbsvorteil erlangt.<br />

77


9 Fortschritte auf dem Gebiet bei anderen Stellen<br />

Den Projektpartnern sind keine Fortschritte durch andere Stellen auf dem in diesem Projekt<br />

bearbeiteten Themengebiet bekannt.


10 Erfolgte und geplante Veröffentlichungen<br />

Die Ergebnisse, die im Rahmen des hier berichteten Projektes erzielt wurden, wurden in dem<br />

öffentlichen Workshop „Herstellung und Vermessung genauester Werkzeuge für das elektrochemische<br />

Fräsen mit ultrakurzen Spannungspulsen“ <strong>am</strong> 08.07.2008 <strong>am</strong> <strong>HSG</strong>-<strong>IMAT</strong> präsentiert.<br />

Darüber hinaus werden die Ergebnisse der Werkzeugherstellung („Manufacturing and verification<br />

of tools for ECF“) im Rahmen 4M2008 Conference im September 2008 einem internationalem<br />

Publikum in Cardiff vorgestellt.


Literatur<br />

[1]<br />

[2]<br />

CAGNON, L.; KIRCHNER, V.; KOCK, M.; SCHUSTER, R.; ERTL, G.; GMELIN, TH.; KÜCK, H.: Electrochemical micromachining<br />

of stainless steel by ultrashort voltage pulses. Z. Phys. Chem. 217 (2002) 299-313<br />

REMBOLD, V.: Entwurf und Aufbau einer Vorrichtung zum reproduzierbaren Herstellen von Wolfr<strong>am</strong>werkzeugen<br />

für das elektrochemische Mikrofräsen mit gepulster Spannung. Universität Stuttgart, Studienarbeit, 2004<br />

[3] http://www.corning.com/<br />

[4] BRINKMANN, S.; DRESEL, T.; SCHREINER, R.; SCHWIDER, J.: Axicon-type interfermoter for cylindrical surfaces.<br />

Optik 102, 106-110 (1996).<br />

[5] http://www.betalasermike.com/<br />

[6] SASAKI, O.; HASHIMOTO, K.; FUJIMORI, Y.; SUZUKI, T.: Measurement of cylinder di<strong>am</strong>eter by using sinusoidally<br />

vibrating sinusoidal gratings, in: Optical Engineering for Sensing and Nanotechnology, K. Iwata, ed., Proc.<br />

SPIE 4416, 35-38 35 (2001).<br />

[7]<br />

[8]<br />

HOFMANN, K.: Untersuchungen zur Optimierung der Mikrobearbeitung mit ultrakurzen Spannungspulsen unter<br />

Verwendung eines rotierenden Werkzeugs. Universität Stuttgart, Diplomarbeit, 2004<br />

DOST, M., VOGEL, D., WINKLER, T., VOGEL, J., ERB, R., KIESELSTEIN, E., MICHEL, B.: How to Detect Edgar Allan<br />

Poe's 'purloined letter'-or: Cross correlation algorithms in digitised video images for object identification,<br />

movement evaluation and deformation analysis, in Proceedings of SPIE Vol. 5048 Non-destructive Detection<br />

and Measurement for Homeland Security (SPIE, Bellingh<strong>am</strong>, WA, 2003)<br />

[9] KÜHNERT, R., SCHUBERT, A., DOST, M., VOGEL, D., KÄMPFE, B., MICHEL, B.: Verfahren zur feldmäßigen Bestimmung<br />

von Deformationszuständen in mikroskopisch dimensionierten Prüflingsbereichen, Offenlegungsschrift<br />

DE 196 14 896 A1, Beschluss zur Erteilung des gemeins<strong>am</strong>en Patents von Fraunhofer-Gesellschaft und<br />

C<strong>WM</strong> vom 11.10.2004.<br />

80


Danksagung<br />

Dieses Forschungsvorhaben wurde aus Haushaltsmitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft<br />

und Technologie (BMWi) im Rahmen des Progr<strong>am</strong>ms „Förderung von innovativen<br />

Netzwerken“ (InnoNet) unter dem Förderkennzeichen 16IN0372 gefördert. Für diese Förderung<br />

sei gedankt.<br />

Dem projektbegleitenden Ausschuss sei für seine Unterstützung und die Hinweise aus den<br />

zahlreichen Diskussionen gedankt.<br />

81

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