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Aus der Orthopädischen Universitätsklinik im<br />

Waldkrankenhaus St. Marien gGmbH Erlangen<br />

der<br />

<strong>Friedrich</strong>-<strong>Alexander</strong>-Universität Erlangen-Nürnberg<br />

Direktor: Prof. Dr. med. Raimund Forst<br />

Differentialstrategien zum Weichteil-Balancing<br />

bei der Knieendoprothetik<br />

in Abhängigkeit von der präoperativen Deformität<br />

Inaugural-<strong>Dissertation</strong><br />

zur Erlangung der Doktorwürde<br />

der Medizinischen Fakultät<br />

der<br />

<strong>Friedrich</strong>-<strong>Alexander</strong>-Universität<br />

Erlangen Nürnberg<br />

vorgelegt von<br />

<strong>Werner</strong> <strong>Krutsch</strong><br />

aus<br />

Nürnberg


Gedruckt mit Erlaubnis der<br />

Medizinischen Fakultät der <strong>Friedrich</strong>-<strong>Alexander</strong>-Universität<br />

Erlangen-Nürnberg<br />

Dekan: Prof. Dr. J. Schüttler<br />

Referent: Prof. Dr. R. Forst<br />

Korreferent: Prof. Dr. T. Kuwert<br />

Tag der mündlichen Prüfung: 27. Januar 2010


1 Zusammenfassung 1<br />

2 Summary 5<br />

3 Einleitung 8<br />

3.1 Anatomie und Biomechnik des Kniegelenkes 10<br />

3.2 Allgemeine Einführungen in das Weichteil-Management der Knie-TEP 15<br />

4 Literaturanalyse über das Weichteil-Balancing der Knie-TEP 18<br />

4.1 Methodik der Literaturanalyse 18<br />

4.2 Operative Zugangswege 21<br />

4.2.1 Allgemeine Vorbemerkungen 21<br />

4.2.2 Mediale parapatellare Arthrotomie 23<br />

4.2.3 Subvastus Zugang 28<br />

4.2.4 Midvastus Zugang 34<br />

4.2.5 Lateral parapatellarer Zugang 40<br />

4.2.6 Zwischen Arthrotomie und Korrektur der Deformitäten 44<br />

4.3 Korrekturen der Deformitäten 46<br />

4.3.1 Allgemeines zur Technik des Weichteil-Balancing 46<br />

4.3.2 Varus-Deformität 51<br />

4.3.2.1 Allgemein 51<br />

4.3.2.2 Release-Techniken 52<br />

4.3.2.2.1 Gesamtes Innenband 54<br />

4.3.2.2.2 Tiefes hinteres Innenband 56<br />

4.3.2.2.3 Oberflächliches vorderes Innenband 59<br />

4.3.2.2.4 Kapsel 61<br />

4.3.2.2.5 M. semimembranosus 63<br />

4.3.2.2.6 Pes anserinus 66<br />

4.3.2.2.7 Hinteres Kreuzband 68<br />

4.3.2.2.8 Laterales Advancement 72<br />

4.3.2.2.9 Besonderheiten 74<br />

4.3.2.3 Weichteil-Sequenzen 75<br />

4.3.2.3.1 Eröffnung des Kniegelenkes 76<br />

4.3.2.3.2 Osteophyten-Entfernung 76<br />

4.3.2.3.3 Mediale Weichteilmanschette 77<br />

4.3.2.3.4 Erster Release-Schritt zur Varuskorrektur 78<br />

4.3.2.3.5 Zweite gelöste Struktur zur Varuskorrektur 79<br />

4.3.2.3.6 Kapsel-Release 80<br />

4.3.2.3.7 Pes anserinus oder Semimembranosus 81


4.3.2.3.8 HKB-Release 82<br />

4.3.2.3.9 Schluß-Release 83<br />

4.3.2.3.10 Laterale Straffung 84<br />

4.3.3 Valgus-Deformität 85<br />

4.3.3.1 Allgemein 85<br />

4.3.3.2 Release-Techniken 89<br />

4.3.3.2.1 Außenband 90<br />

4.3.3.2.2 Popliteus-Sehne 93<br />

4.3.3.2.3 Tractus iliotibialis 96<br />

4.3.3.2.4 Posterolaterale Kapsel 100<br />

4.3.3.2.5 Lateraler Gastrocnemius 103<br />

4.3.3.2.6 Biceps femoris 104<br />

4.3.3.2.7 Intermuskulares Septum 105<br />

4.3.3.2.8 Laterales Retinakulum 105<br />

4.3.3.2.9 Hinteres Kreuzband 107<br />

4.3.3.2.10 Mediales Advancement 110<br />

4.3.3.2.11 Besonderheiten 115<br />

4.3.3.3 Weichteil-Sequenzen 116<br />

4.3.3.3.1 Osteophyten-Entfernung 117<br />

4.3.3.3.2 1. gelöste Struktur 118<br />

4.3.3.3.2.1 Hinteres Kreuzband 118<br />

4.3.3.3.2.2 Laterales Retinakulum 118<br />

4.3.3.3.2.3 Pie-crust-Technik 119<br />

4.3.3.3.2.4 Tractus iliotibialis 120<br />

4.3.3.3.2.5 Außenband 121<br />

4.3.3.3.3 Beziehung von Außenband zu Popliteus 121<br />

4.3.3.3.4 Beziehung zwischen Außenband, Popliteus, Tractus iliotibialis 123<br />

4.3.3.3.5 Kapsel 125<br />

4.3.3.3.6 Letzter Schritt 126<br />

4.3.3.3.6.1 Lateraler Gastrocnemius 126<br />

4.3.3.3.6.2 Biceps femoris 126<br />

4.3.3.3.6.3 Resektion des Fibulaköpfchens 127<br />

4.3.3.3.6.4 Hinteres Kreuzband 127<br />

4.3.3.3.7 Mediales Advancement 128<br />

4.3.3.3.8 Zusätzliche Femurschnitte 129<br />

4.3.3.3.9 Höhere Prothesenführung 129<br />

4.3.4 Flexionsdeformität 131<br />

4.3.4.1 Allgemein 131<br />

4.3.4.2 Release-Techniken 136<br />

4.3.4.2.1 Posteriore Osteophyten 136<br />

4.3.4.2.2 Kollateralbänder und Varus-/Valgus-Korrektur 138


4.3.4.2.3 Posteriore Kapsel 140<br />

4.3.4.2.4 Knie-Flexoren 144<br />

4.3.4.2.4.1 Gastrocnemii 144<br />

4.3.4.2.4.2 Semimembranosus 145<br />

4.3.4.2.5 Hinteres Kreuzband 146<br />

4.3.4.2.6 Zusätzliche distale Femurresektion 148<br />

4.3.4.3 Weichteil-Sequenzen 152<br />

4.3.4.3.1 Osteophyten-Entfernung 153<br />

4.3.4.3.2 Kollateralbänder oder Semimembranosus 153<br />

4.3.4.3.2.1 Kollateralbänder 154<br />

4.3.4.3.2.2 Semimembranosus 154<br />

4.3.4.3.3 Kapsel 155<br />

4.3.4.3.4 Letzte gelöste Weichteil-Struktur 156<br />

4.3.4.3.4.1 Hinteres Kreuzband 156<br />

4.3.4.2.4.2 Gastrocnemius 157<br />

4.3.4.3.5 Zusätzliche distale Femurresektion nach Weichteil-Release 158<br />

4.3.5 Recurvatum-Deformität 160<br />

4.3.5.1 Allgemein 160<br />

4.3.5.2 Korrektur-Techniken 163<br />

4.3.5.2.1 Veränderte Resektionsschnitte 163<br />

4.3.5.2.2 Verwendung anderer Prothesenkomponenten 164<br />

4.3.5.2.3 Balancing der Weichteilstrukturen 166<br />

4.3.5.3 Korrektur-Sequenzen 168<br />

4.3.5.3.1 Erst Resektion, dann Implantat-Wahl 168<br />

4.3.5.3.2 Erst Resektion, danach Weichteile, zuletzt Implantatwahl 169<br />

4.3.5.3.3 Zum Schluß Implantat mit höherem Führungsgrad 170<br />

5 Diskussion 171<br />

5.1 Zugangswege zum Kniegelenk 171<br />

5.2 Weichteil-Balancing 174<br />

5.3 Varus-Deformität 177<br />

5.3.1 Release-Techniken 177<br />

5.3.2 Release-Sequenzen 179<br />

5.4 Valgus-Deformität 182<br />

5.4.1 Release-Techniken 182<br />

5.4.2 Release-Sequenzen 184<br />

5.5 Flexionsdeformität 186<br />

5.5.1 Release-Techniken 187


5.5.2 Release-Sequenzen 188<br />

5.6 Recurvatum 190<br />

5.7 Algorithmen zum Weichteilmanagement 191<br />

5.7.1 Varus-Korrektur 191<br />

5.7.2 Valgus-Korrektur 192<br />

5.7.3 FC-Korrektur 194<br />

5.8 Ausblick 195<br />

6 Literaturverzeichnis 198<br />

7 Abkürzungsverzeichnis 211<br />

8 Danksagung 212<br />

9 Lebenslauf 213


1 Zusammenfassung<br />

1.1 Hintergrund und Ziel<br />

Die Knieendoprothetik gilt als Goldstandard in der Behandlung der fortgeschrittenen<br />

Gonarthrose. Als wichtigster und gleichzeitig schwierigster Part der chirurgischen Implantation<br />

einer Knie-TEP gilt das sogenannte Weichteil-Balancing. Hierzu gehört neben<br />

der Korrektur verschiedener Deformitäten durch Weichteil-Release-Schritte auch<br />

der individuelle Umgang mit den knieumgebenden Weichteilen. Entscheidend ist hier<br />

vor allem die Wahl des optimalen Hautschnitts und der Arthrotomie.<br />

1.2 Methodik<br />

In dieser Arbeit wird über eine umfassende Literaturanalyse das Thema des Weichteil-<br />

Balancings bei der Knieendoprothese bearbeitet. Die Internet-Datenbank "Pubmed"<br />

(www.pubmed.com), mit der eine strukturierte und nach Stichworten geordnete Suche<br />

nach Publikationen möglich ist, diente in dieser Arbeit als Quelle für die medizinischen<br />

Artikel, die zum Weichteil-Balacing bei der Knieendoprothetik veröffentlicht wurden.<br />

876 Abstracts und davon 370 Vollartikel wurden zu diesem Thema kritisch ausgewertet.<br />

249 Publikationen konnten für diese Arbeit verwendet werden.<br />

1.3 Ergebnisse<br />

Beim Thema der Auswahl eines geeigneten Zugangsweges zum Kniegelenk wurden<br />

die vier gebräuchlichsten Arthrotomien genauer vorgestellt. Die neueren Zugangswege,<br />

Subvastus und Midvastus, bieten nur in der frühen postoperativen Phase deutliche Vorteile<br />

gegenüber dem medialen parapatellaren Zugang. Da diese Vorteile nur in der frühen<br />

postoperativen Zeit vorhanden sind und mit der Zeit nach der Operation abnehmen<br />

und der mediale parapatellare Zugang im Gegensatz zum Sub- und Midvastus-Zugang<br />

beinahe bei jeder präoperativen Kniedeformität einsetzbar ist und nahezu keine Kontraindikationen<br />

bietet, entscheidet sich bis zum heutigen Tage immer noch die Mehrzahl<br />

der Operateure für den medialen parapatellaren (Standard)-Zugang.<br />

Er gilt auch bei Valgusdeformitäten als Zugang der Wahl, obwohl einige Operateure bei<br />

dieser eher selten auftretenden Deformität den lateralen parapatellaren Zugang beim<br />

Valgus präferieren.<br />

Die Sequenz der einzelnen Weichteil-Balancing-Schritte muss abhängig von der vorliegenden<br />

Deformität differenziert durchgeführt werden.<br />

1


Die Varusdeformität ist die präoperativ am häufigsten vorliegende Deformität. Bei<br />

deren chirurgischer Korrektur werden die medialen Weichteile des Kniegelenkes gelöst.<br />

Zu den zu lösenden Strukturen gehören das oberflächliche Innenband, das tiefe Innenband,<br />

die Kapsel, der Semimembranosus, der Pes anserinus und das hintere Kreuzband.<br />

Diese Strukturen werden je nach Autor in verschiedener Art und Weise von ihren tibialen<br />

Ansätzen in unterschiedlichster Reihenfolge gelöst, wobei viele Gemeinsamkeiten<br />

bei den verschieden praktizierten Release-Sequenzen zu erkennen sind. Eine Sequenz<br />

beginnt mit der Korrektur der Extensionslücke, was durch ein Release des tiefen Innenbandes<br />

sowie der posteromedialen Kapsel durchgeführt wird. Gefolgt wird dieser<br />

Schritt von der Korrektur der Flexionslücke durch ein Release des oberflächlichen Innenbandes<br />

und des Semimembranosus. Pes anserinus und hinteres Kreuzband sind letzte<br />

Möglichkeiten für eine rigide Varus-Korrektur.<br />

Bei der Valgusdeformität werden die kontrakten lateralen Weichteile gelöst. Zu diesen<br />

Strukturen gehören das Außenband, der M. popliteus, der Tractus iliotibialis, die Kapsel,<br />

der Biceps femoris, der laterale Gastrocnemius, das hintere Kreuzband und das laterale<br />

Retinakulum. Diese Strukturen werden mit noch größerer Variation und zusätzlich<br />

mit unterschiedlichen Release-Techniken sowohl von der Tibia als auch vom Femur<br />

gelöst. Einheitliche Abfolgen einer Release-Sequenz sind in der Literatur kaum zu erkennen.<br />

Es werden sogar Weichteil-Strukturen behandelt, deren Release einerseits komplett<br />

abgelehnt und ein unbedingter Erhalt empfohlen und andererseits generell ihre<br />

komplette Resektion gefordet wird. Zu diesen Strukturen gehören bei Valgusdeformität<br />

der M. popliteus und das HKB. Initialer Schritt einer Sequenz bleibt meist die Lösung<br />

des Iliotibialbandes zur Korrektur der Extensionslücke des Valgus, gefolgt vom Release<br />

des lateralen Seitenbandes und dem Popliteus, welche beide einen Einfluß auf Extensions-<br />

und Flexionslücke haben. Abschließend kann eine Korrektur der Extensionslücke<br />

noch durch ein Release der posterolateralen Kapsel und lateralen Strukturen wie dem<br />

Biceps femoris, dem lateralen Kopf des Gastrocnemius oder dem HKB erreicht werden.<br />

Die Flexionsdeformität tritt überwiegend in Kombination mit einer Varusdeformität<br />

auf, was bei den einzelnen Weichteil-Schritten zu berücksichtigen ist. Bei einer Flexionsdeformität<br />

wird nach der Entfernung der Osteophyten zuerst eine begleitende Varusdeformität<br />

korrigiert, bevor diejenigen Strukturen gelöst werden, die ausschließlich auf<br />

eine Flexionsdeformität Einfluss haben. Zur Korrektur der Deformität in der koronalen<br />

Ebene wird beim Varus das tiefe Innenband, das oberflächliche Innenband und der Se-<br />

2


mimembranosus gelöst, beim Valgus das laterale Seitenband. Danach wird zur Korrektur<br />

der Flexionsdeformität die posteromediale bzw. posterolaterale Kapsel sowie die<br />

posteriore Kapsel gelöst. Eine besondere Rolle spielt die distale Femurresektion, mit der<br />

unter Umständen nach erfolglosen Weichteil-Schritten eine Flexionskontraktur nachkorrigiert<br />

werden kann, was aber extrem selten von Nöten ist.<br />

Das Genu recurvatum tritt präoperativ sehr selten auf. Häufig ist diese Deformität eine<br />

intraoperative Folge einer Überresektion vom Femurknochen. Weichteil-Strukturen<br />

spielen hier bei der Korrektur eine eher untergeordnete Rolle. Entscheidende Maßnahmen<br />

zur Korrektur des Genu recurvatum sind eine veränderte Wahl von Resektionsschritten<br />

und Prothesenkomponenten. Dies wird erreicht durch eine verminderte Resektion<br />

von proximaler Tibia und distalem Femur und durch eine kleinere femorale und<br />

größere tibiale Prothesenkomponente.<br />

1.4 Schlußfolgerung<br />

Die Forschung zur Weichteil-Balancierung bei der Knieendoprothetik ist bei weitem<br />

noch nicht abgeschlossen. Es gibt bisher Hinweise aus Kadaver- und klinischen Studien,<br />

dass bestimmte Release-Techniken bzw. bestimmte Release-Sequenzen gute bis sehr<br />

gute klinische Ergebnisse erzielen lassen. Eine Balancing-Strategie mit einheitlicher<br />

Reihenfolge des Releases von Weichteilstrukturen bei unterschiedlichen Knie-<br />

Deformitäten ist bisher noch nicht beschrieben worden.<br />

Bis Metaanalysen, prospektiv randomisierte Studien oder klinische Vergleichsstudien<br />

zu diesem Thema existieren, muss man sich auf die bisher veröffentlichten Studien und<br />

Erfahrungsberichte zahlreicher Operateure beziehen.<br />

Auch beim Thema der chirurgischen Zugänge zum Kniegelenk können in Zukunft nur<br />

valide Studien die Unterschiede der einzelnen Zugänge herausarbeiten. In besonderem<br />

Maße gilt dies für die sich aktuell etablierende sog. "minimal-invasive Chirurgie" in der<br />

Knieendoprothetik.<br />

In der vorliegenden Arbeit werden erstmals systematisch aus der verfügbaren Literatur<br />

die verschiedenen Vor- und Nachteil sowie Gemeinsamkeiten und Unterschiede der<br />

unterschiedlichen Operationstechniken bei der Durchführung der Arthrotomie und des<br />

Weichteil-Balancings bei der Knieendoprothetik zusammengestellt und darauf basierend<br />

Algorithmen für das Weichteilrelease für die unterschiedlichen Kniedeformitäten<br />

entwickelt.<br />

3


2 Summary<br />

2.1 Aim and background<br />

Total knee arthroplasty is the gold standard in surgical treatment of osteoarthritis of the<br />

knee. The most important and most difficult part of the knee replacement is the soft tissue-balancing.<br />

This includes not only the steps for soft-tissue-release to correct different<br />

deformities of the knee, but also the perioperative handling of the soft tissue around the<br />

knee joint. The choice of the optimal incision of the skin and arthrotomy of the knee<br />

joint play an important role in knee replacement.<br />

2.2 Methods<br />

This manuscript reviews and analysis the literature on soft tissue-balancing in total knee<br />

arthroplasty. The research of the internet was the fundament of this paper and pointed<br />

out many adequat puplications about the topic of this paper. The homepage "pubmed”<br />

(www.pubmed.com) allows a structured research into publications by headword. It<br />

served as the repository for all important medical articles, which were published on soft<br />

tissue-balancing. 876 abstracts and therefrom 370 full articles were evaluated on this<br />

topic. 249 publications were quoted as suitable in this paper.<br />

2.3 Results<br />

Concerning the adequate appraoch to the knee joint, the four most common arthrotomies<br />

are presented. The new approaches, subvastus and midvastus, offer significant<br />

advantages only in the early postoperative period compared to the medial parapatellar<br />

approach. Since the advantages of the subvastus and the midvastus are present only<br />

temporary in the immediate postopertive period and the medial parapatellar approach in<br />

contrast to midvastus and subvastus is suitable in every preoperative situation and offers<br />

no contraindication, most surgeons still decide in favour for the medial parapatellar approach.<br />

This approach is an eligible appraoch for valgus deformities, although some<br />

surgeons prefer the lateral parapatellar approach for the valgus knee.<br />

The sequence of steps taken for soft-tissue-balancing differ depending on the various<br />

deformities.<br />

4


The most frequent preoperative deformity is the varus deformity, which has to be corrected<br />

by the release of the medial soft tissues. The released medial structures are: the<br />

superficial medial collateral ligament, the deep medial collateral ligament, the capsule,<br />

the semimembranosus muscle, the pes anserinus and the posterior cruciate ligament.<br />

These structures are released in diverse techniques and sequences from their tibial insertion,<br />

however several similarities of variable release-sequenzes are observed. One sequence<br />

of the soft tissue balancing starts with the correction of the extension gap, with<br />

the release of the deep medial ligament and the posterolaterale capsule. This step is followed<br />

by the correction of the flexion gap with a release of the superficial medial ligament<br />

and the semimembranosus. The pes anserinus and the posterior cruciate ligament<br />

are the last possibility for the correction of a rigid varus deformity.<br />

In the valgus deformity the contracted lateral soft tissues are released. The lateral structures<br />

are: the lateral collateral ligament, the popliteus muscle, the iliotibial band, the<br />

capsule, the biceps femoris, the gastrocnemius, the posterior cruciate ligament and the<br />

lateral retinaculum. These structures are released in even greater variation and different<br />

release-techniques from the tibial and also from the femoral origin. Uniform handling of<br />

the release-sequences are hardly recognisable. Soft tissue structures are treated and released<br />

by some authors, which are considerd essential to remain interest by others. Parts<br />

of these structures are the popliteus muscle and the posterior cruciate ligament in the<br />

valgus deformity. Most frequently the first step of a sequence of the soft tissue balancing<br />

is the release of the iliotibial band for the correction of the extension gap followed<br />

by the release of the lateral collateral ligament and the popliteus, which influenced both<br />

the extension gap and the flexion gap. In a final step the extension gap can be corrected<br />

through a release of the posterolateral capsule and laterale soft tissue structures like the<br />

bisceps femoris, the lateral head of the gastrocnemius and the posterior cruciate ligament.<br />

The flexion deformity occurs mostly in combination with the varus deformity, which<br />

has to be considered for the soft-tissue-release-sequence. In the soft-tissue-sequence of<br />

the flexion contracture, after the excision of the osteophytes, the combined varus deformity<br />

has to be corrected before the release of those structures, which exclusively affect<br />

the flexion contracture. For the correction of the deformity in the coronal plane the<br />

deep medial collateral ligament, the superficial collateral ligament and the semimem-<br />

5


anosus are released in varus and the lateral collateral ligament is released in valgus<br />

deformity. Then the posteromedial and the posterolateral capsule as well as the the posterior<br />

capsule are released for the correction of the flexion deformity. In selected cases<br />

an additional distal resection of the femur, which may correct the flexion contracture in<br />

case of an ineffective soft tissue-sequence, may be necessary.<br />

The recurvatum deformity occurs preoperatively very rarely, more commonly this<br />

deformity is observed as an intraoperative consequence of an overresection of the femur.<br />

The soft tissue-balancing plays a subordinate role in the correction of the recurvatum.<br />

Essential steps for the correction of the recurvatum are a different step of resection<br />

implant choice, by a reduced resection of the proximal tibia and the distal femur and by<br />

using smaller femoral and comparatively larger tibial prosthesis components.<br />

2.4 Conclusion<br />

The development and research of soft tissue-balancing in total knee arthroplasty is by<br />

far not completed. Cadaver and clincial studies suggest definite release-techniques and<br />

sequences with reproducible good to excellent results. A balancing strategy for different<br />

deformities with a uniform sequence of definite soft tissue structures has not been described<br />

until today.<br />

As long as there are no metaanalysis, prospective randomized studies or clinical comparative<br />

studies, only the current published studies and field reports numerous of surgeons<br />

can be considered.<br />

Concerning the surgical approaches to the knee joint, prospective randomized or clinical<br />

comparative studies can objectively point out differences of the surgical approaches in<br />

the future, especially for the minimally invasive surgery.<br />

This paper systematically reviews the existing literature and presents advantages and<br />

disadvantages as well as similarities and differences of the various surgical techniques<br />

for arthrotomy and soft tissue balancing in total knee arthroplasty. Thereupon algorithms<br />

for the soft tissue release in different knee deformities were developed.<br />

6


3 Einleitung<br />

Die Knieendoprothetik hat in den letzten 20 Jahren mit steigender Tendenz eine rasante<br />

Entwicklung durchgemacht. Schmidt und Hamilton (1996) sprechen bereits 1996 von<br />

einer jährlichen Knie-TEP-Implantationsrate von über einer halben Million künstlichen<br />

Kniegelenken weltweit und Graichen et al (2007) berichten von heutzutage ca. 130.000<br />

Knie-TEPs in Deutschland pro Jahr.<br />

Besonders die Zahl der Oberflächenersatzgelenke hat sich in Deutschland deutlich erhöht,<br />

während die Anzahl der anderen Prothesentypen mit höherem Kopplungsgrad<br />

zurückgegangen ist (Jerosch et al 1997, von Eisenhart-Rothe et al 2007).<br />

Die Standzeiten der heutigen Totalendoprothesen betragen in bis zu 90% der Fälle über<br />

10 Jahre, die subjektive Zufriedenheit der Patienten liegt bei ca. 80%. Dies konnte in<br />

großen endemischen wissenschaftlichen Erhebungen wie dem schwedischen Knieprothesenregister<br />

nachgewiesen werden (Lüring und Grifka 2006, Lüring et al 2006a).<br />

Für die Gelenkendoprothetik des Knies kommen Gelenkkrankheiten wie die rheumatoide<br />

Arthritis und die posttraumatische Gonarthrose in Frage, vor allem aber die idiopathische<br />

Gonarthrose, welche die häufigste Indikation zur Knie-TEP darstellt (Ficat<br />

1977, Knutson et al 1994, Oliveria et al 1995).<br />

Die Knieendoprothetik stellt für die Versorgung der fortgeschrittenen Gonarthrose heutzutage<br />

den Goldstandard dar (Graichen 2007, Graichen et al 2007, von Eisenhart-Rothe<br />

et al 2007).<br />

Die für die Arthrose charakteristischen degenerativen Veränderungen betreffen vorwiegend<br />

den Gelenkknorpel, aber auch knöcherne und bindegewebige Strukturen, was zur<br />

Deformität des Kniegelenkes führen kann (Netter 1995, Whiteside 2004).<br />

Kleinbart et al (1996) zeigen auf, dass in nicht unerheblichem Maße auch ligamentäre<br />

Strukturen in den degenerativen Prozess miteinbezogen werden, was für die Implantation<br />

wesentliche Konsequenzen hat, denn bei arthrosevorgeschädigten Bändern, wie am<br />

Beispiel des hinteren Kreuzbandes (HKB), hat diese arthrotische Vorschädigung direkten<br />

Einfluss auf die Wahl des Prothesendesigns, aber auch auf weitere Balancierungen<br />

der Weichteile (Griffin et al 2000, Agneskirchner und Lobenhofer 2004).<br />

Hauptziel der Knie-TEP-Implantation ist eine Schmerzreduktion und eine möglichst<br />

physiologische Kniefunktion (Fehring 2006, Pape und Kohn 2007).<br />

7


Die Durchführung der Implantation einer Knie-TEP ist eine technisch anspruchsvolle<br />

Operation. Damit ist das Ergebnis einer erfolgreichen Implantation auch abhängig von<br />

der Präzision, mit welcher die Prothese implantiert wird und ist somit vom Können und<br />

der Erfahrung des Operateurs (Kumar und Dorr 1997, Portheine et al 2002, Lüring et<br />

al 2006a, Briard et al 2007).<br />

Insbesondere die Durchführung des Weichteilmanagement ist eine genuine Aufgabe des<br />

Operateurs und bedarf reichlicher operativer Erfahrung (Kohn und Rupp 2000, Graichen<br />

2007). Bellemans et al (2006) berichten, dass es eine lange Zeit dauern kann, bis<br />

ein Operateur gelernt hat, ob ein Knie entweder adäquat balanciert ist, zu straff oder zu<br />

schlaff ist. Dies zeigt die Schwierigkeit des Balacings auf, das nur durch eine hohe Erfahrung<br />

des Operateurs optimiert werden kann.<br />

Während sich die Wissenschaft und die Weiterentwicklung in den vergangenen Dekaden<br />

auf das Prothesendesign und die Materialien fokussierten, trat in den letzten Jahren<br />

immer mehr die Operationstechnik und damit vor allem das Weichteil-Balancing in den<br />

Vordergrund (Lüring et al 2006a). Das Management des Kapsel-Band-Apparates wird<br />

von vielen Autoren als das entscheidende Kriterium für die erfolgreiche Implantation<br />

einer Knie-TEP angesehen (Kohn und Rupp 2000, Asano et al 2004, Lüring et al 2005,<br />

Graichen 2007). Da die Fehlstellungen immer aus einer knöchernen Deformität und<br />

einer Dysbalance der Ligamente bestehen, hat die Korrektur der knöchernen Fehlstellung<br />

immer auch Einfluss auf die Ausdehnung des Weichteileingriffs (Trepte und<br />

Pflanzelt 2003).<br />

8


3.1 Anatomie und Biomechanik des Kniegelenkes<br />

Die genaue Kenntnis über den anatomischen Aufbau des Kniegelenks ist eine essentielle<br />

Grundvorrausetzung zur Durchführung einer jeden Knieoperation. Gerade weil das<br />

Kniegelenk komplex aufgebaute Ligamente und Gelenkflächen besitzt, deren Zusammenspiel<br />

auch bis heute nicht vollständig geklärt ist, ist eine genaue Grundkenntnis der<br />

Anatomie und der Biomechanik relevant (Whiteside 2004, Putz et al 2007).<br />

Kummer (1989) beschreibt das Kniegelenk als kraftschlüssiges Gelenk, bei dem der<br />

Bandapparat und die knieumspannende Muskulatur für die Stabilität und einen geordneten<br />

Bewegungsablauf sorgen. Das Knie besitzt keine primär knöcherne Führung. Die<br />

beiden Kreuzbänder sind Hauptstabilisatoren gegen eine Anterior-posterior (AP)-<br />

Translation der Tibia und ein wichtiger Teil der Gelenkkinematik des Kniegelenks.<br />

Auch wenn es sekundäre Stabilisatoren gibt, welche die Funktion der Kreuzbänder teilweise<br />

kompensieren können, bedeutet eine Durchtrennung der Kreuzbänder eine deutliche<br />

Zunahme der Laxizität in AP-Richtung. In Außenrotation sind beide Kreuzbänder<br />

entspannt, in Innenrotation sind beide gespannt (Butler et al 1980, Müller 1982, Kapandij<br />

1985).<br />

Das vordere Kreuzband (VKB) verhindert ein Subluxieren der Tibia, limitiert die Extension<br />

und begrenzt in Flexionsstellung die Innen- und Außenrotation des Unterschenkels<br />

(Schultz et al 1984).<br />

Das hintere Kreuzband (HKB) ist ein Flexionsstabilisator, verhindert bei Flexion eine<br />

Subluxation nach vorne und verhindert zusammen mit der Streckmuskulatur ein Vorwärtsgleiten<br />

der Kondylen beim Laufen, Gehen und Stehen (Kapandij 1985).<br />

Ein Zusammenwirken der beiden Kreuzbänder ist nur in der Endphase der Innenrotation<br />

zu sehen, wo sich das VKB um das HKB wickelt und die Innenrotation dadurch bremst<br />

(Putz et al 2007).<br />

Die Kollateralbänder haben besonders in Extensionsstellung eine stabilisierende Funktion,<br />

sowohl in AP-Richtung, als auch in Varus-Valgus. Sie haben somit eine wichtige<br />

seitenstabilisierende Aufgabe am Kniegelenk. Das Innenband stabilisiert gemeinsam<br />

mit dem VKB gegenüber Valgisierung und tibialer Innenrotation, das Außenband stabilisiert<br />

zusammen mit dem HKB gegenüber einer Varisierung und einer Außenrotation<br />

der Tibia. Im Gegensatz zum Außenband bleibt das Innenband aufgrund der unterschiedlichen<br />

Richtungen der einzelnen Faserzüge des Bandes auch in Beugebewegung<br />

9


etwas gespannt (Käfer 2002, Putz et al 2007). Wenn die Kreuzbänder reseziert werden,<br />

was bei der Knie-TEP der Fall sein kann, steigt die Beanspruchung der Kollateralbänder<br />

als sekundäre Stabilisatoren für das Kniegelenk weiter an (Briard et al 2007, Graichen et<br />

al 2007).<br />

Die Gelenkskapsel spannt sich um das gesamte Kniegelenk und lässt ventral eine Lücke<br />

für die Patella frei. Sie hat eine stabilisierende Funktion besonders in voller Streckung<br />

und wird in unterschiedlicher Weise von Ligamenten verstärkt. Auf den hinteren<br />

Teil der Gelenkskapsel ist bei der Knie-TEP besonders zu achten, da er bei einer Arthrose<br />

häufig kontrakt ist und ggf. gelöst werden muss (Briard et al 2007).<br />

Die gelenksumspannende Muskulatur des Kniegelenks besteht zum einen aus den Extensoren,<br />

die zu den Teilen des M. quadrizeps femoris gehören und den Flexoren, wie<br />

den Mm. gastrocnemii und der ischiokruralen Muskulatur, die neben ihrer beugenden<br />

Wirkung auch eine rotatorische Wirkung besitzen. Dabei führt der M. biceps femoris als<br />

einziger eine Außenrotation, andere Muskeln wie der M. semitendinosus oder der M.<br />

semimembranosus eine Innenrotation an der Tibia durch (Kraus 2002, Platzer 2005).<br />

Abb.1. Rückansicht des Kniegelenkes (aus Insall und Scott 2002).<br />

10


Abb.2. Vorderansicht des Kniegelenkes (aus Insall und Scott 2002).<br />

Auf der lateralen Seite des Kniegelenkes sorgen der M. popliteus (Popliteus), das Außenband,<br />

der posterolaterale Kapselbereich und der laterale Gastrocnemius, die alle nahe<br />

der Femurkondyle ansetzen, für eine laterale Stabilisation im gesamten Bewegungsbereich.<br />

Für eine laterale Stabilisation nur in Extension sorgen der Tractus iliotibialis<br />

(Tractus) und der laterale Teil der posterioren Kapsel, weil sie etwas weiter entfernt von<br />

der epikondylären Achse ansetzen (Whiteside 2004, Putz et al 2007).<br />

3 4<br />

Abb.3. Laterale Seite des Kniegelenkes (aus Whiteside 2004).<br />

Abb.4. Wichtige Ansatzpunkte der Ligamente und Muskelsehnen der lateralen Seite<br />

(aus Hungerford et al 1984).<br />

Auf der medialen Seite des Kniegelenkes sorgt das Innenband mit beiden Teilen für die<br />

primäre Stabilisation in Extension, aber auch in Flexion. Das oberflächliche Innenband<br />

ist in Extension eher entspannt und in Flexion eher angespannt, während die hinteren<br />

Fasern des Innenbandes, wegen ihrer eher posterior am Femur ansetzenden Fasern, in<br />

Extension kontrahiert sind und in Flexion erschlafft. In Extension ist auch die postero-<br />

11


mediale Kapsel angespannt. Die Sehnen des Pes anserinus (Pes) und des Semimembranosus<br />

können als aktive Stabilisatoren zusätzlich für eine mediale Stabilität sorgen<br />

(Whiteside 2004, Putz et al 2007).<br />

5 6<br />

Abb.5. Mediale Seite des Kniegelenkes (aus Whiteside 2004).<br />

Abb.6. Wichtige Ansatzpunkte der Ligamente und Muskelsehnen der medialen Seite<br />

(aus Hungerford et al 1984).<br />

In Flexion tragen auf der medialen Seite vor allem der tiefe und der oberflächliche Teil<br />

des Innenbandes zur Stabilisation bei, während dies lateral vom Außenband, vom Popliteus,<br />

vom Gastrocnemius und der posterolateralen Kapsel getan wird. Als sekundärer<br />

Stabilisator in Varus-Valgus-Richtung dient das HKB (Whiteside 2004).<br />

In Extension tragen diejenigen Strukturen zu einer lateralen Stabilität bei, die senkrecht<br />

zur Gelenksoberfläche laufen. Das sind die Gastrocnemii, die posterolaterale Kapsel,<br />

das Außenband, die laterale hintere Kapsel, der Popliteus und der Tractus. Zur medialen<br />

Stabilität in Extension trägt primär das Innenband mit oberflächlichem, eher lockerem<br />

Teil und tiefem, eher strafferem Teil bei. Daneben spielt auch die posterolaterale Kapsel<br />

eine Rolle, genauso wie der Pes und der Semimembranosus (Whiteside 2004).<br />

Ob die unterschiedlichen Weichteilstrukturen auf der medialen oder lateralen Seite stabilisierende<br />

Wirkung in Beugung oder Streckung haben, zeigt die folgende Tab..<br />

12


Abb.7. Aufgaben der medialen und lateralen Weichteilstrukturen für die Stabilität am<br />

Kniegelenk (aus Bellemans et al 2005).<br />

Die Innenrotation der Tibia wird vor allem durch die Verdrillung der beiden Kreuzbänder<br />

begrenzt, die Außenrotation im Wesentlichen durch ein stark angespanntes<br />

Außenband (Putz et al 2007).<br />

13


3.2 Allgemeine Einführungen in das Weichteilmanagement der Knie-TEP<br />

Zum Weichteilmanagement gehören einerseits das Weichteil-Balancing, bei dem kontrakte<br />

Weichteile gelöst werden, und andererseits eine weichteilorientierte Auswahl von<br />

Implantaten. Präoperativ ist eine Beurteilung der Achsenverhältnisse des Kniegelenks<br />

ebenso wichtig wie das Vorliegen von Fehlstellungen und Instabilitäten. Hierzu gehört<br />

unter anderem auch die Betrachtung von Weichteilen, unter Einbeziehung ligamentärer<br />

Insuffizienzen, Bandkontrakturen, Muskelatrophien und Hautnarben.<br />

Aufgrund von Schmerzen und muskulärer Dysfunktion ist das präoperative Ausmaß der<br />

Weichteildeformität bei der präoperativen Untersuchung oft schwer zu ermitteln.<br />

Häufig lässt sich deshalb erst intraoperativ beim relaxierten Patienten, der genaue Zu-<br />

stand der Weichteile feststellen (Jerosch und Heisel 1999, Laskin 1991a).<br />

Die radiologische Untersuchung gibt bei der präoperativen Planung wichtige Hinweise<br />

über das Vorliegen von medialen, lateralen oder dorsalen Osteophyten, die intraoperativ<br />

entfernt werden müssen, da sie ansonsten zu signifikanten Flexionsbehinderungen führen<br />

können (Eike und König 2000). Die körperliche Untersuchung des Patienten gibt<br />

Aufschluss über vorbestehenden Hautnarben und die Hautdurchblutung, was entscheidend<br />

für einen geeigneten Zugangsweg ist. Ebenso kann man durch diese Untersuchung<br />

neurologische und propriozeptive Defizite, aber auch den präoperativen Bewegungsumfang<br />

in Flexion und Extension feststellen (Eike und König 2000).<br />

Damit eine Fehlerquote beim Balancing der Weichteile möglichst gering bleibt, schlagen<br />

Jerosch und Heisel (1999) eine dreifache Überprüfung der Weichteilbalance vor.<br />

Bereits direkt nach der Narkoseeinleitung wird das Bein nach Kontrakturen untersucht,<br />

als zweites nach der Resektion des distalen Femur mit Hilfe von Distraktoren und Ausrichtungsleitsystemen<br />

und abschließend nach Resektion der Tibia, wo der Einfluss von<br />

vorhandenen Osteophyten ausgeschaltet ist. Diese mehrfache Untersuchung auf die<br />

Weichteilbalance wird auch von anderen Autoren unterstützt (Freeman 1980, Insall<br />

1984, Laskin 1991a). Für Briard et al (2007) ist die Kontrolle der Weichteile während<br />

der Implantation der TEP der mit Abstand wichtigste Schritt der Operation um einen<br />

adäquaten Erfolg verbuchen zu können.<br />

Zum Begriff "Weichteil-Balancing" gehört neben der Auswahl spezieller und korrekter<br />

Prothesenkomponenten, welche die Flexions- und Extensionsintervalle adäquat ausfül-<br />

14


len sollen, auch die Erzielung eines physiologischen Beinalignments mit passender Ligamentspannung,<br />

das zumeist durch ein Release kontrakter Weichteile der konkaven<br />

Seite der Deformität erreicht wird. Gut erhaltene Weichteile steuern das Bewegungsmuster<br />

des künstlichen Gelenkes und kontrollieren die Stabilität des gesamten Bewegungsausmaßes<br />

und sind deshalb von besonderer Bedeutung für die Gelenkmechanik<br />

(Briard et al 2007).<br />

Ziel des Weichteil-Balancings sind zum einen rechteckige und gleich große Extensionsund<br />

Flexionslücken, zum anderen gleichmäßige Spannung der medial und lateral relevanten<br />

Weichteile (Asano et al 2004).<br />

15


Fragestellung<br />

Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, einen umfassenden Überblick über den derzeitigen<br />

Kenntnisstand über das Weichteil-Balancing bei der Implantation der Knieendoprothese<br />

darzustellen.<br />

Zum Weichteil-Balancing der Knieendoprothese wird neben der klassischen Balancierung<br />

der Bänder und Muskelansätze bei verschiedenen Deformitäten auch der weitere<br />

Umgang mit den Weichteilen des Kniegelenkes implementiert.<br />

Da nach Claus und Scharf (2007) der operative Zugangsweg zum Kniegelenk das<br />

Weichteil-Balacing beeinflussen kann, wird in dieser Arbeit anfangs auf die Wahl des<br />

operativen Zugangs zum Kniegelenk eingegangen. Es werden die Vor- und Nachteile<br />

einer jeden Arthrotomie zum Kniegelenk aus der Literatur gefiltert und die Indikationen<br />

und Kontraindikationen der genannten Zugänge miteinander verglichen.<br />

Im Hinblick auf die bestehenden Techniken des Weichteil-Balacings wird speziell auf<br />

die Release-Techniken der einzelenen Weichteilstrukturen bei verschiedenen Deformitäten<br />

des Kniegelenkes eingegangen. Neben der anatomischen und funktionellen Beschreibung<br />

der einzelnen Weichteilstrukturen, wird auch nach verschiedenen Release-<br />

Techniken dieser Strukturen gesucht, nach dem besten intraoperativen Zeitpunkt eines<br />

Releases, nach der Auswirkung eines möglichen Releases und nach dem bisherigen klinischen<br />

Einsatz solcher Release-Vorgänge bei der Implantation einer Knie-TEP.<br />

16


4. Literaturanalyse über das Weichteil-Balancing der Knie-TEP<br />

4.1 Methodik der Literaturanalyse<br />

Die Informationsquelle dieser Literaturrecherche waren zum einen Fachberichte in medizinischen<br />

Zeitschriften zum anderen medizinische Fachartikel in Büchern und Gesamtausgaben<br />

von medizischen Büchern.<br />

Die Suche nach einzelnen Fachartikeln aus medizinischen Zeitschriften wurde durch<br />

eine Internet-Recherche bei "PubMed" (www.pubmed.com) durchgeführt. Die Entscheidung<br />

für die Literatursuche bei Pubmed lässt sich durch den gut strukturierten<br />

Aufbau der Internetseite begründen. Nach Stichworten und Themen können hier viele<br />

verschiedne Artikel gesucht und geordnet werden. Nach Auffinden eines passenden<br />

Artikels können durch die Suchfunktion "related articles" die zu diesem bestimmten<br />

Thema veröffentlichten Artikel aufgesucht werden.<br />

Die Suche nach einzelnen Fachartikeln aus Büchern oder nach Gesamtausgaben von<br />

Büchern wurde über die Internet-Seite der Zentralbibliothek der Medizin in Deutschland<br />

(ZbMed) in Köln (www.zbmed.de) durchgeführt.<br />

Folgende Schritte wurden in der Recherche nach passenden Artikeln in genauer Reihenfolge<br />

ausgeführt:<br />

17<br />

1. Zur Systematisierung des Themas wurde als erstes auf der Internetseite der Zentralbibliothek<br />

der Medizin in Deutschland (www.zbmed.de) nach zum Thema<br />

passenden Gesamtausgaben von Büchern in deutscher und englischer Sprache<br />

gesucht. Verwendete Suchbegriffe im "OPAC-Such-System" der Zbmed waren:<br />

Knieendoprothetik, total knee arthroplasty, total knee replacement, knee arthroplasty,<br />

Weichteil-Balancing, soft tissue-balancing.<br />

2. Sobald ein Überblick über die chirurgische Maßnahme der Implantation der<br />

Knieendoprothese und der Weichteil-Balancierung bestand und eine Art Gliederung<br />

und Systematisierung erstellt werden konnte, wurde in der Literaturdatenbank<br />

"PubMed" (www.pubmed.com) im Internet nach zum Thema passenden<br />

Artikeln in englischer Sprache mit folgenden Stichworten gesucht:<br />

• 1. Such-Durchgang (allgemein): knee endoprosthesis, total knee arthroplasty,<br />

total knee replacement, soft tissue-balancing, tka, knee surgery.


18<br />

• 2. Such-Durchgang (Deformitäten): valgus knee tka, valgus deformity<br />

tka, varus deformity tka, varus knee tka, flexion contracture tka, flexion<br />

deformity tka, recurvatum tka.<br />

• 3. Such-Durchgang (Weichteile): pcl tka, cruciate ligaments tka, mcl tka,<br />

lcl tka, collateral ligaments tka, popliteus tka, iliotibialband tka.<br />

• 4. Such-Durchgang (Zugangsweg): approach tka, medial parapatellar,<br />

lateral parapatellar, midvastus, subvastus, mini-incision, minimallyinvasive.<br />

3. Sobald ein passender Titel eines Artikels gefunden wurde, konnte durch den<br />

"Abstract" des Artikels verifiziert werden, ob der Inhalt des Artikels zum Thema<br />

passt.<br />

4. Wenn der "Abstract" zum Thema passte, wurde dieser für die spätere Suche nach<br />

den Volltexten ausgedruckt.<br />

5. Sobald der "Abstract" eines Artikels gesichert war, wurde im "PubMed" nach<br />

dem vorliegenden Artikel verwante Artikel gesucht, indem die Suchfunktion<br />

"related articles" verwendet wurde.<br />

6. Sobald wieder ein "Abstract" gefunden wurde, der zum Thema passte, wurde bei<br />

diesem Artikel erneut nach "related articles" gesucht. Diese Art der Suche wurde<br />

solange fortgesetzt, bis zu jedem Einzelthema der eigenen Gliederung möglichst<br />

alle neuesten zum Thema gehörenden Artikel und dem Thema verwandten Artikel<br />

zusammen gesammelt waren. 876 Abstracts wurden für diese <strong>Dissertation</strong><br />

ausgewählt.<br />

7. Am Ende der PubMed-Suche wurde nochmals nach Autoren gesucht, die mehrere<br />

Artikel zum Thema veröffentlicht haben. Hier ragen vor allem folgende Autoren<br />

heraus: Whiteside LA, Laskin RS, Krackow KA, Insall JN, Mihalko WM,<br />

Ranawat CS, Scuderi GR und Lüring C.<br />

Die Erlangung der Volltexte wurde danach anhand der ausgedruckten "Abstracts" vorrangetrieben.<br />

Einige Volltexte konnten bereits im Internet bei verschiedenen Online-<br />

Seiten von Bücher-Verlagen heruntergeladen werden, weil diese im Internet frei zugänglich<br />

waren. Andere Texte konnten über die Internet-Seite der Universitätsbibliothek<br />

Erlangen erlangt werden, die für einige Fachzeitschriften eine Online-Berechtigung besitzt.<br />

Der Großteil der Fachartikel musste jedoch über die Zbmed in Köln bestellt oder<br />

vor Ort persönlich aus den Zeitschriften kopiert werden. 370 Artikel wurden für diese<br />

Arbeit ausgewertet.


Am Ende der Literatur-Suche wurden über die Internet-Seiten der ZbMed in Köln zum<br />

Thema passende bereits bestehende <strong>Dissertation</strong>en gesucht. Zum Weichteil-Balacing<br />

der Knieendoprothese ließ sich zu diesem Zeitpunkt keine <strong>Dissertation</strong> finden.<br />

19


4.2 Operative Zugangswege<br />

4.2.1 Allgemeine Vorbemerkungen<br />

Zu den wichtigsten intraoperativen Entscheidungen, die ein Operateur treffen muss, ist<br />

die Wahl des geeigneten Hautschnittes und die Wahl der geeigneten Arthrotomie.<br />

Bereits der chirurgische Zugang zum Kniegelenk birgt mehrere potentielle Risiken für<br />

Komplikationen. Ein unadäquat durchgeführter Zugang kann neben Infektionen auch zu<br />

Wundheilungsstörungen, Rupturen des Extensor-Apparates und Patellafrakturen führen<br />

(Clarke und Scuderi 2001). Es wurden viele unterschiedliche Zugangsmöglichkeiten<br />

zum Kniegelenk zur TEP-Implantation entwickelt, die alle das gemeinsame Ziel haben,<br />

den Extensor-Apparat möglichst zu schonen und eine Zerstörung der patellaren Blutzufuhr<br />

zu reduzieren (Parentis et al 1999).<br />

Der Zugang zum Kniegelenk sollte dem Operateur auf jeden Fall die Möglichkeit bieten,<br />

die für eine korrekte Implantation einer Knie-TEP notwendigen chirurgischen<br />

Schritte durchführen zu können. Wenn bei schwierigen Deformitäten bestimmte Weichteilrelease-Schritte<br />

notwendig werden, ist es für den Operateur von größter Wichtigkeit<br />

ausreichende Exposition zum Kniegelenk zu haben, damit er sowohl bei Varus- als auch<br />

bei Valgusdeformität die mediale und auch die laterale Kniegelenksseite, sowie beidseitig<br />

auch die posterioren Ecken erreichen kann, weil sich dort die Ansätze von eventuell<br />

zu lösenden Weichteilstrukturen befinden (Harwin 2003).<br />

Neben dem medialen parapatellaren Zugang zur Arthrotomie des Kniegelenkes gibt es<br />

den medialen Midvastus-Zugang, den Subvastus-Zugang und den direkten lateralen<br />

Zugang. Diese Zugänge können mit Modifikationen und Erweiterungen der Öffnungsfläche<br />

versehen werden (Keblish 2002).<br />

Fast alle heutzutage gängigen konventionellen Zugänge haben als Hautschnitt eine<br />

anteriore Längsinzision in der Mittellinie gemeinsam, welche eine sehr ausgedehnte<br />

Expostion auf das Kniegelenk bietet, sowohl für die primäre als auch für die Revisions-<br />

TEP (Clarke und Scuderi 2001). Als Alternative gilt auch die Verwendung von medialen<br />

und lateralen parapatellaren Hautschnitten, wie z.B. dem Payr-Schnitt auf der medialen<br />

Seite. Die Mehrzahl der Operateure legt aber großen Wert auf eine ausreichende<br />

Exposition zum Kniegelenk auf alle Kniekompartimente und will dies durch eine abseits<br />

der Mittellinie durchgeführten Hautschnittt nicht gefährden.<br />

20


Abb.8. Hautinzisionen: Durchgezogene Linie: Längsinzision in der Mittellinie; gestrichelte<br />

Linie: parapatelllaren Inzisionen nach Payr (aus Eulert und Hassenpflug 2001).<br />

In jüngster Zeit hat der Trend der minimal-invasiven Chirurgie auch in der Knieendoprothetik<br />

zunehmend Einzug gehalten. Scuderi et al (2004) berichten von einer Minimal-Inzision<br />

sowohl beim medialen parapatellaren Zugang, als auch beim Subvastus<br />

und Midvastus. Bisher wurde eine Knie-TEP über einen 20-25 cm langen Zugang<br />

durchgeführt. Bei der minimal invasiven Chirurgie und Verwendung von Mini-<br />

Inzisionen werden Zugänge mit Hautschnitten von 10-14 cm Länge, teilweise auch nur<br />

noch 8,5-12 cm, verwendet, was einem Schnitt vom oberen Rand der Tuberositas bis<br />

zum oberen Rand der Patella entspricht (Scuderi et al 2004, Haas et al 2005, Tenholder<br />

et al 2005). Mit einer kleineren Inzision auch im Kapselbereich soll die chirurgische<br />

Dissektion besonders des Vastus medialis möglichst begrenzt werden, ohne den Operationsvorgang<br />

einzuschränken (Scuderi et al 2004, Haas et al 2005).<br />

Zu den Vorteilen eines minimal-invasiven Hautschnitts gehören ein geringerer postoperativer<br />

Schmerz, weniger Blutverlust und eine schnellere und frühere Wiederkehr zur<br />

vorherigen Kniefunktion (Scuderi et al 2004, Haas et al 2005). Für eine Mini-Inzision<br />

sind aber nicht alle Patienten geeignet. Höhergradige Deformitäten des Kniegelenkes,<br />

bei denen ein ausgedehnteres Weichteil-Balancing notwendig ist, sollten nicht mit einer<br />

minimal-invasiven Inzision kombiniert werden (Scuderi et al 2004). Die Auswahl der<br />

Patienten ist aufgrund der geringeren Sicht bei kleineren Inzisionen von besonderer Bedeutung<br />

für den Erfolg der minimal-invasiven Zugänge (Scuderi et al 2004). Revisionsoperationen<br />

sehen Hart et al (2006) für minimal-invasive Zugänge als zu anspruchsvoll<br />

und nicht geeignet.<br />

21


4.2.2 Mediale parapatellare Arthrotomie<br />

Bereits 1879 beschrieb von Langenbeck den medialen parapatellaren Zugang.<br />

Dieser Zugang ist zusammen mit seinen Modifikationen der am häufigsten verwendetet<br />

Zugang zur Kniegelenkseröffnung bei der Implantation einer Knieendoprothese seit<br />

Entwicklung der Kniegelenksendoprothetik (Insall 1971, Hofmann et al 1991, Engh und<br />

Parks 1998, Fiddian et al 1998, Fisher et al 1998, Cooper et al 1999, Dalury und Jiranek<br />

1999, Keating et al 1999, Parentis et al 1999, White et al 1999, Roysam und Oakley<br />

2001, Keblish 2002, Cushner 2003, Harwin 2003, Keblish 2003, Laskin et al 2004,<br />

Scuderi et al 2004).<br />

Dieser Zugang führt bei Deformitäten der koronaren Ebene zu unterschiedlichen Ergebnissen,<br />

wobei dieser Zugang bei einer Valgusdeformität schlechter abschneidet als bei<br />

einer Varusdeformität (Fiddian et al 1998, Tsai et al 2001). Da er beim Varusknie aber<br />

sehr gut einsetzbar ist, und die Varusdeformität am häufigsten präoperativ vor einer<br />

Knie-TEP vorliegt, ist dieser Zugang bei der überwiegenden Mehrzahl der Patienten<br />

indiziert (Keblish 2002).<br />

Technik:<br />

Der Schnitt zur Arthrotomie wird proximal medial der Quadrizepssehne angesetzt, und<br />

entlang der medialen Seite der Quadrizepssehne gezogen, um dadurch den Rectus femoris<br />

von den Fasern des Vastus medialis zu splitten, während letzter intakt bleibt. Dieser<br />

Schnitt wird durch das mediale patellare Retinakulum um die mediale Seite der Patella<br />

nach distal herumgezogen, wobei die medialen Fasern der Quadrizepssehne von ihrem<br />

Ansatz an der Patella gelöst werden. Dabei wird beachtet, dass ausreichend Weichteile<br />

an der Patella für den Wundverschluß verbleiben. Dieser Schnitt wird weiter distal über<br />

die proximale Tibia geführt, am medialen Rand der Patellasehne entlang, nach distal bis<br />

zur Höhe der Tuberositas tibiae (Engh et al 1997, Engh und Parks 1998, Fisher et al<br />

1998, Cooper et al 1999, Parentis et al 1999, White et al 1999, Harwin 2003, Scuderi et<br />

al 2004).<br />

22


Modifikationen:<br />

Um verschiedene Schwierigkeiten dieses Zugangs zu vermeiden, haben unterschiedliche<br />

Autoren verschiedene Modifikationen zu diesem Zugang entwickelt und verwendet<br />

(Engh und Ammeen 2003, Harwin 2003, Scuderi et al 2004).<br />

Die erste bekannte Modifikation des medial parapatellaren Zugangs entstand durch Insall<br />

(1971). Bei ihm wird die Kapselinzision nicht medial um die Patella herumgeführt,<br />

sondern der Schnitt über das mediale Drittel der Patella hinweg gezogen um auf diese<br />

Weise die Quadrizepssehne von der Patella zu lösen. Insall bezeichnete diese Modifikation<br />

als Mittellinien-Zugang, welcher sich ebenfalls großer Beliebtheit erfreut, weil er<br />

die Ansätze des Vastus medialis an der Patella schont (Keating et al 1999, White et al<br />

1999, Engh und Ammeen 2003, Harwin 2003, Scuderi et al 2004).<br />

Abb.9. Medialer parapatellarer Zugang (links), Mittellinien-Zugang von Insall (rechts)<br />

(aus Engh et al 1997) (gestrichelte Linie markiert jeweils die Schnittführung).<br />

Bei adipösen Patienten oder solchen mit eingeschränkter Knieflexion kann dieser Standardzugang,<br />

wie oben schon erwähnt, erweitert werden, indem mediale Fasern der Patellasehne,<br />

die an der Tuberositas tibiae ansetzen, gelöst werden (Engh et al 1997).<br />

Cushner (2003) berichtet dagegen von einer anderen Möglichkeit der Erweiterung des<br />

Zugangs, nämlich proximal durch einen sog. "Quadriceps-Snip".<br />

23


Im Zusammenhang mit der minimal invasiven Technik in der Knieendoprothetik, berichten<br />

Scuderi et al (2004) von einer Mini-Inzision als chirurgischem Zugang zum<br />

Kniegelenk. Diese Autoren sehen den medialen parapatellaren Zugang im Bereich Vielseitigkeit<br />

und Wandlungsfähigkeit in minimal invasiver Technik besser als den Suboder<br />

Midvastuszugang. Hierbei ist der Schnitt von Haut und Kapsel auf Höhe der vorderen<br />

Mittellinie nur noch 10-14 cm lang und zieht vom oberen Patellapol zum oberen<br />

Rand der Tuberositas tibiae. Dies erlaubt neben einer adäquaten Exposition zum Gelenk,<br />

auch eine Subluxation der Patella, aber keine Eversion (Scuderi et al 2005, Tenholder<br />

et al 2005). Falls der Bedarf für eine Verlängerung des minimal invasiven<br />

Zugnages besteht, kann der Schnitt durch eine Verlängerung der Inzision in der Quadrizepssehne<br />

auf eine traditionelle Länge gebracht werden. Ab 14 cm Länge wird der<br />

Schnitt aber nicht mehr als minimal-invasiv bezeichnet (Scuderi et al 2004, Tenholder<br />

et al 2005). Tenholder et al (2005) berichten zugleich, dass direkt anschließend an diese<br />

Mini-Inzision eine Elevation des tiefen Innenbandes, der posteromedialen Kapsel und<br />

des Semimembranosus durchgeführt werden kann, um dadurch eine adäquate Einsicht<br />

in das Gelenk zu erlangen.<br />

Indikationen:<br />

Haupindikationen für den Standardzugang sind das präoperative Varusknie und Kniegelenke<br />

mit normaler Beinachse (Keblish 2002). Daneben sind aufgrund der guten Sicht<br />

auf alle Kniekompartimente, alle anderen Deformitäten über diesen Standardzugang<br />

ebenfalls erreichbar und hierfür indiziert (Engh et al 1997, Scuderi et al 2004).<br />

Durch die gute Kombinierbarkeit mit Expositionserweiterungen kann dieser Zugang in<br />

nahezu allen Fällen uneingeschränkt eingesetzt werden und besitzt keine publizierten<br />

Kontraindikationen (Clarke und Scuderi 2001, Scuderi et al 2004).<br />

Vorteile:<br />

Die langjährige Verwendung des medialen parapatellaren Zugangs in der Knieendoprothetik<br />

zeigt eine große Anzahl an wichtigen Vorteilen, die den Erfolg und die häufige<br />

Verwendung dieses Zuganges bis heute hin erklären.<br />

Die folgende Tab. 1 zeigt die verschiedenen positiven Aspekte, welche der mediale parapatellare<br />

Zugang dem Operateur bei der Knieeröffnung bietet.<br />

24


25<br />

Tab. 1: Vorteile der medialen parapatellaren Arthrotomie<br />

Vorteile Literaturangaben<br />

Insall 1971, Hofmann et al 1991, Faure et al 1993,<br />

Engh et al 1997, Fisher et al 1998, Engh und Parks<br />

Gute Sicht auf das Kniegelenk<br />

1998, Dalury und Jiranek 1999, Keating et al 1999,<br />

Roysam und Oakley 2001, Harwin 2003, Scuderi et al<br />

2004, Pape und Kohn 2007<br />

Vielseitige Einsetzbarkeit<br />

Engh et al 1997, Roysam und Oakley 2001, Tsai et al<br />

2001, Scuderi et al 2004<br />

Lange Bekanntheit, häufige Verwendung, dadurch gute Fiddian et al 1998, Dalury und Jiranek 1999, Keblish<br />

Erfahrungen<br />

2003, Scuderi et al 2004<br />

Einfache Durchführbarkeit<br />

Engh et al 1997, Engh und Parks 1998, Keating et al<br />

1999, Scuderi et al 2004<br />

Niedrige Inzidenz an Komplikationen Hofmann et al 1991, Cushner 2003, Scuderi et al 2004<br />

Gute Kombinierbarkeit mit Schnitterweiterungen Clarke und Scuderi 2001, Scuderi et al 2004<br />

Aufgrund der exzellenten Sicht, welche dieser Zugang auf das Kniegelenk bietet, kann<br />

er bei verschiedenen Deformitäten vielseitig eingesetzt werden. Die einfache Durchführbarkeit<br />

der Technik und die gute Kombinierbarkeit mit Erweiterungen wie VY-Plastik<br />

oder Quadriceps-Snip sind Grundlage dafür, dass dieser Zugang seit langer Zeit von<br />

allen Zugängen zum Kniegelenk am häufigsten verwendet wird. Ein zusätzlicher Faktor,<br />

der ebenfalls mit der einfach durchzuführenden Technik zu belegen ist, ist das seltene<br />

Auftreten von Komplikationen, die mit diesem Zugang erbunden sind.<br />

Nachteile:<br />

Tab. 2 zeigt, dass die Durchführung des medialen parapatellaren Zuganges auch<br />

nachteilige Folgen für das Kniegelenk und das Operationsergebnis haben kann.<br />

Tab. 2: Nachteile des medialen parapatellaren Zuganges<br />

Nachteile Literturangaben<br />

Verletzung des Streckappartes<br />

Parentis et al 1999, White et al 1999, Matsueda und<br />

Gustilo 2000, Roysam und Oakley 2001<br />

Insall 1971, Hofmann et al 1991, Keblish 1991, Faure<br />

et al 1993, Fiddian et al 1998, Cooper et al 1999,<br />

Verletzung der Blutversorgung der Patella<br />

Parentis et al 1999, Maestro et al 2000, Roysam und<br />

Oakley 2001, Cushner 2003, Harwin 2003, Keblish<br />

2003<br />

Häufiger Notwendigkeit eines lateralen Retinakulum-<br />

Release<br />

Faure et al 1993, Engh et al 1997, Engh und Parks<br />

1998, Fiddian et al 1998, Parentis et al 1999, Maestro<br />

et al 2000, Tsai et al 2001, Keblish 2003<br />

Hoher Blutverlust Parentis et al 1999<br />

Probleme beim Wundverschluß Roysam und Oakley 2001, Tsai et al 2001<br />

Probleme mit der Stabilität und dem Gleiten der Patella<br />

Keblish 1991, Matsueda und Gustilo 2000, Harwin<br />

2003, Keblish 2003, Weinhardt et al 2004<br />

Nur indirekter Zugang beim Valgusknie Keblish 1991, Keblish 2003<br />

Probleme mit dem patellofemoralen Gelenk gelten als die häufigsten früh auftretenden<br />

Komplikationen bei diesem Zugang (Faure et al 1993, Engh et al 1997). Eine patellofe-


morale Instabilität entsteht chirurgisch immer dann, wenn ein Teil des Streckapparates<br />

durch die chirurgische Technik gelöst wird (Engh et al 1997). Zu den patellaren postoperativen<br />

Komplikationen zählt neben einem patellaren Fehlgleiten im Lager auch eine<br />

Subluxation und Dislokation der Patella.<br />

In besonderem Maße wird vor einer Verletzung der Blutversorgung der Patella gewarnt,<br />

die im Zuge der Schnittführung auftreten kann. Dies kann zu einem erhöhten<br />

Blutverlust führen. Es werden vor allem die deszendierende, die obere mediale und untere<br />

mediale Geniculararterie bei der Schnittführung durchschnitten, aber ebenso die<br />

intratendinöse und intraossäre Blutversorgung (Faure et al 1993, Parentis et al 1999,<br />

Cushner 2003, Harwin 2003). Solch eine Verletzung der vaskulären Versorgung der<br />

Patella, kann zu Patellanekrose und einer Patellafraktur oder anteriorem Knieschmerz<br />

führen (Royam und Oakley 2001).<br />

Es besteht beim medianen parapatellaren Zugang deutlich häufiger die Indikation zur<br />

Durchführung eines lateralen Retinakulum-Release zur Erreichung einer patellofemoralen<br />

Stabilität. Diese Kombination aus Standardzugang und lateralem Retinakulum-<br />

Release führt zusätzlich zu Durchblutungsstörungen der Patella. Dies resultiert daraus,<br />

dass der Standardzugang die mediale Blutzufuhr der Patella kompromittiert und ein<br />

zusätzliches laterales Release auch die Blutzufuhr auf der lateralen Seite schädigt.<br />

Im Falle einer Valgusdeformität gilt der Standardzugang bei einigen Operateuren als<br />

zu indirekt und zu weit entfernt vom zu operierenden Gebiet mit der Schwierigkeit, an<br />

die laterale Seite des Kniegelenkes zu gelangen, wo bei dieser Deformität zusätzlich ein<br />

ausgedehntes laterales Weichteilrelease erforderlich ist. Zudem kann dieser Zugang<br />

auch zu Problemen beim Wundverschluß führen.<br />

26


4.2.3 Subvastus Zugang<br />

Der mediale Subvastus-Zugang, der auch "Southern Approach" oder "Subvastus" genannt<br />

wird, gilt als eine Alternative zum medialen parapatellaren Zugang (Hofmann et<br />

al 1991, Faure et al 1993, Bindeglass und Vince 1996, Parentis et al 1999, Keblish<br />

2002).<br />

Dieser Zugang wurde zuerst von Erkes (1929) in Deutschland erwähnt, Hofmann et al<br />

(1991) brachten diesen Zugang dann als Alternative bei der Knie-TEP in der englischen<br />

Literatur ins Gespräch.<br />

Technik:<br />

Der distale Teil des Zugangs wird in ähnlicher Weise wie beim medialen parapatellaren<br />

Zugang durchgeführt. Ab der unteren Grenze des Vastus medialis obliquus wird die<br />

Inzision nach proximal unterhalb des Muskels entlang der medialen Grenze des Vastus<br />

medialis bis zum intermuskulären Septum gezogen, scharf mit einem Messer oder einem<br />

Elektrokauter. Mit stumpfem Finger oder scharf per Schere wird dann der Vastus<br />

medialis vom medialen intermuskulären Septum und dem Femurknochen teilweise getrennt,<br />

ungefähr 10 cm nach proximal bis zum Adduktorentuberkel. Dabei sollte auf die<br />

deszendierende Genikulararterie geachtet werden, die entlang des medialen intermuskulären<br />

Septums verläuft und möglichst erhalten bleiben soll (Hofmann et al 1991, Faure<br />

et al 1993, Engh und Parks 1999, Cooper et al 1999, Roysam und Oakley 2001, Keblish<br />

2002, Cushner 2003, Gore et al 2003, Harwin 2003, Scuderi et al 2004). Um eine Eversion<br />

der Patella zu ermöglichen wird dann eine transverse Inzision durch die mediale<br />

Kapsel auf Höhe der mittleren Patella durchgeführt, ansteigend entlang der medialen<br />

Seite der unteren Hälfte der Patella und der Patellarsehne (Roysam und Oakley 2001,<br />

Cushner 2003).<br />

27


Modifikationen:<br />

Gore et al (2003) stellen eine Modifikation des Subvastus durch proximale Erweiterung<br />

vor, die diesem Zugang dazu verhilft auch, bei adipösen Patienten eingesetzt zu werden.<br />

Die Autoren sehen durch ihre Modifikation eine bessere Einsicht aufs Gelenk, was zuvor<br />

ein Hauptkritikpunkt am Subvastus war und würdigen den Einsatz dieser Erweiterung<br />

in allen Situationen als gleichwertig zum medialen parapatellaren Zugang.<br />

Für eine Erweiterung des Subvastus ist die lokale Anatomie in besonderem Maße<br />

wichtig, da die Erweiterung dieses Zugangs proximal bis auf 10 cm vom Adduktorentuberkel<br />

beschränkt ist, weil in dieser Region der Hiatus adductor mit den femoralen Gefäßen<br />

liegt und geschützt werden muss (Scuderi et al 2004). Eine Erweiterung der Eröffnung<br />

des Kniegelenkes kann durch Release der tibialen Weichteilmanschette in<br />

schwierigen Fällen verbessert werden. Zur Verbesserung einer weiteren Mobilisation<br />

der Patella kann eine kurze sagittale Inzision der unteren Vastus medialis obliquus-<br />

Sehne durchgeführt werden (Keblish 2002).<br />

Eine minimal-invasive Inzision ist bei diesem Zugang nur möglich, wenn die Patienten<br />

sorgfälltig unter Berücksichtigung der Kontraindikationen ausgewählt werden (Scuderi<br />

et al 2004). Der Hautschnitt ist hierbei nur 9-10 cm lang, der Vastus medialis wird bewahrt,<br />

die Gelenkkapsel nur so weit wie notwendig durchtrennt und die Patella wird<br />

nach lateral verschoben und nicht evertiert, sodass die entstehende Öffnung als mobiles<br />

Fenster benutzt werden kann. Die Vorteile dieses minimal-invasiven Zuganges sind nur<br />

zeitlich begrenzt und nach etwa 6 Wochen postoperativ gibt es kaum noch Unterschiede<br />

zum medialen parapatellaren Zugang (Hart et al 2006).<br />

Boerger et al (2005) berichten von Vorteilen nicht nur in der frühen Kniebewegung,<br />

sondern auch in der postoperativen Schmerzbewertung. Nachteile sind in einer verlängerter<br />

OP-Zeit und einer höheren Komplikationsrate zu sehen.<br />

28<br />

Abb.10. Subvastus-<br />

Zugang (gestrichelte<br />

Linie): Ansicht<br />

von vorne (aus<br />

Robbins et al 2001),<br />

von seitlich (aus<br />

Scuderi et al 2004).


Indikationen und Kontraindikationen:<br />

Trotz theoretischer Vorteile, gilt dieser Zugang nicht als operativer Standard in der orthopädischen<br />

Implantation von Knie-TEPs und wird in der Praxis nicht regelmäßig<br />

verwendet (Hofmann et al 1991, Roysam und Oakley 2001, Weinhardt et al 2004). Der<br />

Subvastus ist eine weniger invasive Methode als der mediale parapatellare Zugang<br />

(Matsueda und Gustilo 2000) und gilt dadurch als das chirurgisch ästhetischere Verfahren<br />

zur Eröffnung des Kniegelenkes (Roysam und Oakley 2001).<br />

Tab. 3: Indikationen des Subvastus-Zuganges<br />

Indikationen Literaturangaben<br />

Maric 1991, Hofmann et al 1991, Peters et al 1992, Faure<br />

et al 1993, Engh et al 1997, Cooper et al 1999, Matsueda<br />

Ausgewählte Patienten bei Routine-Operationen und Gustilo 2000, Roysam und Oakley 2001, Keblish<br />

2002, Cushner 2003, Gore et al 2003, Harwin 2003,<br />

Weinhardt et al 2004<br />

Unversehrtheit von muskulärer und vaskulärer Anato- Hofmann et l 991, Matsueda und Gustilo 2000, Roysam<br />

mie<br />

und Oakley 2001<br />

Geplante Osteotomie der Tuberositas tibiae Keblish 2002<br />

Hohe Knieinstabilität mit leicht mobilisierbarem<br />

Keblish 2002<br />

Streckapparat<br />

29<br />

Tab. 4: Kontraindiaktionen des Subvastus-Zuganges<br />

Kontraindikatioen Literaturangaben<br />

Hofmann et al 1991, Faure et al 1993, Engh et al 1997,<br />

Cooper et al 1999, Matsueda und Gustilo 2000, Roy-<br />

Übergewicht und Fettleibigkeit<br />

sam und Oakley 2001, Keblish 2002, Cushner 2003,<br />

Gore et al 2003, Harwin 2003<br />

Hofmann et al 1991, Engh et al 1997, Cooper et al<br />

Revisionsoperationen<br />

1999, Matsueda und Gustilo 2000, Roysam und Oakley<br />

2001, Gore et al 2003<br />

Hofmann et al 1991, Cooper et al 1999, Matsueda und<br />

Jede vorherige Arthrotomie<br />

Gustilo 2000, Roysam und Oakley 2001, Cushner<br />

2003<br />

Hofmann et al 1991, Cooper et al 1999, Matsueda und<br />

Vorherige hohe Tibiaosteotomien<br />

Gustilo 2000, Roysam und Oakley 2001, Cushner<br />

2003<br />

Hofmann et al 1991, Faure et al 1993, Engh et al 1997,<br />

Schwere Deformitäten<br />

Cooper et al 1999, Matsueda und Gustilo 2000, Roysam<br />

und Oakley 2001, Cushner 2003, Harwin 2003<br />

Hofmann et al 1991, Cooper et al 1991, Roysam und<br />

Steife Kniegelenke<br />

Oakley 2001, Keblish 2002, Harwin 2003<br />

Hofmann et al 1991, Faure et al 1993, Fisher et al<br />

Fixierter Valgus<br />

1998, Cooper et al 1999, Roysam und Oakley 2001,<br />

Keblish 2002. Cushner 2003<br />

Hofmann et al 1991, Cooper et al 1999, Matsueda und<br />

Kurze muskuläre Beine<br />

Gustilo 2000, Roysam und Oakley 2001, Keblish<br />

2002, Cushner 2003<br />

Hypertrophische Arthropathien Hofmann et al 1991, Cooper et al 1999, Roysam und<br />

Oakley 2001<br />

Ischämiegefährdete Haut Hofmann et al 1991, Cooper et al 1999, Roysam und<br />

Oakley 2001, Cushner 2003<br />

Patella infera / Patella baja Hofmann et al 1991, Cooper et al 1999, Roysam und<br />

Oakley 2001, Cushner 2003


Nach Cushner (2003) besitzt der Subvastus einige Vorteile verglichen mit dem medialen<br />

parapatellaren Zugang. Er ist aber nicht bei jedem Kniegelenk der richtige Zugangsweg<br />

zum Knie. Daneben führt der Subvastus bei ausgewählten Patienten zu besseren<br />

Ergebnissen in der frühen postoperativen Periode, was sich aber mit der Zeit nach<br />

der Operation den Ergebnissen des medialen parapatellaren Zuganges langfristig annähert<br />

(Cushner 2003). Diese für die Verwendung des Subvastuszuganges ausgewählten<br />

Patienten sollten möglichst wenige Deformitäten und Narben von vorherigen Operationen<br />

am Kniegelenk haben und einen möglichst funktionsfähigen Extensormechanismus.<br />

In Tab. 4 werden einige der präoperativen Gegebenheiten aufgelistet, die als eine Kontraindikation<br />

des Subvastus in der Literatur aufgeführt werden.<br />

Vorteile:<br />

Die theoretischen Vorteile, die der Subvastus bietet, basieren auf einer Erhaltung eines<br />

intakten Streckapparates, was von vielen Autoren in Studien bestätigt wird. Diese Vorteile<br />

beziehen sich in vielen Studien im Vergleich zum medialen parapatellaren Zugang,<br />

Vergleichsstudien zu anderen Zugängen sind eher selten.<br />

30<br />

Tab. 5: Auflistung der Vorteile des Subvastus-Zuganges<br />

Vorteile Literaturangaben<br />

Inzision an der Anatomie orientiert Hofmann et al 1991, Scuderi et al 2004<br />

Exzellente Sicht Hofmann et al 1991, Roysam und Oakley 2001<br />

Frühere Rückkehr zu vollständiger Quadrizepskontrolle<br />

Gesenkter postoperativer Schmerz<br />

Verbesserte Quadrizepskraft<br />

Besseres zentralisiertes patellares Gleiten<br />

Schonung der patellaren Blutzufuhr<br />

Seltener laterales Retinakulum-Release<br />

Maric 1991, Faure et al 1993, Engh et al 1997, Fisher<br />

et al 1998, Roysam und Oakley 2001, Gore 2003,<br />

Scuderi et al 2004, Weinhardt et al 2004<br />

Maric 1991, Peters et al 1992, Faure et al 1993, Engh<br />

et al 1997, Parentis et al 1999, Roysam und Oakley<br />

2001, Gore et al 2003, Harwin 2003, Scuderi et al<br />

2004, Weinhardt et al 2004, Hart et al 2006<br />

Faure et al 1993, Engh et al 1997, Parentis et al 1999,<br />

Chang et al 2002, Chila et al 2002, Scuderi et al 2004<br />

Maric 1991, Engh et al 1997, Parentis et al 1999,<br />

Matsueda und Gustilo 2000, Keblish 2002, Gore et al<br />

2003, Scuderi et al 2004, Weinhardt et al 2004<br />

Hofmann et al 1991, Faure et al 1993, Engh et al 1997,<br />

Cooper et al 1999, Matsueda und Gustilo 2000, Roysam<br />

und Oakley 2001, Keblish 2002, Gore et al 2003,<br />

Scuderi et al 2004, Weinhardt et al 2004<br />

Faure et al 1993, Bindeglass und Vince 1996, Parentis<br />

et al 1999, Matsueda und Gustilo 2000, Keblish 2002,<br />

Gore et al 2003, Harwin 2003<br />

Weniger Blutverlust Faure et al 1993, Roysam und Oakley 2001<br />

Frühere Entlassung aus dem Krankenhaus<br />

Maric 1991, Faure et al 1993, Roysam und Oakley<br />

2001<br />

Leichte und schnelle Durchführbarkeit, keine Verlängerung<br />

der OP-Zeit<br />

Hofmann et al 1991, Matsueda und Gustilo 2000<br />

Schnellere Rehablitation Cooper et al 1999, Keblish 2002, Harwin 2003<br />

Weniger Wundkomplikationen Faure et al 1993


Hofmann et al 1991, Faure et al 1993, Engh et al 1997,<br />

Fisher et al 1998, Cooper et al 1999, Parentis et al<br />

1999, White et al 1999, Matsueda und Gustilo 2000,<br />

Geringere Quadrizepsverletzung<br />

Roysam und Oakley 2001, Keblish 2002, Gore et al<br />

2003, Harwin 2003, Scuderi et al 2004, Weinhardt et<br />

al 2004<br />

Geringerer valgisierender Effekt aufs Kniegelenk Lüring et al 2006a<br />

Tab. 3 zeigt den Subvastus-Zugang im Vergleich zum medialen parapatellaren Zugang<br />

als den mehr an der Anatomie orientierten Zugang. Dieser Zugang ist leicht und schnell<br />

durchführbar und führt eben nicht zu einer verlängerten OP-Zeit. Außerdem bietet dieser<br />

Zugang eine exzellente Sicht auf das Kniegelenk (Hofmann et al 1991, Roysam und<br />

Oakley 2001).<br />

Es entsteht bei diesem Zugang weniger Verletzungsschaden am Streckapparat, weil die<br />

Inzision nicht durch den Quadrizeps durchgezogen wird. Dadurch entsteht postoperativ<br />

eine frühere Wiederkehr der Muskelkontrolle des Quadrizeps, der Streck- und Flexionsfähigkeit.<br />

Insgesamt bleibt die Quadrizepskraft postoperativ größer, sodass postoperativ<br />

das patellare Gleiten besser zentriert bleiben kann. Die Schonung der Blutzufuhr zur<br />

Patella kann bei reduzierter Indikation für ein laterales Retinakulum-Release postoperativ<br />

selteneren zu patellaren Problemen führen, was im Vergleich zum medialen parapatellaren<br />

Zugang als großer Vorteil anzusehen ist. Weniger Wundkomplikationen, reduzierter<br />

Blutverlust und gesenkter postoperativer Schmerz werden ebenfalls als Vorteil<br />

aufgelistet.<br />

Patienten mit Subvastus-Zugang können die Klinik nach einigen Autoren durchschnittlich<br />

3 Tage früher verlassen als Patienten mit einem Standard-Zugang. Diese 3 Tage<br />

werden von Roysam und Oakley (2001) aber als nicht wirklich signifikant eingestuft.<br />

Andererseits werden die Vorteile des Subvastus, die gegenüber dem medialen parapatellaren<br />

Zugang gesehen werden, als temporäre Erscheinung erachtet, die sich bis zur Entlassung<br />

aus der Klinik oder spätestens nach 6 Wochen postoperativ wieder ausgleichen<br />

können.<br />

Der Subvastus konnte in einer Kadaverstudie zur Testung valgisierender Effekte der<br />

Zugangswege auf die Beinachse als bester abschneiden. Er konnte sowohl in Flexion als<br />

auch Extension zeigen, dass er im Vergleich zum medialen parapatellaren Zugang und<br />

Midvastus-Zugang die geringste Veränderung der Beinachse in Richtung Valgus bewirkt.<br />

Dies hat zur Folge, dass dieser Zugang im Hinblick auf die Beinachse und die<br />

damit verbundene Spannung der Bänder des Kniegelenkes zu bevorzugen ist.<br />

31


In der Patientengunst empfinden 40% der Patienten eine Besserung beim Subvastus-<br />

Zugang in den Bereichen Komfort und erhaltene Muskelkraft, aber auch 40% keinen<br />

Unterschied zum medialen parapatellaren Zugang (Faure et al 1993).<br />

Nachteile:<br />

Trotz seiner bekannten theoretischen Vorteile, sind das Wissen und die Informationen<br />

über den Erfolg dieses Zugangs und dadurch auch die Erfahrungswerte nur begrenzt<br />

(Cushner 2003).<br />

32<br />

Tab. 6: Auflistung der Nachteile des Subvastus-Zuganges<br />

Nachteile Literaturangaben<br />

Hofmann et al 1991, Maric 1991,Faure et al<br />

1993,.Peters et al 1992, Engh et al 1997, Cooper et al<br />

Eingeschränkte Indikation bei schwierigen Fällen 1999, Matsueda und Gustilo 2000, Roysam und Oakley<br />

2001, Keblish 2002, Cushner 2003, Harwin 2003,<br />

Weinhardt et al 2004<br />

Anspruchsvolle Technik Keblish 2002, Weinhardt et al 2004<br />

Hofmann et al 1991, Maric 1991, Peters et al 1992,<br />

Faure et al 1993, Engh et al 1997, Fisher et al 1998,<br />

Mangelhafte Sicht aufs Kniegelenk<br />

Cooper et al 1999, Matsueda und Gustilo 2000, Gore<br />

et al 2003, Harwin 2003, Scuderi et al 2004<br />

Begrenzte Erfahrungswerte Cushner 2003<br />

Hofmann et al 1991, Cooper et al 1999, Matsueda und<br />

Erschwerte Patellaeversion<br />

Gustilo 2000, Roysam und Oakley 2001, Cushner<br />

2003, Gore et al 2003, Scuderi et al 2004<br />

Als wichtigste Nachteile des Subvastus gelten neben den begrenzten Erfahrungswerten<br />

auch eine hohe Anzahl an Kontraindikationen, bei denen dieser Zugang nicht verwendet<br />

werden kann (Tab. 3).<br />

Neben der nur begrenzten Einsicht auf das Kniegelenk, zeigt der Subvastus auch<br />

Schwierigkeiten bei der Eversion der Patella, was ebenfalls sekundär zu einer eingeschränkten<br />

Sicht führt. Außerdem kann der Subvastuszugang als ein Zugang mit einer<br />

operationstechnisch eher anspruchsvolleren Durchführung zu einer Verlängerung der<br />

OP-Dauer führen, was aber bisher nicht signifikant aufgetreten sein soll (Keblish 2002,<br />

Weinhardt et al 2004).


4.2.4 Midvastus-Zugang<br />

Es gibt Autoren, die den "Vastus medialis-Splitting"-Zugang als Alternative zum medialen<br />

parapatellaren Zugang sehen (Engh et al 1997, Engh und Parks 1998, Cooper et<br />

al 1999, Dalury und Jiranek 1999, White et al 1999, Keblish 2002, Scuderi et al 2004).<br />

1997 wurde dieser auch als "Midvastus" genannte Zugang zum Kniegelenk von Engh et<br />

al das erste Mal publiziert (Cooper et al 1999, Dalury und Jiranek 1999). Er ist nach<br />

dem Standardzugang der am häufigsten verwendete Zugang zum Kniegelenk bei der<br />

Implantation einer Knie-TEP (White et al 1999).<br />

Technik:<br />

Der distale Teil der Arthrotomie, bis zum Erreichen der superioren medialen Ecke der<br />

Patella, ist absolut identisch mit dem medialen parapatellaren Zugang, der medial das<br />

patellare Retinakulum einige Millimeter von der Patella entfernt spaltet. Der Schnitt<br />

wird durch die Faszie des Vastus medialis geführt, entlang des Randes der Quadrizepssehne,<br />

wobei die muskulären Ansätze des Vastus an der medialen Patella durchtrennt<br />

werden und ab der medialen superioren Ecke der Patella anschließend nach medial<br />

gehoben werden. Ab diesem oberen medialen Pol der Patella wird der tiefere Schnitt<br />

entlang und parallel zu den obliquen Muskelfasern des Vastus medialis 4-5 cm nach<br />

proximal gezogen (Engh et al 1997, Engh und Parks 1998, Cooper et al 1999, Dalury<br />

und Jiranek 1999, Parentis et al 1999, White et al 1999, Maestro et al 2000, Keblish<br />

2002, Engh und Ammeen 2003, Harwin 2003, Scuderi et al 2004). Dalury und Jiranek<br />

(1999), Keblish (2002) und Scuderi et al (2004) führen diesen Schritt entweder stumpf<br />

mit einem Finger oder durch ein kontrolliertes Release mit einem Messer oder einem<br />

Elektrokauter durch, indem sie ab dem oberen medialen Patellapol den Schnitt nach<br />

medial in Richtung des intermuskulären Septums erweitern. Beim diesem Zugang sollte<br />

immer der Teil des Vastus medialis geschont werden, der sich in die Quadrizepssehne<br />

erstreckt (Engh et al 1997).<br />

33


Abb.11. Die gestrichelte Linie markiert die Schnittführung: Midvastus-Zuganges von<br />

vorne (aus Robbins et al 2001) und seitlich (aus Scuderi et al 2004).<br />

Modifikationen:<br />

Erweiterungen dieses Zugangs sind eine proximale Ausdehnung des Hautschnittes,<br />

eine Ausdehnung des medialen Splits des Vastus medialis zum intermuskulären Septum<br />

und Ausdehnung des posteromedialen Release an der Tibia besonders bei straffem Varusknie,<br />

um dem Problem der schwierigen Sicht auf das Knie entgegenzuwirken (Dalury<br />

und Jiranek 1999). In schwierigen Fällen kann ein zusätzliches Release einer tibialen<br />

Weichteilmanschette die ausreichende Eröffnung des Kniegelenks erbringen (Keblish<br />

2002).<br />

Eine minimale Inzision kann bei diesem Zugang nur bei ausgewählten Patienten erfolgen.<br />

Es wird eine 8,5-12,5 cm lange vordere Mittellinien-Inzision der Haut durchgeführt.<br />

Ein weiteres Release des Vastus medialis obliquus entlang seiner Fasern kann<br />

trotz des kleinen Hautschnitts leicht bewerkstelligt werden (Laskin et al 2004, Haas et al<br />

2006). Die Arthrotomie führt von der proximalen Grenze der Patella bis nach distal 5<br />

mm medial der Tuberositas tibiae. Die Faszie des Vastus medialis wird inzidiert und die<br />

Muskelfasern werden mit den Fingern stumpf gespreizt (Haas et al 2006). Man beginnt<br />

die Inzision nach Laskin et al (2004) 2 cm proximal der Patella, kreuzt das mediale Drittel<br />

der Patella und endet 2 cm distal der Gelenklinie.<br />

Haas et al (2006) berichten von Vorteilen des minimal-invasiven Midvastsus vor allem<br />

beim postoperativen Bewegungsspielraum. Sie weisen aber auch auf Nachteile wie die<br />

längere Operationszeit hin. Laskin et al (2004) berichten von einer schnelleren Wiederkehr<br />

der Quadrizepskraft durch eine geringere Zerreißung des Streckapparates und von<br />

verringertem postoperativem Schmerz.<br />

34


Indikationen und Kontraindikationen:<br />

Engh et al (1997), Cooper et al (1999) und Dalury und Jiranek (1999) halten diesen Zugang<br />

für eine erfolgreiche Alternative zum medialen parapatellaren Zugang.<br />

Tab. 7: Indikationen des Midvastus-Zuganges<br />

Indikationen Literaturangaben<br />

Nur ausgewählte Patienten<br />

Engh et al 1997, Cooper et al 1999, Dalury und Jiranek<br />

1999<br />

Engh et al 1997, Engh und Parks 1998, Cooper et al<br />

Mindestens 80° Flexionsfähigkeit<br />

1999, Keblish 2002 Engh und Ammeen 2003, Scuderi<br />

et al 2004<br />

Varusknie mit normaler Weichteillage Keblish 2002<br />

Geplante tibiale Tuberkelosteotomie Keblish 2002<br />

Indikation für Cooper et al (1999) sind ausgewählte Patienten, die zuvor noch keine<br />

andere Arthrotomie oder Osteotomie erhalten hatten. Als Indikation für eine routinemäßige<br />

Verwendung des Midvastus-Zugangs werden Kniegelenke mit mindestens 80°<br />

Flexion, Varuskniegelenke mit normaler Weichteillage zur Erzielung einer erhaltenen<br />

Quadrizepsintegrität und geplante Osteotomien der Tuberositas tibiae angesehen<br />

(Engh und Parks 1998, Keblish 2002).<br />

Der Midvastus wird bei Patienten verwendet, die aus Gründen ihres Körperhabitus oder<br />

wegen mangelnder präoperativer Beinbewegung für den Subvastus kontraindiziert sind,<br />

was aber im Ermessen des Operateurs steht (Scuderi et al 2004).<br />

Bestimmte präoperative Gegebenheiten sind für den Midvastus Kontraindikationen<br />

(Tab. 8).<br />

35<br />

Tab. 8: Kontraindikationen des Midvastus-Zuganges<br />

Kontraindikationen Literaturangaben<br />

Engh et al 1997, Engh und Parks 1998, Cooper et al<br />

Fettleibigkeit, Übergewicht<br />

1999, Dalury und Jiranek 1999, Keblish 2002, Engh<br />

und Ammeen 2003, Scuderi et al 2004<br />

Engh und Parks 1998, Cooper et al 1999, Dalury und<br />

Kurze muskulöse Beine<br />

Jiranek 1999,Keblish 2002, Engh und Ammeen 2003,<br />

Scuderi et al 2004<br />

Schwere Deformitäten<br />

Engh und Parks 1998, Cooper et al 1999, Keblish<br />

2002, Engh und Ammeen 2003, Scuderi et al 2004<br />

Fixierter Valgus Engh und Parks 1998, Cooper et al 1999, Keblish 2002<br />

Starre und steife Kniegelenke Engh und Parks 1998, Cooper et al 1999, Keblish 2002<br />

Revisionseingriffe Cooper et al 1999<br />

Vorherige hohe Tibia-Osteotomien Engh und Parks 1998, Cooper et al 1999<br />

Hypertrophische Arthropathien<br />

Engh und Parks 1998, Cooper et al 1999, Engh und<br />

Ammeen 2003, Scuderi et al 2004


Als ungünstige und relative Kontraindikationen werden für den Midvastus-Zugang<br />

unter anderem sowohl Übergewicht, hypertrophische Arthritis, als auch eine vorherige<br />

hohe tibiale Osteotomie angesehen. Hier reicht die chirurgische Eröffnung des Midvastus<br />

nicht aus, um eine Knie-TEP problemlos zu implantieren (Engh und Parks 1998,<br />

Cooper et al 1999, Keblish 2002).<br />

Vorteile:<br />

Durch ähnliche Vorteile wie beim Subvastus-Zugang kann auch der Midvastus-Zugang<br />

einige theoretische Vorteile gegenüber dem medialen parapatellaren Zugang aufweisen<br />

(Scuderi et al 2004).<br />

Tab. 9: Vorteile des Midvastus-Zuganges<br />

Vorteile Literaturangaben<br />

Engh et al 1997, Engh und Parks 1998, Cooper et al<br />

Geringere Quadrizeps-Verletzung<br />

1999, Dalury und Jiranek 1999, Parentis et al 1999,<br />

Maestro et al 2000, Keblish 2002<br />

Bessere postoperative Kontrolle und Stärke des Quadri- Engh et al 1997, Dalury und Jiranek 1999, Scuderi et<br />

zeps<br />

al 2004<br />

Engh et al 1997, Engh und Parks 1998, Cooper et al<br />

Frühere Rückkehr zur normalen Funktion des Quadri- 1999, Dalury und Jiranek 1999, White et al 1999,<br />

zeps<br />

Maestro et al 2000, Keblish 2002, Engh und Ammeen<br />

2003, Scuderi et al 2004<br />

Geringerer postoperartiver Schmerz<br />

Engh et al 1997, Dalury und Jiranek 1999, White et al<br />

1999, Keblish 2002, Scuderi et al 2004<br />

Engh et al 1997, Engh und Parks 1998, Cooper et al<br />

Schonung der patellaren Blutversorgung<br />

1999, Dalury und Jiranek 1999, Parentis et al 1999,<br />

Keblish 2002, Scuderi et al 2004<br />

Geringerer Blutverlust<br />

Engh et al 1997, Dalury und Jiranek 1999, Parentis et<br />

al 1999, Scuderi et al 2004<br />

Engh et al 1997, Engh und Parks 1998, Cooper et al<br />

Bessere Stabilität und Gleiten der Patella<br />

1999, Dalury und Jiranek 1999, Keblish 2002, Engh<br />

und Ammeen 2003, Scuderi et al 2004<br />

Engh et al 1997, Engh und Parks 1998, Dalury und<br />

Seltener Release des lateralen Retinakulums<br />

Jiranek 1999, Parentis et al 1999, White et al 1999,<br />

Maestro et al 2000, Keblish 2002<br />

Exzellente Sicht<br />

Engh et al 1997, Engh und Parks 1998, Cooper et al<br />

1999, Keblish 2002, Harwin 2003<br />

Bessere Patientenpräferenz Dalury und Jiranek 1999, Engh und Ammeen 2003<br />

Einfache Durchführung Cooper et al 1999<br />

Verkürzte Aufenthaltsdauer in der Klinik<br />

Engh et al 1997, Dalury und Jiranek 1999, White et al<br />

1999, Scuderi et al 2004 ,<br />

Erleichterte Rehabilitation Scuderi et al 2004<br />

Die meisten Vorteile des Midvastus-Zuganges beruhen auf reduzierten Zerstörung des<br />

Strecker-Appartes, welche zu häufigen Komplikationen bei der Implantation einer<br />

Knie-TEP führen kann. Dies führt zu verringertem Blutverlust während der OP, besserer<br />

postoperativer Kontrolle der Streckmuskulatur, frühere Rückkehr zur normalen<br />

Quadrizepsfunktion und Reduktion des postoperativen Schmerzes. Ein weiterer Vorteil<br />

liegt in der verkürzten Aufenthaltsdauer der Patienten in der Klinik, im Vergleich<br />

36


zum medialen parapatellaren Zugang, was auf den reduzierten Schmerz und frühere<br />

Wiederkehr der Beinkontrolle zurückgeführt werden kann (White et al 1999). Daneben<br />

war eine deutliche subjektive Bevorzugung der Patienten auf Seiten des Midvastus-<br />

Zugangs zu erkennen, als dieser von Dalury und Jiranek (1999) mit dem medialen parapatellaren<br />

Zugang verglichen wird.<br />

Ein anderer Vorteil des medialen Vastus-Splittings ist die Bewahrung der Blutversorgung<br />

der Patella durch eine geringere Zerstörung der patellaversorgenden Gefäße. Es<br />

wird hier zwar die obere mediale Geniculararterie geopfert, die deszendierende Geniculararterie,<br />

die medial viel Blut zuführt, bleibt aber erhalten (Cooper et al 1999).<br />

Der Splitting-Zugang erhält nicht nur die mediale Blutzufuhr der Patella, sondern<br />

schont sekundär auch die laterale Blutzufuhr, indem die Häufigkeit eines lateralen Release,<br />

das die laterale Blutversorgung der Patella einschränken würde, gesenkt wird (Parentis<br />

et al 1999). Ein optimaleres Patellagleiten und eine verbesserte patellofemorale<br />

Stabilität sind ebenfalls Vorteile des Midvastus.<br />

Tab. 7 zeigt als weiteren Vorteil eine exzellente Sicht auf das Kniegelenk sowohl in<br />

Varus- als auch Valgusknien. Dies wird von Engh et al (1997) sogar bei adipösen Patienten<br />

und eingeschränkter Flexion gesehen. Nach Keblish et al (1997), Cooper et al<br />

(1999) und Keblish (2002) ist das Erreichen einer guten Sicht auf das Kniegelenk auch<br />

deutlich einfacher als beim Subvastuszugang, weil eine ausgedehntere Eröffnung des<br />

Kniegelenkes entsteht, besonders bei muskulären und geringfügig adipösen Patienten.<br />

Der Midvastus ist außerdem technisch einfach durchzuführen. Der Vergleich des<br />

Midvastus-Zugangs mit dem Subvastus-Zugang fällt nahezu gleich aus. Der Midvastuszugang<br />

ist allerdings weniger schwierig durchzuführen. Durch die technisch<br />

leichte Trennung des Vastus medialis vom medialen Rand der Patella lässt sich die Patella<br />

leichter evertieren, weshalb er häufiger verwendet wird (Engh und Parks 1998,<br />

Keblish 2002, Scuderi et al 2004).<br />

Nachteile:<br />

Neben den vielen theoretischen Vorteilen des Midvastus existieren aber auch einige<br />

entscheidende Nachteile.<br />

37


Tab. 10: Nachteile des Midvastus<br />

Nachteile Literaturangaben<br />

Denervierung und verringerte Muskelkontrolle Cooper et al 1999, Parentis et al 1999<br />

Schwierige Wiederanheftung des Muskelgewebes beim<br />

Wundverschluss<br />

Erschwerte Sichtverhältnisse<br />

38<br />

Engh und Parks 1998<br />

Dalury und Jiranek 1999, Parentis et al 1999, Engh<br />

und Ammeen 2003, Harwin 2003, Scuderi et al 2004<br />

Eingeschränkte Indikation Engh et al 1997, Dalury und Jiranek 1999<br />

In der Vergleichsstudie von Parentis et al (1999) wird bei 43% der Kniegelenke eine<br />

Denervierung des M. vastus medialis bei der chirurgischen Schnittführung als Nachteil<br />

dieses Zuganges bewertet. Keblish (2002) dagegen merkt an, dass klinische Ergebnisse<br />

den Vastus medialis bei Durchführung dieses Zugangs als intakt erachten und, falls eine<br />

Reduzierung der Muskelkontrolle der distalen Fasern des Vastus medialis doch auftreten,<br />

darf dies auch nicht als so kritisch angesehen werden. Als nachteilig und schwierig<br />

bei der Durchführung dieses Zuganges wird von Engh und Parks (1998) eine Wiederanheftung<br />

der Muskelfasern an die Quadrizepssehne beim Wundverschluss angesehen.<br />

Ebenfalls als nachteilig und sehr entscheidend wird ein im Vergleich zum medialen<br />

parapatellaren Zugang deutlich eingeschränkte Eröffnung des Kniegelenkes angesehen,<br />

was zu einer erschwerten Sicht auf das Kniegelenk führt. Auch Dalury und Jiranek<br />

(1999) sehen besonders bei stämmigen, kurzen, muskulären und fettleibigen Beinen<br />

ein schwieriges Problem mit diesem Zugang. Im Vergleich zum Subvastuszugang gilt<br />

die Sicht auf das Kniegelenk aber als exzellent (Cooper et al 1999).<br />

Der Midvastus-Zugang führt zwar zu einer besseren Quadrizeps-Schonung als der mediale<br />

parapatellare Zugang (Parentis et al 1999), aber dennoch ist die Schonung des<br />

Quadrizeps beim Subvastuszugang besser (Roysam und Oakley 2001).


4.2.5 Lateral parapatellarer Zugang<br />

Keblish (1991) berichtet, dass die Technik des lateralen Zuganges bereits 1980 entwickelt<br />

wurde. 1991 entwickelte er dann diesen lateralen Zugang am Knie für die Knieendoprothese<br />

weiter.<br />

Obwohl der mediale Zugang zum Kniegelenk auch erfolgreich ist, wird der laterale Zugang<br />

von einigen Autoren als Indikation oder sogar Zugang der Wahl bei Knie-TEP mit<br />

Valgus-Deformitäten gesehen (Keblish 1991, Krackow et al 1991, Fiddian et al 1998,<br />

Maestro et al 2000, Keblish 2002).<br />

Technik:<br />

Die laterale Arthrotomie beginnt proximal entlang der lateralen Grenze der Quadrizepssehne,<br />

1-2 cm von dieser entfernt, zieht durch die mediale Ecke des Tuberculum<br />

Gerdy und endet in der anterioren Kompartmentfaszie ca. 2 cm lateral der lateralen Patellarsehnengrenze<br />

(Keblish 1991, Burki et al 1999).<br />

Nach einer Arthrotomie schließt sich dem lateralen Zugang häufig sofort ein Release<br />

lateraler Weichteile an, häufig zuerst ein Release des kontrakten Iliotibialbandes<br />

(Keblish 1991, 2003, Burki et al 1999, Goble und Justin 2004).<br />

Abb.11. Lateraler parapatellarer Zugang zum Kniegelenk (aus Eulert und Hassenpflug<br />

2001).<br />

Modifikationen:<br />

Hendel und Weisbort (2000) berichten von einem modifizierten lateralen Zugang, dessen<br />

Kapsel-Inzision lateral parapatellar verläuft und mit einem medialen Schnitt proximal<br />

durch die laterale Ecke der Quadrizeps-Sehne zieht, distal in die Faszie des vorde-<br />

39


en Kompartimentes. Fiddian et al (1998) berichten ebenfalls von einer Modifikation<br />

des lateralen Zugangs, indem sie eine Quadrizeps-Inzision nach proximal um 2-3 cm<br />

mit einer Schere verlängern, einen kontrakten Vastus lateralis damit komplett von Patella<br />

und Quadrizepssehne lösen und dann den Vastus lateralis beim Wundverschluss wieder<br />

zu repositionieren, um damit einen Ausriß der Tuberositas tibiae und patellare<br />

Gleitprobleme zu vermeiden.<br />

Erweiterungen nach proximal führen entlang des Vastus lateralis und distal zwischen<br />

Tuberculum Gerdy`s und Tuberositas tibiae (Keblish 2002). Bei durch vorherige Operationen<br />

verursachter Narbenbildung mit nachfolgend beschränkter Sicht auf das Kniegelenk<br />

kann durch eine Osteotomie der Tuberositas tibiae ebenfalls für ausreichende Sicht<br />

gesorgt werden (Burki et al 1999). Klinisch sehen Hendel und Weisbort (2000) bei einer<br />

Erweiterung des lateralen Zuganges eher den medialen Quadrizeps-Snip als sicherer und<br />

einfacherer an. Im Gegensatz dazu gehen Buechel (1990) und Keblish (1991) mit einer<br />

subperiostalen Aufklappung der Tuberositas tibiae das Risiko eines Patellarsehnen-<br />

Abrisses ein.<br />

Es gibt aber auch Berichte von minimal invasiven Techniken des lateralen Zuganges,<br />

bei denen eine Inzision von begrenzter Länge zu schnellerer Rehabilitation, geringerem<br />

Schmerz und verbesserter Mobilität im Vergleich zum Standardzugang führen soll<br />

(Goble und Justin 2004). Dabei wird die Inzision direkt am proximalen Ende der Patella<br />

begonnen, lateral an der Patellagrenze vorbei geführt und zwischen dem Tuberculum<br />

Gerdy und der Tuberositas tibiae gezogen, wobei dies sowohl für den Hautschnitt als<br />

auch für die Retinakuluminzision gilt (Goble und Justin 2004).<br />

Indikationen und Kontraindikationen:<br />

Die Hauptindikation für den lateralen Zugang ist eine Valgusdeformität im Kniegelenk.<br />

Tab. 12: Indikationen des lateralen Zuganges<br />

Indikationen Literaturangaben<br />

Kniegelenk mit Valgusdeformität Keblish 1991, Fiddian et al 1998, Keblish 2002<br />

Laterale Sub- oder Dislokationen der Patella Keblish 2002<br />

Sehr kontrakte laterale Weichteile Keblish 2002<br />

Dieser Zugang ist für einige Autoren der beste Weg für die Korrektur eines Valgus, für<br />

das Weichteil-Balancing beim Valgus und für eine Wiederherstellung des patellaren<br />

Gleitens beim Valgusknie (Fiddian et al 1998).<br />

40


Zu den Kontraindikationen des lateralen Zuganges gehören an erster Stelle fixierte Varusdeformitäten<br />

und Revisionsoperationen (Tab. 14).<br />

41<br />

Tab. 13: Kontraindikationen des lateralen Zuganges<br />

Kontraindikationen Literaturangaben<br />

Fixierte Varusdeformitäten Keblish 2002<br />

Revisionsoperationen Burki et al 1999<br />

Vorteile:<br />

In der Literatur werden einige Vorteile des lateralen Zuganges gegenüber den medialen<br />

Zugängen beschrieben, die auch dessen Verwendung bei Valgus-Deformitäten rechtfertigen.<br />

Tab. 14: Vorteile des lateralen Zuganges<br />

Vorteile Literaturangaben<br />

Gute Sicht auf das laterale Kompartment und laterale<br />

Weichteile<br />

Keblish 1991, Hendel und Weisbort 2000, Tsai et al<br />

2001, Keblish 2003, Goble und Justin 2003, Pape und<br />

Kohn 2007<br />

Schutz der medialen Blutversorgung der Patella<br />

Keblish 1991, Fiddian et al 1998, Hendel und Weisbort<br />

2000, Tsai et al 2001, Keblish 2003<br />

Weniger postoperative Hämatome Fiddian et al 1998<br />

Seltenere patellofemorale Probleme<br />

Buechel 1990, Keblish 1991, Fiddian et al 1998, Keblish<br />

2003<br />

Besseres Balancing lateraler Weichteile<br />

Keblish 1991, Fiddian et al 1998, Keblish 2002, Keb-<br />

lish 2003, Goble und Justin 2004<br />

Korrektur der tibialen Außenrotation<br />

Keblish 1991, Hendel und Weisbort 2000, Keblish<br />

2002<br />

Verbesserung des postoperativen Bewegungsspielraums Fiddian et al 1998, Tsai et al 2001, Keblish 2003<br />

Seltenere Verwendung von höher geführten Prothesen Fiddian et al 1998<br />

Verbesserung der Kniestabilität insgesamt Keblish 1991, Keblish 2003<br />

Ein Vorteil beim lateralen Zugang ist die gute und direkte Einsicht auf die bei einem<br />

Valgusknie lateral kontrakten Weichteile. Hierdurch wird ein optimaleres und einfacheres<br />

Balancing betroffener lateraler Weichteile beim Valgusknie möglich.<br />

Zusätzlich schützt der Zugang die mediale Seite der Kapsel und auch die mediale Blutversorgung<br />

der Patella. Ein Release des lateralen Retinakulum ist hier integraler Bestandteil<br />

der Schnittführung und muss nicht zusätzlich durchgeführt werden. Patellofemorale<br />

Probleme, wie das Patellagleiten oder deren Stabilität, können durch Einsatz des<br />

lateralen Zuganges vermindert werden, was als wichtigster Vorteil des lateralen Zugangs<br />

gilt (Tab. 11).


Nachteile:<br />

Der laterale Zugang wird weniger häufig in der Praxis verwendet als der mediale parapatellare<br />

Zugang. Nachteile dieses Zuganges zeigt Tab. 12.<br />

Tab. 15: Nachteile des lateralen Zuganges<br />

Nachteile Literaturangaben<br />

Technisch anspruchsvoll und schwierig durchführbar<br />

Keblish 1991, Fiddian et al 1998, Tsai et al 2001,<br />

Keblish 2003, Goble und Justin 2004<br />

Schwierigkeiten bei der Eversion der Patella Fiddian et al 1998<br />

Subperiostale Aufklappung des Tibiatuberkels Buechel 1990, Keblish 1991, Pape und Kohn 2007<br />

Abgelegenheit der medialen Weichteile beim Balancing<br />

Keblish 1991, Tsai 2001, Goble und Justin 2004, Pape<br />

und Kohn 2007<br />

Die Technik dieses Zuganges ist schwierig, weil die Orientierung bei der Durchführung<br />

dieses Verfahrens genau umgekehrt ist und die Anatomie eventuell weniger vertraut ist<br />

als bei den medialen Zugängen. Zur Unpopularität des lateralen Zugangs trägt unter<br />

anderem auch die subperiostale Aufklappung Tuberositas tibiae bei, die bei Buechel<br />

(1990) und Keblish (1991) ein integraler Bestandteil dieser Technik ist, aber als Nachteil<br />

dieses Zugangs gesehen wird.<br />

Einige Autoren stört es, dass eventuell rekonstruktionswürdige mediale Weichteile beim<br />

lateralen Zugang von der Inzision abgelegen sind und nicht so einfach erreicht werden<br />

können. Besonders die posteromedial gelegenen Weichteile sind durch den lateralen<br />

Zugang schwierig zu erreichen, unter anderem auch weil die Tuberositas tibiae knapp 7<br />

mm lateral von der Tibiamittellinie liegt und dies dadurch schwieriger wird (Goble und<br />

Justin 2004, Pape und Kohn 2007).<br />

42


43<br />

4.2.6 Zwischen Arthrotomie und Korrektur der Deformitäten<br />

Nach dem Hautschnitt und dem Zugang durch die Kapsel zum Kniegelenk werden noch<br />

vor den Knochenschnitten und dem eigentlichen Weichteil-Balancing nahezu obligat<br />

einige Weichteilstrukturen entfernt. Dieses Vorgehen wird heutzutage bei nahezu jeder<br />

Implantation einer Knie-TEP praktiziert und steht daher kaum zur Diskussion.<br />

Nach der Eröffnung des Gelenksraumes wird von vielen Operateuren der infrapatellare<br />

Hoffa-Fettkörper teilweise oder nahezu komplett entfernt. Ziel dieser Entfernung ist<br />

die bessere Sicht auf das Kniegelenk, die durch diesen Fettkörper eingeschränkt wird<br />

(Burke und O´Flynn 2001, Pape und Kohn 2007).<br />

Bei Pape und Kohn (2007) wird direkt nach der Arthrotomie, der Resektion des Hoffa<br />

und der Eversion der Patella das vordere Kreuzband entfernt. Das VKB ist eine wichtige<br />

Struktur im Kniegelenk, die bei Exzision nicht nur Instabilität, sondern auch abnorme<br />

Kniegelenksbewegungen verursachen kann. Es gibt mittlerweile auch einige Knieprothesenmodelle,<br />

die einen Erhalt beider Kreuzbänder erlauben. Da aber das VKB in<br />

vielen arthrotischen Kniegelenken bereits zerstört oder stark beschädigt ist, wird die<br />

Entfernung dieser Struktur bis heute weitläufig empfohlen (Stern 2001, Insall und Easley<br />

2002, Yagasur et al 2006). VKB-erhaltende Prothesen haben sich bisher noch nicht<br />

in der Routine durchgesetzt, was aber von Chaudhari et al (2005) und Jacofsky (2005)<br />

als zukünftiges Thema in der Entwicklung neuer Prothesen gesehen wird.<br />

Auch die Menisken müssen entfernt werden, um damit den Gelenkspalt schon früh für<br />

eventuelle posteriore Releasevorgänge freizumachen. Burke und O`Flynn (2001) raten<br />

besonders bei der Entfernung des lateralen Meniskus zur Vorsicht, da am Hinterhorn bei<br />

unachtsamer Entfernung des Meniskus eine laterale Genikulararterie verletzt werden<br />

kann.<br />

Es gibt viele Kniegelenke, die trotz erheblicher arthrotischer und/oder arthritischer Vorgänge<br />

im Kniegelenk und an den Weichteilen intakte und funktionell stabile Ligamente<br />

aufweisen.<br />

Immer wieder diskutiert wird der Erhalt oder die Entfernung eines intakten HKB, das<br />

trotz Arthrose häufig anatomisch intakt bleibt, aber dennoch meist eine nicht normale<br />

Funktion besitzt (Burke und O´Flynn 2001, Insall und Easley 2002). Nach Scott (1982)<br />

bleibt bei bis zu 99% der zu operierenden Kniegelenke das HKB intakt und wird dabei<br />

in der Mehrzahl der Fälle auch erhalten. Nach Beauchamp und Dickey (1996) wurden<br />

bereits 1995 über 70% der Knie-TEP in den USA HKB-erhaltend implantiert, was


schon damals mit steigender Tendenz gesehen wurde. Das HKB kann zum einen wegen<br />

seiner arthrotischen Beschädigung gelöst werden, zum anderen weil der Operateur von<br />

der HKB-Entfernung überzeugt ist oder drittens um damit eine Deformität zu korrigieren.<br />

Nach Insall und Easley (2002) kann ein Erhalt des hinteren Kreuzbandes einige Vorteile<br />

haben, die in der Literatur vielseitig diskutiert wurden, aber bis heute zu keiner einvernehmlichen<br />

Bewertung geführt hat. In dieser Arbeit wird daher auf das kontroverse<br />

Thema über den Ersatz oder Erhalt des hinteren Kreuzbandes nicht gesondert eingegangen,<br />

abgesehen von der Situation, in der ein Release des HKB zum Weichteil-Balancing<br />

gehört, und damit zur Korrektur einer Deformität durchgeführt werden muss.<br />

Generell kann ein HKB ohne besondere Straffheit erhalten werden. Wenn es aber durch<br />

eine Deformität bereits zu straff geworden ist, sollte es gelöst oder entfernt werden<br />

(Burke und O´Flynn 2001). Eine Opferung des HKB ist nach Burke und O´Flynn<br />

(2001) speziell bei schwereren Deformitäten indiziert und in den Fällen, in denen das<br />

Band selbst sekundär durch die Deformität verändert wurde. Ein geopfertes HKB<br />

zwingt zu einer Prothese mit höherem Führungsgrad, bei der speziell das hintere Rollback<br />

des Femurs auf der Tibia während der Knieflexion durch eine posteriore Stabilisation<br />

verhindert werden muss (Burke und O`Flynn 2001). Sollte das HKB erhalten bleiben,<br />

wird es zusammen mit einem Knochenblock während der Resektionvorgänge<br />

durch ein auf die Tibiaoberfläche vor das HKB platziertes Osteotom geschützt (Burke<br />

und O`Flynn 2001). Nach Griffin et al (2006) gibt es sowohl für den Erhalt des HKB als<br />

auch für eine Substitution gute klinische Ergebnisse.<br />

44


4.3 Korrekturen der Deformitäten<br />

45<br />

4.3.1 Allgemeines zur Technik des Weichteil-Balancing<br />

Eine Deformität des Kniegelenkes führt zu veränderten Maßnahmen bei der Durchführung<br />

der Implantation der Knie-TEP. Ein deformitätenfreies Kniegelenk, das weder eine<br />

Bandüberdehnung noch eine Bandkontraktur hat, kann bereits durch exakte Resektionen<br />

der Gelenkknochenoberflächen mit entsprechendem Ersatz des Knochens durch ein<br />

Implantat mit adäquater Dicke zu einer Weichteilbalance über den gesamten Bewegungsumfang<br />

führen (Whiteside 2004). Kommt dagegen eine stärkere kontrakte Varusoder<br />

Valgusdeformität hinzu, kann ein Release von Weichteilen notwendig werden<br />

(Graichen 2007).<br />

Es gibt nicht nur Deformitäten in einer Achse, sondern auch die Tendenz, dass sich die<br />

Deformität auf andere Ebenen ausbreitet. So sind z.B. ausgeprägtere Varusdeformitäten<br />

häufig mit einer Flexionskontraktur vergesellschaftet (Sculco 1991). Wenn es aufgrund<br />

der Deformität zu Kontrakturen der Ligamente auf der konkaven Seite der Deformität<br />

kommt, sind im frühen Stadium meist nur die posterioren Weichteilstrukturen betroffen,<br />

erst später trifft es die seitlicheren Strukturen (Briard et al 2007).<br />

Eine wichtige Entscheidung bei der TEP-Implantation ist der Zeitpunkt, an dem das<br />

Weichteil-Balancing durchgeführt werden soll. Insall et al (1985) empfehlen eine komplette<br />

Korrektur der Deformität durch ein Balancing noch bevor die Knochenschnitte<br />

durchgeführt werden, weil dadurch die Geometrie der Flexions- und Extensionslücken<br />

leichter zu bewerten ist. Nach den Knochenresektionen kann das Weichteil-Balancing<br />

noch komplettiert werden. Jerosch und Heisel (1999) sehen bei stärkeren Deformitäten<br />

ebenfalls das Weichteilrelease vor den ersten Knochenschnitten indiziert, um den Zugangsweg<br />

zum Knie und die Resektion der Knochen zu erleichtern. Diese Methode<br />

nennen sie "Intervallbalance-Methode".<br />

Yagishita et al (2003) führen ihre Release-Schritte dagegen nach den Knochenschnitten<br />

durch, nur die Frage einer vorzeitigen HKB-Substitution oder eines HKB-Erhaltes<br />

wird zwischen dem Femur- und Tibiaschnitt gelöst. Auch Laskin und Rieger (1989)<br />

sowie Whiteside et al (2000), Whiteside (2004), Chiavetta et al (2006) und Briard et al<br />

(2007) resezieren erst die Gelenkoberflächen von Tibia und Femur und beurteilen erst<br />

danach die Ligamentfunktion. Bei Release-Vorgängen nach den Knochenresektionen<br />

sind alle Osteophyten entfernt und können so keinen falschen Eindruck einer womöglich<br />

durch diese selbst ausgelöste Kontraktur verursachen. Jerosch und Heisel (1999)


sehen in ihrer sogenannten "Resektionsmesstechnik" ein von den Knochenschnitten<br />

unabhängiges Weichteilmanagement, bei dem die Weichteile erst nach der Knochenresektion<br />

gelöst werden.<br />

Ein wichtiger Schritt bei der intraoperativen Bewertung der Weichteilverhältnisse im<br />

Kniegelenk ist die zu Hilfenahme von Spannungsinstrumenten, mit denen die Weichteilspannung<br />

der medialen und lateralen Seite angeglichen werden kann (Graichen<br />

2007). Bevor die Prothesenkomponenten endgültig implantiert werden, ist ein Balancing<br />

der Flexions- und Extensionsdistanzen erforderlich, um die fixierte Deformität<br />

durch ein eventuell nötiges Weichteilrelease korrigieren zu können (Jerosch und Heisel<br />

1999). Freeman et al (1978) waren die ersten, die ein derartiges Spannungsinstrument<br />

bei der Knie-TEP einführten, und Insall (1981) war einer der ersten, der dann die laminaren<br />

Spreizer etablierten.<br />

Mihalko et al (2000), Whiteside et al (2000), Kanamiya et al (2002), Mihalko et al<br />

(2003) und Briard et al (2007) führen ihre Weichteil-Beurteilung dagegen mit zu Hilfenahme<br />

von Probekomponenten oder Distanzblöcken durch, um die Weichteile auch<br />

unter Varus –und Valgusstress so weit zu spannen, bis zwischen kontrakter Seite und<br />

gedehnter Seite des Kniegelenkes ein Gleichgewicht herrscht und die Lücken adäquat<br />

gefüllt sind. Whiteside (1995) bestätigt diese Methode, fügt aber hinzu, dass auch der<br />

Einsatz von Ligament-Spannungseinrichtungen und ein Lücken-Balancing vor dem<br />

Einsetzen der Probekomponenten ebenfalls zu selben Ergebnissen führen können.<br />

Laskin und Schob (1987) verwenden dagegen einen Distraktor als Ausrichtungs-<br />

Instrument, mit dem man den Betrag des Weichteil-Release stufenweise erhöhen kann,<br />

so dass nicht zu viel gelöst wird und so eine Überkorrektur mit eventueller Instabilität<br />

vermieden werden kann. Ein Beispiel für diese Technik ist der laminare Spreizer, den<br />

Laskin und Rieger (1989) für die beste Spannungseinrichtung halten.<br />

Mihalko et al (2003) zeigen in ihrer Kadaverstudie auf, dass bei Anwendung gleicher<br />

Release-Sequenzen, sowohl beim Valgus als auch beim Varus, ähnliche Tendenzen und<br />

kaum große Unterschiede vorherrschen und dass sowohl die Distraktions-Technik als<br />

auch die Probekomponenten-Technik mit angewendetem Varus-Valgus-Stress für eine<br />

Bewertung der Lückenveränderungen sowohl in Flexion als auch in Extension in gleicher<br />

adäquater Weise in Frage kommen.<br />

46


Abb.13. Spannungsinstrumente - Links: Laminare Spreizer (aus Scuderi und Tria 2006),<br />

Mitte: Probekomponenten (aus Bellemans et al 2005), rechts: Gelenksdistraktor (aus<br />

Clarke und Scuderi 2004).<br />

Ebenfalls entscheidend ist die Frage, ob der Operateur die kontrahierten Weichteile einzeln<br />

in kleineren Schritten und sequentiell löst oder ob ein Gesamt-Release aller<br />

Weichteile en-bloc in einem einzigen Schritt erfolgen soll (Jerosch und Heisel 1999).<br />

Insall (1981, 1993) trat dafür ein, dass ein mediales Weichteil-Balancing in toto durchgeführt<br />

werden soll, was ein Release der Weichteile in einem einzigen Schritt bedeutet.<br />

Andere Autoren bevorzugen ein eher sequentielles, schrittweise vorgehendes Weichteil-<br />

Balancing, bei dem je nach Art und Stärke der Deformität, die unterschiedlich kontrakten<br />

Strukturen Schritt für Schritt nacheinander gelöst werden (Matsueda et al 1999,<br />

Whiteside et al 2000, Kanamiya et al 2002, Lüring et al 2005, Sugama et al 2005, Chiavetta<br />

et al 2006, Fehring 2006, Claus und Scharf 2007). Besonders bei kombinierten<br />

Deformitäten sollte ein schrittweises Release durchgeführt werden, weil z.B. eine begleitende<br />

Flexionskontraktur posteromedial oder posterolateral nicht unabhängig von<br />

medialen und lateralen Deformitäten angesehen und gelöst werden dürfen, da sie meist<br />

zusammenhängen. Ein unkontrolliertes übermäßiges Release kann hier zu Instabilitäten<br />

führen (Claus und Scharf 2007).<br />

Ein chirurgisches Weichteilrelease kann die Extensions- und Flexionslücken ganz<br />

unterschiedlich betreffen. Nach Kohn und Rupp (2000), Chiavetta et al (2006) und Pape<br />

und Kohn (2007) sollte beim Weichteil-Balancing zuerst der Streckspalt wiederhergestellt<br />

werden und erst danach der Beugespalt, weil der Großteil der Belastung auf das<br />

Kniegelenk in Extension entsteht. Auch nach Briard et al (2007) sollte ebenfalls zuerst<br />

ein Weichteil-Balancing für eine stabile Extension des Kniegelenkes durchgeführt werden<br />

und die Flexion erst danach über die Implantatgröße bestimmt werden. Andererseits<br />

berichten Sugama et al (2005), dass umgekehrt auch eine Präparation der Flexionslücke<br />

vor der Extensionslücke möglich ist.<br />

47


Es ist auch darauf zu achten, dass ein Release der Weichteile der kontrakten Seite so<br />

weit durchgeführt wird, bis die Weichteilspannung auf kontrakter und gedehnter Gelenksseite<br />

symmetrisch erscheint. Einige Deformitäten müssen auf Grund der Schwere<br />

der Deformität durch eine komplette Lösung eines Ligaments korrigiert werden, andere,<br />

weniger schwer verkürzte Ligamente werden lediglich verlängert, um die Funktion<br />

und den Stabilisationseffekt des jeweiligen Ligaments zu erhalten (Whiteside 2004).<br />

Wenn ligamentäre Strukturen auf Grund von starker Kontraktur und daraus resultierender<br />

Deformierung gelöst werden müssen, verlieren diese gelösten Strukturen ihre Funktion<br />

als primäre Stabilisatoren in bestimmten Kniebewegungen. Nach der Lösung dieser<br />

kontrakten Ligamente treten sekundäre Stabilisatoren an ihre Stelle und geben dem<br />

Knie somit seine Stabilität zurück. Jeder primäre Stabilisator hat deshalb einen oder<br />

mehrere sekundäre Stabilisatoren, die bei einem Ausfall oder einem Release des Primären<br />

dessen Funktionen, wenn auch nicht in vollem Umfang, übernehmen können (Whiteside<br />

2004). Typische Strukturen, die häufig für sekundäre Stabilisation zuständig sind,<br />

sind sowohl bei der Knie-TEP bei Varus und Valgus sowohl das HKB als auch die hintere<br />

Kapsel (Whiteside 2004).<br />

Band-Deformitäten können nicht nur durch Verlängerung eines straffen Bandes korrigiert<br />

werden, sondern auch durch Straffung eines verlängerten Bandes (Delfico und<br />

Tria 1996, Tria 2004, Briard et al 2007). Krackow (1990) präsentierte hierzu ein Konzept<br />

zur Straffung überdehnter Bänder sowohl für die mediale Seite als auch für die<br />

laterale Seite. Für Claus und Scharf (2007) dagegen kann ein erfolgreiches Weichteil-<br />

Balancing nur durch ein Release kontrakter Strukturen entstehen und ausdrücklich nicht<br />

durch eine Kürzung von laxen Kapsel-Band-Strukturen.<br />

Whiteside (1999) definiert ein Kniegelenk in Extension mit weniger als 1 mm Aufklappbarkeit<br />

medial und lateral, und in Flexion weniger als 2 mm Aufklappbarkeit medial<br />

und lateral als zu straff. Er definierte ein Knie in Extension mit 2 mm medialer Aufklappbarkeit<br />

und 3 mm lateraler Aufklappbarkeit als zu lax, während in 90° Flexion<br />

medial 4 mm und lateral 5 mm ebenfalls zu lax sind.<br />

Vor einem eventuell notwendigen Release von Bandstrukturen, sollte generell ein sogenanntes<br />

"Grobrelease" möglicher Osteophyten durchgeführt werden. Diese sind das<br />

Ergebnis eines arthrotischen Prozesses im Kniegelenk und können durch Deformierung<br />

und übermäßige Anspannung der Bänder zu Einschränkungen in Gleitfähigkeit und<br />

48


Flexionsbewegungen des Kniegelenkes führen. Typische Stellen, an denen die Osteophyten<br />

Einfluss auf die Ligamentbalance nehmen, sind das Innenband, das HKB und<br />

die posteromediale Kapsel (Whiteside 2004, Claus und Scharf 2007).<br />

49


4.3.2 Varus-Deformität<br />

4.3.2.1 Allgemein<br />

Bei Patienten, die mit einer fortgeschrittenen Arthrose eine Indikation zum endoprothetischen<br />

Knieersatz besitzen, ist eine Varusdeformität die am häufigsten vorzufindende<br />

präoperative Deformität des Kniegelenkes (Laskin und Schob 1987, Laskin und Rieger<br />

1989, Teeny et al 1991, Delfico und Tria 1996, Jerosch und Heisel 1999, Trepte und<br />

Pflanzelt 2003). Hier findet sich medial eine Kontraktur und lateral eine Laxizität der<br />

Weichteile (Delfico und Tria 1996, Jerosch und Heisel 1999, Trepte und Pflanzelt 2003,<br />

Lüring et al 2005, Claus und Scharf 2007).<br />

Eine Varusdeformität ist relativ häufig mit einer Flexionskontraktur kombiniert. Einen<br />

besonderen Einfluss auf solch eine kombinierte Deformität hat eine kontrakte posteromediale<br />

Kapsel (Eulert und Hendrich 2000, Briard et al 2007). Eine zusätzlich zum Varus<br />

bestehende Beugeeinschränkung kann durch kontrakte anteromediale Kapselstrukturen,<br />

ein kontraktes HKB oder durch Osteophyten in der Kniekehle entstehen (Claus und<br />

Scharf 2007).<br />

Auf der medialen Seite der Varusdeformität befinden sich die kontrahierten und verkürzten<br />

Weichteilstrukturen, die je nach Ausmaß der Gelenksdeformität gelöst werden<br />

müssen, damit eine zufriedenstellende weichteilbalancierte Knie-TEP resultiert. Zu diesen<br />

betroffenen medialen Strukturen gehören der Pes anserinus, der Semimembranosus,<br />

die mediale und posteromediale Kapsel, das oberflächliche und tiefe Innenband sowie<br />

das HKB (Lüring et al 2005).<br />

50


4.3.2.2 Release-Techniken<br />

Bei der Korrektur einer Varusdeformität werden die betroffenen kontrakten Weichteilstrukturen<br />

abhängig von ihrer anatomischen Lage, ihrer Funktion im Kniegelenk und<br />

der Schwere ihrer Kontraktur durch ein Release gelöst oder verlängert (Trepte und<br />

Pflanzelt 2003). Solch ein Release der Weichteile sollte an der Tibia durchgeführt werden,<br />

weil die medialen Strukturen an der Tibiametaphyse eine breitere Ansatzfläche als<br />

am Femur besitzen und nach einem Release wieder breitflächig an dieser neuen Position<br />

vernarben können. Hier ist folglich eine geringere postoperative Instabilität zu erwarten<br />

(Robbins et al 2001, Tria 2004). Laskin und Schob (1987) fanden bereits 1987 in ihrer<br />

klinischen Studie am Varusknie heraus, dass beim Lösen der Weichteile der medialen<br />

Seite keine Wiederbefestigung an der Tibia durch den Operateur notwendig ist. Die<br />

gelösten Weichteile werden weder genäht noch an den Knochen wiederangeheftet und<br />

trotzdem bleibt die Stabilität im Kniegelenk erhalten.<br />

Im Gegensatz zur lateralen Seite des Kniegelenkes, die eher bei einer Valgusdeformität<br />

im Vordergrund steht, kann auf der medialen Seite des Knies beim Varus während der<br />

Operation häufig keine eindeutige Unterscheidung zwischen den einzelnen anatomischen<br />

Strukturen getroffenen werden. Aus diesem Grund wurden diese Strukturen vor<br />

allem in der frühen Anfangszeit der Endoprothesenentwicklung in den 80er Jahren in<br />

einer Art medialen Kapsel-Band-Manschette gemeinsam gelöst (Insall et al 1985,<br />

Laskin und Schob 1987, Laskin und Rieger 1989). Auch heute noch finden es Matsueda<br />

et al (1999) und Robbins et al (2001) schwierig, die spezifischen individuellen tibialen<br />

Ansätze der einzelnen Strukturen beim Varusknie intraoperativ zu identifizieren, was<br />

vor allem für den Pes anserinus, die mediale Kapsel und die oberflächlichen Fasern des<br />

Innenbandes gilt.<br />

51<br />

Abb.14. Release einer Weichteilmanschette<br />

bestehend aus dem gesamten<br />

Innenband und dem Pes anserinus<br />

(aus Scuderi und Tria 2006).


Ein Release der medialen Seite beim Varusknie wird hauptsächlich durch die posterioren<br />

und posteromedialen Strukturen reguliert. Die einzigen anterioren Strukturen, die<br />

hierbei betroffen sind, sind die anteromediale Kapsel und der M. quadrizeps (Krackow<br />

und Mihalko 1999a). Der Operateur muss vor einem Release wissen, dass jede Maßnahme<br />

des Weichteil-Balancings auf der medialen Seite auch die Lücke der lateralen<br />

Seite des Kniegelenkes erhöhen kann. Die Korrektur der Flexionslücke kann insgesamt<br />

größer ausfallen, als die Korrektur der Extensionslücke (Krackow und Mihalko 1999a,<br />

Matsueda et al 1999, Yagishita et al 2003). Whiteside et al (2000) betonen dehalb, dass<br />

ausschließlich solche Bänder gelöst werden dürfen, die straff und kontrakt sind, um das<br />

Trauma damit zu minimieren und die Stabilität des Kniegelenkes durch möglichst viele<br />

erhaltene Bänder so hoch wie möglich zu halten.<br />

Einige Kadaverstudien zeigen deutlich die Auswirkungen einzelner Release-Schritte<br />

und können somit den Effekt des Weichteil-Balancings teilweise voraussagen. Theoretisch<br />

entsteht der größte Effekt des Weichteil-Balancings auf die Gesamtbeinachse in<br />

voller Extension durch ein Release einer anteromedialen Kapsel-Manschette 6 cm unterhalb<br />

der Gelenklinie und durch die Ablösung des gesamten Innenbandes an seinem<br />

femoralen Ansatz. Den größten Effekt auf die Gesamtbeinachse in 90° Flexion hat ein<br />

Release des HKB (Lüring et al 2005). Es zeigt sich deutlich, dass in dieser Kadaverstudie<br />

in Extension das Innenband für die größte Stabilität sorgt und in Flexion dies vom<br />

HKB übernommen wird. Wenn das Innenband zur Korrektur der Varusdeformität gelöst<br />

werden muss, hängt die Valgusstabilität ganz besonders in Flexion vom HKB ab (Saeki<br />

et al 2001).<br />

In Extensionsstellung zeigt die Kadaverstudie von Krackow und Mihalko (1999a),<br />

dass ein Release des oberflächlichen Innenbandes die größten Veränderungen in der<br />

Valgusstabilität nach sich ziehen wird. Diese Veränderungen haben sich bei zunehmender<br />

Flexion dann sogar noch vergrößert. Auch der Semimmembranosus hat signifikant<br />

dazu beigetragen, dass bei steigender Flexion des Kniegelenkes der Effekt auf die Valgusstabilität<br />

ansteigt. Der Innen- und Außenrotationseffekt durch das Weichteil-Release<br />

ist bei Streckstellung des Kniegelenks kaum signifikant, wobei die Tibia bei jedem Release-Schritt<br />

zu einer leichten Innenrotation tendiert. Sobald das Knie aber gebeugt<br />

wird, entstehen deutliche Erhöhungen, besonders in der Außenrotation, was bei 45°<br />

Flexion vor allem auf das Release des Pes anserinus zurückgeführt werden kann. Bei<br />

90° Flexion wird die innenrotatorische Komponente durch das Release der posterome-<br />

52


dialen Kapsel zusammen mit dem Release des tiefen Innenbandes dominiert, die außenrotatorische<br />

Komponente dagegen durch das Release des Pes anserinus und des Semimembranosus<br />

(Krackow und Mihalko 1999a).<br />

In Durchtrennungsexperimenten von Weichteilen ist der Beitrag einer jeden Struktur zur<br />

Stabilisation des Kniegelenkes untersucht worden. Beim Varusknie in 25° Flexionsstellung<br />

und appliziertem Valgusstress stehen die Fasern des Innenbandes als primäre Stabilisatoren<br />

zur Verfügung. Danach wirken Kreuzbänder und Kapselstrukturen als sekundäre<br />

Stabilisatoren (Grood et al 1981).<br />

Abb.15. Das Innenband (MCL) als primärer Stabilisator (aus Briard et al 2007).<br />

4.3.2.2.1 Gesamtes Innenband<br />

Wenn das mediale Kollateralband angespannt ist, wird die Gelenklücke des Kniegelenks<br />

in Flexion trapezoidal, das heißt medial sind die Gelenkflächen von Tibia und<br />

Femur enger beisammen als lateral (Freeman 1997).<br />

Bei den meisten Studien wurde das Innenband nicht im Ganzen gelöst, sondern je nach<br />

Funktion wurden seine beiden Teile, die oberflächlichen und die tiefen Fasern, allein<br />

und meist unabhängig von einander gelöst (Krackow und Mihalko 1999a, Whiteside et<br />

al 2000, Yagishita et al 2003). Die beiden Teile setzen zwar an der Femurkondyle mit<br />

einem 1,5 cm breiten Ansatz gemeinsam an, breiten sich jedoch Richtung Tibia noch als<br />

viel breiteres Band aus, getrennt in vorderen und hinteren schrägen Teil, sodass die Fasern<br />

beider Teile in Extension und Flexion nicht identisch funktionieren können (Whiteside<br />

et al 2000).<br />

53


Technik des Release<br />

Das Innenband kann in verschiedener Weise gelöst werden. Trepte und Pflanzelt (2003)<br />

schlagen in ihrer Studie vor, das Innenband zunächst in seinem Faserverlauf parallel zu<br />

spalten und dann in Höhe des Pes anserinus-Ansatzes oder distal davon eine sukzessive<br />

Querinzision durchzuführen. Unter Verwendung von Valgusstress erfolgt dann eine<br />

gewollte iatrogene Rupturierung der Bandfasern bis zur Korrektur der Fehlstellung.<br />

Dies sollte dosiert durchgeführt werden, damit eine Überkorrektur vermieden wird.<br />

Bei Laskin und Schob (1987) wird das Innenband in einer medialen Kapselmanschette<br />

mitgelöst, zu der neben dem gesamten Innenband, sowohl mit tiefem als auch oberflächlichem<br />

Teil, auch die posteromediale Kapsel gehört.<br />

Wirkung des Release<br />

Ein Innenband-Release hat seine größte Wirkung besonders in AP-Richtung, sowohl<br />

in Extension als auch in Flexion. Es zeigt sich in der Kadaverstudie von Lüring et al<br />

(2005) aber auch, dass das Innenband seine Hauptwirkung auf die Stabilität vor allem in<br />

Extension hat.<br />

Abb.16. A: Streckspalt trapezoidal. B: nach dem Release des Innenbandes mit rechteckigem<br />

Gelenkspalt (aus Teeny et al 1991).<br />

54


Klinik und Einsatz<br />

Yagishita et al (2003) lösen bei 11,1% der Varusknie in ihrer klinischen Studie das gesamte<br />

Innenband auf Höhe der Gelenklinie durch einen schrittweisen transversen<br />

Schnitt unter Verwendung eines Elektrokauders, sogar nachdem die tiefen und oberflächlichen<br />

Fasern des Innenbandes zuvor in Einzelschritten bereits von ihren tibialen<br />

Ansätzen gelöst wurden. Dieser Schritt hat zwar einen deutlichen Effekt auf die mediale<br />

Lückenöffnung sowohl in Extension als auch in Flexion erbracht, es besteht aber hier<br />

auch das Risiko, dass eine unkontrollierte mediale Öffnung entsteht. Dies ist laut Yagishita<br />

in 40% der Fälle auch geschehen, weshalb diese komplette transverse Innenband-Durchtrennung<br />

auch vermieden werden sollte. Diese Studie zeigt zusätzlich, dass<br />

ein Release des Innenbandes zu einer nicht zu vernachlässigenden Lückenerhöhung<br />

auch der lateralen Seite führen kann, besonders in Flexion. Dieser Effekt muss vor<br />

Durchführung des Release ebenfalls bedacht werden.<br />

4.3.2.2.2 Tiefes hinteres Innenband<br />

Die tiefen hinteren Fasern des Innenbandes straffen sich in Extension und lockern sich<br />

in Flexion (Whiteside 2004).<br />

Zeitpunkt des Release<br />

Das tiefe Innenband kann bereits als Teil der Eröffnung des Kniegelenkes - schon vor<br />

den Knochenschnitten - durchtrennt werden, indem es entlang der medialen Gelenklinie<br />

durchtrennt wird. Dadurch ist es leichter die medialen Osteophyten vom distalen Femur<br />

und der proximalen Tibia zu entfernen (Teeny et al 1991, Delfico und Tria 1996, Dixon<br />

et al 2004, Tria 2004, Mullaji et al 2005). Solch ein frühes Release des tiefen Innenbandes<br />

zusammen mit der medialen Kapsel wird auch als "Ranawat-Manöver" bezeichnet,<br />

weil Ranawat zusammen mit Insall einer der ersten war, die diesen Vorgang für die operative<br />

Freilegung beschrieben (Scott 1994).<br />

Kumar und Dorr (1997), Fehring (2007 und Claus und Scharf (2007) lösen das tiefe<br />

Innenband dagegen als ersten initialen Release-Schritt nach den Knochenschnitten. Dies<br />

wird auch von Krackow und Mihalko (1999a) sowie Yagishita et al (2003) in ihren Kadaverstudien<br />

durchgeführt.<br />

55


Technik des Release<br />

Die Durchführung des Release des tiefen Innenbandes wird mit einem 10 mm großen<br />

gebogenen Osteotom vollzogen (Whiteside et al 2000, Saeki et al 2001, Whiteside<br />

2002, 2004). Die Autoren sind sich einig, dass ein solches Release an seinem tibialen<br />

Ansatz erfolgen soll (Scott 1994, Delfico und Tria 1996, Kumar und Dorr 1997, Whiteside<br />

et al 2000, Saeki et al 2001, Whiteside 2002, Yagishita et al 2003, Whiteside 2004,<br />

Fehring 2006). Das Release sollte in subperiostaler Weise vom Tibiaknochen an seinem<br />

distalen Ansatz durchgeführt werden (Kumar und Dorr 1997, Saeki et al 2001).<br />

Whiteside löst das tiefe Innenband mit einem Osteotom in einem annähernd 45° Winkel,<br />

schräg posterior nach unten zur Tibialängsachse gerichtet, von der Tibia und der<br />

Sehne des Semimembranosus. Dabei ist besonders darauf zu achten die Semimembranosus-Sehnen<br />

nicht zu verletzen (Whiteside et al 2000, Whiteside 2002, 2004).<br />

Abb.17. Release des tiefen Innenbandes mit einem Osteotom in Flexionsstellung (aus<br />

Eulert und Hassenpflug 2001).<br />

Nach Scott (1994) wird ein 1 cm gebogenes Osteotom an dem medialen Kortex der Tibia<br />

entlang innerhalb des tiefen Innenbandes geführt. Die proximale Tibia umgreifend,<br />

mit der Hälfte des Osteotoms oberhalb des Tibiarandes, kann ganz langsam und kontrolliert<br />

mit leichtem Hammerklopfen das tiefe Innenband angehoben werden. Dies wird<br />

soweit durchgeführt bis die Tibia außenrotiert und nach vorne zum Femur disloziert<br />

werden kann.<br />

Claus und Scharf (2007) bringen eine neue Art des Release der tiefen Fasern des Innenbands<br />

ins Gespräch, indem sie sich mit der Inside-out-Methode an der "Pie-crust-<br />

Technik" des Valgusknies orientieren. Nachdem die Autoren bereits initial die tiefen<br />

medialen und posterioren Kapsel-Band-Strukturen gelöst haben, wird das Innenband auf<br />

56


Höhe der Tibiaschnittfläche in Stichel-Technik kontrolliert und sicher verlängert. Diese<br />

Technik kann besonders bei den minimal-invasiven Operationstechniken hilfreich sein.<br />

Wirkung des Release<br />

Whiteside (2004) führt ein Release des tiefen Innenbandes zur Varuskorrektur durch,<br />

um eine zu straffe Extensionslücke zu korrigieren. Beim Release des tiefen Innenbandes<br />

entsteht vor allem eine deutliche Erhöhung der Valgus-Laxizität in voller Extension und<br />

bei 30° Flexion. Dass ein Release bei 30° Flexion sogar eine höhere Laxizität entstehen<br />

lässt als in voller Extension, hängt sicherlich noch mit anderen Weichteilstrukturen zusammen,<br />

die in voller Extension eine höhere Laxizität verhindern (Whiteside et al 2000,<br />

Mihalko et al 2003). Aus diesem Grund sollte das tiefe Innenband bei einer Kontraktur<br />

in Streckstellung gelöst werden, da bei seiner Lösung eine mediale Laxizität besonders<br />

in Extension erwartet werden kann. Der oberflächliche Teil des Innenbandes bleibt dabei<br />

intakt, damit dieser weiterhin zur Stabilität des Knies beitragen kann (Whiteside et<br />

al 2000, Whiteside 2002, Putz et al 2007).<br />

Krackow und Mihalko (1999a) lösen das tiefe Innenband gleichzeitig mit der posteromedialen<br />

Kapsel in einem Zug. Sie führen diesen Schritt in ihrer Kadaverstudie von 12<br />

Präparaten in 3 unterschiedlichen Release-Sequenzen immer als ersten Releasevorgang<br />

durch. Der Korrektureffekt davon wurde in Extension, 45°-Flexion und 90°-Flexion -<br />

also im gesamten Bewegungsablauf - als minimal angesehen, abgesehen davon, dass<br />

durch dieses Release in 90°-Flexion ein Maximum an Innenrotation entstanden ist.<br />

Auch Yagishita et al (2003) lösen das tiefe hintere Innenband zusammen mit der medialen<br />

und posteromedialen Kapsel gleich als ersten Release-Schritt nach den Knochenschnitten<br />

und fanden heraus, dass dieses Release bei schwereren Deformitäten eine größere<br />

Lücke schafft als bei milden Varusdeformitäten. Hierfür wird von den Autoren die<br />

bei schwerem Varus oft bestehende posteromediale Straffheit als ursächlich angesehen.<br />

Klinik und Einsatz<br />

In der klinischen Studie von Whiteside et al (2000) bekommen 76% der 82 untersuchten<br />

Varuskniegelenke ein Innenband-Release und davon 35,5% nur ein Release des hinteren<br />

tiefen Innenbandes, weil sie nur in Extension kontrakt sind. Hinzu kommen noch<br />

14,5%, bei denen das komplette Innenband gelöst wird, d.h. zuerst die oberflächlichen<br />

Fasern, danach die tiefen, weil diese sowohl in Extension als auch in Flexion straff sind.<br />

57


In Whitesides klinischer Langzeit-Studie (1995) bekommen von den 289 Patienten mit<br />

nur mildem Varus von 5-10° Deformität 70,6% ein Release von ausschließlich dem<br />

tiefen Innenband, bei moderatem Varus mit 10-20° Deformität erhielten von den 98<br />

Kniegelenken 95,9% ein Release des tiefen Innenbandes kombiniert mit einem Release<br />

der hinteren Kapsel und von den 36 Kniegelenken mit schwerem Varus von über 20°<br />

Deformität wurden 66,6% nur mit einem Release von tiefem Innenband und der hinteren<br />

Kapsel versorgt.<br />

In der Studie von Mullaji et al (2005) wird jedes der 173 Varusknie mit einem Release<br />

des tiefen Innenbandes zur erfolgreichen Varuskorrektur versehen.<br />

58<br />

4.3.2.2.3 Oberflächliches vorderes Innenband<br />

Der vordere oberflächliche Teil des Innenbandes strafft sich in Flexionsstellung und<br />

lockert sich in Extension (Whiteside 2004).<br />

Zeitpunkt des Release<br />

Dieses Band kann bei einem schweren Varus von über 15° auch schon bei der initialen<br />

Eröffnung des Kniegelenkes abgehoben werden (Kumar und Dorr 1997). Ansonsten<br />

waren sich die Autoren einig, dass das oberflächliche Innenband eher erst nach den<br />

Knochenschnitten gelöst werden sollte. Whiteside (2004) löst das Band sowohl bei alleiniger<br />

medial kontrakter Flexionslücke und als auch bei kombinierter medial kontrakter<br />

Flexions- und Extensionslücke als erste Struktur. Fehring (2006) löst dieses Band<br />

dagegen erst nach dem tiefen Innenband oder den Kapselstrukturen. Mullaji et al (2005)<br />

und Claus und Scharf (2007) greifen nur in Ausnahmefällen auf ein Release des oberflächlichen<br />

Innenbandes zurück und sehen diesen Schritt nur an letzter Stelle einer Release-Sequenz.<br />

Technik des Release<br />

Um dieses Band zu lösen, wird das Kniegelenk in 90° Flexionsstellung gebracht, in der<br />

der Operateur dann mit einem straffen Band arbeiten kann (Whiteside 2004). Genauso<br />

wie beim Release des tiefen Innenbandes wird hier ein subperiostales Release an seinen<br />

tibialen Ansätzen bevorzugt (Teeny et al 1991, Whiteside 1995, Kumar und Dorr 1997,<br />

Saeki et al 2001, Whiteside 2002, Whiteside 2004, Mullaji et al 2005, Claus und Scharf<br />

2007). Das Release soll nach einhelliger Meinung der Autoren ausschließlich an seinem<br />

distalen Ansatz an der Tibiaoberfläche durchgeführt werden (Teeny et al 1991, Whitesi-


de 1995, Delfico und Tria 1996, Kumar und Dorr 1997, Whiteside et al 2000, Saeki et<br />

al 2001, Whiteside 2002, Mullaji et al 2005, Fehring 2006, Claus und Scharf 2007).<br />

Abb.18. Oberflächliches Innenband-Release in 90° Flexion (aus Eulert und Hassenpflug<br />

2001).<br />

Einzig und allein das Instrument, mit dem das oberflächliche Innenband von der Tibia<br />

gelöst werden soll, unterscheidet sich in den Berichten der unterschiedlichen Autoren.<br />

Es werden sowohl ein gebogenes Osteotom als auch ein Skalpell oder ein Elevator verwendet<br />

(Tab. 16).<br />

Tab. 16: Verwendetes Operationswerkzeug für das oberflächliche Innenband-Release<br />

Osteotom Skalpell Elevator<br />

Whiteside et al (2000) Yagashita et al (2003) Delfico und Tria (1996)<br />

Saeki et al (2001) Kumar und Dorr (1997)<br />

Whiteside (2002) Mullaji et al (2005)<br />

Whiteside (2004)<br />

Fehring (2006)<br />

Zu vermerken ist, dass bei diesem Release-Vorgang der hintere tiefe Anteil des Innenbandes<br />

und der Pes anserinus möglichst intakt bleiben sollen, weil sie beim Release des<br />

gelösten oberflächlichen Innenbandes als sekundäre mediale Stabilisatoren in Flexion<br />

wichtig sind (Whiteside 2004).<br />

Wirkung des Release<br />

Da sich der oberflächliche Teil des Innenbanndes in Flexion strafft und in Extension<br />

lockert, konnten Whiteside et al (2000) in ihrer Kadaverstudie nachgeweisen, dass es<br />

bei einem Release hauptsächlich zu einer medialen Laxizität sowohl bei 60° als auch bei<br />

90° Flexion führen kann. Im klinischen Teil dieser Studie bestätigen die Autoren ihre<br />

Theorie, indem sie bei medialer Straffheit in Flexion als allererste Weichteilstruktur<br />

immer das oberflächliche Innenband von der Tibia ablösen (Whiteside 2002).<br />

59


Mihalko et al (2003) bestätigen ebenfalls mit ihrer Kadaverstudie, dass beim Release<br />

dieses Bandes ein deutlich größerer Effekt in Flexion als in Extension entsteht. Das oberflächliche<br />

Innenband zeigt besonders dann eine signifikante Rotationsveränderung<br />

des Kniegelenkes in allen Flexionsgraden von 30°-90° Flexion deutlicher als in Extension,<br />

wenn es als aller erste Weichteilstruktur gelöst wird (Whiteside et al 2000).<br />

Klinik und Einsatz<br />

In der klinischen Studie von Whiteside et al (2000) bekommen 50% der 62 Varusknie<br />

ein Release des vorderen oberflächlichen Innenbandes, wenn die Kniegelenke nur in<br />

Flexion straff sind. Bei all diesen Kniegelenken hat dieses Release allein zur Korrektur<br />

der Varusdeformität ausgereicht. Zusätzlich bekommen 14,5% der 62 Knie ebenfalls ein<br />

Release des vorderen Innenbandes, aber direkt danach auch ein Release des tiefen hinteren<br />

Innenbandes, weil diese Kniegelenke nicht nur in Flexion, sondern auch in Extension<br />

straff waren.<br />

In Whitesides klinischer Studie (1995) wird das Release des oberflächlichen Innenbandes<br />

bei keinem einzigen Varusknie mit milder Deformität von 5-10° verwendet, nur bei<br />

6,1% der moderaten Varusknie zwischen 10°-20° und bei einem Drittel der schweren<br />

Varusknie von über 20° Deformität. Bei Mullaji et al (2005) wird das oberflächliche<br />

Innenband an letzter Stelle der Weichteil-Sequenz nur in 4 von 173 Fällen gelöst, und<br />

dabei in 2 Fällen komplett durchtrennt. Die komplette Durchtrennung bezieht sich auf<br />

schwer deformierte Kniegelenke bei adipösen Patienten.<br />

Whiteside (2004) führt ein Release des oberflächlichen Innenbandes durch, um eine zu<br />

straffe Flexionslücke zu korrigieren. Wenn die Flexionslücke und die Extensionslücke<br />

zu straff sind, wird ebenfalls zuerst das vordere oberflächliche Innenband gelöst, weil<br />

diese Fasern auch in Extension eine gewisse Wirkung haben, sodass Whiteside (2004)<br />

hofft, dass dieser Schritt für beide Lücken zur Varuskorrektur ausreichen kann.<br />

4.3.2.2.4 Kapsel<br />

Zeitpunkt des Release<br />

Kumar und Dorr (1997) sprechen beim ersten Schritt ihres Weichteil-Release zur Varuskorrektur<br />

von einer initialen subperiostalen Kapsel-Ablösung von der Tibia. Dieser<br />

Schritt kann von medial bis zur hinteren Mittellinie erweitert werden. Im späteren Release-Verlauf<br />

wird die posteromediale Kapsel vom distalen Femur gelöst und teilweise<br />

auch ausgeschnitten (Kumar und Dorr 1997). Dies wird bei schwerem Varus durchge-<br />

60


führt, indem die hintere mediale Kapsel mit einer Kocher-Klemme gefasst und durchtrennt<br />

wird. Dabei muss auf die nervalen und vasalen Strukturen in der Poplitea geachtet<br />

werden. Auch in der klinischen Studie von Yagishita et al (2003) werden die mediale<br />

und posteromediale Kapsel direkt nach den Knochenschnitten von ihrem tibialen Ansatz<br />

gelöst. Bei Briard et al (2007) wird ein Release der medialen posterioren Kapsel und der<br />

posteromedialen Eckkapsel ebenfalls am Anfang der Release-Schritte durchgeführt,<br />

weil die Autoren diese posterioren Strukturen für die Hauptursache der Varusdeformität<br />

halten. Beverland (2006) bevorzugt ein anfängliches Kapsel-Release sowohl zur Korrektur<br />

einer Flexionsdeformität als auch einer Varusdeformität.<br />

Bei Whiteside (2004) wird die Kapsel in Extension gleich nach dem Release des tiefen<br />

Innenbandes gelöst. Auch Mullaji et al (2005) und Fehring (2006) lösen die posteromediale<br />

Kapsel nach dem tiefen Innenband, aber noch vor Strukturen wie dem oberflächlichen<br />

Innenband oder dem Semimembranosus.<br />

Technik des Release<br />

Die Durchführung des Kapsel-Release erfolgt meist in subperiostaler Weise unter Zuhilfenahme<br />

eines 6 mm gebogenen Osteotoms (Whiteside et al 2000, Whiteside 2004).<br />

Nur die Stelle, an der die Kapsel vom Knochen gelöst wird, unterscheidet sich bei einigen<br />

Autoren. Die einen lösen die Kapsel eher vom Femur (Whiteside et al 2000), die<br />

anderen eher von der Tibia (Laskin und Rieger 1989, Whiteside 1995, Laskin 1996,<br />

Fehring 2006). Whiteside et al (2000) und Whiteside (2004) lösen die hintere Kapsel in<br />

ihrer Kadaverstudie zur Korrektur der Varusdeformität nach der Entfernung der Probekomponenten.<br />

Zuerst lösen sie die Kapsel von ihrer femoralen Befestigung, dann von<br />

der hinteren Femuroberfläche und zuletzt behutsam von ihrer tibialen Befestigung.<br />

Fehring (2006) beginnt mit dem Kapsel-Release an der posteromedialen Ecke und führen<br />

es bis zur hinteren Mittellinie fort. Je nach der Größe des Kniegekelenkes wird dieses<br />

Release 1,5-2 cm tief von der tibialen Schnittfläche aus durchgeführt.<br />

61<br />

Abb.19. Kapsel-Release vom<br />

femoralen Ansatz (aus Whiteside<br />

2004).


Wirkung des Release<br />

Die hintere Kapsel des Kniegelenkes ist in Flexion relaxiert und wird nur in voller Extension<br />

straff. Da sie schon sehr früh in Flexion relaxiert wird, hat sie bei Beugung<br />

normalerweise keinen Effekt auf die Varus- und Valgusstabilisation. Wird das Innenband<br />

beim Weichteil-Balancing komplett durchtrennt, so wirkt die hintere Kapsel jedoch<br />

als sekundärer Valgusstabilisator in Flexion. Dies konnte in der Kadaverstudie von<br />

Whiteside et al (2000) durch ein Release der hinteren Kapsel und der daraus resultierenden<br />

deutlichen Relaxation in Flexion bewiesen werden. Die posteromediale Kapsel<br />

wird von Krackow und Mihalko (1999a) in allen 3 verwendeten Release-Sequenzen<br />

ihrer Kadaverstudie zusammen mit dem tiefen Innenband als erste Struktur gelöst.<br />

Hierdurch wird bei 90° Flexion eine deutliche Zunahme der Innenrotation des Unterschenkels<br />

bewirkt.<br />

Klinik und Einsatz<br />

In einer klinischen Studie von Whiteside et al (2000) benötigen nur 4,8% von 62 Kniegelenken<br />

ein Kapsel-Release, nachdem diese bereits ein komplettes Innenband-Release<br />

bekamen. Diese Kniegelenke waren trotz Innenband-Release in Extension immer noch<br />

straff und bekamen ein Kapsel-Release zur weiteren Korrektur einer Flexionskontraktur<br />

und einer medialen Bandkontraktur. Von den 289 milden Varuskniedeformitäten mit 5-<br />

10° Varus bekommen in der Whitesides Studie (1995) 22,5% der Kniegelenke ein Kapsel-Release,<br />

von den 98 moderaten Varusdeformitäten zwischen 10-20° erhielten 95,9%<br />

ein Kapsel-Release und von den 36 schweren Varusdeformitäten über 20° bekommen<br />

zwei Drittel der Kniegelenke ein Kapsel-Release.<br />

Auch bei Teeny et al (1991) und Whiteside (1995) wird letztlich ein Release der posteromedialen<br />

Kapsel dann angestrebt, wenn sich eine Flexionskontraktur beim Varusknie<br />

während des Weichteil-Balancing nicht anders korrigieren lässt.<br />

Whiteside (2004) löst die hintere Kapsel vor allem zur Korrektur einer straffen Extensionslücke<br />

nach dem Release des tiefen Innenbandes.<br />

4.3.2.2.5 M. semimembranosus<br />

Zeitpunkt des Release<br />

Der Semimembranosus gilt als aktiver Stabilisator in Extension, während er in Flexion<br />

relaxiert ist und nicht zur Stabilität des Kniegelenkes beiträgt (Whiteside 2002).<br />

62


Bei Kumar und Dorr (1997) wird die Semimembranosus-Sehne in Extensionsstellung<br />

des Kniegelenkes an seinem fünften Kopf von der Tibia gelöst. Wenn das Kniegelenk<br />

medial kontrakt ist, wird der Semimembranosus trotz eines Releases von Innenband und<br />

Kapsel zusätzlich gelöst. Von Lüring et al (2005) und Matsueda et al (1999) wird der<br />

Semimembranosus in Kadaverstudien von seinem tibialen Ansatz zusammen mit der<br />

posteromedialen Kapsel als zweiter Release-Schritt gelöst. Auch bei Delfico und Tria<br />

(1996), Dixon et al (2004), Tria (2004) und Mullaji et al (2005) wird der Semimembranosus<br />

zusammen mit der posteromedialen Kapsel von der posteromedialen Ecke der<br />

Tibiametaphyse gelöst, indem das vorherige Release von Innenband und Kapsel entlang<br />

der Gelenklinie über die proximale Tibia nach hinten fortgeführt wird.<br />

Bei Fehring (2006) wird der Semimembranosus dagegen nicht mit der posteromedialen<br />

Kapsel zusammen gelöst, sondern wird im Gegenteil zur Beibehaltung der Kniegelenkstabilität<br />

vor einem Release bewahrt.<br />

Technik des Release<br />

Beim Release des Semimembranosus wird wie bei den anderen medialen Weichteilstrukturen<br />

ebenfalls darauf geachtet, dass er von seinem distalen Ansatz an der proximalen<br />

Tibia gelöst wird (Whiteside 1995, Delfico und Tria 1996, Matsueda et al 1999,<br />

Yagishita et al 2003, Tria 2004, Whiteside 2004, Lüring et al 2005). Whiteside (2004)<br />

schlägt auch einen Hohmann-Retraktor vor, der hinter der posteromedialen Kante des<br />

tibialen Faserszuges platziert den Semimembranosus freilegt.<br />

Dieses Release wird von Whiteside (1995) scharf und unter direkter Sicht durchgeführt.<br />

Das heißt, dass das oberflächliche Innenband teilweise von seinem distalen Tibia-<br />

Ansatz gelöst werden muss, es medial zurückgezogen wird, um so eine Exposition zum<br />

Semimembranosus zu erhalten. Dieses Semimembranosus-Release wird nur bei<br />

schwerwiegender Kontraktur durchgeführt. Dieser Meinung ist auch Laskin (1996) und<br />

empfiehlt ein Semimembranosus-Release an seinen sehnigen Ansätzen, zusammen mit<br />

der posteromedialen Kapsel.<br />

63


Abb.20. Freilegung des Semimembranosus durch einen Hohmann-Retraktor (aus Whiteside<br />

2004).<br />

Wirkung des Release<br />

Bei Krackow und Mihalko (1999a) wird der Semimembranosus in 3 verschiedenen Sequenzen<br />

jeweils als dritte, vierte oder fünfte Struktur gelöst. Es wurde festgestellt, dass<br />

ein Release des Semimembranosus in Extension zu deutlichen Valgusveränderungen<br />

führen kann und diese bei steigender Flexion dann noch deutlich größer werden können.<br />

Da der Semimembranosus ein Beuger im Kniegelenk ist, sind die erhöhten medialen<br />

Lückenveränderungen in Flexion darauf zurückführbar. In 90° Flexion führt ein Release<br />

des Semimembranosus auch zu einer deutlichen Zunahme der Außenrotation. Diese<br />

maximale Außenrotation in Beugestellung ist auf die ursprüngliche innenrotatorische<br />

Funktion des Semimembranosus im Kniegelenk zurückzuführen, welche durch ein Release<br />

des Semimembranosus folglich aufgehoben wird.<br />

Klinik und Einsatz<br />

In der klinischen Studie von Whiteside (1995) wird ein Release des Semimembranosus<br />

bei keiner Varusdeformität unter 20° verwendet. Nur 22,2% der 36 Kniegelenke, die<br />

eine Varusdeformität von mehr als 20° aufwiesen, bekommen ein Release des M. semimembranosus.<br />

Insgesamt bekommen nur 1,9% von allen 423 Kniegelenken, unabhängig<br />

von der Deformität, bei Implantation einer Knie-TEP ein Semimembranosus-<br />

Release.<br />

Bei Mullaji et al (2005) wird dagegen jedes der 173 Varusknie mit einem Release des<br />

Semimembranosus versehen. Teeny et al (1991) streben ein Release des Semimembra-<br />

64


nosus an, wenn nach komplettem Release des Innenbandes eine Flexionskontraktur<br />

verbleiben sollte.<br />

Von Yagishita et al (2003) wird in einer klinischen Studie ein Teil des tibialen Ansatzes<br />

des Semimembranosus, zusammen mit dem tiefen Innenband und der posteromedialen<br />

Kapsel, als erster Schritt nach den Knochenschnitten gelöst. Dieser Schritt, der bei 98%<br />

der Kniegelenke dieser Studie durchgeführt wird, führt zu einer deutlich weiteren medialen<br />

Lücke in Flexion im Vergleich zur Extension.<br />

Bei schweren Kontrakturen der medialen Seite muss laut Laskin (1996) das Release in<br />

die posteromediale Ecke verlagert werden, was eine Lösung des Semimembranosus und<br />

der posteromedialen Kapsel einschließt. Retrospektiv fand Laskin heraus, dass dieses<br />

Release nur dann vollendet werden kann, wenn vorher auch das HKB entfernt wurde.<br />

4.3.2.2.6 Pes anserinus<br />

Der Pes anserinus ist ein aktiver Stabilisator in Extension, in Beugung zeigt er wenig<br />

seitenstabilisierende Funktion am Kniegelenk (Whiteside 2002). Das Release des Pes<br />

anserinus, wird an seinem tibialen Ansatz durchgeführt, wo es sich aus den 3 Muskelansätzen<br />

des M. semimembranosus, des M. semitendinosus und des M. gracilis zusammensetzt.<br />

Das Release des Pes anserinus wird in der Literatur im Vergleich zu anderen<br />

medialen Weichteilstrukturen seltener beschrieben.<br />

Zeitpunkt des Release<br />

Mullaji et al (2005) lösen den Pes nur schrittweise, wenn alle anderen Release-Schritte<br />

keine Korrektur des Varus erbringen.<br />

Technik des Release<br />

Zuerst wird der Pes anserinus nur teilweise vom tibialen Ansatz abgelöst, bei ausbleibendem<br />

Erfolg dann schrittweise mehr und mehr. Sollte dann immer noch keine Korrektur<br />

des Varus bestehen, wird der Pes anserinus zuletzt komplett von der Tibia gelöst<br />

(Mullaji et al 2005).<br />

65


Abb.21. Release des Pes anserinus mit einem Skalpell mit Bein in 4er-Position (aus<br />

Teeny et al 1991).<br />

Die distale Befestigung des Pes anserinus ist durch die Verlängerung der subperiostalen<br />

Lösung des oberflächlichen medialen Kollateralbandes zugänglich, wo im Folgenden<br />

dann das Release des Pes anserinus durchgeführt werden kann (Whiteside 2004).<br />

Wirkung des Release<br />

Der Pes anserinus wird in der Kadaverstudie von Krackow und Mihalko (1999a) als<br />

eine von 5 Weichteilstrukturen in drei durchgeführten Sequenzen jeweils an Position 3,<br />

4 oder 5 gelöst. Eine deutliche Auswirkung zeigt das Release des Pes anserinus bei 45°<br />

Flexion und 90° Flexion im Vergleich zur Extension. In Extension kommt es eher zu<br />

einer Erhöhung der Außenrotation. Dies ist leicht nachvollziehbar, denn die drei Muskelansätze,<br />

aus denen sich der Pes anserinus zusammensetzt, gehören zu Muskeln, die<br />

im Kniegelenk eine Innenrotation ausführen und die bei einem Release folglich eine<br />

vermehrte Außenrotation zulassen.<br />

66


Klinik und Einsatz<br />

Whiteside (1995) empfiehlt ein Pes anserinus-Release nur zur Korrektur einer schwerwiegenden<br />

Varusdeformität und hält aber diesen Release-Schritt für sehr selten notwendig.<br />

In seiner klinischen Studie kam dieser Fall nie vor. Auch Teeny et al (1991) beschreiben<br />

ein Release des Pes anserinus, raten aber ebenfalls zur Durchführung eines<br />

solchen Releases bei vorhandener Notwendigkeit mit ausbleibendem Korrekturerfolg<br />

des Varus. Whiteside (2002) empfiehlt im Gegenzug bei Flexionsstellung ein Belassen<br />

des Pes anserinus, damit dieser bei straffer Flexionslücke und folgendem nötigen Release<br />

des oberflächlichen Innenbandes, zusammen mit dem intakten tiefen Innnenband<br />

für Stabilität sorgen soll. Auch Fehring (2006) rät von einem routinemäßigen Release<br />

des Pes anserinus ab und empfiehlt sein Belassen, weil er für die Innenrotation der Tibia<br />

nützliche Hilfe leistet.<br />

Mullaji et al (2005) empfehlen nicht nur ein Pes-anserinus-Release falls andere Release-<br />

Schritte erfolglos bleiben, sondern sie berichten weiterhin auch, dass dieser nach kompletter<br />

Durchtrennung und nach Implantation der Prothese wieder mit Nähten und<br />

Klammern angeheftet werden soll. Dieses Verfahren wird in 3 von 173 Varuskniegelenken<br />

durchgeführt, welche alle drei eine Varusdeformität von über 28° aufwiesen.<br />

4.3.2.2.7 Hinteres Kreuzband<br />

Da das HKB anatomisch einen gewissen Abstand zu der medialen Femurkondyle besitzt,<br />

kann es physiologischerweise nicht als primärer Valgusstabilisator dienen (Whiteside<br />

et al 2000). Es ist ein sekundärer Varus-, Valgus- und Rotationsstabilisator des<br />

Kniegelenkes und kann bei diesen Kniebewegungen vor allem bei Ausfall eines der<br />

beiden Kollateralbänder eine wichtige Rolle in der Stabilität des Kniegelenkes übernehmen.<br />

Besonders bei fehlendem Innenband in Flexion und bei valgusgerichtetem Streß auf das<br />

Kniegelenk kommt dem HKB eine wichtige Rolle für die Stabilität zu. Da beim Varusknie<br />

ein Innenband-Release für die Korrektur der Deformität häufig notwendig ist,<br />

hängt die Valgusstabilität in Flexion in besonderem Maße vom HKB ab (Whiteside et al<br />

2000, Saeki et al 2001). Dieses Band hat aber auch eine wichtige medial stabilisierende<br />

Funktion in Extension, wenn das Innenband nicht funktionsfähig ist (Whiteside et al<br />

2000). Da es eine "mediale Struktur" ist, ist das HKB genauso wie das Innenband bei<br />

67


Varusdeformität meist kontrahiert, weshalb es beim Varus in gehäuftem Maße gelöst<br />

werden muss (Whiteside 2004).<br />

Zeitpunkt des Release<br />

Wenn die Korrektur der Varusdeformität durch das Release der gesamten anderen medialen<br />

Weichteilstrukturen nicht gelingt, muss das HKB gelöst werden, was insbesondere<br />

bei ausgeprägtem Varus nötig werden kann (Laskin und Rieger 1989).<br />

Weil Delfico und Tria (1996) nicht der Überzeugung sind, dass das HKB selektiv verlängert<br />

werden und gleichzeitig seine vollständige Funktion behalten kann, entfernen sie<br />

es in seiner Gesamtheit entweder von der Tibia oder vom Femur. Eine Prothese mit<br />

posterior stabilisiertem Design soll dann ein posteriores Dislozieren verhindern.<br />

Bei Yagishita et al (2003) wird das HKB im Falle der Entscheidung für eine HKB-<br />

Substitution - bei mehr als 15° Varusdeformität oder einem kleineren Flexionsspielraum<br />

als 120° im TEP-versorgten Kniegelenk - noch vor der Resektion der Tibiafläche, direkt<br />

im Anschluss an den Femurschnitt, von seinem femoralen Ansatz entfernt. Im Falle<br />

eines HKB-erhaltenden Designs wird es als letzter Release-Schritt partiell gelöst, wenn<br />

es in maximaler Flexion abnorm straff ist. Dieses partielle Release wird mit kleinen<br />

multiplen Inzisionen in die Mitte des Bandes durchgeführt bis die abnorme Straffheit<br />

des Bandes korrigiert ist (Yagishita et al 2003).<br />

Matsueda et al (1999) bringen den Gedanken ins Spiel, dass ein HKB-Release sehr<br />

wohl zu Instabilität führen kann, wenn das Innenband bereits gelöst wurde. Wenn das<br />

HKB aber schon zu Beginn der Release-Sequenzen gelöst wird, würde ein weniger ausgedehntes<br />

Release der anderen Weichteile nötig werden, um die Deformität zu korrigieren<br />

und so eine Instabilität reduziert werden.<br />

Auch Claus und Scharf (2007) lösen das HKB nach dem Release des tiefen Innenbandes,<br />

würden es aber noch vor dem Release des oberflächlichen Innenbandes durchführen.<br />

Technik des Release<br />

Das Release des HKB wird am femoralen Ansatz durchgeführt. Hierzu wird das Kniegelenk<br />

in ausreichende Flexionsstellung gebracht, sodass man mit einem Skalpell oder<br />

Osteotom an die femorale Ansatzstelle des HKB heranreicht (Claus und Scharf 2007).<br />

68


Wirkung des Release<br />

Das HKB-Release zeigt bei Yagishita et al (2003) und Lüring et al (2005), dass es die<br />

größten Veränderungen aller gelösten Strukturen auf den Streck- und Beugespalt ausüben<br />

kann, dies aber in Flexion ausgeprägter als in Extension. Die größere Wirkung auf<br />

die Flexionslücke im Vergleich zur Extensionslücke gilt sowohl für eine komplette Entfernung<br />

des Bandes als auch für ein partielles Release (Yagishita et al 2003, Mihalko et<br />

al 2003). Diese große Auswirkung eines Release auf den Gelenksspalt kann eine Überkorrektur<br />

mit Instabilität hervorrufen. Auch Mihalko et al (2003) warnen, dass eine Opferung<br />

des HKB als Teil eines medialen Release zu signifikant höheren Werten in Flexion<br />

als in Extension führt.<br />

Lüring et al (2005) lösen das HKB in ihrer Kadaverstudie als letzten Release-Schritt in<br />

ihrer Weichteil-Sequenz, zuerst nur die mediale Hälfte des Bandes am tibialen Ansatz,<br />

danach das gesamte Band am tibialen Ansatz. Diese Lösung der medialen Hälfte des<br />

HKB führt besonders in 90° Flexion zu einer starken Vergrößerung des medialen Gelenkspaltes.<br />

Das Lösen des gesamten Bandes vom tibialen Ansatz führt zu einer Instabilität<br />

in AP-Richtung bei 90° Flexion. Es führt aber auch zu der höchsten medialen Gelenkspalterhöhung<br />

in Extension und in 90° Flexion im Vergleich zu anderen Weichteil-<br />

Release-Maßnahmen. Matsueda et al (1999), die als Vorbild für die Sequenz von Lüring<br />

et al (2005) dienen, führen ebenfalls erst ein Release des halben HKB durch, indem es<br />

an seinem tibialen Ansatz um 5 mm angehoben wurde, danach wird das gesamte HKB<br />

gelöst. Ein komplettes HKB-Release als Teil dieser medialen Release-Sequenz führt zu<br />

einer höheren medialen Lücke in Flexion verglichen mit Extension. Beim Release des<br />

halben HKB war der Unterschied zwischen Extension und Flexion der medialen Lücke<br />

etwas kleiner.<br />

Klinik und Einsatz<br />

In Laskins klinischer retrospektiver Studie von 1996 verglich er in 3 Gruppen den<br />

HKB-Erhalt beim Varusknie mit einer HKB-Substitution beim Varusknie und einem<br />

undeformierten Knie.<br />

Die mittlere Gesamtflexion war beim HKB-Erhalt mit 86° deutlich kleiner als die der<br />

beiden anderen Gruppen (108°, 105°), was laut dem Autor ein vernarbtes und kontrahiertes<br />

hinteres Kreuzband als Ursache haben kann. Auch der postoperative mediale<br />

Tibiaschmerz war beim HKB-Erhalt mit 76% deutlich höher als bei den anderen beiden<br />

69


Gruppen (6%, 4%). Wegen dieser nachteiligen Gründe des HKB-Erhaltes empfiehlt<br />

Laskin bei solch schweren Varusdeformitäten eine HKB-Entfernung unter Einsatz einer<br />

posterior substituierenden Prothese.<br />

In der klinischen Studie von Laskin und Schob (1987) bekommen 43,7% der 71 Varusnie,<br />

welche ein Weichteil-Release erhalten, eine „HKB-erhaltende“ Prothese, 26,8%<br />

bekommen nach HKB-Resektion äeine „HKB-ersetzende“ Prothese und bei 29,6% der<br />

Fälle wurde das HKB entfernt, aber eine „HKB-erhaltende“ Prothese implantiert. In den<br />

Bereichen Flexionsausmaß, Deformitätenkorrektur und verbleibender Flexionskontraktur<br />

können die Autoren keine Unterschiede zwischen den Prothesen mit erhaltenem<br />

HKB und ersetztem HKB erkennen, sodass ein routinemäßiges Opfern des hinteren<br />

Kreuzbandes zum ligamentären Balancing nicht empfohlen wird. Nur bei schwerem<br />

Varus in Verbindung mit fixierter Flexionsdeformität wird das hintere Kreuzband reseziert<br />

und folglich ein posterior-substituiertes Implantat verwendet.<br />

In der klinischen Studie von Whiteside et al (2000) bekommen 27% von 62 Kniegelenken<br />

ein partielles HKB-Release, um das ausgedehnte Rollback der Femurkomponente<br />

auf der Tibiaoberfläche zu korrigieren. Jedes dritte Knie der Varuskniegelenke, die ein<br />

komplettes Release des Innenbandes erhalten, benötigen auch ein HKB-Release, aber<br />

nur 29% der Kniegelenke, die wegen alleiniger Straffheit in Flexion nur ein oberflächliches<br />

Innenband-Release erhalten, benötigen ein HKB-Release, um die ausgedehnte<br />

Straffheit in Flexion und das ausgedehnte Rollback zu korrigieren.<br />

Einige Autoren bevorzugen bei schweren Deformitäten und einem ausgedehnten<br />

Bandrelease Knieprothesen mit Substitution des hinteren Kreuzbandes, weil eine HKB-<br />

Entfernung die Durchführung der Releasevorgänge anderer Bänder einfacher macht und<br />

weil eine die posterior stabilisierende Funktion des HKB durch eine Polyethylennocke<br />

an der Prothese substituiert werden kann (Dorr et al 1988, Freeman und Railton 1988,<br />

Laskin 1996).<br />

Saeki et al (2001) aber weisen mit ihrer Kadaverstudie an 6 anatomischen Kniegelenken<br />

nach, dass nach HKB-Entfernung die Rotations-, die AP- und die Valgus-Laxizität erheblich<br />

zunehmen wird, dass aber eine Substitution durch eine Prothese mit Polyethylennocke<br />

die AP-Laxizität etwas verbessert werden kann, die Rotations-Laxizität aber<br />

kaum und die Valgus-Laxizität, die vor allen Dingen durch den Verlust des Innenbandes<br />

entsteht, gar nicht kompensiert werden kann. Diese Führung des Kniegelenkes kann<br />

70


jedoch zu Knochenabrieb, Subluxation oder Dislokation führen. Das bedeutet, dass bei<br />

Deformitäten, bei denen zur Korrektur das gesamte Innenband gelöst werden muss, das<br />

HKB möglichst als sekundärer Valgusstabilisator erhalten werden sollte. Nach Laskin et<br />

al (1988) und Kruger et al (2000) gibt es zwar Condylar-Typ Prothesen, deren Komponenten<br />

eine Varus- und Valgus-Stabilität in allen Graden der Flexion liefern können,<br />

jedoch benötigen diese Designs eine vermehrte Opferung von interkondylärem Femurknochen,<br />

was wiederrum zu erhöhtem Abrieb führen kann und deshalb nur bei<br />

wirklich schwerer Instabilität empfohlen wird.<br />

Der HKB-Erhalt wird von Ritter et al (2004) auch für schwerere Deformitäten von mehr<br />

als 20° Varus empfohlen, weil in ihrer retrospektiven Studie kaum signifikante Unterschiede<br />

der postoperativen Resultate im Vergleich zu undeformierten Kniegelenken<br />

gefunden wurden.<br />

Wyss et al (2006) behaupten, dass die Entscheidung über die Wahl des Prothesendesign,<br />

vor allem in Bezug auf HKB-Erhalt oder HKB-Substitution, eher eine Frage der persönlichen<br />

Überzeugung und Erfahrung ist, als eine Sache von "evidence base-line".<br />

Abb.22. Links: HKB-erhaltende Prothese; rechts: Prothese mit tibialer Nocke zur posterioren<br />

Stabilisation (aus Tria 2004).<br />

4.3.2.2.8 Laterales Advancement<br />

Krackow (1990) präsentierte das Konzept der Straffung laxer Bänder, das er sowohl<br />

medial als auch lateral verwendet. Bei Translokation oder großer lateraler Laxizität des<br />

Außenbandes kann man das Varusknie mit einer Kombination aus medialen Release-<br />

Schritten und einer lateralen Außenband-Straffung balancieren (Delfico und Tria 1996).<br />

71


Ein laterales Weichteil-Advancement kann indiziert sein, wenn nach einem medialen<br />

Weichteil-Release eine unakzeptable laterale Laxizität bestehen bleibt. Andererseits ist<br />

ein laterales Weichteil-Advancement auch indiziert, wenn auf der medialen Seite eines<br />

Varusknie ein unrealistisches, stark ausgedehntes mediales Weichteil-Release nötig<br />

wäre, um eine ligamentäre Balance herzustellen (Laskin und Schob 1987).<br />

Technik<br />

Zum einen kann man einen sichernden Knoten durch das laterale Kollateralband ziehen<br />

und verknüpft diesen mit einer Schraube am Femur, weiter proximal des ursprünglichen<br />

Bandansatzes (Krackow et al 1986). Eine andere Variante ist die proximale Osteotomie<br />

des Fibulakopfes und die Distalisierung des laxen Außenbandes unter Verwendung einer<br />

intramedullären Schraube zur Fixation. Wichtig ist aber die Kontrolle der korrekten<br />

Platzierung der Schraube, um einen Schaden des Nervus fibularis zu vermeiden (Krackow<br />

et al 1986, Teeny et al 1991). Ebenfalls ist eine Straffung des Außenbandes mit<br />

der Anhebung eines quadratischen Knochenblocks im Femur möglich. Dieser Block<br />

sollte vorgebohrt und verschraubt werden. Nachdem weiterer Knochen an diesem Knochenbett<br />

am Femur entfernt wurde, wird der Block in das nun tiefere Loch gesenkt und<br />

das Band im Folgenden gestrafft. Bei dieser Technik wird das gute Heilungspotential<br />

der Knochen-zu-Knochen-Heilung ausgenutzt (Krackow et al 1986).<br />

Wirkung<br />

Diese Straffung gedehnter lateraler Strukturen beim Varusknie sind anspruchsvolle<br />

Techniken und es ist zudem schwierig vorauszusagen, wie straff die Struktur nach der<br />

jeweiligen Maßnahme sein wird (Tria 2004).<br />

Klinik und Einsatz<br />

Bei Whitesides klinischer Studie (1995) bekommen nur 3 der 423 Varusknie ein laterales<br />

Advancement, weil diese drei durch ein Weichteilrelease der medialen Seite nicht<br />

adäquat stabilisiert werden können. Dieser laterale Weichteileingriff beim Varusknie<br />

war speziell in diesen Fällen ein Advancement des Iliotibialbandes. Bei Teeny et al<br />

(1991) haben 2 von insgesamt 35 Varusknie eine schwere ligamentäre Dehnung des<br />

lateralen Kollateralbandes und der lateralen Gelenkskapsel. Zur Korrektur dieser Überdehnung<br />

wird ein proximales Advancement des Außenbandes am Femur durchgeführt.<br />

Delfico und Tria (1996) haben keine großen Erfahrungen mit Bandstraffungen, halten<br />

72


diese Technik jedoch für eine durchführbare Alternative, aber auch für eine anspruchsvolle<br />

und präzise Aufgabe für den Operateur.<br />

4.3.2.2.9 Besonderheiten<br />

Trepte und Pflanzelt (2003) beschreiben als typische Einzelkomponente bei den medialen<br />

Weichteilkontrakturen eines Varusknies einen verkürzten M. popliteus.<br />

Solch ein straffer Popliteus wird sichtbar, wenn nach erfolgtem medialem Release die<br />

Tibia durch die Popliteussehne nach innenrotiert gehalten wird, während das Femur<br />

nach posterior auf der Tibia aufsitzt. Diese Rotationsfehlstellung der Tibia ist in Flexionsstellung<br />

am deutlichsten, da sich die Tibia dabei um die straffe Popliteussehne dreht<br />

(Whiteside 2004).<br />

88,7% der 71 Kniegelenke in der klinischen Studie von Laskin und Schob (1987) zeigen<br />

eine zusätzliche fixierte Subluxation der Tibia gegenüber dem Femur. In den meisten<br />

Fällen mit präoperativ lateraler Subluxation der Tibia auf dem Femur infolge einer möglichen<br />

Kontraktur des M. popliteus, wird dieser daraufhin tenotomiert, um eine exakte<br />

Reposition der Tibia zu erlauben (Laskin und Rieger 1987). Whiteside (2004) löst diesen<br />

kontrakten Popliteus, indem das Knie in Flexionsstellung gebracht und die Popliteussehne<br />

an ihrem femoralen Ansatz mit einem Skalpell gelöst wird. Durch dieses Release<br />

ist es der Tibia wieder möglich nach hinten zu gleiten, damit das Femur wieder<br />

normal auf der Tibia aufliegen kann.<br />

Abb.23. Links: Release des Popliteuskomplex, rechts: Zurückgleiten der Tibia nach<br />

posterior (aus Whiteside 2004).<br />

Ein Release der medialen Gastrocnemius-Sehne wird von Kumar und Dorr (1997) als<br />

theoretisch mögliche Fortführung in einer Weichteil-Sequenz bei schwerer Varusdeformität<br />

zwar erwähnt, aber von ihnen in keinem Fall eingesetzt.<br />

73


4.3.2.3 Weichteil-Sequenzen<br />

Nachdem sich der Operateur einen Überblick über das Ausmaß der Deformität und die<br />

vorliegenden Weichteilverhältnisse verschafft hat, kann er sich dem Release der einzelnen<br />

Weichteile zuwenden. Im vorherigen Kapitel wurden verschiedene Theorien und<br />

Erfahrungen über die Techniken, Effekte und Auswirkungen der einzelnen Release-<br />

Schritte auf das gesamte Weichteil-Balancing zusammen gestellt. Nun stellt sich die<br />

Frage, wie und in welcher Reihenfolge diese Release-Techniken durchgeführt werden<br />

sollen. Auch bezüglich der Reihenfolge der Releaseschritte gibt es zahllose Meinungen<br />

und Vorschläge in der Literatur.<br />

Tab. 17 zeigt einige Weichteil-Sequenzen zur Korrektur der Varusdeformität und in<br />

welcher Reihenfolge die unterschiedlichen medialen Strukturen gelöst werden können.<br />

Tab. 17: Release-Sequenzen zur Varuskorrektur<br />

(Med. Lappen: medialer Kapsellappen, ant. Lappen: anteromedialer Kapsellappen, post. Lappen: posteromedialer<br />

Kapsellappen, Ost.: Osteophyten, HKB: hinteres Kreuzband, Tiefes Innenband: tiefes hinteres mediales Seitenband,<br />

Oberfl. Innenband: oberflächliches vorderes mediales Seitenband, Semi: Semimembranosus, Pes: Pes anserinus,<br />

postmed Kapsel: posteromediale Kapsel, post Kapsel: posteriore Kapsel, Gastro: medialer Kopf des Gastrocnemius,<br />

Innenband: mediales Seitenband.)<br />

Laskin und<br />

Schob 1987<br />

Laskin und<br />

Rieger 1989<br />

Teeny et al<br />

1991<br />

med.<br />

Lappen<br />

Ost.<br />

Whiteside 1995 Ost.<br />

Delfico und<br />

Tria 1996<br />

Kumar und<br />

Dorr 1997<br />

Burke und<br />

O`Flynn 2001<br />

Nagamine et al<br />

2003<br />

Yagashita et al<br />

2003<br />

Ritter et al<br />

2004<br />

Tria 2004<br />

Mullaji et al<br />

2005<br />

Sugama et al<br />

2005<br />

74<br />

1 2 3 4 5 6 7<br />

tiefes<br />

Innenband<br />

tiefes<br />

Innenband<br />

Kapsel +<br />

tiefes<br />

Innenband<br />

Ost.<br />

Ost.<br />

postmed<br />

Kapsel<br />

tiefes<br />

Innenband<br />

tiefes<br />

Innenband<br />

tiefes<br />

Innenband<br />

Ost.<br />

Fehring 2006 Ost.<br />

Matsueda et al<br />

1999 (Kadaver-<br />

studie)<br />

Lüring et al<br />

2005 (Kadaver)<br />

ant. Lappen<br />

ant. Lappen<br />

HKB<br />

med. Lappen<br />

Ost.<br />

Tiefes<br />

Innenband<br />

Ost.<br />

HKB<br />

oberfl.<br />

Innenband<br />

postmed<br />

Kapsel<br />

postmed<br />

Kapsel<br />

Ost. Semi<br />

tiefes<br />

Innenband<br />

tiefes<br />

Innenband<br />

tiefes<br />

Innenaband<br />

oberfl.<br />

Innnenband<br />

postmed<br />

Kapsel<br />

postmed<br />

Kapsel<br />

tiefes<br />

Innenband<br />

tiefes<br />

Innenband<br />

post. Lappen<br />

post. Lappen<br />

+ Semi<br />

oberfl.<br />

Innenband<br />

oberfl.<br />

Innenband<br />

med.<br />

Lappen<br />

Semi<br />

oberfl.<br />

Innenband<br />

Semi<br />

oberfl.<br />

Innenband<br />

Pes<br />

Semi Ost.<br />

Semi Pes<br />

Semi<br />

Semi<br />

Semi<br />

postmed<br />

Kapsel<br />

Semi<br />

ant. Lappen<br />

postmed<br />

Kapsel<br />

Semi Pes<br />

oberfl.<br />

Innenband HKB<br />

postmed<br />

Kapsel<br />

post Kapsel<br />

Pes HKB<br />

Gastro<br />

Pes Semi Gastro<br />

oberfl.<br />

Kapsel<br />

Ost. + post<br />

Kapsel<br />

oberfl.<br />

Innenband<br />

ant. Lappen<br />

oberfl.<br />

Innenband<br />

HKB<br />

Innenband HKB<br />

gesamtes<br />

innenband<br />

Innenband HKB<br />

oberfl.<br />

Innenband<br />

HKB<br />

Pes


Trotz der großen Anzahl an unterschiedlichen Weichteil-Sequenzen, die zur Korrektur<br />

einer Varusdeformität in der Literatur publiziert werden, lassen sich grundlegende Tendenzen<br />

erkennen.<br />

4.3.2.3.1 Eröffnung des Kniegelenkes<br />

Bei der Eröffnung eines Kniegelenkes mit Varusdeformität sollen bereits nach der<br />

Arthrotomie initial Weichteile entlang der medialen Gelenklinie gelöst werden (Laskin<br />

und Schob 1987). Teeny et al (1991) praktizieren dies noch bevor die Knochenschnitte<br />

durchgeführt werden. Es kann bereits bei der Eröffnung des Kniegelenkes sowohl das<br />

tiefe als auch das oberflächliche Innenband mitgelöst werden (Tab. 18).<br />

Tab. 18: Band-Release bei der Eröffnung<br />

Release des tiefen Innenbandes Release des oberflächlichen Innenbandes<br />

Teeny et al (1991) Kumar und Dorr (1997)<br />

Delfico und Tria (1996)<br />

Dixon et al (2004)<br />

Tria (2004)<br />

Mullaji et al (2005)<br />

Teeny et al (1991), aber auch Delfico und Tria (1996) lösen bereits bei der Eröffnung<br />

des Kniegelenkes das tiefe Innenband von seinem tibialen Ansatz, was auch von Tria<br />

(2004) als Teil des Standardzuganges empfohlen wird. Dixon et al (2004) und Mullaji et<br />

al (2005) lösen das tiefe Innenband ebenfalls noch vor den ersten Knochenschritten, sie<br />

tun dies aber zusammen mit dem Release des Semimembranosus.<br />

Bei schwerem Varusknie (> 15°) empfehlen Kumar und Dorr (1997) dagegen, immer<br />

ein Release des oberflächlichen Innenbandes von seinem tibialen Ansatz bei der Knieeröffnung<br />

mit durchzuführen.<br />

4.3.2.3 2 Osteophyten-Entfernung<br />

Die Entfernung von Osteophyten kann zu unterschiedlichen Zeitpunkten erfolgen (Tab.<br />

19).<br />

Bevor das Feinrelease der Weichteile vorgenommen werden kann, sollte das Kniegelenk<br />

zu allererst ein "Grobrelease" erhalten und von allen seinen Osteophyten an Tibia<br />

und Femur befreit werden. Dadurch wird die Exposition auf das Kniegelenk verbessert<br />

und eine Entspannung der medialen Strukturen erreicht (Laskin und Schob 1987, Laskin<br />

75


und Rieger 1989, Teeny et al 1991, Whiteside 1995, Delfico und Tria 1996, Trepte und<br />

Pflanzelt 2003, Fehring 2006, Claus und Scharf 2007).<br />

Tab. 19: Zeitpunkt der Osteophyten-Entfernung<br />

Osteophyten-Entfernung vor dem Weichteil-Balancing Osteophyten-Entfernung während des Weichteil-<br />

Balancing<br />

Laskin und Schob (1987) Kumar und Dorr (1997)<br />

Laskin und Rieger (1989) Yagishita et al (2001)<br />

Teeny et al (1991) Yagishita et al (2003)<br />

Whiteside (1995) Mullaji et al (2005)<br />

Delfico und Tria (1996) Claus und Scharf (2007)<br />

Trepte und Pflanzelt (2003)<br />

Fehring (2006)<br />

Claus und Scharf (2007)<br />

Kumar und Dorr (1997), Yagishita et al (2001) und Yagishita et al (2003) berichten aber<br />

auch, dass eine Osteophyten-Entfernung an der medialen Seite auch während des<br />

Weichteil-Balancings zwischen den Release-Schritten durchgeführt werden kann.<br />

Mullaji et al (2005) entfernen die Osteophyten erst nach dem Release der posteromedialen<br />

Strukturen, wie dem tiefen Innenband, der posteromedialen Kapsel und dem Semimembranosus.<br />

Sie entfernen dabei zuerst die Osteophyten der proximalen Tibia und<br />

danach am Femur.<br />

Claus und Scharf (2007) entfernen alle medialen Osteophyten bereits vor dem ersten<br />

medialen Weichteilrelease. Falls auch nach dem medialen Weichteilrelease noch eine<br />

Deformität fortbestehen sollte, empfehlen die Autoren eine weitere Osteophytenentfernung<br />

im posterioren Bereich des Kniegelenkes, um damit die Spannung von den dorsalen<br />

Kapselstrukturen zu nehmen und den Weg für ein posteriores Weichteilrelease freizumachen.<br />

4.3.2.3.3 Mediale Weichteilmanschette<br />

Bereits 1987 schlugen Laskin und Schob in ihrer klinischen Studie von 870 Varus-<br />

Kniegelenken - später dann auch Laskin und Rieger (1989) - vor, eine Varusdeformität<br />

durch ein subperiostales Release der medialen Weichteilmanschette zu korrigieren.<br />

Die Autoren lösen nach der Osteophyten-Entfernung den medialen Kapsel-Lappen, der<br />

den tibialen Ansatz des gesamten Innenbandes, mit oberflächlicher und tiefer Komponente,<br />

und die posteromediale Kapsel beinhaltet. Dies bestätigt sich in ihrer Untersuchung<br />

als effektive Methode zur Korrektur des Varusknies (Laskin und Schob 1987).<br />

Falls es notwendig wird, kann auch das Release dieser Kapselmanschette etwas distaler<br />

76


angesetzt werden, womit im Folgenden jede übrig bleibende Deformität korrigiert werden<br />

kann (Laskin und Rieger1989). Laskin löste (1996) in seiner retrospektiven Studie<br />

ebenfalls die mediale Kapselmanschette als erste Struktur beim Weichteil-Balancing<br />

subperiostal von der Tibia und bezeichnete diese Methode als Standard-Methode zur<br />

Korrektur des Varusknie. Matsueda et al (1999) sowie Lüring et al (2005) beginnen die<br />

Weichteil-Maßnahmen in ihren Kadaverstudien ebenfalls mit einer Ablösung der medialen<br />

Kapsel-Manschette. Hier wird zuerst eine vordere Manschette gelöst, mit Pes<br />

anserinus, oberflächlichem Innenband und medialer Kapsel. Danach folgt ein Release<br />

einer posteromedialen Manschette mit posteromedialer Kapsel und dem Semimembranosus.<br />

Heutzutage wird nur noch selten und von wenigen Autoren eine Weichteilmanschette<br />

mit mehreren Einzelstrukturen komplett zusammen gelöst, um eine Varusdeformität zu<br />

korrigieren. Dies wird eher in Einzelschritten durchgeführt (Whiteside 2004, Fehring<br />

2006, Claus und Scharf 2007).<br />

77<br />

4.3.2.3.4 Erster Release-Schritt zur Varuskorrektur<br />

Als erster Release-Schritt zur Varuskorrektur, der hauptsächlich nach den Knochenschnitten<br />

durchgeführt wird, werden sowohl das oberflächliche Innenband als auch noch<br />

viel öfter das tiefe Innenband genannt (Tab. 20). Wie oben beschrieben, besteht auch die<br />

Möglichkeit, diese beiden Strukturen bereits bei der Gelenkeröffnung, noch vor den<br />

Knochenschnitten zu lösen. Die meisten Autoren führen die Release-Schritte aber nach<br />

den Knochenschnitten und der Osteophyten-Entfernung durch.<br />

Tab. 20: Der erste Release-Schritt: tiefes oder oberflächliches Innenband<br />

Tiefes Innenband Oberflächliches Innenband<br />

Whiteside (1995) Whiteside et al (2000)<br />

Kumar und Dorr (1997) Whiteside (2002)<br />

Krackow und Mihalko (1999) Whiteside (2004)<br />

Whiteside et al (2000)<br />

Whiteside (2002)<br />

Yagishita et al (2003)<br />

Ritter et al (2004)<br />

Fehring (2006)<br />

Claus und Scharf (2007)


78<br />

4.3.2.3.5 Zweite gelöste Struktur zur Varuskorrektur<br />

Als zweites Release zur Varuskorrektur befürworten einige Autoren das oberflächliche<br />

Innenband, besonders nachdem bereits das tiefe Innenband gelöst wurde (Whiteside<br />

1995, Krackow und Mihalko 1999a).<br />

Andere Autoren bevorzugen dagegen ein Release des Semimembranosus noch vor der<br />

Lösung des oberflächlichen Innenbandes (Tab. 21).<br />

Tab. 21: Zweite gelöste Struktur: oberflächliches Innenband oder Semimembranosus<br />

Oberflächliches Innenband-Release<br />

Semimembranosus-Release<br />

vor Semimembranosus-Release<br />

vor oberflächlichem Innenband-Release<br />

Teeny et al (1991) Delfico und Tria (1996)<br />

Whiteside (1995) Kumar und Dorr (1997)<br />

Mihalko et al (2003) Yagishita et al (2001)<br />

Ritter et al (2004) Tria (2004)<br />

Mullaji et al (2005)<br />

Mihalko et al (2003) bescheinigen dem Release des oberflächlichen Innenbandes in<br />

ihrer Kadaverstudie als zweitem Schritt nach dem tiefen Innenband-Release eine bessere<br />

Abstufung des Release bei voller Extension, als wenn Semimembranosus oder Pes<br />

anserinus als zweiter Schritt gelöst werden. Auch Ritter et al (2004) verfolgen in ihrer<br />

retrospektiven Studie eine Release-Sequenz beim Varusknie, die nach dem anfänglichen<br />

Release des tiefen Innenband die Lösung des oberflächlichen Innenbandes als 2. Release<br />

befürwortet und später erst ein Release des Semimembranosus vorsehen.<br />

Um für ein Semimembranosus-Release ausreichende Einsicht auf die Semimebranosus-<br />

Ansätze zu haben, schlägt Whiteside ohnehin ein teilweises Release des oberflächlichen<br />

Innenbandes vor dem Semimembranosus-Release vor, das in seiner Weichteil-Sequenz<br />

ohnehin vorher schon von der Tibia gelöst wurde (Whiteside 1995).<br />

Andere Autoren befürworten dagegen zuerst ein Release des Semimembranosus und<br />

fahren danach erst mit dem Release des oberflächlichen Innenbandes fort. Delfico<br />

und Tria (1996) führen ihr Weichteilrelease nach der Knieeröffnung und nach der Osteophytenentfernung<br />

zuerst bei voller Extensionsstellung des Kniegelenkes nach posterior<br />

an der proximalen Tibia entlang der Gelenklinie durch, indem die posteromediale Kapsel<br />

und der Ansatz des Semimembranosus an der posteromedialen Tibiametaphyse gelöst<br />

werden. Erst nachdem das Knie in Flexionsstellung gebracht wurde, wird das Release<br />

nach distal fortgeführt und das oberflächliche Innenband von der Tibia gelöst.<br />

Auch Kumar und Dorr (1997) lösen zuerst den Semimembranosus und gehen erst danach<br />

zum Release des oberflächlichen Innenbandes über, sobald das Knie in Beugestel-


lung gebracht wurde und es vorher noch nicht bei der Knieeröffnung gelöst wurde. Bei<br />

schwerem Varus führen Yagishita et al (2001) eine Freilegung der posteromedialen Seite<br />

durch, bei der sie ebenfalls zuerst den Semimembranosus lösen und danach erst das<br />

oberflächliche Innenband. Auch bei Tria (2004) und Mullaji et al (2005) werden erst ein<br />

Release der posterioren Seite der Tibia mit der posteromedialen Kapsel und dem Semimembranosus<br />

durchgeführt, bevor dann das oberflächliche Innenband von seinem Ansatz<br />

unterhalb des Pes anserinus gelöst wird. Claus und Scharf (2007) sehen ihrerseits<br />

als allerletzte Möglichkeit, eine Varus-Deformität mit einem Release-Schritt zu korrigieren,<br />

indem sie nur in diesen Ausnahmefällen das oberflächliche Innenband lösen, das<br />

sie in der Regel nicht lösen würden und intakt belassen.<br />

4.3.2.3.6 Kapsel-Release<br />

Das Release der Kapsel des Kniegelenkes kann zum einen zur Korrektur einer Varusdeformität<br />

genutzt werden, und zum anderen häufiger zur Korrektur einer begleitenden<br />

Flexionskontraktur. Während das Release der posterioren Kapsel eher zur Korrektur<br />

einer Flexionskontraktur führt, wird die posteromediale Kapsel eher zur Korrektur des<br />

Varus gelöst (Tab. 22).<br />

Tab. 22: Ziel des Kapsel-Release<br />

Korrektur einer Varus-Deformität Korrektur einer begleitenden Flexionskontraktur<br />

Kumar und Dorr (1997) Whiteside (1995)<br />

Beverland (2006) Laskin (1996)<br />

Briard et al (2007) Whiteside et al (2000)<br />

Mullaji et al (2005) Whiteside (2002)<br />

Mullaji et al (2005)<br />

Bei Kumar und Dorr (1997) wird das Release der posteromedialen Kapsel zur Varuskorrektur<br />

am Femur durchgeführt, nachdem das gesamte Innenband und der Semimembranosus<br />

gelöst wurden. Auch Mullaji et al (2005) lösen zuerst die posteromediale<br />

Kapsel, um damit die Varusdeformität zu korrigieren. Erst danach wird ein Release der<br />

posterioren Kapsel zur Korrektur einer Flexionsdeformität durchgeführt.<br />

Die Kapsel des Kniegelenkes wird während einer Varus-Release-Sequenz auch deshalb<br />

gelöst, um damit eine begleitende Flexionskontraktur zu lösen. Wenn in Extensionsstellung<br />

die Varusdeformität von einer Flexionskontraktur begleitet wird, wird nach Whiteside<br />

(1995) zuerst die posteromediale Kapsel vom tibialen Rand gelöst. Bei Whiteside<br />

et al (2000) bekommen 4,8% der 82 Patienten dieser klinischen Studie ein Release<br />

79


der hinteren Kapsel, weil eine kombinierte Flexionskontraktur neben der Varusdeformität<br />

besteht.<br />

Whiteside (2004) berichtet, dass eine kontrakte hintere Kapsel erst dann gelöst werden<br />

kann, wenn die Kontraktur im Innenband, die als primäre Kontraktur gilt, gelöst ist.<br />

Nach Briard et al (2007) trägt eine Kontraktur der posteromedialen Kapsel sowohl zu<br />

einer Varusdeformität als auch zu einem Streckdefizit bei, unabhängig von dem Zustand<br />

der Kollateralbänder. Die Autoren gehen sogar soweit, dass sie ein Release der posterioren<br />

Strukturen, wie der medialen posterioren Kapsel und der posteromedialen Kapsel,<br />

noch vor einem Release des Innenbandes empfehlen. Damit wird bezweckt, dass zuerst<br />

ein Streckdefizit korrigert wird und falls dann noch eine Varusdeformität vorliegen sollte,<br />

kann ein Innenband-Release folgen. Auch Beverland (2006) hält eine Korrektur des<br />

Varus allein durch das Release kontrakter Kapselstrukturen schon am Anfang der Sequenz<br />

für möglich.<br />

80<br />

4.3.2.3.7 Pes anserinus oder Semimembranosus<br />

Wenn der Pes anserinus zur Korrektur einer Varusdeformität gelöst werden muss, wird<br />

er von den meisten Autoren nach dem Semimembranosus gelöst.<br />

Tab. 23: Reihenfolge des Release von Pes anserinus und Semimembranosus<br />

Release des Pes anserinus nach dem Semimembranosus Release des Pes anserinus vor dem Semimembranosus<br />

Teeny et al (1991) Mihalko et al (2003)<br />

Whiteside (1995)<br />

Yagishita et al (2001)<br />

Ritter et al (2004)<br />

Mullaji et al (2005)<br />

Nach Ablösung des Semimembranosus, des gesamten Innenbandes und der posteromedialen<br />

Kapsel führen Teeny et al (1991) und Muallaji et al (2005) ein Pes anserinus-<br />

Release durch, falls durch die vorherigen Release-Schritte keine Korrektur der Deformität<br />

eingetreten ist. Auch Whiteside (1995) schlägt ein Release des Pes anserinus bei<br />

schwerwiegender Deformität vor, wenn die Varusdeformität vorher nicht durch das Release<br />

des gesamten Innenbandes, der Kapsel oder des Semimembranosus zu beherrschen<br />

sind. Bei Yagishita et al (2001) wird der Pes anserinus als letzte Struktur komplett<br />

gelöst, wenn bei schwerem Varus ein weiterer Schritt zur Korrektur notwendig ist.


Nur Mihalko et al (2003) führen ein Release des Pes anserinus vor dem Release des<br />

Semimembranosus durch (Tab. 23). Dies wird aber nur in einer Kadaverstudie durchgeführt<br />

und ist deshalb nicht auf eine klinische Situation übertragbar.<br />

4.3.2.3.8 HKB-Release<br />

Das HKB wird bei einigen Autoren als allerletzte Struktur gelöst, wenn vorher alle anderen<br />

medialen Weichteile gelöst wurden und nicht die erwünschte Korrektur der Varusdeformität<br />

gelungen ist. Andererseits bringt solch ein spätes HKB-Release auch erhebliche<br />

Nachteile mit sich, weshalb einige Operateure davon abraten und den Erhalt<br />

des HKB fordern (Tab. 24).<br />

Tab. 24: HKB-Release oder HKB-Erhalt<br />

HKB-Release als letzten Schritt einer Sequenz HKB auf jeden Fall erhalten<br />

Laskin und Schob (1987) Teeny et al (1991)<br />

Laskin und Rieger (1989) Whiteside (1995)<br />

Delfico und Tria (1996) Kumar und Dorr (1997)<br />

Laskin (1996)<br />

Matsueda et al (1999)<br />

Whiteside et al (2000)<br />

Yagishita et al (2003)<br />

Lüring et al (2005)<br />

Claus und Scharf (2007)<br />

Yagishita et al (2003) entfernen das HKB schon vor dem Weichteil-Balancing zwischen<br />

den Knochenschnitten, wenn die Varusdeformität größer als 15° ist. Wenn die Varusdeformität<br />

kleiner als 15° ist, lösen sie das HKB partiell erst als letzte Struktur in ihrer<br />

Release-Kaskade, vor allem wenn es in maximaler Flexion abnorm straff war.<br />

Am Ende des Weichteil-Release kommt auch bei Laskin und Schob (1987) und bei<br />

Laskin und Rieger (1989) die HKB-Resektion vor, um damit den hinteren Teil des medialen<br />

Release bei schweren Varusdeformitäten zu beenden. Dies vor allem wenn der<br />

Varus mit einer präoperativen Flexionskontraktur von mehr als 15-20° vergesellschaftet<br />

war. In dieser Situation wird danach ein posterior stabilisiertes Implantat verwendet.<br />

Whiteside et al (2000) lösen das HKB in ihrer Kadaverstudie immer als letzte aller<br />

Strukturen und in ihrer integrierten klinischen Studie, nur wenn allein in Flexion eine<br />

Straffheit besteht und nachdem das oberflächliche Innenband bereits gelöst wurde. Sie<br />

empfehlen keine "Routine-Opferung" dieses Bandes. Delfico und Tria (1996) führen bei<br />

Bedarf ebenfalls ein Release des HKB als letzten Weichteil-Release-Schritt durch, wobei<br />

sie kein selektives Release des Bandes vorschlagen, sondern eine komplette Entfernung<br />

der Bandansätze von der Tibia oder vom Femur.<br />

81


Das HKB als letzte Struktur in einer medialen Weichteil-Sequenz zu behandeln, kann<br />

auch deutlich Nachteile mit sich bringen. In einer Kadaverstudie äußern sich Saeki et al<br />

(2001) besorgt über eine Opferung des HKB nach einem kompletten Innenband-<br />

Release, weil das HKB ein sekundärer Stabilisator des Kniegelenkes zur Valgusstabilität<br />

ist. Wenn diese Struktur durch ein Release entfernt werden würde, entstehen besonders<br />

bei Valgusstreß größere Instabilitäten, die dann auch von einer posterior stabilisierten<br />

Prothese nicht mehr kompensiert werden können. Während Laskin (1996) bei großer<br />

Deformität eine HKB-Opferung mit Verwendung einer posterior stabilisierten Prothese<br />

empfehlen, weisen Saeki et al (2001) deutlich darauf hin, dass auch die frühzeitige<br />

Benutzung einer posterior stabilisierten Prothese nicht unproblematisch ist, denn diese<br />

Prothese liefert zwar eine Stabilität in AP-Richtung, aber stellt eine Valgus- oder Rotationsstabilität<br />

nicht wieder her. Mihalko et al (2003) warnen in ihrer Kadaverstudie zusätzlich,<br />

dass ein HKB-Release nach einem ausgedehnten medialen Weichteilrelease,<br />

besonders einem Release des kompletten Innenbandes, zu einer unproportionalen Vergrößerung<br />

der Flexionslücke führen kann, welche durch ein posterior stabilisiertes Implantat<br />

nicht mehr aufgefangen werden kann.<br />

Andererseits sehen es Teeny et al (1991), Whiteside (1995) und Kumar und Dorr (1997)<br />

auch bei schweren Varusdeformitäten als nicht notwendig an, das HKB herauszuschneiden.<br />

4.3.2.3.9 Schluss-Release<br />

Als eine weitere Möglichkeit eine schwere Varusdeformität zu lösen, erwähnen Kumar<br />

und Dorr (1997) ein Release der Sehne des medialen M. gastrocnemius, was in der<br />

Studie dieser Autoren aber in keinem Fall notwendig war.<br />

Wenn in ganz schweren Fällen der Varusdeformität trotz mehrerer Release-Schritte<br />

immer noch keine adäquate Korrektur der Deformität erreicht ist, kann im Extremfall<br />

die proximale Tibia auf ihrer medialen Seite völlig von allen Weichteilen befreit werden<br />

(Teeny et al 1991, Whiteside 1995, Fehring 2006). Fehring (2006) verwendet hierzu<br />

einen laminaren Spreizer, um damit die mediale Seite des Gelenkes zu spannen und<br />

anschließend verbliebene, straffe mediale Weichteilstrukturen mit einem Messer in der<br />

"Pie-crust-Technik" zu lösen und die Weichteilspannung der Gegenseite anzugleichen.<br />

Falls alle Weichteile von der medialen Tibia abgelöst werden müssen, ist es nach Whiteside<br />

(1995) notwendig, dass die mediale Weichteilmanschette nach einem erfolgrei-<br />

82


chen Release in diesem Fall wieder mit dem Knochen verbunden wird. Dies war in seiner<br />

Studie bei 5 von 423 Varusknie (1,2%) notwendig, indem die Wiederanheftung mit<br />

2 Polyethylen Weichteilschrauben und 2 Knochenschrauben umgesetzt wurde.<br />

4.3.2.3.10 Laterale Straffung<br />

Erst wenn die Releases der Weichteile auf der medialen Seite der Varusdeformität nicht<br />

zu einer ausgeglichenen Flexions- und Extensionslücke auf der medialen und lateralen<br />

Seite geführt haben, kann auch die Überlegung angestellt werden, eine Straffung der<br />

lateralen Weichteile ins Auge zu fassen (Tab. 25).<br />

Tab. 25: Laterale Weichteil-Straffung<br />

Letzter Weg zur Korrektur eines Varus<br />

Krackow et al (1990)<br />

Teeny et al (1991)<br />

Whiteside (1995)<br />

Dieser Schritt wird von Krackow (1990) durch ein Advancement des Außenbandes umgesetzt.<br />

Bei Teeny et al (1991) war ein Advancement des Außenbandes bei 2 von 35<br />

Varuskniegelenken (5,7%) notwendig. In Whiteside´s klinischer Langzeitstudie (1995)<br />

bekommen 3 von 423 Varusknie (0,71%) wegen lateral unadäquater Stabilisation ein<br />

Advancement des Iliotibialbandes.<br />

83


4.3.3 Valgus-Deformität<br />

4.3.3.1 Allgemein<br />

Bei der Durchführung einer Knie-TEP kommt eine Valgusdeformität mit 15% Anteil an<br />

allen Deformitäten viel seltener vor als eine Varusdeformität (Tria 2004, Pape und<br />

Kohn 2007). Diese Deformität ist mit einigen Schwierigkeiten bei der chirurgischen<br />

Versorgung eine größere Herausforderung für den Operateur (Murray und Rand 1993,<br />

Aglietti et al 1996). Neben der exakten Durchführung eines Ligament-Balancing muss<br />

beim Valgus-Knie auch auf die Behandlung des knöchernen Defektes an Tibia und Femur,<br />

eine Korrektur der assoziierten Flexionskontraktur, eine Korrektur der lateralen<br />

Patellasubluxation, eine Korrektur der Außenrotationsdeformität des distalen Femur und<br />

eine Neuorientierung des Streckapparates geachtet werden (Aglietti et al 1996, Delfico<br />

und Tria 1996, Healy et al 1998, Trepte und Pflanzelt 2003).<br />

Von Krackow (1990) stammt eine Klassifikation der Valgusdeformität, um hierdurch<br />

die chirugische Korrektur besser nach den vorgegebenen Ausgangsbedingungen des<br />

deformierten Kniegelenkes einzuteilen. Eine Valgusdeformität mit lateralem Knochendefekt,<br />

lateraler Weichteilkontraktur, aber intakten medialen Weichteilen, beschreibt er<br />

als Typ 1. Tritt zusätzlich eine Laxizität der medialen Weichteile auf, wird dies als Typ<br />

2 bezeichnet. Ein Typ 3-Valgus-Knie ist das Ergebnis einer überkorrigierten proximalen<br />

tibialen Valgusosteotomie. Während die Typen 1 und 2 in der Regel mit einem ungekoppelten<br />

Oberflächenersatz behandelt werden können, ist für eine Behandlung des 3.<br />

Typen häufig eine achsgeführte Prothese erforderlich (Pape und Kohn 2007).<br />

Besonders die laterale Subluxation der Patella muss bei der Korrektur durch das<br />

Weichteil-Balancing berücksichtigt werden, denn Stern et al (1991) berichten in ihrer<br />

Studie von 76% Subluxationen der Patella, die dann mit einem lateralen Retinakulum-<br />

Release versorgt werden musste.<br />

Auch die Außenrotationsdeformität der Tibia ist häufig mit einem fixierten Valgus<br />

verbunden und kann auch nach einer erfolgreichen lateralen Release-Korrektur der Valgusdeformität<br />

als funktionelles Problem bestehen bleiben (Buechel 1990). Ursache hierfür<br />

ist nach Robbins et al (2001) ein persistierender Knochenverlust an der Femurkondyle,<br />

der es schwierig macht, die Außenrotation der Femurkomponente korrekt zu beurteilen.<br />

84


Ursachen für eine Valgusdeformität können zum einen eine entzündliche Arthritis, posttraumatische<br />

oder primäre Arthrose oder eine ausgedehnte Überkorrektur einer valgisierenden<br />

Tibiakopf-Osteotomie sein. Ein Valgus kommt häufiger bei Frauen als bei Männern<br />

vor (Murray und Rand 1993, Pape und Kohn 2007). Eine Valgusdeformität wirkt<br />

sich negativ auf die Biomechanik des Kniegelenkes aus. Nach Heller et al (2007) führt<br />

eine Valgusdeformität von über 8° zu einem Anstieg der maximalen Gelenkkontaktfläche<br />

von bis zu 140% beim Laufen und bis zu 53% beim Treppensteigen im Vergleich<br />

zu undeformierten normalen Kniegelenken. Hier kommt es zu einer Straffung der lateralen<br />

Weichteile des Kniegelenkes und zu einer Dehnung der medialen Weichteile.<br />

Zu den betroffenen Strukturen, die auf der lateralen und posterolateralen Seite des<br />

Kniegelenkes den pathologischen Prozessen unterliegen und sich daraufhin straffen und<br />

später durch Release-Vorgänge gelöst werden können, gehören der Tractus iliotibialis,<br />

die Popliteus-Sehne, das laterale Kollateralband, die posterolaterale Kapsel, der laterale<br />

Kopf des M. gastrocnemius, das laterale Septum intermusculare, der lange Kopf des M.<br />

biceps femoris, das laterale Retinakulum und das HKB (Ranawat 1985, Laurencin et al<br />

1992, Murray und Rand 1993, Favorito et al 2002, Trepte und Pflanzelt 2003, Elkus et<br />

al 2004, Clarke et al 2004, Clarke und Scuderi 2004, Tria 2004).<br />

Ligamente, die wie das Außenband und der Popliteus in der Nähe der Femurepikondylen<br />

ansetzen, sind nahe der Achse, um welche die Tibia bei Streckung und Beugung<br />

rotiert. Aus diesem Grund stabilisieren diese Strukturen das Kniegelenk über den gesamten<br />

Flexionsbogen hinweg. Das Außenband ist dabei eher in Extension wirksamer,<br />

der Popliteus eher in Flexion. Strukturen, die wie der Tractus iliotibialis entfernter von<br />

der epikondylären Achse ansetzen, stabilisieren das Kniegelenk nur in voller Extension<br />

effektiv oder in Positionen mit tiefer Flexion. Das posterolaterale Kapselgewebe ist eng<br />

an die laterale Gastrocnemiussehne gebunden und ist mit ihr zusammen eher in Extension<br />

wirksam, genauso wie die posteriore Kapsel, die ebenfalls nur in Extension eine<br />

valgusstabilisierende Funktion hat.<br />

Dieser Sachverhalt hat Auswirkungen auf das Weichteil-Balancing, da bei einer Kontraktur<br />

in Flexion andere Korrektur-Prozeduren notwendig sind als in Extension (Whiteside<br />

1999, Whiteside 2004).<br />

Gleichzeitig sind beim Valgus die medialen Weichteilstrukturen abgeschwächt, in besonderem<br />

Maße das Innenband (Murray und Rand 1993, Elkus et al 2004, Clarke und<br />

Scuderi 2004). Diese Situation einer großen Innenband-Laxizität mit einer Außenband-<br />

85


Kontraktur wird von Delfico und Tria (1996) als schwierigster Fall einer Deformitätenkorrektur<br />

bei einer Knie-TEP bezeichnet. Je mehr Weichteilstrukturen auf der lateralen<br />

Seite gelöst werden, desto mehr tendiert die Tibia nach außen zu rotieren, was bei steigender<br />

Flexionsstellung sogar noch verstärkt werden kann (Mihalko und Krackow<br />

2000).<br />

Im Gegensatz zum Varusknie, wo beim Weichteil-Release die betroffenen kontrakten<br />

Strukturen der medialen Seite überwiegend von der Tibia gelöst werden, werden die<br />

lateralen Strukturen beim Valgusknie auch vom Femur gelöst (Krackow und Mihalko<br />

1999, Mihalko und Krackow 2000). Hier muss während der Release-Maßnahmen in der<br />

posterolateralen Ecke mit äußerster Vorsicht hantiert werden, um den N. peroneus nicht<br />

zu verletzen. Dieser ist bei Mihalko und Krackow (2000) in voller Extensionsstellung<br />

des Kniegelenkes nur durchschnittlich 6-12 mm von der posterolateralen Ecke entfernt,<br />

was die Hälfte einer Skalpellklinge bedeutet. Clarke et al (2004) berichten von 0,5-1%<br />

Peronealnerv-Verletzungen nach einer Knie-TEP, insbesondere bei Patienten mit präoperativem<br />

Valgus und einer Flexionskontraktur (Murray und Rand 1993). Der Nerv<br />

kann aber nicht nur direkt verletzt werden, sondern auch indirekt durch Zug oder induzierte<br />

Ischämie, was bei Aglietti et al (1996) mit 3-4% und bei Easley et al (2000) mit<br />

3% Nerv-Lähmungen zu sehen ist. Die meisten Fälle von Peronealnerv-Lähmungen<br />

waren poststationär rückgängig, bei einigen Patienten aber ist solch ein Schaden trotzdem<br />

geblieben (Asp und Rand 1990).<br />

Eine ebenfalls entscheidende Weichteilstruktur, die während des lateralen Weichteil-<br />

Balancings geschützt werden sollte, ist die Arteria genicularis lateralis superior. Besonders<br />

wenn das Knie mit einem medialen parapatellaren Zugang geöffnet wird und<br />

dann ein Weichteil-Release der lateralen Seite durchgeführt wird, ist diese obere laterale<br />

Kniearterie gefährdet. Sie sollte auch bei einer liegenden Knie-TEP für die Blutversorgung<br />

des Kniegelenkes zuständig sein, denn wenn diese Arterie während der OP durchtrennt<br />

wird, kann es zu Minderdurchblutung des Knochens und folgender Knochennekrose<br />

kommen, was bei Laurencin et al (1992) bei 3 von 25 Patienten (12%) mit einer<br />

sekundären Knochennekrose der Patella und nachfolgender Fraktur der Patella geschehen<br />

ist.<br />

Zusätzlich befürworten einige Autoren und Operateure eine spezielle Arthrotomie beim<br />

Valgusknie und zwar von lateral parapatellar. Auch dieser spezielle Zugang wird nicht<br />

86


von allen Autoren beim Valgusknie verwendet und steht bis heute in der Diskussion<br />

(Clarke und Scuderi 2004).<br />

Eine Valgusstellung des Kniegelenkes zwischen 1- 7° wird nicht als Deformität gewertet,<br />

sondern vielmehr als wünschenswertes Ergebnis und Neutralstellung der anatomischen<br />

Beinachse, die auch nach liegender Knie-TEP Bestand haben soll (Laskin und<br />

Rieger 1989, Pape und Kohn 2007). Eine Valgusdeformität mit Korrekturbedarf beginnt<br />

deshalb erst ab einem anatomischen tibio-femoralen Winkel von mehr als 9° (Delfico<br />

und Tria 1996, Pape und Kohn 2007).<br />

87


4.3.3.2 Release-Techniken<br />

Auf der lateralen Seite des Kniegelenkes sind die einzelnen Bandelemente besser abzugrenzen<br />

als auf der medialen Seite. Es gibt lateral auch zahlreichere anatomische Varianten<br />

der Bänder als medial, die auch in häufiger Form auftreten (Müller 1982).<br />

Um das Alignment der Valgusdeformität zu korrigieren, verwenden die meisten Operateure<br />

ein Release der lateralen Weichteilstrukturen (Krackow und Mihalko 1999).<br />

Im Gegensatz zur medialen Seite des Kniegelenkes, wo die Release-Schritte fast nur auf<br />

der tibialen Seite vollzogen werden, werden sie auf der lateralen Seite des Kniegelenkes<br />

auch zusätzlich am Femur durchgeführt (Krackow und Mihalko 1999, Mihalko und<br />

Krackow 2000). Verglichen mit dem Varusknie besteht beim Valgusknie beim lateralen<br />

Release deutlich eher die Gefahr, dass eine Überkorrektur oder Unterkorrektur des Alignments<br />

resultiert. Eine Überkorrektur bei den Release-Vorgängen führt immer zu<br />

einer Flexionsinstabilität und sollte möglichst vermieden werden (Peters et al 2001).<br />

Wie auch beim Varus- führen Release-Schritte beim Valgusknie zu einer größeren Öffnung<br />

der Flexionslücke als der Extensionslücke. Dies wird vor allem nach dem Release<br />

des Außenbandes und des Popliteus deutlich (Krackow und Mihalko 1999, Matsueda et<br />

al 1999, Kanamiya et al 2002).<br />

Die Kadaverstudie von Kanamiya et al (2002) zeigt, dass die primären Varusstabilisatoren<br />

in Extension der Tractus iliotibialis und die hintere Kapsel sind. Die einzigen<br />

Strukturen, die bei mehr als 60° Flexion einen lateral stabilisierenden Effekt bieten, sind<br />

das Außenband, der Popliteus und die posterolaterale Kapsel. Diese 3 Strukturen wirken<br />

außerdem über den gesamten Flexionsbogen hinweg. Die Kadaverstudien von Krackow<br />

und Mihalko (1999) und Mihalko und Krackow (2000) zeigen, dass in Extensionsstellung<br />

nur minimale Rotationsveränderungen im Kniegelenk möglich sind. Erst wenn das<br />

Außenband gelöst wird, entsteht eine deutliche Außenrotationveränderung. Sobald das<br />

Kniegelenk in 45° Flexionsstellung gebracht wird, erhöhen sich die Außenrotationsveränderungen<br />

nochmals deutlich, die Tendenzen bleiben aber denen der Streckstellung<br />

gleich. Je mehr laterale Strukturen gelöst werden, desto mehr neigt die Tibia zur Außenrotation.<br />

88


4.3.3.2.1 Außenband<br />

Zeitpunkt des Release<br />

Obwohl das Weichteil-Balancing eigentlich erst nach dem Einsetzen der Probekomponenten<br />

durchgeführt wird, ist bei 2% der 231 Valgusknie in Whitesides Studie (1999)<br />

ein partielles Außenband-Release vor dem Einsetzen der Probekomponenten nötig, damit<br />

die laterale Seite des Kniegelenkes soweit entspannt ist, um das Einsetzen der Probekomponenten<br />

zu erleichtern. Wenn das Außenband-Release am Anfang durchgeführt<br />

wird, entsteht ein mehr abgestuftes, schrittweise einheitlicheres laterales Release, was<br />

zu bevorzugen ist. Dies erklärt sich daher, dass bei einem Release des Außenbandes, als<br />

primärer lateraler Stabilisator, die sekundären Stabilisatoren dessen Aufgaben übernehmen.<br />

Wenn die sekundären Stabilisatoren nun anfänglich schon gelöst würden, diese<br />

Releases für eine Korrektur der Deformität nicht ausreichen würden und erst daraufhin<br />

ein Außenband-Release durchgeführt würde, könnte die laterale Seite des Gelenkes sich<br />

plötzlich sehr weit öffnen und zu einer Überkorrektur und folgender Instabilität in Flexion<br />

führen. Aus diesem Grund sollte zuerst ein Außenband-Release durchgeführt werden<br />

und wenn dies zur Korrektur der Deformität nicht ausreichen sollte, können die<br />

sekundären Stabilisatoren danach gelöst werden. Die Autoren dieser Kadaverstudie wollen<br />

aber damit nicht generell aussagen, dass das Außenband immer als erstes gelöst<br />

werden soll, aber ein Operateur sollte diesen Gedanken im Auge behalten (Krackow<br />

und Mihalko 1999). Mihalko et al (2003) bestätigen ebenfalls, dass ein Release des Außenbandes<br />

am Anfang einer Sequenz zu einer mehr abgestufteren Varusauslenkung des<br />

Kniegelenkes führen kann.<br />

Krackow und Mihalko (1999) und Mihalko und Krackow (2000) sind generell der Meinung,<br />

dass nur dann ein effektives Release der lateralen Seite entsteht, sobald das Außenband<br />

gelöst ist. Whiteside (2004) löst dieses Band außerdem zur Korrektur von<br />

straffer Flexions- und Extensionslücke als zweite Struktur, direkt nach dem Popliteus.<br />

Wenn aber die Straffheit in Extension deutlich größer ausgeprägt ist als in Flexion, wird<br />

das Außenband vor dem Popliteus gelöst, damit es die Extensionslücke korrigieren kann<br />

und der Popliteus folglich die Flexionslücke korrigiert.<br />

Kumar und Dorr (1997) berichten dagegen, dass nur bei extremen Valgusdeformitäten,<br />

die ansonsten nicht anders korrigierbar sind, das Außenband gelöst werden soll.<br />

Dieses Release zieht die Verwendung einer kondylär-geführten Prothese, wie zum Beispiel<br />

die Total-Condylar-III-Typ-Prothese, nach sich. Pape und Kohn (2007) lösen dieses<br />

Band nur zur Korrektur des Beugespalts als letzte Struktur der Sequenz, nachdem<br />

89


vorher zuerst der Streckspalt und danach durch Releases anderer Strukturen der Beugespalt<br />

korrigiert werden soll. Healy et al (1998) sind der Meinung, dass ein solches Außenband-Release<br />

bei der Korrektur einer Valgusdeformität nicht notwendig ist und es<br />

erhalten werden könne. Auch Whiteside (1999) würde nur bei einer lateralen Straffheit<br />

in Extension das Außenband intakt lassen.<br />

Technik des Release<br />

Insall et al (1979), Laskin und Rieger (1989), Whiteside (1993), Aglietti et al (1996),<br />

Kumar und Dorr (1997), Peters et al (2001), Kanamiya et al (2002), Favorito et al<br />

(2002), Trepte und Pflanzelt (2003), Whiteside (2004) und Fehring (2006) lösen das<br />

Außenband von seinem Ansatz an der lateralen Femurkondyle von der Innenseite des<br />

Gelenkes.<br />

Es ist anterior und superior vom femoralen Ansatz des Popliteus entfernt (Kumar und<br />

Dorr 1997). Pape und Kohn (2007) lösen es schrittweise und subperiostal von seinem<br />

Ansatz. Es wird in maximaler Flexionsstellung Schritt für Schritt von seinem femoralen<br />

Ansatz gelöst (Trepte und Pflanzelt 2003). Dabei sollte aber darauf geachtet werden,<br />

dass vorab alle Verklebungen und Verwachsungen zwischen dem Tractus iliotibialis<br />

und der anterolateralen Kapsel gelöst werden, damit die Patella ausreichend lateralisiert<br />

werden kann. Favorito et al (2002) empfehlen beim Release zusätzlich die Popliteus-<br />

Sehne zu identifizieren, damit eine versehentliche Durchtrennung vermieden wird.<br />

Whiteside (1999, 2004) löst das Außenband direkt an seinem Ansatz am Knochen unter<br />

Belassung seines Ansatzes am Periost und Intaktbelassung der Synovialmembran. Dies<br />

lockert das Band, eliminiert aber nicht komplett seine Funktion.<br />

Andererseits lösen es Mihalko und Krackow (2000) mit einem Stich in die posterolaterale<br />

Ecke, direkt nach einem Pie-crust-Release. Bei Clarke und Scuderi (2004) und<br />

Clarke et al (2005) wird das Band ebenfalls während der Pie-crust-Methode und im<br />

Rahmen der multiplen transversen Stichinzisionen in den lateralen Kapselbereich beiläufig<br />

mitgelöst.<br />

90


Abb.24. Außenband-Release in Flexionsstellung des Kniegelenkes (aus Whiteside<br />

2004).<br />

Nach einer kompletten scharfen Lösung des Außenbandes von der Femurkondyle empfehlen<br />

Favorito et al (2002) eine Identifikationsnaht am Band-Stumpf anzubringen, damit<br />

dieser später wieder erkannt werden kann.<br />

Wirkung des Release<br />

Favorito et al (2002) sehen das Außenband beim Valgusknie als die straffste Struktur<br />

der lateralen Seite an. In der Kadaverstudie von Kanamiya et al (2002) führt ein Release<br />

des Außenbandes in mehreren Weichteil-Sequenzen zu einer deutlichen Zunahme der<br />

Gelenklücke, ganz besonders bei 60° und 90° Flexion. Auch der Außenrotationseffekt<br />

war in Flexion ausgeprägter als in Extension. Dieser Effekt wird auch von Mihalko und<br />

Krackow (2000) bestätigt.<br />

Mihalko et al (2003) erhalten in ihrer Kadaverstudie die größten Lückenveränderungen<br />

aller Weichteilschritte sowohl in Flexion als auch in Extension, wenn das Außenband<br />

gelöst wird. Die Veränderungen in Flexion fallen hier höher aus als in Extension.<br />

In der Kadaverstudie von Krackow und Mihalko (1999) führt dieses Release zur höchsten<br />

Lückenveränderung der lateralen Seite bei Varusstreß, wenn das Knie in Extensionsstellung<br />

steht, wodurch es als primärer Stabilisator der lateralen Seite bei Varusstress<br />

in Extension gelten kann. Es zeigt sich auch, dass dieses Release in Extension<br />

erhebliche außenrotatorische Veränderungen im Kniegelenk nach sich ziehen kann, besonders<br />

dann, wenn es als erste Struktur der Release-Sequenz gelöst wird.<br />

Das laterale Kollateralband hat aber nicht nur Auswirkungen in Extension, sondern im<br />

gesamten Flexionsbogen (Kanamiya et al 2002). Peters et al (2001) lösen es zusammen<br />

mit dem Popliteus und bekommen damit einen deutlich höheren Effekt in Flexion als in<br />

Extension.<br />

91


Klinik und Einsatz<br />

Bei Ritter (1990) wird mit großer Vorsicht an der Valgus-Korrektur gearbeitet, damit<br />

das Außenband nicht zufällig mitgelöst wird. Eine Ablösung dieses Bandes würde folglich<br />

zu einer Prothese mit höherer Führung der Rotationsstabilität führen. In der Studie<br />

von Politi und Scott (2004) wird ein Release des Außenbandes nur bei 10% der Valgusknie<br />

durchgeführt, weil es als Hauptstabilisator im Kniegelenk gilt. Miyasaka et al<br />

(1997) zeigen aber mit ihrem Außenband-Release, dass trotz dieses Release-Schrittes<br />

76% der betroffenen Kniegelenke klinisch stabil sind. Dies lässt daraus folgern, dass ein<br />

Außenband-Release nicht immer zu einer Instabilität der Flexionslücke führen muss.<br />

Auch Whiteside (1999) löst dieses Band in der Mehrheit der Fälle und konnte keine<br />

Instabilität finden. Laskin (1990) und Fehring (2006) glauben zudem, dass ein Außenband-Release<br />

auch dann indiziert ist, wenn eine schwere Valgusinstabilität bestehen<br />

bleibt, was aber eher selten der Fall ist.<br />

Whiteside (1999) löst das Außenband zusammen mit dem Popliteus, wenn das Knie auf<br />

der lateralen Seite nur in Flexion straff ist. Dies ist nur bei 1% der 231 Valgusknie dieser<br />

Studie notwendig. Wenn das Knie lateral sowohl in Flexion als auch in Extension<br />

straff ist, wird es alleine oder auch zusammen mit dem Popliteus gelöst. Dies ist bei<br />

82% der 231 Valgusknie dieser Studie notwendig.<br />

4.3.3.2.2 Popliteus-Sehne<br />

Nach Tria (2004) ist der Popliteus die zentrale Struktur des lateralen Kompartimentes.<br />

Zeitpunkt des Release<br />

Der Popliteus wird bei Kumar und Dorr (1997) noch vor den Knochenschnitten direkt<br />

nach der Eröffnung gelöst. Zuerst werden der Tractus und die laterale Kapsel gelöst,<br />

danach zusätzlich der Popliteus mit einem Elektrokauter an seinem Ansatz an der lateralen<br />

Ecke der Femurkondyle zusammen mit der dort liegenden lateralen Kapsel.<br />

Whiteside (2004) löst ihn als erste Struktur zur Valguskorrektur, wenn der laterale Gelenksspalt<br />

sowohl in Flexion als auch in Extension kontrakt ist oder wenn nur der Flexionsspalt<br />

allein kontrakt ist. Fehring (2006) löst den Popliteus andererseits als letzte<br />

Struktur der Sequenz, wenn bereits Kapsel, Tractus und Außenband gelöst wurden.<br />

Der Popliteus wird häufig zusammen mit dem Außenband in einem Schritt gelöst, kann<br />

aber auch alleine gelöst werden.<br />

92


Clarke und Scuderi (2004) halten diesen Muskel für die Funktion des Kniegelenkes als<br />

unersetztlich und plädieren deshalb im Gegensatz zu anderen Autoren für einen Erhalt.<br />

Nach Clarke et al (2005) gilt der er als wichtiger Stabilisator des Kniegelenkes vor allem<br />

in höheren Graden der Flexion.<br />

Technik des Release<br />

Ein Release des Popliteus erfolgt meistens von seinem proximalen Ansatz aus an der<br />

lateralen Femurkondyle innerhalb des Gelenkes in 90° Flexion (Insall et al 1979, Laskin<br />

und Rieger 1989, Murray und Rand 1993, Whiteside 1993, Aglietti et al 1996, Delfico<br />

und Tria 1996, Kumar und Dorr 1997, Whiteside 1999, Peters et al 2001, Kanamiya et<br />

al 2002, Whiteside 2004). Whiteside (1999) löst ihn direkt an seinem Ansatz am Femur<br />

unter Belassung seines Ansatzes am Periost und Intaktbelassung der Synovialmembran.<br />

Dies lockert den Popliteus, eliminiert aber nicht komplett seine Funktion. Delfico und<br />

Tria (1996) lösen ihn andererseits entweder scharf an seinem Femuransatz oder mit einer<br />

Schuppe vom Periost.<br />

Wegen der sekundären Anheftungen des Popliteus am Außenband und der Gelenkskapsel<br />

zieht sich die Popliteussehne nach einem Release nur 5-10 mm zurück (Whiteside<br />

2004). Bei Mihalko und Krackow (2000) und Favorito et al (2002) wird der Popliteus<br />

entweder direkt auf oder in der Nähe der Gelenksebene gelöst.<br />

Zur Durchführung des Release schlagen Kumar und Dorr (1997) zum Beispiel die Verwendung<br />

eines Elektrokauters vor, Whiteside (2004) verwendet hierfür ein Skalpell.<br />

Abb.25. Popliteus-Release am femoralen Ansatz (aus Whiteside 2004).<br />

Sobald der Popliteus gelöst ist, wird er mit einer Naht an das bereits gelöste Außenband<br />

angenäht, um eine ausgedehnte Trennung dieser beiden Strukturen zu vermeiden und so<br />

eine Hilfe in Flexion zu gewährleisten.<br />

93


Wirkung des Release<br />

Der Effekt des Popliteus, besonders als effektiver Varusstabilisator, erstreckt sich über<br />

den gesamten Flexionsbogen hinweg (Kanamiya et al 2002). In den Sequenzen der Kadaverstudie<br />

von Kanamiya et al (2002) und Mihalko et al (2003) neigt dieser Muskel zu<br />

einem ausgeprägten Varuseffekt in tiefer Flexion, aber auch relativ deutlich in Extension.<br />

Auch die Außenrotationsstabilität in 60° und 90° Flexion werden von ihm signifikant<br />

beeinflusst. Bei Peters et al (2001) wird der Popliteus zusammen mit dem Außenband<br />

in einem Komplex gelöst, was einen viel höheren Effekt in Flexion als in Extension<br />

entstehen lässt.<br />

Ein Release des Popliteus kann aber auch zu extremer lateraler Laxizität in Flexion führen,<br />

weshalb Fehring (2006) davor warnt, den Popliteus routinemäßig zu lösen.<br />

Klinik und Einsatz<br />

Whiteside (1999) löst die Popliteus-Sehne zusammen mit dem Außenband, wenn das<br />

Knie lateral in Flexion zu straff ist und wenn die laterale Straffheit mit einer Innenrotationskontraktur<br />

verbunden ist. Dies ist bei 1% der 231 Valgusknie dieser Studie notwendig.<br />

Wenn das Knie in Flexion und in Extension lateral zu straff ist, wird von Whiteside<br />

(1999) entweder der Popliteus allein oder zusammen mit dem Außenband gelöst.<br />

Dies war bei 82% der 231 Valgusknie dieser Studie notwendig. Bei Delfico und Tria<br />

(1996) wird der Popliteus meist bei Valgus-Deformitäten über 25° von seinem Femuransatz<br />

gelöst.<br />

Andere Autoren halten eher die Unversehrtheit des Popliteus für unerlässlich. Clarke<br />

und Scuderi (2004) und Clarke et al (2004) sprechen sich bei ihrer Pie-crust-Methode<br />

dafür aus, den Popliteus während des transversen Schnittes durch die posterolaterale<br />

Kapsel den Popliteus nicht zu verletzten und möglichst unversehrt zu lassen, weil er ein<br />

wichtiger Stabilisator des Kniegelenkes in Flexionsstellung ist und er in dieser Position<br />

auch eine Instabilität verhindern kann. Kanamiya et al (2002) halten die Erhaltung des<br />

Popliteus ebenfalls für entscheidend für den Erfolg einer Implantation einer Knie-TEP,<br />

denn er sorgt für eine Stabilisation des Kniegelenkes bei hohen Graden der Flexion. Bei<br />

Verwendung einer posterior stabilisierten Prothese ist die Funktion des Popliteus entscheidend,<br />

weil er einer Dislokation der Nocke der Prothese und des posterioren Mechanismus<br />

entgegenwirken kann, sobald das Knie in Flexionsstellung steht und Varusstress<br />

auf es einwirkt (Clarke und Scuderi 2004). Auch Whiteside (1999) spricht sich<br />

94


dafür aus, den Popliteus möglichst intakt zu lassen, aber nur wenn das Knie ausschließlich<br />

in Extension lateral zu straff ist. Die Popliteus-Sehne kann auch deshalb geschont<br />

werden, um eine größere Stabilität in Flexion zu erhalten (Delfico und Tria 1996). Fehring<br />

(2006) und Delfico und Tria (1996) warnen außerdem vor einem routinemäßigen<br />

Gebrauch dieser Releases, weil es eine große laterale Laxizität in Flexion verursachen<br />

kann.<br />

Popliteus-Dysfunktion<br />

Bei einer Dysfunktion der Popliteus-Sehne in 90° Flexion, die entweder durch zurückgebliebene<br />

laterale Osteophyten auf der Femurkondyle oder durch Schnappen der Popliteusehne<br />

über die implantierte Femurkomponente verursacht wird, kann das Problem<br />

intraoperativ durch ein scharfes Release von seinem femoralen Ansatz gelöst werden.<br />

Dieser Vorgang musste bei Barnes und Scott (1995) bei 8 von 300 Patienten (2,7%)<br />

durchgeführt werden. Allerdyce et al (1997) sehen die Inzidenz einer solchen Popliteus-<br />

Dysfunktion nur bei 0,2%. Trepte und Pflanzelt (2003) resezieren den Popliteus wegen<br />

dieser Probleme fast routinemäßig, weil seine Funktion für die Knie-Prothese laut diesen<br />

Autoren nahezu unbedeutend sei.<br />

4.3.3.2.3 Tractus iliotibialis<br />

Eine Verlängerung oder ein Release des Tractus iliotibialis ist zu einer Standard-<br />

Maßnahme bei der Knie-TEP geworden, wenn ein Valgusknie korrigiert werden muss<br />

(Zenz et al 2002). Andererseits gibt es auch Autoren wie Insall (1981), die der Meinung<br />

sind, dass der Tractus generell erhalten bleiben soll.<br />

Durch Palpation oder rein durch visuelle Untersuchung der posterolateralen Ecke des<br />

Kniegelenkes kann herausgefunden werden, ob der Tractus iliotibialis aktuell straff ist<br />

oder nicht (Krackow und Mihalko 1999, Favorito et al 2002).<br />

Zeitpunkt des Release<br />

In 50% der Fälle wird bei Kumar und Dorr (1997) das Release des Tractus bereits während<br />

der Eröffnung des Kniegelenkes gelöst. Bei Verwendung des lateralen parapatellaren<br />

Zuganges kann er als Teil der 3-Schritt-Technik ebenfalls als allererste Struktur auf<br />

Höhe des Fibulaköpfchens gelöst werden (Buechel 1990). Bei Beverland (2006) wird<br />

das Tractus-Release dagegen an letzter Stelle des Weichteil-Balacings durchgeführt.<br />

95


Whiteside (1993,1999, 2004) war eher der Meinung, dass beim Vorliegen einer lateralen<br />

Straffheit des Kniegelenkes nur in Extension der Tractus zuerst und eventuell nur als<br />

einzige Struktur gelöst werden sollte. Bei gleichzeitiger Straffheit in Flexion und Extension<br />

wird der Tractus erst nach anderen Strukturen wie dem Außenband oder dem<br />

Popliteus gelöst.<br />

96<br />

Tab. 26: Release-Möglichkeiten des Tractus iliotibialis<br />

Z-<br />

Plastik<br />

Zenz et<br />

al<br />

(2002)<br />

Multiple<br />

kleine<br />

Inzisionen<br />

Laurencin<br />

et al (1992)<br />

Aglietti et<br />

al (1996)<br />

Delfico und<br />

Tria (1996)<br />

Miyasaka<br />

et al (1997)<br />

Peters et al<br />

(2001)<br />

Zenz et al<br />

(2002)<br />

Clarke et al<br />

(2004)<br />

Clarke und<br />

Scuderi<br />

(2004)<br />

Elkus et al<br />

(2004)<br />

Clarke et al<br />

(2005)<br />

Fehring<br />

(2006)<br />

Pape und<br />

Kohn<br />

(2007)<br />

Technik des Release<br />

Komplette<br />

Durchtrennung<br />

Zenz et al<br />

(2002)<br />

Inzision auf<br />

Gelenkshöhe<br />

Insall et al<br />

(1979)<br />

Murray und<br />

Rand (1993)<br />

Whiteside<br />

(1993)<br />

Healy et al<br />

(1998)<br />

Krackow<br />

und Mihalko<br />

(1999)<br />

Peters et al<br />

(2001)<br />

Zenz et al<br />

(2002)<br />

Kanamiya et<br />

al (2002)<br />

V-Y-<br />

Plastik<br />

Zenz et al<br />

(2002)<br />

Inzision<br />

oberhalb der<br />

Gelenkshöhe<br />

Insall et al<br />

(1979)<br />

Delfico und<br />

Tria (1996)<br />

Whiteside<br />

(2002)<br />

Whiteside<br />

(2004)<br />

Release an<br />

der Tibiakante<br />

Buechel<br />

(1990)<br />

Aglietti et<br />

al (1996)<br />

Delfico<br />

und Tria<br />

(1996)<br />

Kumar und<br />

Dorr<br />

(1997)<br />

Matsueda<br />

et al (1999)<br />

Pape und<br />

Kohn<br />

(2007)<br />

"Kaplan-<br />

Release"<br />

Zenz et<br />

al (2002)<br />

Es gibt bei der Durchführung des Release des Tractus iliotibialis mehrere Ebenen und<br />

mehrere Techniken, um den gewünschten Release-Effekt zu erhalten (Delfico und Tria<br />

1996). Wenn die Valgusdeformität unter 25° und ohne begleitende Flexionskontraktur<br />

ist, reicht ein kleineres Release des Tractus aus. Dies kann durch eine Z-Plastik von der<br />

Innenseite des Gelenkes aus gelingen, aber auch durch ein Release auf Höhe des Tibiaknochenschnittes.<br />

Eine andere Möglichkeit wären auch multiple Einstiche in die tiefe


Schicht des Tractus, wo die distalen Fasern zwischen dem femoralen Epikondylus und<br />

dem Tuberkulum Gerdy der Tibia verlaufen. Auch multiple Einstiche in die oberflächliche<br />

Schicht des Tractus, welche ein proximaler Teil der Fascia latae darstellt, sind möglich<br />

(Zenz et al 2002).<br />

Bei schwererer Valgusdeformität oder Vorliegen einer Flexionskontraktur ist ein ausgedehnteres<br />

Release notwendig, was entweder durch eine Z-Plastik oder durch eine komplette<br />

Durchtrennung des Tractus erreicht werden kann (Zenz et al 2002).<br />

Ein schrittweises Release des Tractus, statt einer kompletten Durchtrennung, halten<br />

Zenz et al (2002) für angebrachter, um keine große anterolaterale Instabilität entstehen<br />

zu lassen, was besonders bei fehlendem VKB die Gefahr sein kann.<br />

Möglichkeiten unterschiedlicher Release-Techniken zur Lösung des Tractus iliotibialis<br />

sind in Tab. 26 dargestellt.<br />

Der Tractus kann in voller Extension auf Höhe der Gelenklinie oder etwas proximal<br />

davon gelöst werden. Ein Release oberhalb der Gelenklinie kann nach Insall et al (1979)<br />

10 cm proximal der Gelenklinie verlaufen. Whiteside (2004) löst das Band ebenfalls<br />

über der Gelenklinie, aber extrasynovial, damit das Band zwar elongiert wird, aber<br />

durch die weiterhin bestehende Befestigung an der Synovialmembran für die Stabilisierung<br />

in Extension weiterhin unterstützend wirkt.<br />

Abb.26. Release des Tractus iliotibialis knapp über der Gelenksebene in Extension (aus<br />

Whiteside 2004).<br />

Wie Tab. 26 zeigt, kann das Release des Tractus auch subperiostal an seinem tibialen<br />

Ansatz am Tuberkulum Gerdy erfolgen. Es kann aber auch durch multiple quere horizontale<br />

Stichinzisionen an oder 1 cm oberhalb der Gelenklinie fraktionell verlängert<br />

97


werden. Diese multiplen Inzisionen werden bei Clarke et al (2005), Pape und Kohn<br />

(2007) und anderen Autoren als Pie-crust-Methode zur Tractus-Verlängerung verwendet.<br />

Zenz et al (2002) schlagen zusätzlich eine Durchtrennung des Tractus vom intermuskulärem<br />

Septum auf Höhe des distalen Femur und ein Release aller Tractus-Ansätze<br />

zur lateralen Femurkondyle vor. Dadurch werden vor allem die sog. Kaplan-Fasern<br />

durchtrennt, was diesem Release-Vorgang den Namen "Kaplan-Release" erbrachte.<br />

Zenz et al (2002) sehen in ihrer Kadaverstudie mehrere Möglichkeiten den Tractus zu<br />

verlängern. Diese Methoden sind aber abhängig vom gewählten Zugang zum Kniegelenk.<br />

Beim medialen parapatellaren Zugang ist ein Release durch Z-Verlängerung möglich,<br />

eine Durchtrennung auf Höhe der proximalen Tibia oder multiple Einstiche auf<br />

Höhe der Gelenksebene. Beim lateralen Zugang zum Kniegelenk, der von einigen Autoren<br />

beim Valgusknie bevorzugt wird, ist ebenfalls eine Z-Plastik möglich, daneben aber<br />

auch ein V-Y-Plastik oder multiple Einstiche auf die proximale oberflächliche Schicht,<br />

welches die bevorzugteste Technik beim lateralen Zugang ist.<br />

Abb.27. Release-Methoden zur Verlängerung des Tractus iliotibialis (aus Keblish<br />

1991).<br />

Durch Kombination zweier Release-Techniken kann nach Zenz et al (2002) der Effekt<br />

der Tractus-Lösung nochmals deutlich vergrößert werden. Dies gelang diesen Autoren<br />

mit der Tractus-Verlängerung durch das "Kaplan-Release" in Kombination mit den multiplen<br />

Einstichen.<br />

Das für das Tractus-Release am häufigsten verwendete Instrument sowohl für Stichelungen<br />

als auch für Releasevorgänge auf oder über der Gelenksebene ist ein Skalpell<br />

(Whiteside 2004).<br />

Wirkung des Release<br />

Der Haupteffekt des Tractus iliotibialis am Kniegelenk ist eine laterale Stabilisation in<br />

Streckstellung (Peters et al 2001, Kanamiya et al 2002, Mihalko et al 2003, Elkus et al<br />

2004). Der Effekt einer Tractus-Durchtrennung in den Sequenzen der Kadaverstudie<br />

98


von Kanamiya et al (2002) ist aus diesem Grund in Streckstellung des Kniegelenkes<br />

deutlich höher als in Beugung. Wird der Tractus zur Korrektur einer Valgusdeformität<br />

gelöst, fungieren die hintere Kapsel, das HKB und der Biceps femoris als laterale Stabilisatoren<br />

in Extension weiter (Whiteside 2004).<br />

Klinik und Einsatz<br />

Bei Ritter (1990) war ein Release des Tractus iliotibialis bei Valgusdeformitäten von<br />

10-45° in 93% der Fälle erforderlich. Laurencin et al (1992) lösen den Tractus mit horizontalen<br />

Stabinzisionen bei 76% der Patienten mit schwerem Valgus von 25-40°.<br />

Aglietti et al (1996) sehen bei leichten Valgusdeformitäten von 11-20° häufig ein alleiniges<br />

Release des Tractus von der Tibia für ausreichend zur Korrektur einer Valgusdeformität.<br />

Whiteside (1993) führt dagegen bei 32 von 59 Valguskniegelenken (54%), die<br />

ein laterales Release bekommen sollen, nur ein Release des Iliotibialbandes durch, was<br />

zur Korrektur dieser Valgusdeformität ebenfalls ausreichte. Whiteside (1999) ist zusätzlich<br />

der Meinung, dass bei einem initial lateral zu straffen Kniegelenk ausschließlich in<br />

Streckstellung, nicht in Beugung, nur der Tractus allein gelöst werden solle. Dies war<br />

bei 12 aller 231 Valgusknie (5,1%) dieser Studie notwendig. Wenn das Knie sowohl in<br />

Extension als auch in Flexion lateral zu straff ist, sollte der straffe Tractus, erst nach<br />

dem Release von Außenband und Popliteus gelöst werden. Der Tractus wird bei<br />

verbleibender straffer Extension deshalb als erstes gelöst, weil es die am leichtesten zu<br />

erreichende Struktur ist, was bei 45% der 231 Valgusknie dieser Studie nötig war.<br />

4.3.3.2.4 Posterolaterale Kapsel<br />

Zeitpunkt des Release<br />

Die laterale Kapsel wird bei Kumar und Dorr (1997) schon vor den Knochenschnitten,<br />

gleich bei der Knieeröffnung gelöst, indem sie komplett bis zur posterioren Mittellinie<br />

des Kniegelenkes von der lateralen Femurkondyle gelöst wird. Beverland (2006) löst<br />

die posterolaterale Kapsel ebenfalls als allerersten Schritt der Valguskorrektur. Laskin<br />

und Rieger (1989) und Pape und Kohn (2007) führen ein Release der lateralen und<br />

posterolateralen Kapsel direkt nach der Entfernung der peripheren Osteophyten durch.<br />

99


Technik des Release<br />

100<br />

Ein Kapsel-Release kann in zwei unterschiedlichen Methoden erfolgen. Zum einen kann<br />

die Kapsel sowohl lateral als auch posterior von ihrem femoralen Ansatz gelöst werden,<br />

zum anderen können multiple Stichinzisionen zu einer Verlängerung dieser Kapsel führen<br />

(Tab. 27).<br />

Tab. 27: Möglichkeiten des Kapsel-Release<br />

Release vom lateralen Femuransatz Multiple Inzisionen<br />

Laskin und Rieger (1989) Ranawat (1997)<br />

Whiteside (1993) Mihalko und Krackow (2000)<br />

Delfico und Tria (1996) Clarke und Scuderi (2004)<br />

Kumar und Dorr (1997) Clarke et al (2004)<br />

Peters et al (2001) Clarke et al (2005)<br />

Kanamiya et al (2002)<br />

Whiteside (2004)<br />

Pape und Kohn (2007)<br />

Es wird empfohlen ein Release der posterolateralen Kapsel von intraartikulär scharf an<br />

der Hinterseite des Femur durchzuführen, während das Knie in Extensionsstellung verharrt.<br />

Bei diesem Release-Schritt sollte die Sehne des Popliteus möglichst geschont<br />

werden (Delfico und Tria 1996, Peters et al 2001, Kanamiya et al 2002, Pape und Kohn<br />

2007). Whiteside (1993, 2004) empfiehlt ebenfalls ein Release der hinteren Kapsel vom<br />

femoralen Ansatz, führt dies aber in gebeugter Knieposition und unter direkter Sicht<br />

durch. Die posterolaterale Kapsel sollte vom Femur gelöst werden, weil das Risiko der<br />

Schädigung des Nervus peroneus bei einem Tibia-Release zu groß wäre (Whiteside<br />

2004).<br />

Abb.28. Kapsel-Release von seinem femoralen Ansatz zur Valguskorrektur (aus Whiteside<br />

2004).<br />

Ranawat präsentierte 1997 eine Release-Technik bei der mit einer Skalpellklinge kleine<br />

Inzisionen durch die straffe posterolaterale Kapsel in Extension durchgeführt werden.<br />

Eine effiziente Korrektur dieser Methode entsteht aber nur dann, wenn dasAußenband<br />

auch gelöst wird. Eine besondere Gefahr besteht bei dieser Methode für den Fibularis-


101<br />

nerv, der bei einer Deformität nur 7-9 mm von der posterolateralen Kapsel entfernt ist<br />

und bei diesen blinden Einstichen in die Kapsel verletzt werden kann (Ranawat 1997).<br />

Mihalko und Krackow (2000) berichten in ihrer Kadaverstudie, dass diese Technik der<br />

multiplen Einstiche erst deutliche Korrekturen eines Valgus ermöglicht, wenn mehr als<br />

7 Inzisionen (7-14) durchgeführt werden. Auch bei Clarke et al (2004), Clarke und Scuderi<br />

(2004) und Clarke et al (2005) wird die Pie-crust-Methode verwendet, wobei vor<br />

den multiplen Inzisionen in Kapsel und Tractus iliotibialis zuerst ein transverser Schnitt<br />

durch das Arcuatusband auf Höhe der tibialen Resektionsfläche in der posterolateralen<br />

Ecke gemacht wird, weil dieser Vorgang während des proximalen Tibiaknochenschnittes<br />

durchgeführt wird. Hier muss mit Vorsicht gehandelt werden, um den Popliteus<br />

nicht zu durchtrennen.<br />

Abb.29. Multiple Inzisionen in die lateralen Kapselstrukturen zur Valguskorrektur (aus<br />

Clarke et al 2004).<br />

Zum Release der Kapsel wird von mehreren Autoren ein Elektrokauter empfohlen (Elkus<br />

et al 2004, Fehring et al 2006, Pape und Kohn 2007). Clarke et al (2005) und Beverland<br />

(2006) lösen die Kapsel dagegen mit einer kleinen Klinge unter direkter Sicht.<br />

Whiteside (2004) verwendet zur Lösung der Kapsel vom posterioren Femur ein gebogenes<br />

Osteotom, das mit leichten Klopfschlägen gegen den femorale Ansatz der Kapsel<br />

geschlagen wird.<br />

Auswirkung des Release<br />

Die hintere Kapsel hat in Streckstellung des Kniegelenkes einen lateral stabilisierenden<br />

Effekt. Die Kadaverstudie von Kanamiya et al (2002) zeigt, dass ein Release der hinteren<br />

Kapsel zu einer deutlichen Lockerung in voller Extension und bei 30° Flexion füh-


102<br />

ren kann, während dies bei 60° und 90° Flexion nur minimal der Fall ist. In Extension<br />

hat ein Release der hinteren Kapsel auch einen ausgeprägten Effekt auf die Innen- und<br />

Außenrotation. Ein Release der posterolateralen Eckkapsel führt über den gesamten<br />

Flexionsbogen hinweg bei Innen- und Außenrotation zu einer Vergrößerung der lateralen<br />

Gelenklücke (Matsueda et al 1999, Kanamiya et al 2002).<br />

Klinik und Einsatz<br />

Bei Whiteside (1993) ist bei Kniegelenken mit Valgusdeformitäten unter 25° kein Release<br />

der posterolateralen Kapsel notwendig. Von den Kniegelenken mit präoperativem<br />

Valgus von über 25° erhielten 42% ein Release der posterolateralen Kapsel. Whiteside<br />

(1999) löst den lateralen Teil der hinteren Kapsel nur, wenn das Knie in Extension lateral<br />

zu straff ist und ein Tractus-Release keine Besserung erbringt. Dies ist bei 27% von<br />

231 Valgusknie dieser Studie notwendig.<br />

4.3.2.2.5 Lateraler Gastrocnemius<br />

Der M.gastrocnemius wird eher selten als eine der ersten Weichteilstrukturen gelöst,<br />

sondern ungleich häufiger als einer der letzten Strukturen einer Weichteilsequenz zur<br />

Korrektur einer starken Valgusdeformität.<br />

Technik des Release<br />

Der laterale Kopf des Gastrocnemius wird hierfür mit einem Osteotom von seinem femoralen<br />

Ansatz gelöst (Whiteside 1993, Murray und Rand 1993, Aglietti et al 1996,<br />

Favorito et al 2002).<br />

Abb.30. Release des lateralen Gastrocnemius-Kopfes vom Femur (aus Delfico und Tria<br />

1996).


Auswirkung des Release<br />

103<br />

Das Release des lateralen Gastrocnemius-Kopfes als letzter Struktur zur Korrektur einer<br />

Valgus-Deformität in der Kadaverstudie von Krackow und Mihalko (1999) führt zu<br />

einer relativ deutlichen lateralen Lückenerhöhung in Streckstellung des Kniegelenkes.<br />

Klinik und Einsatz<br />

Insall et al (1979) führen ein Release des lateralen Gastrocnemius als finalen Schritt<br />

einer Weichteil-Sequenz durch. Krackow et al (1991) und Favorito et al (2002) empfehlen<br />

ein Release dieses Muskelkomplexes nur, wenn die bleibende Deformität es nötig<br />

macht, was besonders bei schweren Flexionskontrakturen der Valgusdeformität der Fall<br />

sein kann.<br />

4.3.3.2.6 Biceps femoris<br />

Der Biceps femoris kann nach Whiteside (2004) durch seine Straffheit zu einer Extensionskontraktur<br />

beitragen und ein weiteres Release nötig machen.<br />

Ob ein Release des M. biceps femoris sinnvoll ist oder nicht, wird kontrovers diskutiert.<br />

Einige Autoren sind für ein Release des Biceps im Rahmen einer Korrektur eines Valgusknies,<br />

andere Autoren sprechen sich eher für einen generellen Erhalt des Biceps femoris<br />

aus (Tab. 28).<br />

Tab. 28: Release oder Erhalt des Biceps femoris<br />

Erhalt des Biceps femoris Release des Biceps femris<br />

Laurencin et al (1992) Laskin und Rieger (1989)<br />

Delfico und Tria (1996) Laskin (1990)<br />

Favorito et al (2002) Laurencin et al (1992)<br />

Whiteside (2002) Murray und Rand (1993)<br />

Delfico und Tria (1996)<br />

Peters et al (2001)<br />

Tria (2004)<br />

Meist wird ein Release des Biceps nur bei extremsten Valgusdeformitäten durchgeführt<br />

(Laskin 1990) und dann als letzte aller gelösten lateralen Weichteilstrukturen in der Sequenz<br />

zur Valguskorrektur (Peters et al 2001, Tria 2004).<br />

Favorito et al (2002) dagegen schreiben, dass ein Release des Biceps femoris generell<br />

nicht empfehlenswert sei. Wann immer möglich sollte nach Laurencin et al (1992) der<br />

Biceps intakt bleiben, damit der Peronealnerv vor einer Dehnung geschützt wird.


Technik des Release<br />

104<br />

Wenn der Biceps schließlich doch gelöst werden muss, wird dies von innerhalb des Gelenkes<br />

und unter Protektion des Peronealnerven durchgeführt, der hinter dem Biceps<br />

verläuft. Ein schrittweises Vorgehen ist hier zu empfehlen (Laskin u Rieger 1989, Murray<br />

und Rand 1993). Delfico und Tria (1996) und Peters et al (2001) bevorzugen ein<br />

Release des Biceps am Fibulaköpfchen. Dies kann entweder mit einem scharfen Release<br />

am Ansatz der Sehne oder mit einer gleitenden Osteotomie am proximalen Fibulaköpfchen<br />

durchgeführt werden. Bei über 1000 operierten Kniegelenken, war so ein Release<br />

des Biceps aber in keinem Fall nötig.<br />

Auswirkung des Release<br />

Der Effekt beim Release des Biceps auf die laterale Gelenklücke ist in Flexion deutlich<br />

höher als in Extension (Peters et al 2001).<br />

Klinik und Einsatz<br />

Whiteside (2002) empfiehlt ebenfalls den Biceps als lateralen Stabilisator in Extension<br />

zu erhalten, nachdem der Tractus wegen straffer Extensionslücke gelöst werden muss.<br />

Auch Delfico und Tria (1996) empfehlen den Biceps bei extremsten Deformitäten als<br />

letzte Struktur zu lösen. Er kann ansonsten auch erhalten werden und stattdessen alle<br />

anderen Strukturen der lateralen Seite beim Valgusknie gelöst werden. Bei Laurencin et<br />

al (1992) wird ein Release des Biceps aber immerhin bei 3% der schweren Valgusknien<br />

mit einer Ablösung proximal seines fibularen Ansatzes durchgeführt.<br />

4.3.3.2.7 Intermuskuläres Septum<br />

1979 wird von Insall et al ein Release des lateralen intermuskulären Septum als letzte<br />

Maßnahme der lateralen Weichteil-Release beim Valgusknie durchgeführt (Insall et al<br />

1979).<br />

4.3.3.2.8 Laterales Retinakulum<br />

Insall et al (1979) führen das longitudinale Release des lateralen Retinakulums routinemäßig<br />

durch. Auch nach Murray und Rand (1993) ist ein Release des lateralen Retinakulums<br />

beim Valgus häufig erforderlich. In den neueren Studien wird ein Release des<br />

lateralen Retinakulums kaum noch verwendet.


Zeitpunkt des Release<br />

105<br />

Bei schwerem Valgus kann ein laterales Retinakulum-Release bereits während der<br />

Knieeröffnung sehr häufig notwendig sein. Hierdurch wird die Patella mobilisiert, indem<br />

das straffe laterale Retinakulum zwischen lateralem Tibiofemoralgelenk und der<br />

Patella entspannt wird (Kumar und Dorr 1997).<br />

Technik des Release<br />

Die Durchführung des lateralen Retinakulum-Release wird von innerhalb des Kniegelenkes<br />

mit einer vertikalen Inzision in das laterale Retinakulum vollzogen, 2 cm lateral<br />

der lateralen Kante der Patella. Eine Verlängerung dieses Releases wird nach distal zur<br />

Gelenklinie und zum intermuskulären Septum nach proximal durchgeführt. EinRetinakulum-Release<br />

wird bei allen Patienten (10%) mit einem Valgus von 25-40° Deformität<br />

durchgeführt (Laurencin et al 1992).<br />

Healy et al (1998) führen bei der initialen Eröffnung des Kniegelenkes ein laterales Retinakulum-Release<br />

nach der "inside out"-Methode durch, damit die patellare Auswärtsdrehung<br />

gefördert wird. Bei dieser Methode empfehlen Easley et al (2000) auf die Unversehrtheit<br />

der oberen lateralen Geniculararterie zu achten.<br />

Abb.31. Vertikaler Schnitt in das Retinakulum (aus Politi und Scott 2004).<br />

Politi und Scott (2004) stellen mit ihrer Form des lateralen Retinakulum-Release eine<br />

Möglichkeit vor, mit der eine Valgusdeformität bereits allein durch ein Retinakulum-<br />

Release korrigiert werden könne. Dieses Release, das sie "cruciformes Retinakulum-<br />

Release" nennen, vermeidet ein Release von Außenband und Popliteus. Bei der Technik<br />

dieses Releases muss darauf geachtet werden, dass neben der üblichen vertikalen Kapsel-Inzision<br />

auch ein kleiner horizontaler Schnitt vollzogen wird, der den vertikalen<br />

Schnitt in der Mitte kreuzt un die Form eines Kreuzes einnimmt.


Auswirkung des Release<br />

106<br />

Dieses Release des lateralen Retinakulums kann einerseits zu einer weiteren Korrektur<br />

einer Valgusdeformität führen (Murray und Rand 1993, Politi und Scott 2004), andererseits<br />

allein zu einer leichteren Mobilisierung der Patella (Kumar und Dorr 1997, Healy<br />

et al 1998).<br />

Klinik und Einsatz<br />

Laurencin et al (1992) führen bei jedem der 25 Patienten ihrer Studie mit einem Valgus<br />

von mehr als 25° ein laterales Retinakulum-Release durch. Danach lösen sie die übrigen<br />

lateralen Strukturen je nach Notwendigkeit. Ein laterales retinakuläres Release wird bei<br />

43% der Valgusknie auch in der Studie von Easley et al (2000) durchgeführt. Bei Stern<br />

et al (1991) wird ein laterales Retinakulum-Release bei 76% der Patienten durchgeführt,<br />

wenn intraoperativ zusätzlich eine laterale Subluxation der Patella auftritt. Bei Insall et<br />

al (1979) wird beim "lateralen Patella-Release" nicht nur das Retinakulum inzidiert,<br />

sondern auch eine Durchtrennung der tiefen Fasern des Vastus lateralis durchgeführt.<br />

Ein laterales Retinakulum-Release ist bei Aglietti et al (1996) in 49% aller Valgusknie<br />

notwendig. Bei 77,1% der 35 Valgusknie mit über 15° Deformität hat das cruciforme<br />

Retinakulum-Release zur Korrektur des Valgus ausgereicht (Politi und Scott 2004).<br />

4.3.3.2.9 Hinteres Kreuzband<br />

Das HKB ist - obwohl "mediale Struktur" - beim Valgusknie häufig defekt oder überdehnt<br />

(Whiteside 2004). Wenn durch Balancierungsvorgänge zur Valguskorrektur die<br />

sekundären posterioren Stabilisatoren Popliteus und Außenband zusätzlich gelöst werden,<br />

kann das Valgusknie ohne funktionierendes HKB häufig posterior instabil werden<br />

(Whiteside 2004). Zu unterscheiden ist generell ein HKB-Release am Ende einer<br />

Weichteil-Maßnahme zur Korrektur einer Valgusdeformität, von einer Entfernung des<br />

HKB schon zu Beginn einer TEP-Implantation, weil eine schwere Deformität den Erhalt<br />

des hinteren Kreuzbandes gefährdet.<br />

Zeitpunkt des Release<br />

Das HKB kann bereits am Anfang eines Weichteil-Balancings gelöst werden, häufig<br />

aber auch erst am Ende einer Sequenz als ultima ratio einer Valguskorrektur.<br />

Aglietti et al (1996), Krackow und Mihalko (1999), Mihalko und Krackow (2000) und<br />

Clarke und Scuderi (2004) starten ihre lateralen Release-Sequenzen beim Valgusknie


107<br />

mit einer generellen Opferung des hinteren Kreuzbandes, indem es durch einen Schnitt<br />

am Tibiaplateau durchtrennt wird. Manche Operateure beginnen ihre Release-<br />

Sequenzen bereits mit einem Release des HKB, damit ein weniger ausgedehntes Release<br />

der anderen Weichteile von Nöten ist, um die Korrektur der Deformität zu erreichen.<br />

Solch ein initiales HKB-Release am Tibiaplateau wird auch von Scott (1994)<br />

empfohlen, wobei ein erneutes Release zu einem späteren Zeitpunkt bei einem immer<br />

noch angespannten HKB am femoralen Ursprung mit scharfer Dissektion erfolgen würde.<br />

Das HKB kann durch die Operationsvorgänge der TEP-Implantation gedehnt werden,<br />

was zu einem instabilen Knie führen kann. Deshalb wird es von einigen Autoren, welche<br />

anfänglich einen HKB-Erhalt angestrebt haben, häufig sekundär im Laufe der Operation<br />

entfernt (Aglietti et al 1996). Andererseits wird in den Kadaverstudien von Matsueda<br />

et al (1999) und Mihalko et al (2003) ebenso wie bei Buechel (1990) das HKB in<br />

allen Sequenzen als letzte Struktur gelöst.<br />

Technik des Release<br />

Das HKB wird meist an seinem tibialen Ansatz gelöst (Scott 1994, Aglietti et al 1996,<br />

Krackow und Mihalko 1999, Mihalko und Krackow 2000). Scott (1994) sowie Pape<br />

und Kohn (2007) schlagen auch ein Release am femoralen Ansatz vor. Dies wird aber<br />

erst dann durchgeführt, wenn das Release am tibialen Ansatz nicht den gewünschten<br />

Erfolg erbracht hat.<br />

Abb.32. Links: HKB-Release am tibialen Ansatz, rechts: HKB-Release am femoralen<br />

Ansatz (aus Bellemans et al 2005).


Auswirkungen des Release<br />

108<br />

Man sollte beim Release des hinteren Kreuzbandes bei vorherigem ausgedehntem lateralen<br />

Weichteil-Release darauf achten, dass sich dadurch die Flexionslücke unproportional<br />

erhöhen kann und folglich die Sprunghöhe des PE-Zapfens der posterior stabilisierten<br />

Prothese zu Stabilisation nicht mehr ausreicht (Mihalko et al 2003). In der Kadaverstudie<br />

von Matsueda et al (1999) löst vor allem das komplette HKB-Release an letzter<br />

Stelle einer Sequenz die höchste Lückenveränderung aller gelösten lateralen Weichteilstrukturen<br />

in Flexion aus. Dabei ist auch zu beachten, dass ein Release des HKB zu<br />

deutlichen Veränderungen der Flexionslücke sowohl der lateralen Seite als auch der<br />

medialen Seite führen kann. Insgesamt ist die Flexionslücke nach diesem Release immer<br />

größer als die Extensionslücke, weil das HKB bei der Knie-TEP in 90° Flexion<br />

immer mehr angespannt wird als in Extension. Das bedeutet, dass ein Release des HKB<br />

eine Valgusdeformität in 90° Flexion deutlicher beheben kann als in Extension.<br />

Klinik und Einsatz<br />

Whiteside (2004) berichtet, dass das HKB als mediales Ligament beim Valgusknie häufig<br />

gedehnt ist und deshalb beim Valgus folglich ersetzt werden sollte. Ist es bei Valgusdeformität<br />

normal beschaffen, wird es erhalten und eine dementsprechende Prothese<br />

verwendet. Ist es bei einer Valgusdeformität überdehnt, sei es durch eine Flexionskontraktur<br />

oder durch ein Recurvatum, wird es geopfert und ein HKBsubstituierendes<br />

Implantat verwendet (Healy et al 1998).<br />

Bei Politi und Scott (2004) wird das HKB nur bei 14,3% der Valgusknie durch ein partielles<br />

Release am Femur entfernt, um eine Balancing der Flexionslücke nach einem<br />

Retinakulum-Release zu erreichen. Auch bei Laurencin et al (1992) wird es vorerst erhalten<br />

und nur am Ende des Weichteil-Balancing zur Korrektur der Deformität wird es<br />

bei 16% der Valgusknie geopfert.<br />

Bei Whiteside (1999) wird bei präoperativem Valgus von unter 15° kein HKB exzidiert<br />

oder gelöst, weshab hier auch kein HKB-substituierendes Prothesendesign nötig war.<br />

Nur 5,6% der 231 Valgusknie in dieser Studie mit präoperativem Valgus von über 15°<br />

bekommen aufgrund ihrer schweren Deformität solch ein HKB-substituierendes Design.<br />

Selbst bei sehr schweren Valguskontrakturen mit kombinierter Laxizität der medialen<br />

Weichteile, wird bei Healy et al (1998) nur bei einem von 8 Valgusknien (12,5%) das<br />

HKB entfernt, bei 87,5% wird eine ungeführte Prothese verwendet und das HKB erhalten.<br />

Krackow et al (1991) berichten, dass eine HKB-erhaltende Prothese auch bei


109<br />

schwerem Valgus mit zufriedenstellender ligamentärer Stabilität verwendet werden<br />

kann. In einigen Fällen kann aber ein HKB-Release nötig werden, um die Korrektur und<br />

Balance des konkaven Weichteilrelease zu unterstützen.<br />

Delfico und Tria (1996) führen ein HKB-Release durch, wenn die Deformität weiterhin<br />

persistiert und wenn eine geführte Prothese die steigende Instabilität besser reduzieren<br />

kann. Trepte und Pflanzelt (2003) dagegen verwenden bei schwerer Deformität des<br />

Valgus und bereits erfolglosem Versuch die Fehlstellung mit dem lateralen Weichteil-<br />

Release zu korrigieren, eine posterior stabilisierte Prothese, weil dann das HKB reseziert<br />

werden muss.<br />

Bei Laurencin et al (1992) bekommen von 25 Patienten mit einem präoperativen Valgus<br />

von mehr als 25° 84% der Patienten eine Prothese mit erhaltenem HKB. Der Valgus<br />

konnte postoperativ bei 24 der 25 Patienten unter 10° Valgus korrigiert werden, 9 Knie<br />

zeigten deutliche Komplikationen. Stern et al (1991) implantierten bei 134 Patienten mit<br />

einem Valgus von mehr als 10° eine TEP ein und berichten, dass sie enorme Schwierigkeiten<br />

beim Erreichen der Korrektur mit der Femurkomponentenrotation haben, was auf<br />

die geschädigte Femurkondyle zurückzuführen ist. Deshalb bekamen 87% der Patienten<br />

ihrer Studie eine posterior stabilisierte Prothese eingesetzt.<br />

Wenn nach einer Korrektur einer präoperativen Valgusdeformität eine Instabilität vorherrscht,<br />

ist es nicht selten, dass dann eine Prothese eingesetzt wird, die eine größere<br />

Führung hat, um eine Dislokation zu vermeiden (Laurencin et al 1992). Bei älteren Patienten,<br />

die ein ausgedehntes Weichteil-Release benötigen, sollte nach Aglietti et al<br />

(1996) eine Prothese mit höherem Führungsgrad verwendet werden, die eine spezifischere<br />

mediolaterale Stabilität liefert. Eine posterior stabilisierte Prothese bietet zusätzlich<br />

eine Sicherheit gegen posterolaterale Subluxation in Flexion.<br />

4.3.3.2.10 Mediales Advancement<br />

Zeitpunkt des Release<br />

Wenn auf der lateralen Seite des Kniegelenkes die Release-Sequenzen beendet sind und<br />

immer noch eine Instabilität zwischen medialer und lateraler Seite vorherrscht, kann,<br />

noch bevor man zu einem stärker interkondylar geführten Implantat greift, als nächster<br />

Schritt zur Valguskorrektur eine Straffung der gedehnten medialen Weichteile durchgeführt<br />

werden (Krackow 1984). Da nach Insall und Easley (2002) dem Release und der


110<br />

Verlängerung von Ligamenten Grenzen gesetzt sind, kann zusätzlich eine Straffung<br />

oder Raffung von gedehnten Strukturen in Betracht gezogen werden. Wenn bei Valgusdeformität<br />

eine Flexionslücke deutlich kleiner ist als die Extensionslücke, empfehlen<br />

Healy et al (1998) neben einer HKB-Opferung auch eine Anhebung des Innenbandes.<br />

Technik des Release<br />

Beim medialen Advancement ist vor allem an ein Avancement des medialen Kollateralbandes<br />

zu denken (Krackow 1984, Krackow et al 1991).Dieses Band hat eine kleine<br />

Ursprungsfläche an der medialen Femurkondyle und einen breiten Ansatz an der proximalen<br />

Tibia, weshalb der proximale Ursprung an der Femurkondyle eher angehoben<br />

und zurückgesetzt werden sollte (Healy et al 1998). Das Innenband wird von seinem<br />

epikondylären Ursprung am Femur abgetrennt, um der Laxizität entgegenzuwirken. Um<br />

das Band dann an seiner neuen Stelle zu befestigen, wird eine sichernde Naht verwendet<br />

und eine chirurgische Klammer wird an den epicondylären Ursprung des Bandes gesetzt<br />

(Favorito et al 2002).<br />

Ein proximales Advancement des Innenbandes am Femur kann durch eine Abhebung<br />

des proximalen Ursprungs ohne Knochen durchgeführt werden. Durch eine Schraube<br />

und eine Bandfixationsnaht wird der Ansatz weiter proximal und etwas anterior befestigt<br />

und das Band dadurch gestrafft (Insall und Easley 2002). Bei dieser Proximalisierung<br />

und Ventralisierung des proximalen Innenband-Ansatzes muss zusätzlich zu einem<br />

anderen Prothesenmodell gegriffen werden, das eine höhere mediolaterale Stabilität<br />

gewährleistet (Krackow 1990).<br />

33 34<br />

35


111<br />

Abb.33. Krackow-Technik: Entfernung des proximalen Innenband-Ansatzes ohne Knochen<br />

(Insall und Scott 2002)<br />

Abb.34. Anfertigung der Ligament-Fixationsnaht (aus Krackow 1990).<br />

Abb.35. Nahttechnik nach Krackow: Verschiebung des femoralen Innenband-Ansatzes<br />

nach proximal (aus Eulert und Hassenpflug 2001).<br />

Das Innenband kann aber auch in der Mitte quer geteilt werden und die geteilten Enden<br />

werden wieder miteinander "verschuppt" (Favorito et al 2002)(Abb. 36).<br />

Abb.36. „Verschuppung“ des Innenbandes in 3 Schritten (aus Favorito et al 2002).<br />

Healy et al (1998) beschreiben eine Technik, bei der der Innenband-Ansatz mit einem<br />

Knochenstück von der femoralen Epikondyle zurückgesetzt wird. Dabei wird das Band<br />

mit einem Knochenstück nach proximal und lateral befördert und an der lateralen Kortex<br />

befestigt (Abb. 38). Diese Methode sollte eine Knochen-zu-Knochen-Heilung ermöglichen,<br />

damit das Innenband isometrisch gestrafft wird. Ein solches Advancement<br />

kann auch durch eine Abhebung des distalen Ansatzes des Innenbandes mit einem Knochenblock<br />

an der Tibia und einem weiter distaleren Transfer dieses Blockes durchgeführt<br />

werden (Insall und Easley 2002).<br />

Abb.37. Links: proximaler Transfer des Innenband-Ansatzes mit einem Knochenstück<br />

(aus Pritsch et al 1984), rechts: distaler Transfer des Innenband-Ansatz mit einem Knochenstück<br />

(aus Pritsch et al 1984).<br />

Healy et al (1998) beschreiben in ihrer Studie das Innenband-Advancement mit samt<br />

einem Knochenstück. Dabei wird mit einem Osteotom ein viereckiges Knochenstück


112<br />

samt dem femoralen Ansatz des Bandes, der sowohl den Ansatz des oberflächlichen als<br />

auch des tiefen Innenbandes enthält, von der Femurepikondyle hochgehoben. An der<br />

Stelle am Femur, von der das Knochenviereck samt Innenband angehoben wird, wird<br />

die Spongiosa der Femurkondyle 1-2 cm tief reingepresst und 2 kleine Bohrlöcher<br />

durch das distale Femur von der medialen zur lateralen Seite des Femurs gebohrt.<br />

Nachdem am Innenband und am daran hängenden Knochensegment eine Naht befestigt<br />

wurde, wird es anhand dieser Naht durch die kleinen Bohrlöcher, die durch das distale<br />

Femur ziehen, in das eingepresste Knochenbett wieder eingefügt. Dieses Mal aber sitzt<br />

das Knochensegment in seinem Knochenbett tiefer und wird je nach gewünschter Spannung<br />

des Innenbandes mehr oder weniger tief und fest in das eingepresste Knochenbett<br />

hineingezogen.<br />

1 2 3 4<br />

Abb.38. Proximales Advancement des Innenbandes mit Knochen nach Healy:<br />

1: Release des proximalen Innenband-Ansatzes mit einem Knochenstück, 2: Kompression<br />

der Spongiosa an der Entnahme-Stelle, 3: Ligament-Naht nach Krackow am Innenband<br />

(A+B), 4: Durchziehen der Fäden durch das Femur und Neuplatzierung im<br />

Knochenbett (aus Healy et al 1998).<br />

Solch ein Advancement des Innenbandes kann nicht nur am proximalen Femur durchgeführt<br />

werden, sondern auch an der distalen Tibia (Healy et al 1998). Dabei unterliegt es<br />

dem Willen und der Erfahrung des Operateurs, ob er eine proximale oder eine distale<br />

Anhebung des medialen Bandkomplexes durchführt (Krackow et al 1991). Aglietti et al<br />

(1996) bevorzugen ein Advancement der medialen Weichteilmanschette, bei dem der<br />

tibiale Ansatz eher nach distal versetzt wird als der femorale Ansatz nach proximal.


Auswirkungen des Release<br />

113<br />

Die Auswirkungen dieses medialen Advancements beziehen sich auf eine Verminderung<br />

der medialen Gelenklücke, um diese mediale Gelenklücke der lateralen Gelenklücke<br />

anzupassen.<br />

Klinik und Einsatz<br />

Bei Whiteside (1993) bekommen 11 von 19 Valgusknie mit präoperativer Deformität<br />

von mehr als 25° eine Überresektion der medialen Femurkondyle, damit dadurch das<br />

Risiko einer N. peroneus-Lähmung minimiert wird. Da aber dadurch eine mediale Laxizität<br />

provoziert wird, war in Whiteside`s Studie bei 6 dieser 11 Fälle (54,5%) ein Advancement<br />

des Innenbandes notwendig, um das mediale Kollateralband zu straffen und<br />

die Stabilität in Extension herzustellen. Bei Healy et al (1998) benötigen 12,5% der 64<br />

Valgusknie von mehr als 10° Deformität ein Advancement des Innenbandes. Murray<br />

und Rand (1993) berichten dagegen, dass ein solches Advancment eher sehr selten von<br />

Nöten war. Whiteside (1999) benötigt bei seiner klinischen Studie von 231 präoperativen<br />

Valgusknie kein einziges Advancement der medialen Weichteile.<br />

Dieses mediale Advancement ist technisch sehr anspruchsvoll und beeinflusst die<br />

Bandfestigkeit und seine Isometrie. Trotzdem wird es nach Favorito et al (2002) relativ<br />

häufig angewendet. Stern et al (1991) verwenden dagegen bei nicht adäquat balancierbaren<br />

Kollateralbändern keine Bandanhebung, sondern eine Prothese mit höherer Führung.<br />

Healy et al (1998) sehen die Methode eines medialen Weichteil-Advancements<br />

bei einer nicht geführten Prothese vor allem bei jungen aktiven Patienten indiziert, die<br />

von einer balancierten Flexions- und Extensionslücke, von balancierten Kollateralbändern<br />

und einer minimalen Prothesenführung profitieren würden. Ältere und weniger<br />

aktive Patienten bekommen eine weniger anspruchsvolle Versorgung mit Implantation<br />

eines geführten Implantats.<br />

Ein Problem des medialen Advancement ist die schwache Fixation am Knochen und das<br />

exakte Finden des Epizentrums der Rotation am Femur (Murray und Rand 1993, Aglietti<br />

et al 1996). Beim Innenband-Advancement muss auch davon ausgegangen werden,<br />

dass sich die Dauer der OP um durchschnittlich bis zu 40 Minuten verlängert (Krackow<br />

et al 1991, Aglietti et al 1996, Robbins et al 2001). Aus diesem Grund sollten die<br />

Weichteil-Advancements nach Murray und Rand (1993) so selten wie möglich durchgeführt<br />

werden. Es gibt nach Robbins et al (2001) auch ein Innenband-Advancement der


114<br />

proximalen und distalen Ansätze, die als sekundäre Maßnahmen schlechte Ergebnisse<br />

liefern, weshalb hier zum Erreichen einer Stabilität eher an eine höhere prothetische<br />

Führung als an ein ligamentäres Advancement gedacht werden sollte.<br />

4.3.3.2.11 Besonderheiten<br />

Wenn nach dem Release des Außenbandes und des Popliteus der N. peroneus zu<br />

"subluxieren" beginnt, sollte das Fibulaköpfchen reseziert werden (Buechel 1990). Dies<br />

wird als letzter Teil der 3-Schritt-Technik beim lateralen parapatellaren Zugang ausgeführt.<br />

Eine Resektion des Fibulaköpfchens am Hals des Knochens kann nach Buechel<br />

(1990) auch durchgeführt werden, wenn das gesamte Periost des Fibulaköpfchens als<br />

letzter Schritt des Weichteil-Release beim Valgusknie frei von Weichteilen ist. Da diese<br />

Resektion bei 90° Flexion durchgeführt wird, wird das Knie nach der Resektion in<br />

Streckstellung gebracht und geprüft, ob der N. peroneus in die Lücke gleitet, die durch<br />

diese Fibulaköpfchenresektion entstanden ist.<br />

Bei schwerer, überkorrigierter proximaler Valgus-Osteotomie der Tibia muss das<br />

Weichteil-Balancing bei einer Knie-TEP-Versorgung in modifizierter Art und Weise<br />

durchgeführt werden. Es muss ein komplexes ligamentäres Advancement durchgeführt<br />

werden, vor allem der posteromedialen Strukturen und des Innenbandes, wenn eine ungeführte<br />

Prothese eingesetzt wird. Dadurch wird folglich die OP-Dauer um 50% bis<br />

sogar um fast 100% verlängert. Dies wird durchgeführt, um den Einsatz einer geführten<br />

Prothese zu verhindern (Krackow und Holtgrewe 1990). Murray und Rand (1993) halten<br />

ein adäquates Weichteil-Release in Verbindung mit einer minimalen Knochenresektion<br />

der Tibia für eine ideale Behandlung. Das Kriterium, nach welchem man sich für<br />

den Grad der Führung der Prothese entscheidet, wird intraoperativ anhand der Weichteilbalance<br />

getroffen. Diese Situation gilt als äußerst schwierig und bedarf einer exakten<br />

präoperativen Planung und einer präzisen chirurgischen Technik für den gewünschten<br />

Erfolg (Murray und Rand 1993).


4.3.3.3 Weichteil-Sequenzen<br />

115<br />

Die Weichteil-Sequenzen zur Korrektur einer Valgus-Deformität variieren in der Literatur<br />

noch mehr als diejenigen bei einer Varus-Deformität (Tab. 29).<br />

Tab. 29: Unterschiedliche Reihenfolge von Release-Schritten bei der Valguskorrektur:<br />

(Antlat Kaspel: anterolaterale Kapsel, postlat Kapsel: posterolaterale Kapsel, lat Kapsel: laterale Kapsel,<br />

post Kapsel: posteriore Kapsel, lat. Retinakulum: laterales Retinakulum, intermusk. Septum: intermuskuläres<br />

Septum, Ost.: Osteophyten, HKB: hinteres Kreuzband, Tractus: Tractus iliotibialis,<br />

Außenband: laterales Kollateralband, Pop: Popliteus-Sehne, Biceps: Biceps femoris, Gastro: lateraler<br />

Kopf des Gastrocnemius, Fibula-Res.: Fibulaköpfchen-Resektion).<br />

Insall et<br />

al 1979<br />

Cameron<br />

und Harris<br />

1981<br />

Clayton<br />

et al 1986<br />

1 2 3 4 5 6 7<br />

Tractus Außenband lat Kapsel Pop<br />

post Kapsel<br />

intermusk.<br />

Septum<br />

Gastro<br />

Tractus<br />

Außenband<br />

+ Pop + lat<br />

Kapsel<br />

intermusk.<br />

Septum<br />

postlat<br />

Kapsel +<br />

Biceps<br />

Tractus Biceps<br />

Ranawat<br />

1988<br />

Tractus<br />

Gastro<br />

Pop +<br />

Außenband<br />

post Kapsel<br />

Gastro<br />

Laskin<br />

und Rieger<br />

1989<br />

Ost. Lat Kapsel Tractus<br />

Außenband+<br />

Pop<br />

Biceps<br />

Buechel<br />

1990<br />

Tractus<br />

Außenband<br />

+ Pop<br />

Fibula-<br />

Res.<br />

HKB<br />

Keblish<br />

1991<br />

Tractus<br />

postlat<br />

Kapsel<br />

Fibula-<br />

Res.<br />

Krackow<br />

et al 1991<br />

Tractus Außenband Pop<br />

postlat<br />

Kapsel<br />

Gastro<br />

Laurencin<br />

et al 1992<br />

lat. Retinakulum<br />

Tractus Pop Außenband Biceps<br />

Murray<br />

und Rand<br />

1993<br />

Ost. Tractus<br />

Pop +<br />

Außenband<br />

postlat<br />

Kapsel +<br />

Gastro<br />

Biceps<br />

lat. Retinakulum<br />

Whiteside<br />

1993<br />

Tractus Pop Außenband Gastro<br />

post Kapsel<br />

Aglietti et<br />

al 1996<br />

HKB Tractus Außenband Pop<br />

postlat<br />

Kapsel<br />

Gastro<br />

Delfico<br />

und Tria<br />

1996<br />

Kumar<br />

Außenband<br />

postlat<br />

Kapsel<br />

Tractus HKB Pop Biceps<br />

und Dorr<br />

1997<br />

Tractus lat Kapsel Pop Ost. Außenband<br />

Healy et<br />

al 1998<br />

Ost. Tractus Pop<br />

postlat<br />

Kapsel<br />

HKB<br />

Whiteside<br />

1999<br />

Außenband Pop Tractus<br />

postlat<br />

Kapsel<br />

Burke<br />

und<br />

O`Flynn<br />

2001<br />

Tractus Pop Außenband<br />

postlat<br />

Kapsel +<br />

PCL<br />

Biceps<br />

Peters et<br />

al 2001<br />

(4er)<br />

HKB Tractus<br />

Pop +<br />

Außenband Biceps<br />

Peters et<br />

al 2001<br />

(5er)<br />

HKB<br />

postlat<br />

Kapsel<br />

Tractus Pop Außenband<br />

Favorito Außenband Pop postlat Gastro Tractus


116<br />

et al 2002 Kapsel<br />

Whiteside<br />

2002<br />

Trepte<br />

Außenband Pop Tractus<br />

postlat<br />

Kapsel<br />

und<br />

Pflanzelt<br />

2003<br />

Außenband Tractus HKB<br />

lat. Retinakulum<br />

Clarke<br />

und Scuderi<br />

2004<br />

Postlat<br />

Kapsel<br />

Tractus lat Kapsel Außenband<br />

Lombardi<br />

et al 2004<br />

Ost. Tractus<br />

postlat<br />

Kapsel<br />

Pop Außenband<br />

lat. Retinakulum<br />

Tria 2004 Tractus Außenband<br />

post<br />

Kaspel<br />

HKB Pop Biceps<br />

Clarke et<br />

al 2005<br />

postlat<br />

Kapsel<br />

Tractus lat Kapsel Außenband<br />

Fehring<br />

2006<br />

postlat<br />

Kapsel<br />

Tractus Außenband Pop<br />

Pape und<br />

Kohn<br />

2007<br />

Ost. HKB<br />

postlat<br />

Kapsel<br />

Tractus Außenband<br />

Matsueda<br />

et al 1999<br />

(Kadaver)<br />

Mihalko<br />

antlat Kapsel<br />

+ Tractus<br />

postlat<br />

Kapsel<br />

Außenband<br />

+ Pop<br />

HKB<br />

und Krackow<br />

2000<br />

(Kadaver)<br />

HKB<br />

postlat<br />

Kapsel<br />

Außenband Pop<br />

Mögliche gemeinsame Tendenzen und deutliche Unterschiede verschiedener Sequenzen<br />

zum Weichteil-Balancing des Valgusknies sollen in folgenden Kapiteln dargestellt und<br />

beschrieben werden.<br />

4.3.3.3.1 Osteophyten-Entfernung<br />

Bei den Kniegelenken mit Valgusdeformität gibt es gewöhnlich weniger Osteophyten<br />

als beim Varusknie (Beverland 2006). Der Zeitpunkt der Osteophyten-Entfernung wird<br />

von den Autoren unterschiedlich angegeben.<br />

Tab. 30: Zeitpunkt der Osteophyten-Entfernung<br />

Osteophyten-Entfernung vor dem Weichteil-release Osteophyten-Entfernung nach dem Weichteil-Release<br />

Murray und Rand (1993) Kumar und Dorr (1997)<br />

Healy et al (1998)<br />

Favorito et al (2002)<br />

Trepte und Pflanzelt (2003)<br />

Pape und Kohn (2007)<br />

Am Anfang des Weichteil-Balancings steht auch beim Valgusknie die Entfernung der<br />

Osteophyten von Tibia und Femur (Murray und Rand 1993, Healy et al 1998, Favorito<br />

et al 2002, Trepte und Pflanzelt 2003, Pape und Kohn 2007).<br />

Dieser Vorgang ist besonders wichtig für die adäquate Bestimmung der Weichteilspannung<br />

der lateralen Knieseite, weil Osteophyten die Spannung der Bänder und Kapsel<br />

HKB


117<br />

verfälschen können (Whiteside 1993). Bei Kumar und Dorr (1997) werden die Osteophyten<br />

nach dem Weichteil-Release, aber noch vor den Knochenschnitten durchgeführt.<br />

4.3.3.3.2 1. gelöste Struktur<br />

4.3.3.3.2.1 Hinteres Kreuzband<br />

Das HKB kann zur Korrektur eines Valgusknies bereits als allererster Schritt in einer<br />

Weichteil-Sequenz durchgeführt werden. Dies wird allerdings kontrovers diskutiert, ob<br />

es in dieser Phase des Weichteil-Balancings gelöst oder ob es geschont werden sollte.<br />

Tab. 31: HKB-Release oder –Erhalt<br />

HKB als erster Schritt im Weichteil-Balancing Schonung des HKB<br />

Scott (1994) Krackow et al (1991)<br />

Aglietti et al (1996) Politi und Scott (2004)<br />

Peters et al (2001)<br />

Clarke und Scuderi (2004)<br />

Pape und Kohn (2007)<br />

Bei Scott (1994), Aglietti et al (1996) und Peters et al (2001) wird das Release des HKB<br />

als erster Release-Schritt routinemäßig beim Weichteil-Balancing zur Korrektur des<br />

Valgusknie durchgeführt. Auch Clarke und Scuderi (2004) lösen das HKB vor ihrer Piecrust-Methode<br />

und verwenden dann eine posterior stabilisierte Prothese.<br />

Krackow et al (1991) und Politi und Scott (2004) befürworten dagegen eher eine anfängliche<br />

Schonung des hinteren Kreuzbandes mit konsekutiv minimaler Führung der<br />

Prothese.<br />

4.3.3.3.2.2 Laterales Retinakulum<br />

Einige Autoren führen als ersten Schritt des Weichteil-Balancings ein Release des lateralen<br />

Retinakulums durch.<br />

Tab. 32: Retinakulum-Release<br />

Release des lateralen Retinakulums als erster Schritt des Weichteil-Balancings<br />

Insall et al (1979)<br />

Laurencin et al (1992)<br />

Healy et al (1998)<br />

Politi und Scott (2004)<br />

Bei schwerem Valgus wird das laterale Retinakulum bei der Knieeröffnung gelöst, um<br />

die patellare Auswärtsdrehung zu fördern (Healy et al 1998). Laurencin et al (1992)<br />

lösen bei 100% ihrer Patienten als ersten Release-Schritt das laterale Retinakulum von


118<br />

innerhalb des Kniegelenkes mit einer vertikalen Inzision. Politi und Scott (2004) führen<br />

ein "cruciformes Release" des Retinakulums als ersten Release-Schritt durch, sowohl<br />

zum Balancing der Extensionslücke als auch zum Balancing der Flexionslücke.<br />

Nachdem auch Insall (1979) ein routinemäßiges Retinakulum-Release empfahl, führten<br />

Aglietti et al (1996) dieses Release nur bei 49% ihrer Patienten durch, Stern et al (1991)<br />

bei 76%.<br />

4.3.3.3.2.3 Pie-crust-Technik<br />

Bei der so genannten Pie-crust-Technik, die von Insall initial vorgestellt wurde, wird als<br />

erster Schritt in Extension die posterolaterale Kapsel transversal eingeschnitten. Danach<br />

wird bei unbalancierter Extensionslücke der Tractus iliotibialis mit multiplen Inzisionen<br />

verlängert (Scuderi und Insall 1995, Elkus et al 2004). Auch Clarke et al (2004), Clarke<br />

und Scuderi (2004) und Clarke et al (2005) verwenden die Pie-crust-Methode, führen<br />

dabei eine transversale Inzision des Ligamentum arcuatum in der posterolateralen Ecke<br />

durch. Danach werden der Tractus iliotibialis und die laterale Kapsel mit multiplen Stichinzisionen<br />

verlängert.<br />

Abb.39. "Pie-crust-Technik" (aus Scuderi und Tria 2006).<br />

Abb.40. Multiple Stiche in Tractus (I) und Kapsel. Transverse Inzision des Arcuatusbandes<br />

(A) , unter Schonung des Popliteus (P) (aus Clarke und Scuderi 2004).<br />

Tab. 33: Pie-crust-Methode<br />

Durchführung der Pie-crust Methode zur Korrektur des Valgusknies<br />

Scuderi und Insall (1995)<br />

Miyasaka et al (1997)<br />

Mihalko und Krackow (2000)<br />

Clarke et al (2004)<br />

Clarke und Scuderi (2004)<br />

Elkus et al (2004)<br />

Clarke et al (2005)


119<br />

Nach Clarke et al (2005) ist diese Methode in besonderem Maße bei Kniegelenken mit<br />

Deformitäten von unter 20° geeignet.<br />

4.3.3.3.2.4 Tractus iliotibialis<br />

Einige Autoren empfehlen ein Release des Tractus iliotibialis als ersten Schritt bei einer<br />

Weichteil-Sequenz, wobei es auch Autoren gibt, die diesen Schritt kritisch sehen.<br />

Tab. 34: Zeitpunkt des Tractus-Release<br />

Als 1.Schritt Als letzter Schritt Tractus-Schonung<br />

Cameron und Harris (1981) Favorito et al (2002) Insall (1981)<br />

Laskin und Rieger (1989)<br />

Kumar und Dorr (1997)<br />

Healy et al (1998)<br />

Beverland (2006)<br />

Bereits Anfang der 80er Jahre lösen Cameron und Harris (1981) den Tractus als erste<br />

laterale Struktur in der Release-Sequenz. Laskin und Rieger (1989), Kumar und Dorr<br />

(1997) genauso wie Healy et al (1998) führen in der Folgezeit ebenfalls als ersten<br />

Schritt des Balancings das Release des Tractus durch.<br />

Andere Autoren wie Favorito et al (2002) und Beverland (2006) lösen den Tractus dagegen<br />

erst als letzten Schritt der Release-Maßnahme. Berverland (2006) löst den Tractus<br />

zur Valguskorrektur aber eher selten, Insall (1981) empfiehlt sogar diese Struktur<br />

generell zu erhalten, wenn nicht eine Außenrotationsdeformität beim Valgus vorliegt.<br />

4.3.3.3.2.5 Außenband<br />

Auch beim Außenband werden in der Literatur unterschiedliche Angaben zum Zeitpunkt<br />

gemacht, zu welchem diese Struktur gelöst werden soll. Die Angaben sind so<br />

unterschiedlich, dass einige Autoren es als erste Struktur lösen wollen, andere wiederum<br />

erst nach dem Release anderer lateraler Weichteile oder manchmal aber auch überhaupt<br />

nicht.<br />

Tab. 35: Zeitpunkt des Außenband-Release<br />

Als erste gelöste<br />

Struktur<br />

Delfico und Tria<br />

(1996)<br />

Krackow und<br />

Mihalko (1999)<br />

Whiteside (1999)<br />

Mihalko et al<br />

(2003)<br />

Nach dem Tractus- Nach dem Pie-crust Als letzte gelöste<br />

Release<br />

Struktur<br />

Laskin (1990) Mihalko und Kra- Kumar und Dorr<br />

ckow (2000) (1997)<br />

Fehring (2006) Pape und Kohn<br />

(2007)<br />

Erhalt des Außenbandes<br />

Ritter (1990)


120<br />

Das Release des Außenbandes als erste Struktur sollte bei lateraler Straffheit in Flexion<br />

durchgeführt werden (Whiteside 1999). Auch Delfico und Tria (1996), Krackow<br />

und Mihalko (1999) und Mihalko et al (2003) bevorzugen dieses Release als ersten<br />

Schritt. Dagegen wird auch berichtet, dass ein Außenband-Release als erste Maßnahme<br />

der Sequenz zu einer mehr schrittweisen, abgestufteren Korrektur führen wird. Ein Release<br />

von Sekundärstabilisatoren vor dem Release des Außenbandes als Hauptstabilisator<br />

führt zu einer insuffizienten Korrektur, was im Folgenden zu Überkorrektur und<br />

Instabilität führen kann (Krackow und Mihalko1999, Whiteside 1999, Mihalko et al<br />

2000, Mihalko et al 2003).<br />

Kumar und Dorr (1997) und Pape und Kohn (2007) führen ein Außenband-Release dagegen<br />

als letzten Weichteil-Releasechritt durch, nachdem bereits vorher Strukturen wie<br />

der Tractus, der Popliteus, die Kapsel oder das HKB gelöst wurden.<br />

Ritter (1990) wiederrum empfiehlt einen Erhalt des Außenbandes, weil bei einem Release<br />

ansonsten die Verwendung einer geführten Prothese für die Rotationsstabilität<br />

notwendig werden würde, was möglichst vermieden werden sollte. Andere Autoren<br />

sehen ein Außenband-Release eben erst als zweite zu lösende Struktur. Laskin (1990)<br />

und Fehring (2006) lösen das Außenband direkt nach dem Tractus iliotibialis. Mihalko<br />

und Krackow (2000) lösen es nach ihrem Pie-crust-Vorgang.<br />

4.3.3.3.3 Beziehung von Außenband zu Popliteus<br />

Auch über die Beziehung des Außenbandes zum Popliteus bei einer Weichteil-Release-<br />

Sequenz zur Valguskorrektur gibt es unterschiedliche Angaben in der Literatur. Zum<br />

einen werden das Außenband und der Popliteus auf Grund ihrer gemeinsamen Funktionen<br />

in einem Schritt gelöst oder in nah aufeinander abfolgenden Release-Schritten. Zum<br />

anderen werden sie jedoch auch zu unterschiedlichen Zeitpunkten in einer Weichteil-<br />

Sequenz gelöst.<br />

Das Außenband und der Popliteus, die wichtigen Stabilisatoren in Flexion, werden<br />

von einigen Autoren in einem Release-Schritt zusammen, direkt aufeinander folgend,<br />

vom Femur gelöst (Tab. 36). Weil keine anderen Strukturen solch eine deutliche Stabilität<br />

in Flexion bieten, wird bei lateraler Straffheit nur in Flexion zuerst das Außenband,<br />

danach der Popliteus gelöst. Dies ist bei Whiteside (1999) aber nur bei 1% der Valgusknie<br />

notwendig. Bei alleiniger lateraler Straffheit in Flexion werden bei Whiteside<br />

(2002) zuerst der Popliteus und danach das Außenband gelöst. Beide Strukturen werden<br />

in Kniegelenken gelöst, die sowohl in Flexion als auch in Extension eine zu straffe late-


121<br />

rale Lücke aufweisen, weil beide sowohl in Flexion als auch in Extension eine varusstabilisierende<br />

Funktion und einen rotatorischen Effekt haben. Der Popliteus wird dabei<br />

vor dem Außenband gelöst. Dies führt bei den meisten Valguskniegelenken bereits zu<br />

einer erfolgreichen Korrektur. Ist der Streckspalt deutlich straffer als der Beugespalt<br />

wird das Außenband vor dem Popliteus gelöst (Whiteside 1999, Whiteside 2004). Miyasaka<br />

et al (1997) und Politi und Scott (2004) lösen das Außenband und den Popliteus<br />

ebenfalls direkt nacheinander, was bei letzten aber nur bei 8,6% der Patienten ihrer Studie<br />

vorkommt.<br />

Tab. 36: Verhältnis der Release-Vorgänge von Außenband und Popliteus<br />

Release direkt nacheinander Release sequentiell getrennt voneinander<br />

Buechel (1990) Delfico und Tria (1996)<br />

Laurencin et al (1992) Kumar und Dorr (1997)<br />

Murray und Rand (1993) Tria (2004)<br />

Aglietti et al (1996)<br />

Miyasaka et al (1997)<br />

Matsueda et al (1999)<br />

Whiteside (1999)<br />

Peters et al (2001)<br />

Whiteside (2002)<br />

Mihalko et al (2003)<br />

Politi und Scott (2004)<br />

Whiteside (2004)<br />

Fehring (2006)<br />

Whiteside (2004) berichtet, dass nach dem Release des Popliteus immer sofort die Wirkung<br />

dieses Releases getestet werden muss, denn durch seine sekundäre Anhaftung an<br />

Außenband und Kapsel kann der Popliteus nur 5-10 mm nach hinten rutschen und kann<br />

deshalb zu einem unbefriedigenden Release-Ergebnis führen. Danach muss folglich ein<br />

Release des Außenbandes oder Kapsel durchgeführt werden.<br />

Außenband und Popliteus können dagegen auch deutlich getrennt von einander gelöst<br />

werden. Insalls Forschungsgruppe soll 1995 in unpublizierten Daten eine Technik verwendet<br />

haben, bei der sie die Popliteus-Sehne im Gegensatz zum Außenband schonen<br />

und dadurch eine größere Stabilität in Flexion ermöglicht haben (Delfico und Tria<br />

1996). Delfico und Tria (1996) und Tria (2004) machen ebenfalls am Valgusknie die<br />

eigene Erfahrung, dass ein Release von Außenband und Popliteus in separaten Release-<br />

Vorgängen das Beste für die Stabilität des Kniegelenkes wäre. Bei Kumar und Dorr<br />

(1997) wird z.B. der Popliteus deutlich vor dem Außenband gelöst.


122<br />

Abb.41. Gemeinsames Release von Außenband und Popliteus an deren femoralen Ansätzen<br />

(gestrichelte Linie) (aus Whiteside 2004).<br />

4.3.3.3.4 Beziehung zwischen Außenband, Popliteus und Tractus iliotibialis<br />

Es gibt auch unterschiedliche Angaben über die Reihenfolge von Außenband und Popliteus<br />

auf der einen Seite und dem Tractus iliotibialis auf der anderen Seite. Dabei ist zu<br />

beachten, dass zum einen die Beziehung zwischen dem Tractus iliotibialis und dem Außenband<br />

allein beschrieben wird, anderseits aber auch zwischen dem Tractus und dem<br />

Außenband zusammen mit dem Popliteus (Tab. 37).<br />

Tab. 37: Verhältnis von Außenband-/Popliteus- und Tractus-Release<br />

Außenband-und Popliteus-Release<br />

vor dem<br />

Tractus-Release<br />

Außenband-Release-vor<br />

dem Tractus-Release<br />

Tractus-Release vor dem<br />

Außenband und Popliteus-Release<br />

Tractus-Release vor<br />

dem Außenband-<br />

Release<br />

Aglietti et al (1996) Hungerford et al (1983) Insall et al (1979) Laskin (1990)<br />

Whiteside (1999) Delfico und Tria (1996) Laskin und Rieger (1989) Tria (2004)<br />

Favorito et al (2002) Trepte und Pflanzelt<br />

(2003)<br />

Buechel (1990) Clarke et al (2005)<br />

Whiteside (2002) Krackow et al (1991) Pape und Kohn (2007)<br />

Whiteside (2004) Laurencin et al (1992)<br />

Whiteside (1993)<br />

Murray und Rand (1993)<br />

Aglietti et al (1996)<br />

Kumar und Dorr (1997)<br />

Miyasaka et al (1997)<br />

Matsueda et al (1999)<br />

Fehring (2006)<br />

Nach Aglietti et al (1996) wurden in den frühen 80er Jahren das Außenband und der<br />

Popliteus gemeinsam als erstes vom Femur gelöst und, wenn dieser Schritt keine Korrektur<br />

der Deformität erbrachte, der Tractus direkt danach von der Tibia. Whiteside<br />

(1999) löst Außenband und Popliteus ebenfalls vor dem Tractus, wenn das Knie lateral


123<br />

sowohl in Flexion als auch in Extension straff ist, was auch bei 82% der Patienten dieser<br />

Studie der Fall ist. Dabei wird der Tractus nur dann gelöst, wenn das Release des<br />

Außenbandes und des Politeus keine adäquate Korrektur erbringt und weil es für eine<br />

erwünschte zusätzliche Stabilität der Extensionslücke wegen seiner oberflächlichen Lage<br />

die am leichtesten zu erreichende Struktur ist. Whiteside (2002, 2004) berichtet, dass<br />

bei gleichzeitiger Straffheit in Flexion und Extension, zuerst die straffe Flexionslücke<br />

korrigert werden soll, was ebenfalls mit dem Release von Außenband und Popliteus<br />

erreicht wird. Erst danach wird die straffe Extensionslücke mit dem Release des Tractus<br />

und der lateralen hinteren Kapsel korrigiert.<br />

Aglietti et al (1996) sehen dagegen als neuesten Trend, dass zuerst der Tractus gelöst<br />

wird und erst danach das Außenband und der Popliteus. Dieser wird von Insall bereits<br />

1979 publiziert. Whiteside (1993) führt in seiner klinischen Studie als ersten Release-<br />

Schritt ebenfalls den des Tractus durch, wenn das Knie in Extension lateral zu straff ist.<br />

Damit wird der Tractus bei allen Valgusknien unabhängig vom Deformitätsgrad dieser<br />

Studie gelöst, bei 54% der Knie mit einer Valgusdeformität unter 15° hat dieses Release<br />

allein zur Korrektur des Valgus ausgereicht. Wenn die laterale Lücke straff bleibt, wird<br />

das Knie im Folgenden gebeugt und das Außenband und der Popliteus vom Femur gelöst.<br />

Dies ist bei 95% der Valgusknie mit einer Deformität über 15° bei dieser Studie<br />

erforderlich. Laurencin et al (1992) lösen zuerst den Tractus mit einer horizontalen Inzision<br />

auf Gelenksebene, was bei 76% der Valgusknie nötig war, und gehen dann erst<br />

zum Release von Außenband und Popliteus über, welches bei 53% der Patienten direkt<br />

an deren femoralen Ursprung durchgeführt wird.<br />

Wenn man allein das Release von Tractus und Außenband gegenüberstellt, sieht es in<br />

der Literatur ebenfalls nicht einheitlich aus. Bei Delfico und Tria (1996) wird das Tractus-Release<br />

erst nach dem Release des Außenbandes durchgeführt, aber noch vor<br />

dem Popliteus-Release. Trepte und Pflanzelt (2003) lösen bei ihrem Weichteil-Release<br />

zuerst das Außenband, erst danach wird der Tractus gelöst, was auch von Hungerford et<br />

al (1983) bestätigt wird..<br />

Von Laskin (1990) und Tria (2004) wird degegen zuerst der Tractus gelöst und danach<br />

erst das Außenband. Auch Pape und Kohn (2007) lösen den Tractus zuerst zur<br />

Korrektur des Extensionsspaltes, dann anfänglich auch bei der Balancierung des Flexionsspaltes<br />

und gehen danach erst zur Ablösung des lateralen Seitenbandes über (Tab.<br />

37).


4.3.3.3.5 Kapsel<br />

124<br />

Bei ungenügender Korrektur der Deformität durch die vorher gelösten Strukturen empfehlen<br />

Aglietti et al (1996) und Healy et al (1998) das Release der posterolateralen Kapsel.<br />

Dabei wird die Kapsel von verschiedenen Autoren zu unterschiedlichen Zeitpunkten<br />

und bei unterschiedlichen Gelegenheiten durchgeführt.<br />

Tab. 38: Zeitpunkt des Kapsel-Release<br />

Nach dem Release von Tractus,<br />

Außenband und Popliteus<br />

Zwischen den Release-Schritten<br />

von Tractus, Außenband und<br />

Popliteus<br />

Nur bei straffer Extensionslücke<br />

Insall et al (1979) Delfico und Tria (1996) Whiteside (1999)<br />

Krackow et al (1991) Kumar und Dorr (1996) Whiteside (2002)<br />

Murray und Rand (1993) Matsueda et al (1999) Fehring (2006)<br />

Favorito et al (2002) Pape und Kohn (2007)<br />

Da die posterolateralen Kapselstrukturen nur in voller Extension straff sind, werden sie<br />

nur bei lateraler Straffheit in Extension gelöst, wenn das Tractus-Release alleine nicht<br />

den gewünschten Erfolg gerbracht hat (Whiteside 1999, 2002). Auch Pape und Kohn<br />

(2007) lösen die posterolaterale Kapsel zur Korrektur des Extensionsspalts, wenn ein<br />

Release des HKB vorher nicht ausreicht. Fehring (2006) und Beverland lösen die posterolaterale<br />

Kapsel ebenfalls zur Korrektur der Extensionslücke, führen diesen Vorgang<br />

aber bereits als ersten Schritt in ihrer Weichteil-Sequenz zur Valguskorrektur durch.<br />

Insall et al (1979), Krackow et al (1991) und Murray und Rand (1993) empfehlen ebenfalls<br />

nach dem erfolgten Release von Tractus iliotibialis, Außenband und Popliteus bei<br />

nicht erfolgter Valguskorrektur, die Lösung der posterolateralen Kapsel. Weitere unterschiedliche<br />

Release-Zeitpunkte der posterolateralen Kapsel sind bei Favorito et al<br />

(2002) nach dem Außenband- und Popliteus-Release bei Flexionskontrakturen, bei Delfico<br />

und Tria (1996) nach dem Außenband-Release, aber noch vor dem Tractus-Release<br />

und bei Kumar und Dorr (1997) nach dem anfänglichen Tractus-Release, aber noch vor<br />

dem Popliteus-Release.<br />

4.3.3.3.6 Letzter Schritt<br />

Nach Whiteside (2002) können bei erfolgtem Release aller statischen lateralen Stabilisationstrukturen<br />

der Biceps femoris, der laterale Gastrocnemius und die tiefe Faszie das<br />

Knie solange sekundär unterstützen, bis die Kapselheilung beendet ist. Diese Strukturen<br />

können aber auch als weiterer Korrekturversuch beim Valgusknie gelöst werden.


4.3.3.3.6.1 Lateraler Gastrocnemius<br />

125<br />

Der laterale Gastrocnemius wird von einigen Autoren als diejenige Struktur angesehen,<br />

die am Ende einer Weichteil-Sequenz gelöst werden kann, damit eine Korrektur des<br />

Valgusknies erreicht wird.<br />

Tab. 39: Zeitpunkt des lateralen Gastrocnemius-Release<br />

Als letzte Struktur In der Mitte einer Weichteil-Sequenz<br />

Insall et al (1979) Whiteside (1993)<br />

Krackow et al (1991)<br />

Murray und Rand (1993)<br />

Aglietti et al (1996)<br />

Favorito et al (2002)<br />

Als letzte gelöste Struktur in der Release-Sequenz sehen Insall et al (1979) und Aglietti<br />

et al (1996) ein Release des lateralen Kopfes des M. gastrocnemius vom Femur vor.<br />

Auch Murray und Rand (1993) führen das Release des lateralen Gastrocnemiuskopfes<br />

durch, wenn außer den anfangs gelösten Strukturen wie Außenband, Popliteus und<br />

Tractus auch die posterolaterale Kapsel bereits gelöst ist. Krackow et al (1991) und Favorito<br />

et al (2002) sehen dieses Release nach einem Kapsel-Release vor allem bei begleitender<br />

Flexionskontraktur von Nöten. Whiteside (1993) dagegen löst den lateralen<br />

Gastrocnemiuskopf zur Valguskorrektur zusammen mit dem Außenband und dem<br />

Popliteus in Flexion noch bevor die posteromedialen Kapsel gelöst wird (Tab. 39).<br />

4.3.3.3.6.2 Biceps femoris<br />

Murray und Rand (1993) führen als letzten Schritt ihrer Weichteil-Releasechritte die<br />

stufenweise Verlängerung des Biceps femoris durch, nachdem bereits vorher der<br />

Gastrocnemius gelöst wurde. Der Biceps gilt als eine Struktur der lateralen Knieseite,<br />

die eigentlich erhalten werden sollte, aber von manchen Autoren zur Korrektur einer<br />

schweren Valgusdeformität gelöst wird.<br />

Tab. 40: Release oder Erhalt des Biceps femoris<br />

Release des Biceps als letzte Struktur Erhalt des Biceps<br />

Cameron und Harris (1981) Favorito et al (2002)<br />

Laurencin et al (1992) Whiteside (2002)<br />

Murray und Rand (1993)<br />

Auch Cameron und Harris (1981) lösen den sehnigen Teil des Biceps femoris als letzte<br />

Struktur in ihrer Release-Sequenz. Laurencin et al (1992) lösen den Biceps in 3% der


126<br />

Valgusknie ihrer Studie als letzte Struktur von seinem fibularen Ursprung, was aber nur<br />

bei einem von 25 Valgusknien mit präoperativem Valgus von über 25° vorkam.<br />

Delfico und Tria (1996) und Favorito et al (2002) halten es dagegen häufig für notwendig,<br />

bis auf den Biceps alle anderen lateralen Strukturen zu lösen und dessen Release<br />

möglichst zu vermeiden. Auch Whiteside (2002) empfiehlt bei einer Straffheit in Extension<br />

den Biceps als lateralen Stabilisator in Extension zu behalten, nachdem der Tractus<br />

iliotibialis bereits gelöst wurde. Nur in Fällen der extremsten Deformität ist es notwendig,<br />

den Biceps entweder am fibularen Ansatz scharf oder durch Osteotomie des proximalen<br />

Fibulaköpfchens zu lösen, was aber bei mehr als 1.000 Knie-TEPs nicht einmal<br />

nötig war (Delfico und Tria 1996).<br />

4.3.3.3.6.3 Resektion des Fibulaköpfchens<br />

Buechel (1990) führen als letzten Schritt der 3-Schritt-Technik einer lateralen Release-<br />

Technik nach dem lateralen Zugang eine Resektion des Fibulaköpfchens durch. Auch<br />

Laskin (1990) spricht von schweren Fällen, bei denen Teile der Fibula exzidiert werden<br />

mussten. Dieses Verfahren wird aber nur selten beschrieben und kaum angewendet.<br />

4.3.3.3.6.4 Hinteres Kreuzband<br />

Falls das HKB vorher noch nicht gelöst oder entfernt wurde, schlagen einige Autoren<br />

vor, dieses am Ende einer Weichteil-Sequenz zur Valguskorrektur zu lösen.<br />

Tab. 41: HKB-Release als letzter Schritt<br />

Letzter Schritt einer Weichteil-Sequenz<br />

zur Valguskorrektur<br />

Laurencin et al (1992)<br />

Delfico und Tria (1996)<br />

Healy et al (1998)<br />

Whiteside (1999)<br />

Matsueda et al (1999)<br />

Trepte und Pflanzelt (2003)<br />

Politi und Scott (2004)<br />

Tria (2004)<br />

Nach Healy et al (1998) und Trepte und Pflanzelt (2003) kann am Ende einer Release-<br />

Sequenz ein HKB-Release erforderlich sein, um die Flexions- und Extensionslücken zu<br />

balancieren und die korrekte Platzierung der Prothesenkomponenten zu ermöglichen.<br />

Auch Laurencin et al (1992) müssen bei 16% ihrer Patienten am Ende der Weichteil-<br />

Sequenz das HKB lösen, um die Deformität zu korrigieren. Politi und Scott (2004) füh-


127<br />

ren ebenfalls ein HKB-Release als letzten Schritt durch, um eine Balancing der Flexionslücke<br />

zu erzielen, was bei 14,3% der Valgusknie der Fall ist. Bei Whiteside (1999)<br />

brauchen 5,6% der Patienten mit einer Valgusdeformität von über 15° ein Release des<br />

HKB. Ansonsten wird das HKB erhalten. Auch bei Delfico und Tria (1996) und Tria<br />

(2004) wird bei persistierender Deformität nach einem erfolglosen lateralen Weichteil-<br />

Release abgewogen, ob ein HKB-Release von Nöten ist.<br />

4.3.3.3.7 Mediales Advancement<br />

Sollte nach den Verlängerungen der kontrakten lateralen Weichteile immer noch kein<br />

Gleichgewicht zwischen medialer und lateraler Kniegelenksseite beim Valgusknie erreicht<br />

sein, kann eine Straffung der elongierten medialen ligamentären Weichteilmanschette<br />

durchgeführt werden, welches vor allem bezogen auf das Innenband durchgeführt<br />

wird (Aglietti et al 1996, Favorito et al 2002).<br />

Tab. 42: Mediales Advancement<br />

Mediales Advancement<br />

nach erfolglosem lateralen Weichteil-Balancing<br />

Krackow et al (1991)<br />

Murray und Rand (1993)<br />

Whiteside (1993)<br />

Aglietti et al (1996)<br />

Healy et al (1998)<br />

Easley et al (2000)<br />

Favorito et al (2002)<br />

Tria (2004)<br />

Murray und Rand (1993), aber auch Tria (2004) berichten davon, dass ein mediales Advancement<br />

nach erfolglos vollzogenem lateralem Release, zur Vermeidung von weiter<br />

ausgedehntem lateralen Release und der Verwendung einer höher geführten Prothese<br />

durchgeführt wird. Easley et al (2000) sehen das Anheben des Innenbandes ebenfalls als<br />

Alternative zum Release der lateralen kontrakten Weichteile. Healy et al (1998) sieht<br />

das Advancement des Innenbandes besonders bei jungen aktiven Patienten indiziert, wo<br />

eine geführt Prothese noch nicht so sinnvoll wäre. 31,6% der Valgusknie mit einer Deformität<br />

von über 25° bekommen ein Innenband-Advancement, um das Innenband in<br />

Extension zu straffen (Whiteside 1993). Krackow et al (1991) haben mit diesem Schritt<br />

nach einem lateral erfolgten Release ein sehr gutes Ergebnis dieser Maßnahme bei 84%<br />

der Patienten mit einem Typ 2-Valgus erreicht.


4.3.3.3.8 Zusätzliche Femurschnitte<br />

128<br />

Bei Elkus et al (2004) können nach erfolglos durchgeführter Pie-crust-Technik und bei<br />

Bedarf einer Balancierung der Flexionslücke nochmals zusätzliche Femurschnitte<br />

durchgeführt werden, um eine korrekte Weichteil-Balance zu erhalten. Für Easley et al<br />

(2000) ist eine Überresektion des distalen Femur zur Korrektur des Valgus die allerletzte<br />

Option. Danach sollte ein Implantat mit höherer Führung verwendet werden.<br />

4.3.3.3.9 Höhere Prothesenführung<br />

Wenn das laterale Weichteil-Balancings sich als erfolglos herausstellt oder wenn es<br />

schon vorab als zu ausgedehnt erachtet wird, empfehlen einige Autoren die Verwendung<br />

einer Prothese mit höherem Führungsgrad. Hierfür existieren unterschiedliche<br />

Begründungen und Methoden.<br />

Tab. 43: Höhere Prothesenführung<br />

Verwendung einer Prothese mit<br />

höherem Führungsgrad<br />

Stern et al (1991)<br />

Murray und Rand (1993)<br />

Aglietti et al (1996)<br />

Kumar und Dorr (1997)<br />

Clarke et al (2004)<br />

Whiteside (2004)<br />

Pape und Kohn (2007)<br />

Sollte das laterale Ligament-Release sich als sehr ausgedehnt erweisen, bevorzugen<br />

Aglietti et al (1996) und Clarke et al (2004) vor allem bei älteren Patienten die Verwendung<br />

einer Prothese mit höherem Führungsgrad zur Verbesserung der mediolateralen<br />

Stabilität und zur Vermeidung einer übermäßigen lateralen Weichteilzerstörung. Kumar<br />

und Dorr (1997) empfehlen bei Patienten mit schwerem Valgus und fehlendem Innenband<br />

generell ein höher geführtes Implantat, z.B. die Total-Condylar-III-Prothese. Auch<br />

Murray und Rand (1993) sehen eine Indikation zu einer geführteren Prothese, wenn die<br />

Weichteil-Balance nur sehr knapp oder fast gar nicht erreicht wird. Healy et al (1998)<br />

sprechen von einem wichtigen Einfluss des HKB auf die Wahl des Implantates. Ein<br />

normales HKB wird erhalten, ein gedehntes HKB wird gelöst und durch ein Implantat<br />

mit höherer Führung ersetzt. Daneben spielen auch die mediale und laterale Bandbalance<br />

eine Rolle bei der Implantatwahl, genauso wie eine Symmetrie der Extensions- und<br />

Flexionslücken (Stern et al 1991). Pape und Kohn (2007) halten eine Verwendung eines<br />

höher geführten Prothesenmodells für notwendig, wenn die tibialen Resektionen tiefer<br />

als 10 mm sind und die Kollateralbänder als insuffizient beurteilt werden. Whiteside


129<br />

(2002) empfiehlt sogar, dass man darüber nachdenken sollte, eine konformere tibiale<br />

Polyethylenkomponente zu verwenden, noch bevor der Biceps oder der Gastrocnemius<br />

gelöst werden, weil eine Stabilität in Außenrotation und eine posteriore Beschränkung<br />

durch diese sekundären Stabilisatoren nicht adäquat gewährleistet werden kann.<br />

Auch wenn alle lateralen Strukturen zur Valguskorrektur gelöst werden, können die<br />

medialen Weichteile locker und überdehnt sein, so dass Whiteside (2004) auch in diesem<br />

Fall die Verwendung einer höher geführten Prothese für erforderlich hält.


4.3.4 Flexionsdeformität<br />

4.3.4.1 Allgemein<br />

130<br />

Jedes gesunde Kniegelenk kann sich auf 0° oder sogar einige Grad Hyperextension strecken<br />

(Tanzer und Miller 1989). Wenn das Kniegelenk von einer Arthritis oder Arthrose<br />

befallen ist, können pathologische Veränderungen im Kniegelenk ein volles Strecken<br />

verhindern, was als Flexionskontraktur (FC) bezeichnet wird (Tew und Forster 1987).<br />

Wenn eine Flexionskontraktur präoperativ 40° überschreitet, können die Patienten sich<br />

in der Regel nicht mehr ohne fremde Hilfe bewegen und sind dadurch auf einen Rollstuhl<br />

angewiesen (Ishikawa et al 1991).<br />

Abb.42. Flexionskontraktur bei rheumatoider Arthritis: in vivo und Röntgenbild (aus<br />

Scuderi und Tria 2006).<br />

Eine fixierte Flexionskontraktur ist eine kombinierte Deformität, die sowohl aus einer<br />

ligamentären und kapsulären Komponente als auch aus einer knöchernen Komponente<br />

besteht (Firestone et al 1992, Bellemans et al 2006a). Die meisten Kniegelenke mit FC<br />

sind aber durch zu straffe Ligamente verursacht. Eine Varusdeformität ist dabei häufiger<br />

mit einer FC kombiniert als eine Valgusdeformität (Whiteside und Mihalko 2002, Mihalko<br />

und Whiteside 2003, Whiteside 2004). In der Studie von Whiteside und Mihalko<br />

(2002) haben 97,9% aller Kniegelenke eine Deformität mit der Kombination von Varusund<br />

Flexionskontraktur und nur 2,1% eine Kombination von Valgus und FC.<br />

Eine Flexionskontraktur sollte präoperativ am besten auf einem lateralen Röntgenbild<br />

bewertet werden (Robbins et al 2001). Bei der FC sind Ligamente, die hauptsächlich in<br />

Extension wirksam sind, wie der Tractus, das tiefe Innenband und die posteriore Kapsel<br />

besonders wirksam. Andere Ligamente, wie das Außenband, der Popliteus und das oberflächliche<br />

Innenband, die primär in Flexion wirksam sind, sind bei der FC unwirksam<br />

(Whiteside 2004).


131<br />

Jeder schmerzhafte Prozess in und um das Kniegelenk herum kann bei einer Arthrose zu<br />

einer Flexionskontraktur im Kniegelenk führen, die hauptsächlich durch eine Kontraktur<br />

der posterioren Kapsel verursacht wird. Kontrakturen von Kreuzbändern oder der<br />

Harmstring-Muskulatur spielen eine eher untergeordnete Rolle (Tew und Forster 1987,<br />

Tew et al 1989, Tanzer und Miller 1989, McPherson et al 1994, Delfico und Tria 1996,<br />

Briard et al 2007). Delfico und Tria (1996) berichten, dass bei Ausbildung einer Flexionskontraktur<br />

die Harmstring-Sehnen und die Gastrocnemiusköpfe sich der neu gebildeten<br />

Position anpassen und sich dabei eher sekundär kontrahieren. Mihalko und Whiteside<br />

(2003) und Whiteside (2004) berichten andererseits, dass die meisten Flexionskontrakturen<br />

durch zu straffe Kollateralbänder verursacht werden. Allein die Tatsache,<br />

dass durch die Anästhesieverfahren präoperativ eine Verbesserung der Flexionskontraktur<br />

um durchschnittlich bis zu 4° entstehen kann, zeigt, dass eine dabei verwendete<br />

Relaxation der knieumgebenden Muskulatur Einfluss auf die FC hat (Firestone<br />

et al 1992). Für Briard et al (2007) sind beim Streckdefizit neben dem Gastrocnemius<br />

und dem Biceps femoris auch der Semimembranosus und der Pes anserinus betroffen.<br />

Für Tanzer und Miller (1989), aber auch für Firestone et al (1992) und McPherson et al<br />

(1994) gehört die Korrektur einer fixierten Flexionsdeformität zu den wichtigsten Korrekturmaßnahmen<br />

bei der Implantation einer Knie-TEP überhaupt. Bei Tanzer und<br />

Miller (1989) haben in ihrer retrospektiven Studie von 697 arthritischen Kniegelenken<br />

61% eine präoperative Flexionskontraktur, die einer Korrektur bedarf. Starke Flexionsdeformitäten,<br />

die fortschreitend sind und mit starken Schmerzen einhergehen, können<br />

für sich selbst schon an einem unoperierten Knie eine Indikation für eine Knie-TEP sein<br />

(Tew und Forster 1987).<br />

Eine Flexionskontraktur hat einen ungünstigen Einfluss auf die Funktion des Kniegelenkes<br />

und muss deshalb korrigiert werden, weil bei nicht ganz vollendeter Extension<br />

zu hohe Kräfte vor allem über den M. quadrizeps aufgewendet werden müssen, damit<br />

schwere Lasten vom Knie getragen werden können. Bei erhaltener Extension ist das<br />

Tragen von schweren Lasten für das Kniegelenk mit einem ungleich geringeren Energieaufwand<br />

verbunden (Swanson 1980, Bellemans et al 2006a). Auch das Gehen, besonders<br />

das Treppenhoch- und -runtergehen, benötigt ein möglichst streckbares Knie.<br />

Ansonsten würde dies zu einer sehr starker Belastung der Muskulatur und dadurch zu<br />

schneller Ermüdung des Patienten führen (Tew und Forster 1987). Solche erhöhten<br />

Kräfte, die bei Flexion zur Kniestabilisation von Nöten sind, wirken sich ungünstig auf


132<br />

eine Knie-TEP aus und beeinflussen das Langzeitergebnis und die Stabilität der Prothese<br />

negativ (McPherson et al 1994).<br />

Auch nach adäquater Durchführung von Knochenschnitten und Weichteil-Balancing<br />

können ungleichmäßige Fehlanpassungen zwischen Extensions- und Flexionslücke bestehen<br />

bleiben und so intraoperativ zu einer FC führen. Das häufigste Problem ist eine<br />

persistierende Flexionskontraktur, die dadurch entsteht, dass der Extensionsspalt kleiner<br />

als der Flexionsspalt geraten ist (Whiteside und Mihalko 2002, Clarke und Scuderi<br />

2003). In dieser Situation von unterschiedlich groß ausgefallenen Gelenkslücken,<br />

besonders bei zu kleiner Extensionslücke, sollte man nicht versuchen, dieses Ungleichgewicht<br />

der Gelenkslücken mit Größenveränderungen der Polyethyleneinlagen zu korrigieren.<br />

So würde eine kleinere Polyethyleneinlage zwar besser in die Extensionslücke<br />

passen, würde dann aber auch zu einer relativen Laxizität und dadurch akuter Dislokationsgefahr<br />

in Flexion führen, was unter allen Umständen vermieden werden sollte (Clarke<br />

und Scuderi 2003).<br />

Abb.43. Situation der FC: Extensionlücke zu klein, Flexionslücke zu groß (aus Whiteside<br />

2004).<br />

In der Studie von Bellemans et al (2006) wird die Flexionskontraktur in 3 Schweregrade<br />

geteilt. Eine milde FC besteht bei 5-15° Abweichung, eine moderate FC bei 15-<br />

30° und schwere FC bei über 30° Abweichung. In dieser Studie von 2.898 Kniegelenken,<br />

die mit einer TEP versorgt werden, haben 27,4% der Kniegelenke eine milde FC,<br />

3,28% eine moderate FC und 1,21% eine schwere FC.<br />

Diskussionswürdig ist die Frage, ob eine fixierte Flexionskontraktur noch intraoperativ<br />

vollständig korrigiert werden muss (Savastano 1980, Hungerford et al 1984, Schurmann<br />

et al 1985, Tew und Forster 1987) oder ob sich postoperativ mit der Zeit nach und nach<br />

eine Verbesserung einer übrig gebliebenen Flexionskontraktur einstellen würde (Ritter


133<br />

und Springer 1979, Tanzer und Miller 1989). Es ist zu beachten, dass bei konsequenter<br />

Durchführung einer intraoperativen Korrektur einer Flexionskontraktur auch damit zu<br />

rechnen sein muss, dass zusätzliche Knochenresektionen am distalen Femur oder der<br />

proximalen Tibia und ein ausgedehntes Weichteilrelease nötig sind, um eine vollständige<br />

Extension zu erreichen. Dies hat einen erheblichen Einfluss auf die Kinematik des<br />

Kniegelenks, indem es zu Hyperextension, Imbalance der Kollateralbänder oder zu Laxizität<br />

des Quadrizeps führen kann (Savastano 1980, Tanzer und Miller 1989).<br />

Ritter und Springer (1979) zeigen bei 145 Knie-TEP auf, dass sich trotz eines gewissen<br />

Grades an FC direkt nach der Operation innerhalb eines halben Jahres postoperativ nahezu<br />

komplett eine vollständige Extension einstellte. McPherson et al (1994) sehen eine<br />

postoperative Verbesserung der FC im ersten Jahr nach der OP, Aderinto et al (2005)<br />

halten dies sogar bis zu 3 Jahren postoperativ noch für möglich.<br />

Für eine gute und erfolgreiche Korrektur der FC noch in der postoperativen Phase ist<br />

neben einer kontinuierlichen Passivbewegung eine physikalische Therapie mit Dehnung<br />

des HKB oder der hinteren Kapsel, neben einer aggressiven Rehabilitation auch eine<br />

adäquate Schmerztherapie hilfreich (Johnson 1990, McPherson et al 1994, Kurosaka et<br />

al 2002). Auch Firestone et al (1992) sehen einen leichten Rückgang einer übrig gebliebenen<br />

Flexionskontraktur postoperativ und diess sogar bei präoperativ sehr schweren<br />

Flexionskontrakturen bis zu 20°.<br />

App.44. Rückgang der Flexionskontraktur postoperativ (aus McPherson et al 1994).<br />

Schurmann et al (1985) und Tanzer und Miller (1989) sehen eine deutliche Verbesserung<br />

der Flexionskontraktur in der postoperativen Phase, empfehlen dann aber doch bei<br />

Flexionskontrakturen von über 10° bzw. über 20° intraoperativ eine weitere zusätzliche<br />

Korrektur der Flexionskontraktur durchzuführen. Tew und Forster (1987) finden dage-


134<br />

gen bei 697 Knie-TEP keine einzige postoperative Verbesserung einer residualen Flexionskontraktur,<br />

was eher für eine intraoperative Korrektur spricht.<br />

Tab. 44: Zeitpunkt der Korretur der Flexionsdeformität<br />

Intraoperative Korrektur Postoperative Besserung<br />

Savastano (1980) Ritter und Springer (1979)<br />

Hungerford et al (1984) Tanzer und Miller (1989)<br />

Schurmann et al (1985) Firestone et al (1992)<br />

Tew und Forster (1987) McPherson et al (1994)<br />

Aderinto et al ( 2005)<br />

Ritter et al (2003) finden heraus, dass neben der präoperativen Extension auch das Alter<br />

und das Geschlecht der Patienten eine Auswirkung auf die postoperative Extension haben,<br />

wobei ältere und weibliche Patienten hierbei einen Nachteil aufweisen.<br />

Eine verbleibende FC kann ein gutes Ergebnis der Operation gefährden, weil eine befriedigende<br />

Bewegung des Kniegelenkes und eine Schmerzreduzierung wichtig für eine<br />

gute Kniefunktion sind (Aderinto et al 2005).


4.3.4.2 Release-Techniken<br />

135<br />

Die Knieendoprothese wird allein für die Korrektur einer Flexionskontraktur als ein<br />

sehr erfolgreiches Verfahren angesehen (Tew und Forster 1987).<br />

Nachdem der Standardknochenschnitt durchgeführt wurde, wird zuerst bei der Flexionslücke,<br />

danach bei der Extensionslücke ein Weichteil-Balancing durchgeführt. Hierbei<br />

wird zuerst die mediolaterale Stabilität des Kniegelenkes angepasst, indem Varus- und<br />

Valgusfehlstellungen korrigiert werden. Erst danach wird eine eventuell bestehende<br />

Flexionskontraktur korrigiert (Whiteside und Mihalko 2002, Clarke und Scuderi 2003,<br />

Mihalko und Whiteside 2003). Bei Firestone et al (1992) haben 41,2% der 51 untersuchten<br />

Kniegelenke mit FC eine kombinierte Varusdeformität, 31,4% einen kombinierten<br />

Valgus und 27,5% ein normales Alignment. Dies deutet darauf hin, dass bei Korrektur<br />

einer Flexionskontraktur zusätzlich mit einer anderen Deformität zu rechnen ist, die<br />

ebenfalls zu korrigieren sind.<br />

Generell haben diejenigen Weichteilstrukturen den größeren Effekt auf die Extensionslücke<br />

im Vergleich zur Flexionslücke, die sowohl medial als auch lateral am Kniegelenk<br />

weiter posterior liegen. Dazu gehören neben dem hinteren tiefen Teil des Innenbandes<br />

auch das HKB, vor allem aber die posteriore Kapsel und die posteromediale und<br />

posterolaterale Eckkapsel (Mihalko et al 2003).<br />

Für geringe Flexionskontrakturen unter 15° können dorsale Osteophyten die einzige<br />

Ursache für die Kontraktur sein, weshalb in diesen Fällen auch eine alleinige Entfernung<br />

der Osteophyten zur Korrektur der FC reichen kann. Größere Flexionskontrakturen<br />

werden meistens auch durch kontrahierte Weichteile beeinflusst, weshalb hier dann<br />

Weichteil-Release notwendig werden (Laskin und Rieger 1989).<br />

4.3.4.2.1 Posteriore Osteophyten<br />

Nach Pape und Kohn (2007) werden die posterioren Osteophyten auf einer streng seitlichen<br />

Röntgenaufnahme markiert, damit sie intraoperativ noch vor Implantation der Prothesenkomponenten<br />

abgetragen werden können.<br />

Zeitpunkt<br />

Nach Whiteside (2004), Bellemans et al (2006a) und Berend et al (2006) wird die Entfernung<br />

aller Osteophyten des Kniegelenkes bereits als ersten Schritt des Weichteil-<br />

Balancings durchgeführt. Wenn bei Clarke und Scuderi (2003) intraoperativ die Situati-


136<br />

on einer FC auftritt, empfehlen diese zuerst eine Begutachtung der posterioren Kondylen<br />

des Femurs, um dort eventuell vorhandene Osteophyten abzutragen. Dieses Vorgehen<br />

wird auch von Laskin und Rieger (1989), aber auch von Tanzer und Miller (1989),<br />

Firestone et al (1992) und Robbins et al (2001) empfohlen.<br />

Technik<br />

Die Durchführung der Osteophyten-Entfernung wird an der hinteren Seite des Femur<br />

durchgeführt (Tanzer und Miller 1989, Firestone et al 1992, Clarke und Scuderi 2003).<br />

Kumar und Dorr (1997) berichten, dass neben den Osteophyten von den hinteren Flächen<br />

des Femur auch die Osteophyten des hinteren Tibiaknochens entfernt werden müssen.<br />

Laskin und Rieger (1989) und Laskin (1996) sehen auch anteriore Osteophyten auf<br />

der Tibiaoberfläche als eine mögliche Ursache für die FC, welche dann bei der proximalen<br />

Tibiaresektion mit entfernt werden sollten.<br />

Tab. 45: Ort der Osteophyten-Entfernung<br />

Hinteres Femur Hintere Tibia Vordere Tibia<br />

Tanzer und Miller (1987) Kumar und Dorr (1997) Laskin und Rieger (1989)<br />

Firestone et al (1992) Laskin (1996)<br />

Kumar und Dorr (1997)<br />

Burke und O`Flynn (2001)<br />

Clarke und Scuderi (2003)<br />

Zur Durchführung der Osteophyten-Entfernung posterior empfehlen Kumar und Dorr<br />

(1997) die Verwendung eines Osteotom, Whiteside verwendet bei anterioren Osteophyten<br />

einen Lühr.<br />

Abb.45. Osteophytenentfernung posterior mit Osteotom (aus Eulert und Hassenpflug<br />

2001), anterior mit einem Lüer (aus Whiteside 2004).


Auswirkungen<br />

137<br />

Entfernte Osteophyten können zu einer Verlängerung der Kollateralbänder und der<br />

posterioren Kapsel in Streckstellung führen, ohne dass die Stabilität in Flexion gefährdet<br />

wird (Firestone et al 1992, Burke und O`Flynn 2001). Wenn die posterioren Osteophyten<br />

entfernt werden, können sie sowohl die Weichteilbalance als auch das Bewegungsausmaß<br />

der Prothese nicht mehr stören (Whiteside 2004, Pape und Kohn 2007).<br />

Klinik und Einsatz<br />

In der Klinik spielt die Entfernung von posterioren Osteophyten zur Korrektur der FC<br />

besonders bei einer begleitenden Varusdeformität bei 68% der Kniegelenke eine Rolle.<br />

Beim Valgusknie und Knie in Neutralstellung spielt die Osteophyten-Entfernung mit<br />

12% bzw. 21% eine eher untergeordnete Rolle (Firestone et al 1992). Bei Laskin und<br />

Rieger (1989) tritt ein anteriorer Tibia-Osteophyt in 96% der behandelten Knie präoperativ<br />

auf und kann womöglich bei FC von weniger als 15° Deformität sogar die einzige<br />

Ursache für diese Kontraktur sein. Auch Whiteside und Mihalko (2002) berichten in<br />

ihrer klinischen Studie, dass manchmal gar keine Release-Schritte am Bandapparat von<br />

Nöten sind, weil die FC bereits durch ein alleiniges Entfernen der Osteophyten korrigiert<br />

werden kann. Bei Bellemans et al (2006a) führt die Osteophytenentfernung in<br />

Verbindung mit einer anfänglichen Überresektion des Femurs von 2 mm bei 91,2% der<br />

milden FC bis zu 15°, bei 56,8% der moderaten FC mit 15-30° und bei 25,7% der<br />

schweren FC über 30° als erster und alleiniger Schritt zur Korrektur des FC zum Erfolg.<br />

4.3.4.2.2 Kollateralbänder und Varus-/Valgus-Korrektur<br />

Die Kollateralbänder erreichen ihre größte Spannung in Extensionsstellung und kontrollieren<br />

vor allem in dieser Kniestellung die Stabilität des Gelenkes. Wenn die Kollateralbänder<br />

verkürzt oder durch Osteophyten kontrakt sind, schränken sie das Kniegelenk in<br />

Extensionsstellung ein und haben somit eine kausale Mitwirkung bei der Flexionskontraktur<br />

(Whiteside und Mihalko 2002). Whiteside (2004) hält die Kollateralbänder<br />

ebenso wie die posteriore Kapsel für die Hauptursache einer FC. Da eine Flexionskontraktur<br />

häufig mit einer anderen Deformität wie der Varus- oder Valgusdeformität<br />

kombiniert ist, kann es häufig der Fall sein, dass bereits eine Korrektur der Varusoder<br />

Valgusdeformität zu einer verbesserten FC führt, da teilweise hierbei bereits die<br />

Kollateralbänder balanciert werden müssen (Firestone et al 1992, Whiteside 2004).


Zeitpunkt des Release<br />

138<br />

Whiteside (2003, 2004) führt bei der Korrektur einer begleitenden Deformität der koronaren<br />

Ebene und bei alleiniger Straffheit in Extension ebenfalls zuerst ein Release des<br />

Innenbandes beim Varusknie durch, genauer gesagt ein Release der hinteren schrägen<br />

Fasern. Bei alleiniger Straffheit eines Valgusknies in Extension führt er zuerst ein Release<br />

des Tractus iliotibialis auf der lateralen Seite durch, weil dies im Vergleich zum<br />

Außenband sich ausschließlich auf die Extensionslücke auswirkt.<br />

Technik des Release<br />

Die Durchführung der Kollateralband-Release wird medial und lateral unterschiedlich<br />

durchgeführt. Das Innenband-Release wird mit Zuhilfenahme eines Osteotoms subperiostal<br />

am tibialen Ansatz durchgeführt. Dies kann bis zu einer Tiefe von 8 cm unterhalb<br />

des tibialen Knochenschnittes durchgeführt werden (Mihalko und Whiteside 2003). Da<br />

der hintere Teil des Innenbandes am wahrscheinlichsten für die FC verantwortlich ist,<br />

wird es zuerst gelöst. Danach kann bei ausbleibendem Erfolg der vordere Teil gelöst<br />

werden (Whiteside 2004). Das Außenband-Release wird mit zur Hilfenahme einer<br />

Skalpellklinge an der lateralen Femurepikondyle durch eine scharfe Dissektion durchgeführt.<br />

Dabei sollte aufgepasst werden, dass sowohl der Ansatz des Popliteus als auch die<br />

Ansätze der posterolateralen Ecke intakt bleiben (Mihalko und Whiteside 2003).<br />

Klinik und Einsatz<br />

Bei Firestone et al (1992) werden bei vorliegender Flexionskontraktur bei 91% aller<br />

Varusknie das Innenband gelöst, wobei dies auch beim Valgusknie mit 13% und beim<br />

Knie mit normalem Alignment in 21% der Fall war. Ein Außenband-Release wird bei<br />

63% der Valgusknie durchgeführt, aber auch bei 27% der Varusknie und 14% der Knie<br />

mit neutralem Alignment. Dies zeigt, dass neben dem Release eines Kollateralbandes an<br />

der konkaven Seite der Deformität zur Korrektur der "koronaren" Deformität, auch auf<br />

der konvexen Seite der Deformität, auch wenn sie nur gering ist, Releases der Kollateralbänder<br />

durchgeführt werden können und zur Verbesserung der FC führen.<br />

Mihalko und Whiteside (2003) berichten von ihrer Studie, dass 56% der Varusknie mit<br />

einer FC zuerst ein Release des Innenbandes bekommen und dass 57% der Valgusknie<br />

mit FC zuerst ein Release des Außenbandes bekommen. Whiteside und Mihalko (2002)<br />

führen in ihrer retrospektiven klinischen Studie an Kniegelenken mit FC bei 79% aller<br />

Varusknie ein Release des Innenbandes durch und bei 100% aller Valgusknie ein Au-


139<br />

ßenband-Release. 95% der Kniegelenke mit FC können bereits durch die Release-<br />

Vorgänge an den Kollateralbändern und durch die Entfernung der Osteophyten dabei<br />

korrigiert werden.<br />

4.3.4.2.3 Posteriore Kapsel<br />

Bei einer signifikanten fixierten Flexionskontraktur von über 15° ist in der Regel eine<br />

Kontraktur der hinteren Kapsel zu finden, die bei kombinierter Varusdeformität medial<br />

am größten ist, bei kombiniertem Valgusknie auf der lateralen Seite der Kapsel (Beverland<br />

2006). Auch Whiteside (2004) hält eine straffe hintere Kapsel, neben straffen Kollateralbändern,<br />

für die hauptsächliche Ursache einer FC.<br />

Zeitpunkt des Release<br />

Um ein Release der hinteren Kapsel zur Korrektur einer Flexionskontraktur durchzuführen,<br />

ist es hilfreich die Knochenschnitte abzuwarten, denn dadurch bekommt man den<br />

richtigen Zugang und den nötigen Einblick für ein exaktes Release der hinteren Kapsel<br />

(Tew und Forster 1987). Auch Bellemans et al (2006a) führen das Kapselrelease erst<br />

nach den Knochenschnitten und der Entfernung der Osteophyten durch. Nach Whiteside<br />

und Mihalko (2002), Whiteside (2002) und Mihalko und Whiteside (2003) sollte das<br />

Kapsel-Release erst durchgeführt werden, wenn mediale und laterale Laxizität in Extension<br />

einander angepasst wurden, womit ein Balancing der Kollateralbänder gemeint ist.<br />

Wenn eine kontrakte Kapsel noch vor einem straffen Seitenband gelöst wird, wird das<br />

Kapselrelease allein wohl nicht die FC korrigieren, weil wahrscheinlich das straffe Seitenband<br />

eher der Verursacher ist. Deshalb sollte nach Whiteside (2004) zuerst ein straffes<br />

Seitenband gelöst werden, um damit mediolaterale Straffheit, aber auch ein Streckdefizit<br />

zu korrigieren. Die Kapsel stabilisiert nach diesem Release die posteriore Seite<br />

sekundär und kann nach ausbleibendem Erfolg dann immer noch gelöst werden. Ein<br />

Release der hinteren Kapsel zur Korrektur der FC wird von Laskin und Rieger (1989),<br />

Robbins et al (2001), Clarke und Scuderi (2003) und von Berend et al (2006) direkt<br />

nach der Entfernung der Osteophyten zur Korrektur der FC angestrebt.<br />

Liegt eine Kombination der FC mit einer Varus- oder Valgusdeformität vor, wird je<br />

nach zugrunde liegender Deformität der laterale hintere Kapselrand beim Valgus oder<br />

der mediale hintere Kapselrand beim Varus in Streckstellung des Kniegelenkes gelöst<br />

(Firestone et al 1992). Bei der häufigen Kombination der FC mit einem Varus lösen<br />

Whiteside und Mihalko (2002) nach dem Kollateralband-Release zuerst die mediale


140<br />

hintere Kapsel auf der konkaven Seite der Deformität und erst danach, wenn keine erfolgreiche<br />

Korrektur eingetroffen ist, die laterale hintere Kapsel. Beim Valgusknie wird<br />

in umgekehrter Weise vorangegangen. Auch Teeny et al (1991) und Whiteside (1995)<br />

führen bei zugrunde liegendem Varus zuerst ein Innenband-Release und eine Osteophyten-Entfernung<br />

durch und danach wird der mediale Teil der hinteren Kapsel zur Korrektur<br />

einer vorliegenden FC gelöst.<br />

Technik des Release<br />

Kumar und Dorr (1997) durchtrennen die hintere Kapsel, die durch die Deformität bereits<br />

kontrakt und verdickt ist, und entfernen jedes lockere Teil dieser Kapsel von deren<br />

Ansatz. Die Durchführung des Kapsel-Release erfolgt bei den meisten Autoren an der<br />

hinteren Kante der Femurkondylen (Tew und Forster 1987, Tanzer und Miller 1989,<br />

Laskin 1996, Delfico und Tria 1996, Mihalko und Whiteside 2003, Clarke und Scuderi<br />

2003, Tria 2004, Whiteside 2004, Bellemans et al 2006a).<br />

Abb.46. Posteriores Kapsel-Release vom Femur (aus Whiteside 2004).<br />

Delfico und Tria (1996) empfehlen auch ein Release der Kapsel von der hinteren Seite<br />

der Tibia, das sie aber erst nach einem bereits vollzogenen Release des femoralen Kapselansatzes<br />

durchführen und bei dem sie herausfanden, dass sie damit eine größere Extension<br />

als durch die vorherigen Release-Schritte erhalten. Tria (2004) führt nach anfänglichem<br />

Kapsel-Release vom Femur ebenfalls das selbige auch an der Tibia durch,<br />

spricht dem Release an der Tibia aber eine nicht so gute Effektivität wie beim Femur zu.<br />

Whiteside (2004) fügt hinzu, dass ein Release der Kapsel von der Hinterseite der Tibia<br />

als nicht sicher gilt, weil dadurch der Nervus peroneus sehr leicht geschädigt werden<br />

kann.


141<br />

Abb.47. Das hintere Kapsel-Release von der proximalen Tibia (aus Whiteside 2004).<br />

Tab. 46: Ort des Kapsel-Release<br />

Femur Tibia<br />

Tew und Forster (1987) Delfico und Tria (1996)<br />

Tanzer und Miller (1989) Tria (2004)<br />

Laskin (1996)<br />

Delfico und Tria (1996)<br />

Clarke und Scuderi (2003)<br />

Mihalko und Whiteside (2003)<br />

Tria (2004)<br />

Whiteside (2004)<br />

Bellemans et al (2006a)<br />

Laskin (1996) und Clarke und Scuderi (2003) bevorzugen beim Kapsel-Release eine<br />

subperiostale Abhebung der Kapsel und Delfico und Tria (1996) und Tria (2004) empfehlen<br />

eine scharfe Durchtrennung, warnen dabei gleichzeitig aber auch vor einer<br />

vaskulären Verletzung. Einige Autoren fügen noch hinzu, dass ein Release der hinteren<br />

Kapsel am einfachsten und sinnvollsten durchzuführen ist, wenn es unter direkter Sicht<br />

geschieht (Tew und Forster 1987, Tanzer und Miller 1989, Mihalko und Whiteside<br />

2003).<br />

Tab. 47: Möglichkeiten des Kapsel-Release<br />

Subperiostale Abhebung Scharfe Durchtrennung<br />

Laskin (1996) Delfico und Tria (1996)<br />

Clarke und Scuderi (2003) Tria (2004)<br />

Bellemans et al (2006a)<br />

Bellemans et al (2006a) führen das Kapsel-Release zuerst durch eine Querdurchtrennung<br />

auf der posteromedialen oder posterolateralen Seite durch, bei mangelndem Erfolg<br />

wird danach der zentrale Teil der Kapsel am femoralen Ansatz mit einem Elektrokauter<br />

gelöst. Whiteside (2004) verwendet zur Lösung der Kapsel dagegen ein gebogenes 10<br />

mm Osteotom.


Auswirkung des Release<br />

142<br />

Nachdem die Kapsel gelöst ist, kann das Kniegelenk ohne Hindernisse frei gestreckt<br />

werden.<br />

Klinik und Einsatz<br />

In der Klinik wird ein Release der peripheren Kapsel auf der konkaven Seite einer Deformität,<br />

sowohl bei begleitender Varusdeformität mit 82%, als auch bei begleitender<br />

Valgusdeformität mit 75% durchgeführt. Dieses periphere Kapsel-Release bei kombinierter<br />

axialer Deformität wird etwas häufiger durchgeführt als bei Kniegelenken mit<br />

neutralem Alignment mit 57% (Firestone et al 1992).<br />

Eine komplette Durchtrennung der hinteren Kapsel zur Korrektur der FC war bei Firestone<br />

et al (1992) bei 24% der Varusknie und bei 6% der Valgusknie von Nöten und ist<br />

als eher selten einzustufen. Bei Tanzer und Miller (1989) war ein Kapsel-Release zur<br />

Korrektur der FC dagegen bei 41% der Kniegelenke notwendig.<br />

Bei Mihalko und Whitesides (2003) prospektiver Studie benötigen nur 14,5% der eingesetzten<br />

Knie-TEP mit einer FC ein Release der hinteren Kapsel auf der konkaven Seite<br />

der Deformität, und 6,8% brauchen ein Release der hinteren Kapsel auf der entgegengesetzten<br />

konvexen Seite der Deformität.<br />

Im Detail wird berichtet, dass 33,3% der Valgusknie ein Release der posterioren Kapsel<br />

auf der konkaven Seite erhalten, um eine FC zu korrigieren. 14,3% der Valgusknie bekommen<br />

ein Release der hinteren Kapsel auf der konvexen entgegengesetzten Seite der<br />

Deformität. Bei den Varusknien bekommen 29,3% ein Release der hinteren Kapsel auf<br />

der konkaven Seite und 6,6% ein hinteres Kapsel-Release auf der konvexen Seite der<br />

Deformität. Whiteside und Mihalko (2002) müssen nur 5% der 552 Patienten mit FC in<br />

ihrer Studie mit einem Release der hinteren Kapsel versorgen, da die restlichen 95% der<br />

Patienten bereits durch Kollateralband- und Osteophyten-Balancing korrigiert wurden.<br />

Bei Bellemans et al (2006a) wird ein Release des posterioren Kapselgewebes als zweiter<br />

Schritt der Korrektur einer FC nach der Osteophytenentfernung durchgeführt.<br />

Bei milden FC von bis zu 15° bedürfen 9,8% der Kniegelenke einer Korrektur der FC<br />

durch ein Kapsel-Release, bei den moderaten FC von 15-30° sind es 30,6%, bei schweren<br />

FC von über 30° sind es 22,9%.


4.3.4.2.4 Knie-Flexoren<br />

143<br />

Delfico und Tria (1996) erwähnen zwar ein Release der Kniebeuger wie den Biceps<br />

femoris oder die Pes-anserinus-Sehnen, die bekanntlich ebenfalls bei einer Flexionskontraktur<br />

in geringem Maße mitwirken können. Dies wird aber in dieser Studie<br />

nicht befürwortet, da ein Release der Kniebeuger keine weitere Vergrößerung der Extension<br />

beisteuern würde. In der klinischen Studie von Whiteside und Mihalko (2002)<br />

werden bis auf 3 von 552 Patienten mit einer präoperativen Flexionskontraktur von über<br />

10° ohne eine FC postoperativ entlassen. Die 3 Patienten, die mit einer Flexionskontraktur<br />

von 5° aus der Klinik entlassen werden, behalten diese Fehlstellung wegen einer<br />

bleibenden Straffheit der Hamstring-Muskulatur. Die Autoren sehen aber keine Veranlassung,<br />

diese straffe Hamstring-Muskulatur in ihre Release-Sequenz mit einzubeziehen.<br />

Bellemans et al (2006a) führen eine scharfe Tenotomie aller übriggebliebenen straffen<br />

medialen und lateralen Beugersehnen als letzten Schritt durch, nachdem bereits ein bisheriges<br />

Weichteil-Balancing und zwei zusätzliche Knochenresektionen keine Korrektur<br />

der FC erbracht haben. Milde und moderate FC von unter 30° Deformität benötigen bei<br />

Bellemans et al (2006a) kein Tenotomie der Hamstring-Muskulatur, nur bei den schweren<br />

FC von über 30° benötigen 22,9% eine solche Tenotomie. Davon wird bei 17,1%<br />

der schweren FC der Biceps femoris auf Höhe der Gelenklinie transversal tenotomiert,<br />

bei 5,7% der schweren FC der Semimembranosus.<br />

4.3.4.2.4.1 Gastrocnemii<br />

Laskin und Rieger (1989), Delfico und Tria (1996), Robbins et al (2001) und Bellemans<br />

et al (2006a) führen zur Behandlung einer Flexionskontraktur neben dem kompletten<br />

Release der hinteren Kapsel und der Entfernung der Osteophyten auch ein Release der<br />

Mm. gastrocnemii durch, falls dies die Situation und die erhöhte Deformität verlangt.<br />

Tab. 48: Gastrocnemius-Release<br />

Gastrocnemius-Release<br />

zur Korrektur einer Flexionskontraktur<br />

Laskin und Rieger (1989)<br />

Krackow et al (1991)<br />

Delfico und Tria (1996)<br />

Robbins et al (2001)<br />

Bellemans et al (2006a)


144<br />

Krackow et al (1991) berichten von einem Release des lateralen Gastrocnemiuskopfes<br />

bei vorliegender Flexionskontraktur, das als letzter Schritt einer Weichteil-Sequenz zur<br />

Korrektur eines Valgusknies dient.<br />

Das Release der Gastrocnemii wird an deren Ansätzen an der hinteren Seite des Femur<br />

durchgeführt (Laskin und Rieger 1989, Delfico und Tria 1996, Bellemans et al (2006a).<br />

Bellemans et al (2006a) lösen entweder den medialen oder den lateralen Gastrocnemiuskopf<br />

subperiostal durch blinde Dissektion. Als Instrument zum Release des Gastrocnemius<br />

wird ein periostaler Elevator verwendet (Laskin und Rieger 1989, Bellemans et<br />

al 2006a).<br />

Abb.48. Gastrocnemius-Release zur Korrektur einer FC (aus Scuderi und Tria 2006).<br />

4.3.4.2.4.2 Semimembranosus<br />

Der Semimembranosus wird nach Delfico und Tria (1996) beim Weichteil-Release zur<br />

Korrektur einer Flexionskontraktur als aller erste Struktur gelöst, weil bei vorliegender<br />

begleitender Varusdeformität, die bekanntlich deutlich häufiger eine FC begleitet als<br />

eine Valgusdeformität, diese Struktur ohnehin als Teil dieser Varus-Korrektur gelöst<br />

werden würde. Auch Teeny et al (1991) führen während des medialen Weichteil-<br />

Release bei begleitender Varusdeformität eine Korrektur der FC durch, indem sie nach<br />

dem bereits gelösten gesamten Innenband und der Osteophyten-Entfernung auch den<br />

Semimembranosus lösen. Dieser Schritt ist aber nur gelegentlich notwendig. Der Semimembranosus<br />

wird an seinem 15-20 mm breiten Ansatz von der posteromedialen<br />

Seite der Tibia gelöst. Dabei kann eine Hyperflexion der Tibia unter das Femur den<br />

Semimembranosus-Ansatz bereits sichtbar machen und so das Release erleichtern (Delfico<br />

und Tria 1996).


145<br />

Bei Bellemans et al (2006a) wird der Semimembranosus knapp proximal seiner tibialen<br />

Ansatzstelle gelöst, während das Knie in 90° Flexion gebeugt ist. Dieser Schritt wird als<br />

letzter Schritt zur Korrektur einer FC verwendet und wird von den Autoren nur bei<br />

5,7% der schwer deformierten FC von über 30° verwendet. Unter 30° FC wird dieses<br />

Release gar nicht eingesetzt.<br />

4.3.4.2.5 Hinteres Kreuzband<br />

Nach Freeman (1980) können auch Kreuzband-Entfernungen, welche ohnehin bei manchen<br />

Prothesen-Typen durchgeführt werden, zu einer Korrektur der FC führen.<br />

Wenn ein verkürztes HKB zu einer FC beiträgt, kann bereits durch eine Entfernung des<br />

dieses Bandes sofort eine Besserung der FC eintreten (Freeman 1980). Es herrscht eine<br />

rege Diskussion in der Literatur, ob ein Release des HKB zur Korrektur der FC sinnvoll<br />

und angebracht ist oder nicht.<br />

Zeitpunkt des Release<br />

Für Morrey und Trousdale (1996) ist bei mittelschweren Flexionsdeformitäten das Release<br />

des HKB das wichtigste Element in der Weichteil-Maßnahme, während Laskin<br />

und Rieger (1989) erst bei größeren FC eine Indikation zum HKB-Release sehen.<br />

Laskin und Schob (1987) sehen bei präoperativer FC von über 15° eine HKB-Resektion<br />

als teilweise notwendig an, weil bei kombinierter Varusdeformität damit auch der hintere<br />

Teil des medialen Weichteil-Release komplettiert wird und das HKB bei >15° FC<br />

selbst kontrakt wird und dadurch an der FC mitwirkt. Aber schon ab 10° FC-Deformität<br />

ist es schwierig das HKB vollständig zu bewahren (Delfico und Tria 1996). Berend et al<br />

(2006) versuchen anfänglich bei der Korrektur der FC von über 20° das HKB zu bewahren,<br />

wenn aber das Weichteil-Balancing und Überresektion des Femur erfolglos bleiben<br />

sollten und eine volle Extension nicht erreicht werden kann, resezieren sie das HKB und<br />

verwenden eine posterior stabilisierte Prothese. Bei schweren Kontrakturen soll das<br />

HKB deshalb geopfert werden, weil eine zusätzlich nötige Knochenresektion vom distalen<br />

Femur die Gelenklinie anheben würde und dadurch einen starken nachteiligen Effekt<br />

auf das HKB ausüben würde (Kumar und Dorr 1997). Kumar und Dorr (1997) halten<br />

ein geopfertes HKB auch insofern für vorteilhaft, als dass es ein komplettes Release<br />

der hinteren Kapsel leichter möglich machen würde. Wenn das HKB gelöst oder geopfert<br />

werden soll, ist bei solch einer Flexionskontraktur die Verwendung einer HKBopfernden<br />

oder –substituierenden Prothese angezeigt (Healy et al 1998).


Technik des Release<br />

146<br />

Die Durchführung eines HKB-Release wird mit einem gebogenen Osteotom am tibialen<br />

Ansatz vollzogen (Mihalko und Whiteside 2003).<br />

Auswirkungen des Release<br />

In der biomechanischen Kadaverstudie von Mihalko und Krackow (1999) wird dagegen<br />

gezeigt, dass beim Management der Flexionskontraktur am Kniegelenk das HKB keine<br />

entscheidende Rolle spielt und deshalb ein HKB-Release zur FC-Korrektur nicht weiterhilft.<br />

Es wird sogar davor gewarnt, das HKB bei Flexionskontraktur zu opfern, weil<br />

sich dadurch das nachteilige Missverhältnis zwischen Extensionslücke und Flexionslücke<br />

noch vergrößern kann (Mihalko und Krackow 1999). In der Weichteil-Sequenz zur<br />

Korrektur der FC kann auch ein Release des HKB vorkommen, das keine komplette<br />

Extension erreichen soll, sondern eine zu straffe Flexionslücke korrigieren soll (Firestone<br />

et al 1992, Mihalko und Krackow 1999, Mihalko und Whiteside 2003).<br />

Zusätzlich kann ein HKB auch dann gelöst werden, wenn exzessives hinteres Rollback<br />

auftritt und damit einer Straffheit in Flexion entgegengewirkt werden kann (Mihalko<br />

und Whiteside (2002, 2003).<br />

Klinik und Einsatz<br />

In der Klinik zeigt sich bei Firestone et al (1992), dass das HKB bei 36% der Varusknie<br />

und bei 38% der Valgusknie die Flexion begrenzt und deshalb gelöst werden muss,<br />

während in Kniegelenken, die in Neutralstellung stehen, keines ein Release des HKB<br />

zur FC-Korrektur benötigt. Dies deutet darauf hin, dass ein HKB-Release in dieser Studie<br />

nur zur Korrektur einer koronaren Deformität dient, nicht zur FC-Korrektur. Auch<br />

bei Mihalko und Whiteside (2003) wird in keinem einzigen Fall ein HKB-Release<br />

durchgeführt, um damit eine Flexionskontraktur zu korrigieren, sondern 20% der HKB-<br />

Release werden wegen einer Straffheit in Flexion durchgeführt, davon 18% bei kombiniertem<br />

Varusknie und 2% bei kombiniertem Valgusknie. Bei Whiteside et al (2000)<br />

muss ebenfalls bei keinem einzigen Knie der klinischen Studie ein HKB zur Korrektur<br />

der FC gelöst werden. Dafür wird das HKB aber zur Korrektur eines ausgedehnten<br />

Rollback der Femurkomponente auf der Tibiaoberfläche bei 27% der Knie gelöst.<br />

In der Studie von Berend et al (2006) wird das HKB erst nach erfolglosem Weichteil-<br />

Balancing und Überresektion des Femur zur Korrektur einer FC von über 20° Deformität<br />

durchgeführt. 60% der Kniegelenke mit über 20° FC, die von den Autoren eine TEP


147<br />

implantiert bekommen, erhalten eine HKB-erhaltende Prothese, was darauf schließen<br />

lässt, dass eine Resektion des HKB zur FC-Korrektur nicht notwendig war und es bewahrt<br />

werden kann. 27% der Kniegelenke erhalten wegen reseziertem HKB eine posterior<br />

stabilisierte Prothese, 10% erhalten eine posterior stabilisierte Prothese mit gleichzeitig<br />

erhöhter Gelenkführung, weil neben einem resezierten HKB auch sonstige<br />

Weichteile insuffizient sind.<br />

4.3.4.2.6 Zusätzliche distale Femurresektion<br />

Eine zusätzliche Knochenresektion vom distalen Femur soll nicht nur eine volle Extension<br />

möglich machen, sondern auch einen Ausgleich zwischen den Extensions- und<br />

Flexionslücken erbringen (Kumar und Dorr 1997). Traditioneller Weise wird eine zusätzliche<br />

Resektion des distalen Femurknochen durchgeführt, um damit noch intraoperativ<br />

eine präoperative Flexionskontraktur zu behandeln (Clarke und Scuderi 2003, Mihalko<br />

und Whiteside 2003, Bellemans et al 2006a, Berend et al 2006).<br />

Zeitpunkt<br />

Eine Indikation zur zusätzlichen distalen Femurresektion besteht für Laskin und Rieger<br />

(1989) erst dann, wenn eine schwere Flexionskontraktur mehr als 45° Fehlstellung aufweist,<br />

für Whiteside und Mihalko (2002) bereits bei 20-45° Fehlstellung, für Kumar und<br />

Dorr (1997) und Berend et al (2006) schon ab 20° FC und bei Sugama et al (2005) bereits<br />

ab 15° FC. Firestone et al (1992) finden retrospektiv dagegen keinen Anhalt für<br />

einen Zusammenhang zwischen der Schwere der Flexionskontraktur und dem Ausmaß<br />

einer zusätzlichen Femurresektion. Bellemans et al (2006a) führen eine Überresektion<br />

des distalen Femurs zur Erhöhung der Extensionslücke bereits als ersten Schritt der<br />

Korrektur des FC durch. Bei fehlendem Erfolg wird dann nach zwischenzeitlichem<br />

Weichteil-Balancing nochmals eine zusätzliche Femurresektion durchgeführt. Auch<br />

Berend et al (2006) führt nach anfänglicher zusätzlicher Femurresektion und zwischenzeitlichem<br />

HKB-Release, das beides erfolglos blieb, ebenfalls nochmals eine zusätzliche<br />

Femurresektion durch.<br />

Einige Autoren weisen darauf hin, dass nur bei bereits voll ausgeschöpftem Weichteil-<br />

Balancing und trotzdem verbleibender FC eine Indikation für eine zusätzliche distale<br />

Femurresektion besteht um eventuell auf diese Weise eine Korrektur der FC zu erzwingen<br />

(Delfico und Tria 1996, Kumar und Dorr 1997, Robbins et al 2001, Whiteside und<br />

Mihalko 2002, Mihalko und Whiteside 2003, Tria 2004, Whiteside 2004).


Technik<br />

148<br />

Die Resektion eines zusätzlichen Knochenstückes vom distalen Femur wird durch die<br />

Ansatzstellen der Kollateralbänder limitiert, die auf beiden Seiten nicht gleichzeitig<br />

gelöst werden dürfen (Delfico und Tria 1996, Tria 2004). Bei der zusätzlichen Knochenresektion<br />

vom distalen Femur empfehlen Firestone et al (1992), Clarke und Scuderi<br />

(2003), Sugama et al (2005), Bellemans et al (2006a) und Berend et al (2006) eine zusätzlich<br />

resezierte Knochenmenge von 2-3 mm, Kumar und Dorr (1997) je nach Schweregrad<br />

der FC 2-4 mm, Mihalko und Whiteside (2003) empfehlen genau 4 mm. Während<br />

die distalen Gelenkflächen des Femur durch eine zusätzliche Knochenresektion für<br />

eine Korrektur der FC reseziert werden, bleiben die anterioren und posterioren Gelenkflächen<br />

des Femurs unversehrt und sorgen dadurch für die Erhaltung der Stabilität in<br />

Flexionsstellung (Mihalko und Whiteside 2003).<br />

Auswirkungen<br />

Eine Überresektion oder eine zusätzliche Resektion des distalen Femurknochens soll<br />

eine Erhöhung der Extensionslücke bewirken, um die Extensionslücke der Flexionslücke<br />

beim FC-Knie anzugleichen (Whiteside 2004, Bellemans et al 2006a). Die Anwendung<br />

einer exzessiven Knochenresektion am Femur zur Korrektur einer FC kann zu<br />

Laxizität der Kollateralbänder, Quadrizeps-Redundanz, veränderter Knie-Kinematik<br />

und Hyperextension führen (Tanzer und Miller 1989, Delfico und Tria 1996). Dabei<br />

kann es bei solch einer zusätzlichen distalen Femurresektion zu einer leichten Anhebung<br />

der Gelenkebene kommen (Delfico und Tria 1996, Clarke und Scuderi 2003,<br />

Wyss et al 2006). Nach Robbins et al (2001) sollte eine korrekte Gelenkebene möglichst<br />

erhalten bleiben, damit ein gutes patellares Gleiten und eine Symmetrie der Kollateralbänder<br />

im gesamten Bewegungsspielraum hinweg gesichert werden. Nach Laskin und<br />

Rieger (1989) und Wyss et al (2006) ist daher eine exakte Rekonstruktion bzw. der Erhalt<br />

der natürlichen Gelenklinie ein Schlüsselfaktor für eine erfolgreiche Kniearthroplastik.<br />

Ist die Gelenklinie um mehr als 8 mm verändert, ist mit einer erhöhten<br />

Zahl an Revisionen oder Manipulationen zu rechnen, aber selbst bei Kranialisierung der<br />

Gelenkslinie von 2-3 mm kann das Risiko für patellare Schmerzen und Probleme erhöht<br />

sein (Tria 2004, Wyss et al 2006). Eine solche Anhebung der Gelenksebene um bis zu 8<br />

mm kann nach Clarke und Scuderi (2003) akzeptiert und toleriert werden, aber nur<br />

dann, wenn eine posterior stabilisierte Prothese eingesetzt wird.


149<br />

Falls das bei der FC nicht selten auftretende Phänomen der ungleichmäßig großen Gelenklücken<br />

mit einer zu klein geratenen Extensionslücke durch eine zusätzliche Resektion<br />

des distalen Femur ausgeglichen werden soll, kann es zu einer Überresektion der<br />

posterioren Kondylen und dadurch zu einem größeren Risiko einer hinteren Dislokation<br />

führen (Clarke und Scuderi 2003). Auch McPherson et al (1994) berichten in ihrer retrospektiven<br />

Studie, dass eine übermäßige Entfernung von Knochen am distalen Femur<br />

zu nachteiligen klinischen Ergebnissen führen kann. Es wird daher empfohlen, eine<br />

komplette Korrektur der FC mit weniger als 30° Deformität noch intraoperativ zu versuchen,<br />

aber dies nicht auf Kosten einer zusätzlichen Knochenresektion auszubauen, da<br />

sich eine FC postoperativ mit der Zeit auch noch selbst bessern kann. Eine Überresektion<br />

des Femurs und exzessiver Verlust von femoralem Knochen führt zu einer lockeren<br />

Extensionslücke und macht den Einsatz von dickeren Tibiakomponenten erforderlich. In<br />

dieser Situation entsteht eine Gelenklinie, die proximaler sitzt als die ursprünglichere<br />

Gelenklinie. Diese Situation führt zu Problemen bei der Kniebeugung und einem eventuellen<br />

Patellaimpingement. (Whiteside 2004).<br />

Abb.49. Proximalisierung der Gelenklinie bei deutlich dickerer Tibiakomponente (aus<br />

Whiteside 2004).<br />

Klinik und Einsatz<br />

In der Klinik werden bei Firestone et al (1992) 55% der Knie mit vorbestehender FC<br />

von über 20° mit einer zusätzlichen Femurresektion von 2 mm bedacht, 38% mit zusätzlicher<br />

Femurresektion von 4-5 mm und nur 6% brauchen überhaupt keine zusätzliche<br />

Femurresektion zur Korrektur der FC. Bei Whiteside und Mihalko (2002) bekommen<br />

nur 2% der 552 Patienten mit präoperativer FC eine zusätzliche distale Femurresektion,<br />

aber all diese Patienten haben eine Flexionskontraktur mit einem Schweregrad von 25-<br />

40°. In der prospektiven Studie von Mihalko und Whiteside (2003) benötigen nur 2 von<br />

103 eingesetzten Knie-TEP eine zusätzliche Resektion des Femurknochen, um nämlich


150<br />

eine Flexionskontraktur von 25° und 45° Deformität zu korrigieren. Die Autoren empfehlen<br />

aber keine routinemäßige zusätzliche Resektion vom distalen Femur bevor nicht<br />

Osteophyten-Entfernung oder Weichteil-Balancing durchgeführt wurde, um damit eine<br />

Korrektur der FC zu versuchen. Auch Robbins et al (2001) empfehlen erst ein komplettes<br />

Release der hinteren Weichteile und eine Osteophyten-Entfernung, bevor zu der<br />

Maßnahme einer zusätzlichen Knochenresektion des Femurs gegriffen werden kann.<br />

Wyss et al (2006) berichten, dass durch adäquate Technik des Weichteil-Balancings in<br />

den meisten Fällen nicht nur die natürliche Gelenklinie möglichst exakt rekonstruiert,<br />

sondern dass damit auch soviel wie möglich an Knochenmasse erhalten werden kann.<br />

Delfico und Tria (1996) sehen zwar eine natürliche Neigung das Weichteil-Release wegen<br />

der nahen neurovaskulären Strukturen möglichst zu meiden und stattdessen eine gut<br />

zugängliche Knochenresektion durchzuführen, aber man sollte sich eher für die Weichteil-Maßnahmen<br />

entscheiden, um einerseits Probleme mit der Gelenklinie zu vermeiden<br />

und andererseits um die anderen Deformitäten mitzukorrigieren.<br />

Bei Bellemans et al (2006a) wird eine zusätzliche distale Femurresektion als dritter<br />

Schritt der Korrektur einer FC durchgeführt, nachdem vorher die Osteophyten und das<br />

posteriore Kapselgewebe gelöst werden. Milde FC von unter 15° bedürfen in dieser<br />

Studie keiner zusätzlichen Femurresektion, moderate FC von 15-30° in 11,6% und<br />

schwere FC von über 30° in 28,6%.<br />

Whiteside (2004) kann mit dem Ligament-Balancing fast alle Streckdefizite beseitigen,<br />

sodass eine zusätzliche Resektion des distalen Femur nur sehr selten von Nöten ist.<br />

Auch bei Tanzer und Miller (1989) wird trotz vorbestehender FC von bis zu 30° keine<br />

einzige zusätzliche Knochenresektion zur Korrektur einer FC durchgeführt. Sie halten<br />

eine knöcherne Korrektur in ihrer prospektiven Studie von 35 mit FC deformierten<br />

Kniegelenken bei FC unter 20° für gänzlich unnötig. Bei FC zwischen 21-30° sei sie<br />

wahrscheinlich ebenfalls unnötig.<br />

4.3.4.3 Weichteil-Sequenzen<br />

Da viele Flexionskontrakturen mit einem Varus oder Valgus kombiniert sind, finden<br />

sich bereits in den Weichteil-Sequenzen der Varus- oder Valgus-Maßnahmen Release-<br />

Schritte, die eine mögliche Flexionskontraktur mitkorrigieren können, sodass die Korrektur<br />

der FC nicht immer erst in einer eigenen Sequenz durchgeführt werden muss.


151<br />

Da viele arthrotische Kniegelenke, die eine Indikation zur Implantation einer Knie-TEP<br />

besitzen, eine Deformität in koronarer Ebene haben, wird zuerst immer die Korrektur<br />

von Varus und Valgus vorgenommen, und erst danach zwischen den medialen und lateralen<br />

Weichteilschritten die Korrektur der FC.<br />

Auch bei der Korrektur der Flexionskontraktur können in der Literatur verschiedene<br />

Sequenzen gefunden werden, die mit unterschiedlicher Reihenfolge der Release-Schritte<br />

beabsichtigen, ein normales Alignment wiederherzustellen.<br />

Tab. 49: Unterschiedliche Reihenfolge der Release-Schritte zur FC-Korrektur:<br />

(Post Kapsel: posteriore Kapsel, postmed Kapsel: posteromediale Kapsel, postlat Kapsel:<br />

posterolaterale Kapsel, Semi: Semimembranosus. Gastro: beide Köpfe des Gastrocnemius,<br />

Hamstring: Hamstring-Muskulatur, Ost.: Osteophyten, HKB: hinteres Kreuzband,<br />

Seitenbänder: mediales und laterales Seitenband, Resektion: zusätzliche distale<br />

Femurresektion)<br />

Laskin und<br />

Rieger 1989<br />

Tanzer und<br />

Miller 1989<br />

Firestone et<br />

al 1992<br />

1 2 3 4 5 6<br />

Ost. HKB post Kapsel Gastro Resektion<br />

Ost. post Kapsel<br />

Ost. Resektion post Kapsel<br />

postmed +<br />

postlat Kapsel<br />

Delfico und<br />

Tria 1996<br />

Semi<br />

post Kapsel HKB post Kapsel Gastro Resektion<br />

Kumar und<br />

Dorr 1997<br />

HKB Ost. post Kapsel Resektion<br />

Whiteside<br />

und Mihalko<br />

2002<br />

Clarke und<br />

Seitenbänder<br />

+ Ost.<br />

postmed +<br />

postlat Kapsel<br />

HKB Resektion<br />

Scuderi<br />

2003<br />

Mihalko<br />

Ost. post Kapsel Resektion<br />

und Whiteside<br />

2003<br />

Seitenbänder post Kapsel Resektion HKB<br />

Tria 2004 post Kapsel Resektion<br />

Whiteside<br />

2004<br />

Ost. Seitenbänder post Kapsel<br />

Mullaji et al<br />

2005<br />

post Kapsel Ost. HKB<br />

Bellmans et<br />

al 2006<br />

Seitenbänder<br />

+ Ost. +<br />

Resektion<br />

Kapsel +<br />

Gastro<br />

Resektion Hamstring<br />

Berend et al<br />

2006<br />

Ost. post Kapsel Resektion Seitenbänder HKB Resektion<br />

Bei der Korrektur der FC dreht sich die Diskussion in der Literatur weniger um die Reihenfolge<br />

und die Anordnung einzelner Release-Schritte von bestimmten Weichteilstrukturen,<br />

wie dies bei Varus- oder Valgus-Deformitäten der Fall ist, sondern eher um die<br />

HKB


152<br />

Tatsache, ob einige Balancing-Schritte bestimmter Strukturen überhaupt nötig sind oder<br />

nicht. Dies gilt vor allem für ein HKB-Release und eine zusätzliche Femurresektion.<br />

4.3.4.3.1 Entfernung von Osteophyten<br />

Tab. 50: Zeitpunkt der Osteophyten-Entfernung<br />

Als 1. Schritt Nach dem Kollateralband-Release<br />

Laskin und Rieger (1989) Tanzer und Miller (1989)<br />

Firestone et al (1992) Clarke und Scuderi (2003)<br />

Whiteside und Mihalko (2002)<br />

Mihalko und Whiteside (2003)<br />

Bellemans et al (2006a)<br />

Berend et al (2006)<br />

Osteophyten sollten als erster Schritt des Weichteil-Balancing entfernt werden. Dies<br />

sollte noch vor dem Kollateralband-Release durchgeführt werden, weil die Osteophyten<br />

die Spannung und Länge der Kollateralbänder und der Kapselstrukturen verändern und<br />

falsch darstellen können (Laskin und Rieger 1989, Firestone et al 1992, Mihalko und<br />

Whiteside 2003, Bellemans et al 2006a, Berend et al 2006). Nach Whiteside und Mihalko<br />

(2002) schafft eine Entfernung der Osteophyten häufig bereits allein eine Korrektur<br />

der FC, weil dadurch bereits eine Imbalance ligamentärer posteriorer Strukturen korrigiert<br />

werden kann. Auch Laskin und Rieger (1989) sehen eine alleinige Osteophyten-<br />

Entfernung als Korrektur der FC bei unter 15° Deformität als ausreichend an.<br />

Anders handhaben es Tanzer und Miller (1989) und Clarke und Scuderi (2003). Sie lösen<br />

die posterioren Osteophyten erst nach dem Release der Kollateralbänder, aber noch<br />

vor dem Release der hinteren Kapsel.<br />

4.3.4.3.2 Kollateralbänder oder Semimembranosus<br />

Sowohl ein Release der Kollateralbänder als auch ein Release des Semimembranosus<br />

wird von verschiedenen Autoren als eventuelle zweite Release-Möglichkeit nach der<br />

Osteophytenentfernung ins Gespräch gebracht. Dabei wird sowohl daran gedacht, dass<br />

beide Strukturen an einer die FC begleitenden Deformität der koronaren Ebene mitwirken,<br />

als auch dass beide selbst zu einer Flexionskontraktur beitragen können.<br />

Tab. 51: Zweiter Release-Schritt: Kollateralbänder oder Semimembranosus<br />

Kollateralband-Release als 2. Schritt Semimembranosus-Release als 2.Schritt<br />

Tanzer und Miller (1989) Teeny et al (1991)<br />

Firestone et al (1992) Delfico und Tria (1996)<br />

Whiteside und Mihalko (2002)<br />

Clarke und Scuderi (2003)<br />

Mihalko und Whiteside (2003)<br />

Whiteside (2004)


4.3.4.3.2.1 Kollateralbänder<br />

153<br />

Nachdem die Osteophyten entfernt wurden, sollten bei den Release-Schritten die Kollateralbänder<br />

als nächste gelöst werden (Whiteside und Mihalko 2002, Whiteside 2004).<br />

Ein Grund dafür ist, dass ein Kollateralband-Release sowohl medial als auch lateral zu<br />

den Standard-Schritten bei dem Balancing von Varus und Valgus gehören. Eine Korrektur<br />

von Varus oder Valgus sollte vor der Korrektur einer Flexionskontraktur durchgeführt<br />

werden (Tanzer und Miller 1989, Firestone et al 1992, Whiteside und Mihalko<br />

2002, Clarke und Scuderi 2003). Ein anderer Grund dafür ist, dass die Kollateralbänder<br />

entscheidend zur Entwicklung und Aufrechterhaltung einer Flexionskontraktur beitragen<br />

und deshalb bei einer Korrektur der FC gelöst werden sollten (Mihalko und Whiteside<br />

2003, Whiteside 2004).<br />

Tab. 52: Ziel des Kollateralband-Release<br />

Korrektur von Varus-/Valgus-Deformität Direkte Korrektur der Flexionsdeformität<br />

Tanzer und Miller (1989) Mihalko und Whiteside (2003)<br />

Firestone et al (1992) Whiteside (2004)<br />

Whiteside und Mihalko (2002)<br />

Clarke und Scuderi (2003)<br />

Firestone et al (1992), Whiteside und Mihalko (2002) und Mihalko und Whiteside<br />

(2003) lösen aus diesem Grund bei der die FC begleitenden Varusdeformität zuerst das<br />

Innenband, bei begleitender Valgusdeformität das Außenband und erst danach die hintere<br />

Kapsel.<br />

4.3.4.3.2.2 Semimembranosus<br />

Auch Delfico und Tria (1996) führen als ersten Schritt der Weichteilrelease-Sequenz<br />

zur Korrektur des FC eine Korrektur der koronaren Deformität durch. Da eine begleitende<br />

Varusdeformität sehr häufig mit einer FC kombiniert ist, lösen die Autoren als<br />

erste Struktur den medial posterior an der Tibia ansetzenden Semimembranosus. Dieser<br />

Schritt wird vor dem Release der hinteren Kapsel durchgeführt. Teeny et al (1991) führen<br />

nach der Entfernung der Osteophyten und einer Korrektur der Varusdeformität<br />

durch ein Release des Innenbandes, ein Release des Semimembranosus zur Korrektur<br />

der FC. Diesem Release folgt dann ein Release der hinteren Kapsel. Auf der lateralen<br />

Seite zu einer die FC begleitenden Korrektur einer Valgusdeformität gibt es keine dem


154<br />

Semimembranosus vergleichbare Struktur, die abgesehen von den Kollateralbändern zur<br />

Korrektur der FC gelöst werden kann.<br />

4.3.4.3.3 Kapsel<br />

Tanzer und Miller (1989), Firestone et al (1992), Delfico und Tria (1996), Whiteside<br />

und Mihalko (2002), Clarke und Scuderi (2003), Mihalko und Whiteside (2003), Tria<br />

(2004) und Whiteside (2004) führen ein Release der hinteren Kapsel direkt nach der<br />

Entfernung der Osteophyten und einem Balancing einer Varus- und Valgusdeformität<br />

durch, dass heißt erst wenn eine angemessene mediale und laterale Laxizität in Extension,<br />

entweder durch ein Kollateralband-Release oder ein Semimembranosus-Release,<br />

wiederhergestellt wurde. Übereinstimmend wird das Release der hinteren Kapsel als<br />

wichtige Maßnahme bei der Korrektur der FC beschrieben, nach dem Release von Kollateralbändern<br />

und der Osteophyten-Entfernung, aber noch vor dem HKB-Release oder<br />

einer zusätzlichen distalen Femurresektion.<br />

Bei Delfico und Tria (1996) wird nach einer bereits erfolgten Korrektur einer Varusdeformität,<br />

dem Release der hinteren Kapsel und dem Release des HKB zusätzlich ein<br />

wiederholtes Release der hinteren Kapsel durchgeführt, im Unterschied zum ersten hinteren<br />

Kapsel-Release aber nicht vom femoralen Ansatz, sondern vom tibialen Ansatz.<br />

Tab. 53: Verhältnis von Kapsel-und HKB-Release<br />

Kapsel-Release vor dem HKB-Release Kapsel-Release nach dem HKB-Release<br />

Tanzer und Miller (1989) Laskin und Rieger (1989)<br />

Firestone et al (1992) Delfico und Tria (1996)<br />

Delfico und Tria (1996) Kumar und Dorr (1997)<br />

Whiteside und Mihalko (2002)<br />

Clarke und Scuderi (2003)<br />

Mihalko und Whiteside (2003)<br />

Tria (2004)<br />

Berend et al (2006)<br />

Whiteside und Mihalko (2002) berichten, dass beim Kapsel-Release zuerst der auf der<br />

konkaven Seite der koronaren Deformität liegende Kapselanteil gelöst wird, danach der<br />

auf der konvexen Seite. Dies bedeutet, dass eine mit Varusdeformität begleitende FC<br />

zuerst ein hinteres Kapsel-Release der medialen Seite und, wenn dann nötig, der lateralen<br />

Seite erhält. Beim Valgus ist dies umgekehrt. Zuerst erfolgt ein laterales Release der<br />

hinteren Kapsel, danach ein mediales Release. Wie zum Beispiel Berend et al (2006)<br />

sehen die meisten aufgeführten Autoren ein Kapsel-Release noch vor dem Release des<br />

HKB, nur Laskin und Rieger (1989), Delfico und Tria (1996) und Kumar und Dorr<br />

(1997) führen das Kapsel-Release nach demjenigen des HKB durch.


4.3.4.3.4 Letzte gelöste Weichteil-Struktur<br />

155<br />

Auch bezüglich derjenigen Weichteilstruktur, die als letzte in der Release-Sequenz der<br />

Weichteile zur Korrektur einer FC behandelt werden sollte, herrscht Uneinigkeit in der<br />

Literatur.<br />

In der Literatur wird diesbezüglich sowohl ein Release des HKB als auch ein Release<br />

des Gastrocnemius zur Korrektur einer FC vorgeschlagen.<br />

Tab. 54: Letzter Release-Schritt zur FC-Korrektur:<br />

HKB-Release als letzter Schritt Gastrocnemius-Release als letzter Schritt<br />

Laskin und Schob (1987) Laskin und Rieger (1989)<br />

Laskin und Rieger (1989) Delfico und Tria (1996)<br />

Firestone et al (1992) Robbins et al (2001)<br />

Delfico und Tria (1996)<br />

Kumar und Dorr (1997)<br />

Whiteside und Mihalko (2002)<br />

Mihalko und Whiteside (2003)<br />

4.3.4.3.4.1 Hinteres Kreuzband<br />

Das HKB-Release wird bei Firestone et al (1992) nach dem Release von Kollateralbändern<br />

und Kapsel durchgeführt, aber noch vor einer zusätzlichen Femurresektion. Mihalko<br />

und Whiteside (2003) lösen das HKB nach dem Release von Kollateralbändern und<br />

Kapsel und, wenn nötig, sogar erst nach einer zusätzlichen Femurresektion (Mihalko<br />

und Whiteside 2003). Bei Kumar und Dorr (1997) dagegen wird ein HKB bereits vor<br />

dem Release der hinteren Kapsel durchgeführt, weil durch eine Opferung des HKB ein<br />

komplettes Release der hinteren Kapsel vom dorsalen Femur erst möglich gemacht<br />

wird. Außerdem sehen die Autoren bei einer nötigen zusätzlichen Femurresektion den<br />

Erhalt des HKB sowieso in Gefahr, weil dies sich nachteilig durch eine Hebung der<br />

Gelenklinie auswirken würde.<br />

Tab. 55: HKB-Release am Schluss<br />

Vor dem Kapsel-Release Nach dem Kapsel-Release<br />

Laskin und Rieger (1989) Firestone et al (1992)<br />

Delfico und Tria (1996) Delfico und Tria (1996)<br />

Kumar und Dorr (1997) Mihalko und Whiteside (2003)<br />

Es gibt unterschiedliche Berichte, ob ein Release des HKB zur Korrektur einer FC überhaupt<br />

notwendig ist. Es gibt einige Autoren, die ein HKB-Release zur Korrektur einer<br />

FC durchführen (Laskin und Schob 1987, Laskin und Rieger 1989, Delfico und Tria<br />

1996, Kumar und Dorr 1997). Andere Autoren sind der Meinung, dass das HKB keinen


156<br />

Effekt auf die Extensionslücke hat und so auch nicht zur Korrektur der FC gelöst werden<br />

muss (Mihalko und Krackow 1999, Whiteside und Mihalko 2002, Mihalko und<br />

Whiteside 2003). Wiederum andere Autoren führen ein HKB-Release zwar durch, aber<br />

nicht um eine FC zu korrigieren, sondern um eine zu straffe Flexionslücke zu behandeln<br />

(Firestone et al 1992, Whiteside und Mihalko 2002, Mihalko und Whiteside 2003). Man<br />

führt ein HKB-Release auch deshalb durch, um ein posteriores Rollback zu verhindern<br />

(Whiteside und Mihalko 2002, Mihalko und Whiteside 2003).<br />

Tab. 56: Ziel eines HKB-Lösung<br />

Zur Korrektur einer FC<br />

Zur Straffung der<br />

Flexionslücke in der<br />

FC-Sequenz<br />

Freeman (1980) Firestone et al (1992)<br />

Laskin und Schob (1987)<br />

Laskin und Rieger (1989)<br />

Delfico und Tria (1996)<br />

Morrey und Trousdale<br />

(1996)<br />

Kumar und Dorr (1997)<br />

Healy et al (1998)<br />

4.3.4.3.4.2 Gastrocnemius<br />

Mihalko und Krackow<br />

(1999)<br />

Whiteside und Mihalko<br />

(2002)<br />

Mihalko und Whiteside<br />

(2003)<br />

Zur Verhinderung eines<br />

posterioren Rollback in<br />

der FC-Sequenz<br />

Whiteside und Mihalko<br />

(2002)<br />

Mihalko und Whiteside<br />

(2003)<br />

Delfico und Tria (1996) führen nach der Korrektur einer koronaren Deformität wie Varus<br />

oder Valgus, nach einem hinteren Kapsel-Release und sogar nach einem nötigen<br />

HKB-Release noch ein Release des entsprechenden M. gastrocnemius durch. Dieses<br />

Release wird als letzter Schritt einer Weichteil-Release-Sequenz durchgeführt, bevor<br />

zum Mittel einer zusätzlichen Femurresektion gegriffen wird. Auch Laskin und Rieger<br />

(1989) und Robbins et al (2001) lösen als allerletzte Struktur einer Weichteil-Sequenz<br />

den M. gastrocnemius.<br />

4.3.4.3.5 Zusätzliche distale Femurresektion nach Weichteil-Release<br />

Wenn alle Schritte des Weichteil-Balancings keine Korrektur der FC erbracht haben,<br />

kann eine zusätzliche Resektion des distalen Femurknochen durchgeführt werden, um<br />

dadurch die Extensionslücke zu vergrößern (Ranawat et al 1984, Laskin und Rieger<br />

1989, Firestone et al 1992, Delfico und Tria 1996, Kumar und Dorr 1997, Lu et al 1999,<br />

Robbins et al 2001, Whiteside und Mihalko 2002, Clarke und Scuderi 2003, Tria 2004).


157<br />

Bellemans et al (2006a) führen bereits am Anfang der Korrektur einer FC eine Überresektion<br />

des distalen Femur durch, direkt nach der Entfernung aller Osteophyten. Bei<br />

mangelndem Erfolg wird zu einem späteren Zeitpunkt nochmals eine zusätzliche Resektion<br />

des distalen Femur durchgeführt. Berend et al (2006) führen eine zusätzliche Femurresektion<br />

routinemäßig bei FC mit über 20° Deformität durch. Whiteside und Mihalko<br />

(2002) dagegen warnen vor einer zu frühen Überkorrektur der Knochenoberfläche,<br />

bevor nicht alle Osteophyten entfernt sind und alle betreffenden Ligamente balanciert<br />

sind. Es gibt aber auch Stimmen, die eine zusätzliche distale Femurresektion zur<br />

Korrektur einer FC für nicht angebracht halten. Mihalko und Whiteside (2003) halten<br />

ein routinemäßiges zusätzliches Resezieren des Femurs für nicht notwendig, auch wenn<br />

sie dies bei 2 von 103 Patienten ihrer Studie durchführen. McPherson et al (1994) sehen<br />

eine zusätzliche Femurresektion als nachteilig für die Kniekinematik an und empfehlen<br />

selbst bei verbleibender FC nach dem Korrekturversuch durch Weichteil-Release auf<br />

zusätzliche Knochenschnitte zu verzichten, weil eine FC sich auch postoperativ von<br />

selbst verbessern kann. Auch Tanzer und Miller (1989) halten eine postoperative Verbesserung<br />

der FC ebenfalls für möglich, sodass sie ebenfalls empfehlen, intraoperativ<br />

nicht unbedingt eine komplette Korrektur der FC zu erzwingen und sie deshalb keine<br />

zusätzliche Femurresektion durchführen, zumindest nicht unter 30° FC. Bei Laskin und<br />

Rieger (1989) wird eine zusätzliche Femurresektion bei FC von über 45° Deformität<br />

vollzogen, vorher nicht. Whiteside (2004) korrigiert dagegen fast alle Streckdefizite<br />

durch ein Weichteil-Balancing, sodass er eine zusätzliche Femurresektion zwar für<br />

möglich hält, aber nur sehr selten notwendig ist.<br />

Tab. 57: Zusätzliche distale Femurresektion: pro oder contra<br />

Pro Contra<br />

Ranawat et al (1984) Tanzer und Miller (1989)<br />

Laskin und Rieger (1989) McPherson et al (1994)<br />

Firestone et al (1992) Robbins et al (2001)<br />

Delfico und Tria (1996) Mihalko und Whiteside (2003)<br />

Kumar und Dorr (1997) Wyss et al (2006)<br />

Lu et al (1999)<br />

Robbins et al (2001)<br />

Whiteside und Mihalko (2002)<br />

Clarke und Scuderi (2003)<br />

Tria (2004)<br />

Bellemans et al (2006a)<br />

Berend et al (2006)<br />

Claus und Scharf (2007)<br />

Die zusätzliche Femurresektion am distalen Ende wird nach dem Kollateralband-<br />

Release und nach dem Kapsel-Release durchgeführt (Firestone et al 1992, Whiteside


158<br />

und Mihalko 2002, Clarke und Scuderi 2003, Mihalko und Whiteside 2003), nur dass<br />

bei Firestone et al (1992), Delfico und Tria (1996) und Whiteside und Mihalko (2002)<br />

die zusätzliche Femurresektion auch nach dem HKB-Release durchgeführt wird, bei<br />

Mihalko und Whiteside (2003) noch vor dem HKB-Release. Berend et al (2006) führen<br />

die erste zusätzliche Femurresektion vor dem HKB-Release durch, bei mangelndem<br />

Erfolg wird nach dem HKB-Release nochmals eine zusätzliche Femurresektion durchgeführt.<br />

Tab. 58: Verhältnis von HKB-Release und zusätzlicher Femurresektion<br />

Zusätzliche Femurresektion nach dem HKB-Release Zusätzliche Femurresektion vor dem HKB-Release<br />

Firestone et al (1992) Mihalko und Whiteside (2003)<br />

Delfico und Tria (1996) Berend et al (2006)<br />

Whiteside und Mihalko (2002)


4.3.5 Recurvatum-Deformität<br />

4.3.5.1 Allgemein<br />

159<br />

Während über Varus-, Valgus- und Flexionskontrakturen umfassend in der Literatur<br />

publiziert wird, gibt es über die Implantation einer Knie-TEP bei Genu recurvatum nur<br />

sehr wenige Berichte (Meding et al 2003). Bei Krackow (1990) und Krackow und<br />

Weiss (1990) tauchen Recurvatum-Deformitäten von mindestens 5° nur bei 0,25-1% der<br />

Fälle aller implantierten Knie-TEP auf. Meding et al (2001, 2003) fügen hinzu, dass das<br />

Recurvatum eine eher ungewöhnliche Ausgangssituation vor der Implantation einer<br />

Knie-TEP ist. Das Genu recurvatum präsentiert sich als eine Hyperextension im tibiofemoralen<br />

Gelenk (Ilario et al 2004).<br />

Abb.50. Klinische Untersuchung eines Genu recurvatum mit Hyperextension (aus<br />

McRae 2004).<br />

Beim Genu recurvatum herrscht im Gegensatz zur Flexionskontraktur eine im Vergleich<br />

größere Extensionslücke und eine kleinere Flexionslücke (Whiteside 2004). Genauso<br />

wie die Flexionskontraktur, ist auch das Recurvatum häufig mit einer Deformität der<br />

koronaren Ebene verbunden, was im Fall des Recurvatum besonders häufig mit einer<br />

Valgusdeformität vergesellschaftet ist (Freeman 1980, Whiteside und Mihalko 2002,<br />

Meding et al 2003, Whiteside 2004).


160<br />

Abb.51. Recurvatum-Deformität: Die Extensionslücke ist größer als die Flexionslücke<br />

(aus Whiteside 2004).<br />

Es existieren 2 Varianten der Recurvatum-Deformität. Die eine Variante ist eine physiologische<br />

naturgegebene Form des Recurvatum, die generell bilateral und symmetrisch<br />

auftritt und meist eine Deformität unter 15° hat und dabei asymptomatisch bleibt. Die<br />

zweite Form des Recurvatum ist eine pathologisch erworbene Variante, die gewöhnlich<br />

nur unilateral auftritt, dabei aber meist eine Deformität von über 15° aufweist und dadurch<br />

für den Patienten als symptomatisch erscheint (Ilario et al 2004). Ein erworbenes<br />

Recurvatum kann viele verschiedene ursächliche Faktoren haben. Dazu gehören physische<br />

Traumata, eine Osteomyelitis, eine Poliomyelitis oder Weichteiltraumata (Meding<br />

et al 2003, Ilario et al 2004). Eine Hyperextension tritt gehäuft während der intraoperativen<br />

Maßnahme bei der Implantation einer Knie-TEP auf, nämlich dann, wenn zur Korrektur<br />

einer Flexionskontraktur beim zusätzlichen Schnitt durch Tibia- oder Femurknochen<br />

zuviel vom Knochen entfernt wird (Tew und Forster 1987, Scuderi und Tria 2006).<br />

Tew und Forster (1987) sprechen von einer höheren Anzahl von hyperextendierten<br />

Kniegelenken, die als Konsequenz einer OP entstehen, als präoperativ allein durch eine<br />

Arthritis selbst. Auch Krackow und Weiss (1990) bestätigen, dass es keine Seltenheit<br />

ist, dass ein Recurvatum sekundär durch Knochenabnutzung vom distalen Femur oder<br />

der proximalen Tibia entsteht, was zu einer Lockerung der Implantat-Komponenten<br />

führen kann.<br />

Wenn Patienten mit einem Genu recurvatum eine Indikation zur Knie-TEP haben, kann<br />

dieses Recurvatum ursächlich sowohl eine knöcherne als auch eine ligamentäre Komponente<br />

haben (Krackow und Weiss 1990, Ilario et al 2004). Als ligamentäre Ursachen<br />

kommen sowohl schwache oder gedehnte posteriore Weichteil-Strukturen, wie eine<br />

gedehnte posteriore Kapsel, die eigentlich eine Hyperextension verhindern sollte, in<br />

Frage, als auch gedehnte Kollateral- und Kreuzbänder (Krackow und Weiss 1990, Robbins<br />

et al 2001, Meding et al 2003). Knöcherne Ursachen können sowohl ein Verlust


161<br />

des Knochenstocks vom distalen Teil des Femurs als auch des proximalen Teils der<br />

Tibia oder beides in Frage kommen (Krackow und Weiss 1990). Auswirkung einer solchen<br />

tibiofemoralen Laxizität beim Recurvatum kann die Unfähigkeit sein, das Kniegelenk<br />

"einzurasten". Zusätzlich kommt es noch zu einer Senkung des patellofemoralen<br />

Hebelarms und einer beeinträchtigten Funktion des M. quadriceps (Ilario et al 2004).<br />

Symptome eines Recurvatum, mit denen Patienten zur geplanten Knie-TEP erscheinen,<br />

können neben einem Schwächegefühl im betroffenen Kniegelenk auch Schmerzen und<br />

ein Gefühl der Instabilität sein (Ilario et al 2004). Wegen einer verbundenen muskulären<br />

Schwäche oder einer eventuell vorhandenen Lähmung gilt das Genu recurvatum als<br />

relative Kontraindikation zur Knie-TEP Implantation, weshalb Insall und Haas (1993)<br />

ebenso wie Giori und Lewallen (2002) und Meding et al (2003) größten Wert auf die<br />

präoperative Untersuchung von Quadrizeps, Gastrocnemius und der Hamstring-<br />

Muskeln legen. Insall und Haas (1993) stellen fest, dass intraoperativ bereits korrigierte<br />

Recurvatum-Kniegelenke nach der OP kein neues Recurvatum mehr entwickeln, es sei<br />

denn es liegt eine fehlende Muskelkontrolle um das Kniegelenk herum vor. Giori und<br />

Lewallen (2002) berichten von Poliomyelitis betroffenen Kniegelenken, die nach einer<br />

Knie-TEP Implantation zu Wiederkehr einer Instabilität und einer fortschreitenden<br />

funktionellen Schädigung aufgrund der muskulären Schwäche tendieren. In Abwesenheit<br />

von neuromuskulären Schäden tendiert das Recurvatum nach einer Knie-TEP-<br />

Implantation aber meist nicht wiederzukehren und ein Recurvatum allein ist keine Kontraindikation<br />

für die Implantation einer Knie-TEP (Meding et al 2003). Meding et al<br />

(2001, 2003) sehen deshalb das Vorhandensein eines präoperativen Recurvatum prinzipiell<br />

nicht als hinderlich für eine gut funktionierende Knie-TEP an und sehr wohl als<br />

Indikation für die Implantation einer Knie-TEP.


4.3.5.2 Korrektur-Techniken<br />

162<br />

Nach normaler Durchführung der Knochenresektionen bei Kniegelenken mit Recurvatum<br />

findet man einen übermäßig großen Extensionsraum und einen im Vergleich dazu<br />

zu kleinen Flexionsraum, was bei Resektion der "normalen" Knochenmenge zu einer<br />

laxen Extensionslücke und einer straffen Flexionslücke führen wird, genau umgekehrt<br />

zur Flexionskontraktur (Whiteside und Mihalko 2002, Whiteside 2004). Ziel der Korrektur<br />

des Recurvatum ist es eine Straffung der Extensionslücke, um eine Hyperextension<br />

zu verhindern (Krackow und Weiss 1990).<br />

Meding et al (2001) führen in ihrer klinischen Studie bei 53 Patienten mit präoperativem<br />

Recurvatum von >5° die Implantation einer Knieendoprothese durch. Postoperativ<br />

verschwindet jede Art von Hyperextension und kehrt auch nicht wieder zurück. Dabei<br />

schaffen es die Autoren, dieses Recurvatum allein durch die Implantation der Knie-TEP<br />

bei 98% der Patienten zu korrigieren. Dies ohne Unter- oder Überresektion von Knochen,<br />

ohne zusätzliches für das Recurvatum spezifisches Weichteil-Balancing und ohne<br />

Verwendung einer stärker geführten Prothese. Man sollte nur ausreichend dafür sorgen,<br />

dass selbst mildeste verbleibende Instabilitäten in koronarer Ebene intraoperativ vermieden<br />

oder korrigiert werden, weil solche Instabilitäten zu einer erhöhten Extension<br />

führen können und dies wiederum eine Hyperextension erleichtern könnte (Meding et al<br />

2003). Falls eine vorliegende Recurvatum-Deformität trotzdem zu Handlungsbedarf<br />

Anlass geben sollte, können neben veränderten Resektionsschritten und veränderten<br />

Prothesengrößen auch Release-Schritte an den Weichteilen vorgenommen werden.<br />

4.3.5.2.1 Veränderte Resektionsschritte<br />

Zur Korrektur des Ungleichgewichts der Gelenklücken, das beim Recurvatum mit lockerem<br />

Extensionsraum und straffem Flexionsraum vorherrscht, werden Anpassungen<br />

bei der initialen Knochenresektion vorgenommen (Whiteside 2004). Besonders wenn<br />

der Verlust von Knochenstock an Tibia oder Femur der einzige Grund für das Recurvatum<br />

ist, ist die alleinige Therapie des Recurvatum der Ersatz oder die Rekonstruktion<br />

des mangelhaften Knochens (Krackow und Whiteside 1990).<br />

Krackow und Weiss (1990) berichten über die Korrektur des Recurvatum von einer<br />

kleiner gehaltenen Extensionslücke im Vergleich zur Flexionslücke, die durch zurückhaltende<br />

Resektionsschritte am distalen Femur und der proximalen Tibia besonders in<br />

der gestreckten Kniehaltung erzielt werden soll. Auch Insall (1993), Favorito et al<br />

(2002), Insall und Easley (2002) und Whiteside und Mihalko (2002) sprechen von einer


163<br />

Unterkorrektur der Knochenenden des Kniegelenkes zur operativen Korrektur des Recurvatum.<br />

Zu den veränderten Resektionsschritten gehören nach Whiteside (2004) bei<br />

vorliegendem Recurvatum ebenfalls eine Unterresektion der distalen Femuroberfläche<br />

und eine Überresektion der hinteren Femuroberfläche, damit der Extensionsraum gestrafft<br />

wird und der Flexionsraum gelockert. Die Tibiaoberfläche wird zusätzlich in einem<br />

nach posterior geneigten Winkel reseziert, um damit den Flexionsraum zu vergrößern<br />

und den Extensionsraum einzuengen (Whiteside 2004).<br />

Abb.52. Distale femorale Unterresektion (a), posteriore femorale Überresektion (b),<br />

Tibianeigung nach posterior (aus Whiteside 2004).<br />

Ergebnis der veränderten Schneidelehre beim Recurvatum ist eine Resektionsmenge,<br />

die kleiner ist als die spätere Dicke der verwendeten Femurkomponente (Whiteside<br />

2004). Als Ziel und Ergebnis der Schneidelehre gelten zwei ausgeglichene und gleichgroße<br />

Abstände zwischen dem Anheftungspunkt der Kollateralbänder an der Tibia auf<br />

der einen Seite und den Resektionsflächen des distalen und posterioren Femur auf der<br />

anderen Seite (Whiteside 2004). Meding et al (2001) halten bei ihrer klinischen retrospektiven<br />

Studie von 53 Patienten mit einer Recurvatum-Deformität eine Unterkorrektur<br />

der Knochen aber für nicht notwendig.<br />

4.3.5.2.2 Verwendung anderer Prothesenkomponenten<br />

Da Krackow und Weiss (1990) eine Korrektur des Recurvatum eher durch Weichteil-<br />

Prozeduren erreichen wollen, wenn sie darin die Ursache sehen, sprechen sie sich bei<br />

der Art der gewählten Prothesenkomponenten für eine möglichst minimale Führung aus.<br />

Insall (1993) dagegen berichtet von paralytischen Typen des Recurvatum, die eine Tendenz<br />

zur Wiederkehr des Recurvatum besitzen, und aus diesem Grund die Verwendung<br />

einer Prothese mit höherem Führungsgrad zu empfehlen ist. Auch Giori und Lewallen


164<br />

(2002) sprechen von der Verwendung einer Prothese mit größerer Führung, sogar von<br />

einer Scharnierprothese. Sie sprechen auch von der Arthrodese des mit Recurvatum<br />

betroffenen Kniegelenkes, wenn dieses Kniegelenk zugleich von einer schwerwiegenden<br />

Quadrizeps-Schwäche begleitet wird. Whiteside und Mihalko (2002) berichten ebenso<br />

zwar von der Möglichkeit der Verwendung einer höher geführten Prothese oder<br />

sogar eines Scharniers, wenn ein Weichteil-Balancing zur Korrektur des Recurvatum<br />

sehr schwierig ist, aber raten deshalb davon ab, weil solche Prothesen mit höherer Führung<br />

zu Prothesenlockerung und mechanischem Versagen neigen und ihre klinische<br />

Studie auch ohne Prothese mit höherer Führung erfolgreich ein Recurvatum korrigieren.<br />

Sollte eine Instabilität der prothetischen Komponenten der Grund für das Auftreten des<br />

Recurvatums sein, fassen Krackow und Weiss (1990) als Therapievorschlag eine Verwendung<br />

von prothetischen Komponenten ins Auge, die eine exakte Größe besitzen.<br />

Laskin (1991), Insall (1993) und Insall und Easley (2002) sprechen bei der Verwendung<br />

passender Prothesenkomponenten zur Korrektur eines Recurvatum von der Verwendung<br />

von relativ dickeren femoralen oder tibialen Komponenten, um damit die Weichteilstrukturen<br />

zu spannen. Whiteside und Mihalko (2002) bevorzugen bei vorliegendem<br />

Recurvatum kleinere Femurkomponenten, um damit die Flexionslücke aufzuweiten. Ein<br />

solches "down-sizing" der Femurkomponenten ermöglicht dann eine Unterresektion der<br />

Tibia, was wiederum die Stabilität in Extension verbessert, ohne dass die Flexionslücke<br />

überfüllt ist. Auch Favorito et al (2002) empfehlen zur Korrektur eines initialen Recurvatum<br />

die Verwendung einer kleineren Femurkomponente, um dadurch eine größere<br />

Flexionslücke zu erreichen.<br />

Zur Anpassung an die beim Recurvatum vorkommenden Gegebenheiten mit zu kleiner<br />

Extensionslücke und größerer Flexionslücke, wird eine geringgradig kleinere Femurkomponente<br />

gewählt, die durch die Unterresektion des Femurs, auf dem Femur distaler<br />

als gewöhnlich platziert wird, um dadurch den Flexionsraum zu vergrößern (Whiteside<br />

2004). Da am hinteren Femur eine Überresektion durchgeführt wird, kann ein hinten<br />

dickerer Polyethyleneinsatz verwendet werden (Whiteside 2004).<br />

Krackow und Weiss (1990) und Robbins et al (2001) sprechen davon, dass bei der gewählten<br />

Geometrie der Femurkomponente als Teil einer Korrektur des Recurvatum der<br />

Radius der Krümmung auf der anterioren Seite der Femurkomponente stufenweise größer<br />

sein soll, verglichen mit dem der posterioren Seite der Femurkomponente.


165<br />

Die Wahl einer dickeren Tibiakomponente führt in Flexion zu einer korrekten Ligament-Spannung<br />

und einer korrekten Ausfüllung des Flexionsraumes, der durch die<br />

Wahl einer kleineren Femurkomponente entstanden ist (Whiteside 2004).<br />

Abb.53. Recurvatum-Deformität: Dickere Tibiakomponente zur korrekteren Ligamentspannung<br />

(aus Whiteside 2004).<br />

4.3.5.2.3 Balancing der Weichteilstrukturen<br />

Sollte das Recurvatum ein Resultat von mangelhafter Spannung der Kollateralbänder<br />

und der Gelenkskapsel sein, sehen Krackow und Weiss (1990) weniger die Indikation<br />

für prothetische Komponenten mit höherer Führung, um damit die Hyperextension zu<br />

verhindern, sondern denken dabei eher an ein Weichteil-Balancing zur Korrektur des<br />

Recurvatum.<br />

Die Funktion der Kollateralbänder in einem Kniegelenk mit Recurvatum-Deformität gilt<br />

als uneingeschränkt und optimal (Whiteside 2004). Der distale Abstand zwischen den<br />

Anheftungspunkten der Ligamente am Femur und der distalen Gelenksfläche des Femur<br />

imponiert als zu kurz und zu klein, sodass im Rahmen einer Kniestreckung eine Straffung<br />

der Kollateralbänder und der posterioren Kapsel erst dann eintritt, wenn es zur<br />

Hyperextension kommt (Whiteside 2004). Generell ist zu vermerken, dass eine Hyperextension<br />

dann verhindert wird, wenn die Kollateralbänder eine adäquate Spannung<br />

besitzen, auch wenn der posteriore Teil der Kapsel gedehnt bleibt (Krackow und Weiss<br />

1990). Bevor eine Korrektur des Recurvatum über ein Weichteil-Balancing durchgeführt<br />

werden kann, wird eine begleitende Varus- oder Valgusdeformität durch Releaseschritte<br />

an den medialen und lateralen Weichteilstrukturen korrigiert (Krackow und<br />

Weiss 1990, Insall und Haas 1993, Meding et al 2001), wie dies auch in ähnlicher Weise<br />

vor einer Flexionskontraktur geschieht. Wenn es beim initialen Balancing einer Varus-<br />

oder Valgusdeformität nicht zu einer adäquaten Spannung der Kollateralbänder


166<br />

kommt und das Recurvatum weiterhin persistiert, wird eine operative Reposition der<br />

Kollateralbänder auf medialer oder lateraler Seite unternommen, um damit das Recurvatum<br />

zu korrigieren (Krackow und Weiss 1990). Dabei unterliegen die Kollateralbänder<br />

einem Transfer ihrer femoralen Ansätze nach proximal und posterior (Krackow 1990,<br />

Krackow und Weiss 1990). Erst nachdem die Kollateralbänder korrekt positioniert sind,<br />

können sie sich in voller Extension angemessen straffen und so für eine adäquate Stabilität<br />

sorgen und eine Hyperextension verhindern (Krackow 1990, Krackow und Weiss<br />

1990). Die zur Therapie des Recurvatum vollzogene Versetzung der Kollateralbänder<br />

sollte reiflich überlegt sein und eine dadurch mögliche Insuffizienz der versetzten Kollateralbänder<br />

sollte abgeschätzt werden bzw. sollten die versetzten Kollateralbänder in<br />

der postoperativen Periode vor übermäßiger Belastung immer geschützt werden (Krackow<br />

und Weiss 1990). In der retrospektiven klinischen Studie von Meding et al (2001)<br />

mit 53 Patienten mit Recurvatum-Deformität war ein solcher Transfer der Kollateralbänder<br />

nicht notwendig.<br />

Auch um den Erhalt des HKB ist sich die Literatur nicht einig, denn während Healy et<br />

al (1998) eher von der Opferung des HKB ausgeht und eine substituierte Prothese beim<br />

Recurvatum bevorzugt, wird bei Meding et al (2001) das HKB erhalten.


4.3.5.3 Korrektur-Sequenzen<br />

167<br />

Bei der Recurvatum-Deformität kann man im Vergleich zu den anderen Deformitäten<br />

weniger von einer Weichteil-Sequenz sprechen, weil nur in bestimmten Fällen und von<br />

wenigen Autoren ein Weichteil-Balancing zur Korrektur des Recurvatum durchgeführt<br />

wird. In der Regel werden Veränderungen in den Resektionsschritten und der Auswahl<br />

der Prothesenkomponenten zur Recurvatum-Korrektur durchgeführt. Da es sich bei der<br />

Korrektur des Recurvatum nicht um aufwendige Release-Schritte an den Weichteilen<br />

handelt, sondern höchstens ein Balancing der Kollateralbänder oder der hinteren Kapsel<br />

und da auch die Komponentenauswahl der Prothesen und die Resektionshöhe der Knochen<br />

im Mittelpunkt stehen, werden die in der Literatur vorgeschlagenen Korrektur-<br />

Maßnahmen des Recurvatum einzeln vorgestellt.<br />

4.3.5.3.1 Erst Resektion, dann Implantat-Wahl<br />

Verschiedene Autoren führen zur Korrektur des Recurvatum veränderte Resektionsschritte<br />

durch, bevor sie danach zur Auswahl von adäquat angepassten Prothesenkomponenten<br />

übergehen.<br />

Tab. 59: Zuerst Resektion, dann Implantat-Wahl<br />

1. Schritt eine veränderte Knochenresektion,<br />

2. Schritt die Auswahl von passenden Prothesenkomponenten<br />

Krackow und Weiss (1990)<br />

Insall (1993)<br />

Favorito et al (2002)<br />

Whiteside und Mihalko (2002)<br />

Whiteside (2004)<br />

Insall (1993) und Whiteside und Mihalko (2002) berichten von der Korrektur des Recurvatum<br />

durch eine anfängliche Unterresektion des distalen Femur und eine Unterresektion<br />

der proximalen Tibia, um die Extensionslücke dadurch einzuschränken und zu<br />

verbessern. Danach wird eine kleinere Femurkomponente verwendet, um dadurch die<br />

Flexionslücke aufzuweiten.<br />

Beim Recurvatum mit alleiniger Laxizität in Extension werden zuerst Veränderungen<br />

der Resektionsschritte vorgenommen, was eine Unterresektion des distalen Femur, eine<br />

Überresektion der posterioren Femuroberfläche und eine nach hinten geneigte Tibiaoberfläche<br />

beinhaltet (Whiteside 2004). Danach werden die Größen der Prothesenkomponenten<br />

neu angepasst mit einer geringgradig kleineren Femurkomponente, die somit<br />

distaler als gewöhnlich sitzt und so der Flexionsraum größer erscheint und mit einer<br />

dickeren Tibiakomponente, die in Flexion den durch die verkleinerte Femurkomponente


168<br />

entstandenen Raum ausfüllt (Whiteside 2004). Auch Favorito et al (2002) berichten von<br />

der Therapie des Recurvatum durch einen Femurschnitt, der weiter distaler angesetzt<br />

werden soll, was einer Unterkorrektur des Femurs entspricht. Danach können zur Erhaltung<br />

einer größeren Flexionslücke kleinere Prothesenkomponenten verwendet werden.<br />

Tab. 60: Möglichkeiten der Kombinationen von Resektionen und Implantatwahl<br />

Resektion am Resektion am Auswahl der Auswahl der<br />

Femurknochen Tibiaknochen Femurkomponente Tibiakomponente<br />

Insall (1993) Unterresektion Unterresektion Dickere Komponente Dickere Komponente<br />

Whiteside und Unterresektion Unterresektion Kleinere Komponen- ---<br />

Mihalko (2002)<br />

te<br />

Favorito et al Unterresektion --- Kleinere Komponen- Kleinere Kompo-<br />

(2002)<br />

tenente<br />

Whiteside (2004) Unterresektion Überresektion + Kleinere Komponen- Dickere Kompo-<br />

posteriore Neigung tenente<br />

Wenn die Ursache für das Recurvatum alleinig Verlust von Knochenmasse oder Instabilität<br />

von prothetischen Komponenten ist, sollte zuerst der mangelhafte Knochen rekonstruiert<br />

werden und danach adäquate prothetische Komponenten eingesetzt werden<br />

(Krackow und Weiss 1990).<br />

4.3.5.3.2 Erst Resektion, danach Weichteil-Release, zuletzt Implantatwahl<br />

Bei vorliegendem Recurvatum mit mangelhaften Weichteilen als Ursache der Deformität<br />

sollten die Resektionsschritte in Extension, das heißt das distale Femur und die proximale<br />

Tibia zurückhaltend durchgeführt werden, besonders im Vergleich zur Resektion<br />

der hinteren Femurkondylen, die nur die Flexionslücke beeinflussen können. Wenn das<br />

Recurvatum von einer Deformität der koronaren Ebene, wie Varus oder Valgus, begleitet<br />

wird, sollte als erstes diese Deformität auf ihrer konkaven Seite korrigiert werden,<br />

bevor man die Korrektur des Recurvatum angeht. Danach wird ein Balancing der Kollateralbänder<br />

durchgeführt, indem ihre femoralen Ursprünge nach proximal und posterior<br />

transferiert werden. Nach dem Weichteil-Balancing sollte eine adäquate Femurkomponente<br />

verwendet werden, die eine Geometrie aufweist, bei der die Vorderseite der Femurkomponente<br />

eine größere Krümmung aufweist als die Hinterseite der Komponente<br />

(Krackow und Weiss 1990).<br />

Tab. 61: Erst Resektion, danach Weichteil-Balancing, zuletzt Implantatwahl<br />

Krackow und Weiss (1990)<br />

1. Unterresektion an Tibia- und Femurknochen<br />

2. Weichteil-Balancing durch Kollateralband-Transfer<br />

3. Wahl einer Femurkomponente mit adäquater Geo-<br />

metrie


169<br />

4.3.5.3.3 Zum Schluß Implantat mit höherem Führungsgrad<br />

Einige Autoren sehen nur die Möglichkeit, ein Recurvatum mit einer Knie-TEP mit<br />

möglichst hohem Führungsgrad adäquat zu korrigieren.<br />

Tab. 62: Verwendung von höhergeführten Prothesen<br />

Prothese mit höherem Führungsgrad als letzte Möglichkeit zur Korrektur<br />

eines Recurvatum<br />

Krackow und Weiss (1990)<br />

Insall (1993)<br />

Healy et al (1998)<br />

Giori und Lewallen (2002)<br />

Whiteside und Mihalko (2002)<br />

Krackow und Weiss (1990) bringen auch den Gedanken ins Spiel, eine prothetische<br />

Komponente mit höherem Führungsgrad zu verwenden, um so eine Hyperextension zu<br />

verhindern. Die Flucht in eine höher geführte Prothese als letzten Ausweg zur Korrektur<br />

des Recurvatum war aber in ihrer Studie nicht notwendig. Auch Healy et al (1998) empfehlen<br />

bei vorliegendem Recurvatum die Verwendung einer Prothese mit höherer Führung,<br />

weil sie das HKB opfern und es substituieren würden. Insall (1993) und Giori und<br />

Lewallen (2002) empfehlen ebenfalls die Verwendung von höher geführten Prothesen,<br />

aber nur bei vorliegendem Recurvatum mit paralytischem Nebenbefund, wie z.B. einer<br />

Quadrizepsschwäche. Auch Whiteside und Mihalko (2002) erwähnen die Möglichkeit<br />

der Verwendung einer höher geführten Prothese zur Korrektur des Recurvatum, wenn<br />

andere Vorgehensalternativen sich als nicht durchführbar oder zu schwierig herausstellen.<br />

Sie entscheiden sich aber wegen der Neigung des Prothesenversagens gegen diese<br />

Variante.


5 Diskussion<br />

170<br />

Die Therapie der Wahl bei fortgeschrittener Arthrose des Kniegelenkes stellt heutzutage<br />

die Knietotalendoprothese dar. Die Implantation einer Knie-TEP hat sich mittlerweile in<br />

der orthopädischen Chirurgie etabliert und entwickelt sich mit steigender Tendenz zu<br />

der häufigsten orthopädischen Operationen überhaupt. Die richtige Wahl der Zugangswege<br />

durch die Haut und in das Gelenk (Arthrotomie) ist – ebenso wie das Weichteil-<br />

Balancing - ein entscheidender Schritt, welcher vom Operateur in der operativen Strategie<br />

berücksichtigt werden muss. In der Literatur herrscht bei diesen beiden wichtigen<br />

Punkten der Knie-TEP-Operationstechnik bis heute Uneinigkeit.<br />

Obwohl von allen Seiten die Bedeutung des Weichteil-Balancings bei der Implantation<br />

einer Knie-TEP unterstrichen wird, gehen die wenigsten Autoren und Operteure ins<br />

Detail und versuchen evidence-based einen „goldenen Weg“ für das Weichteil-Balncing<br />

und deren Release-Schritte zu finden. Diese Arbeit versucht daher die unterschiedlichen<br />

Strategien zu den chirurgischen Zugangswegen und zum Weichteil-Balancing darzustellen<br />

und Lösungsstrategien für die unterschiedlichen Kniedeformitäten herzuleiten um<br />

daraus Algorytmen zur Korrektur zu erarbeiten.<br />

5.1 Zugangswege zum Kniegelenk<br />

Ein wichtiger Eckpfeiler bei der operativen Korrektur einer Knie-Deformität durch ein<br />

Weichteil-Balancing ist das Wissen, dass der chirurgische Zugang einen erheblichen<br />

Einfluß auf die umliegenden Weichteile und deshalb auf das Balancing hat. Eine Verschiebung<br />

der Beinachse in Richtung Valgus kann zwar bei allen drei medialen Zugängen<br />

beobachtet werden, aber beim Standardzugang ist diese am stärksten (Claus und<br />

Scharf 2007). Insgesamt kann momentan aber in der Literatur noch nicht nachgewiesen<br />

werden, dass der anatomische Zugangsweg definitiv die intraoperative Bandspannung<br />

beeinflusst (Lüring et al 2006). Der Operateur sollte sich bei der Auswahl des Zugangsweges<br />

zum Kniegelenk bewusst sein, dass bereits bei dieser Auswahl mit eventuell<br />

falscher Beurteilung von Indikation und Kontraindikation eines chirurgischen Zugangsweges<br />

eine potentielle Fehlerquelle vorhanden ist.<br />

Diese Arbeit zeigt auf, dass sowohl mediale als auch laterale Arthrotomien durch ein<br />

und denselben längsorientierten Hautschnitt in der Mittellinie des Kniegelenkes<br />

eröffnet werden können. Daneben gibt es auch Variationen von Hautinzisionen, medial<br />

oder lateral parapatellar, welche heutzutage kaum noch verwendet werden (Ausnahme:


171<br />

z.B. vorhandene Narben), weil Operateure sich bei der Zugangswahl nicht schon zu<br />

Beginn der Operation in der Exposition des Kniegelenkes einschränken lassen wollen.<br />

Bei der Arthrotomie bzw. Kapselinzision wird der medial parapatellare Zugang mit<br />

großem Abstand am häufigsten verwendet (Pape und Kohn 2007). Im Laufe der letzten<br />

10-15 Jahren haben sich mit dem Subvastus- und dem Midvastus-Zugang zwei weitere<br />

mediale Arthrotomie-Techniken entwickelt, die von einigen Operateuren wegen ihrer<br />

Vorteile, insbesondere der Schonung des Streckapparates und der patellaren Blutzufuhr<br />

bevorzugt werden. Diese Arbeit konzentriert sich die Vor- und Nachteile der einzelnen<br />

Zugänge und weisst auf besondere Indikationen und Kontraindikationen eines jeden<br />

Zuganges hin.<br />

Gerade der weitverbreitete mediale parapatellare Zugang gilt bei einigen Operateuren<br />

wegen der Verletzung des Streckapparates als nachteilig. Lüring et al (2006) berichten<br />

von einigen Studien, welche die Vorteile von Sub- und Midvastuszugang gegenüber<br />

dem Standardzugang besonders in der frühen postoperativen Phase herausgestellt und<br />

konsekutiv zur weiteren Verbreitung dieser Zugänge geführt haben. Tab. 63 zeigt die<br />

Vorteile der beiden neueren medialen Zugänge auf. Diese Vorteile wurden in der vorliegenden<br />

Arbeit aus einer großen Zahl von Veröffentlichungen gewonnen.<br />

Tab. 63: Vorteile des Sub- und Midvastus gegenüber dem Standardzugang:<br />

( „+“: verbessert, „-“: geringer)<br />

Vorteile des Subvastus Vorteile des Midvastus<br />

Quadrizepsverletzung - -<br />

Rückkehr zur normalen<br />

Quadrizepskontrolle<br />

+ +<br />

postoperative Quadrizepskraft<br />

+ +<br />

Gleiten der Patella + +<br />

Inzidenz der lateralen Retinakulum-Release<br />

- -<br />

Schonung der patellaren<br />

Blutversorgung<br />

+ +<br />

Blutverlust - -<br />

Aufenthaltsdauer in der<br />

Klinik<br />

- -<br />

postoperativer Schmerz - -<br />

Schnellere Rehabilitation + +<br />

Sicht auf Operationssitus + +<br />

Einfachere Technik + +<br />

Inzision an der Anatomie<br />

orientiert<br />

+ -<br />

Weniger Wundkomplikationen<br />

+ -<br />

Bessere Patientenakzeptanz - +


172<br />

Die Vorteile von Sub- und Midvastus gegenüber dem medial parapatellaren Zugang<br />

sind sehr ähnlich und können von der veränderten Schnittführung mit Vermeidung einer<br />

Traumatisierung des M. vastus medialis und der medialen patellaren Blutversorgung<br />

abgeleitet werden. Leider sind die wichtigsten Vorteile, die diesen beiden Arthrotomien<br />

gegenüber dem medialen parapatellaren Zugang zugesprochen werden, nur in der frühen<br />

postoperativen Phase 6 Wochen bis 3 Monate nach der OP nachweisbar. Nach einer<br />

längeren postoperativen Periode können diese beiden Zugänge im Vergleich zum medialen<br />

parapatellaren Zugang keine relevanten Vorteile mehr aufweisen.<br />

Diese Arbeit zeigt, dass einige Operateure diese relativ kurz währenden Vorteile von<br />

Sub- und Midvastus nicht auf Kosten der erschwerten Operationstechnik im Vergleich<br />

zum medial parapatellaren Zugang akzeptieren möchten. Insbesondere die verringerte<br />

Exposition des Kniegelenkes und auch eine verlängerte Operationsdauer aufgrund erschwerter<br />

Opertionstechnik sind nachteilige Auswirkungen, welche als gravierdende<br />

Unterschiede zum medial parapatellaren Zugang genannt werden. Es wird auch gezeigt,<br />

dass im Vergleich zu dem medialen parapatellaren Zugang, bei dem so gut wie keine<br />

schwerwiegenden Kontraindikationen vorliegen und der nahezu immer einsetzbar ist,<br />

die beiden anderen medialen Zugänge zum Kniegelenk aufgrund ihrer gesicherten<br />

Nachteile eine Reihe von Kontraindikationen bieten. Tab. 64 zeigt die häufigsten Kontraindikationen<br />

von Subvastus und Midvastus.<br />

Tab. 64: Kontraindikationen des Sub- und Midvastuszuganges<br />

Subvastus Midvastus<br />

Fettleibigkeit und Übergewicht Fettleibigkeit und Übergewicht<br />

Revisionsoperationen Revisionsoperationen<br />

Hypertrophische Arthropathien Hypertrophische Arthropathien<br />

Vorherige hohe Tibiaosteotomien Vorherige hohe Tibiaosteotomien<br />

Schwere Deformitäten Schwere Deformitäten<br />

Starre und steife Kniegelenke Starre und steife Kniegelenke<br />

Fixierter Valgus Fixierter Valgus<br />

Kurze muskulöse Beine Kurze muskulöse Beine<br />

Jede vorherige Arthrotomie<br />

Ischämiegefährdete Haut<br />

Patella infera und Patella baja<br />

Diese Aufzählung von Kontraindikationen erklärt den bis heute erfolgreichen Einsatz<br />

des medialen parapatellaren Zugangs, welcher bei all diesen Kontraindikationen zum<br />

Einsatz kommen kann. Als Unterschied zwischen Subvastus und Midvastus wird in dieser<br />

Arbeit die einfachere Technik des Midvastus, die durch die leichte Durchtrennung<br />

des Vastus medialis resultierende leichtere Patella-Eversion und die im Vergleich zum


173<br />

Subvastus bessere Einsicht aufs Gelenk angeführt. Einzig und allein die komplette<br />

Schonung des Streckapparates spricht in diesem Zusammenhang für den Subvastus.<br />

Diese Arbeit beinhaltet auch die Vorteile und Nachteile des lateralen parapatellaren<br />

Zuganges und zeigt, dass dieser Zugang für manche Operateure eine Alternative zum<br />

Standardzugang bei Valgusdeformität sein kann. Pape und Kohn (2007) sehen ebenso<br />

wie andere Autoren die potentiellen Nachteile des medialen parapatellaren Zuganges<br />

beim Valgusknie bei weitem als nicht so schwerwiegend an, als dass ihnen im Vergleich<br />

zu den Nachteilen des lateralen Zuganges mehr Bedeutung beigemessen werden<br />

müsste.<br />

Die minimal-invasive Technik mit kleinerem Hautschnitt und kleinerer Arthrotomie<br />

führt vor allem in der frühen postoperativen Phase zu verbesserter Mobilisation und<br />

früherer Rehabilitation. Diese Vorteile sind nur zeitlich begrenzt und können 6 Wochen<br />

nach der OP nicht mehr nachgewiesen werden (Hart et al 2006). Da die minimalinvasive<br />

Technik auf eine geeignete Patientenauswahl angewiesen ist und im Vergleich<br />

zum normalen medialen parapatellaren Zugang nicht bei allen Deformitäten zum Einsatz<br />

kommen kann, hat sie es bis zum heutigen Tage noch nicht geschafft, die Standardarthrotomien<br />

zu verdrängen (Tenholder et al 2005). Da die meisten minimal-invasiven<br />

Zugänge aus den vier in dieser Arbeit genannten Zugängen mit traditioneller Länge entstanden<br />

sind, ist es auch möglich je nach intraoperativem Bedarf, diese Mini-Inzisionen<br />

auf die normale Größe zu auszudehnen. Dadurch gehen folglich die Vorteile, die solche<br />

Mini-Inzisionen bieten, verloren. Für den Operateur steigen damit aber die operativen<br />

Handlungsmöglichkeiten (Cook et al 2006). Auch wenn es bei der Frage nach dem optimalen<br />

Zugangsweg bereits einige vergleichende klinische Studien gibt, und diese Arbeit<br />

die Vor- und Nachteile sowie Indikationen und Kontraindikationen jedes einzelnen<br />

Zuganges darlegt, sind dieses Thema und die Diskussion über den optimalen chirurgischen<br />

Zugangsweg bei der TEP-Implantation am Kniegelenk noch lange nicht beendet<br />

und bedürfen entsprechend valider Studien.<br />

5.2 Weichteil-Balancing<br />

Claus und Scharf (2007) heben hervor, dass eine Balacierung des Kapsel-Bandapparates<br />

bei der Knie-TEP-Implantation in unterschiedlichen Techniken durchgeführt<br />

werden kann. Viele Operateure haben ihre eigenen Release-Sequenzen bei der Knie-<br />

TEP-Implantation verwendet und konnten in Nachuntersuchungen feststellen, dass diese


174<br />

Maßnahmen gute bis sehr gute postoperative klinische Ergebnisse aufweisen konnten.<br />

Auch Claus und Scharf (2007) betonen, dass zu diesem Thema nur deskriptive anatomische<br />

und klinische Studien vorherrschen und dass prospektive randomisierte klinische<br />

Studien und Metaanalysen völlig fehlen. Klinische Studien, welche zwei unterschiedliche<br />

Balancierungs-Strategien vergleichen, können in der Literatur jedoch ebenfalls nicht<br />

gefunden werden. Ebenso sind Techniken auf der Basis von "evidence based medicine"<br />

in der Literatur nicht zu finden.<br />

Vor allem Kadaverstudien haben bisher dazu beigetragen, die Auswirkungen der Release-Schritte<br />

der einzelnen Weichteilstrukturen zu quantifizieren und zu bewerten. Eine<br />

Übertragung in die klinische Situation kann hier aber nur vage und mit Vorsicht erfolgen<br />

(Clarke et al 2005).<br />

Diese Arbeit zeigt, dass man durch Kadaverstudien und den dabei durchgeführten Ligament-Release-Schritten<br />

sehr gute Aufschlüsse über die z.T. komplexen Effekte eines<br />

einzelnen Releaseschrittes herausfinden kann, aber auch in welchem Maße eine bestimmte<br />

Struktur in Flexion oder Extension bei einem Release seine Wirkung verliert.<br />

Das Wissen über die Wirkung eines Release einer bestimmten Struktur in Bezug auf<br />

den Flexionsgrad hat entscheidende Auswirkungen auf die Balacierung des Flexionsund<br />

Extensionsspaltes.<br />

Es werden viele unterschiedliche Techniken zu jeder Deformität in der Literatur beschrieben.<br />

Mit dem Ziel dieser Arbeit, die bisherigen in der Literatur beschriebenen<br />

Strategien zum Weichteil-Balancing darzustellen und zu diskutieren, kann gezeigt werden,<br />

dass sich die Autoren in vielen Bereichen einig sind, es aber auch Themen gibt, die<br />

sehr unterschiedlich bewertet werden.<br />

Bereits die Frage, ob das Weichteil-Balancing vor oder nach den Knochenschnitten<br />

durchgeführt werden soll, wird in der Literatur unterschiedlich gehandhabt.<br />

Diese Arbeit zeigt, aus welchen Gründen einige Autoren das Weichteil-Balancing schon<br />

vor den Knochenschnitten beginnen, aber auch, dass ein Balancing nach den Knochenschnitten<br />

zur Korrektur einer Deformität nahezu als unerlässlich ist.<br />

Die Wiederherstellung eines suffizienten Kapsel-Band-Appartes gehört zu den wichtigsten<br />

Zielen bei der Implantation einer Knie-TEP (Briard et al 2007, Graichen 2007).<br />

Nach Putz et al (2007) herrschen bis zum heutigen Tage auch bei Fachleuten noch Unklarheiten<br />

über die Funktion und Biomechanik des Kniegelenkes und des Weichteil-<br />

Apparates.


175<br />

Insbesondere sind die genauen Längenmaße der verschiedenen Bänder, die Bandspannung<br />

und auch deren Insertionsareale bei jedem Patienten unterschiedlich ausgeprägt,<br />

was das Arbeiten mit diesen Weichteilen unvorhersehbar und problematisch macht.<br />

Prinzipiell raten Heller et al (2007) Operationen wie die Knie-TEP möglichst weichteilschonend<br />

zu vollziehen, um physiologische Belastungsverhältnisse auf die Weichteile<br />

zu erwirken.<br />

Es muss aber auch beachtet werden, dass die Weichteilstrukturen der betroffenen Kniegelenke<br />

durch den z.T. langen Krankheitsprozess der Entzündung oder der Arthrose<br />

verändert sind.<br />

Die Weichteil-Balacierung eines Kniegelenkes mit gerader Achse ist relativ leicht<br />

durchführbar, deformierte Kniegelenke sind dagegen ungleich schwieriger zu korrigerien<br />

(Graichen 2007).<br />

Wichtiges Ziel der Weichteil-Balancierung ist in jedem Fall das Erreichen eines rechteckigen<br />

und gleich großen Streck- und Beugespalts (Claus und Scharf 2007).<br />

Nach einhelliger Meinung wird das Weichteil-Balalcing heutzutage möglichst dosiert<br />

und in Einzelschritten durchgeführt. Zwischen den Einzelschritten kann jeweils durch<br />

klinische Untersuchung die erzielte Korrektur der Deformität kontrolliert werden (Fehring<br />

2006, Graichen 2007). Besonders bei kombinierten Deformitäten, wie Varus mit<br />

FC, sollten die Release-Vorgänge zur Vermeidung von Instabilitäten behutsam und<br />

schrittweise durchgeführt werden (Claus und Scharf 2007).<br />

Für diese Abschätzung einer erreichten Korrektur zwischen den einzelnen Ligament-<br />

Release-Schritten kann der Operateur zum einen auf verschiedene, heutzutage existierende<br />

Hilfsmittel zurückgreifen, wie Probekomponennten, Spacer oder elekronische<br />

Navigation, zum anderen ist dies aber auch sehr von der operativen Erfahrung des Operateurs<br />

abhängig (Briard et al 2007, Graichen 2007).<br />

Das Weichteil-Balancing darf in keinem Fall isoliert betrachtet werden, sondern muss<br />

im Zusammenhang mit der zugrunde liegenden Deformität und dem vorliegenden Funktionsdefizit<br />

gesehen werden.<br />

Ob das HKB breits zu Beginn gelöst werden soll oder nicht, wird in dieser Arbeit nicht<br />

ausführlich eingegangen. Da es sowohl für HKB-erhaltende als auch für HKBsubstituierende<br />

Prothesen Maßnahmen des Weichteil-Balancings gibt und beide mit<br />

guten bis sehr guten Ergebnissen aufwarten können, kommt es im Zusammenhang mit


176<br />

diesem Aspekt in aller Regel auf die Philosophie und die Erfahrungen des Operateurs an<br />

(Bellemans et al 2006a).<br />

Heutzutage wird im klinischen Alltag in Deutschland aber in großer Mehrheit die HKBerhaltende<br />

Variante der Knie-TEP verwendet.<br />

Nach Clarke et al (2005) gibt es trotz vieler veröffentlichter Release-Sequenzen zu jeder<br />

Deformität noch immer keinen endgültigen Konsens oder einen "goldenen Weg", welches<br />

die optimale Methode ist.<br />

Da noch nicht zu jeder Anordnung und Reihenfolge einer Release-Sequenz ausreichend<br />

aussagekräftige Studien existieren, werden neben den vielen verschiedenen Release-<br />

Techniken vor allem die verschiedenen Prinzipien vorgestellt, die von unterschiedlichen<br />

Autoren publiziert wurden.<br />

5.3 Varus-Deformität<br />

5.3.1 Release-Techniken<br />

Diese Arbeit geht bei der Korrektur der Varusdeformität in besonderem Maße auf die<br />

unterschiedlichen Weichteil-Release-Techniken ein. In der Literatur werden zahlreiche<br />

Techniken vorgestellt. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass trotz verschiedener<br />

Release-Sequenzen –Techniken sehr viele Übereinstimmungen in der Literatur<br />

existieren. Diejenigen medialen Strukturen, die zur Varuskorrektur gelöst werden<br />

müssen, sind in Tab. 65 zusammengestellt.<br />

Tab. 65: Mediale Weichteile zur Varuskorrektur<br />

Mediale Weichteile, die zur Korrektur eines Varus gelöst werden können<br />

Gesamtes mediales Seitenband<br />

Tiefer hinterer Teil des medialen Seitenbandes<br />

Oberflächlicher vorderer Teil des medialen Seitenbandes<br />

Kapsel<br />

Semimembranosus<br />

Pes anserinus<br />

Hinteres Kreuzband<br />

Neben den medialen Weichteilen, die bei der Varus-Deformität gelöst bzw. verlängert<br />

werden können, werden in der Literatur auch Techniken beschrieben, die eine Straffung<br />

("Advancement") von lateral gedehnten Weichteilen anstreben. Letztere Techniken werden<br />

– wenn überhaupt - aber nur dann einesetzt, wenn die medialen Release-Schritte<br />

nicht den gewünschten Erfolg erbracht haben.


177<br />

Mehrere Autoren beschreiben auf der medialen Seite des Kniegelenkes auch die besondere<br />

Situation, dass die Weichteile nicht immer sehr deutlich voneinander getrennt werden<br />

können, sondern als sog. "mediale Kapsel-Band-Manschette" zusammen gelöst<br />

werden.<br />

Wenn man sich die unterschiedlichen Zeitpunkte ansieht, an denen die verschiedenen<br />

Operateure die einzelnen Strukturen lösen, kann man zusammenfassend sagen, dass<br />

nahezu jede mediale Struktur bei der Varuskorrektur zu einem jeweils unterschiedlichen<br />

Zeitpunkt gelöst werden kann. Hier herrscht in der Literatur keinerlei Konsens, was an<br />

den sehr unterschiedlich zusammengesetzten Release-Sequenzen zu erkennen ist (s.u.).<br />

Diese Arbeit zeigt auch, dass die Technik der medialen Release-Schritte auf unterschiedliche<br />

Art und Weise durchgeführt wird. Als gemeinsamen Konsens kann man<br />

herausstellen, dass das Release der medialen Strukturen vornehmlich an der Tibia<br />

durchgeführt wird. Alleine das HKB, wenn es gelöst werden sollte, wird gehäuft auch<br />

von seinem femoralen Ursprung gelöst.<br />

Auch die Art und Weise eines Release wird von vielen Operateuren gleichermaßen<br />

vollzogen. Einige Operateure lösen die medialen Weichteile subperiostal vom distalen<br />

Ansatz, andere durch transversale Dissektion auf Gelenkhöhe oder durch Verlängerung<br />

der medialen Weichteile durch die Inside-out-Methode, bei der Stich-Inzisionen angebracht<br />

werden. Verwendete Instrumente, welche die medialen Weichteile lösen sollen,<br />

sind unter anderem das Osteotom, das Skalpell oder der Elevator.<br />

Welche Auswirkungen jedes einzelne Release bewirken kann, wird in dieser Arbeit<br />

ebenfalls untersucht. Verschiedene Kadaver- und klinische Studien (Krackow und Mihalko<br />

1999a, Matsueda et al 1999, Whiteside et al 2000, Mihalko et al 2003, Yagishita<br />

et al 2003, Lüring et al 2005) liefern hierbei wichtige übereinstimmende Informationen.<br />

� Das gesamte Innenband kann dabei als für das Kniegelenk sowohl in Flexion als<br />

auch in Extension wirksam gezeigt werden.<br />

� Die tiefen hinteren Fasern des Innenbandes haben ihre hauptsächliche Wirkung<br />

in Extensionsstellung,<br />

� während die oberflächlichen vorderen Fasern hauptsächlich auf die Flexionslücke<br />

wirken.


178<br />

� Da sich der hintere Teil der Kapsel vor allem in Streckstellung strafft, hat ein<br />

Release dieser Struktur hauptsächliche Wirkung auf die Extensionslücke.<br />

� Der Semimembranosus wirkt in höherem Maße auf die Flexionslücke als auf die<br />

Extensionslücke. Ein Release des Semimembranosus kann auch zu einer entscheidener<br />

außenrotatorischen Wirkung der Tibia im Kniegelenk führen, wenn das<br />

Knie in Beugestellung steht.<br />

� Auch ein Release des Pes anserinus zeigt in den Kadaverstudien eine außenrotatorische<br />

Auswirkung auf das Kniegelenk, wobei die seitenstabilisierende Wirkung<br />

in Extension ebenfalls erwähnt werden sollte.<br />

� Das Release des HKB zeigt laut den vorliegenden Kadaverstudien die größten<br />

Veränderungen der medialen Gelenklücke bei der Varuskorrektur. Dabei ist die<br />

Wirkung auf den Flexionsspalt aber deutlich größer als auf den Extensionsspalt.<br />

Die Aufzählung der klinischen Studien, in denen ein solches Release erfolgreich<br />

durchgeführt wurde, soll in dieser Arbeit unterstreichen, wie häufig und gebräulich ein<br />

Release der jeweiligen Struktur ist.<br />

5.3.2 Release-Sequenzen<br />

Ein besonders diskussionswürdiges Thema ist der Zeitpunkt des Release einzelner<br />

Weichteilstrukturen. Dazu gehört auch die Frage in welcher Sequenz, d.h. in welcher<br />

Reihenfolge die einzelnen Strukturen gelöst werden sollen. Solange noch keine prospektiv<br />

randomisierten Studien oder klinische Vergleichsstudien zweier verschiedener<br />

Sequenzen existieren, kann diese Frage nicht abschließend beantwortet werden. Neben<br />

den vielen möglichen Release-Sequenzen, die in der Literatur zur Varuskorrektur beschrieben<br />

werden, gibt es einige Autoren, die bestimmte Grundprinzipien vorschlagen,<br />

die sich folglich auch auf die Reihenfolge und die Anordnung der Sequenz auswirken.<br />

Es gibt Autoren, die sich bei der Varuskorrektur vor allem auf die hinteren Weichteile<br />

und deren Release stützen. Briard et al (2007) warnen vor einem übermäßigen anfänglichen<br />

Release medialer Strukturen wie dem Innenband. Nach ihnen kann ein Varus erst<br />

dann korrigiert werden, wenn die posterioren medialen Strukturen gelöst sind. Da dies<br />

nur in Flexion auffällt, wo die mediale Kapsel entspannt ist, nicht aber in Extension,<br />

kann eine mediale Instabilität als sog. "Mid-Flexion-Instabilität" auftreten. Aus diesem


179<br />

Grund empfehlen diese Autoren zuerst mit dem Release posterior gelegener Strukturen<br />

zu beginnen.<br />

Lüring et al (2006) sprechen beim Release medialer Weichteile zur Varuskorrektur davon,<br />

dass die Weichteile je nach ihrer Funktion am Kniegelenk behandelt und gelöst<br />

werden sollten. Damit sehen sie die Möglichkeit unterschiedlich schwer ausgeprägte<br />

Deformitäten mit unterschiedlich stark ausgedehntem Release zu versorgen.<br />

Auch Whiteside (2004) lösen die Strukturen prinzipiell schrittweise je nach ihrer Funktion,<br />

wenn entweder der Streck- oder Beugespalt kontrakt ist. Bei alleiniger straffer Flexionslücke<br />

des Varusknies löst er anfangs nur das oberflächliche vordere Innenband, bei<br />

alleiniger straffer Extensionlücke zuerst die hinteren tiefen Fasern des Innenbandes und<br />

die hintere mediale Kapsel. Sind sowohl Streck- als auch Beugespalt medial kontrakt,<br />

richtet Whiteside seine Sequenz weiterhin nach den funtionellen Eigenschaften der<br />

Weichteile aus, indem er zuerst die vorderen oberflächlichen Fasern des Innenbandes<br />

löst, die hauptsächlich den Beugespalt beeinflussen, aber in gewisser Weise auch den<br />

Streckspalt. Falls dies nicht ausreichen sollte, wird für den Streckspalt weiterhin das<br />

hintere tiefe Innenband gelöst.<br />

Unabhängig von den Grundprinzipien, die von einigen Autoren als Grundlage für die<br />

Sequenz-Anordung vorgeschlagen werden, kann man bei der Analyse der unterschiedlichen<br />

Sequenzen, die in der Literatur verwendet werden, bestimmte "Eckpfeiler" erkennen,<br />

die in besonderem Maße einheitlich oder kontrovers diskutiert werden.<br />

In Tab. 66 wird gezeigt, welche Themen bei der Varuskorrektur in besonders häufigem<br />

Maße in der Literatur diskutiert wurden und wo besonders viele Unterschiede oder Gemeinsamkeiten<br />

entstanden sind. Auf diese ausgewählten Eckpunkte der Varuskorrektur,<br />

vor allem in Bezug auf den Zeitpunkt des Release und der Anordung der Releases-<br />

Schritte, wird in dieser Arbeit besonders intensiv eingegangen.<br />

Tab. 66: Wichtige "Eckpfeiler" zur Varuskorrektur<br />

Sequenz zu Korrektur einer Varusdeformität<br />

1. Eröffnung des Kniegelenkes: mit Release des tiefen oder oberfl. Innenbandes<br />

2. Entfernung vorhandener Osteophyten<br />

3. Eventuell komplettes Release einer medialen Weichteilmanschette<br />

4. 1. gelöste mediale Weichteilstruktur: tiefes oder oberfl. Innenband<br />

5. 2. gelöste mediale Weichteilstruktur: oberfl. Innenband oder Semimembranosus<br />

6. Kapsel-Release: zur Korrektur einer Varusdeformität oder einer begleitenden FC<br />

7. Release des Pes anserinus vor oder nach dem Release des Semimembranosus<br />

8. HKB-Release als letzter Schritt einer medialen Weichteil-Sequenz<br />

9. Schluss-Release: ein Release des Gastrocnemius oder aller medialer Weichteile<br />

10. Mögliche Anwendung einer lateralen Straffung


180<br />

Bei diesen "Eckpfeilern" zur Varuskorrektur zeigt sich, dass bereits bei der Eröffnung<br />

eines Varus-Kniegelenkes unterschiedliche Berichte über Strukturen existieren, welche<br />

bereits mit dem Zugang mitgelöst werden können. Die meisten Autoren sprechen von<br />

einem frühzeitigen Release des tiefen Innenbandes, andere vom Release der oberflächlicheren<br />

Fasern.<br />

Zum Zeitpunkt der Osteophyten-Entfernung gibt es zwar unterschiedliche Berichte, die<br />

meisten Autoren sprechen aber von einer Osteophyten-Entfernung vor dem Weichteil-<br />

Balancing aus.<br />

Als erster Release-Schritt nach der Osteophyten-Entfernung werden in der Literatur<br />

sowohl das tiefe als auch das oberflächliche Innenband genannt. Diese prinzipielle<br />

Entscheidung ist jedoch von großer Bedeutung, da Whiteside (2004) darauf hinweist,<br />

dass diese beiden Strukturen unterschiedliche Wirkungen auf das Kniegelenk besitzen<br />

und ein Release dieser Strukturen unterschiedliche Auswirkungen auf Extensions- oder<br />

Flexionslücke haben.<br />

Eine nächste Frage, die man sich stellen muss ist, welches die nächste gelöste mediale<br />

Struktur sein sollte. Nachdem, abgesehen von Whitesides Studien, meist das tiefe Innenband<br />

als 1. Struktur gelöst wird, spielen bei vielen Autoren das oberflächliche Innenband<br />

und der Semimembranosus als 2. gelöste Struktur eine dominierende Rolle.<br />

Auch hier kann diese Arbeit die Vor- und Nachteile der beiden Möglichkeiten darlegen.<br />

Aber wie bei allen anderen Diskussionen um eine "optimale Release-Sequenz", kann<br />

nur auf weiter ausstehende vergleichende Studien verwiesen werden.<br />

Das Kapsel-Release gilt bei jeder Deformität als wichtige Komponente. Beim Varus<br />

kann ein Kapsel-Release, abhängig vom genauen Ort des Release eher einen Varus korrigieren,<br />

wenn das Release an der Kapsel eher medial ausgeführt und eine FC korrigieren,<br />

wenn das Release eher posterior durchgeführt wird.<br />

Zur Frage, ob der Pes anserinus vor oder nach dem Semimembranosus gelöst werden<br />

soll, gibt es relativ eindeutige Angaben. Abgesehen von der Kadaverstudie von Mihalko<br />

et al (2003) wird von den meisten Operateuren ein Release des Semimembranosus vor<br />

dem Pes anserinus empfohlen.


181<br />

Es gibt auch Autoren, die ein Release des HKB am Ende einer Varus-Sequenz durchgeführt<br />

haben. In diese Diskussion wirkt aber die Gesamtfrage mit ein, ob ein HKB insgesamt<br />

erhalten bleiben soll oder nicht. Je nachdem, ob es am Ende einer Sequenz noch<br />

vorhanden ist oder nicht, plädieren einige Autoren auf ein Release dieser Struktur.<br />

Über eine Straffung der lateralen Weichteile wird in den letzten 15 Jahren in der Literatur<br />

kaum noch berichtet.<br />

5.4. Valgus-Deformität<br />

5.4.1 Release-Techniken<br />

Wie bei der Varuskorrektur werden in der vorliegenden Arbeit auch die unterschiedlichen<br />

Release-Techniken für die Valguskorrektur umfassend dargestellt. Die einzelnen<br />

lateralen Weichteilstrukturen des Kniegelenkes, die beim Valgusknie angespannt sind<br />

und während einer Knie-TEP-Implantation gelöst werden müssen, sind im Vergleich<br />

zum Varus deutlicher besser abzugrenzen. Die lateralen Weichteile weisen jedoch im<br />

Vergleich zur medialen Seite zahlreiche anatomische Varianten auf. Tab. 67 zeigt diejenigen<br />

lateralen Weichteilstrukturen, die zur Valguskorrektur gelöst werden können.<br />

Tab. 67: Laterale Weichteil-Strukturen zur Valguskorrektur<br />

Laterale Weichteile<br />

Laterales Seitenband<br />

Tractus iliotibialis<br />

M. popliteus<br />

Posterolaterale Kapsel<br />

M. gastrocnemius lateralis<br />

M. biceps femoris<br />

Septum intermusculare<br />

Laterales Retinakulum<br />

Hinteres Kreuzband<br />

Auch beim Valgusknie kann nicht nur durch Verlängerung kontrakter lateraler Weichteile<br />

einen Lückenausgleich erreicht werden, sondern auch durch Straffung von gedehnten<br />

medialen Weichteilen. Letztere Maßnahme, die auch beim Valgusknie keineswegs<br />

eine breite Anwendung findet, wird im gegebenen Einzelfall erst nach erfolgtem<br />

lateralem Weichteil-Release durchgeführt.<br />

Für die operative Versorgung des Valguskniegelenkes mit einer TEP existiert der laterale<br />

parapatellare Zugang als alternativer Zugangsweg, der mit seinen nachfolgenden<br />

Release-Schritten Einfluß auf die Weichteil-Sequenz haben kann.


182<br />

Zu den in der Literatur angegebenen Release-Zeitpunkten findet sich - ähnlich wie<br />

beim Varusknie - eine große Variationsbreite. Diese Arbeit kann zeigen, dass die Unterschiede<br />

der Zeitpunkte der Releasevorgänge aller lateralen Weichteile beim Valgus sogar<br />

noch deutlich größer sind als beim Varus.<br />

Die Operationstechnik der Releasevorgänge wird ebenfalls in unterschiedlicher Art<br />

und Weise vollzogen. Es werden zum einen subperiostale Verlängerungen durchgeführt,<br />

zum anderen aber auch scharfe Durchtrennungen an den ligamentären Ansätzen, oberhalb<br />

oder direkt n Höhe der Gelenklinie sowie multiple Einstiche in der sog. "Pie-crust-<br />

Technik".<br />

Speziell für den Tractus iliotibialis werden neben der Z-Verlängerung und dem "Kaplan-Release"<br />

zahlreiche weitere Techniken angegeben, mit denen er verlängert und gelöst<br />

werden kann.<br />

Die Deformität beim Valgusknie geht insbesondere vom Femur aus (Pape und Kohn<br />

2007). Aus diesem Grund konzentrieren sich die Release-Schritte beim Valgusknie<br />

nicht nur auf die laterale Tibia, sondern vor allem auf das laterale Femur.<br />

Als Instrumente wird in den meisten Studien neben einem Elektrokauter und einem<br />

Osteotom das Skalpell verwendet.<br />

Die Auswirkungen, die von jeder gelösten lateralen Struktur ausgehen, werden in dieser<br />

Arbeit analog zum Varusknie ebenfalls aus klinischen und Kadaverstudien ausgewertet:<br />

� Das Außenband zeigt sowohl in Flexion als auch in Extension eine erhebliche<br />

seitenstabilisierende Wirkung, wobei ein Release in besonderem Maße die Flexionslücke<br />

betrifft.<br />

� Auch der M. popliteus stabilisiert das Kniegelenk über den gesamten Flexionsbogen<br />

hinweg, zeigt aber beim Release ebenfalls stärkere Auswirkungen bei Flexion.<br />

� Der Tractus iliotibialis ist eine Struktur, die in Extension eine sehr starke staabilisierende<br />

Wirkung ausübt, in Flexion jedoch fast gar nicht.<br />

� Ähnlich verhält sich die Wirkung der Gelenkkapsel, deren Release ebenfalls<br />

hauptsächlich den Streckspalt beeinflusst.<br />

� Die Auswirkungen des Gastrocnemius-Release bewirken in Extension eine höhere<br />

Seitenstabilisation,<br />

� das Biceps femoris-Release stabilisiert dagegen eher in Flexion.


183<br />

� Die Hauptwirkung des lateralen Retinakulum-Release bezieht sich auf korrekten<br />

Sitz und eine korrekte Funktion der Patella.<br />

� Das HKB-Release übt analog zur Varus-Sequenz die höchsten Veränderungen auf<br />

die Gelenklücken aus. Dies aber deutlich ausgiebiger in Flexionsstellung.<br />

Auch beim Valgusknie sind am Ende der Vorstellung jeder einzelnen Weichteilstruktur<br />

Nachweise aus der Literatur aufgeführt worden, um auch hier den erfolgreichen<br />

Gebrauch dieser Techniken aufzuzeigen.<br />

5.4.2 Release-Sequenzen<br />

Beim Valgusknie existieren ebenfalls unterschiedliche Angaben zum Zeitpunkt des Release<br />

und der Abfolge der Release-Schritte. Auch hier erkennt man bestimmte Grundprinzipien,<br />

die von einigen Autoren vorgeschlagen werden. Solange auch für das Valgusknie<br />

keine Vergleichsstudien zweier Release-Sequenzen existieren, muss man sich<br />

an den gängigen und bekannten Sequenzen orientieren und die von den unterschiedlichen<br />

Operateuren vorgeschlagenen Grundprinzipien berücksichtigen.<br />

Das Balacing der Valgusdeformität wird nach Pape und Kohn (2007) und Chiavetta et<br />

al (2006) prinzipiell zuerst am Streckspalt und danach am Beugespalt durchgeführt,<br />

wodurch die Abfolge der Release-Sequenz determiniert wird. Die Folge ist, dass zuerst<br />

die lateralen Weichteile gelöst werden, die eine kontrakte Extensionslücke verursachen<br />

können, was neben dem HKB auch die Kapsel und den Tractus iliotibialis betrifft.<br />

Erst danach wird mit dem Außenband eine Struktur gelöst, die auch deutliche<br />

Auswirkung auch auf den Beugespalt hat.<br />

Whiteside (2004) löst die straffen lateralen Strukturen nach deren individueller Funktion<br />

am Kniegelenk. Wenn Strukturen besonders in Flexion straff sind, werden diese<br />

bei straffer Flexionslücke gelöst. Umgekehrt gilt das auch für die Extensionslücke.<br />

Wenn sowohl Extensionslücke als auch Flexionslücke lateral zu straff ist, löst Whiteside<br />

erst diejenigen Strukturen, welche die Flexionslücke balancieren können (Popliteus<br />

und Außenband). Analog zum Varus haben auch diese beiden Beugestabilisatoren<br />

einen gewissen Einfluß auf den Streckspalt, der damit mitkorrigiert werden kann.


184<br />

Sollte diese Korrektur der Deformität nicht ausreichen, müssen diejenigen Strukturen<br />

gelöst werden, die besonders den Streckspalt balancieren (Tractus iliotibialis und<br />

posterolaterale Kapsel).<br />

Tab. 68 zeigt Möglichkeiten der Anordnung von Weichteilstrukturen zur Valguskorrektur,<br />

welche durch diese Arbeit herausgearbeitet worden ist.<br />

Tab. 68: Spezielle Eckpfeiler zur Valguskorrektur<br />

Diskutierte Schritte bei der Valguskorrektur<br />

1. Durchführung der Osteophyten-Entfernung<br />

2. Als 1. Releaseschritt kann ein HKB-Release, eine Release des lateralen Retinakulum, eine Pie-crust-Methode,<br />

ein Tractus-Release oder ein Außenband-Release durchgeführt werden<br />

3. Außenband und Popliteus können direkt nacheinander oder deutlich getrennt von einander gelöst werden<br />

4. Reihenfolge zwischen dem Release des Tractus einerseits und dem Release von Außenband und Popliteus<br />

andererseits<br />

5. Das Kapsel-Release erfolgt in der Mitte einer Sequenz<br />

6. Als letzten Release-Schritt kann ein Release des Gastrocnemius, des Biceps femoris oder des HKB erfolgen,<br />

ebenso eine Resektion des Fibulaköpfchens<br />

7. Mediales Advancement als Alternative am Schluss der Sequenz<br />

8. Zusätzliche Femurschnitte als Alternative am Schluss der Sequenz<br />

9. Höhere Prothesenführung als Alternative zur Sequenz<br />

Ein Beispiel für eine Methode, die mit Erfolg eingesetzt wird und das Release der lateralen<br />

Strukturen in einer definierten Reihenfolge durchführt, ist das Pie-crust-<br />

Verfahren. Hier wird zuerst die posterolaterale Kapsel mit einer Klinge querinzidiert<br />

und danach der Tractus iliotibialis und die laterale Kapsel mit multiplen horizontalen<br />

Stichinzisionen verlängert. Das Außenband wird bei dieser Methode meistens sekundär<br />

mitgelöst (Clarke et al 2005).<br />

Die Verwendung eines lateralen parapatellaren Zuganges für die Valguskorrektur mit<br />

einer mehr oder minder konstanten Release-Sequenz nach der lateralen Arthrotomie<br />

zeigt in mehreren Studien klinisch gute Ergebnisse (Clarke et al 2005).<br />

Weitgehender Konsens besteht darüber, dass vor dem Release der Weichteile bei der<br />

Valguskorrektur die Entfernung von Osteophyten durchgeführt werden muss.<br />

Bezüglich der zuerst zu lösenden Weichteilstruktur herrscht beim Valgusknie in der<br />

Literatur eine größere Streubreite der Auffassungen. Es werden neben dem Release des<br />

HKB, das beim Valgus - als mediale Struktur - häufig überdehnt ist, und des lateralen<br />

Retinakulums, welches die Problematik des patellaren Fehlgleitens beim Valgus verur-


185<br />

sacht, auch die Pie-crust-Technik und die Ablösungen von Tractus und Außenband<br />

vorgeschlagen.<br />

Eine andere interessante Thematik ist die Beziehung des Außenband- zum Popliteus-<br />

Release. Einige Autoren lösen den Popliteus und das Außenband gemeinsam oder direkt<br />

nacheinander, was mit den ähnlichen Aufgaben dieser beiden Strukturen in Extension<br />

und Flexion erklärt werden kann. Es gibt aber auch Operateure, die das Popliteus-<br />

Release und das Release des Außenbandes getrennt voneinander durchführen.<br />

Es wird auch die Beziehung zwischen Außenband und Popliteus einerseits und dem<br />

Tractus andererseits dargestellt. Hier zeigt sich, dass es bezüglich dieser drei Strukturen<br />

sehr unterschiedliche Variationen von deren Release-Sequenz gibt und im Schrifttum<br />

keine großen Gemeinsamkeiten bestehen.<br />

Das Kapsel-Release wird beim Valgus sowohl zur Korrektur eines Streckdefizits als<br />

auch des Valgus selbst gelöst. Dieses Release wird ebenfalls zu sehr unterschiedlichen<br />

Zeitpunkten durchgeführt.<br />

Als letzter Schritt der Valgus-Sequenz stehen ebenfalls mehrere Möglichkeiten zur<br />

Verfügung. Es zeigt sich, dass zum einen ein Release des Gastrocnemius als letzter<br />

Release-Schritt stehen kann, zum anderen ein Biceps-Release, zum dritten aber auch ein<br />

HKB-Release oder eine Resektion des Fibulaköpfchens.<br />

Eine mögliche Straffung der medialen Weichteile ist möglich, wird aber in den letzten<br />

15 Jahren in der Literatur kaum noch erwähnt.<br />

Sollte ein Valgusknie nicht durch Release-Schritte von Weichteilstrukturen korrigierbar<br />

sein, bleiben dem Operateur noch die Alternativen eines Implantates mit höherem Führungsgrad<br />

oder eine zusätzliche Femurresektion (Anderson et al 2006).<br />

5.5 Flexionsdeformität<br />

Die prinzipielle Frage bei der Flexionsdeformität (FC), ob sie intraoperativ vollständig<br />

korrigiert werden muss oder ob sie sich postoperativ mit der Zeit verbessern kann. In<br />

der Literatur gibt es Befürworter sowohl der einen als auch der anderen Theorie. Bellemans<br />

et al (2006a) sehen es als erwiesen an, dass die FC möglichst intraoperativ korrigiert<br />

werden soll. Sollte ein gewisser geringer Grad an Reststreckdefizit verbleiben,<br />

sollte dagegen nicht unbedingt um jeden Preis versucht werden, die FC zu korrigieren,


186<br />

sondern die postoperative Verbesserung Streckdefizits unter anderem durch Physiotherapie<br />

abzuwarten.<br />

5.5.1 Release-Techniken<br />

Auch die FC kann mittels unterschiedlicher Release-Techniken behandelt werden. Bei<br />

der Flexionskontraktur besteht eine verkleinerte Extensionslücke im Vergleich zur Flexionslücke,<br />

sodass ein Streckdefizit bestehen bleibt. Weichteile, die zur FC-Korrektur<br />

gelöst werden können, zeigt Tab. 69.<br />

Tab. 69: Zu lösende Weichteile bei FC-Korrektur<br />

Kontrakte Weichteile bei der FC<br />

Posteriore Osteophyten (!)<br />

Beidseitige Kollateralbänder<br />

Posteriore Kapsel<br />

M. gastrocnemii<br />

M. semimembranosus<br />

Hinteres Kreuzband<br />

Bei der FC spielen die Osteophyten mehr als bei den anderen Deformitäten eine endscheidende<br />

Rolle bei der Entstehung einer Deformität. Besonders die posterioren Osteophyten<br />

sind dabei zur Korrektur der FC zu entfernen.<br />

Der Zeitpunkt der Release-Schritte der einzelnen Strukturen ist bei der Korrektur der<br />

FC nicht so unterschiedlich beschrieben wie es z.B. beim Varus oder noch mehr beim<br />

Valgus der Fall ist.<br />

Beim FC werden die posterioren Osteophyten überwiegend im ersten Schritt entfernt.<br />

Es wird ein Release der Kollateralbänder und eine eventuelle Korrektur von<br />

Varus und Valgus überwiegend vor der Korrektur der FC durchgeführt.<br />

Der Zeitpunkt des Kapsel-Release wird unterschiedlich terminiert.<br />

Die Gastrocnemii werden überwiegend am Ende der FC-Sequenz gelöst, während der<br />

Semimembranosus eher zu Beginn einer Sequenz zur FC-Korrektur gelöst wird.<br />

Das HKB wird zur Korrektur einer FC erst am Ende einer Sequenz gelöst, sofern es am<br />

Ende der Sequenz noch vorhanden ist.<br />

Die Operationstechnik der Release-Schritte wird nach Recherchen dieser Arbeit sowohl<br />

an der Tibia als auch am Femur durchgeführt. Es werden hierfür sowohl ein Osteotom<br />

als auch ein Elevator und ein Skalpell verwendet. Die Art und Weise des Release


187<br />

erstreckt sich von subperiostaler Abhebung an den Band- und Kapselansätzen bis hin zu<br />

scharfen Dissektionen.<br />

Auswirkungen der Release-Vorgänge stellen sich auf unterschiedliche Art und Weise<br />

dar:<br />

� Während die Osteophyten-Entfernung die Spannung von den entsprechenden<br />

Weichteilen nehmen kann,<br />

� korrigiert ein Kollateralband-Release eher die koronare Deformität.<br />

� Das Kapsel-Release, dem eine entscheidende Rolle beim Streckdefizit zukommt,<br />

kann zu einer sehr effektiven Korrektur der Extensionslücke führen.<br />

� Die Knie-Flexoren werden aus verschiedenen Gründen gelöst. Die Gastrocnemii<br />

werden gelöst, weil sie zu einer erhöhten Extensionslücke führen,<br />

� der Semimembranosus wird gelöst, weil er bei der häufigen Kombination von FC<br />

und Varus auch die koronare Deformität korrigieren kann. Daher wird der Semimembranosus<br />

auch relativ früh in der Sequenz gelöst.<br />

� Dem HKB-Release wird keine große Rolle bei der FC-Korrektur zugesprochen,<br />

wird aber trotzdem in Sequenzen zur Korrektur des hinteren Rollbacks oder einer<br />

begleitenden straffen Flexion erwähnt.<br />

� Am Ende der Release-Sequenzen kann bei mangelndem Erfolg der Wedichteil-<br />

Releases-Maßnahmen und weiterbestehender FC eine zusätzliche distale Femurresektion<br />

durchgeführt werden. Obwohl es unterschiedliche Angaben zum Zeitpunkt<br />

einer zusätzlichen Resektion gibt, ist es sinnvoll, diese erst nach voll ausgeschöpfter<br />

Release-Sequenz der Weichteile durchzuführen. Grund hierfür ist die<br />

durch die zusätzliche Resektion bedingte erhöhte Gelenklinie, die möglichst vermieden<br />

werden sollte. Auch bei der Durchführung gibt es unterschiedliche Angaben,<br />

denn die Tiefe dieser zusätzlichen Resektion erstreckt sich von mindestens 2<br />

mm bis hin zu 5 mm. Als Ziel wird bei diesem Vorgang die Vergrößerung der Extensionslücke<br />

genannt, um diese an die Flexionslücke anzupassen.<br />

5.5.2 Release-Sequenzen<br />

Einen Sonderstatus bei den Deformitäten besitzt die FC deshalb, weil sie sehr häufig als<br />

begleitende Deformität beim Valgus und noch häufiger beim Varus auftritt. Gerade<br />

auch in diesem Zusammenhang können, ähnlich wie bereits beim Varus und Valgus<br />

erwähnt, einige Grundprinzipien verschiedener Autoren bezüglich der Reihenfolge der


188<br />

Sequenz dargestellt werden. Aber auch hier werden in Zukunft noch einige Studien zur<br />

weiteren Aufklärung der Zusammenhänge benötigt.<br />

Mullaji et al (2005) führen prinzipiell bevor sie zur Korrektur des Streckdefizits übergehen,<br />

zuerst ein Release der medialen Weichteile durch, um damit einen zugrunde liegenden<br />

Varus zu korrigieren. Erst nach einer Korrektur des Varus wenden sie sich den<br />

posterioren Strukturen des Kniegelenkes zu (hintere Osteophyten, hintere Kapsel und<br />

HKB).<br />

Whiteside (2004) spricht von dem sehr häufigen Fall einer Kombination von Varus und<br />

FC, bei dem er prinzipiell zuerst die straffen medialen hinteren Strukturen lösen möchte,<br />

die sowohl den Varus als auch die FC korrigieren können. Aus diesem Grund löst<br />

Whiteside die tiefen hinteren Fasern des Innenbandes zuerst, danach eventuell die vorderen<br />

oberflächlichen Fasern, bevor er dann mit weiteren posterioren Strukturen das<br />

Release fortsetzt. Eine dieser posterioren Strukturen ist vor allem die hintere Kapsel.<br />

Auch in den zahlreichen Berichten der Literatur können unterschiedliche Sequenzen der<br />

Release-Schritte gefunden werden, deren wichtigste Eckpunkte in Tab. 70 dargestellt<br />

werden.<br />

Tab. 70: Diskutierte Themen bei der Anordnung der FC-Korrektur<br />

Diskutierte Releaseschritte bei der Korrektur einer Flexionskontraktur<br />

1. Osteophyten-Entfernung<br />

2. Release von Kollateralbändern oder dem Semimembranosus<br />

3. Release der hinteren Kapsel<br />

4. als letztes Release kommen das Release des HKB und der Gastrocnemiis in Frage<br />

5. Zusätzliche distale Femurresektion<br />

Als ein sehr wichtiger Eckpfeiler in der Korrektur-Sequenz der FC wird die Entfernung<br />

der Osteophyten genannt, die von fast allen Operateuren als erster Schritt zur FC Korrektur<br />

durchgeführt wird. Als zweiter Schritt werden nach nahezu einhelliger Meinung<br />

die Varus- oder Valgusdeformität korrigiert. Dies kann erreicht werden, indem sowohl<br />

die Kollateralbänder als auch speziell bei der häufigen Varus-FC-Kombination der<br />

Semimembranosus gelöst werden.<br />

Diese Arbeit führt weiterhin auf, dass ein Release der Kapsel besonders im posterioren<br />

Bereich ein entscheidender Schritt ist. Dieser Schritt variiert in den vielen ausgewerteten<br />

Studien. In dieser Arbeit wird dieses Kapsel-Release im Vergleich zum HKB-<br />

Release fokussiert betrachtet. Es wird gezeigt, ob es vor oder nach einem HKB-Release<br />

durchgeführt werden soll. Es zeigt sich, dass die Kapsel zwar häufig vor dem HKB-


189<br />

Release durchgeführt wird, aber es auch Gegenbeispiele gibt. Als zuletzt zu lösende<br />

Strukturen werden dann das HKB und der Gastrocnemius gegenübergestellt. Ein<br />

Gastrocnemius-Release wird von mehreren Autoren als letzter Schritt der Sequenz gelöst,<br />

von Delfico und Tria (1996) sogar nach dem HKB-Release. Wenn das HKB-<br />

Release am Ende einer Sequenz durchgeführt wird, wird es neben der Korrektur der FC<br />

auch wegen einer Straffung in Flexion und einem posterioren Rollback gelöst. Das<br />

Thema der zusätzlichen distalen Femurresektion wird am Ende der FC-Sequenz dann<br />

auch nochmal durchleuchtet, indem die Gegner und Befürworter dieser Maßnahme gegenübergestellt<br />

werden und die jeweiligen Gründe für deren Entscheidung dargestellt<br />

werden. Dieser Schritt wird in den zuletzt veröffentlichten Studien als nicht notwendig<br />

angesehen. Auch die Beziehung der zusätzlichen Resektion zum häufig letzten Schritt<br />

der Weichteil-Sequenz, dem HKB-Release wird in dieser Arbeit dargestellt. Es zeigt,<br />

dass diese zusätzliche Resektion nicht nur nach dem gesamten Weichteil-Release<br />

durchgeführt wird, sondern bei Mihalko und Whiteside (2003) und bei Berend et al<br />

(2006) auch erst nach dem Release des HKB.<br />

5.6 Recurvatum<br />

Bei der Korrektur des sehr seltenen Genu recurvatum kann nicht von einzelnen Release-<br />

Schritten gesprochen werden, weil die Korrektur dieser Deformität nur in geringem<br />

Maße durch ein Weichteil-Balancing beeinflusst werden kann. Es können die femoralen<br />

Ansätze der Kollateralbänder verändert werden, um eine Hyperextension des Kniegelenks<br />

zu verhindern.<br />

Entscheidend sind hier die zusätzliche Knochenresektion und eine veränderte Prothesenwahl<br />

(Tab. 71). Dabei wird vor allem auf eine verringerte Resektion der femoralen<br />

und tibialen Gelenkflächen geachtet, ebenso wie auf eine kleinere Tibiakomponente und<br />

eine vergleichsweise größere Femurkomponente.<br />

Tab. 71: Verschiedene Prinzipien der Recurvatum-Korrektur<br />

Möglichkeiten für eine Recurvatum-Korrektur<br />

1. Veränderte Knochenresektionen (verringerte Femur- und Tibiaresektion), danach veränderte Auswahl der<br />

Prothesen ( kleinere Tibia- und größere Femurkomponente)<br />

2. Nach der Durchführung von veränderten Knochenresektionen, wird noch vor der Prothesenauswahl (optinal)<br />

ein Weichteil-Balancing durchgeführt<br />

3.+ 4. Als Alternative müssen Prothesen mit höherem Führungsgrad verwendet werden oder es wird eine Arthrodese<br />

durchgeführt


190<br />

5.7 Algorithmen zum Weichteilmanagement<br />

5.7.1 Varus-Korrektur<br />

Enger STRECK - Spalt<br />

2. Tiefes Innenband<br />

3. Posteromediale Kapsel<br />

4. Oberflächliches Innenband<br />

5. M. semimembranosus<br />

6. Pes anserinus / HKB<br />

VARUS - Deformität<br />

1. Osteophyten Entfernung<br />

Enger STRECK – und<br />

BEUGE - Spalt<br />

2. Tiefes Innenband<br />

3. Posteromediale Kapsel<br />

4. Oberflächliches Innenband<br />

5. M. semimembranosus<br />

6. Pes anserinus<br />

7. HKB<br />

Enger BEUGE - Spalt<br />

2. Oberflächliches Innenband<br />

3. Tiefes Innenband<br />

4. M. semimembranosus<br />

5. HKB<br />

Am Anfang eines Weichteil-Balancings zur Korrektur einer Varusdeformität steht die<br />

Entfernung aller vorhandenen Osteophyten, da diese Osteophyten zu einer veränderten<br />

Spannung der Weichteile führen können. Sobald die Oetsophyten entfernt sind, wird die<br />

Bandspannung intraoperativ klinisch untersucht und neu bewertet, um etwaig verbliebene<br />

Kontrakturen feststellen zu können.<br />

Sollte bei Varuskorrektur eine zu straffe mediale Gelenklücke sowohl in Extension als<br />

auch in Flexion vorherrschen, wird zuerst der Extensionsspalt mit dem Release des tiefen<br />

Innenbandes korrigiert. Danach erfolgt das Release der posteromedialen Kapsel, die


191<br />

ebenfalls vorrangig den Extensionsspalt korrigiert und als posteriore Weichteilstruktur<br />

ebenso wie das tiefe Innenband für diese straffe mediale Gelenklücke primär verantwortlich<br />

gemacht wird. Sollten diese Schritte erfolglos sein, können mit dem oberflächlichen<br />

Innenband und dem Semimembranosus zwei Strukturen gelöst werden, die neben<br />

einem kleinen Effekt auf die Extensionslücke einen vorrangigen Einfluß auf die mediale<br />

Gelenklücke in Beugung haben. Bei weiter bestehender Varuskontraktur können letztlich<br />

auch der Pes anserinus und das hintere Kreuzband gelöst werden.<br />

Wenn ein straffer medialer Gelenkspalt ausschließlich in voller Streckung besteht, sollten<br />

zur Korrektur zuerst das tiefe Innenband und die posterolaterale Kapsel gelöst werden.<br />

Erst danach folgt ein Release des oberflächlichen Innenbandes und des Semimembranosus,<br />

da diese beiden Strukturen hauptsächlich in Flexionsstellung einen stabilisierenden<br />

Effekt auf den medialen Gelenkspalt haben. Zuletzt können optional der Pes<br />

anserinus und das hintere Kreuzband gelöst werden.<br />

Bei einer medial straffen Gelenklücke ausschließlich in Beugung wird zuerst das oberflächliche<br />

Innenband gelöst, da es den größten Effekt auf den medialen Gelenksspalt in<br />

Beugung hat. Dieser Schritt wird gefolgt von einem Release des tiefen Innebandes, das<br />

etwas weniger Einfluß auf den medialen Beugespalt besitzt als der Semimembranosus,<br />

der unmittelbar danach gelöst werden kann. Das tiefe Innenband liegt weiter anterior<br />

und ist für den Operateur für ein Release deutlicher einfacher zu erreichen als der Semimembranosus.<br />

Zuletzt kann ein hinteres Kreuzband bei verbleibender Kontraktur des<br />

Varus gelöst werden.


5.7.2 Valgus-Korrektur<br />

Enger STRECK - Spalt<br />

2. Iliotibialband<br />

3. Posterolaterale Kapsel<br />

4. Außenband<br />

5. M. popliteus<br />

6. M. biceps /M.gastroc-<br />

nemius /HKB<br />

192<br />

VALGUS - Deformität<br />

1. Osteophyten Entfernung<br />

Enger STRECK – und<br />

BEUGE - Spalt<br />

2. Iliotibialband<br />

3. Außenband<br />

4. M. popliteus<br />

5. Posterolaterale Kapsel<br />

6. M. biceps /M.gastroc-<br />

nemius /HKB<br />

Enger BEUGE - Spalt<br />

2. Außenband<br />

3. M. popliteus<br />

4. HKB<br />

Am Anfang der Korrektur der Valgusdeformität steht die Entfernung aller Osteophyten,<br />

um deren Spannung auf die umgebenden Weichteile zu reduzieren. Nach darauf folgender<br />

klinischer Untersuchung werden die Bandspannung und etwaige Kontrakturen neu<br />

bewertet.<br />

Sollte beim Valgus eine zu straffe laterale Gelenklücke sowohl in Extension als auch in<br />

Flexion auftreten, wird zuerst der Streckspalt mit dem Release des Iliotibialbandes korrigiert.<br />

Gefolgt wird dieser Schritt von dem Release des lateralen Seitenbandes und dem<br />

Popliteus, die beide sowohl in Extension als auch in Flexion einen seitenstabilisierden


193<br />

Effekt zeigen. Es folgt ein Release der posterolateralen Kapsel und zuletzt bei ausbleibendem<br />

Erfolg der voher durchgeführten Releaseschritte eine Lösung des lateralen Kopfes<br />

des M. gastrocnemius, des M. biceps femoris oder des hinteren Kreuzbandes.<br />

Eine straffe laterale Gelenklücke ausschließlich in Extension sollte ein Release des Iliotibialebandes<br />

direkt zu Beginn nach sich ziehen. Dieser Schritt wird vom Release der<br />

posterolateralen Kapsel gefolgt, die ebenfalls hauptsächlich auf den Streckspalt wirkt.<br />

Das Release des lateralen Seitenbandes und des Popliteus wird anschließend durchgeführt,<br />

weil sie ebenfalls einen gewissen seitenstabilisierenden Effekt beimValgusknie<br />

besitzen. Zuletzt erfolgt optional ein Release des lateralen Gastrocnemius, des M. biceps<br />

femoris und des hinteren Kreuzbandes.<br />

Ein alleiniger lateral straffer Beugespalt beim Valgusknie zieht in erster Linie ein Release<br />

des lateralen Seitenbandes nach sich, da es den stärksten seitenstabilisierenen Effekt<br />

auf das Kniegelenk in Beugung besitzt. Der nächste Releaseschritt ist die Lösung<br />

des Popliteus. Zuletzt folgt eine Lösung des hinteren Kreuzbandes, falls die vorherigen<br />

Releaseschritte keine ausreichende Korrektur des Valgus erbracht haben.


5.7.3 FC-Korrektur<br />

Flexionskontratur +<br />

Varus<br />

2. Tiefes Innenband<br />

3. Oberflächliches Innenband<br />

4. M. semimembranosus<br />

5. Posteromediale Kapsel<br />

6. Posteriore Kapsel<br />

7. M. gastrocnemius/ HKB/<br />

zusätzliche Resektion<br />

194<br />

FLEXIONSKONTRATUR<br />

1. Osteophyten-Entfernung<br />

Flexionskontratur +<br />

Valgus<br />

2. Außenband<br />

3. Posterolaterale Kapsel<br />

4. Posteriore Kapsel<br />

5. M. gastrocnemius/ HKB/<br />

zusätzliche Resektion<br />

Die Entfernung der Osteophyten nimmt bei einer Flexionskontraktur eine besondere<br />

Rolle ein. Insbesondere die posterioren Osteophyten können alleine zu einer Flexionskontraktur<br />

führen und müssen daher vor einem Weichteil-Release entfernt werden.<br />

Bevor eine Flexionskontraktur gelöst wird, muss eine ebenfalls zugrunde liegende Deformität<br />

in der koronalen Ebene korrigiert werden. Wenn eine FC mit einem Varus<br />

kombiniert ist, sollte zuerst das tiefe Innenband, das oberflächliche Innenband und der<br />

Semimembranosus gelöst werden, um den Varus zu korrigieren. Danach wird mit dem<br />

Release der posteromedialen und der posterioren Kapsel die Flexionsdeformität korri-


195<br />

giert. Zuletzt können bei einer weiteren FC ein Release des hinteren Kreuzbandes, ein<br />

Release des Gastrocnemius oder eine zusätzliche Femurresektion durchgeführt werden.<br />

Eine Kombination zwischen FC und Valgus wird zuerst mit einem Release des lateralen<br />

Seitenbandes zur Korrektur des Valgus korrigiert. Danach erfolgt die Korrektur der FC<br />

mit dem Release der posterolateralen und der posterioren Kapsel. Zuletzt besteht auch<br />

hier die Option, das hintere Kreuzband oder den Gastrocnemius zu lösen oder eine zusätzliche<br />

Femurresektion durchzuführen.


5.8 Ausblick<br />

196<br />

Durch die minimal-invasiven Zugangswege und deren Schonung von Weichteilgewebe<br />

kommt Dynamik in die Diskussion um den "idealen" chirurgischen Zugangsweg zum<br />

Kniegelenk bei der Knie-TEP-Implantation.<br />

Nach Hart et al (2006) ist der "optimale" minimal-invasive Zugang bis heute noch nicht<br />

gefunden. Hier muss erst in Outcome-Studien belegt werden, ob die minimal-invasive<br />

Technik bei den verschiedenen Zugängen wie Subvastus, Midvastus oder dem medialen<br />

parapatellaren Zugang dauerhaft bessere Ergebnisse liefern kann als die üblichen Zugangsformen.<br />

Diese Technik muss die bisher bekannten Vorteile nicht nur kurzfristig,<br />

sondern auch in Langzeitergebnissen bestätigen können, um die etablierten Techniken<br />

in großer Breite ablösen zu können.<br />

Boerger et al (2005) sehen in randomisierten Doppelblind-Studien die Möglichkeit, in<br />

der Zukunft vor allem die postoperative Akzeptanz minimal-invasiver Techniken bei<br />

Patienten zu testen.<br />

Derzeit obliegen die Art der Durchführung des Ligament-Balancings und die Reihenfolge<br />

der einzelnen Release-Schritte allein dem Operateur und folgen nicht den Kriterien<br />

der evidenzbasierten Medizin (Claus und Scharf 2007).<br />

Weitere Forschungsprojekte in der Zukunft könnten im Hinblick auf das Ligament-<br />

Balancing mehr Licht in das Dunkel verschiedender einzelner offener Fragen bringen.<br />

Zu solchen zukünftigen wissenschaftlichen Fragestellungen können neben prospektiv<br />

randomisierten Studien auch klinische Vergleichsstudien, wo zwei bereits etablierte<br />

Weichteil-Sequenzen in den postoperativen Ergebnissen miteinander verglichen werden,<br />

beitragen.<br />

Trotz allen Erfolges und der guten Ergebnisse der Knie-TEP-Implantation gibt es auch<br />

heute noch offene Fragen im Weichteil-Balancing, mit deren Beantwortung eine noch<br />

exaktere Implantation einer Knie-TEP durch ein Weichteil-Balancing möglich wäre.<br />

Zu den noch nicht beantworteten Themen gehört z.B. die Wirkung des Weichteil-<br />

Balancings auf den Druck zwischen den Prothesenkomponenten und damit auf den Abrieb<br />

der Prothesenkomponenten. Ebenfalls interessant sind die Weiterentwicklung von<br />

Messgeräten zur intraoperativen Testung der Bandspannung während des Weichteil-<br />

Balancings und die Bedeutung minimal-invasiver Zugänge auf die Technik des Weichteil-Balancings.


197<br />

Trotz der großen Fortschritte in der Navigation bei der Knie-TEP-Implantation muss<br />

auch in Zukunft auf eine Verbesserung im Hinblick auf die Suffizienz des Kapsel-Band-<br />

Apparates hingearbeitet werden. Die individuelle Spannung des Bandapparates während<br />

den einzelnen Schritten des Weichteil-Balancings bei der Implantation der Knieendoprothese<br />

sollte weiter Focus des wissenschaftlichen Fortschritts bei der navigierten<br />

Knie-TEP-Implantation sein.<br />

In besonderem Maße sollten Fortschritte bei der Suche und Entwicklung nach weiteren<br />

Hilfsmitteln bei der Implantationstechnik vorangetrieben werden (Graichen 2007).<br />

Auch die (möglichst) objektive Erfassung einer ausgeglichenen Weichteil-Spannung<br />

gehört nach Briard et al (2007) zu den großen Zielen der nahen Zukunft zur Weiterentwicklung<br />

der operativen Maßnahmen bei der Knie-TEP.<br />

Bisher gibt es nur indirekte Methoden zur Messung der Bandspannung des Kniegelenkes,<br />

wie die Tensoren, Platzhalter und Distraktoren. Obwohl es bis heute noch nicht<br />

möglich ist die Weichteil-Spannung auf objektive Weise direkt mittels in-vivo-<br />

Messzellen zu messen, muss dieses Thema ebenfalls als eine Aufgabe der zukünftigen<br />

Forschung gelten. Eine Stabilität einer implantierten Knie-TEP hängt postoperativ vor<br />

allem von einer exakten Bandspannung ab, sodass dieses bisher nicht endgültig erforschte<br />

Thema ein Schwerpunkt in Zukunft sein sollte (Whiteside 2004).<br />

Claus und Scharf (2007) stellen die Problematik um die optimale Bandspannung bei der<br />

Knie-Endoprothetik heraus und heben die Notwendigkeit von in der Zukunft noch zu<br />

ermittelenden, wissenschaftlich abgesicherter Daten, sowohl auf klinischer wie experimenteller<br />

Ebene, hervor.<br />

In dieser Arbeit wurden erstmals die bisher gewonnenen Daten und Erkenntnisse beim<br />

Weichteilbalancing der Knieendoprothetik systematisch zusammengestellt und aus den<br />

z.T. sehr heterogenen Release-Strategien für die relevanten Deformitäten (Varus, Valgus,<br />

Flexionskontraktur) Algorithmen des Weichteilbalancings erstellt.


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7 Abkürzungsverzeichnis<br />

211<br />

Abb. Abbildung<br />

AP anterior-posterior<br />

Biceps Musculus biceps femoris<br />

bzw. beziehungsweise<br />

FC Flexionskontraktur<br />

Gastrocnemius M. gastrocnemius<br />

ggf. gegebenfalls<br />

HKB Hinteres Kreuzband<br />

Tractus Tractus iliotibialis<br />

Midvastus Midvastus-Zugang<br />

OP Operation<br />

Pes Pes anserinus<br />

Popliteus M. popliteus<br />

Quadrizeps M. quadrizeps<br />

Recurvatum Genu recurvatum<br />

Semimembranosus M. semimembranosus<br />

Subvastus Subvastuszugang<br />

TEP Totalendoprothese<br />

TKA Total knee arthroplasty<br />

Valgus Valgusdeformität<br />

Varus Varusdeformität<br />

VKB Vorders Kreuzband


8 Danksagung<br />

212<br />

Mein besonderer Dank gilt Herrn Professor Dr. med. Raimund Forst für die Anregung<br />

zu dieser Arbeit und die uneingeschränkte Unterstützung in ihrer Durchführung. Die<br />

gemeinsame ständige Diskussion über das Thema, die stets vorhandene konstruktive<br />

Kritik und sein uneingeschränktes Vertrauen waren für mich die Grundlage dieser wissenschaftlichen<br />

Arbeit. Diese Arbeit hat mir nicht nur intensiven Einblick in die Implantation<br />

und das Weichteil-Balancing der Knie-TEP gegeben, sondern auch in die spezifische<br />

Anatomie der unteren Extremität des Menschen und in die Physiologie und Biomechanik.<br />

Die ständige Thematisierung von chirurgischen OP-Techniken am Kniegelenk<br />

in dieser Arbeit hat mir inbesondere in meiner Anfangszeit als chirurgischorthopädischer<br />

Assistent den Einstieg erleichtert und einen Wissenvorsprung verschafft.<br />

Ebenfalls möchte ich Herrn Privat-Dozent Dr. med. Jürgen Forst danken, der mich mit<br />

großer Geduld und viel Zeitaufwand in die Literaturverarbeitungsprogramme eingewiesen<br />

hat. Ohne diese Programme und die unterstützenden Gespräche wäre diese Arbeit<br />

nicht so reibungslos zu schreiben gewesen.<br />

Großen Dank möchte ich auch Herrn Privat-Dozent Dr. med. Lutz Müller sagen, der mir<br />

in der Anfangszeit meiner Literaturrecherche sowie in der Niederschrift dieser Arbeit<br />

wichtige Tipps und Vorgehensweisen hat zukommen lassen.<br />

Einen besonderen Dank möchte ich auch an meinen Freund Dipl.-Ing. Moritz Eckert<br />

richten, der mir stets bei der Text- und Graphikgestaltung dieser Arbeit eine wertvolle<br />

Hilfe war.<br />

Für die motivierende Unterstützung und die ständige konstruktive Kritik möchte ich<br />

meinem Bruder Dr. med. Volker <strong>Krutsch</strong> und auch meinen Eltern Anneliese und Professor<br />

Dr. med. vet. Dr. h.c. Hans <strong>Werner</strong> <strong>Krutsch</strong> ganz besonders danken.


9 Lebenslauf<br />

213<br />

Persönliche Daten: Hans <strong>Werner</strong> <strong>Krutsch</strong><br />

Schulausbildung:<br />

Geb. am 10.02.1980 in Hatzfeld<br />

Ledig<br />

Eltern: Anneliese <strong>Krutsch</strong> und<br />

Prof. Dr. med. vet. Hans <strong>Werner</strong><br />

<strong>Krutsch</strong><br />

Bruder: Dr.med. Joachim Volker <strong>Krutsch</strong><br />

1987-1991 Georg-Ledebour-Grundschule / Nürnberg<br />

1991-2000 Dürer-Gymnasium / Nürnberg<br />

Zivildienst:<br />

2000-2001 Caritas-Neckartalwerkstätten / Stuttgart<br />

Hochschulausbildung:<br />

2001-2003 Vorklinisches Studium der Medizin<br />

an der Universität Erlangen-Nürnberg<br />

2003-2006 Klinisches Studium der Medizin<br />

an der Universität Erlangen-Nürnberg<br />

2006-2007 Praktisches Jahr<br />

an der Universität Erlangen-Nürnberg<br />

29./30.10. 2007 2. Ärztliche Prüfung nach neuer<br />

ärtlicher Approbationsordnung<br />

Approbation: 13. November 2007<br />

Famulaturen:<br />

März 2004 Klinik für HNO-Heilkunde<br />

Prof. Dr. Bonkowsky, Klinikum Nürnberg


214<br />

August 2004 Klinik für Frauenheilkunde,<br />

Prof. Dr. Terruhn, Klinikum Nürnberg<br />

September 2004 Klinik für Kinderheilkunde<br />

Prof. Dr. Rascher,<br />

Universitätsklinikum Erlangen-Nürnberg<br />

August 2005 Allgemeinarztpraxis, Dr. med Gross<br />

Nürnberg<br />

März 2006 Orthopädische Universitätsklinik<br />

Prof. Dr. Forst, Erlangen<br />

Tertiale des praktischen Jahres:<br />

21.08.-08.12.2006 Kardiologische Abteilung, PD Dr. Pohle<br />

Martha-Maria Krankenhaus Nürnberg<br />

11.12.-30.03.2007 Klinik für Unfall-und Orthopädische<br />

Chirurgie, PD Dr. Stedtfeld,<br />

Klinikum Nürnberg<br />

02.04.-22.07.2007 Orthopädische Universitätsklinik<br />

Prof. Dr. Forst, Erlangen<br />

Assistenzarzt:<br />

seit 01. Februar 2007 Unfallchirurgische Abteilung des<br />

Universitätsklinikums Regensburg<br />

Leiter: Prof. Dr. Michael Nerlich<br />

01.01.09-31.12.09 Orthopädie, Sporthopaedicum Straubing<br />

Leiter: Dr. Heinz Jürgen Eichhorn,<br />

Prof. Dr. Michael Strobel<br />

Promotion:<br />

seit November 2005 am Lehrstuhl für Orthopädie mit<br />

Orthopädischer Chirurgie der FAU Erlangen-<br />

Nürnberg<br />

Direktor: Prof. Dr. med. Raimund Forst<br />

Thema: Differentialstrategien zum Weichteil-Balancing<br />

bei der Knieendoprothetik in<br />

Abhängigkeit von der präoperativen Deformität<br />

Nürnberg, den 01.07.09

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