TegernseerStimme_klein
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Menschen. Leben. Lokal. Das Magazin für‘s Tal<br />
Hintergrund<br />
Waldfest als<br />
Wirtschaftsfaktor<br />
Ausgabe Juli / August 2011<br />
kostenlos<br />
Kein kalter Kaffee<br />
Aus Weißach<br />
in die Welt<br />
Die andere Seite<br />
Auch am Tegernsee gibt<br />
es bedürftige Menschen
Hier wohnen ...<br />
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wir u. a. folgende Leistungen:<br />
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EDITORIAL<br />
Es wird Zeit: Rein ins sommerliche Vergnügen, kopfüber<br />
in den kristallklaren See tauchen oder endlich<br />
den Köpfer vom Fünf-Meter-Brett wagen. Sich auf die Ernte<br />
der ersten Radieschen freuen. Oder mit dem Morgentau<br />
aufstehen und rauflaufen auf den Berg. Davon haben wir<br />
den ganzen Winter geträumt.<br />
Wir haben uns in Rottach auf der Suche nach der letzten<br />
grünen Sommerwiese gemacht. Gefunden haben wir Kräne,<br />
Bagger, Baufahrzeuge. Halbfertige Rohbauten und<br />
schlüsselfertigen XXL-Alpenschick.<br />
Zum Glück hat uns Schreiner Josef Eham gefunden. Er<br />
hat uns gezeigt, dass es auch anders geht. Wir waren auf<br />
seinem alten Bauernhof. Altes Holz. Neues Design. Innen<br />
und außen. Jetzt wissen wir, wie man bauen kann, ohne<br />
dem unnötigen Alpenschick zu verfallen. Nachhaltig<br />
eben.<br />
Bei all dem Bauwahn, dem Luxus und der Schönheit darf<br />
man aber auch die andere Seite des Tals nicht vergessen:<br />
Jeden Samstag stehen zwischen teuren Autos und großen<br />
Häusern auch am Tegernsee Menschen Schlange – für etwas<br />
zu essen. Alte Menschen oder alleinerziehende junge<br />
Impressum<br />
Verlag:<br />
Lokale Stimme UG (haftungsbeschränkt)<br />
Tölzerstraße 9a- 83703 Gmund, Telefon: 08022 / 85 96 280<br />
Der Verlag ist eine haftungsbeschränkte Unternehmensgesellschaft.<br />
Geschäftsführer ist Peter Posztos. Gesellschafter<br />
sind die PP Media GmbH, Apitzsch-Media GmbH und<br />
Jochen Krisch<br />
Redaktionsleitung:<br />
Peter Posztos<br />
Telefon (mobil): 0151 / 270 19780<br />
E-Mail: peter@tegernseerstimme.de<br />
Mitarbeiter dieser Ausgabe:<br />
Rose-Marie Beyer , Steffen Greschner, Eduard von Overheidt,<br />
Nicole Posztos, Tobias Stadler, Martin Heilmann,<br />
Aleksy Aleksejw, Nathalie Schwarz, Mick Zollenkopf<br />
Anzeigenleitung:<br />
Franz Neumann<br />
E-Mail: neumann@tegernseerstimme.de<br />
Tel. (mobil): 0176 / 960 676 72<br />
Wenn Sie in der Tegernseer Stimme werben möchten,<br />
schreiben Sie uns eine Mail an: neumann@tegernseerstimme.<br />
de oder rufen Sie uns direkt an. Wir sind gerne bereit uns persönlich<br />
mit Ihnen zu treffen um die verschiedenen Möglichkeiten<br />
zu besprechen.<br />
Erscheinungsweise: Regelmäßig mit einer Auflage von 20.000<br />
Exemplaren. Verteilung und Verbreitung im Tegernseer Tal<br />
Sonne.<br />
Sommer.<br />
Waldfeste.<br />
Mütter. Familien, die es ohne Unterstützung nicht schaffen<br />
würden. Die Gmunder Tafel hilft ihnen.<br />
Vereine sind es, die vielen im Tal helfen. Egal ob in der<br />
Not oder zur Entspannung und zum Spaß. Im Sommer<br />
ist für zahlreiche Vereine Waldfestzeit. Außer Bier und<br />
Hendl haben wir uns darum einmal angeschaut, welche<br />
wirtschaftliche Bedeutung die Waldfeste eigentlich für<br />
die Vereine im Tal haben. Da kamen Summen raus, die<br />
uns wirklich beeindruckt haben.<br />
Egal, was Sie in diesen Sommer beeindrucken wird: Wir<br />
wünschen Ihnen viel Spaß dabei. Lassen Sie sich einfach<br />
mal treiben und gehen Sie raus aus dem Haus. Da gibt es<br />
viel zu entdecken bei uns im Tal – auch abseits der ausgetretenen<br />
Touristenpfade. Aber wenn Sie dieses Magazin<br />
lesen, werden Sie die auch kennen.<br />
In diesem Sinne wünschen wir Ihnen lauschige Abende,<br />
ab und zu ein erfrischendes Nass für Innen und Außen<br />
und viel Spaß beim Lesen der Geschichten in unserem Tegernseer<br />
Stimme Magazin!<br />
Ihre Tegernseer Stimme und die komplette Redaktion<br />
Satz/Gestaltung:<br />
Mundi-Media Gmund, www.mundi-media.de<br />
Lektorat:<br />
Angela Braun, Schliersee, www.lektoratbraun.com<br />
Druck: Amper Druck GmbH<br />
Titelbild:<br />
Mick Zollenkopf<br />
Urheber- und Verlagsrechte: Alle in dieser Zeitschrift veröffentlichten<br />
Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Kein<br />
Teil dieser Zeitschrift darf außerhalb der engen Grenzen des<br />
Urheberrechtsgesetzes ohne schriftliche Genehmigung des<br />
Verlags in irgendeiner Form reproduziert werden. |<br />
Seite 3
tegernseerstimme.de | Juli / August 2011<br />
6<br />
12<br />
22<br />
28<br />
INHALTSVERZEICHNIS INHALTSVERZEICHNIS<br />
Inhalt:<br />
Editorial<br />
Seite 2 Sonne, Sommer, Waldfeste<br />
Das Bild des Monats<br />
Seite 6 Warten auf den Rottacher Teil des Seestegs<br />
Nachgefragt<br />
Seite 8 Saisonarbeiter<br />
Was machen die Sommerjobber im Winter?<br />
Reportage<br />
Seite 10 Rottacher unbegrenzte Möglichkeiten<br />
Oder: Die Bewahlung der letzten grünen Wiesen<br />
Portrait<br />
Seite 12 Nachhaltig bauen<br />
Wie Josef Eham alt und neu verbindet<br />
Veranstaltungen<br />
Seite 14 Ausgewähltes der kommenden vier Wochen<br />
Hintergrund<br />
Seite 16 Wirtschaftsfaktor Waldfest<br />
...die fünfte Jahreszeit im Tegernseer Tal<br />
Kommentar<br />
Seite 20 Auch wir lieben die Waldfeste<br />
Apell eines Münchners<br />
Reportage<br />
Seite 22 Die andere Seite des Tals<br />
Auch am Tegernsee brauchen Menschen Unterstützung<br />
Kein kalter Kaffee<br />
Seite 24 Aus Weißach in die Welt<br />
Erfolgreich in der Nische<br />
Das zweite Bild des Monats<br />
Seite 28 Raus aus dem Haus!<br />
Vereine im Tal<br />
Seite 30 Der Auer-Alm-Verein: Größter seiner Art<br />
Mittwochs ist Stammtisch und die Hütte ist voll<br />
Portrait<br />
Seite 32 Schokolade zum Frühstück<br />
Andreas Eybel verkauft direkt - das ist gut für die Qualität<br />
Rätsel<br />
Seite 34 Tegernseer Bilderrätsel und Sudoku<br />
Seite 4 | | Seite 5
Warten auf den Rottacher Teil des Seestegs...
tegernseerstimme.de | Juli / August 2011<br />
Susanna und Claudia heißen die beiden<br />
gut gelaunten Eisverkäuferinnen,<br />
die im Rottacher Eiscafé Cristallo hinter<br />
den bunten Eisbehältern stehen.<br />
Amarenata, Zabaione, Variegata-Peanuts:<br />
Leckere Eissorten lassen sich<br />
Groß und Klein in den Sommermonaten<br />
schmecken. Eis, Kaffee und Kuchen<br />
gibt es hier sogar im November<br />
und Dezember. Im Februar machen<br />
die beiden trotzdem Pause. Dann gibt<br />
es eine Auszeit bei ihren Familien.<br />
Josef Meißauer, Wanderführer für<br />
die TTT. Langeweile kennt der<br />
Wiesseer nicht – obwohl er seit<br />
einem Jahr eigentlich im Vorruhestand<br />
ist. Zufriedene Gäste sind<br />
sein erklärtes Ziel. Deshalb hat er<br />
sich zum Wanderführer ausbilden<br />
lassen: Im Sommer zeigt er<br />
Gästen heimische Höhen wie die<br />
Aueralm, Holzeralm oder weitere<br />
Gipfel. Außerdem führt er mit seiner<br />
Frau eine Pension. Im Winter<br />
gönnen sich die beiden dann eine<br />
Auszeit mit wenig Arbeit und ausgiebigen<br />
Langlauftouren rund um<br />
den Tegernsee.<br />
Sommer,<br />
Sonne,<br />
Saisonarbeiter<br />
Susanna und Claudia -<br />
Eisverkäuferinnen im Cristallo<br />
Josef Meißauer -<br />
Wanderführer der TTT<br />
Willi Lang -<br />
Schwimmeister im Rottacher Freibad<br />
Elisabeth Obermüller -<br />
Landschaftsgärtnerin<br />
Willi Lang, Schwimmmeister im Rottacher<br />
Freibad. Im Sommer arbeitet<br />
er so viel, dass seine Urlaubstage als<br />
Angestellter der Gemeinde für lange<br />
Winterreisen in den Süden ausreichen.<br />
An einem sonnigen Freibadtag<br />
kommen über 2000 Leute zum<br />
Schwimmen, da heißt es, immer<br />
konzentriert zu sein. Kein Problem<br />
für ihn: Schwimmmeister ist seit 20<br />
Jahren sein Traumberuf.<br />
Was machen<br />
die Sommerjobber<br />
eigentlich<br />
im Winter?<br />
Elisabeth Obermüller, Landschaftsgärtnerin<br />
bei einer Rottacher Galabau-<br />
Firma. Gärten planen und gestalten:<br />
Das ist die Aufgabe im Team von Elisabeth.<br />
Landschaftsgärtnern ist oft<br />
richtige Schwerstarbeit: Pflastersteine<br />
legen, Steinmauern aufschichten,<br />
Pflanzenkübel schleppen. Auch wenn<br />
das Geld knapp ist, weil Elisabeth im<br />
Winter „stempeln geht“: für eine lange<br />
Reise nach Südamerika reicht das angesparte<br />
Geld allemal.<br />
Seite 8 | | Seite 9
tegernseerstimme.de | Juli / August 2011<br />
Rottacher unbegrenzte<br />
Möglichkeiten<br />
Oder: Die Bewahrung der letzten grünen Wiesen<br />
Stilvoll elegant – mit diesem Attribut<br />
wirbt Rottach-Egern auf seiner Internetpräsenz.<br />
Stil und Eleganz, das sei<br />
das Erfolgsrezept für die attraktive Ausstrahlung<br />
des Ortes, so heißt es weiter.<br />
Wenn man durch die Seestraße und<br />
Teile der Hauptstraße flaniert, bleibt<br />
von dem beworbenen Eindruck leider<br />
nicht viel übrig. „Stilvoll elegant“ geht<br />
anders.<br />
Ferner erzählt man auf der Webseite<br />
von berühmten Künstlern, die sich haben<br />
beflügeln lassen<br />
vom aktiven<br />
und vitalen Leben<br />
am See. Aktiv und<br />
vital? Ja, so kann<br />
man das Rottacher<br />
Dasein in der Tat<br />
beschreiben. Geschäftig,betriebsam<br />
und lebhaft ist er geworden, der<br />
„Bautraditionen<br />
klug und ökologisch<br />
weiterentwickeln“<br />
Ort. Besonders, was die Baustellen angeht:<br />
ob Straßensanierungen oder Neubau<br />
oder Bau von Parkplätzen hier ist<br />
gerade mächtig was los.<br />
Geradezu beflügelt sind offenbar verschiedenste<br />
Immobilieninvestoren und<br />
Bauträger in ihrem Streben nach Rottacher<br />
Bauland. Hat man erst einmal<br />
eine Baugenehmigung in der Tasche,<br />
entstehen binnen kürzester Zeit auf<br />
<strong>klein</strong>sten Parzellen XXL-Bauwerke im<br />
designorientierten Alpenschick. Wo<br />
einst ein <strong>klein</strong>es, altes<br />
Häuschen umringt<br />
von altem Baubestand<br />
stand, entstehen<br />
vier Einfamilienhäuser<br />
inklusive<br />
allem Komfort und<br />
unverstelltem Bergblick.<br />
Bis dann nach<br />
ein paar Jahren der Nächste kommt und<br />
dem Nachbarn sein Haus vor die Nase<br />
setzt: das war es dann mit dem Bergblick.<br />
„Flanieren Sie doch einmal durch Rottach,<br />
vorbei an eleganten Geschäften<br />
und gemütlichen Restaurants bis hinunter<br />
zur Egerner Kirche“, raten die<br />
Touristiker. Schnell endet man am<br />
bezaubernden Malerwinkel, der ja bekanntlich<br />
dank eines sich überdimensional<br />
ausbreitenden Hotels nicht mehr<br />
REPORTAGE REPORTAGE<br />
ganz so bezaubernd wirkt (Anmerkung<br />
der Redaktion). Ein bisschen weiter südlich<br />
sieht es nicht viel besser aus: auch<br />
dort finden sich manche baulichen Auswüchse.<br />
Der Baustil, die Größe des Gebäudes,<br />
der Zaun, die Haustür, das Dach, der<br />
Wandanstrich, der Abstand zum Nachbarn.<br />
Bei manchen Gebäuden passt einfach<br />
nichts. Dabei wäre es doch eigentlich<br />
ganz einfach. Man nimmt die am<br />
Ort vorhandenen Bautraditionen auf<br />
und versucht, sie klug und ökologisch<br />
weiterzuentwickeln.<br />
Doch wo beginnt eine Bausünde? Was<br />
geht noch durch? Eines ist dabei sicher:<br />
die Geschmäcker sind verschieden. Und<br />
jeder Bauherr möchte sich natürlich<br />
auch selbst verwirklichen. Ob einer seinen<br />
Stall gelb anstreicht, ein anderer<br />
asiatische Heckenpflänzchen anstatt<br />
einheimischer pflanzt oder ein dritter<br />
sein Einfamilienhaus mit einem Hirschgeweih<br />
schmückt, obwohl er nicht der<br />
Jägerzunft angehört. Das bleibt wohl<br />
im Alltag auch weiterhin jedem selbst<br />
überlassen.<br />
Von der Bewahrung des Grüns<br />
Jedes noch freie Fleckchen Grün, jede<br />
unbebaute Wiese: es könnte die Letzte<br />
ihrer Art sein. Diesen Eindruck gewinnt<br />
man inzwischen, wenn man sich im Ort<br />
umsieht.<br />
Vielerorts stehen Kräne, Bagger und<br />
andere Baufahrzeuge. Rohbauten, halb<br />
fertig gestellte Häuser, in den Himmel<br />
wachsende Bautafeln: alle künden sie<br />
von der Bauwut, die Rottach erfasst hat.<br />
Jedes Eckchen wird genutzt: Grün verschwindet,<br />
damit noch mehr Mauerwerk<br />
entstehen kann.<br />
Ein gigantischer Verbrauch von Fläche.<br />
Vom Grundstück selbst bleibt meist<br />
nicht viel übrig. Nur ein paar wenige<br />
Quadratmeter künstlich angelegtes<br />
Grün säumen die Mauern, bevor es von<br />
einem mehr oder wenigen dicken Zaun<br />
begrenzt wird. Der Wohnraum steht im<br />
Vordergrund. Ein gut gebautes Haus<br />
fügt sich dagegen in die Landschaft ein.<br />
Im Idealfall bereichert es sie sogar.<br />
Über Jahrhunderte stimmte die Kulturlandschaft<br />
und war verträglich. Die Häuser<br />
wurden mit der Landschaft gebaut.<br />
Das vermisst man heute bei Neubauten<br />
häufig. Einheitliche und stilvolle Ortsbilder<br />
werden, nicht nur in Rottach, leider<br />
immer seltener.<br />
Es gibt jedoch auch eine simple Verantwortung<br />
dem Nachbarn, dem Umfeld<br />
gegenüber. Der Eigentümer sieht sein<br />
Haus meist nur, wenn er das Grundstück<br />
verlässt, heimkommt oder gera-<br />
de in seinem Garten sitzt. Der Nachbar<br />
sieht es leider jedes Mal, wenn er aus<br />
dem Fenster schaut, gerade am Esstisch<br />
sitzt oder in der Küche steht. Da sollte<br />
es eigentlich zum guten Ton gehören,<br />
dass das Haus kein ortsfremdes Unikum<br />
darstellt. Oder dass man dem Nachbarn<br />
nicht eine Doppelgarage vor die Nase<br />
setzt. Häuser geben dem Ort sein Gesicht.<br />
Ob die Investoren, die im Tal bauen,<br />
ihre Bauwerke verkaufen und dann<br />
wieder abziehen, darüber schon einmal<br />
nachgedacht haben?<br />
So unterschiedlich wie die Geschmäcker<br />
der Bauherren auch sind: die Optik des<br />
eigenen Hauses sollte man sich wahrlich<br />
gut überlegen. Ein Haus steht Jahrzehnte.<br />
Das ist eine halbe Ewigkeit.<br />
Text: Rose-Marie Beyer,<br />
Fotos: Mick Zollenkopf<br />
Mehr zum Thema<br />
im Internet unter:<br />
www.bit.ly/rottach_bau<br />
Seite 10 | | Seite 11
tegernseerstimme.de | Juli / August 2011<br />
Nachhaltig bauen:<br />
Wie Josef Eham alt<br />
und neu verbindet<br />
Die alten Bauernhäuser rund um den<br />
Tegernsee wurden für Generationen<br />
gebaut. Oft stehen sie seit Jahrhunderten<br />
an derselben Stelle. Und doch sind die<br />
Höfe immer in Ver-<br />
änderung: Neues<br />
kommt hinzu. Altes<br />
weicht mit den<br />
Jahren. Das ist wie<br />
in der Natur. Blätter<br />
verwelken. Im<br />
Frühjahr kommt<br />
neues Grün. Die<br />
Häuser mit der Landschaft bauen.<br />
Sie in die Kulturlandschaft integrieren,<br />
statt Fremdkörper schaffen. Das<br />
ist damals gelungen. Und kann heute<br />
genauso funktionieren.<br />
„Alt und Neu verbinden.“ Das ist auch<br />
das Ziel von Josef Eham. Nachhaltigkeit<br />
beim Bauen steht bei ihm ganz oben<br />
auf der Liste. Am Eckart – zwischen<br />
Gmund und Hausham – hat der in Rottach<br />
aufgewachsene Schreinermeister<br />
den Holzhandel seiner Vorfahren zu<br />
Tradition und<br />
Moderne oder<br />
altes Holz in<br />
neuem Design<br />
einem großen Holzveredelungsbetrieb<br />
gewandelt. Eham hat sich dem Brückenschlag<br />
zwischen alter Tradition<br />
und modernem Wandel verschrieben.<br />
Nachhaltige Materialien,nachhaltiges<br />
Bauen – so die<br />
Devise von Eham.<br />
Modern muss für<br />
ihn nicht automatisch<br />
mit Traditionen<br />
brechen. Luxus<br />
nicht mit Gemütlichkeit<br />
und Generationswechsel nicht mit<br />
Vergessen.<br />
Eine zeitlose, ansprechende und dem<br />
ortsüblichen Bild angepasste Gestaltung<br />
bedeutet vielmehr, dass sich das<br />
Gebäude optimal in die umliegende<br />
Kulturlandschaft einfügt. So wie die<br />
Werkstatt und der Hof von Eham. Alt<br />
und Neu: passend verbunden.<br />
Der 1590 erbaute Bauernhof steht da<br />
schon sehr lange, so als gehöre er zu<br />
INTERVIEW<br />
Wald und Wiesen einfach dazu. Ein<br />
richtig altes Ding aber gepflegt und in<br />
Schuss.<br />
„Ich wasche meinen Hof einmal im<br />
Jahr“, erzählt er. Dadurch werden Vergrauungen<br />
einfach entfernt. Und das<br />
Holz wird in seiner natürlichen Schönheit<br />
erhalten. Auch wenn es vielleicht<br />
ein paar Risse bekommt, halten tut es.<br />
Wenn Risse zu groß werden, wird lieber<br />
geflickt, statt neu gebaut. „Das ist<br />
wie bei uns Menschen, die verpflegt<br />
man auch mal mit einem Pflaster.“<br />
Naturbelassene Fläche gibt es viel<br />
rund um den Hof. Auch ein Faktor für<br />
Nachhaltigkeit. Das Gebäude soll nur<br />
so viel Grund verbrauchen wie unbedingt<br />
notwendig. Lang, aber schmal<br />
ist er, der Hof. Und damit hat er genau<br />
so viel Funktionalität wie nötig. Vorne<br />
befinden sich die Wohnräume. Hinten<br />
kommen die Stallungen, die ebenfalls<br />
zu Wohnräumen umgewandelt wurden.<br />
Der Umbau ist allerdings so unscheinbar,<br />
dass das Gebäude von außen<br />
kaum verändert scheint. Tradition und<br />
Zukunft. Hier stört die Verbindung<br />
nicht. Die zeitlose Gestaltung scheint<br />
durch das Hinzukommen neuer Materi-<br />
PORTRAIT<br />
alien sogar aufgewertet. So entsteht ein<br />
Gebäude mit einer starken Ausstrahlung.<br />
Denn nur Gebäude, die auch von<br />
der Allgemeinheit akzeptiert werden,<br />
haben die Chance, wirklich alt und so<br />
zu einem Teil der jeweiligen Kultur zu<br />
werden.<br />
Auf 25 Jahre Firmentradition kann der<br />
Schreinerei-Inhaber Josef Eham inzwischen<br />
zurückblicken. Schreinerei ist<br />
aber eigentlich der falsche Ausdruck.<br />
Hier geht es nicht nur staubig und laut<br />
zu. Inzwischen arbeiten 65 Mitarbeiter<br />
bei ihm, darunter auch ein Innenarchitekt.<br />
Denn Ehams eigentlicher Job für<br />
seine Kunden ist der Innenausbau. Bei<br />
äußeren Änderungen berät er aber natürlich<br />
mit. Innen und Außen müssen<br />
zueinander passen.<br />
In Ehams Esszimmer sieht man, was er<br />
sich unter traditionellem, modernem<br />
Umbau vorstellt. Zum Beispiel an dem<br />
antiken, rissigen Scheunentor, das inzwischen<br />
Schiebetür zwischen Küche<br />
und Esszimmer ist. Versehen mit einer<br />
modernen LED-Beleuchtung. An der<br />
Eichen-Baumscheibe, die, mit einem<br />
schmiedeeisernen Fuß, als Tisch dient.<br />
An den 40-Zentimeter-Dielen, die laut<br />
Eham in dieser Art ausschließlich in<br />
seiner Schreinerei gefertigt werden.<br />
Alles irgendwie ganz traditionell bayerisch.<br />
Und irgendwie aber doch auch<br />
modern und kein bisschen altbacken.<br />
Das Team im Unternehmen stellt ausschließlich<br />
Einzelstücke nach Maß<br />
her, die auf individuelle Kundenwünsche<br />
abgestimmt werden. Eham reizt<br />
die Kombination aus Tradition,<br />
Schlichtheit, Gemütlichkeit und<br />
Materialvarianten. „Ich mag es<br />
nicht verschnörkelt“, sagt er.<br />
Die Kunden kommen meist aus<br />
dem Voralpengebiet, aber auch<br />
die nationale und internationale<br />
Nachfrage ist inzwischen groß.<br />
Eham bietet Mobiliar und Designlösungen<br />
für alle Wohnbereiche.<br />
Besonders Böden und Küchen<br />
haben es ihm angetan. Die unterscheiden<br />
sich in allem von<br />
den Fertigungsstandards der<br />
Massenproduktion und dem oft<br />
trostlosen Perfektionismus zeitgenössischen<br />
Wohnbaus.<br />
Das bei den Kunden stark nachgefragte<br />
alte Holz liefern Holzhändler<br />
aus der ganzen Alpenre-<br />
gion, wo es noch zahlreiche Almhütten<br />
und andere uralte Gebäude gibt, die abgebrochen<br />
werden. Einzigartig werden<br />
die Kreationen durch alte, traditionelle<br />
Verarbeitungsmethoden. Eingestemmt,<br />
etwa mittels einer Stemm-Zapfen-Verbindung,<br />
die ohne Metall oder Klebstoff<br />
auskommen. Auch wenn das Holz<br />
vielleicht ein paar Risse bekommt halten<br />
tut es.<br />
Viel wichtiger ist aber, dass Ehams<br />
Kunden verstehen, warum sie viel Geld<br />
dafür ausgeben, um sich den Luxus des<br />
alten Stils zu gönnen: Es geht ihnen um<br />
Nachhaltigkeit und vorsichtige Veränderung<br />
an und in ihren Häusern.<br />
Lang überlegte Schritte, die auch in<br />
vielen Generationen noch schön anzuschauen<br />
sind.<br />
Keine kurzlebigen Trends und keine<br />
Gebäude für eine Generation.<br />
Text: Rose-Marie Beyer,<br />
Fotos: Aleksey Aleksjew, Cordula Flegel<br />
Mehr zum Thema<br />
im Internet unter:<br />
www.tegernseerstimme.de<br />
Seite 12 | | Seite 13
tegernseerstimme.de | Juli / August 2011<br />
Couplet AG<br />
Freitag 01.07.2011<br />
20:00 - 23:00 Uhr<br />
„Ab morgen wieder Hirn“ heißt<br />
die Politsatire der vier Münchner<br />
Kabarettisten. In ihrem aktuellen<br />
Stück landen sie in der Registratur<br />
des Bundesamtes für registrierte<br />
Blödheit, dem Auffangbecken<br />
für gesellschaftlich und politisch<br />
Hirnlos-Gestrandete der Republik.<br />
In preisgekrönter Couplet-AG-Manier<br />
nehmen die vier den Irrsinn im<br />
bundesdeutschen Alltagsleben und<br />
die schier unbeschreiblichen Taten<br />
der Regierenden aufs Korn. Mittendrin<br />
im Bundesamt für registrierte<br />
Blödheit schlagen sie fein<br />
beobachtet Gedankenschneisen<br />
durch das Dickicht des tagtäg-<br />
lichen Wahnsinns und der geistigen<br />
Verarmung.<br />
Los geht es am Freitag, 1. Juli, um<br />
20:00 Uhr in der Winner‘s Lounge<br />
der Spielbank Bad-Wiessee.<br />
„Night<br />
of the Alps“<br />
08. - 10. Juli 2011<br />
„Tradition bewahren, heißt nicht<br />
zurückschauen, sondern das<br />
Feuer weitergeben!“ Unter dem<br />
Begriff „Voixmusik“ wird bei den<br />
Night of the Alps bayerische Tradition<br />
mit der Moderne verknüpft.<br />
Das Ergebnis ist Volksmusik,<br />
die so überhaupt nichts von der<br />
klassischen Blaskapelle hat. Drei<br />
Tage Musik, die mal etwas ganz<br />
anderes ist.<br />
Freitag und Samstag Abend<br />
gibt’s im Anschluss noch die<br />
Bräustüberlnacht, bei der weiter<br />
getanzt und gefeiert werden<br />
kann. Dabei sind unter anderem<br />
Claudia Koreck, HMBC, die Tegernseer<br />
Tanzlmusi und weitere<br />
Gruppen. Special Guest:<br />
HAINDLING!<br />
Die „Night of the Alps“<br />
dauert von Freitag, 8.<br />
Juli, bis Sonntag, 10.<br />
Juli, an der Point in Tegernsee.<br />
Karten gibt es<br />
bei allen Touristinformationen<br />
und im Webshop<br />
der TTT.<br />
Der Preis für einen<br />
Abend beträgt 39,80<br />
Euro. Das Kombiticket kostet 69<br />
Euro. Die Bräustüberlnacht kostet<br />
jeweils 10 Euro Eintritt.<br />
Mehr Infos unter<br />
www.nightofthealps.de.<br />
Zirkusschule<br />
Windspiel<br />
01. - 05. August 2011<br />
10:00 - 16:30 Uhr<br />
Bei der Zirkusschule Windspiel<br />
können Kinder und Jugendliche<br />
zwischen 8 und 18 Jahren und<br />
jung gebliebene Erwachsene<br />
etwas Zirkusluft schnuppern.<br />
Vom Jonglieren über Akrobatik<br />
und Zaubertricks ist von allem,<br />
was ein Zirkus braucht, etwas<br />
dabei. Los geht es am Montag,<br />
1. August, in der Turnhalle der<br />
Volksschule Rottach-Egern in<br />
der Kißlingerstraße.<br />
Anmeldungen werden ab Mitte<br />
Juli unter der Telefonnummer<br />
0176/23527232 entgegengenommen.<br />
Das Programm ist täglich, jeweils<br />
von 10.00-16.30 Uhr, mit<br />
einer großen Abschlussgala am<br />
Freitag um 15.00 Uhr.<br />
Man muss schließlich auch zeigen,<br />
was man gelernt hat. Die<br />
Kosten belaufen sich auf 130<br />
Euro pro Kind. Geschwisterkinder<br />
erhalten 10 Euro Rabatt.<br />
Mehr Info unter<br />
www.zirkusschule-windspiel.de.<br />
VERANSTALTUNGEN<br />
Karten gibt es für 19 Euro in allen<br />
Tourist-Informationen oder im<br />
Webshop der TTT. Mehr Infos gibt<br />
es unter www.couplet-ag.de.<br />
Tegernseer Volkstheater -<br />
„Bleib hoid zum<br />
Frühstück“<br />
Montag 08.08.2011<br />
20:00 - 22:00 Uhr<br />
Eigenbrötler Georg führt ein ruhiges,<br />
wohlgeordnetes Single-<br />
Leben als Bauhofangestellter in<br />
Miesbach.<br />
Sein Privatleben dreht sich um<br />
Jugend-Fußballtrainer, Vorstand<br />
vom Kegelverein, Schützenverein<br />
und Vorplattler im Trachtenverein.<br />
In Georgs Idylle platzt plötzlich<br />
und ungebeten die lebenslustige,<br />
weitgereiste und hochschwangere<br />
Lou. Wenig später ist Lou<br />
schon bei Georg eingezogen.<br />
Von der Situation vollkommen<br />
überfordert, hat Georg ab diesem<br />
Punkt keine ruhige Sekunde<br />
mehr. Vorbei ist das Leben des<br />
verschlafenen Eigenbrötlers.<br />
Los geht‘s am Montag, 8. August,<br />
um 20 Uhr im Ludwig-<br />
Thoma-Saal in Tegernsee.<br />
Karten gibt es ab 17,50 Euro<br />
in allen Touristinformationen<br />
oder im Webshop der TTT.<br />
Mehr Infos unter<br />
www.tegernseer-volkstheater.de.<br />
VERANSTALTUNGEN<br />
Cotton Field<br />
Blues Band<br />
Juni:<br />
Freitag 24.06.2011 17:00 Uhr<br />
Waldfest des SC Bad Wiessee<br />
(Sonnenbichl)<br />
Samstag 25.06.2011 15:30 Uhr<br />
Waldfest des SC Bad Wiessee<br />
(Sonnenbichl)<br />
Sonntag 26.06.2011 10:00 Uhr<br />
Hirschbergler Waldfest<br />
(Trachtenhütte Kreuth)<br />
Freitag 15.07.2011 18:00 Uhr<br />
Waldfest der Tegernseer Vereine<br />
Samstag 16.07.2011 16:00 Uhr<br />
Waldfest der Tegernseer Vereine<br />
Sonntag 17.07.2011 14:00 Uhr<br />
Waldfest der Tegernseer Vereine<br />
Sonntag 24.07.2011 10:00 Uhr<br />
Leonhardstoana Waldfest<br />
(Leonhardstoana Hof, Kreuth)<br />
Seite 14 | | Seite 15<br />
Anzeige<br />
Alle Wald- und Seefeste im Überblick<br />
Die Waldfestsaison ist inzwischen in vollem Gange. Für die nächsten Wochen ist der Kalender gut gefüllt und<br />
man kann fast jedes Wochenende bei Bier und Musik richtig ausspannen. Der nächste Termin ist gleich jetzt am<br />
Wochenende in Bad Wiessee, und danach geht’s Schlag auf Schlag. Tagesaktuelle Neuigkeiten zu den Terminen<br />
finden Sie auf www.tegernseerstimme.de<br />
Freitag 29.07.2011 17:00 Uhr<br />
Waldfest des SC Rottach-Egern<br />
(Lori-Feichta, Rottach)<br />
Samstag 30.07.2011 15:00 Uhr<br />
Waldfest des SC Rottach-Egern<br />
(Lori-Feichta, Rottach)<br />
Freitag 26.08.2011<br />
20:00 - 23:00 Uhr<br />
August:<br />
Sonntag 07.08.2011 10:00 Uhr<br />
Waldfest der Wiesseer Trachtler<br />
(Kurpark Abwinkl)<br />
Die Cotton Field Blues Band ist Juli:<br />
Sonntag 07.08.2011 10:00 Uhr<br />
eine „All-Star-Band“. Das bedeu-<br />
Freitag 01.07.2011 17:00 Uhr<br />
Waldfest des SC Kreuth<br />
Wallberger Trachtenwaldfest<br />
(Lori-Feichta, Rottach)<br />
tet, die Musiker können von Auf- (Leonhardstoana Hof, Kreuth)<br />
Donnerstag 11.08.2011 17:00 Uhr<br />
tritt zu Auftritt variieren.<br />
Samstag 02.07.2011 15:00 Uhr<br />
Waldfest des SC Ostin<br />
Waldfest des SC Kreuth<br />
(Skilift Ostin, Gmund)<br />
Einige von ihnen wohnen in den<br />
Staaten, andere in Europa. Eines<br />
(Leonhardstoana Hof, Kreuth)<br />
Sonntag 03.07.2011 10:00 Uhr<br />
Waldfest der Gebirgsschützen<br />
Freitag 12.08.2011 17:00 Uhr<br />
Waldfest des SC Ostin<br />
(Skilift Ostin, Gmund)<br />
ist aber bei allen Musikern der Tegernsee (Rottach)<br />
Samstag 13.08.2011 15:00 Uhr<br />
„Cotton Field Blues Band“ gleich: Freitag 08.07.2011 17:00 Uhr<br />
Waldfest des SC Ostin<br />
Wenn sie erst mal spielen, spielen<br />
sie sich bei jedem Konzert das<br />
Herz aus dem Leibe. Echte Voll-<br />
Waldfest des FC Real Kreuth<br />
(Leonhardstoana Hof)<br />
Freitag 08.07.2011 17:00 Uhr<br />
Waldfest des TSV Bad Wiessee<br />
(Skilift Ostin, Gmund)<br />
Sonntag 14.08.2011 15:00 Uhr<br />
Waldfest des SC Ostin<br />
(Skilift Ostin, Gmund)<br />
blutmusiker eben.<br />
(Kurpark Abwinkl)<br />
Freitag 19.08.2011 16:00 Uhr<br />
Samstag 09.07.2011 15:00 Uhr<br />
Seefest Bad Wiessee<br />
Der Bluesabend startet am Freitag,<br />
26. August, um 20 Uhr in der<br />
Waldfest des FC Real Kreuth<br />
(Leonhardstoana Hof)<br />
Samstag 09.07.2011 15:00 Uhr<br />
Freitag 19.08.2011 18:00 Uhr<br />
Weinfest der Landjugend Gmund<br />
in Gasse<br />
Winner‘s Lounge in der Spielbank<br />
Bad Wiessee.<br />
Waldfest des TSV Bad Wiessee<br />
(Kurpark Abwinkl)<br />
Mittwoch 27.07.2011 18:00 Uhr<br />
Seefest Tegernsee<br />
Samstag 27.08.2011 18:00 Uhr<br />
Weinfest des Burschenvereins<br />
Dienstag 12.07.2011 15:00 Uhr Freitag 29.07.2011 15:00 Uhr Rottach-Egern<br />
Karten gibt es zu 19 Euro in allen<br />
Tourist-Informationen oder wie<br />
Seefest Rottach-Egern<br />
Lichterfest Gmund<br />
immer im Webshop der TTT. Alle weiteren Termine gibt es von uns in der nächsten Ausgabe und online auf Tegernseerstimme.de<br />
Texte: Steffen Greschner
tegernseerstimme.de | Juli / August 2011<br />
HINTERGRUND<br />
Wirtschaftsfaktor Waldfest<br />
...die fünfte Jahreszeit<br />
Die Waldfeste gehören zum Tegernseer<br />
Tal wie das Oktoberfest zu<br />
München. Abgesehen von den Fahrgeschäften,<br />
den Festzelten oder den überteuerten<br />
Preisen für Hendl und Maß. Eines<br />
haben beide Veranstaltungen – bei<br />
allen Unterschieden – mit Sicherheit gemein:<br />
Sie sind einzigartig. Die Waldfeste<br />
sind nicht zuletzt deshalb ein Faktor,<br />
der zwischen Juni und August an rund<br />
20 Tagen die Kassen der ortsansässigen<br />
Vereine klingeln lässt und immer mehr<br />
auch überregionale Waldfestfans in die<br />
Ferienregion lockt.<br />
Eintritt, Speisen, Schank und die Bar sind<br />
die Umsatztreiber eines jeden Waldfestes.<br />
Der „normale“ Waldfestgast lässt fast<br />
keinen Stand aus. „Knapp 20 bis 25 Euro“<br />
sind’s im Schnitt pro Besuch.<br />
„Der eine etwas weniger, der andere<br />
vielleicht sogar mehr“, überschlägt Sepp<br />
Bartl, Vorstand des SC Kreuth. „Wenn<br />
ich Glück hab, nix“ oder „bis zu 60<br />
Euro“, meinen die Waldfestgänger Alex,<br />
Petra und Ottmar. Nix wohl eher bei den<br />
Mädels.<br />
Auf dem TSV Waldfest in Bad Wiessee<br />
macht alleine der Bierverkauf ca. ein<br />
Drittel des Gesamtumsatzes aus. Das<br />
sagen die Zahlen, die TSV-Vorstand Clemens<br />
Engel vorliegen. Der SC in Kreuth<br />
dreht insgesamt ein etwas größeres Rad<br />
und macht neben Bier (40 %) vor allem<br />
auch an der Bar bis zu 20 % (Bad Wies-<br />
im Tegernseer Tal<br />
see: 13 %) seines Umsatzes. Und beim<br />
Schnaps bleibt richtig Gewinn hängen.<br />
10 % fließen im Schnitt über den Eintritt<br />
in die Kassen der Vereine. Aber auch<br />
die Brotzeit-, Hendl- und Grillfleisch-<br />
Verkaufsstände<br />
tragen ihren Teil<br />
zum Gesamterfolg<br />
bei. Die Schießbuden,<br />
Kaffee und<br />
Kuchen bringen<br />
dagegen nicht viel.<br />
„An einem guten<br />
Waldfesttag kommen an die 2500 oder<br />
mehr Besucher“, meint Bartl und fügt<br />
an: „In Tegernsee kön-nen es an einem<br />
Tag auch gut und gerne 4000 sein.“ Die<br />
Waldfestsaison hat 2011 insgesamt 22 Tage<br />
(Doppeltermine eingerechnet). Im Schnitt<br />
heißt das 62.500 Euro Umsatz pro Tag. Bei<br />
22 Tagen ein direkter Wirtschaftsfaktor von<br />
rund 1.300.000 Euro im Tal.<br />
Einige Betriebe bekommen ihr Stück<br />
vom „Waldfestkuchen“ ab: Metzgereien,<br />
Bäckereien, Getränkehändler, Einzel-<br />
und Großhändler sowie Taxiunternehmen,<br />
Trachtengeschäfte und zum<br />
Teil die Hotellerie.<br />
Pro Waldfest sorgen im Schichtbetrieb<br />
bis zu 100 vereinseigene ehrenamtliche<br />
Helfer dafür, dass alles rund läuft – Bier<br />
und Brotzeit dienen als Bezahlung. Fixe<br />
Kosten entstehen den Waldfestveranstaltern<br />
kaum: Für die Musiker fallen<br />
In guten Jahren<br />
mehr als 1,3 Millionen<br />
Euro Umsatz - und<br />
viele verdienen mit<br />
etwa 2000 Euro pro Tag, was hauptsächlich<br />
über den Eintritt finanziert<br />
wird. Dazu kommen noch Materialaufwendungen,<br />
die je nach Waldfest mit<br />
1000 bis 2000 Euro angesetzt werden.<br />
Der Rest läuft hauptsächlich<br />
auf Kommission:<br />
je mehr<br />
verkauft wird, desto<br />
höher ist der<br />
Gewinn. Bezahlt<br />
wird zum Schluss<br />
nur das, was verbraucht<br />
wurde.<br />
„Das gilt bei uns vor allem fürs Bier und<br />
die Bargetränke, aber auch für einige<br />
Speisen“, erklärt Sepp Bartl. Sonst gibt<br />
es kaum Unkosten. „Selbst die Biergarnituren<br />
und die Schirme werden von<br />
den Brauereien gestellt“, verrät Bartl,<br />
der aber auch zu bedenken gibt, dass<br />
zusätzlich alle paar Jahre Investitionen<br />
in Grills und Aufwendungen für die<br />
Instandhaltung der Stände anfallen.<br />
Egal, wie lange es die jeweiligen Waldfeste<br />
der insgesamt zwölf Vereine schon<br />
gibt.<br />
Beim einen läuft der Bierzapfhahn<br />
durchgehend, an der Bar kommt man<br />
mit dem Schnappsausschenken kaum<br />
hinterher, und bei anderen – eigentlich<br />
nicht weniger attraktiven Waldfesten<br />
– ist der jeweilige Verein froh, wenn a<br />
„bissl was für die Vereinskasse hängen<br />
bleibt“. Doch woran liegt das?<br />
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tegernseerstimme.de | Juli / August 2011<br />
Für die veranstaltenden Vereine – egal, ob es dieses Jahr etwas schlechter gelaufen Waldfestsaison 2011 teilzunehmen. „Das<br />
Trachten-, Fußballvereine oder Skiclubs– ist. Gründe werden dann oft woanders bedeutet für unser Fest auch eine gewis-<br />
ist es neben dem eigentlichen Waldfest gesucht. Der Grund liegt mittlerweile se Planungsgröße“, so die Verantwort-<br />
immer wichtiger, das Waldfest richtig zu aber auch im Internet: Beispielsweise lichen des SC Kreuth. Und das Ganze ist<br />
bewerben. Plakate und Banner im Ort, ein sagen für den ersten Waldfesttermin natürlich mit einer Sogwirkung verbun-<br />
Beitrag im Bürgerboten und im Gelben beim SC Kreuth über den Veranstalden. „Wo sicher was los ist, da muss<br />
Blatt oder der Tegernseer<br />
ich auch hin“, lautet das<br />
Zeitung ist oft zu wenig.<br />
Motto vieler.<br />
Der Einheimische weiß eh, Das Geheimnis des Tegernseer Bieres<br />
wann und wo das nächste<br />
Der richtige Termin ist<br />
Waldfest stattfindet – und Mittlerweile ist das Tegernseer Bier das „In-Bier“ in Münchens auch ein sehr wichtiger<br />
auf welches er gehen wird. Diskotheken und Clubs. „Wie machen die Tegernseer das, ohne Punkt. Macht man es<br />
überregionale Werbung in der Zeitung oder im Fernsehen zu eher am Anfang oder<br />
Die Kunst liegt vielmehr schalten?“<br />
am Ende der Waldfest-<br />
darin, den (verhassten)<br />
saison? Wann ist der<br />
Münchner aufs Land zu TSV-Vorstand Engel hat die einfache, jedoch geniale Erklärung: Verschiebetermin? Mit<br />
locken. Denn egal, ob „Dem Münchner schmeckt das Tegernseer Bier auf den See- und welchem Waldfest trifft<br />
man die „Ortsfremden“, Waldfesten, und er verbindet zumeist positive Emotionen damit. man da aufeinander?<br />
die bis zu 70 % der Gäste Nichts anderes versucht auch Fernsehwerbung zu vermitteln. So Oder finden andere Ver-<br />
ausmachen, auf seinem hat sich die Brauerei Tegernsee einen neuen Markt erschlossen, anstaltungen im Tal statt<br />
Waldfest haben möch- ohne ihn direkt zu bewerben.“ Belegen kann der Vereinsvor- (Night of the Alps!)? Wer<br />
te oder nicht – mit den stand seine These zwar nicht, ist davon allerdings überzeugt. dann noch das Glück<br />
Städtern und der „Pro- Ähnliches kann sich auch Bartl vorstellen.<br />
hat, tolles Wetter zu ersecco-Gesellschaft“<br />
wird<br />
wischen, der hat oft für<br />
das Geld für die Talverei-<br />
den Rest des Jahres ausne<br />
verdient.<br />
gesorgt.<br />
Und gerade die Münchner schauen<br />
längst im Internet, wann und wo das<br />
nächste Fest ist. Vereine, deren Waldfest<br />
im Netz kaum gefunden wird, merken<br />
spätestens beim Kassensturz, dass<br />
tungshinweis des Bräustüberls Tegernsee<br />
mehr als 500 Facebook-User ihr<br />
Kommen zu.<br />
In einer anderen Facebook-Gruppe verkünden<br />
über 7000 Menschen, an der<br />
Wie wichtig die Waldfesttermine für die<br />
Vereine sind, bekräftigt nicht nur Bartl:<br />
„99 % unseres Vereinsetats generieren<br />
wir ausschließlich aus dem Waldfest.“<br />
Ein Komplettausfall eines Waldfestes –<br />
HINTERGRUND<br />
undenkbar für die Vereins- und Jugendarbeit<br />
sowie Talentförderung, speziell<br />
der Skiclubs und Fußballvereine.<br />
Zum Teil Leidtragende der fünften Tegernseer<br />
Jahreszeit sind die Gaststätten<br />
und Kneipen, denen es in dieser Zeit an<br />
zahlungskräftigen Kunden mangelt. Andererseits<br />
wären viele Touristen und Gäste<br />
gar nicht vor Ort, gäbe es die Waldfeste<br />
nicht. Und haben Kneipen, speziell die<br />
ohne Außenbereich, nicht im Sommer<br />
grundsätzlich weniger Kundschaft?<br />
Hier driften die Meinungen der Wirte<br />
und Vereine natürlich auseinander –<br />
bedenken muss man jedoch, dass viele<br />
der auswärtigen Waldfestfans auch außerhalb<br />
dieser Zeit das ein oder andere<br />
Mal an den Tegernsee kommen, Geld<br />
ausgeben und/oder von der Region in<br />
ihrem Freundeskreis erzählen.<br />
Mehr und neue Gäste werden gerade<br />
wegen den Waldfesten ins Tegernseer<br />
Tal gelockt. Vielleicht ist an dieser<br />
Stelle einfach nur ein wenig Kreativität<br />
gefragt...wie wäre es zum Beispiel mit<br />
Sonderrabatten für Tracht tragende<br />
Wirtshausbesucher? Oder mit speziel-<br />
len Übernachtungsangeboten vonseiten<br />
der Hotels?<br />
In diesem Sinne: Auf eine erfolgreiche<br />
und friedliche Waldfestsaison.<br />
Text: Martin Heilmann,<br />
Fotos: TSV Bad Wiessee<br />
Mehr zum Thema<br />
im Internet unter:<br />
www.bit.ly/waldfeste<br />
Seite 18 | | Seite 19<br />
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tegernseerstimme.de | Juli / August 2011<br />
Auch wir lieben<br />
die Waldfeste<br />
Appell eines Münchners<br />
Am Wochenende zieht‘s uns Münchner<br />
raus aufs Land, und im Sommer<br />
am liebsten an einen der Seen im Umland.<br />
Der Tegernsee steht da ganz weit oben auf<br />
der Liste – vor allem, wenn die dortigen<br />
Bewohner ihre sogenannten Waldfeste<br />
abhalten. Dann setzen wir uns hier in<br />
München in die Autos oder die BOB und<br />
fahren die 50 Kilometer gen Süden.<br />
Und wir tun das, auch wenn uns bewusst<br />
ist, dass Ihr uns auf den Waldfesten<br />
eigentlich nicht haben möchtet –<br />
uns Münchner, Städter oder Schnösel.<br />
So nennt Ihr uns, und wir akzeptieren‘s<br />
ohne großes Murren, immer wissend,<br />
dass wir wollen, Ihr aber nicht.<br />
Woher ich weiß, dass wir Münchner<br />
Euch als Verkörperung des Auswärtigen<br />
auf Euren Festen zuwider sind?<br />
Mir wird das jedes Jahr vor Augen geführt,<br />
wenn ich zu später Stunde an<br />
der Bar stehe und mir von leicht ange-<br />
trunkenen Einheimischen<br />
Folgendes anhören darf:<br />
„Wo kimmst nacha du her<br />
mit deiner Spuizeig-Lederhosn?<br />
Bist a Stod ara wos?<br />
Oaner aus Minga aa no?“<br />
Auf diese Frage antworte<br />
ich dann mit ja, nehme meine<br />
Schnäpse in Empfang<br />
und torkle von dannen. Nur<br />
um meistens ein paar Bestellungen<br />
später von einem<br />
anderen Waldfestbesucher<br />
gesagt zu bekommen: „As<br />
Woidfest is unser‘s, bleibt‘s<br />
Ihr in da Stodt!“<br />
Den zweiten Satz hab ich<br />
mir übrigens gemerkt und<br />
spare ihn seither jedes Jahr<br />
bis Oktober auf. Denn er<br />
funktioniert anders herum<br />
genauso: „Das Oktoberfest<br />
ist unser‘s, bleibt‘s Ihr auf<br />
dem Land!“<br />
Das könnte ich jedes Jahr<br />
aufs Neue sagen, wenn<br />
die BOB wieder Unmengen<br />
Dörfler in die Nähe der Zelte spült.<br />
Immer das Gleiche. Nur Ihr seht das<br />
natürlich anders. In Eurem Verständnis<br />
gehört unser Oktoberfest nämlich<br />
allen Bayern. Die nicht „gern gesehenen“<br />
Besucher sind Australier, Italiener,<br />
Engländer – halt die Auswärtigen.<br />
Dass bei Waldfesten die Auswärtigkeit<br />
bereits vor Holzkirchen anfängt, ist<br />
interessant, für uns aber völlig unver-<br />
ständlich. Und in einen Topf mit den<br />
ganzen Preißn gesteckt zu werden, tut<br />
auch richtig weh. Denn von den Dortmundern,<br />
Berlinern oder Dresdnern<br />
wollen und müssen wir uns distanzieren.<br />
Dass diese Touris nerven, da geben<br />
wir Euch ja recht. Und wenn die dann<br />
auch noch auf den Waldfesten rumlaufen<br />
und über die „Verkleidungen“ lästern<br />
oder schlimmer sich über „witzige<br />
Rituale“ der „Ureinwohner“ lustig<br />
machen, dann geht uns als zumindest<br />
gefühlt Einheimische auch die Hutschnur<br />
hoch. Verständlicherweise.<br />
Wobei, was ich dann doch nicht ganz<br />
verstehe, ist, wenn Ihr die Attraktivität<br />
der Waldfeste nach der vorherrschenden<br />
Einheimischenquote bewertet. Die<br />
nach Eurer Definition richtig „urigen“<br />
und „authentischen“ Waldfeste werden<br />
dann, wie ein Schatz, vor den Auswärti-<br />
gen geheim gehalten. Viele<br />
Köche verderben den Brei.<br />
Oder weniger ist mehr, so<br />
lautet Eure Devise.<br />
Das Fatale: in dem Fall ist<br />
weniger einfach nur weniger.<br />
Die Mitglieder in den<br />
Vereinen würden sich vielleicht<br />
freuen über etwas<br />
mehr. Mehr Gäste, mehr<br />
verkauftes Bier, mehr Gewinn.<br />
Nur, Ihr wollt eben<br />
in Ruhe alleine feiern.<br />
Aber mal ganz ehrlich: Ohne<br />
uns wäre jedes Waldfest<br />
doch sterbenslangweilig:<br />
Wir Städter bringen Mädels<br />
(über die Ihr Euch freut) und<br />
Geld (das hatten wir schon),<br />
und für einen Teil der Stimmung<br />
sorgen wir auch: Was<br />
würdet Ihr denn machen,<br />
wenn Euer Wunsch in Erfüllung<br />
geht und plötzlich<br />
drei Viertel der Besucher<br />
fehlen, auch wenn sie aus<br />
der Stadt kommen? Ihr<br />
würdet Euch mit den gleichen<br />
Leuten langweilen,<br />
die Ihr das ganze Jahr um<br />
Euch herum habt! Nichts<br />
Neues. Nichts zum Lästern.<br />
Auf dem Oktoberfest kommen<br />
wir doch auch miteinander<br />
klar. Ihr dürft gerne<br />
kommen, und wir freuen<br />
uns. Und dann sitzen wir<br />
zusammen und schimpfen über die Italiener<br />
oder Australier – da sind wir uns<br />
komischerweise immer schnell einig.<br />
Aber das ist wieder ein ganz anderes<br />
Thema..<br />
Auch wenn ich mir wünschen würde,<br />
dass ich mich irgendwann wirklich<br />
willkommen fühle bei Euch, ich werde<br />
so oder so weiterhin kommen. Erstens,<br />
weil‘s einfach schön ist, und zweitens,<br />
weil ich Städter mich von Euch nicht<br />
unterkriegen lasse. In meinem Verständnis<br />
gehören mir nämlich München<br />
und die Wiesn genauso wenig wie<br />
Euch der Tegernsee und die Waldfeste.<br />
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Ich freue mich darauf, das auch dieses<br />
Jahr wieder zu später Stunde an der Bar<br />
ausdiskutieren zu dürfen. Und wenn<br />
ich ehrlich bin, wäre es anders vielleicht<br />
auch ein wenig fad.<br />
Ein freundliches Prost aus München<br />
– und bis bald!<br />
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zu verwirklichen
tegernseerstimme.de | Juli / August 2011<br />
Die andere Seite des Tals<br />
Auch am Tegernsee brauchen<br />
Menschen Unterstützung<br />
Schicke Autos, große Häuser, tolle<br />
Wohnungen. Die Männer im Porsche,<br />
ihre Frauen im Pelz, und die Schickeria<br />
ist auch nicht weit. So stellt man<br />
sich landauf, landab den Tegernsee<br />
vor. Dabei übersehen viele die „andere<br />
Seite“ des Tals: sozial Benachteiligte,<br />
die aus unterschiedlichsten Gründen<br />
bisher nicht so viel Glück hatten. Alte<br />
Menschen, die kaum mit ihrer Rente<br />
über die Runden kommen. Familien,<br />
die es ohne Hilfe nicht schaffen würden.<br />
Allein erziehende junge Mütter,<br />
denen das Geld „hinten und vorne<br />
nicht reicht“.<br />
Diesen Menschen zu helfen, haben sich<br />
einige Organisationen im Tal auf die<br />
Fahne geschrieben. So wie die Gmunder<br />
Tafel, die immer samstags von 14:30<br />
bis 17 Uhr ihre Pforten öffnet.<br />
Ein Bericht von einem ganz normalen<br />
Samstag: Es ist 14:15 Uhr, und die Menschen<br />
kommen in Strömen. Sie lassen<br />
sich von Verwandten und Freunden<br />
fahren, manche laufen auch bis zu 1,5<br />
Stunden für eine Richtung. Schlicht,<br />
weil das Geld für den Bus fehlt. Die<br />
Nummern werden verteilt. Im Warteraum<br />
sind Bänke, damit man sich wäh-<br />
rend des Wartens auf die Essensausgabe<br />
setzen kann, eine Hilfe gerade für<br />
ältere und körperlich eingeschränkte<br />
Kunden. Bei Aufruf geht’s in die Küche:<br />
schubweise, damit alles fair und ohne<br />
großes Drängeln abläuft. Mit Vorlage<br />
eines Sozialausweises darf sich jeder<br />
für einen Euro das aussuchen, was er<br />
braucht.<br />
Vor fünf Jahren wurde die Tafel von<br />
Monika Fabian und Helga Auth ins Leben<br />
gerufen. Auch wenn sich Monika<br />
Fabian im April leider aus gesundheitlichen<br />
Gründen aus dem Projekt zurück<br />
REPORTAGE<br />
Ein Teil des Teams der Gmunder Tafel<br />
ziehen musste, hat sie bis dahin sehr viel<br />
geleistet. Die beiden Initiatoren haben<br />
es mit ihrem Engagement von Beginn an<br />
geschafft, alle fünf Talgemeinden für das<br />
Projekt zu begeistern. Jeder Euro Kundenumsatz<br />
wird ausschließlich<br />
für die<br />
Lebensmittel eingesetzt.<br />
Die Miete<br />
übernehmen die<br />
Talgemeinden<br />
und den Strom das<br />
E-Werk. Die Helfer<br />
arbeiten ehrenamtlich.<br />
„Ich dachte, ich bin<br />
doch nicht so arm,<br />
daß ich zur Tafel<br />
gehen muss“<br />
Eine der ersten Kundinnen war Frau I.<br />
aus Gmund. Sie lebt seit 36 Jahren in<br />
Gmund und ist seit 1996 in Rente. Nur<br />
reicht die Rente leider hinten und vorne<br />
nicht. Frau I. ist eine von vielen, die wegen<br />
ein paar Euro durchs Raster fallen<br />
und keine Hilfe vom Amt bekommen.<br />
„Der erste Schritt ist nicht einfach.<br />
Ich dachte, ich bin doch nicht so arm,<br />
dass ich zur Tafel gehen muss. Aber<br />
ich wurde eines Besseren belehrt und<br />
überzeugt.“<br />
Den Initiatorinnen ist es besonders<br />
wichtig, die Bezeichnung „Kunde“ zu<br />
verwenden. Nicht „hilfesuchend“ und<br />
schon gar nicht „arm“.<br />
Jeden Samstag kommenschätzungsweise<br />
85 Kunden zur „Tafel“<br />
gegenüber dem<br />
Gmunder Bahnhof.<br />
Die freiwilligen Helfer<br />
treffen sich bereits<br />
um 12:30 Uhr, um die<br />
mitgebrachten Lieferungen<br />
zu sortieren: Leider wird die<br />
Einrichtung vor allem von größeren<br />
Geschäften auch gerne als Abfalleimer<br />
benutzt.<br />
Viel abgelaufene Ware ist dann unter<br />
den Spenden, und man kann manchmal<br />
fast nichts verwenden. „Keine große<br />
Unterstützung“ sei das, findet Claudia,<br />
die alle sechs Wochen kommt und bei<br />
der Verteilung hilft. „Schließlich sind<br />
wir ja keine Müllentsorgungsanlage.“<br />
Es kommt aber auch viel gute Ware zusammen.<br />
Vor allem von den hiesigen<br />
Lebensmittelgeschäften. Normalerweise<br />
geht niemand mit leeren Händen nach<br />
Hause. Die Eier sind sogar frisch vom<br />
Bauern. Richtig gut.<br />
Unterstützt wird die Tafel auch von Helfern<br />
der Diakonie. Diese konzentrieren<br />
sich auf die Hilfe alter, kranker und gebrechlicher<br />
Menschen. Manchmal Obdachlose,<br />
und manchmal auch beides.<br />
Die Diakonie versucht zu helfen, wo es<br />
nur geht: bei der Unterbringung oder<br />
auch bei der Verpflegung. Bei Suchtkranken<br />
geht es häufig um eine neue<br />
Perspektive.<br />
Die Helfer hören oft einfach nur zu,<br />
bringen Menschen zu Selbsthilfegruppen<br />
oder suchen gemeinsam nach neuen<br />
Aufgaben. Anstrengend sei das, wie<br />
uns ein Helfer erzählt. Und die Rückschläge<br />
seien schlimm. Menschlich und<br />
körperlich.<br />
Trotzdem sind die Kunden der Tafel<br />
freundlich und lächeln, wenn sie wieder<br />
gehen. Gerüstet mit dem Nötigsten<br />
für die kommende Woche. Natürlich<br />
reicht die Menge normalerweise nicht<br />
komplett aus. Aber eine große Hilfe<br />
ist es allemal. Das wissen die Kunden<br />
und danken es im Stillen. Eine Woche<br />
braucht es jetzt, bis sie wieder Lebensmittel<br />
und vor allem Aufmerksamkeit<br />
und Hilfe bekommen. Bei der Gmunder<br />
Tafel gibt es Hilfe und das ist wichtig.<br />
Auch und vor allem hier, wo einem<br />
tagtäglich vor Augen geführt wird, wie<br />
sorglos das Leben auch sein kann. Im<br />
Porsche. Mit Pelzmantel.<br />
Text: Nicole Posztos,<br />
Fotos: mein-tegernsee.de<br />
Mehr zum Thema<br />
im Internet unter:<br />
www.bit.ly/gmund_tafel<br />
Seite 22 | | Seite 23
Aus<br />
tegernseerstimme.de | Juli / August 2011<br />
Weißach<br />
in die<br />
Welt...<br />
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tegernseerstimme.de | Juli / August 2011<br />
Eines ist unverkennbar: Hier gibt es<br />
nicht nur schwarze, heiße Flüssigkeit.<br />
Hier wird nicht einfach nur Kaffee<br />
angeboten. Hier gibt es Spezialitäten.<br />
So zubereitet, wie guter Kaffee zubereitet<br />
sein muss. „Das Café ist ein Teil<br />
unseres Tuns“, erzählt der 37-jährige<br />
Mario Felix Liebold vom Café Felix in<br />
Kreuth. Der andere ist der Einkauf von<br />
Rohkaffee sowie das Rösten und Verkaufen<br />
von Kaffee aus und in alle Welt.<br />
Mario, wie ihn die meisten hier nennen,<br />
hat sein Hobby zum Beruf gemacht.<br />
Und zwar dort, wo er immer schon leben<br />
wollte: am Tegernsee. Als seine<br />
Eltern sich hier eine <strong>klein</strong>e Wohnung<br />
nahmen, rückte der Traum in greifbare<br />
Mario schaut lieber selber nach...<br />
Nähe. Im Sommer 2007 eröffnete er seine<br />
Rösterei. Und das Café mit Platz für<br />
36 Leute. Auf der Terrasse haben noch<br />
mal gut 40 Platz. Die Kombination aus<br />
Kaffee und Rösterei bietet für Liebold<br />
den großen Vorteil: die Resonanz der<br />
Café-Gäste auf die unterschiedlichen<br />
Röstungen kommt sofort.<br />
Als Exportleiter war er früher viel<br />
auf Reisen. Da kam irgendwann der<br />
Wunsch auf, den eigenen Kaffee zu<br />
produzieren. „Emma Forte“, „Pamwamba“,<br />
„Yirga Cheffe Grade 2“: So<br />
heißen die Röstungen heute. Auch die<br />
„Tegernsee Mischung“ ist dabei. Liebold<br />
ist begeistert von seiner neuen<br />
Heimat.<br />
IN EIGENER SACHE<br />
Noch begeisterter ist er wohl nur von<br />
Kaffee. Das merkt man auch: ein Blümchen<br />
als Milchschaum, ein Herz oder<br />
andere Verzierungen. Solche Spielereien<br />
nennt man „Latte Art“, erklärt Liebold.<br />
Beim gemütlichen Kaffeetrinken fällt<br />
dann meist aber der Unterschied in der<br />
Qualität auf. Druck, Temperatur und<br />
Mahlgrade sind laut Mario entscheidend.<br />
Das Ergebnis schmeckt man und<br />
das riecht man auch in der Rösterei.<br />
Die Herkunft des Kaffees muss bekannt<br />
sein, bis hin zu seiner Anbauregion und<br />
der Plantage. Die Etiketten verraten es:<br />
Indien, Mexiko, Kolumbien, Indonesien,<br />
Brasilien, Äthiopien. Von dort kommen<br />
die bunt bedruckten Kaffeesäcke, die<br />
Mario akkurat im Keller des Cafés aufstapelt.<br />
Gehandelt von Großhändlern<br />
oder im Direkthandel. Die erste Variante<br />
ist schnell erklärt: Die Importeure<br />
klappern weltweit die Plantagen ab.<br />
Nehmen Muster mit. Die Spezialitätenröster<br />
verkosten. Und kaufen dann die<br />
gewünschten Sorten.<br />
An die 45 hat das<br />
Café Felix im Sortiment.<br />
„Wir verkaufen<br />
nicht einfach<br />
nur Kaffee“<br />
Die andere Variante,<br />
der Direkthandel,<br />
ist da<br />
schon aufwendiger.<br />
Liebold kauft<br />
viele Sorten direkt bei den Kaffeefarmen<br />
in Afrika, Süd- und Mittelamerika. Das bedeutet<br />
aber auch, dass man selbst vor Ort<br />
sein muss, um die Qualität zu checken.<br />
Die Preise werden persönlich ausgehandelt.<br />
Die ausgewählten Farmer erhalten<br />
einen garantierten Premiumpreis für<br />
hohe Kaffeequalität und spezielle Sorten.<br />
Nur so kommt Liebold an die wirklichen<br />
Unikate in seinem Sortiment.<br />
Sind die Bohnen in Weißach angekommen,<br />
werden sie dort per Hand<br />
verarbeitet. Bei der Röstung kann viel<br />
gewonnen, aber auch viel zerstört werden.<br />
Während die Industrie sehr oft im<br />
Schnellverfahren – für rund 90 Sekunden<br />
bei 600 Grad Celsius – röstet, geht<br />
das bei Liebold wesentlich schonender<br />
zu. Braucht aber auch dementsprechend<br />
mehr Zeit.<br />
„Ich röste bei maximal 210 bis 215<br />
Grad“, sagt Liebold und geht zu seinem<br />
Trommelröster „Perikles“ , der im<br />
hinteren Bereich des Cafés steht. 18 bis<br />
25 Minuten bleiben die Bohnen in der<br />
Rösttrommel, wo sie durch eine Gasflamme<br />
erhitzt werden. Die anschließende<br />
Kühlung ist laut Mario auch sehr<br />
wichtig um den genauen Röstgrad zu<br />
definieren. „Das ist wie<br />
das Abschrecken bei<br />
den Eiern.“<br />
Die drei größten Feinde<br />
für guten Kaffee<br />
sind Sauerstoff, Feuchtigkeit<br />
und Zeit. Aus<br />
dem Grund verpackt<br />
Liebold den Kaffee so<br />
schnell es eben geht. Verpackt ist der Kaffee<br />
dann rund drei Monate haltbar. Doch<br />
so lange kann eigentlich keine Felix-Röstung<br />
hier ruhen. Die Nachfrage ist groß<br />
und wächst von Jahr zu Jahr.<br />
Felix-Kunden gibt es auf der ganzen Welt.<br />
Vom Rechtsanwalt in München bis zum<br />
Arzt aus Hamburg. Vom mittelständischen<br />
Unternehmen aus Mitteldeutschland<br />
bis zum Kaffeeliebhaber in Kuala<br />
Lumpur. Hunderte Kunden warten Monat<br />
für Monat auf Post aus Weißach. Tausende<br />
250er-, 500er- und 1000-Gramm-Aromatüten<br />
verschickt Mario im Jahr.<br />
„Wir verkaufen nicht einfach nur Kaffee“,<br />
erklärt Liebold. Auf die intensive<br />
Beratung kommt es an. Und auf das<br />
Hintergrundwissen. Mario bildet andere<br />
darin aus, ebenfalls ein größeres<br />
Kaffeewissen aufzubauen. Hierzu hat<br />
er die sogenannte Bavarian School of<br />
Coffee gegründet.<br />
Außerdem ist er engagiert als Mitglied<br />
im Spezialitätenkaffee-Verband SCAE.<br />
Dieser beschäftigt sich mit der Wissensbildung<br />
rund um das Thema Kaffee<br />
innerhalb der Branche und gegenüber<br />
dem Konsumenten.<br />
Liebold steht gut da mit seinem <strong>klein</strong>en<br />
Unternehmen. Er operiert klug und<br />
gerne im sogenannten Hinterland der<br />
Wertschöpfungskette. Und darin liegt<br />
offenbar auch der Grund seines Erfolges.<br />
Vor allem <strong>klein</strong>e und mittelständische<br />
Hersteller von Spezialprodukten schaffen<br />
es, sich gerade in Krisenzeiten zu<br />
behaupten.<br />
Die Kaffeepreise sind durch industrielle<br />
Fertigung inzwischen ziemlich im Keller.<br />
Da ist einfach wieder Platz für Spezialisten.<br />
Guter Kaffee ist eben einfach<br />
guter Kaffee.<br />
Text: Rose-Marie Beyer,<br />
Fotos: Cordula Flegel<br />
Mehr zum Thema<br />
im Internet unter:<br />
www.bit.ly/mario_felix<br />
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tegernseerstimme.de | Juli / August 2011<br />
REPORTAGE<br />
Raus aus dem Haus<br />
Seite 28 | | Seite 29<br />
Foto: Hansi Heckmair
tegernseerstimme.de | Juli / August 2011<br />
Der größte Verein im Tal<br />
Mittwochs ist Stammtisch auf der<br />
Auer-Alm und die Hütte ist voll<br />
Mittwochnachmittag. Es ist kalt.<br />
Es regnet. Sollen wir jetzt auf die<br />
Auer-Alm oder nicht? Lieber kurz beim<br />
Hüttenwirt anrufen, ob heute Abend<br />
überhaupt was los ist. „Bei uns ist voll.<br />
Außer es sagen noch welche ab – ansonsten<br />
haben sich drei Stammtische<br />
mit insgesamt 30 Mann und weitere<br />
Gäste für später angekündigt“, so Jens<br />
Kästner, der seit einigen Jahren Pächter<br />
und Wirt der Almhütte ist.<br />
Wir gehen also los: Eine Stunde Fußmarsch<br />
ab dem Sonnenbichl-Parkplatz<br />
am Zeiselbach entlang. Bis wir da sind,<br />
Text: Rose-Marie Beyer. Fotos: Peter Posztos<br />
sind wir pitschnass. Und tatsächlich<br />
– die Auer-Alm ist voll! Es riecht nach<br />
Essen. Schweißgeruch liegt in der Luft.<br />
Und einen freien Tisch direkt am Karmin<br />
gibt es auch noch. Glück gehabt.<br />
„Da dürft ihr euch nicht hinsetzen“,<br />
ruft uns Wirt Jens mit sächsischem Akzent<br />
aus seiner Küche hinterher: „Da<br />
sitzt nachher der Stammtisch des Auer-<br />
Alm-Vereins!“ Wie jeden Mittwoch.<br />
„Magst du Mitglied beim Deutschen Alpenverein<br />
werden?“, wurde Josef Prestel<br />
vor über zwölf Jahren gefragt. „Nein!<br />
VEREINE IM TAL<br />
Aber wenn es einen Auer-Alm-Verein<br />
geben würde – in den würde ich eintreten.“<br />
Gesagt, getan, und so ließen sich<br />
die acht Stammtischfreunde Stift und<br />
Papier reichen und setzten eine Gründungsurkunde<br />
auf. Es war – wie sollte<br />
es anders sein – ein Mittwoch. Der 18.<br />
VEREINE IM TAL<br />
Februar 1998. Und es passierte „eigentlich<br />
aus dem Spaß heraus“.<br />
„Mei, waren des damals noch Zeiten, als<br />
die Sparkasse und mein Elektrogeschäft<br />
mittwochs immer<br />
früher geschlossen<br />
hatten. Da hamma<br />
no viel öfters Zeit<br />
g’habt, um auf’d<br />
Auer-Alm zu geh’n“,<br />
erzählt Prestel. Das<br />
erklärt auch, warum<br />
der Stammtischtag<br />
gerade auf den Mittwoch<br />
gelegt wurde.<br />
Heute, fast 13 Jahre<br />
später, ist aus der<br />
„Gaudi“ ein über 2800 Mitglieder großer<br />
Verein geworden, dem einige Prominenz<br />
und Politiker, wie z. B. Ilse Aigner, angehören.<br />
Aigner war sogar schon bei der<br />
Hauptversammlung, die jedes Jahr am<br />
10.10. um 10.10 Uhr beginnt. „Wenn es<br />
mal 30 Mitglieder werden, dann haben<br />
wir schon was erreicht“, lacht Vereinsvorsteher<br />
Prestel. Das dachten die Gründer<br />
zumindest am Anfang.<br />
Überzeugt davon, ein „bedeutender Verein<br />
zu sein“, waren sie trotzdem. Darum hat der<br />
Auer-Alm-Verein auch keinen Vorstand,<br />
sondern einen Präsidenten. Im Vereinsregister<br />
eingetragen wurde er aber nie.<br />
Fünf Euro (oder früher zehn Mark) beträgt<br />
der Vereinsbeitrag. Die Hälfte davon<br />
geht bis heute an die Bergwacht.<br />
So wie 1998 beschlossen. Mit der Bergwacht<br />
konnte mittlerweile sogar ein<br />
„Auer-Alm-Vereinsbonus“ausgehandelt<br />
wurde.<br />
Auer-Alm-Vereinsmitglieder<br />
werden<br />
bevorzugt gerettet<br />
und behandelt.<br />
„Mit der Wasserwacht<br />
stehen wir<br />
derzeit in ähnlichenVerhandlungen“,<br />
scherzt<br />
Prestel und spielt<br />
auf Unfälle an, die der Bergwacht oder<br />
der Wasserwacht gleichzeitig gemeldet<br />
werden.<br />
Das restliche Geld wird nach bestimmten<br />
Auswahlkriterien an Rettungsorganisationen,<br />
Behinderteneinrichtungen<br />
oder jugendfördernde Vereine oder Institutionen<br />
in Form von Sachspenden<br />
gestiftet. Nur ein <strong>klein</strong>er Teil bleibt für<br />
die Mitglieder: auf der Hauptversammlung<br />
bekommt jeder ein Getränk und<br />
eine Kleinigkeit zu essen.<br />
Oft wurde Prestel schon gefragt: „Wie<br />
habt ihr das nur gemacht? 2800 Mitglie-<br />
der zu finden?“ Seine Antwort ist ganz<br />
einfach: „Wem schaden schon fünf Euro<br />
im Jahr – und das Ganze kommt darüber<br />
hinaus einem guten Zweck zugute. Aber<br />
in der Form, wie es wir mit dem Auer-<br />
Alm-Verein geschafft haben, das wird es<br />
so kein zweites Mal geben.“ Nach einer<br />
kurzen Pause lacht er und scherzt:<br />
„Wissen Sie, vielleicht sind es auch die<br />
Geburtstagskarten, die jedes Mitglied zu<br />
einem Runden bekommt. Mir ist in Reutberg<br />
mal einer untergekommen, der hat<br />
seinen Freunden vollmundig erzählt, er<br />
hätte mit Absicht ein falsches Geburtsdatum<br />
in seinem Auer-Alm-Vereins-Mitgliedsantrag<br />
angegeben, und ein paar<br />
Wochen später lag eine Glückwunschkarte<br />
von uns in seinem Briefkasten.“<br />
Plötzlich ertönt irgendwoher aus dem<br />
Speiseraum der Auer-Alm bayerische<br />
Musik. Prestel zückt sein Handy aus der<br />
Tasche und meint: „Des hat halt auch nur<br />
der Präsident des Auer-Alm-Vereins – die<br />
eigene Vereinshymne als Klingelton ... Bis<br />
bald. Ich muss es packen.“<br />
Mehr zum Thema<br />
im Internet unter:<br />
www.bit.ly/aueralm<br />
Seite 30 | | Seite 31
tegernseerstimme.de | Juli / August 2011<br />
Schokolade zum<br />
Frühstück<br />
Andreas Eybel hat sich entschieden, seine Pralinen<br />
direkt zu vermarkten. Das ist gut für die Qualität.<br />
ura vida“ sagen die Menschen in<br />
„PCosta Rica, wenn sie sich zur Begrüßung<br />
fragen, wie es ihnen geht. Das<br />
bedeutet »wahres, echtes Leben« und hat<br />
Andreas Eybel auf seiner Reise zu den Kakaoplantagen<br />
in Zentralamerika vor zwei<br />
Jahren besonders gefallen. Aufgeschlossen<br />
seien die Menschen dort, begeisterungsfähig,<br />
immer ein Lachen auf dem Gesicht.<br />
Ja, sagt der Konditormeister, er wisse sehr<br />
gut, welchen Schwankungen die Rohstoffpreise<br />
für Kakao auf dem Weltmarkt<br />
unterlägen, und dass sie den Produktionsbedingungen<br />
der Bauern in den Erzeuger-<br />
ländern nicht gerecht würden. Das sei ein<br />
Grund für ihn, keine Massenware herzustellen,<br />
die Zutaten in sehr guter Qualität<br />
zu beziehen und entsprechend zu verarbeiten.<br />
Andreas Eybel möchte ausgewogen<br />
handeln und verhandeln. Mit dem<br />
grau melierten Bart, der Bürstenfrisur, der<br />
vorausschauenden, entschlussfreudigen<br />
Art und diesem ihm eigenen Augenzwinkern<br />
könnte Eybel auch als Kapitän eines<br />
Handelsschiffs durchgehen.<br />
Was der Unternehmer Eybel von seinen<br />
Kunden erwartet? Dass sie bereit sind,<br />
den wirklichen Wert für das zu bezahlen,<br />
was sie bekommen. Er spart an Werbung<br />
und hochpreisigen Verpackungen, aber<br />
niemals an den Rohstoffen und beim Personal.<br />
Geboren in Kassel, aufgewachsen in<br />
Straubing, hat Eybel als junger Konditormeister<br />
zunächst in der eigenen Küche<br />
in Sachsenkam experimentiert und seine<br />
Ware selbst ausgefahren, später gemeinsam<br />
mit seiner Frau auf dem Gut Oberkammerloh<br />
in Waakirchen einen Stall zur<br />
Produktionsstätte umfunktioniert und<br />
sich dann südlich des Hofes den persönlichen<br />
Traum von einer oberbayerischen<br />
Schokoladenmanufaktur erfüllt. Hier verbindet<br />
sich für Eybel die Arbeit mit dem<br />
wahren Leben.<br />
Seine Pralinen werden mit Preisen und<br />
Auszeichnungen versehen, doch die Anfragen<br />
von großen Vermarktern konsequent<br />
überhört. Andreas Eybel versteht<br />
sich als regionaler Produzent. Er setzt auf<br />
den Umsatz in drei eigenen Verkaufsfilialen<br />
und hat sich so nicht nur den Respekt<br />
der anderen Unternehmer im Landkreis<br />
gesichert, sondern auch eine gewisse Unabhängigkeit<br />
gewahrt.<br />
Die Pläne für die Manufaktur in Waakirchen<br />
hat Eybel in enger Zusammenarbeit<br />
mit dem Architekten, ortsansässigen<br />
Handwerkern und dem Lebensmittelamt<br />
realisiert, damit es, wie er sagt, später nicht<br />
kompliziert wird. Und seinen eigenen<br />
Wohntrakt direkt mit der Schokoladenmanufaktur<br />
verbunden. Die Schokoladenmasse<br />
bezieht er von einem belgischen<br />
Hersteller, mit dem er bei der Entwicklung<br />
PORTRAIT<br />
und Zusammensetzung der Mischungen<br />
eng zusammenarbeitet.<br />
Zwanzig bis dreißig Tonnen Kakao werden<br />
dafür jedes Jahr erworben. Von Hand zu<br />
Pralinen, Tafeln, Fruchtaufstrichen und<br />
Dragees verarbeitet wird alles vor Ort in<br />
Waakirchen, im direkten Austausch und<br />
Handel mit den Kunden, die hier nicht<br />
für lange Transportwege und Marketing<br />
zahlen, sondern für hochwertige Rohware<br />
und gute bayerische Handwerkstradition.<br />
Dass Eybels Konzept aufgeht, ahnt man<br />
beim Anblick der unzähligen Pralinensorten<br />
in den Auslagen. Auf den Etiketten<br />
der sortenreinen Tafelschokoladen steht<br />
»Grand Cru«. Das bedeutet »großes Gewächs«,<br />
und gilt als höchste Klassifikationsstufe<br />
für Wein, Kaffee und Schokolade,<br />
bei der man die charakteristischen Merkmale<br />
des Bodens, auf dem die Pflanzen<br />
gewachsen sind, herausschmecken soll.<br />
Auf einer der Schokoladensorten findet<br />
sich die costaricanische Flagge. »Costa<br />
Rica« heißt aus der Landessprache Spanisch<br />
übersetzt »Reiche Küste«. Und dort,<br />
wo sich die Menschen so freundlich begrüßen,<br />
werden besonders edle Kakaosorten<br />
kultiviert.<br />
Fotografie | Text: Cordula Flegel<br />
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| Seite 33
Tegernseer Bilderrätsel<br />
Unser Rätselbild wurde an einem hoffentlich weniger bekannten Ort im<br />
Tegernseer Tal aufgenommen. Wer kommt darauf wo?<br />
Lösungen schicken Sie bitte per email an:<br />
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