Appendix stellt sich vor - Offene Fachschaft Medizin Freiburg eV
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Sundgauallee 25<br />
79114 <strong>Freiburg</strong><br />
Tel.: 0761 88591-0<br />
„Kaum ein Studium ist so zeitintensiv wie<br />
das <strong>Medizin</strong>studium. Da ist es gut, dass<br />
meine Bank meine Ziele unterstützt. So<br />
bleibe ich selbst während der heißen Lernphase<br />
fi nan ziell fl exibel. Ich kann mich ganz<br />
auf mein Examen konzentrieren.“
Liebe Kommilitonen,<br />
Gerade haben wir den neuen<br />
<strong>Appendix</strong> auf den USB-Stick geladen<br />
um ihn zur Druckerei unseres<br />
Vertrauens zu bringen, da flattert<br />
die unerfreuliche Pressemeldung<br />
über die Fehlleistungen unseres<br />
Verteidigungsministers ins Haus.<br />
Deutschland schüttelt den Kopf.<br />
Und wir werden unruhig. Soll das<br />
etwa bedeuten, dass es da draußen<br />
Menschen gibt, die Wert auf Quellenangaben<br />
und korrekte Zitierweise<br />
legen? Könnte uns am Ende wegen<br />
fahrlässiger Quellenunterschlagung<br />
unser neu erworbener Titel – der Pro<br />
Campus Presse Award 2010 – wieder<br />
aberkannt werden?<br />
Wochen später beenden wir das<br />
Projekt <strong>Appendix</strong> erneut. Schlaflose<br />
Nächte liegen hinter uns (S. 12) Eine<br />
strenge Quellenqualitätskontrolle<br />
unserer Inhalte führten wir wie folgt<br />
durch: Unsere Leitartikel haben wir<br />
nach Möglichkeit in Interviewform<br />
abgedruckt, weil wir uns auf diese<br />
Weise nicht mehr so sehr für die<br />
Quellen der Inhalte verantwortlich<br />
fühlen. Bitte zweifeln Sie gegebenenfalls<br />
die Titel unserer Interviewpartner<br />
an. Ferner haben wir uns dafür<br />
entschieden, alle Literaturangaben<br />
in dieser albernen Clownsschrift<br />
her<strong>vor</strong>zuheben. So können wir mit<br />
95% iger Sicherheit davon ausgehen,<br />
dass unsere handgemachten Artikel<br />
über Plastische Chirurgie (S. 36),<br />
Mensaessen (S. 22) und Präimplantationsdiagnostik<br />
(S. 30) nicht gerade<br />
dann als Plagiate entlarvt werden,<br />
wenn wir im Kopierladen an unserer<br />
Dissertation arbeiten.<br />
Liebe Leserinnen und Leser, wir<br />
appellieren an euer Wohlwollen und<br />
hoffen, dass alles gut geht.<br />
Eure<br />
<strong>Appendix</strong>-Redaktion<br />
Schlafend im Dienste des Wissenschaftsjournalismus, Januar 2011. Dabei waren von links oben nach rechts unten:<br />
Anne Büttner (7. Semester), Lena Lippert (3.), Ismene Hermann (9.),<br />
Insa Schiffmann (5.), Clemens Schiebel (5.), Hein Blöd (Urlaubssemester), Rebecca Eisele (3.), Laura Herrmann (4.) Nicht im Bild: Hannes<br />
Hummel (5.), Sebastian Wohlfeil (5.), Siobhán Ewert (PJ), Johanna Maxeiner (7.), Jonas Hafner (9.), Lukas Hallauer (7.)<br />
Editorial
Inhalt<br />
Kurz gemeldet<br />
Campusleben<br />
Nachrichten .................. 4<br />
Alles gut im Bett? .................. 6<br />
Ergebnisse unserer Umfrage zum Thema Schlaf<br />
<strong>Appendix</strong> schläft ......................10<br />
Insomnie am eigenen Leib erfahren: Schlaflabor,<br />
Sleeptracker, Wärmflasche und Wecker...<br />
Geweckt werden mag keiner! ..................... 16<br />
Gespräch mit dem Schlafforscher Prof. Riemann<br />
<strong>Freiburg</strong> wagt was .........................21<br />
Ein Curriculumsreförmchen<br />
Unsere Mensa .....................22<br />
Schniposa und Milchreis. Aber warum stinkt es da so?<br />
Chefärzte reden Tacheles .........................26<br />
Prof. Berger und Prof. Wirsching verraten, was ein<br />
Bewerber in Psychiatrie und Psychosomatik bieten muss.<br />
Über den Tellerrand<br />
Der Traum vom Wunschkind? .................. 30<br />
Ja oder nein zur Präimplantationsdiagnostik?<br />
Selbst der Priester nimmt Geld... ............... 36<br />
Das Arzt-Patient-Verhältnis in der plastischen Chirurgie<br />
Was ist orange und macht Tarife? .............. 41<br />
Der Marburger Bund!<br />
Oh wie schön ist Erasmanien .................. 44<br />
Grüße von euren Freunden auf der Erasmus-Pinnwand.<br />
2<br />
appendix.ofamed.de | April 2011<br />
Inhalt<br />
Noch ein Löffelchen?<br />
In die Töpfe der Mensa<br />
geschaut!<br />
Verkabelt und angegipst<br />
- Recherche im Schlaflabor
Fernfamulieren im Guinessland ................. 48<br />
Famulatur in Dublin<br />
Witziges<br />
Studentenfutter: Faklerzangenbowle ......... 54<br />
Der nächste Winter kommt bestimmt.<br />
Sinnvoll investiert?<br />
Buchrezensionen .................. 56<br />
Welche Wälzer sind ihr Geld wert?<br />
Alternative <strong>Medizin</strong><br />
für kalte Tage: Die<br />
Faklerzangenbowle<br />
Rubriken<br />
Rätsel .................. 48<br />
Nützliches .................. 59<br />
Impressum .................. 58<br />
Editorial .................. 1<br />
Kurz gemeldet .................. 4<br />
Trillern auf den Pfeifen für<br />
mehr faire Arbeitsbedingungen<br />
mit dem Marburger Bund<br />
Blaue Augen, roter Mund...werden<br />
dank Präimplantationsdiagnostik bald<br />
Designerkinder geboren?<br />
sommer 2011 | appendix.ofamed.de<br />
Inhalt<br />
„Auch Hippokrates hat nicht umsonst gearbeitet!“<br />
Der plastische Chirurg Prof. Stark über<br />
sein Arztbilld<br />
3
Über den Tellerrand<br />
Nachrichten<br />
von Fakultät und Campus<br />
Pro Campus-Presse<br />
<strong>Appendix</strong> gewinnt!<br />
Der <strong>Appendix</strong> ist Deutschlands beste Studierendenzeitung!<br />
Wir haben den Pro Campus-<br />
Presse Award 2010 gewonnen. Mit „guten<br />
Themenideen und sauberer Recherche“ setzten<br />
wir uns gegen 35 andere Studierendenzeitungen<br />
durch, so die offizielle Pressemitteilung. Und das<br />
obwohl der <strong>Appendix</strong> als reine <strong>Medizin</strong>studentenzeitung<br />
als „Außenseiter“ angetreten ist. „Die<br />
Geschichten waren für die Zielgruppe relevant<br />
und kritisch aufbereitet“, begründet Jury-Mitglied<br />
und ZEITCampus-Redakteur Julian Hans<br />
die Platzierung.<br />
Der Preis ist Teil der Pro Campus Presse - Initiative<br />
zur Förderung journalistischen Engagements<br />
an Hochschulen und wird vom Verlag<br />
Rommerskirchen vergeben. Jedes Jahr zeichnet<br />
die Initiative die besten von Studententen<br />
herausgegeben Zeitungen aus. Das Ziel von Pro<br />
Campus Presse nach eigenen Angaben: herausragende<br />
journalistische Leistungen würdigen.<br />
Wir gratulieren der „Pflichtlektüre“ aus dem<br />
Ruhrgebiet zu Platz 2 und dem drittplatzieten<br />
„heuler“ aus Rostock.<br />
[CS]<br />
Bologna-Reform<br />
Rösler gegen Bachelor/Master<br />
in der <strong>Medizin</strong><br />
Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler<br />
(FDP) ist gegen eine Einführung von Bachelor<br />
und Master in der <strong>Medizin</strong>. „Wir bleiben<br />
beim Staatsexamen und ich lehne Bachelor und<br />
Master in der <strong>Medizin</strong>ausbildung ausdrücklich<br />
ab.“ sagte er im Januar in einem Interview mit<br />
dem Hochschulmagazin „Unicum“. Die Grun-<br />
4<br />
appendix.ofamed.de | April 2011<br />
Gegen die Reform: Philipp Rösler<br />
didee des<br />
Bachelors<br />
als berufsqualifizierender Abschluss sei auf die<br />
<strong>Medizin</strong> nicht übertragbar.<br />
[CS]<br />
Universitätsmedizingesetz<br />
Trotz Widerstand beschlossen<br />
Das neue Universitätsmedizingesetz für Baden-Württemberg<br />
wurde Anfang Februar vom<br />
Landtag verabschiedet – massiven Protesten<br />
zum Trotz. Professoren aller vier Unikliniken in<br />
Baden-Württemberg, der Verband der Universitätsklinika<br />
Deutschlands (VUD) sowie der<br />
<strong>Medizin</strong>ische Fakultätentag (MFT) fordern, das<br />
Gesetz zu stoppen. Das Gesetz wird Uniklinikum<br />
und Fakultät zu einer „Körperschaft der<br />
Universitätsmedizin“ vereinen. Kritiker fürchten<br />
Verlust von Flexibilität, Eigenständigkeit und
Unabhängigkeit der Universitätsmedizin, insbesondere<br />
durch die <strong>vor</strong>gesehene „Gewährsträgerversammlung“.<br />
Dieses rein politische Gremium<br />
besteht aus Landtagsabgeordneten und Vertretern<br />
der Ministerien und soll zusätzlich zum<br />
Auf<strong>sich</strong>tsrat die Strategie und die Investitionen<br />
der Uniklinik kontrollieren. Trotz Verabschiedung<br />
ist die Zukunft des Gesetzes offen: SPD<br />
und Grüne kündigten eine Überarbeitung an.<br />
Der VUD hat mit seiner Online-Petition (www.<br />
stopp-unidmedgesetz.de) etwa 2500 Stimmen<br />
gesammelt und erwägt eine Klage <strong>vor</strong> dem<br />
Bundesverfassungsgericht. [Stand 5.03.11;<br />
Quelle: Pressemitteilungen VUD<br />
03.02.2011/MFT Januar und Februar<br />
2011]<br />
[CS]<br />
Neu:<br />
<strong>Appendix</strong> bei Facebook<br />
Euer beliebtes Magazin könnt ihr jetzt auch<br />
auf Facebook „mögen“. So bleibt ihr immer<br />
informiert, wann die neue Ausgabe in Druck<br />
kommt und in welchen Vorlesungen ihr einen<br />
Über den Tellerrand<br />
<strong>Appendix</strong> ergattern könnt. Außerdem könnt<br />
ihr mit uns dort Feedback geben oder Themen<br />
<strong>vor</strong>schlagen. Das Profil findet ihr unter facebook.com/<strong>Appendix</strong>.<br />
[CS]<br />
Thieme startet „KittelCoach“-App<br />
Bis 12. Juli noch kostenlos<br />
Stuttgart, März 2011 - Der Georg Thieme<br />
Verlag bietet ab sofort die mobile Anwendung<br />
„KittelCoach“ für iPhone und iPod Touch<br />
an. Der „KittelCoach“ schafft als sogenannte<br />
Mantel-App eine Plattform, in die der Anwender<br />
verschiedene Inhalte hineinladen kann. Zum<br />
Start der App sind die „Checkliste Innere <strong>Medizin</strong>“<br />
sowie die „Checkliste Chirurgie“ verfügbar.<br />
Anlässlich seines 125-jährigen Jubiläums schenkt<br />
Thieme diese Apps allen, die sie innerhalb der<br />
ersten 125 Tage nach Erscheinen in die Mantel-<br />
App hineinladen. Dieses Angebot gilt bis zum<br />
12. Juli 2011. Danach ist der Download kostenpflichtig.<br />
Quelle: Pressemitteilung Thieme<br />
(http://www.thieme.de/presseservice/KittelCoach-App.html)<br />
So sieht <strong>Appendix</strong> auf facebook aus.<br />
Kommet und möget uns!<br />
April 2011 | appendix.ofamed.de<br />
5
Campusleben<br />
Alles gut im Bett?<br />
Nachdem wir mit Professor Riemann<br />
über die Bedeutsamkeit des Schlafs<br />
für die körperliche Gesundheit und<br />
die Leistungsfähigkeit gesprochen<br />
haben, ließ uns das Thema keine<br />
Ruhe mehr. Wenn Schlaf so wichtig<br />
ist, dann wollen wir auch wissen, wie<br />
unsere Kommilitonen „im Bett sind“.<br />
Gemeinsam mit Prof. Riemann und<br />
Herrn Unbehaun vom Schlaflabor<br />
an der Abteilung für Psychiatrie und<br />
Psychotherapie der Uniklinik <strong>Freiburg</strong><br />
haben wir eine online-Umfrage<br />
durchgeführt.Aber wir wollten es<br />
noch genauer wissen: Wie schlafen<br />
wir denn selbst? Und wie können<br />
wir die Qualität unserer Nachtruhe<br />
optimieren? Die <strong>Appendix</strong>-Redaktion<br />
hat <strong>sich</strong> dem Procedere unterworfen,<br />
6<br />
appendix.ofamed.de | April 2011<br />
Die Schlafgewohnheiten <strong>Freiburg</strong>er<br />
<strong>Medizin</strong>studenten: Eine Online-<br />
Fragebogenstudie<br />
das Patienten mit Schlafproblemen im<br />
Rahmen der Diagnostik durchlaufen:<br />
Zwei Wochen Schlafprotokoll<br />
am Morgen und am Abend<br />
führen und diverse Fragebögen<br />
zur Tagesschläfrigkeit und den<br />
Schlafgewohnheiten ausfüllen.<br />
Und damit nicht genug. Um das<br />
Optimum aus unseren wertvollen<br />
Schlafstunden herauszuholen, haben<br />
wir Interventionen zum besseren<br />
Einschlafen und Aufwachen getestet.<br />
Ein Redakteur hat <strong>sich</strong> gar einer<br />
Polysomnographie unterzogen. Ob<br />
es geholfen hat? Ergebnisse und<br />
Diskussionen unserer Selbstversuche<br />
findet Ihr auf den folgenden Seiten!
Schlaf als Prädiktor für Gesundheit, Lebensqualität<br />
und Leistungsfähigkeit hat in<br />
den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen<br />
(siehe auch Interview mit Prof. Riemann,<br />
S.8-11). Auch die Medienpräsenz der Schlafforschung<br />
nimmt zu. Aber wenn es um Schlagzeilengenerierung<br />
geht, wird oft pauschalisiert<br />
und mit den Ängsten der Leserschaft gespielt.<br />
„Schlafforschung: Zu wenig Schlaf macht dick,<br />
dumm und krank“ lautet eine Stern-Schlagzeile<br />
aus dem Jahr 2005. Eine Schreckensvision,<br />
besonders für angehende Ärzte, die Krankheiten<br />
verhüten oder heilen wollen und dazu auch noch<br />
viel lernen müssen. Dummheit und Krankheit<br />
sind hier die Feinbilder schlechthin. Und<br />
in einem Atemzug mit ihnen genannt, ist die<br />
drohende Adipositas nicht nur ein kosmetisches<br />
Manko sondern auch ein soziales Stigma.<br />
Fragestellung<br />
So gut der kritische Leser (der <strong>Appendix</strong>-<br />
Leser verstehe <strong>sich</strong> als Prototyp desselben) <strong>sich</strong><br />
auch von allzu plakativer Populärwissenschaft zu<br />
distanzieren weiß – eine Restun<strong>sich</strong>erheit bleibt.<br />
Schließlich liegt den reißerischen Schlagzeilen<br />
meist ein Funken Wahrheit zugrunde. Setzt derjenige<br />
seine kognitiven Fähigkeiten leichtsinnig<br />
aufs Spiel, der dem Schlaf nicht genügend Platz<br />
einräumt? Oder verschläft jener sein Leben, der<br />
dem Schlaf überhöhte Priorität zuweist?<br />
Es wurde gezeigt, dass Menschen mehr Fehler<br />
machen, wenn sie weniger schlafen.¹ Außerdem<br />
gibt es Hinweise darauf, dass <strong>sich</strong> das Gedächtnis<br />
im Schlaf konsolidiert und man <strong>sich</strong> somit<br />
Dinge besser merken kann, wenn man nach dem<br />
Lernen schläft² . Einige Forscher postulieren,<br />
dass die Leistungseinschränkungen nach akutem<br />
oder chronischem Schlafentzug von den Betroffenen<br />
subjektiv gar nicht registriert werden.³<br />
Und das obwohl man nach einer Nacht Schlafentzug<br />
bekanntlich so agiert als hätte man eine<br />
halbe Flasche Wein getrunken.� So etwas merkt<br />
man doch, möchte man meinen! Auf dieser<br />
Annahme basiert unsere Online-Umfrage. Allen<br />
dort erhobenen Daten liegt Selbsteinschätzung<br />
zugrunde. Schlaffragebögen- und Tagebücher<br />
sind wichtige Instrumente in der Insomnie-<br />
Diagnostik, weil mit ihnen über einen längeren<br />
Zeitraum hinweg morgens und abends subjektive<br />
Daten erfasst werden können.�<br />
Tödliche Schlaflosigkeit oder<br />
verschlafenes Leben? Wann ist<br />
es Zeit, aufzustehen?<br />
April 2011 | appendix.ofamed.de<br />
Campusleben<br />
Die Fragestellung, die in diesem Zusammenhang<br />
für pflichtbewusste Studenten wohl<br />
die größte Relevanz besitzt, ist ob die Fähigkeit<br />
zur Konzentration, Aufmerksamkeit und<br />
Merkfähigkeit unmittelbar und relevant von<br />
Schlafausmaß und Qualität beeinflusst wird.<br />
Unser Ziel war es, Zusammenhänge zwischen<br />
Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit und<br />
verschiedenen Parametern der Schlafqualität zu<br />
evaluieren, und zwar auf Basis der Selbsteinschätzung.<br />
Außerdem wurden Bettzeiten (Zeit<br />
des zu-Bett-Gehens) unter der Woche und am<br />
Wochenende erfasst. So konnte ein Eindruck<br />
darüber gewonnen werden, wie junge Menschen<br />
das Problem mit dem fatalen „zu wenig“ und<br />
dem verschwenderischen „zu viel“ des Schlafens<br />
umgehen.<br />
7
Campusleben<br />
Material und Methoden<br />
Der Kurzfragebogen (Rieman/Unbehaun) zu<br />
den Schlafgewohnheiten der Studenten konnte<br />
auf der Homepage der <strong>Offene</strong>n <strong>Fachschaft</strong> <strong>Medizin</strong><br />
ausgefüllt werden und wurde dort sowie<br />
auf der <strong>Appendix</strong>-Profilseite des Internet-Portals<br />
facebook beworben. Es haben 214 <strong>Medizin</strong>studentInnen<br />
den Fragebogen ausgefüllt. Davon<br />
waren 132 weiblich und 76 männlich. Die<br />
Studiensemester verteilten <strong>sich</strong> folgendermaßen:<br />
79 Vorklinik, 122 Klinik, 6 PJ, 2 Freisemester, 5<br />
ohne Angabe. Das Alter lag im Mittel bei 23.41<br />
Jahren bei einer Range von 18-40 Jahren.<br />
Die Daten wurden mithilfe des Statistik-Programms<br />
SPSS 18 ausgewertet. Eine multifaktorielle<br />
ANOVA und Produkt-Moment-Korrelationen<br />
nach Pearson wurden für alle Faktoren<br />
durchgeführt.<br />
Ergebnisse<br />
Die Korrelationskoeffizienten zeigen, dass<br />
Studierende, die mit ihrer Konzentrations- und<br />
Leistungsfähigkeit am Tag unzufrieden sind,<br />
häufiger unter Einschlafproblemen, Durchschlafproblemen<br />
und wenig erholsamen Schlaf<br />
leiden (Einschlafen: Korrelationskoeffizient r=<br />
.213, p=.001, Durchschlafen: r=.251, p= .000,<br />
Erholsamkeit: r= .535, p=.000). Aus den Varia-<br />
8<br />
appendix.ofamed.de | April 2011<br />
Abbildung 3<br />
Die Bettzeiten der Studierenden<br />
blen „Einschlafen“, „Durchschlafen“ und „Erholsamkeit<br />
des Schlafes“ wurde ein „Zufriedenheits-score“<br />
berechnet, dessen Zusammenhang<br />
mit der Konzentrations- und Leistungsfähigkeit<br />
in Abbildung 1 darge<strong>stellt</strong> ist. Dabei scheint der<br />
Zusammenhang zwischen den Schlafzufriedenheits-Parametern<br />
und der Leistungsfähigkeit am<br />
Tag bei männlichen Studenten stärker zu sein als<br />
bei weiblichen. (Abbildung 2)<br />
Einschlafen, Durchschlafen und Leistung am<br />
Folgetag korrelieren mit dem Auftreten von<br />
Beinbewegungen in der Nacht (r=.125, p=.038,<br />
r=.305, p=.000, r=.138, p=.025). Ein Zusammenhang<br />
zwischen Erholsamkeit des Schlafes<br />
und Schnarchen konnte auch<br />
gezeigt werden (r=.136, p=.026).<br />
Die Bettzeiten unter der Woche<br />
korrelieren hingegen nicht mit der<br />
gefühlten Leistungsfähigkeit.<br />
Abbildung 1<br />
Wer schlechter einschläft,<br />
durchschläft und weniger<br />
erholsam schläft, ist am<br />
nächsten Tag weniger<br />
konzentriert - und spürt das<br />
auch.
Diskussion<br />
Die gefundenen Korrelationen weisen darauf<br />
hin, dass die subjektiv empfundene Leistungsfähigkeit<br />
unter anderem von der Schlafqualität<br />
abhängig ist. Insbesondere die gefühlte Erholsamkeit<br />
des Schlafes am Morgen, die unter<br />
dem Einfluss der Faktoren „Einschlafen“ und<br />
„Durchschlafen“ steht, scheint von Bedeutung<br />
zu sein. Die Bettzeit scheint hier nicht relevant<br />
zu sein. Allerdings liegen in dieser Studie keinerlei<br />
Daten über die Gesamtschlafdauer oder<br />
die Aufwachzeit <strong>vor</strong>, sodass wir nicht davon<br />
ausgehen können, dass eine spätere Bettzeit<br />
auch zu einer kürzeren Schlafperiode führt.<br />
Dies ist <strong>sich</strong>erlich eine der Schwächen unserer<br />
Untersuchung.<br />
Die Post-hoc Analyse ergab, dass mit zunehmendem<br />
Alter die Zufriedenheit mit der<br />
eigenen Konzentrations- und Leistungsfähigkeit<br />
abnimmt. Dieses Ergebnis stützt die erkenntnistheoretische<br />
Hypothese „Mit dem Alter wird alles<br />
schwerer“ . Um zu erfassen, welche Bereiche<br />
des alltäglichen Lebens außerdem betroffen<br />
sind, werden keine Folgestudien notwendig sein.<br />
In ein paar Jahren wissen wir alle mehr. (Veranstaltungsempfehlung:<br />
<strong>Medizin</strong> des Alterns, SS11,<br />
Prof. Hüll)<br />
Um Aussagen über die Relevanz der gefundenen<br />
Effekte treffen zu können, müssten die<br />
Angaben mit einer objektiven Leistungsbeurteilung<br />
verglichen werden. Dies könnte in einem<br />
Abbildung 2<br />
Post-Hoc-Gender-<br />
Studies: Bei männlichen<br />
Studenten<br />
scheinen unerholsamere<br />
Nächte<br />
stärkeren Einfluss auf<br />
die Tagesleistungsfähigkeit<br />
zu haben als<br />
bei ihren Kommilitoninnen.<br />
April 2011 | appendix.ofamed.de<br />
Campusleben<br />
experimentellen Design oder mit Unterstützung<br />
des Landesprüfungsamtes geschehen, wenn<br />
dieses uns die Examensergebnisse inklusive<br />
der persönlichen Daten aller Studierenden<br />
zur Verfügung stellen würde. Die <strong>Appendix</strong>-<br />
Redaktion aber möchte <strong>sich</strong> an dieser Stelle aus<br />
dem Gebiet der Schlafforschung zurückziehen<br />
um endlich einmal ausschlafen zu können –<br />
ohne Protokoll, ohne Wecker, ohne Kabel, ohne<br />
nahenden Redaktionsschluss. Gute Nacht.<br />
Ein herzliches Dankeschön an Professor Riemann<br />
und Thomas Unbehaun, ohne die diese<br />
Erhebung nicht möglich gewesen wäre!<br />
Ismene Hermann<br />
Quellen:<br />
1) Landrigan CP, Rothschild JM, Cronin JW, et al.<br />
Effect of reducing interns‘work hours on serious<br />
medical errors in intensive care units. N Engl J Med.<br />
2004;351:1838–48.<br />
2) Nissen C, Kloepfer C, Nofzinger EA, Feige B,<br />
Voderholzer U, Riemann D. Impaired sleep-related<br />
memory consolidation in primary insomnia - a pilot<br />
study. Sleep. 2006;29:1068–73.<br />
3) Van Dongen et al<br />
The Cumulative Cost of Additional Wakefulness<br />
SLEEP, Vol. 26, No. 2, 2003<br />
4) Arnedt JT, Owens J, Crouch M, Stahl J, Carskadon<br />
MA. Neurobehavioral performance of residents after<br />
heavy night call vs. after alcohol ingestion. JAMA.<br />
2005;294:1025–1033.<br />
5) Riemann, D.; Hajak, G. (2009): Insomnien. In: Der<br />
Nervenarzt, Jg. 80, H. 9, S. 1060–1069.<br />
6) Anonymus<br />
Noch nicht müde<br />
geworden?<br />
Weitere Ergebnisse<br />
findet ihr auf unserer<br />
Homepage!<br />
9
<strong>Appendix</strong> schläft<br />
Investigatives Schlafen im Dienste der Wissenschaft<br />
Vorbemerkung der Redaktion:<br />
Wenn die Menschen wüssten, wie wir<br />
hier arbeiten. Zu Semesterbeginn<br />
schäumen wir nur so <strong>vor</strong> Kreativität<br />
und planen meist Revolutionäres. Eine Schlafstudie<br />
sollte es dieses Mal sein. Mit Körpereinsatz!<br />
Mit etwas Glück und Selbstdisziplin<br />
würden wir 10 Schlaftagebücher - eines von<br />
jedem Redaktionsmitglied - sammeln können.<br />
Wir würden in einem zweiten Zyklus kommerzielle<br />
"Schlaf-Enhancer" testen, vielleicht sogar<br />
verschiedene...wir träumten von einer randomisierten,<br />
kontrollierten Interventionsstudie mit<br />
crossover-design.<br />
Aber so wie wir selbst schon zu keinem Zeitpunkt<br />
des Semesters an unseren im allseitigen<br />
Einvernehmen festgelegten Redaktionsschluss<br />
glauben, ahnten wir auch hier bald, dass wir uns<br />
zu viel <strong>vor</strong>genommen haben.<br />
Immerhin: Drei Schlaftagebücher und ein<br />
Polysomnogramm konnten vollständig erhoben<br />
werden. Unsere Ergebnisse sind signifikant,<br />
relevant und erstaunlich. Sie stellen mitunter<br />
10<br />
appendix.ofamed.de | April 2011<br />
die Resultate hochrangig publizierter Studien in<br />
Frage. Wir möchten allerdings darauf hinweisen,<br />
dass unsere Methodik und sämtliche Schlussfolgerungen<br />
vollkommen unwissenschaftlich,<br />
unseriös und plakativ sind. Ehrlich!<br />
Wir möchten mit dieser Veröffentlichung<br />
weder Anstoß zu Empörung geben, noch<br />
den <strong>Freiburg</strong>er Jungforschern unter unseren<br />
Lesern mit schlechtem Beispiel <strong>vor</strong>angehen.<br />
Auch möchten wir nicht den Verdacht wecken,<br />
Elite-Uni-unwürdig oder töricht zu sein. Warum<br />
wir trotzdem publizieren? Unter dem Schirm<br />
der "künstlerischen Freiheit" genießen wir es,<br />
in unserem eigenen Journal jedweden Schluss<br />
ziehen zu können, der uns beliebt, so absurd<br />
und provokant er auch sein mag. Wir bemühen<br />
uns dabei stets, im Sinne unserer Zielgruppe zu<br />
handeln, die zwanglos und doch anspruchsvoll<br />
unterhalten werden will.<br />
Viel Spaß beim kritischen Lesen unserer<br />
Fallvignetten!<br />
Ismene Hermann
Fall 1<br />
Das Problem:Orientierungslos blicke ich<br />
mich im Raum um. Wo … was … wer?? Es ist<br />
erst drei, es ist erst drei, es ist erst drei, bete<br />
ich. Meine Hoffnung ist vergebens, es ist halb<br />
acht und der Wecker hat mich lediglich in<br />
einer absoluten Tiefschlafphase erwischt.<br />
Die Idee: Ich wünschte, es gäbe einen<br />
Wecker, der mich weckt, wenn ich schon<br />
wach bin. Eine verrückte Idee. Oder? Denn<br />
genau das verspricht der Sleeptracker. Er<br />
sieht aus wie eine Baby-G-Armbanduhr. Sein<br />
Anblick beschwört in mir glückliche Jahre mit<br />
Backstreet Boys, Männern mit Schnurrbärten<br />
und lila Ballonseidejacken herauf, und<br />
zeichnet jede Bewegung des Handgelenks<br />
samt körperlichem Anhang auf. In einem<br />
einstellbaren Zeitfenster, z.B. zwischen 7.00<br />
und 7.30 Uhr, soll er den Schlafenden in der<br />
wachsten Phase erwischen und auch wecken.<br />
Findet er keinen günstigen Zeitpunkt, klingelt<br />
der Sleeptracker wie ein normaler Wecker zum<br />
spätesten Termin.<br />
Der Test: Auch ohne Bedienungsanleitung<br />
ist es einfach, die Weckeinstellungen zu<br />
programmieren. Die große Uhr ist ein wenig<br />
gewöhnungsbedürftig am Handgelenk, hin<br />
und wieder wache ich mit einem großen<br />
Ziffernblatt-Tattoo im Ge<strong>sich</strong>t auf oder ziehe<br />
sie im Halbschlaf aus. Am ersten Morgen<br />
Campusleben<br />
denke ich an ein Erdbeben, als mein Arm ohne<br />
Vorwarnung zu vibrieren beginnt. Doof nur,<br />
dass ich vergessen habe, welchen Knopf man<br />
drücken muss, um den Alarm auszustellen. Ich<br />
bin auf jeden Fall wach. Interessant ist, <strong>sich</strong> die<br />
vermeintlichen Wach-Phasen in der vergangenen<br />
Nacht anzuschauen. Der Sleeptracker findet fast<br />
immer einen „wachen“ Augenblick, ich werde<br />
tatsächlich kein einziges Mal aus dem Tiefschlaf<br />
gerissen. Ich bleibe trotzdem „snooze“-süchtig.<br />
Da ich über einige Wochen immer zur gleichen<br />
Zeit aufgestanden bin, kann ich nicht sagen, ob<br />
der Sleeptracker oder die Routine der Grund des<br />
sanften Erwachens war. [is]<br />
Fitter durch sanftes<br />
Wecken?<br />
Von wegen! Mit<br />
Sleeptracker ist die Redakteurin<br />
am Morgen<br />
messbar bedrückter als<br />
ohne. Die berichteten<br />
Assoziationen mit<br />
Ballonseidenjacken<br />
und Schnurrbärten<br />
stellen allerdings<br />
einen möglichen<br />
Confounder dar. Eine<br />
Messwiederholung mit<br />
der Kontrollbedingung<br />
„Bravo Hits 96“ lehnte<br />
die Probandin ab.<br />
Kein Alarm im Tiefschlaf!<br />
Der Sleeptracker verspricht sanftes Wecken<br />
im festgelegten Zeitintervall
Campusleben<br />
Unklare Ergebnisse bei der Leistungsfähigkeit<br />
am Tag. Wer mehr von seinem Sleeptracker<br />
erwartet als nur gute Laune, könnte enttäuscht<br />
werden.<br />
Fall 2<br />
Das Problem: Ich snooze. Jeden Morgen.<br />
Mindestens drei Mal strecke ich den Arm aus<br />
dem Bett und haue blind auf die bekannte<br />
Taste, nur um mich noch einmal für fünf<br />
Minuten im warmem Bett umdrehen und<br />
die Illusion erholsamen Schlafs genießen zu<br />
können. Mitunter erwische ich die falsche Taste<br />
und schalte den Wecker ganz aus. Eine halbe<br />
Ewigkeit später sitze ich plötzlich hellwach im<br />
Bett: Schon wieder verschlafen.<br />
Die Idee: Drei Wecker, verteilt in meinem<br />
Zimmer, die kurz hintereinander klingeln (z.B.<br />
7.00h, 7.03h, 7.06h).<br />
Der Test: Der erste Wecker klingelt, ich stehe<br />
auf, wanke zum Schreibtisch, schalte ihn aus<br />
und gehe direkt zurück ins Bett, dort ist es<br />
einfach viel gemütlicher. Kaum habe ich mich<br />
wieder hingelegt, klingelt aus einer anderen<br />
Ecke Wecker Nummer zwei. Leicht genervt<br />
wühle ich mich aus der Decke, schalte den<br />
Wecker aus und beschließe, jetzt „wach“ zu<br />
sein, immerhin bin ich innerhalb der letzte fünf<br />
Minuten schon zwei Mal aufgestanden. Wecker<br />
Nummer drei hätte ich dieses Mal also gar<br />
nicht gebraucht. Tatsächlich ist es nicht das<br />
wiederholte Klingeln, dass mich schließlich<br />
aufstehen lässt, sondern die Kombination aus<br />
Aufstehen-Müssen und den drei verschiedenen<br />
12<br />
appendix.ofamed.de | April 2011<br />
Die Wissenschaft hinter dem Sleeptracker:<br />
Aktometrie<br />
„Die Aktometrie ist ein Verfahren, bei dem mit<br />
Hilfe eines etwa armbandgroßen Gerätes, das<br />
am nicht dominanten Handgelenk getragen<br />
wird, die Messung von Bewegungen Aussagen<br />
über den Schlaf-Wach-Rhythmus einer Person<br />
ermöglicht. Durch die Aktometrie können die<br />
Bettzeiten und mit größerer Ungenauigkeit auch<br />
die Wachzeiten im Bett erfasst werden. Eine<br />
Differenzierung des Schlafs in Schlafstadien ist<br />
durch die Aktometrie nicht möglich.“<br />
D. Riemann, G. Hajak<br />
Insomnien. I. Ätiologie, Pathophysiologie<br />
und Diagnostik<br />
Nervenarzt 2009 • 80:1060–1069<br />
DOI 10.1007/s00115-009-2725-1<br />
© Springer <strong>Medizin</strong> Verlag 2009<br />
Weckgeräuschen. Am dritten Tag finde ich bereits<br />
die Vorstellung, in Kürze auch noch die anderen<br />
Wecker ertragen zu müssen, so unschön, dass<br />
ich in Nullkommanix aus dem Bett komme.<br />
Leider ist aber auch diese Methode letztlich<br />
nicht gegen die Macht der Gewohnheit gefeit.<br />
Am siebten Tag mache ich nach dem ersten<br />
Klingeln einen Rundgang durch mein Zimmer,<br />
schalte einen Wecker nach dem anderen aus und<br />
begebe mich zurück in mein Bett, um dann, in<br />
alter Gewohnheit, noch eine halbe Stunden zu<br />
schlafen. [ll]<br />
Die maximale<br />
Snoozedauer ist bei<br />
Verwendung multipler<br />
Weckgeräte signifikant<br />
kürzer als bei monophasischem<br />
Weckgeräusch.<br />
Der Effekt verschwindet<br />
aber, wenn man einen<br />
cut-off bei Snoozzeiten<br />
von über 30 Minuten setzt<br />
und diese Ausreißer als<br />
„verschlafen“ definiert.
Fall 3<br />
Das Problem: Mein Schlafprotokoll zeigt:<br />
Ich kann schlecht einschlafen. Wenn ich<br />
nicht gerade früh am Morgen oder reichlich<br />
sediert nach Hause komme, habe ich eine<br />
schier endlose Einschlaflatenz. Klinischer<br />
Nebenbefund: Eiskalte Füße. Kalte Füße<br />
steigern die Sympathikus Aktivität. Auf<br />
Schlafmedizinerschlau führt das zu einem<br />
Arousal. Arousal macht, dass man nicht<br />
schläft. Und wer nicht schläft, hat Insomnie.<br />
Die Idee: Wärmflasche! Kräuchi et al.<br />
(Nature 1999) haben gezeigt, dass die<br />
Einschlaflatenz signifikant abnimmt, wenn<br />
man kalte Füße aktiv erwärmt. Mittlerweile<br />
gibt es einen Markt für extra Schlafschühchen,<br />
aber die Naturheilmediziner empfehlen als<br />
Hausmittel die gute alte Wärmflasche.<br />
appendix.ofamed.<br />
Aufstehzeit:<br />
So resistent der schwergradige<br />
Snoozer auch gegen die Zeichen<br />
des beginnenden Tages<br />
ist: Mit dreifacher Weckung<br />
steht er früher auf als nur mit<br />
einfachem Gewecktwerden.<br />
April 2011 | appendix.ofamed.de<br />
Campusleben<br />
Der Test: Jeden Abend krame ich meine<br />
unansehnliche Wärmflasche im Heinblöd-<br />
Gewandt aus ihrem Versteck her<strong>vor</strong> und koche<br />
einen Liter Wasser. Der rituelle Charakter<br />
dieser Prozedur steigert meine Vorfreude auf<br />
das Schlafengehen. Heinblöd bezieht seinen<br />
Posten am Fußende und ich freue mich auf<br />
eine ausgedehnte Sleep Period Time mit kurzer<br />
Einschlaflatenz. Die Wärme fühlt <strong>sich</strong> gut an. Ich<br />
warte lange darauf, dass meine Fußtemperatur<br />
<strong>sich</strong> der Heinblödtemperatur angleicht. Ich warte.<br />
Lange. So richtig warm ist es meistens erst am<br />
nächsten Morgen, wenn ich minimal erholter als<br />
sonst aufwache. Vielleicht ist die Fußkälte bei mir<br />
naturbehandlungsresistent. Nächstes Mal werde<br />
ich etwas Pharmazeutisches testen: Bizyklisch,<br />
trizyklisch, tetrazyklisch - hauptsache es verträgt<br />
<strong>sich</strong> mit Heinblöd, an den ich mich inzwischen<br />
gewöhnt habe. [ih]<br />
Einschlaflatenz (EL) in Minuten über eine Woche.<br />
Unter Wärmflaschenbehandlung ist die EL stabiler, aber nicht<br />
kürzer als in der Kontrollbedingung. Somit ließen <strong>sich</strong> die<br />
Ergebnisse von Kräuchi et al- (1999) nicht replizieren. Schwäche<br />
der Datenerhebung: Die Nächte wurden nicht randomisiert, sodass<br />
die Woche „ohne Wärmflasche“ in die ereignisreiche Vorweihnachtszeit<br />
fiel, während „mit Wärmflasche“ nach Neujahr<br />
protokolliert wurde. Mit markierte Nächte folgen auf Weihnachtsfeiern<br />
oder andere Festivitäten. Es ließe <strong>sich</strong> die gewagte<br />
Hypothese generieren, dass Glühwein ein besseres Schlafmittel ist<br />
als eine Wärmflasche. Dagegen spricht die langjährige Erfahrung<br />
von Prof. Riemann (S.7).<br />
Acknowledgements:<br />
Wir danken Herrn Prof. Riemann und Herrn Unbehaun für die Bereitstellung<br />
der nötigen Materialien und die Organisation der Polysomnographie<br />
unseres Redakteurs. Auch die uns zur Verfügung ge<strong>stellt</strong>e Fachliteratur und<br />
die gemeinsamen Gespräche waren sehr inspirierend!<br />
13
Campusleben<br />
Schlaflos im<br />
Schlaflabor<br />
Ein <strong>Appendix</strong>-Redakteur bekommt<br />
seine erste Polysomnographie<br />
In meinen Haaren hält Gips EEG-Ableitungen<br />
fest, um die Brust liegen Gurte und<br />
in der Nase misst eine Sonde jeden Atemzug.<br />
Während ich kurz aufwache ziehen weitere<br />
Kabel an Hand und Fuß. Es ist kurz nach halb<br />
elf Uhr abends, schon <strong>vor</strong> einer halben Stunde<br />
wurde das Licht gelöscht. Während ich noch<br />
kurz die Augen öffne, blickt mich eine Kamera<br />
stumm an. Ich versuche mich zu drehen, doch<br />
allzu viel Freiheit lässt das Kabelgewirr nicht<br />
zu. Jeder Pulsschlag, jede Bewegung wird heute<br />
Nacht registriert. Während ich mich hin- und<br />
her wälze und versuche, keine Elektroden zu<br />
lösen stelle ich mir die Frage: Wie kann man so<br />
schlafen?<br />
Eine Doktorandin hat mir das angetan, mich<br />
bis zur Bewegungsunfähigkeit verkabelt und<br />
dann hier zurückgelassen. Normalerweise ist die<br />
Abteilung für Schlafmedizin gut besucht, heute<br />
Nacht bin ich der einzige Patient. Zu meiner<br />
ersten Nacht im Schlaflabor habe ich mich als<br />
Proband freiwillig gemeldet. Mein Zimmer ist<br />
funktionell, aber nicht ungemütlich. Das Fenster<br />
öffnet <strong>sich</strong> zum Botanischen Garten. Während<br />
ich mich für meine erste Nacht bettfertig<br />
mache, werden die Ableitungen <strong>vor</strong>bereitet. Im<br />
normalen Verfahren werden EEG, EKG und<br />
Atmung aufgezeichnet. Ein Elektromyogramm<br />
und Elektrookulogramm registriert Bewegungen<br />
der Beine und der Augenmuskeln. Zusätzlich<br />
wird der Tonus der Kiefermuskulatur analysiert.<br />
Allein das Anlegen der Elektroden dauert mehr<br />
als eine halbe Stunde. Mittlerweile ist es schon<br />
kurz <strong>vor</strong> zehn Uhr. Um Kopf und Brust bin<br />
ich bereits gut verkabelt, nun fehlen nur noch<br />
die Nasensonde und ein Pulsoxymeter, dann<br />
bin ich bereit für die Nacht. Mehr als 30 bunte<br />
Kabel fallen über den Rücken und laufen in<br />
einer kleinen Box zusammen, die am Kopfende<br />
des Bettes platziert wird. In der Zwischenzeit<br />
ist auch die Nachtwache eingetroffen, sie wird<br />
14<br />
appendix.ofamed.de | April 2011<br />
<strong>Appendix</strong>-Redakteur Hannes wird gerade für die Nacht verkabelt<br />
die Aufzeichnungen im Nebenzimmer verfolgen.<br />
Ohne fremde Hilfe ist es nicht einfach, ins<br />
Bett zu kommen ohne eine Elektrode zu lösen.<br />
Schließlich liege ich einigermaßen bequem und<br />
versuche, die Kamera über dem Bett zu ignorieren.<br />
Um kurz nach zehn Uhr wird das Licht<br />
gelöscht und die Tür geschlossen. Von nun an<br />
läuft die Uhr. Genau acht Stunden sind gegeben,<br />
dann wird mich die Nachtwache wieder wecken<br />
– egal wie viel Schlaf die Nacht ergab. Ich drehe<br />
mich <strong>vor</strong><strong>sich</strong>tig auf die Seite und schaue die<br />
Wand an. Ob Schäfchenzählen nun wirklich<br />
hilft? Aus gegebenem Anlass entscheide ich<br />
mich fürs Kabelzählen und schließe die Augen.<br />
200 Kabel später liege ich immer noch wach<br />
und blicke in die Kamera. Ob mich der Pfleger<br />
auch gerade anschaut? Jede Bewegung soll er ja<br />
scheinbar beobachten und protokollieren, im<br />
Nebenraum wird er die ganze Nacht aufbleiben<br />
und die Probanden überwachen. Die Sonde<br />
fängt an in der Nase zu kitzeln und den linken<br />
Arm kann ich auch nicht wirklich ausstrecken,<br />
weil ich fürchte, das Oxymeter abzureißen.<br />
Mittlerweile liege ich schon mehr als eine Stunde<br />
hier und finde keinen Schlaf. Ob es der Nachtwache<br />
auch schon aufgefallen ist? Plötzlich wird<br />
mir bewusst, dass ich in wenigen Stunden
schon wieder geweckt werden würde. Meine<br />
Gedanken kreisen um mein absehbares Schlafdefizit.<br />
Ich versuche geduldig alles, was ich in<br />
meiner Situation tun kann: liege abwechselnd<br />
auf dem Rücken, auf der Seite und auf dem<br />
Bauch. Und fühle mich schon wahrhaft insomnisch.<br />
Ob die zweite Nacht auch so verlaufen<br />
wird? Die meisten Probanden haben <strong>sich</strong> bis<br />
dahin schon an die ungewohnte Umgebung gewöhnt.<br />
Ich versinke in einem kurzen Traum, der<br />
<strong>sich</strong> <strong>sich</strong>er als Welle auf dem EEG im Nebenzimmer<br />
aufzeichnet. Waren da nicht Geräusche<br />
auf dem Gang? Für einen Moment schrecke ich<br />
auf - habe ich etwa aus Versehen eine Elektrode<br />
abgerissen? – aber die Müdigkeit überwältigt<br />
mich sofort, ich drehe mich ein letztes Mal und<br />
versinke dann endgültig im elektronisch überwachten<br />
Schlaf.<br />
Hannes Hummel<br />
Die angenehme Seite der<br />
Schlafforschung: Das<br />
Schlafen!<br />
April 2011 | appendix.ofamed.de<br />
Das Polysomnogramm<br />
von Proband<br />
Hummel: In der Tat viel<br />
„WAKE“ in der ersten<br />
Nacht.<br />
Polysomnographie (PSG) ist die ultima Ratio<br />
in der Insomniediagnostik und kommt dann zum<br />
Einsatz, wenn verschiedene pharmakologische<br />
und verhaltenstherapeutische Verfahren nicht<br />
erfolgreich waren. Die kardiorespiratorische<br />
PSG ist die differenzierteste Methode<br />
zur Erfassung des Schlafes, aber da die<br />
Untersuchung aufwändig und teuer ist, gehört<br />
sie nicht zu den Routinemethoden in der<br />
Insomniediagnostik.<br />
Quelle:<br />
D. Riemann, G. Hajak; Insomnien. I. Ätiologie,<br />
Pathophysiologie und Diagnostik, Nervenarzt<br />
2009 • 80:1060–1069; DOI 10.1007/s00115-<br />
009-2725-1<br />
© Springer <strong>Medizin</strong> Verlag 2009
Campusleben<br />
„Geweckt werden<br />
mag keiner!“<br />
16<br />
appendix.ofamed.de | April 2011<br />
Gespräch mit Prof. Riemann, Leiter des Schlaflabors<br />
an der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie<br />
der Uniklinik <strong>Freiburg</strong><br />
Foto: photocase, kallejipp
<strong>Appendix</strong>: Herr Professor Riemann, wie<br />
haben Sie letzte Nacht geschlafen?<br />
Prof. Riemann: Gestern war unsere Weihnachtsfeier,<br />
da gab es auch Alkohol. Man meint<br />
immer, Alkohol sei hilfreich bei Schlafproblemen.<br />
Ist er aber nicht, im Gegenteil, man<br />
wacht viel öfter auf. Die gestrige Nacht war<br />
auch verhältnismäßig kurz, ich bin also alles in<br />
allem nicht so ausgeruht wie sonst.<br />
Wie wichtig ist guter Schlaf ?<br />
Wir sind da am Umdenken. Bis <strong>vor</strong> kurzem<br />
hat man dem Schlaf gar nicht so viel Beachtung<br />
geschenkt. Jetzt kristallisiert <strong>sich</strong> heraus,<br />
dass Schlaf ein Grundbedürfnis ist wie Essen<br />
und Trinken. Solche Grundbedürfnisse müssen<br />
natürlich in ausreichendem Maße befriedigt<br />
werden. Wer noch nicht ganz überzeugt von<br />
der Bedeutung des Schlafs ist, muss <strong>sich</strong> klar<br />
machen, dass man erst <strong>vor</strong> 50 Jahren darauf<br />
aufmerksam wurde, wie wichtig eine gute<br />
Ernährung oder Sport für die Gesundheit sind.<br />
Wir kommen erst allmählich zu dem Verständnis,<br />
dass Schlaf auch eine Frage des Lebensstils<br />
ist.<br />
Wie viel Schlaf brauchen wir, um den Lebensstil<br />
zu wahren?<br />
Man sollte darauf achten, die Portion Schlaf<br />
zu bekommen, die man braucht. Und die<br />
variiert von Mensch zu Mensch. Die Meisten<br />
brauchen zwischen sechs und acht Stunden.<br />
Und was geschieht, wenn man sein Quantum<br />
Schlaf nicht bekommt?<br />
Wenn man das Schlafbedürfnis längerfristig<br />
missachtet, hat das die Konsequenz, dass man<br />
in seiner Leistungsfähigkeit eingeschränkt ist<br />
und <strong>sich</strong> weniger gut konzentrieren kann. Es<br />
gibt auch Daten, die langfristige Folgen vermuten<br />
lassen: Wenn man über Jahrzehnte zu<br />
wenig schläft, kann <strong>sich</strong> das zum Beispiel auf<br />
das Körpergewicht auswirken. Von einfacher<br />
Gewichtszunahme bis hin zum metabolischen<br />
Syndrom.<br />
Wie kann man die Schlafqualität optimieren?<br />
Was kann man zum Beispiel tun, um<br />
April 2011 | appendix.ofamed.de<br />
Campusleben<br />
besser einzuschlafen?<br />
Wichtig sind zwei basale Dinge: Erstens,<br />
man darf <strong>sich</strong> nicht unter Druck setzen. Also<br />
nicht ständig auf die Uhr schauen! Das ist ein<br />
klassisches Problem von Patienten mit chronischen<br />
Einschlafschwierigkeiten. Und <strong>sich</strong><br />
zu sagen "Ich muss jetzt schlafen!" hilft auch<br />
nicht, denn Schlaf unterliegt nicht der Willkür.<br />
Zweitens, Alkohol einsetzen um besser zu<br />
schlafen, hat genau den gegenteiligen Effekt.<br />
Sinnvoll ist außerdem eine gewisse Regelmäßigkeit<br />
im Schlafverhalten. Besonders früh ins<br />
Bett zu gehen, um <strong>vor</strong>ausschauend zu schlafen,<br />
funktioniert meistens nicht. Man braucht eine<br />
gewisse Anzahl von Wachstunden um schlafen<br />
zu können. Bei den meisten sind das so 16<br />
oder 17 Stunden. Nach 15 Stunden kann ich<br />
dann noch nicht schlafen, so sehr ich mich<br />
auch unter Druck setze. Wenn man wirklich<br />
mal Schwierigkeiten hat einzuschlafen, dann<br />
»...99 Prozent finden<br />
das Wecken nicht gut«<br />
würde ich eher empfehlen, ein schönes Buch<br />
zu nehmen und bequem zu lesen, bis man von<br />
alleine müde wird.<br />
Wenn ich dann gut eingeschlafen bin, wie<br />
komme ich am nächsten Tag wieder aus<br />
dem Bett?<br />
Ich denke, es gibt wenige Menschen, die<br />
wirklich gerne aufstehen. Was viele Leute mögen,<br />
ist den Wecker noch einmal fünf Minuten<br />
weiter zu drehen, be<strong>vor</strong> sie aufstehen. Einige<br />
sagen, dass fünf oder zehn Minuten Dösen <strong>vor</strong><br />
dem Aufstehen ihnen hilft, besser in den Tag<br />
zu kommen. Ich mache das auch, nur meine<br />
Frau mag das leider nicht. Aber eine generelle<br />
Methode nach dem Motto „Morgendämmerung,<br />
sanftes Wecken“, die für alle Menschen<br />
nützlich ist, die gibt es meines Erachtens nicht.<br />
17
Campusleben<br />
Ich denke, 99 Prozent der Menschen, die mit<br />
einem Wecker aufstehen, finden das erste<br />
Wecken erstmal nicht gut.<br />
Wenige Stunden nach dem Wecken<br />
kommt auch schon das Mittagstief. Ist<br />
Mittagsschlaf sinnvoll?<br />
Auf jeden Fall! Mit diesem Thema beschäftigt<br />
<strong>sich</strong> die so genannte „Chronobiologie“.<br />
Wir wissen mittlerweile zwar, dass Schlaf<br />
in die Nacht gehört, weil Dunkelheit ein<br />
auslösender Faktor für das Schlafenkönnen<br />
und hormonelle Prozesse ist. Es ist aber auch<br />
bekannt, dass wir in der Mittagszeit genauso<br />
ein biologisch bedingtes Tief haben und es<br />
18 appendix.ofamed.de | April September 2011 2010<br />
Auch er betätigt gelegentlich<br />
die Schlummertaste:<br />
Prof. Riemann<br />
schadet überhaupt nicht, dem<br />
nachzugeben. Es ist wissenschaftlich<br />
bewiesen, dass Mittagsschlaf<br />
hilft, am Nachmittag<br />
leistungsfähiger zu sein.<br />
Verursacht das keine Einschlafprobleme<br />
am Abend?<br />
Man muss natürlich die<br />
Dauer des Mittagsschlafes von<br />
Nachtschlaf abziehen. Man<br />
kann den Schlaf sozusagen<br />
auf zwei Portionen ausdehnen.<br />
Unser heutiger Schlafrhythmus<br />
- dass wir nur einmal<br />
nachts lange am Stück schlafen<br />
- ist soziokulturell geprägt.<br />
Künstliches Licht ist dafür<br />
ein ganz wesentlicher Faktor.<br />
Vor der Industrialisierung sind<br />
die Menschen oft um 21 Uhr<br />
ins Bett gegangen – Öl für<br />
Lampen war teuer - dann sind<br />
sie um ein Uhr in der Nacht<br />
wieder aufgewacht, haben <strong>sich</strong><br />
noch einmal zwei Stunden lang getroffen<br />
und ein wenig unterhalten. Danach haben<br />
sie nochmal drei, vier Stunden geschlafen.<br />
Die Art wie wir schlafen, ist es kein unumstößliches<br />
Naturgesetz sondern eine Anpassung.<br />
Zu den Anforderungen der modernen<br />
Industriegesellschaft passt der komprimierte<br />
Schlaf in der Nacht am besten. Die restliche<br />
Zeit brauchen wir für Arbeit, Freizeit und<br />
Konsum.<br />
Ist zu viel Schlaf schädlich?<br />
Es gibt einen spannenden neuen Befund:<br />
Mortalität und Schlafdauer korrelieren Uförmig:<br />
Zwischen sechs und acht Stunden<br />
Schlafdauer ist die Mortalität am günstigsten.
Nicht nur Menschen, die weniger als sechs<br />
Stunden schlafen haben eine erhöhte Mortalität<br />
sondern auch die Langschläfer, die jede<br />
Nacht über neun Stunden schlafen. Kein<br />
Mensch kann erklären, warum das so ist. Man<br />
hat in diesen Studien dann auch über 10 Jahreszeiträume<br />
festge<strong>stellt</strong>: Wer lange schläft,<br />
hat auf Sicht von zehn Jahren eine erhöhte<br />
Wahrscheinlichkeit, zu versterben. Die Leute,<br />
die in den ersten zwei Jahren gestorben sind,<br />
hat man aus der Betrachtung herausgenom-<br />
»...der Rest ist Arbeit,<br />
Freizeit und Konsum«<br />
men, um Krankheiten auszuschließen, die<br />
schon bei Studienbeginn bestanden. Der<br />
Zusammenhang bleibt. Dass dieser Zusammenhang<br />
auf eine mögliche kausale Korrelation<br />
„zu viel Schlaf macht krank“ hinweist,<br />
möchte ich aber nicht behaupten. Ich denke<br />
eher, dass zu viel Schlaf Ausdruck einer<br />
ablaufenden Pathologie ist. Deswegen muss<br />
man aus ärztlicher Sicht hellhörig werden,<br />
Wer länger schläft, stirbt früher.<br />
Bei Männern sieht es ähnlich aus. Grafik aus: Youngstedt & Kripke<br />
2004 Long Sleep and Mortality: rationale for sleep restriction<br />
Sleep Medicine Reviewa (2004) 8, S. 160<br />
September April 2010 2011 | appendix.ofamed.de<br />
Campusleben<br />
wenn ein 45-jähriger Patient sagt „ich bin<br />
immer müde, muss so viel schlafen, schlafe<br />
am Wochenende 12 Stunden, und fühle mich<br />
immer noch nicht frisch.“ Dem sollte man<br />
sehr genau nachgehen.<br />
Was für Krankheiten sind das, die zu vermehrtem<br />
Schlafbedürfnis führen?<br />
Ein Beispiel sind konsumierende Krankheiten,<br />
die mit erhöhter Müdigkeit und<br />
Schlafbedürfnis einhergehen. Eine weitere<br />
häufige Ursache ist das Schlafapnoe Syndrom:<br />
Menschen, die schnarchen, sind auch<br />
immer müde. Der vermehrte Schlaf ist also<br />
Ausdruck der Krankheit, nicht die Ursache.<br />
Sie sagten, Schlaf ist ein Grundbedürfnis<br />
wie Hunger. Kann ich mir trotzdem<br />
antrainieren, weniger zu schlafen?<br />
Dazu gibt es Studien aus den 70ern. Man<br />
hat 20 Studenten, die normal acht Stunden<br />
geschlafen haben, Geld dafür gegeben, pro<br />
Woche eine Stunde weniger zu schlafen. Das<br />
Ziel lag bei fünf Stunden. In den frühen Studien<br />
sah es so aus, als hätte das keine negativen<br />
Auswirkungen. Es gibt nun aber neuere<br />
Studien, die sehr viel besser kontrolliert<br />
waren. Es wurden Gruppen verglichen, die<br />
jeweils vier, sechs oder acht Stunden Schlaf<br />
bekamen. Man hat sehr deutlich gesehen,<br />
dass man mit weniger Schlaf bei neuropsychologischen<br />
Tests weniger aufmerksam ist<br />
und mehr Fehler macht. Obwohl man das<br />
interessanterweise subjektiv nicht so deutlich<br />
registriert..<br />
Das heißt: Die Nacht durchzulernen führt<br />
zu mehr Fehlern?<br />
Wenn man einen Tag und die anschließende<br />
Nacht wach bleibt, ist man so leistungsfähig,<br />
als hätte man 1,0 Promille Alkohol im Blut.<br />
Natürlich reagiert nicht jeder gleich stark auf<br />
Schlafverlust. Ich weiß, dass viele Studenten<br />
nachts lernen. Aber man sollte vielleicht<br />
darauf achten, nicht unter sechs Stunden<br />
Schlaf zu kommen. Außerdem hat Lernen<br />
einen gewissen „Arousal“-Faktor: Man<br />
schläft schlechter ein, weil es ja nicht nur ums<br />
Lernen geht, sondern auch darum, dass man<br />
bestehen will und vielleicht fürchtet, nicht<br />
genügend gelernt zu haben. Daher würde<br />
19
Campusleben<br />
»England hatte 5000<br />
amphetaminabhängige<br />
Piloten«<br />
ich jedem empfehlen, zwischen Lernen und<br />
Zubettgehen ein bis zwei Stunden einzuschieben,<br />
damit man diese emotionale Thematik<br />
nicht mit ins Bett nimmt.<br />
Als Arzt kann man auch nicht immer so<br />
viel schlafen, wie man möchte. Ist das<br />
nicht problematisch, wenn man die Verantwortung<br />
für Patienten trägt?<br />
Ja! Es wurde eine große Studie in den USA<br />
an jungen Ärzten im „Internship“ durchgeführt.<br />
Es konnte eine Korrelation zwischen<br />
Überstunden und Fehlleistungen gezeigt werden.<br />
Man hat darüber hinaus gesehen, dass<br />
Fehlleistungen abnehmen, wenn die Ärzte<br />
mehr schlafen können.<br />
Wenn ich nach durchwachter Nacht nicht<br />
ausschlafe sondern meinen gewöhnlichen<br />
Rhythmus beibehalte – wie kompensiert<br />
mein Körper das?<br />
Das ist eine große Diskussion in der<br />
Schlafforschung. Eine Meinung ist, dass man<br />
nach einer durchwachten Nacht in der darauf<br />
folgenden Nacht nicht doppelt so viel wie<br />
sonst schläft. Stattdessen hole man nur die<br />
tiefen Schlafphasen nach, sobald man <strong>sich</strong><br />
wieder sein normales Schlafmaß gönnt. Das<br />
hat wahrscheinlich einen Aufholeffekt. Es<br />
gibt aber auch eine Gruppe von Schlafforschern<br />
und Physiologen, die eine gegenteilige<br />
Meinung vertritt und behauptet, ein Schlafdefizit<br />
ließe <strong>sich</strong> so nicht aufholen, sondern<br />
würde über Jahre und Jahrzehnte kumulieren.<br />
Ich denke, das Gehirn ist sehr flexibel und<br />
plastisch, sodass man eine Nacht Schlafdefizit<br />
relativ schnell kompensieren kann. Nach zwei<br />
normalen Nächten sollte das ausgeglichen<br />
sein.<br />
Ist Wachbleiben mit pharmakologischer<br />
Unterstützung eine realistische und wünschenswerte<br />
Zukunftsvision?<br />
20<br />
appendix.ofamed.de | April 2011<br />
Eine Schreckensvision, die in Discokreisen<br />
Realität ist und auch im Militär intensiv<br />
beforscht wird ist, dass man <strong>sich</strong> mit künstlichen<br />
Substanzen tagelang wach hält (z.B.<br />
Ecstasy) und <strong>sich</strong> dann mit Schlafmitteln<br />
oder sedierenden Substanzen wieder runterholt.<br />
Beim Militär gibt es bei den Fliegern<br />
viele Situationen, in denen Sie 1000-prozentig<br />
konzentriert sein müssen und Sie können<br />
davon ausgehen, dass im Irakkrieg fast jeder<br />
Pilot mit medikamentöser Unterstützung<br />
»Daran sind einige<br />
gestorben. Auch Jimi<br />
Hendrix.«<br />
geflogen ist. Das war auch schon im zweiten<br />
Weltkrieg so. England hatte 5000 amphetaminabhängige<br />
Piloten nach dem Krieg.<br />
Von der Abhängigkeit mal abgesehen:<br />
Den Schlaf zu unterdrücken funktioniert<br />
also?<br />
Ich kann da<strong>vor</strong> nur warnen! In den 60ern<br />
war die Kombination Amphetamine zum<br />
Aufputschen und tagelang Wachbleiben und<br />
Barbiturate zum wieder Runterkommen sehr<br />
angesagt. Daran sind letztendlich einige<br />
gestorben. Auch Jimi Hendrix. Er ist nur gestorben,<br />
weil er im „pharmakologischen Tiefschlaf“<br />
keine funktionierenden Schutzreflexe<br />
mehr hatte und an Erbrochenem erstickt ist,<br />
nachdem er Barbiturate genommen hatte.<br />
Eine seiner Biographien beschreibt, dass er<br />
die letzten zwei Wochen seines Lebens chemisch<br />
unterstützt permanent wach war und<br />
<strong>sich</strong> am Ende in einem paranoiden Zustand<br />
befunden hat. Dann hat er so viel Alkohol<br />
und Barbiturate genommen, dass es ihn das<br />
Leben gekostet hat.<br />
Professor Riemann, wir danken Ihnen für<br />
das Gespräch!<br />
Die Fragen <strong>stellt</strong>en Ismene Hermann, Clemens Schiebel<br />
und Rebecca Eisele
<strong>Freiburg</strong> wagt ein<br />
Curriculumsreförmchen<br />
Integration ist nicht nur in der Bundespolitik<br />
in aller Munde, auch in der <strong>Medizin</strong>didaktik<br />
ist es ein magisches Wort, welches immer<br />
wieder auftaucht. Meist leider nur in Veranstaltungen<br />
mit zweifelhaftem Nutzen, wie dem „Integrierten<br />
Interdisziplinären Seminar“ im dritten<br />
Semester. Nun aber wagt die Fakultät einen<br />
ersten richtigen Schritt in Richtung „integriertes<br />
Curriculum“, und zwar mit der Neugestaltung<br />
des fünften und sechsten Semesters.<br />
Klinik in Sicht!<br />
Manch einer wird in der Physikumslernzeit<br />
von dem Gedanken an die Klinik über Wasser<br />
gehalten: endlich Patientenkontakt, endlich praktisches<br />
Arbeiten, endlich das, was man <strong>sich</strong> zu<br />
Beginn unter „<strong>Medizin</strong>studium“ <strong>vor</strong>ge<strong>stellt</strong> hat.<br />
Was dann jedoch kommt: Pathologie, Pharmakologie,<br />
Mikrobiologie – Klinik nicht in Sicht.<br />
Das soll in Zukunft anders werden.<br />
Geplant ist, das fünfte und sechste Semester<br />
zu einem integrierten propädeutischen Jahr<br />
zusammenzufügen. Eingeteilt in Themenblöcke<br />
wie zum Beispiel „Herz- und Kreislauferkrankungen“<br />
werden die propädeutischen Fächer<br />
gemeinsam mit Grundlagen von Chirurgie und<br />
Innerer <strong>Medizin</strong> unterrichtet. Auch kleinere<br />
Fächer wie Notfallmedizin sollen zu einzelen<br />
Themen beitragen.<br />
Der Fall der Woche<br />
April 2011 | appendix.ofamed.de<br />
Campusleben<br />
Wichtig ist diese Reform <strong>vor</strong> allem für die<br />
Studierenden, die ihr Physikum erst im März<br />
ablegen, denn bisher mussten sie trotz fehlender<br />
Grundlagen direkt in die praktischen klinischen<br />
Fächer einsteigen. Doch auch für regulär<br />
Studierende bietet das neue Curriculum einige<br />
Vorteile. Eine interessante Neuerung ist zum<br />
Beispiel der „Fall der Woche“: Anhand einer<br />
kleinen Fallgeschichte werden typische Krankheitsbilder<br />
aus der Perspektive verschiedener<br />
Fächer beleuchtet und dann abschliessend in<br />
einer interaktiven Veranstaltung besprochen.<br />
Es gibt jedoch auch noch Probleme und<br />
Baustellen, die bis zur geplanten Einführung<br />
im kommenden Wintersemester behoben<br />
werden müssen. So ist bisher fraglich, wie viele<br />
Klausuren geschrieben werden, am wahrscheinlichsten<br />
sind jedoch groβe Prüfungen nach<br />
Ende eines Studienjahres – das bedeutet viel<br />
Wiederholen auf einmal, und die Nachklausuren<br />
finden erst zum Ende des nächsten Semesters<br />
statt. Schwierig wird es auch für einige azyklisch<br />
Studierende, denen einzelne Kurse aus dem<br />
neuen Curriculm fehlen. Das Studiendekanat<br />
verspricht jedoch, in jedem dieser Fälle eine<br />
geeignete Lösung zu finden.<br />
Laura Herrmann<br />
21<br />
Foto: photocase, eneliniel
Campusleben<br />
SchniPoSa und Milchreis<br />
Ein Besuch in unserer Mensa<br />
Die Mensa...was wären wir ohne sie? Hungrig vermutlich. Aber können wir uns<br />
darauf verlassen, dass sie uns Tag für Tag mit vernünftigem Essen bedient? Wir<br />
waren einen Tag lang investigativ hinter der Theke!<br />
Der Wecker klingelt heute um fünf Uhr<br />
früh. Draußen ist es kalt und dunkel, die<br />
meisten der <strong>Freiburg</strong>er Studenten schlafen<br />
noch. Wir fahren durch den frühen Morgen<br />
zur Mensa Institutsviertel. Rund 3000 Studenten<br />
werden von hier aus jeden Tag zwischen 11.30<br />
und 14.00 Uhr bedient, doch wie läuft der<br />
Betrieb hinter der Ausgabetheken ab? Und wie<br />
kann so viel Essen überhaupt rechtzeitig serviert<br />
werden? Was passiert hinter der Ausgabetheke?<br />
Und warum be<strong>stellt</strong> uns der Mensaleiter mitten<br />
in der Nacht zu unserem Be<strong>sich</strong>tigungstermin?<br />
Wir werden fragen – und für den <strong>Appendix</strong><br />
exklusiv in die Töpfe schauen.<br />
Darf ich Ihnen<br />
noch eine Kartoffel<br />
anbieten?<br />
Hannes im Mensalager<br />
22<br />
appendix.ofamed.de | April 2011<br />
Kein Job für Langschläfer<br />
Um halb sechs werden wir am Lieferanteneingang<br />
empfangen. Peter Andernacht ist Mensaleiter<br />
im Institutsviertel und bekocht schon seit<br />
mehr als 25 Jahren <strong>Freiburg</strong>er Studenten. Heute<br />
Morgen wird er uns den Betrieb zeigen. Schon<br />
lange <strong>vor</strong> unserer Ankunft war er bereits an der<br />
Arbeit, hat Anlagen kontrolliert, Rezepte ausgelegt<br />
und den Ablauf <strong>vor</strong>bereitet. Nun führt<br />
er uns durch die unterirdischen Anlagen, <strong>vor</strong>bei<br />
an großen Kühlräumen und Lagerhallen. Vor<br />
dem Betreten der Küche die üblichen Hygienemaßnahmen,<br />
also gründlich die Hände desinfiziert,<br />
Plastikschurz angelegt und Haube auf die<br />
Haare. Die Küche ist noch verlassen, die Töpfe,<br />
kaum kleiner als Badewannen, noch leer. Schon<br />
be<strong>vor</strong> der erste Koch anfangen wird, hat Herr<br />
Andernacht die Zutaten bereits <strong>vor</strong>bereitet.<br />
Ein Blick auf den Speiseplan verrät das Menü<br />
des heutigen Tages: Tofu-Tomaten-Ragout<br />
mit breiten Nudeln, alternativ ein gebackenes<br />
Merlanfilet. Dazu: Milchreis - seit über 40 Jahren<br />
wird er traditionell jeden Freitag serviert. Für<br />
die Erstellung des Speiseplans ist übrigens Herr<br />
Andernacht verantwortlich; keine einfache<br />
Aufgabe, wie er uns erklärt. Zum einen müssen<br />
die Vorlieben der Studenten berück<strong>sich</strong>tigt<br />
werden. Echte Renner sind beispielsweise alle<br />
gebratenen Speisen, also Pommes oder Cordon<br />
Bleu. Auch andere Faktoren spielen eine Rolle:<br />
Wie gut sind die beiden Tagesessen gegeneinander<br />
ausbalanciert – ist das Schnitzel doch<br />
attraktiver als die Nudeln? Welche Menüs waren<br />
früher beliebt, welche weniger? Auch finden <strong>sich</strong><br />
im Institutsviertel deutlich mehr Fleischesser<br />
als etwa in der Rempartstraße. Frittierte Menüs
sind zwar äußerst beliebt, sollten aber nicht allzu<br />
oft serviert werden. Er achte in der Regel auf<br />
einen abwechslungsreichen und ausgewogenen<br />
Speiseplan, so Andernacht, wisse aber auch,<br />
dass er nicht alle Interessen unter einen Hut<br />
bringen könne. In den Lagerräumen im Keller<br />
wird ebenfalls darauf geachtet, dass die Küche<br />
rechtzeitig ihr Material erhält. Montag<br />
und Dienstag sind Stoßzeiten<br />
für das Lager und die<br />
Ausgabe, an diesen<br />
Tagen<br />
werden<br />
bis zu<br />
200 Kilo<br />
Fleisch,<br />
400 Kilo<br />
Kartoffeln<br />
und 400 Salatköpfeverarbeitet<br />
und verzehrt.<br />
Täglich gegen<br />
sieben Uhr erfolgt<br />
die Anlieferung der<br />
Produkte. An der<br />
Rampe halten Lastwägen<br />
aus Emmendingen<br />
und Umgebung, tatsäch- lich<br />
wird be<strong>vor</strong>zugt regionales Gemüse<br />
angekauft, auch wenn man manchmal in Anbetracht<br />
der benötigten Mengen (z. B. Hähnchen)<br />
auf Anlieferungen aus dem Ausland angewiesen<br />
ist. Übrigens wird das Essen zu einem großen<br />
Teil aus Semesterbeiträgen und Zuschüssen<br />
subventioniert, der Verkaufspreis liegt deutlich<br />
unter dem Selbstkostenpreis. Allerdings könnte<br />
in den nächsten Jahren, ange<strong>sich</strong>ts schwindender<br />
Zuschüsse, auch eine Preissteigerung nicht ausgeschlossen<br />
sein.<br />
Kochen für Fortgeschrittene<br />
In der Zwischenzeit ist kurz nach acht Uhr.<br />
Während woanders das Frühstück auf dem<br />
Tisch steht, werden in der Küche bereits Öfen<br />
und Herde beheizt. Zu den Stoßzeiten arbeiten<br />
täglich fünf Köche und 30 Mitarbeiter in der<br />
Küche und an der Theke. Tatsächlich beginnt<br />
nun die eigentliche Arbeit für die Köche, in<br />
wenigen Stunden soll das Essen serviert werden.<br />
April 2011 | appendix.ofamed.de<br />
Campusleben<br />
In riesigen Kesseln dampft bereits der Milchreis,<br />
während woanders Nudeln gekocht werden.<br />
Der Merlan wird in großen Öfen gebacken.<br />
Grundsätz- lich, so Andernacht,<br />
w e r - den sämtliche Speisen<br />
frisch zubereitet, nur<br />
ungern weicht er auf<br />
Fertiggerichte aus.<br />
Wie in vielen anderen<br />
Betrieben<br />
müsse auch<br />
hier die Balancegehalten<br />
werden<br />
zwischen<br />
Ökonomie<br />
und<br />
An-<br />
spruch.<br />
Gegen zehn Uhren<br />
stehen nun sämtliche Öfen<br />
und Kombigarer unter Volllast.<br />
Gekocht wird täglich in Chargen, das<br />
heißt in kleinen Portionen, nur so lässt <strong>sich</strong> die<br />
benötigte Menge rechtzeitig produzieren. Und<br />
nicht umsonst hängt in der Küche der Vorlesungsplan<br />
aus, um <strong>sich</strong> auf die großen Anschübe<br />
einzurichten. Auf der anderen Seite lassen<br />
<strong>sich</strong> auf diese Weise leicht Überproduktionen<br />
vermeiden, die so kaum <strong>vor</strong>kommen. Sollte<br />
doch etwas in der Küche übrigbleiben, wird es<br />
gekühlt<br />
und<br />
taucht<br />
später<br />
in einer<br />
Soße<br />
oder im<br />
Nachschlag<br />
wieder<br />
auf. Je<br />
näher<br />
die<br />
Öffnung<br />
der<br />
Mensa<br />
rückt,<br />
Nachschlag<br />
gefällig? <strong>Appendix</strong>-<br />
Redakteur Basti auf<br />
seinem Mensa-<br />
Ausgabe-Bewerbungsfoto<br />
23
Stets zu euren<br />
Diensten! Das<br />
Küchenteam der<br />
Mensa Institutsviertel<br />
umso reger das Treiben in der Küche. Andernacht<br />
ist kaum noch zu sehen, telefoniert mit<br />
Anlieferern oder bringt Zutaten aus dem Lager.<br />
Der Salat wird gewaschen, die Soße frisch zubereitet<br />
und mit mannshohen Löffeln gerührt.<br />
Gebrauchtes Geschirr muss glücklicherweise<br />
nicht mehr von Hand gespült werden, sondern<br />
wird von einem Automaten gereinigt und aufgetrennt.<br />
So taucht ein Mensateller während eines<br />
durchschnittlichen Mensatages bis zu vier Mal<br />
an der Ausgabe auf. Aufgetrennt werden auch<br />
die Küchenabfälle, der Fettabscheider trennt unterirdisch<br />
Fett von Wasser und bewahrt das Fett<br />
in Behältern auf - der Grund für den unerklärlichen<br />
Geruch hinter der Mensa Institutsviertel.<br />
Gegen Mittag fängt ange<strong>sich</strong>ts des bratenden<br />
Merlans der Magen an zu knurren. Müde und<br />
hungrig verabschieden wir uns von Herrn Andernacht<br />
und dem beschäftigtem Personal und<br />
empfangen später, auf der anderen Seite der<br />
Ausgabetheke, das Mittagessen. Guten Appetit!<br />
Hannes Hummel, Sebastian<br />
Wohlfeil<br />
24<br />
appendix.ofamed.de | April 2011<br />
Hier ist alles eine<br />
Nummer größer
Wir brauchen<br />
Frischfleisch!<br />
Das<br />
<strong>Appendix</strong>-<br />
Team<br />
ist etwas<br />
mager. Deshalb<br />
brauchen wir<br />
Frischfleisch: deine<br />
Unterstützung!<br />
Serviere uns deine Ideen, Vorschläge,<br />
Kreativität und etwas Zeit. Komm zu uns in die<br />
Redaktion, und vielleicht weckt der <strong>Appendix</strong> deinen<br />
journalistischen Appetit?<br />
Melde dich bei appendix@ofamed.de<br />
oder: appendix.ofamed.de<br />
Wir freuen uns auf dich!<br />
Über den Tellerrand<br />
Foto: photocase.com - boing<br />
April 2011 | appendix.ofamed.de<br />
25
Campusleben<br />
<strong>Appendix</strong>: Professor Berger, wie sieht die<br />
Stellensituation momentan aus? Suchen Sie<br />
neue Assistenzärzte?<br />
Prof. Berger: Nein, im Moment haben wir<br />
keine freien Stellen, und soweit ich weiß, sieht<br />
es an den anderen psychiatrischen Unikliniken<br />
in Deutschland ähnlich aus, weil die Psychiatrie<br />
eben ein sehr interessantes Fach ist.<br />
Worauf achten Sie als erstes bei einem<br />
Bewerbungsschreiben?<br />
Wir laden in der Regel die Bewerber zu<br />
einem Gespräch ein und verlassen uns nicht<br />
ausschließlich auf die Unterlagen. Nicht so<br />
günstige Examensergebnisse können zum Beispiel<br />
einen gewichtigen Grund haben, den man<br />
zur Beurteilung wissen sollte.<br />
Sind Ihnen die Examensnoten wichtig?<br />
Darauf achten wir schon. Sie sind aber nicht<br />
das Allerwichtigste. Eine 4 ihm 2. Staatsexamen<br />
ist allerdings schon eher schwierig, eben<br />
weil wir im universitären Bereich sind. Aber<br />
wenn jemand die schlechtere Note gut erklären<br />
kann, weil er vielleicht in einer schwierigen<br />
Lebenssituation war oder jemanden aus der<br />
26<br />
appendix.ofamed.de | April 2011<br />
Chefärzte reden<br />
Teil III: Auf der Bewerbungscouch bei<br />
Prof. Berger (Psychiatrie) und Prof.<br />
Wirsching (Psychosomatik)<br />
Zurzeit kein Bedarf!<br />
Mathias Berger,<br />
Chefarzt der Abteilung<br />
Psychiatrie an<br />
unserer Uniklinik<br />
Familie betreut hat und er erkennen lässt, dass<br />
er eigentlich zu besseren Leistungen in der<br />
Lage wäre, dann kann man ihm durchaus eine<br />
Chance geben!<br />
Welche Rolle spielt die Doktorarbeit?<br />
Da wir eine universitäre Abteilung sind,<br />
schauen wir sehr darauf. Wenn die Doktorarbeit<br />
nah an unserem Fach ist, umso besser!<br />
Außerdem erleichtert das dem Bewerber den<br />
Einstieg in unserem Fach, wenn beispielsweise<br />
schon in der Neuroanatomie oder in der<br />
Neurophysiologie promoviert wurde. Eine gute<br />
Note in der Doktorarbeit - besonders wenn<br />
sie bei uns oder in einem benachbarten Fach<br />
geschrieben wurde - das ist eine starke Qualifikation<br />
für eine Anstellung bei uns!<br />
Achten Sie auf die Studiendauer?<br />
Nein, da achte ich persönlich gar nicht drauf.<br />
Das Studium sollte nur nicht wesentlich länger<br />
als die Regelstudienzeit gedauert haben.<br />
Sind Auslandsaufenthalte wichtig?<br />
Ja, die sind auf jeden Fall ein Pluspunkt im<br />
Lebenslauf. Sie helfen u.a., die Fremdspra-
Tacheles<br />
Auf der Suche<br />
nach beziehungsfähigen<br />
Bewerbern: Prof.<br />
Wirsching, Chefarzt<br />
der Abteilung für<br />
Psychosomatik<br />
<strong>Appendix</strong>: Prof. Wirsching, wie sieht die<br />
Stellensituation momentan aus? Suchen Sie<br />
neue Assistenzärzte?<br />
Prof. Wirsching: Ja, in der Tat sind wir gerade<br />
dabei, neue Stellen zu besetzen oder umzubesetzen,<br />
und sehen uns aus diesem Grund<br />
neue Bewerber an.<br />
Worauf achten Sie als erstes bei einem<br />
Bewerbungsschreiben?<br />
Als erstes sollte das Ganze ansprechend<br />
sein, wenn man das Schreiben aus dem Umschlag<br />
nimmt- das klingt vielleicht altmodisch,<br />
aber ich denke, da achten die meisten Chefs<br />
drauf! Das Bewerbungsschreiben sollte schon<br />
professionell sein, aber auch nicht zu aufgemotzt.<br />
Der Bewerber sollte <strong>sich</strong> klar machen,<br />
dass seine Bewerbung Vertrauen erwecken<br />
soll und nicht an eine Werbeagentur geht. Als<br />
zweites sollten die Unterlagen so über<strong>sich</strong>tlich<br />
sein, dass ich nicht lange suchen muss. Man<br />
sollte auch erkennen können, warum er <strong>sich</strong><br />
speziell in diesem Fach und in dieser Klinik<br />
bewirbt. Natürlich guckt man auch auf das<br />
Foto des Bewerbers, weil das schon ein Stück<br />
weit Beziehungsaufnahme ist und das Ganze<br />
April 2011 | appendix.ofamed.de<br />
Campusleben<br />
menschlicher macht. Was mir schon aufgefallen<br />
ist: Viele tun <strong>sich</strong> schwer, einen Lebenslauf<br />
richtig zu gliedern, oder sie sind zu detailliert<br />
und schreiben jede Kleinigkeit rein.<br />
Ist Ihnen die Examensnote wichtig?<br />
Darauf achte ich gar nicht sonderlich, allerdings<br />
sollte es hier im universitären Bereich<br />
nicht gerade eine 4 sein. Ich würde jedoch<br />
auch sagen, dass die Examensnote immer<br />
unwichtiger wird, je mehr Berufserfahrung der<br />
Bewerber schon mitbringt.<br />
Welche Rolle spielt die Doktorarbeit?<br />
Ich achte darauf, ob überhaupt eine geschrieben<br />
wurde. Eine Promotion sollte schon<br />
sein, und wenn sie in einem uns nahen Fach<br />
geschrieben wurde, ist das für uns natürlich<br />
auch sehr interessant. Wenn der Bewerber noch<br />
keine Doktorarbeit hat, bekommt er z.B. erstmal<br />
nur eine halbe Stelle, damit er Zeit hat, sie<br />
nachzuholen. Um Oberarzt zu werden, ist eine<br />
Promotion eben auch ein Muss.<br />
Achten Sie auf die Studiendauer?<br />
Darauf habe ich noch nie geschaut.<br />
27
Campusleben<br />
chenkenntnisse zu verbessern und erweitern<br />
den Erfahrungshorizont.<br />
Achten Sie auf außeruniversitäres Engagement<br />
(Ehrenamt usw.) des Bewerbers?<br />
Ja, ich interessiere mich immer sehr für die<br />
Hobbies und dafür, was der Bewerber/die<br />
Bewerberin neben dem Studium sonst noch<br />
gemacht hat. Ich denke, dass dies für unser<br />
Fach besonders wichtig ist, weil wir es ja immer<br />
mit Menschen in ihrer gesamten psychosozialen<br />
Situation zu tun haben. Da ist es für das<br />
Verständnis günstig, wenn jemand auch über<br />
den Tellerrand der <strong>Medizin</strong> hinausschaut. Es<br />
ist schließlich wichtig, dass der Bewerber die<br />
Patienten nicht nur aus medizinischer Sicht,<br />
sondern als Gesamtperson betrachten kann.<br />
»Ich interessiere mich<br />
sehr für die Hobbies.«<br />
Soziales oder kirchliches Engagement ist auf<br />
jeden Fall ein Pluspunkt, aber auch Hobbies<br />
wie Musizieren, Sport, usw. - da erkennt man,<br />
dass <strong>sich</strong> derjenige nicht nur mit der Wahl der<br />
<strong>Medizin</strong> beschäftigt.<br />
Worauf achten Sie dann beim persönlichen<br />
Bewerbungsgespräch?<br />
Das Gespräch findet i.d.R. im Beisein des<br />
leitenden Oberarztes statt. Wir fragen immer,<br />
woher das Interesse für unser Fach kommt<br />
und worauf es beruht. Ich persönlich bin sehr<br />
angetan, wenn ich merke, dass der Bewerber<br />
oder die Bewerberin <strong>sich</strong> schon einmal über<br />
unsere Klinik informiert, etwa im Internet<br />
recherchiert hat. Positiv kommt auch an, wenn<br />
man merkt, dass <strong>sich</strong> jemand schon mal Gedanken<br />
gemacht hat, wo er in zehn Jahren sein<br />
will, also: Strebe ich zum Beispiel eine wissenschaftliche<br />
Karriere an? Möchte ich mich gerne<br />
habilitieren? Oder möchte ich später in einer<br />
Praxis arbeiten? Ich muss zugeben, dass ich<br />
ein Faible für Bewerber habe, die als Studenten<br />
z.B. in der <strong>Fachschaft</strong> mitgearbeitet haben. Sie<br />
haben in der Regel bereits organisatorische<br />
Kompetenzen und sind meist auch selbstbe-<br />
28<br />
appendix.ofamed.de | April 2011<br />
wusster - das gefällt mir!<br />
Was braucht man speziell<br />
in Ihrem Fach? Welche<br />
Eigenschaften sollte<br />
ein Bewerber<br />
mitbringen?<br />
Ich denke, dass es gut ist,<br />
wenn man neugierig auf<br />
Menschen ist und <strong>sich</strong> für<br />
andere interessiert. Als Psychiater muss man ja<br />
Menschen aus allen Schichten und allen Altersgruppierungen<br />
behandeln. Man muss versuchen,<br />
jeden zu verstehen und mit jedem in<br />
Kontakt treten zu können. Wichtig ist es auch,<br />
dass man rasch in der Lage ist, eine Beziehung<br />
zum Patienten herzustellen; und man benötigt<br />
eine gewisse Belastbarkeit. Allerdings lernt man<br />
auch relativ schnell den Umgang mit Menschen<br />
in psychischen Krisen und wie man das Ganze<br />
nicht zu nah an <strong>sich</strong> herankommen lässt. Aber<br />
Empathie ist auf jeden Fall ganz wichtig!<br />
Wann ist jemand NICHT geeignet für<br />
dieses Fach?<br />
Früher war man der Meinung, dass eine<br />
eigene psychische Krise in der Vergangenheit<br />
ein Ausschlußkriterium für den Beruf des<br />
Psychiaters ist, aber davon ist man mittlerweile<br />
abgekommen. In den USA ist man beispielsweise<br />
schon auf der Suche nach Behandelnden,<br />
die selbst eine Krise überstanden haben und<br />
daraus gestärkt herausgegangen sind, weil sie<br />
<strong>sich</strong> vielleicht besser in Patienten hineinversetzen<br />
können. Aber es gibt ja auch noch eine<br />
Probezeit, in der der Bewerber <strong>sich</strong> entscheiden<br />
kann, ob die Psychiatrie das geeignete<br />
Fach für ihn<br />
ist oder<br />
ob ihn<br />
die seelischen<br />
Nöte<br />
anderer zu sehr<br />
belasten, auch<br />
wenn man lernt,<br />
damit theapeutisch<br />
sinnvoll umzugehen.<br />
Die Fragen <strong>stellt</strong>e Anne<br />
Büttner
Sind Auslandsaufenthalte<br />
wichtig?<br />
Ja, ganz wichtig! Das<br />
zeigt meistens, dass die<br />
Leute nicht mit Scheuklappen<br />
durch´s Leben rennen<br />
und <strong>sich</strong> auch noch für<br />
andere Dinge als ihr Fach<br />
interessieren. Diese Bewerber<br />
sind eine Bereicherung<br />
für unser Team. Außerdem sind gute Fremdsprachenkenntnisse<br />
heutzutage schon fast ein<br />
Muss - Englisch auf jeden Fall.<br />
Achten Sie auf außeruniversitäres Engagement<br />
(Ehrenamt usw.) des Bewerbers?<br />
Ganz wichtig ist, dass der Bewerber erkennen<br />
lässt, dass er kein Stubenhocker ist, sondern<br />
<strong>sich</strong> für etwas interessiert und am sozialen<br />
Leben teilnimmt. Es gefällt mir, wenn jemand<br />
sein Herzblut in etwas reinsteckt - sei es ein<br />
Ehrenamt oder ein Hobby.<br />
Worauf achten Sie dann beim persönlichen<br />
Bewerbungsgespräch?<br />
Ich schaue mir die Bewerber nicht alleine an,<br />
sondern meistens ist es so, dass sie <strong>sich</strong> zuerst<br />
mit dem Oberarzt des jeweiligen Bereichs unterhalten.<br />
Der Oberarzt kann mir danach seinen<br />
ersten Eindruck schildern. Danach unterhalte<br />
ich mich mit dem Bewerber. Ich finde es<br />
gut, wenn mehrere den Bewerber sehen, denn<br />
schließlich muss er später ins Team passen. Wir<br />
entscheiden dann meistens zu dritt, nachdem er<br />
einem halben Tag bei uns hospitiert hat.<br />
Was braucht man speziell in Ihrem Fach?<br />
Welche Eigenschaften sollte ein Bewerber<br />
mitbringen?<br />
Dreh-<br />
und Angelpunkt<br />
ist die<br />
Bezie-<br />
April 2011 | appendix.ofamed.de<br />
Campusleben<br />
hungsfähigkeit, aber die ist allgemein in der<br />
<strong>Medizin</strong> sehr wichtig. Förderlich ist, wenn<br />
jemand schon in einem anderen Fach, wie<br />
Neurologie, Innere <strong>Medizin</strong> oder Allgemeinmedizin,<br />
gearbeitet hat und schon ein klinisches<br />
Grundwissen hat. Wichtig ist auch die<br />
Kommunikationsfähigkeit und dass jemand<br />
menschlich etwas mitbringt. Es ist gar nicht<br />
»Dreh- und Angelpunkt ist<br />
die Beziehungsfähigkeit.«<br />
schlecht, wenn man in der Psychosomatik nicht<br />
mehr Anfang zwanzig ist, weil man es teilweise<br />
ja auch mit älteren Patienten zu tun hat und<br />
die einen als Therapeuten schon ernst nehmen<br />
sollen. Man muss bereit sein, <strong>sich</strong> in andere<br />
Menschen hineinzudenken und sollte offen,<br />
neugierig und <strong>vor</strong>urteilsfrei sein.<br />
Wann ist jemand NICHT geeignet für<br />
dieses Fach?<br />
Keine Gegenindikation, in Richtung Psychosomatik<br />
zu gehen, ist, wenn man selbst schon<br />
einmal Probleme dieser Art gehabt hat. Was jedoch<br />
auf keinen Fall machbar wäre: Jemanden<br />
einzustellen, der eine schwere Persönlichkeitsstörung<br />
hat, die seine kommunikativen Kompetenzen<br />
nachhaltig beeinflussen. Ich würde<br />
jemandem, der sehr starke Vorurteile oder ein<br />
sehr konservatives, völlig festgefahrenes Weltbild<br />
hat, auch von unserem Fach abraten.<br />
Ungünstig ist es auch, wenn jemand eine<br />
starre naturwissenschaftliche Sichtweise hat,<br />
weil man in der Psychosomatik eben auch offen<br />
für andere Disziplinen wie z.B. Psychologie<br />
sein muss und andere Fächer nicht als „Laberfächer“<br />
abtun sollte.<br />
Die Fragen <strong>stellt</strong>e Anne Büttner<br />
29
Über den Tellerrand<br />
Der Traum vom<br />
Wunschkind<br />
30<br />
appendix.ofamed.de | April 2011<br />
Ja oder nein zur<br />
PID<br />
„Ob es ein Mädchen wird? Wird sie blaue Augen haben?<br />
Hoffentlich erbt sie nicht meine knubbeligen Knie.“ Gegner der<br />
Präimplantationsdiagnostik (PID) befürchten, dass solche<br />
Gedanken in absehbarer Zeit der Vergangenheit angehören. Dass Eltern schon<br />
<strong>vor</strong> einer Schwangerschaft wissen, in welcher Farbe sie das Kinderzimmer<br />
streichen müssen. Im Juli 2010 entschied der deutsche Bundesgerichtshof, dass<br />
PID nicht gegen das Embryonenschutzgesetz verstößt. Ist damit die Büchse der<br />
Pandora geöffnet? Wir haben Experten gefragt: Ja oder nein zur PID?<br />
Wunschkind<br />
Der Albtraum vom
JA!<br />
Sagen Prof. Gerhard Wolff, Leiter der<br />
genetischen Beratungsstelle des Insitut für<br />
Humangenetik in <strong>Freiburg</strong> und die Göttinger<br />
Frauenärztin Dr. Sabine Röben-Kämpken<br />
Wir werden nicht darum herum kommen,<br />
uns mit der Präimplantationsdiagnostik<br />
auseinander zu setzen“, sagt<br />
Sabine Röben-Kämpken.<br />
Denn Schwangerschaftsabbrüche, auch<br />
Spätabtreibungen, sind in Deutschland zwar<br />
rechtswidrig, bleiben aber straffrei. Prof. Dr.<br />
med. Gerhard Wolff, der Leiter der genetischen<br />
Beratungsstelle des Insitut für Humangenetik in<br />
<strong>Freiburg</strong>, erklärt, die Gegner forderten, dass die<br />
„genetische Selektion“ verboten werden solle.<br />
„Bei der Pränataldiagnostik wird der Embryo<br />
ebenso auf genetische Fehler untersucht und<br />
gegebenenfalls abgetrieben. Da ist es unlogisch,<br />
PID zu verbieten, wenn sie doch so viel Leid<br />
ersparen kann.“<br />
Deutsche Paare nutzen schon heute präimplantationsdiagnostische<br />
Maßnahmen, <strong>vor</strong> allem<br />
bei familiärer Belastung mit kindlichen Fehlbildungen.<br />
Sie müssen dafür lediglich in Nachbarländer<br />
reisen. „Dass die PID im Ausland schon<br />
PID - Was ist das?<br />
Die PID ermöglicht es, einen durch künstliche<br />
Befruchtung erzeugten Embryo auf bestimmte<br />
Genmerkmale zu testen, be<strong>vor</strong> er in die<br />
Gebärmutter implantiert wird.<br />
Hierzu wird dem Embryo normalerweise<br />
am dritten Tag nach der Befruchtung, im<br />
so genannten 8-Zell-Stadium, eine Zelle<br />
entnommen und dessen Genom isoliert.<br />
Das Erbgut wird nun molekulargenetisch<br />
untersucht. Je nach Fragestellung können<br />
Chromosomenunregelmäßigkeiten aufgezeigt<br />
und sogar Fehler in einzelnen Genen erkannt<br />
werden. Die gesunden Embryonen werden<br />
eingepflanzt, solche mit Gendefekten<br />
verworfen.<br />
Über den Tellerrand<br />
Augen, Nase, Mund nach Plan<br />
- wird in Zukunft nichts mehr dem<br />
Zufall überlassen?<br />
angeboten wird, ist natürlich kein Argument für<br />
PID, aber so sieht nunmal die Realität aus“, sagt<br />
»Es geht bei der<br />
PID nicht darum,<br />
ein Wunschkind zu<br />
kreieren.«<br />
Wolff.<br />
„Paaren, die die PID nutzen wollen, wird<br />
<strong>vor</strong>geworfen, das Leben nicht so zu akzeptieren,<br />
wie es kommt. Aber sie entscheiden <strong>sich</strong> ja nicht<br />
für die PID, weil sie ein behindertes Kind nicht<br />
lieben würden. Häufig geht es um Familien, die<br />
erblich <strong>vor</strong>belastet sind, die den Tod eines Kindes<br />
oder mitunter sogar mehrere Schwangerschaftsabbrüche<br />
verkraften mussten. Die Paare<br />
kämpfen sehr mit <strong>sich</strong>, be<strong>vor</strong> sie diesen Schritt<br />
wirklich wagen“, erklärt Wolff. „Viele Paare, die<br />
April 2011 | appendix.ofamed.de<br />
31
Über den Tellerrand<br />
über PID nachdenken, entscheiden <strong>sich</strong> ohnehin<br />
dagegen.“<br />
Röben-Kämpken kann die Bedenken der Gegner<br />
jedoch verstehen. „Natürlich besteht die Gefahr,<br />
dass die PID auch in Situationen genutzt<br />
„Die Paare<br />
kämpfen sehr<br />
mit <strong>sich</strong>.“, weiß<br />
Humangenetiker<br />
Gerhard Wolff<br />
32<br />
appendix.ofamed.de | April 2011<br />
wird, in denen keine medizinische Indikation<br />
besteht. Das sieht man am Beispiel der USA, wo<br />
es sogar gestattet ist, zu testen, ob der Embryo<br />
als Spender für ein Geschwisterkind geeignet ist.<br />
Wenn die PID in Deutschland mit bestimmten<br />
Auflagen erlaubt wird, dann könnte es möglich<br />
werden, sie auch in anderen Fällen einzuklagen.“<br />
Deswegen sei es notwendig, eine strenge<br />
gesetzliche Regelung zur Nutzung der PID zu<br />
schaffen. Nach Meinung des Berufsverbands<br />
der Gynäkologen solle PID nur in speziellen<br />
Zentren und mit Beratungspflicht angeboten<br />
werden. Es müsse ein Indikationskatalog aufge<strong>stellt</strong><br />
werden und eine Einzellfallprüfung sei in<br />
jedem Fall erforderlich. „Der Indikationskatalog<br />
muss <strong>sich</strong> auf Krankheiten beschränken, die<br />
mit dem Leben kaum vereinbar sind“, erklärt<br />
Röben-Kämpken.<br />
»...so sieht nunmal<br />
die Realität aus«<br />
Der Humangenetiker Wolff, der auch Psychotherapeut<br />
ist, ist anderer Meinung, er plädiert<br />
dafür, auf einen Katalog zu verzichten und ganz<br />
auf die Beratungspflicht und Einzelfallprüfung<br />
zu vertrauen. „Ich bin gegen Kataloge, sie<br />
scheinen ein Problem zu lösen, aber es muss ja<br />
Menschen geben, die entscheiden, was in diesen<br />
Katalog aufgenommen wird. Was ist denn eine<br />
schwerwiegende und was eine nicht ganz so<br />
schwer wiegende Krankheit?“<br />
Einen Dammbruch erwarten weder Wolff<br />
noch Röben-Kämpken. „Als die Pränataldiagnostik<br />
eingeführt wurde, sprach man auch<br />
schon von einem „slippery slope“. Dass es<br />
mit medizinisch relevanten Untersuchungen<br />
beginnen würde, aber schon bald nach Wunsch<br />
selektiert werden würde. Dass die Kinder quasi<br />
der Wissenschaft zugänglich gemacht werden.<br />
Diese Prognose ist nicht eingetroffen und auch<br />
bei der PID erwarte ich dies nicht“, sagt Wolff.<br />
Zudem müsse man bedenken, dass es lediglich<br />
150 bis 200 Paare pro Jahr in Deutschland gibt,<br />
die PID tatsächlich in Anspruch nehmen wür
Dr. Sabine Röben<br />
ist für strenge<br />
gesetzliche<br />
Regelungen<br />
den, schätzt Röben-Kämpken.<br />
„Es geht bei der PID nicht darum, ein<br />
Wunschkind zu kreieren, die Fragen, die geklärt<br />
werden sollen, beziehen <strong>sich</strong> ganz allein auf den<br />
medizinischen Kontext. Eine Geschlechtsbestimmung<br />
<strong>vor</strong> der Implantation würde ich aus<br />
diesem Grund zum Beispiel ablehnen“, sagt<br />
Wolff.<br />
Welche Krankheiten schwerwiegend sind und<br />
welche nicht sei eine hoch komplizierte ethische<br />
Frage, sagt Röben-Kämpken. Die Frauenärztin<br />
betont:<br />
„Man darf nicht anfangen, darüber zu<br />
entscheiden, ob ein Leben lebenswert ist. Bei<br />
der Diagnostik darf es nur um die Frage des<br />
Überlebens gehen.“<br />
Rechtslage<br />
Die Selbstanzeige des Berliner Arztes<br />
Matthias Bloechle führte erstmals zu einer<br />
rechtlichen Entscheidung. Bloechle hatte<br />
2005 und 2006 bei drei erblich <strong>vor</strong>belasteten<br />
Paaren präimplantationsdiagnostische<br />
Untersuchungen durchgeführt und ihnen<br />
zu gesunden Kindern verholfen. Der<br />
Bundesgerichtshof sprach Bloechle im Juli<br />
2010 frei, sodass PID aktuell in Deutschland<br />
zwar nicht ausdrücklich erlaubt ist, aber auch<br />
nicht gegen das Embryonenschutzgesetz<br />
verstößt. Andere europäische Länder<br />
gestatten die PID in unterschiedlichem<br />
Maße. Während sie in England nur in den<br />
ersten 14 Tagen nach Befruchtung erlaubt<br />
ist, ist in Holland lediglich die Selektion<br />
nach Geschlecht ausdrücklich verboten. In<br />
Belgien, Frankreich, Norwegen, Spanien und<br />
Dänemark unterliegt die Entscheidung über<br />
präimplantationsdiagnostischer Maßnahmen<br />
bei jedem Einzelfall einem Ethikrat. In<br />
Portugal und Schweden ist die Untersuchung<br />
ohne besondere Einschränkung gestattet.<br />
In den USA ist die PID ein gängiges Mittel<br />
zur Auswahl der Embryonen, auch ohne<br />
medizinische Indikation und wird selbst zur<br />
Bestimmung des Geschlechts benutzt.<br />
sommer April 2011 2009 | appendix.ofamed.de 33
Über den Tellerrand<br />
NEIN!<br />
Sagt Prof. Dr. Giovanni Maio, Direktor des<br />
Instituts für Ethik und Geschichte der <strong>Medizin</strong> in<br />
<strong>Freiburg</strong><br />
<strong>Appendix</strong>: Professor Maio, ist es unverantwortlich<br />
der Gesellschaft gegenüber, ein mit<br />
hoher Wahrscheinlichkeit schwerkrankes<br />
Kind in die Welt zu setzen?<br />
Prof. Maio: Genau das ist das Grundproblem.<br />
Heute kommt es uns verantwortungsbewusst<br />
<strong>vor</strong>, wenn man das Leben erst prüft, be<strong>vor</strong> man<br />
ja dazu sagt. Es ist wie in einem Qualitätsmanagementsystem.<br />
Wer nicht überprüft, muss <strong>sich</strong><br />
dafür rechtfertigen. Das ist eine Umkehrung<br />
»Verantwortungsbewusste<br />
Eltern sagen<br />
bedingungslos „Ja“ zum<br />
Leben.«<br />
34<br />
appendix.ofamed.de | April 2011<br />
dessen, was ich als verantwortungsvolle Elternschaft<br />
verstehen würde. Verantwortungsvolle<br />
Eltern sind für mich vielmehr jene, die bedingungslos<br />
ja zum Leben sagen und <strong>sich</strong> dafür<br />
einsetzen, dass dieses ihnen anvertraute Leben<br />
auch gut gedeiht. Eine Gesellschaft, die von den<br />
Eltern erwartet, dass sie das Leben derer töten,<br />
die in das Erwartungsprofil nicht hineinpassen,<br />
halte ich für inhuman.<br />
Was bedeutet in diesem Zusammenhang<br />
gesund und krank? Müssen wir unser<br />
Verständnis von Gesundheit und Krankheit<br />
verändern?<br />
Allein dass wir mit der Frage nach gesund<br />
oder krank auf das ungeschützte Leben im<br />
Reagenzglas reagieren ist bereits das Problem.<br />
Wir versuchen, die Embryonen sozusagen nach<br />
Güteklassen zu kategorisieren und verkennen<br />
dabei, dass viele von uns wahrscheinlich weggeworfen<br />
worden wären, wenn man damals schon<br />
hätte prüfen können wie wir heute gerne prüfen<br />
wollen.<br />
Wir alle wollen gesund sein und gerade<br />
Eltern wollen in der Regel nur das Beste für<br />
ihre Kinder. Was soll schlecht daran sein,<br />
wenn sie ein gesundes Kind bekommen<br />
möchten?<br />
Dass <strong>sich</strong> Eltern ein gesundes Kind wünschen,<br />
ist doch das Verständlichste der Welt,<br />
und die <strong>Medizin</strong> ist ja aufgefordert, alles zu tun,<br />
damit Kinder im Mutterleib nicht Schaden nehmen.<br />
Daraus folgt allerdings nicht, dass man ab<br />
dem Moment, da schicksalhaft das Leben nicht<br />
gesund auf die Welt kommen kann, wir uns<br />
dieses Lebens einfach entledigen dürfen. Wir<br />
tragen Verantwortung für das Leben, das <strong>sich</strong><br />
nicht selbst wehren und helfen kann.<br />
In Großbritannien wurde 2009 das erste<br />
Baby ohne Brustkrebsgen geboren...<br />
Die Argumentation, man könne mit der PID<br />
Krankheiten bekämpfen ist eine Verdrehung der<br />
Tatsachen. Mit der Ausmusterung von Embryonen<br />
bekämpfen wir die Krankheiten dadurch,<br />
dass wir die Träger der Krankheit selbst eliminieren.<br />
Das hat mit <strong>Medizin</strong> als einer Heilkunde<br />
nichts zu tun, und ich wundere mich, wie liberal<br />
die Ärzte diese Technik betrachten.
Läutet das Urteil der BHG zur PID eine Ära<br />
der Selektion und Diskriminierung ein?<br />
Die PID ist ein Ausdruck des bereits bestehenden<br />
Denkens in unserer Gesellschaft. Sie<br />
bekräftigt, verstärkt, verstetigt das Denken,<br />
das nur das gesunde und leistungsvolle Leben<br />
»Wir tragen Verantwortung<br />
für das Leben, das <strong>sich</strong> nicht<br />
selbst wehren und helfen<br />
kann.«<br />
für ein gutes Leben hält. Das halte ich für die<br />
grundlegend falsche Ausgangslage. Wir meinen,<br />
wir könnten unser Schicksal selbst in die Hand<br />
nehmen und selbst entscheiden, wer unsere<br />
Nachkommen sein sollen oder nicht. Aber<br />
je mehr wir Einfluss nehmen auf das Sosein<br />
unserer Nachkommen, desto unfreier werden<br />
wir und desto mehr bürden wir diesen Nachkommen<br />
das Bewusstsein auf, dass sie ihr Sein<br />
nicht dem Zufall, dem Schicksal oder Gott zu<br />
verdanken haben, sondern nur unserem guten<br />
Willen. Das ist ein enormer Verlust.<br />
Ist die PID der Ausdruck einer modernen<br />
Gesellschaft, geprägt von Leistung und<br />
Selbstbestimmung?<br />
Politik<br />
Während die FDP, SPD, Die Linke und<br />
Vertreter der evangelischen Kirche <strong>sich</strong><br />
mehrheitlich für die PID aussprachen, stehen<br />
die Abgeordneten der CDU/CSU und Vertreter<br />
der katholischen Kirche dem Thema kritisch<br />
gegenüber. Angela Merkel und Annette<br />
Schavan forderten ein Verbot der PID, Ursula<br />
von der Leyen und Kristina Schröder sehen<br />
in der PID eine Chance für erblich belastete<br />
Paare. Für 2010 war eine Abstimmung über<br />
die Zulassung der PID geplant, bei der die<br />
Abgeordneten von ihrem Fraktionszwang<br />
befreit werden und demnach ihrem Gewissen<br />
folgen sollen.<br />
Über den Tellerrand<br />
Prof. Dr. Giovanni Maio<br />
ist ein strikter Gegner der<br />
Präimplantationsdiagnostik.<br />
Die PID ist der Ausdruck einer Gesellschaft,<br />
die <strong>sich</strong> mit nichts abfinden möchte, alles in die<br />
eigene Hand nehmen möchte und dabei vergisst,<br />
dass sie gerade in diesem zwanghaften Bestreben<br />
am Ende Sklave ihrer eigenen Ansprüche<br />
sein wird. Mit einer freien und humanen Gesellschaft<br />
hat das nichts zu tun.<br />
Was wäre Ihrer Meinung nach eine gute<br />
Lösung?<br />
Wir brauchen kein Gesetz, das das Tor zur<br />
Selektion aufmacht. Wir brauchen vielmehr ein<br />
Signal, dass unsere Gesellschaft bereit ist, jeden<br />
Menschen als Wert an <strong>sich</strong> zu betrachten. Wir<br />
sollten eine Denkweise nach der das Leben eines<br />
Menschen mit Behinderungen als Katastrophe<br />
darge<strong>stellt</strong> wird, kategorisch ablehnen und den<br />
Menschen die allergrößte und <strong>vor</strong> allem moralische<br />
Unterstützung bieten, die verantwortungsbewusst<br />
zu jedem Leben stehen. Dies nämlich<br />
und nicht die Ausmusterung wehrlosen Lebens<br />
ist der eigentliche Akt der Humanität.<br />
Lena Lippert und Insa Schiffmann<br />
April 2011 | appendix.ofamed.de<br />
35
Über den Tellerrand<br />
„Selbst der<br />
Priester<br />
nimmt<br />
Geld!“<br />
Dienstleister oder<br />
Doktor? Heiler oder<br />
Handwerker? Wir<br />
sprachen mit dem<br />
Plastischen Chirurgen<br />
Björn Stark über<br />
Geldgier, den Wohltäter<br />
im Schönheitschirurgen<br />
und das Arzt-Patienten-<br />
Verhältnis in sparsamen<br />
Zeiten.<br />
36<br />
appendix.ofamed.de | April 2011
Apx: Herr Professor Stark, in der plastischen<br />
Chirurgie ist der Arzt oft nicht als<br />
Heiler tätig, der Leiden mindert, sondern<br />
als Dienstleister, der den Körper optimiert.<br />
In welcher Rolle sehen Sie <strong>sich</strong> selbst?<br />
Stark: Ich denke, es ist nicht so einfach, wie es<br />
immer darge<strong>stellt</strong> wird: Auf der einen Seite die<br />
gute, heilende <strong>Medizin</strong>, auf der anderen Seite<br />
wir, die wir mit unserem Selbstbedienungsladen<br />
die menschlichen Eitelkeiten bedienen. Wir alle<br />
haben ein gewisses Bild von unserem Körper.<br />
Wir alle gehen zum Friseur, zum Zahnarzt,<br />
mancher ins Fitnessstudio – und zwar auch, um<br />
schöner zu werden. Wo ist die Grenze, ab der<br />
diese Dinge verwerflich werden?<br />
Sie meinen, ein Schönheitschirurg ist nicht<br />
weniger Wohltäter als sein Kollege aus der<br />
Herz-Kreislauf-<strong>Medizin</strong>?<br />
Ich nenne Ihnen ein Beispiel: Ein junger<br />
Mann mit einer sehr großen Nase ist nicht<br />
krank, bloß weil er mit seiner Nase unzufrieden<br />
ist. Aber er selbst empfindet sie als großes Problem<br />
und leidet darunter. Wenn der Betroffene<br />
als Patient zu mir kommt, rede ich erst mal mit<br />
ihm. Und wenn ich merke, dass er einen nachvollziehbaren<br />
Wunsch hat, versuche ich etwas<br />
für ihn zu tun. Dieser Eingriff mag dann zwar<br />
keine Krankheit heilen, aber er hilft wahrscheinlich<br />
einem Menschen, etwas leichter durchs<br />
Leben zu kommen. Auch das ist für mich eine<br />
medizinische Leistung.<br />
Auch wenn Sie niemand gesund machen?<br />
Letztlich stehen wir doch alle <strong>vor</strong> folgender<br />
Frage: Beinhaltet die <strong>Medizin</strong> nur die Heilung<br />
einer Krankheit, oder umfasst sie auch die Hilfe<br />
bei der Sorte von Problemen, mit denen <strong>sich</strong><br />
die <strong>Medizin</strong> eben beschäftigt – mit Problemen<br />
des Körpers? Insofern ist die plastische Chirurgie<br />
<strong>sich</strong>er technisch gesehen eine medizinische<br />
Leistung – allerdings ist die Indikationsstellung<br />
zur Behandlung zugegebener Maßen etwas<br />
schwieriger.<br />
Die Weltgesundheitsorganisation definiert Gesundheit<br />
als einen "Zustand des vollständigen<br />
körperlichen, geistigen und sozialen Wohlergehens".<br />
Muss man die Grenze zwischen<br />
kurativer <strong>Medizin</strong> und Lifestyle-<strong>Medizin</strong> neu<br />
Über den Tellerrand<br />
definieren?<br />
Jeder Arzt, der seine Aufgabe ernst nimmt, weiß,<br />
dass das nicht nötig ist. Aber man sollte <strong>sich</strong> als<br />
<strong>Medizin</strong>er bei jedem einzelnen Fall, mit dem man<br />
konfrontiert ist, die Frage stellen: Bringt meine<br />
Behandlung dem Patienten etwas? Verbessere<br />
ich sein Wohlbefinden? Zudem möchte ich den<br />
Menschen sehen, der von <strong>sich</strong> sagen kann, dass er<br />
die Gesundheits-Kriterien der WHO erfüllt. Aber<br />
als plastischer Chirurg kann ich vielen Menschen<br />
zumindest helfen, diesem Ideal näherzukommen.<br />
Allerdings kann <strong>sich</strong> diese Optimierungsmedizin<br />
nicht jeder leisten – müsste dann nicht<br />
hier auch die Kasse in ihrer Erstattungspolitik<br />
großzügiger werden?<br />
Nein, und sie wird es auch nie tun. Im Gegenteil,<br />
die Kassen werden immer strenger werden. Und<br />
das ist auch richtig so. Wir werden immer älter und<br />
kränker und müssen dankbar dafür sein, dass alles<br />
dafür getan wird, damit wir unter keinen starken<br />
Gebrechen leiden. Und nicht an Krankheiten<br />
sterben, die in anderen Ländern ein Todesurteil<br />
bedeuten. Irgendwo muss man Grenzen ziehen,<br />
wir können leider nicht alles haben. Die ästhetische<br />
Chirurgie fällt <strong>sich</strong>erlich in diesen Bereich. Außerdem<br />
würde es anders auch nicht funktionieren.<br />
Warum?<br />
Dafür spricht meine langjährige Erfahrung als<br />
Arzt. Früher kam es oft <strong>vor</strong>, dass Patienten einen<br />
eigentlich ästhetischen Eingriff von der gesetzlichen<br />
Krankenver<strong>sich</strong>erung bezahlt bekamen.<br />
Gerade diese Patienten waren nach dem Eingriff<br />
aber nie zufrieden. Einfach nie! Sie haben eine<br />
Brustvergrößerung im Wert von 3000 bis 6000<br />
Euro von ihrer Kasse bezahlt bekommen, aber<br />
bemängelten anschließend, dass sie jetzt einen BH<br />
brauchen, der 100 Euro kostet. Das müssen Sie als<br />
Arzt dann auch noch bescheinigen. Ihre Idee kann<br />
nicht funktionieren, weil mit der Erstattung durch<br />
die Kasse auch das Anspruchsdenken kommt.<br />
Wo liegt denn für Sie die Grenze zwischen<br />
medizinischer Hilfe und merkantiler Lifestyle-<br />
Dienstleistung?<br />
Die Grenze liegt dort, wo die Erwartungen unrealistisch<br />
werden. Wenn jemand mit 55 Jahren zu<br />
mir kommt, aussieht wie 60 und lieber so jung und<br />
frisch wie andere 50-Jährige daherkommen möchte,<br />
dann ist das legitim. Wenn aber jemand mit 55<br />
April 2011 | appendix.ofamed.de<br />
37
Über den Tellerrand<br />
Jahren, der schon fünf Operationen hinter <strong>sich</strong> hat,<br />
den Wunsch äußert, auszusehen wie ein Zwanzigjähriger<br />
– das geht nicht! Dieser Mensch hat oft ein<br />
ganz anderes, nicht-körperliches Problem. Es gibt<br />
eine Krankheit namens Dysmorphe Phobie. Das<br />
sind Menschen, die mit ihrem Körper überhaupt<br />
nicht zurechtkommen. Das ist häufiger, als man<br />
denkt. Experten<br />
schätzen, dass<br />
jeder zwanzigste<br />
Deutsche betroffen<br />
ist.<br />
»Es sind sogar schon Chirurgen<br />
von solchen Leuten umgebracht<br />
worden.«<br />
Die Behandlung<br />
eines solchen<br />
Menschen<br />
lehnen Sie also ab?<br />
Ja, denn ich kann ihm nicht helfen. Im Gegenteil,<br />
ich schade ihm, denn es ist ja Teil seiner seelischen<br />
Krankheit, dass er mit dem Ergebnis nie glücklich<br />
sein kann. Ich versuche solchen Leuten dann<br />
schonend beizubringen, besser einen Psychiater<br />
aufzusuchen. Außerdem will ich mir Ärger<br />
ersparen. Diese Patienten sind nämlich nie<br />
zufrieden. Es sind sogar schon plastische Chirurgen<br />
von solchen Menschen umgebracht worden.<br />
Es gibt ja Kollegen in Ihrer Branche, die in<br />
erster Linie als Busenvergrößerer und Fettab-<br />
38<br />
appendix.ofamed.de | April 2011<br />
sauger unterwegs sind. Besteht als privat wirtschaftender<br />
Arzt nicht auch die Versuchung,<br />
bei der Indikationsstellung großzügiger zu<br />
sein?<br />
Gelderwerb spielt in der <strong>Medizin</strong> eine nicht<br />
unerhebliche Rolle. Der eine steht mit dem Rücken<br />
zur Wand, beim anderen reicht es nicht für den<br />
ersehnten luxuriösen<br />
Lebenswandel. Da<br />
ist die Versuchung<br />
natürlich immer groß.<br />
Das Problem in der<br />
sogenannten ästhetischen<br />
Chirurgie ist:<br />
Sie können solche<br />
Eingriffe mittlerweile in<br />
Wochenendkursen lernen. Und es kann mir keiner<br />
erzählen: "Ich bin Zahnarzt und Lidplastiken finde<br />
ich so toll, jetzt hab ich schon den Samba Kurs<br />
gemacht, da mache ich am nächsten Wochenende<br />
mal einen Lidplastik-Kurs..." Es geht hier schlicht<br />
darum, Geld zu verdienen. Aber eben weil hier ein<br />
undurchschaubarer Wildwuchs besteht, versuchen<br />
Fachärzte in großen Ausbildungskliniken, das<br />
ganze Spektrum der plastischen Chirurgie gemäß<br />
allgemeingültiger ethischer, wissenschaftlicher und<br />
qualitativer Standards anzubieten.<br />
Die Unikliniken werden also durch die Konkurrenz<br />
zu Facelifts gezwungen, sagen Sie?<br />
Nein, ich meine<br />
nur, dass die<br />
Behandlungen<br />
von Fachärzten<br />
gemacht werden<br />
sollten, die das<br />
auch gelernt haben.<br />
Ein Prostatakarzinom<br />
zum<br />
Beispiel, wird in<br />
Deutschland ein<br />
Urologe operieren<br />
und das<br />
wird ihm keiner<br />
streitig machen.<br />
Bei ästhetischen<br />
Ein anständiger<br />
Handwerker, der sein<br />
Geld mit ästhetischer<br />
Chirurgie verdient: Prof.<br />
Björn Stark.<br />
Operationen<br />
sollte man<br />
deswegen zu<br />
dem Chirurgen<br />
gehen, der einen
Facharzt in plastisch-ästhetischer Chirurgie hat –<br />
und das ist im Moment nicht immer gewährleistet!<br />
Bei Ihnen sind die Verhältnisse relativ klar:<br />
Ihre Patienten verstehen <strong>sich</strong> als Kunden und<br />
zahlen die Eingriffe selbst. Wie wirkt <strong>sich</strong> das<br />
auf die Arzt-Patienten-Beziehung aus?<br />
»Hippokrates hat auch nicht<br />
umsonst gearbeitet.«<br />
Klärend! Auch Hippokrates hat nicht umsonst<br />
gearbeitet. Selbst der Priester nimmt Geld. Den<br />
Arzt, der ohne Gegenleistung arbeitet, gibt es nicht.<br />
Ich sage lieber klar und deutlich: "Natürlich verdiene<br />
ich mein Geld damit!" Das ist keine Schande. Im<br />
Gegenzug muss ich aber eine anständige Leistung<br />
erbringen. Und ich darf nicht pikiert sein, wenn<br />
der Patient sagt, er würde gerne noch eine zweite<br />
Meinung hören, oder meint, ich hätte etwas falsch<br />
gemacht. So etwas ist keine Unhöflichkeit, ich sage<br />
das auch zu meinem Automechaniker. Das ist für<br />
mich ein ehrliches Verhältnis. Ich finde es auf diese<br />
Weise viel angenehmer. Ich bin lieber ein anständiger<br />
Handwerker.<br />
Hat dieses Verhältnis keine Nebenwirkungen?<br />
Über den Tellerrand<br />
Der Patient ist dem Arzt schließlich ausgeliefert;<br />
es ist somit kein wirkliches Kunden-<br />
Verkäufer-Verhältnis?<br />
Ich mag dieses mythische Arztbild nicht. Seinem<br />
Automechaniker ist man genauso ausgeliefert. Wir<br />
<strong>Medizin</strong>er haben <strong>sich</strong>erlich eine besondere menschliche<br />
Verantwortung, weil wir sowohl körperlichen<br />
als auch seelischen Hautkontakt mit dem Patienten<br />
haben. Aber wir sind letztlich auch Menschen, und<br />
wir leben davon. Wir dürfen natürlich nicht alles für<br />
Geld tun – das ist eine Frage des Anstandes und<br />
der Moral. Ich bin da vielleicht ein wenig ketzerisch,<br />
aber ich finde, wenn wir diese besondere, ins priesterliche<br />
gehende Rolle her<strong>vor</strong>heben, maßen wir<br />
uns etwas an. Ich nehme den Patienten als Partner.<br />
Und das kann ich viel besser, wenn das Verhältnis<br />
klar ist. Dann macht mir die Arbeit Spaß.<br />
Die Fragen <strong>stellt</strong>en Ismene Hermann, Clemens Schiebel<br />
und Laura Herrmann<br />
Björn Stark arbeitet seit 17 Jahren als Chef der<br />
plastischen Chirurgie und Handchirurgie an der<br />
Uniklinik in <strong>Freiburg</strong>. Seit fast fünf Jahren steht<br />
der 53-jährige geborene Furtwanger zudem der<br />
privaten Erich-Lexer-Klinik GmbH für ästhetischplastische<br />
Chirurgie <strong>vor</strong>, die eine Ausgründung der<br />
Uniklinik ist. Stark hat auch in <strong>Freiburg</strong> studiert.<br />
April 2011 | appendix.ofamed.de<br />
39
Tarife...und sonst?<br />
Was ist das?<br />
Der Marburger Bund (MB) ist die Gewerkschaft<br />
für ange<strong>stellt</strong>e und beamtete Ärzte. Er<br />
vertritt seine 108 000 Mitglieder gegenüber<br />
Parlamenten und Gesetzgebern, Arbeitgebern<br />
und Arbeitgeberverbänden, internationalen<br />
Organisationen und in verschiedenen Gremien,<br />
wie der Ärztekammer.<br />
Was machen die?<br />
Der MB setzt <strong>sich</strong> für die Interessen der<br />
deutschen Ärzte ein. Dabei geht es besonders<br />
um die leistungsgerechte Vergütung und<br />
bessere Arbeitsbedingungen. Mehrarbeit soll<br />
verhindert werden, indem Zeiterfassungssysteme<br />
eingeführt und freie Arztstellen besetzt<br />
werden sollen. Sollten doch Überstunden<br />
anfallen, verlangt der MB von den Arbeitgebern,<br />
diese entsprechend zu bezahlen. Die<br />
Vertreter des MBs arbeiten außerdem mit<br />
Kliniken zusammen, um die Vereinbarung<br />
von Familie und Beruf zu ermöglichen. Der<br />
MB fordert zudem das regelmäßige Angebot<br />
Über den Tellerrand<br />
Was macht der<br />
Marburger Bund?<br />
Und was tut er für<br />
Studenten?<br />
von Fort- und Weiterbildungen für Ärzte und<br />
solche, die es mal werden wollen, und bietet<br />
auch selbst verschiedene Schulungen an. Für<br />
Studenten sind z.B. Rhetorikseminare, Medical<br />
English oder Vorbereitungskurse für das<br />
PJ interessant.<br />
Als Mitglied des MBs hat der Arzt die<br />
Möglichkeit, bei Rechtsfragen Unterstützung<br />
anzufordern, Beratung zu Berufsstart oder<br />
einer Praxiseröffnung zu erhalten oder <strong>sich</strong><br />
über Auslandsaufenthalte zu informieren.<br />
Bei verschiedenen Partnern des Marburger<br />
Bundes, z.B. Ver<strong>sich</strong>erungen gibt es besondere<br />
Angebote für Mitglieder.<br />
Auch die <strong>Medizin</strong>studenten werden vom<br />
MB vertreten, der maßgeblich daran beteiligt<br />
war, eine Bezahlung im PJ zu erreichen. Ein<br />
April 2011 | appendix.ofamed.de<br />
41
Über den Tellerrand<br />
Ziel des MB ist zudem eine höhere Praxisorientierung<br />
des Studiums.<br />
Bringt das was?<br />
Einige Erfolge des MB sind der Abschluss<br />
eigenständiger arztspezifischer Tarifverträge,<br />
in die die „Tarifgemeinschaft deutscher<br />
Länder“ nach wochenlangen Ärztestreiks<br />
im Jahr 2006 einwilligte. Auch bewirkte der<br />
MB die Auszahlung mehrerer Millionen<br />
Euro <strong>vor</strong>enthaltener Überstundenvergütungen<br />
an ange<strong>stellt</strong>e und beamtete Ärzte,<br />
sowie die Abschaffung der Zeit als „Arzt<br />
im Praktikum“(AiP) im Jahr 2004. Das AiP<br />
wurde 1988 eingeführt und sollte zur Verbesserung<br />
der medizinischen Ausbildung dienen.<br />
AiPler durften bestimmte Aufgaben nur<br />
unter Auf<strong>sich</strong>t durchführen und erhielten ein<br />
deutlich geringeres Gehalt als Assistenzärzte,<br />
obwohl sie, so Kritiker, noch immer die gleiche<br />
Arbeit erledigten.<br />
Bekomme ich da was umsonst?<br />
Zum einen ist die Mitgliedschaft als Student<br />
kostenlos und jederzeit kündbar, erst<br />
beim Berufseintritt fallen Mitgliedsgebühren<br />
an. Etwa einmal im Monat erhält man die<br />
Marburger-Bund-Zeitschrift. Als Student<br />
lohnt es <strong>sich</strong> der Beitritt <strong>vor</strong> allem <strong>vor</strong> dem<br />
Physikum oder Hammerexamen, da jedem<br />
neuen studentischen Mitglied für ein Jahr ein<br />
kostenloser Zugang zu examen online, einem<br />
Portal zum Kreuzen offizieller Prüfungsfragen,<br />
zur Verfügung steht. Schon als Student<br />
erhält man eine kostenlose Haftpflichtver<strong>sich</strong>erung<br />
oder Sondertarife bei Kranken- und<br />
Auslandsver<strong>sich</strong>erungen zum Beispiel. bei der<br />
Allianz, und kann kostenlos Fortbildungen,<br />
etwa zur PJ-Vorbereitung, nutzen. Auch<br />
Rechtsberatung oder die Prüfung von Arbeitsverträgen<br />
gehören zum Repertoire, sowie<br />
die Beratungsangebote zu allen Abschnitten<br />
des Studiums.<br />
Insa Schiffmann<br />
42<br />
appendix.ofamed.de | April 2011
Über den Tellerrand<br />
Tasja Andrees, Portugal Coimbra<br />
Wo bist du?<br />
Portugal<br />
Was ist schön dort?<br />
Sonne, Meer, Surfen, tolle Menschen aus ganz Europa,<br />
Sprache, Kultur, FESTA!!, Land, Vinho verde....<br />
tudo muito bonitoooo!!<br />
Warum zurück nach <strong>Freiburg</strong> kommen?<br />
Grillen an der 3sam, Gluehwein vom Weihnachtsmarkt,<br />
Schinken-Kaese-Croissants um 6 Uhr morgens<br />
beim Liennart...und natuerlich wegen meinen<br />
„<strong>Freiburg</strong>ern“ die ich hier so vermisse!!<br />
Grüße an…<br />
PISCHKO!<br />
44<br />
appendix.ofamed.de | April 2011<br />
Marius, Kuopio<br />
Grüße aus<br />
Wo bist du?<br />
Finnland<br />
Was ist schön dort?<br />
Alles! Die Natur ist wunderschön und der finnische<br />
Lebensstil (u.a. geprägt von Kälte, Schnee, Sauna<br />
und Metal) hat etwas für <strong>sich</strong>. Man ist wahnsinnig<br />
um die Studenten bemüht und es gibt tolle<br />
Ausflüge.<br />
Warum zurück nach <strong>Freiburg</strong> kommen?<br />
Derzeit ist das Kursangebot für Medistudis aus <strong>Freiburg</strong><br />
noch ein wenig unvollständig, weshalb man<br />
aber auch viel Zeit für andere Dinge hat.<br />
Grüße an…<br />
Alle Daheimgebliebenen und künftigen Erasmusler
Erasmanien<br />
Robert Bolz, Lyon<br />
Wo bist du?<br />
In der besten Stadt Frankreichs!<br />
Was ist schön dort?<br />
Die Stadt, das Leben, die Sprache, das Essen, das<br />
Chaos...ALLES<br />
Warum zurück nach <strong>Freiburg</strong> kommen?<br />
Mittlerweile ein Stückchen Heimat<br />
Grüße an…<br />
die glücklichen <strong>Freiburg</strong>er<br />
Über den Tellerrand<br />
Hannah Hertenstein, Bordeaux<br />
Wo bist du?<br />
Frankreich<br />
Was ist schön dort?<br />
Das Allermeiste! Der Atlantik. Picknick am Strand. Bordeaux.<br />
Nachmittage im Café. Les soirées. Meine Freunde.<br />
Und dazu ist sämtlicher Unistress ganz, ganz weit weg!<br />
Warum zurück nach <strong>Freiburg</strong> kommen?:<br />
Ich bin ins Bächle getreten und muss nen <strong>Freiburg</strong>er<br />
heiraten (da können allerdings auch weder die bordelaiser<br />
Bächle noch die Franzosen mithalten). Außerdem vermiss<br />
ich euch natürlich ganz doll!<br />
Grüße an…<br />
die zwei von der Pharmatreppe, Uli, Sabine, Annika, Friedi,<br />
Mario, Mark, Eva...außerdem: das Team der Mensa. Von<br />
wegen haute cuisine in Frankreich.<br />
April 2011 | appendix.ofamed.de<br />
45
Über den Tellerrand<br />
Rieke Marks, Madrid<br />
Wo bist du?<br />
In Spanien<br />
Was ist schön dort?<br />
Die wunderschöne Stadt mit ihren vielen tollen Häusern<br />
und dem riesigen Angebot an Bars, Ausstellungen und anderen<br />
Freizeitmöglichkeiten.<br />
Die Menschen, die ich kennengelernt habe, und der Spaß,<br />
den wir zusammen haben.<br />
Das Leben als Erasmusstudent…<br />
Warum zurück nach <strong>Freiburg</strong> kommen?<br />
Um die besten Kommilitonen/innen wiederzusehen und<br />
das „gut organisierte“ Unileben zu genießen.<br />
Grüße an…<br />
die liebe Nico und Kathi, Thomas, Chris, Tobi, Daniel,<br />
David, Kersi, Lisa, Sophie, Andy, Arne und Mario<br />
46<br />
appendix.ofamed.de | April 2011<br />
Daniel Tegtmeyer, Valencia (ES)<br />
Ganz nach dem Motto „Was du heute kannst besorgen,<br />
macht der Spanier auch noch morgen.“ findet<br />
man hier zu fast jeder Tageszeit (Siesta, chicos!)<br />
das volle Freizeitvergnügen. Playa, Tapas oder Fiesta<br />
– es gibt reichlich Wege <strong>sich</strong> von der (größtenteils)<br />
mangelhaften Lehre abzulenken. Jetzt, wo ich ratlos<br />
<strong>vor</strong> den spanischen Apuntes (Notizen) sitze, freue<br />
ich mich darauf nächstes Jahr wieder mit Euch in<br />
der Mensa bei einer guten Münsterwurst über unsere<br />
<strong>Freiburg</strong>er Lehre zu „lästern“. Aber solange die<br />
Spanier weiterhin ihre Laune dem stets guten Wetter<br />
anpassen, bleibt es gerne bei Tortilla statt Wurst.<br />
Grüße an Tobsen, Hydro, Hotte, Propeller, Jölle &<br />
Co!
Jonas Hafner, Göteborg<br />
Wo vist du?<br />
In Schweden.<br />
Was ist schön dort<br />
Die Natur (Seen, Schären, Parks); sonntags einkaufen zu<br />
können; die Sprache; eine andere Denkweise, die einem abends<br />
alleine in der Notaufnahme wirklich weiterhilft; vom Bürgermeister<br />
empfangen zu werden und das anschließende Buffet<br />
im Rathaus; <strong>sich</strong> mit Finnen über die schwedische Herrenmode<br />
lustig zu machen; Jättebra sind ... Dozenten, die ein Klavier in<br />
den Vorlesungssaal tragen und mit uns Weihnachtslieder singen<br />
(und danach gibt es Lussebullar!); die flachen Hierarchien und<br />
das angenehme Arbeitsklima; Spotify und natürlich der schwedische<br />
Sommer!<br />
Roligt: Mit grünen Ohren in einer schwedischen Zeitung<br />
abgebildet zu sein.<br />
Warum zurück nach <strong>Freiburg</strong> kommen?<br />
Wegen ...den lieben Freunden, die man sehr vermisst ; einem<br />
richtigen WG-Leben, Klettermöglichkeiten; einer humanen Anzahl<br />
an blutsaugenden Objekten; Um ... entspannt Klausuren zu<br />
kreuzen, ohne dabei etwas zu lernen; samstags einkaufen gehen<br />
zu können und für die Hälfte des Geldes das Doppelte bekommen;<br />
nicht mehr der Einzige ohne Iphone zu sein; nicht jeden<br />
Satz mit „Jag heter Jonas“ anfangen zu müssen, um eine Weile<br />
als Einheimischer durchzugehen.<br />
Grüße an…<br />
Mene und ihre Crew, die kleine Schwedin, Byorck, die 2<br />
Laborratten, den alten Klettersack, den Maulwurf, die Pragmatische,<br />
die Peerle, Musch, den Knüppel, das griechische<br />
Mädchen, die finnische Minnie-Mouse, das irische Au-Pair, die<br />
Zahnfee, die Pusteblume, Cat-Woman, Stan, Kyle, Eric, John,<br />
Perry, alle, die mich kennen und natürlich Hooch!<br />
Über den Tellerrand<br />
Sophia, Madrid<br />
Wo bist du?<br />
In meinem acht Quadratmeter Zimmerchen<br />
in Lavapiés, dem Immigrantenviertel dieser<br />
verrückten Drei-Millionenstadt.<br />
Was ist schön dort?<br />
La gente - die Menschen! Ich liebe die<br />
spanische Mentalität: ¡No pasa nada! Jung und<br />
Alt schnattern in der Metro ausgelassen über<br />
Privates, treffen <strong>sich</strong> in Bars und genießen das<br />
Leben. Wenn es mir hier doch einmal zu bunt<br />
wird, flüchte ich in eines der vielen Kunstzentren<br />
oder zum Wandern in die Sierra.<br />
Warum zurück nach <strong>Freiburg</strong> kommen?<br />
Was ich in Madrid vermisse, ist ein Funken<br />
Umweltbewusstsein. Darüber hinaus sehne<br />
ich mich nach der funktionierenden Studienorganisation,<br />
den kurzen Wegen und meinen<br />
Freunden in <strong>Freiburg</strong>. ¡Un abrazo muy fuerte<br />
a todos!<br />
April 2011 | appendix.ofamed.de<br />
47
Über den Tellerrand<br />
Pünktlich um 8 Uhr morgens stehe ich auf<br />
der Matte des Emergency Departments des St.<br />
Vincent’s University Hospitals in Dublin, bereit<br />
um heldenhaft meine letzte Famulatur anzutreten.<br />
Aber schon eine Minute später verliere ich<br />
in dem scheinbaren Chaos die Über<strong>sich</strong>t. Wer<br />
ist hier überhaupt Arzt, wer Schwester und wer<br />
sind die ganzen anderen Leute mit denen das<br />
ED vollgestopft zu sein scheint?<br />
Patienten werden auf schmalen Betten<br />
im Flur befragt und untersucht. Schwestern<br />
versuchen in dem Gewusel Nadeln zu legen.<br />
Ich hab keine Ahnung wie der Arzt aussieht,<br />
mit dem ich Emailkontakt hatte, und so bleibe<br />
ich erstmal sitzen und versuche ein System in<br />
dem wilden Treiben zu entdecken. Gar nicht so<br />
leicht. Plötzlich lichtet <strong>sich</strong> der Vorhang einer<br />
kleinen Kammer oder „Cubicle“, wie ich später<br />
lernen sollte, und heraus tritt eine Gruppe von<br />
Studenten. Meine Gedanken darüber, ob ich<br />
jetzt quer durch das ganze ED hindurch auf die<br />
schon entschwindende Gruppe zustürzen soll,<br />
werden von drei lachenden Ge<strong>sich</strong>tern unterbrochen,<br />
die auf mich zukommen und mich<br />
begrüßen. Ich frage mich in meiner Verwirrung,<br />
warum die deutsch mit mir sprechen und wie<br />
sie so entspannt aussehen können. Sie stellen<br />
ED In Dublin<br />
Blows Your Mind<br />
48<br />
appendix.ofamed.de | April 2011<br />
Famulatur im Emergency Department des<br />
St. Vincent University Hospital in Dublin<br />
<strong>sich</strong> als deutsche Famulanten <strong>vor</strong> und lösen in<br />
mir ein Gefühl der Erleichterung aus - ich bin<br />
nicht ganz alleine auf diesem, wie mir scheint,<br />
sinkenden Schiff. Sie bringen wahrhaft Licht ins<br />
Dunkel und erklären mir erst einmal, wie die<br />
Notaufnahme organisiert ist.<br />
Eine für alle<br />
Notfallpatienten in irischen Emergency<br />
Departments werden nicht <strong>vor</strong>selektiert, das<br />
bedeutet es gibt eine zentrale Notaufnahme<br />
für jegliche Art von Notfallerkrankung oder<br />
Trauma. Lediglich Kinder haben ein eigenes ED.<br />
Außer den Patienten, die direkt mit dem Rettungsdienst<br />
gebracht werden, melden <strong>sich</strong> alle<br />
beim Anmeldeschalter an und müssen <strong>sich</strong> auf<br />
eine lange (lange, lange, lange, lange) Wartezeit<br />
gefasst machen. Die Patienten werden sofort<br />
von einer erfahrenen „Triage-Nurse“ in Kategorien<br />
1 - 5 eingeteilt. Die Ziffern beschreiben<br />
die Dringlichkeit für das ärztliche Eingreifen. 1<br />
bedeutet Notfall und 5 bedeutet, um ehrlich zu<br />
sein, dass der Patient wieder nach Hause gehen<br />
kann, weil heute wahrscheinlich kein ED-Arzt<br />
noch die Zeit finden wird, diesen nicht akuten<br />
Fall zu begutachten. Um das ganze ED noch
mehr auszulasten als es ohnehin schon ist, wird<br />
dort auch noch Patientennachsorge betrieben,<br />
wie z.B. Fäden ziehen, Wunden, die dort behandelt<br />
wurden, begutachtet etc.<br />
Und los geht’s<br />
Mit den Passwörtern der anderen Famulanten<br />
logge ich mich in das Zentralregister der<br />
Notaufnahme ein. Wow, eine Riesenliste von<br />
aktuellen Fällen. Ein Blick auf den Rotationsplan<br />
der Famulanten oder „Elective Students“<br />
verrät mir, dass ich heute in Zone 2A bin. Nach<br />
Zone 1, oder „Resuscitation Zone“ kommen<br />
Patienten mit lebensgefährlichen Erkrankungen<br />
oder Traumata. Nach Zone 2A kommen „Major<br />
Incidents“, Zone 2B etwas weniger schlimme<br />
Fälle und nach Zone 3 „Minors“ wie kleine<br />
Schnittverletzungen, Verbrennungen, Verstauchungen<br />
und so etwas. Dazu gibt es die „Clinical<br />
Decision Unit“, in der Patienten in Erwartung<br />
auf eine spezielle Diagnostik praktisch „zwischengelagert“<br />
wurden und die „Chest Unit“,<br />
auf der regelmäßig Kardiologen <strong>vor</strong>beikommen<br />
und entscheiden, ob Patienten entlassen oder<br />
Über den Tellerrand<br />
aufgenommen werden.<br />
Alles klar, so langsam hab ich den Durchblick<br />
und ich gehe zur Zone 2A, wo Mrs Quinn, 45,<br />
„abdominal pain“ liegt. Während ich zu ihr<br />
laufe rattern in meinem Kopf Differentialdiagnosen<br />
die zu Alter, Geschlecht und der kurzen<br />
Angabe im Zentralregister „abdominal pain“ (zu<br />
Deutsch: Bauchweh) passen könnten. Nachdem<br />
ich die Anamnese erhoben und Mrs Quinn untersucht<br />
habe, präsentiere ich meine Ergebnisse<br />
einem „Attending“, einem der oft sehr jungen<br />
anwesenden Ärzte oder Ärztinnen. Er hört zu,<br />
will wissen welche Blutwerte ich als nächstes<br />
abnehme und fragt mich, wie meine Arbeitshypothese<br />
für die Behandlung dieser Patientin<br />
aussieht.<br />
Curing Mes Quinn<br />
Mrs Quinn liegt, wie viele andere Patienten in<br />
diesem ED, auf einer schmalen Liege im Gang.<br />
Nur wenige haben das Glück ein „Cubicle“ für<br />
<strong>sich</strong> zu haben, das sind kleine, durch Vorhänge<br />
abgetrennte Kammern, in denen Patienten<br />
<strong>vor</strong> Blicken geschützt sind. Trotz der Tatsache<br />
Das sinkende Schiff in der<br />
Außenan<strong>sich</strong>t
Über den Tellerrand<br />
Infos für Interessierte:<br />
Wo: St Vincent’s University Hospital, Dublin<br />
Was: Famulatur in der Notaufnahme,<br />
„Emergency Department – ED“<br />
Wann: September-Oktober 2010<br />
Beste Zeit: Im Sommer sind viele eigene<br />
irische Studenten im ED, die dort famulieren,<br />
also frühzeitig bewerben, möchte man eine<br />
Famulatur während des restlichen Jahres<br />
machen, kann es schwierig werden, weil das<br />
ED dann selbst Kurse für irische Studenten<br />
gibt<br />
Wo bewerben: am besten bei der Sekretärin<br />
des ED, Ms Gaye Moffat Moffat, Gaye (ED)<br />
G.MOFFAT@st-vincents.ie, Email schreiben,<br />
hat das ED noch Platz verlangen sie offizielles<br />
Dokument, das man eingeschrieben ist, am<br />
besten Dekansbrief hinschicken<br />
Wo wohnen: generell teuer in Dublin, es gibt<br />
kein Studentenwohnheim, einige deutsche<br />
Famulanten haben in einem Hostel in der<br />
Nähe gewohnt, sonst gibt es natürlich noch<br />
die Möglichkeit privat ein Zimmer zu mieten<br />
Studiengebühren: keine<br />
Arbeitszeiten: 8 – 18 Uhr<br />
Aufgabe für Famulanten: man muss nichts,<br />
kann aber alles machen, in der Regel einen<br />
Patienten als erstes sehen, erstes Assessment,<br />
50<br />
appendix.ofamed.de | April 2011<br />
Gewonnen! Inmitten der<br />
Cubicles werden die Rugby-<br />
Helden gefeiert.<br />
Anamnese, körperliche Untersuchung,<br />
Blutabnahme und Nadel legen falls nötig,<br />
anschließend Patienten<strong>vor</strong>stellung <strong>vor</strong> dem<br />
behandelnden Arzt<br />
Lerneffekt: hoch, sehr breites Spektrum von<br />
Krankheiten, wenn einige<br />
Famulanten da sind, werden täglich<br />
Lehrveranstaltungen von den<br />
Assistenzärzten durchgeführt, die von der<br />
Notfallmedizin über die Chirurgie, die<br />
Radio bis zur Neurologie reichen<br />
Vergütung: keine<br />
Empfehlenswert? auf jeden Fall, zwar viel<br />
Arbeit, aber sehr lehrreich und sehr<br />
interessante Fälle, Möglichkeit<br />
freizubekommen wenn man lieb fragt um die<br />
Stadt Dublin und das Land Irland erkunden<br />
Pluspunkt: der Chef des ED, Mr John Ryan,<br />
legendär<br />
dass das Personal im Dauerstress ist, herrscht<br />
eine angenehme Arbeitsatmosphäre und die<br />
Menschen begegnen <strong>sich</strong> mit viel Wärme und<br />
Liebenswürdigkeit.<br />
Während meiner Zeit im ED des St. Vincent’s<br />
University Hospital habe ich so viel gelernt und<br />
so eigenständig gearbeitet wie in sonst keiner
meiner Famulaturen. Ich habe allein schon mehr<br />
neurologische Untersuchungen durchgeführt als<br />
während der Neurofamulatur in Deutschland.<br />
Durch die breite Verteilung der Krankheitsbilder<br />
haben wir Famulanten Unterricht auf fast<br />
jedem Gebiet der <strong>Medizin</strong> bekommen. Mal ein<br />
anderes Krankenhaussystem als das deutsche<br />
kennenzulernen, hat mir neue Wege eröffnet,<br />
alte Probleme zu lösen. Wäre ich einige Tage<br />
früher gekommen, hätte ich das Glück gehabt,<br />
mit den anderen Famulanten vom Chef der<br />
Notaufnahme und gleichzeitig Mannschaftsarzt<br />
des Rugby-National-Teams als Medic auf eins<br />
der Rugbyspiele mitgenommen zu werden.<br />
Ich schließe die Augen und lehne meinen<br />
Kopf an die kühle Scheibe des Busses. Der erste<br />
Tag ist <strong>vor</strong>bei, mich trennt nur eine Busstunde<br />
von meinem warmen, weichen Bett...<br />
Siobhán Ewert<br />
Über den Tellerrand
Rätsel<br />
Rätsel:<br />
Fröhliches Skulpturenraten<br />
Das letzte Rätsel über eigentümliche Gebilde im Institutsviertel war dir zu<br />
provinziell? Dieses Mal rätseln wir international! Finde heraus, worum es <strong>sich</strong> bei<br />
den rechts abgebildeten Statuen handelt und wo sie <strong>sich</strong> befinden. Sie sind alle<br />
in Europa zu finden, quasi einen Katzenwurf entfernt.<br />
Schickt eure Einsendungen bis zum 1. Juli 2011 an appendix@ofamed.de und<br />
gewinnt jede Menge Buchpreise!<br />
Die Auflösung des Septemberrätsels<br />
Sieben Studenten können <strong>sich</strong> für ihre grandiose<br />
Beobachtungsgabe auf die Schulter klopfen und<br />
werden mit einem Buchpreis belohnt:<br />
Melanie Huang<br />
Vanessa Haug<br />
Danjela Schubert<br />
Matthias Alexa<br />
Sebastian Küchlin<br />
Mark Depner<br />
Wir gratulieren den Gewinnern!<br />
52<br />
appendix.ofamed.de | April 2011<br />
Oben: Firlefanz am HS Biochemie (von unten)<br />
Links: Alexander Ecker, Wiese bei HS Anatomie<br />
Rechts: Explodierte Rakete im Chemiehochhaus
Hola, guapa! A donde estoy?<br />
Wo ist dieses nette Tierchen zu<br />
Hause?<br />
Oben: Was ist das, wo steht das?<br />
Unten: Über welche Stadt blicken wir hier bloß?<br />
April 2011 | appendix.ofamed.de<br />
1. Was ist denn das? Und <strong>vor</strong><br />
allem: Wo?<br />
53
Lustiges<br />
Studentenfutter:<br />
Faklerzangen - Bowle<br />
Ein weiteres Rezept aus der Reihe „Funktionales Studentenfutter, inspiriert durch<br />
unschuldige und nichts ahnende Hochschulprofessoren“<br />
Der Sage nach haben studentische Doktoranden<br />
des geheimen Lehrstuhls für Naturheilverfahren<br />
in Zusammenarbeit mit den<br />
Schwarzwaldhexen Bühlertal die komplexe<br />
Rezeptur der heutigen „Faklers Zangenbowle“<br />
her<strong>vor</strong>gebracht. Bereits im Jahr 2001 n. Chr. soll<br />
diese Arznei in verborgenen Holzverschlägen im<br />
Herderner Stadtwald über brodelnden Kesseln<br />
von siedendem Mäuseblut und stockendem<br />
Lurchlaich entwickelt worden sein. Kein Professor<br />
habe von den nächtlichen Aktivitäten seiner<br />
Doktoranden gewusst, keine Ethikkommission<br />
habe je das Protokoll ge<strong>sich</strong>tet. Die Regeln der<br />
anständigen Wissenschaft verletzend, wurde die<br />
Tinktur zunächst am Schabrackentapir getestet<br />
und dessen offen<strong>sich</strong>tlichen Siechtums und<br />
protrahierten Sterbens zum Trotz - aus welchem<br />
Grund auch immer - für die klinische Testung<br />
Hexhexhex...erst<br />
wurden die Hexen<br />
um ihr Patent<br />
betrogen und jetzt<br />
müssen sie auch<br />
noch schrubben.<br />
Bild: ichbe-hexe.de<br />
54 appendix.ofamed.de | April 2011<br />
am Menschen zugelassen. Der physiologische<br />
Wirkmechanismus ist komplex und umfasst<br />
Gerüchten zufolge über 500 verschiedene G-<br />
Proteine. Der Wirkstoff induziere weiterhin alle<br />
bekannten CYP-Enzyme mit Ausnahme von<br />
CYP17A1, welches inhibiert werde. Diese eindrücklichen<br />
pharmakokinetischen Eigenschaften<br />
ließen verstoßene Exdoktoranden aus der Physiologie<br />
hellhörig werden. Nach einer <strong>vor</strong>dergründigen<br />
Zusammenarbeit mit den Urhebern<br />
beanspruchten die Ex-Möchtegernphysiologen<br />
die Urheberschaft für <strong>sich</strong> und verdrehten in<br />
absurder Weise die Tatsachen. Das Gebräu<br />
hemme nicht nur den funny channel, sondern<br />
induziere um den Faktor 100 auch die verwandten<br />
Kanäle sarcastic channel, ironic channel<br />
und, besonders fatal, den cynical channel1b. Die<br />
irreversible Modulation dieser Kanalfamilie, so<br />
die Schlussfolgerung des Nature-Kommentars<br />
der Physiologen, sei beweisend für die Herstellung<br />
in einem <strong>vor</strong>klinischen Institut. Sie erzeuge<br />
humorlose, konkretistisch denkende und übermäßig<br />
zynische Menschenklone, deren gehäuftes<br />
Auftreten in und um die Hermann Herder Straße<br />
schon in Fallberichten beschrieben wurde.<br />
(Siehe auch Prüfungsprotokolle im Kopierladen)<br />
Außerdem könne eine solch gezielte Inhibition<br />
von Kanälen ausschließlich auf evidenzbasiertem,<br />
grundlagenphysiologisch erforschtem Wege<br />
bewerkstelligt werden - niemals jedoch durch<br />
„allomedizinische Wässerchen“.<br />
Der inoffiziell verwendete Name „Faklers<br />
Zangenbowle“ geht vermutlich auf einen<br />
Gruppeninternen Spaß zurück und spielt auf<br />
die absonderliche Gewohnheit des einschlägig<br />
bekannten Arbeitsgruppenleiters an, der Gerüchten<br />
zufolge jedes Getränk mit Ethylalkohol
versetzt und einige Sekunden lang entflammt,<br />
be<strong>vor</strong> er es zu <strong>sich</strong> nimmt. Das<br />
diabolische Lachen, das ihm bei dieser<br />
Angelegenheit entfährt, höre man bis<br />
nach Bühlertal – so die pikierten Hexen.<br />
Womit <strong>sich</strong> rein zufällig hier der<br />
Kreis der Erzählung wieder schließt.<br />
<strong>Freiburg</strong> ist halt klein. Von Bühlertal<br />
gar nicht zu sprechen.<br />
Heute wird der göttliche Sud mit<br />
dem griffigen Namen <strong>vor</strong> allem<br />
gegen Jahresende von MIO-<br />
Aktivisten in der Mensa Institutsviertel<br />
ausgeschenkt – für<br />
viele Studierende die einzige<br />
warme Mahlzeit des Tages. Die<br />
mutigen und genialen Erfinder der<br />
Rezeptur wurden für ihre Leistungen<br />
überhaupt nicht geehrt und die Betrüger<br />
aus der Physiologie für ihr Plagiat mit Zweit<br />
–und Drittautorenschaften in der hochgehandelten<br />
Fachpublikationen belohnt.<br />
Folglich ging keiner der Beteiligten je in die<br />
Geschichte unserer <strong>Freiburg</strong>er Hochschulforschung<br />
ein. (Das ist ja auch eine Elite-Uni!)<br />
I: Supervisionen, MC Klausuren, 1.Staatsexamen;<br />
Kälte, Langeweile, inadäquate Lebensfreude.<br />
Die Behandlung sollte engmaschig von Kirsten<br />
Weber betreut werden.<br />
KI: Nicht zur Inneren Anwendung bei<br />
Schabrackentapiren geeignet!<br />
Rp. Misce fiat: Punsch<br />
2 bis 3 Liter trockener Rotwein<br />
1 Zuckerhut<br />
0,4 Liter Rum (Alkoholgehalt<br />
mindestens 54%, besser 80%)<br />
2 Orangen<br />
1 Zimtstange<br />
5 Nelken<br />
DS (Da! Signa!)<br />
1. Den Rotwein im Topf auf dem<br />
Herd erwärmen, jedoch nicht<br />
kochen.<br />
2. Orangen filetieren und in Stücke<br />
schneiden.<br />
3. Die Brennpaste im Rechaud<br />
anzünden und den erhitzten Rotwein<br />
darauf stellen.<br />
4. Die Facklerzange über den Topf<br />
legen und<br />
Zuckerhut mittig<br />
auf<br />
April 2011 | appendix.ofamed.de<br />
Lustiges<br />
diesem<br />
platzieren.<br />
5. Die langstielige<br />
Schöpfkelle zur Hälfte mit<br />
Rum füllen und langsam über<br />
den Zuckerhut gießen, so dass<br />
dieser <strong>sich</strong> mit dem Rum vollsaugt.<br />
6. Den Zuckerhut anzünden.<br />
7. Bei jeweils nachlassender<br />
Brennwirkung wiederholt die erkaltete<br />
Schöpfkelle zu 3/4 mit Rum füllen und<br />
diesen langsam über den Zuckerhut<br />
verteilen.<br />
8. Die Feuerzange vom Topf entfernen<br />
und eine weitere halbe bis ganze Kelle<br />
Rum unverbrannt direkt dem Topf<br />
zugeben.<br />
9. Den Zimt, die Nelken und die<br />
Orangenstücke hinzugeben und weitere 5<br />
Minuten auf dem Rechaud ziehen lassen.<br />
Warnung! Beim Überschütten des<br />
Zuckerhuts mit Rum entzündet <strong>sich</strong> der<br />
Rum in der Schöpfkelle und je nach<br />
Geschwindigkeit, mit welcher der Rum auf<br />
den Zuckerhut gelangt, gibt es teils recht<br />
hohe Flammen. Schlimmstenfalls fackelt<br />
man alles ab.<br />
Plagiat: Ismene Hermann<br />
1) Quelle: Wikipedia/<br />
Feuerzangenbowle<br />
55
Sinnvoll investiert?<br />
Rettungsanker fürs Hex?<br />
Exaplan: Das Kompendium der<br />
klinischen <strong>Medizin</strong><br />
Urban & Fischer Verlag/Elsevier<br />
GmbH; Auflage: 7<br />
Will man im 2. Staatsexamen<br />
nicht immer nur C oder die<br />
längste Antwortmöglichkeit<br />
ankreuzen, sollte man vielleicht<br />
zum „Exaplan” greifen...<br />
Die 7. Auflage des „Exaplans”,<br />
erschienen Oktober<br />
2010 im Elsevier-Verlag von<br />
den Herausgebern Emminger<br />
und Kia dient <strong>Medizin</strong>studenten<br />
zur Vorbereitung<br />
auf das 2. Staatsexamen<br />
und kostet stolze 186 Euro.<br />
Er enthält alle Fächer und<br />
Querschnittsbereiche des<br />
klinischen Abschnitts und<br />
imponiert mit zwei dicken<br />
Bänden von insgesamt knapp<br />
3000 Seiten, hat aber deswegen<br />
den Vorteil, sehr viel<br />
praktikabler zu sein als 32<br />
Einzellehrbücher, die der<br />
lerngeplagte <strong>Medizin</strong>student<br />
in die Bib schleppen muss. Aber<br />
kann im „Exaplan” wirklich all<br />
das Wissen drin stehen, das man<br />
fürs Examen braucht?<br />
Jedes der 32 im Stex geprüften<br />
Fächer wird von den<br />
Autoren nach Relevanz unterschiedlich<br />
berück<strong>sich</strong>tig. Dabei<br />
kommen der Inneren <strong>Medizin</strong><br />
ganze 370 Seiten zu, während<br />
der Neurologie knapp 100 und<br />
der Prävention als Randgebiet<br />
lediglich 4 Seiten zugestan-<br />
Rezensionen<br />
56 appendix.ofamed.de | sommer 2011<br />
Welche Wälzer sind ihr Geld wert?<br />
den werden. Der „Exaplan”<br />
beschränkt <strong>sich</strong> stets auf die<br />
wichtigsten Fakten zu jedem<br />
Krankheitsbild, verzichtet aber<br />
nicht auf Fallbeispiele, Abbildungen<br />
und über<strong>sich</strong>tliche<br />
Tabellen - ein echtes Plus. Besonders<br />
wichtige, das heißt vom<br />
IMPP oft gefragte Themen<br />
sind - wie bei Elsevier üblich,<br />
blau gekennzeichnet. Da jedes<br />
Kapitel von einem anderen<br />
Autor verfasst wird, variiert<br />
die Qualität von sehr gut bis<br />
mittelmäßig.<br />
Zu dem Buch gibt es einen<br />
Onlinezugang, mit dem man<br />
nach jedem Kapitel Originalprüfungsfragen<br />
mit den<br />
Kommentaren der Mediscript<br />
CD auf der Seite von Elsevier<br />
kreuzen kann. Da die medizinische<br />
Fakultät <strong>Freiburg</strong> ihren<br />
Studierenden inzwischen einen<br />
aus Studiengebühren finan-<br />
zierten Examen-Online Zugang<br />
ermöglicht, hat dieser Vorteil an<br />
Wichtigkeit eingebüßt.<br />
Der „Exaplan” als einzige<br />
Möglichkeit?<br />
Alternativ gibt es noch die<br />
„Schwarze Reihe“, mit der<br />
viele aufs Physikum lernen,<br />
für alle, die mit diesem Stil<br />
besonders gut zurechtkamen.<br />
Als dritte Option gibt<br />
es noch den Wälzer<br />
„Hammerexamen“, der an<br />
dieser Stelle leider nicht<br />
besprochen werden kann.<br />
(<strong>Appendix</strong>-Redakteure<br />
sind auch nur Menschen.)<br />
Preislich kommt man mit<br />
dem „Hammerexamen“ am<br />
besten weg, das gibt’s für<br />
gut 100 Euro,<br />
die „Schwarze Reihe“<br />
ist mit 250 Euro mit<br />
Abstand die teuerste der<br />
drei Optionen während <strong>sich</strong><br />
der „Exaplan“ mit immerhin<br />
186 Euro dazwischen<br />
bewegt.<br />
Eignet <strong>sich</strong> der „Exaplan” zur<br />
Wiederholung für Klausuren?<br />
Durch seine klare Struktur<br />
und seine auf das Wesentliche<br />
beschränkte Stoffmenge eignet<br />
<strong>sich</strong> der „Exaplan” auch zur<br />
Wiederholung <strong>vor</strong> Klausuren<br />
und während des PJ, sofern ein<br />
Basiswissen <strong>vor</strong>handen ist. Der<br />
Leser bekommt schnell einen<br />
guten Überblick und verliert
<strong>sich</strong> nicht im Detailwissen. Für<br />
einige Klausuren, wie die gut<br />
bekannte <strong>Freiburg</strong>er Innereklausur<br />
im Sommer wäre der „Exaplan”<br />
als Lehrbuch allerdings<br />
nicht detailliert genug.<br />
Den „Exaplan” zur Wiederholung<br />
bereits während des Studiums<br />
kaufen?<br />
Eher nicht, da man dann<br />
zum eigenen Staatsexamen kein<br />
aktuelles Exemplar mehr in<br />
den Händen hält, welches neue<br />
IMPP-Schwerpunkte berück<strong>sich</strong>tigen<br />
kann. Brauch man ihn<br />
zur Wiederholung <strong>vor</strong> Klausuren<br />
nur für kurze Zeit, kann<br />
man <strong>sich</strong> den „Exaplan“ auch in<br />
der LB leihen.<br />
Trotz des hohen Preises ist<br />
der „Exaplan” wegen seiner<br />
engen Anlehnung an den<br />
IMPP-Fragestil und des „Alles-aus-einem-Guss-Prinzips”<br />
ein sehr empfehlenswertes<br />
Buch zur Examens<strong>vor</strong>bereitung<br />
auf das 2. Staatsexamen.<br />
Siobhán Ewert<br />
Schnippeln für<br />
Anfänger<br />
BASICS „Arbeitstechniken<br />
Chirurgie“ von Piet Koeppen<br />
und Peter Sterk; Verlag:<br />
ELSEVIER Urban & Fischer<br />
Der Operationssaal- ein Ort<br />
voller grüner, vermummter<br />
Menschen, die meist nicht sehr<br />
LeihMÜTTer<br />
sAMensPender<br />
GOOGLe-BABYs<br />
BABY MiT 50<br />
desiGnerBABYs<br />
unerFÜLLTer kinderWunsch<br />
Wunschkinder<br />
die TechnisierunG der<br />
MenschLichen FOrTPFLAnzunG<br />
20. - 22.5.11, TheATer FreiBurG<br />
PerFOrMAnces – VOrTräGe – diskurse<br />
WWW.WunschkinderPrOjekT.de<br />
Sinnvoll investiert?<br />
erfreut reagieren, wenn <strong>sich</strong> der<br />
unwissende Famulant oder PJler<br />
hier ins- natürlich- unsterile<br />
Fettnäpfchen setzt. Damit dies<br />
TheATer FreiBurG / insTiTuT FÜr eThik & GeschichTe der <strong>Medizin</strong> der uni FreiBurG<br />
gefördert durch die
Impressum<br />
Impressum<br />
<strong>Appendix</strong> - Unabhängiges Magazin der<br />
<strong>Medizin</strong>studenten an der<br />
Albert-Ludwigs-Universität <strong>Freiburg</strong><br />
<strong>Appendix</strong><br />
<strong>Offene</strong> <strong>Fachschaft</strong> <strong>Medizin</strong><br />
Hermann-Herder-Straße 9<br />
79104 <strong>Freiburg</strong> i. Br.<br />
appendix@ofamed.de<br />
appendix.ofamed.de<br />
Leitung<br />
Ismene Hermann<br />
Redaktion<br />
Anne Büttner, Rebecca Eisele, Siobhán Ewert,<br />
Ismene Hermann, Laura Herrmann, Hannes<br />
Hummel, Lena Lippert, Clemens Schiebel,<br />
Insa Schiffmann, Sebastian Wohlfeil<br />
Anzeigen<br />
Insa Schiffmann<br />
Rezensionen<br />
Ann-Kathrin Rauch<br />
Layout<br />
Ismene Hermann<br />
Deckblatt: Jonas Hafner<br />
Fotograf<br />
Lukas Hallauer, Jonas Hafner<br />
Druck<br />
Schwarz auf Weiß<br />
Habsburger Straße 9<br />
79104 <strong>Freiburg</strong> i. Br.<br />
Auflage: 1600<br />
Verwantwortlich für die Inhalte ihrer Artikel<br />
sind die jeweiligen Autoren selbst.<br />
In einzelnen Artikeln geäußerte Meinungen sind<br />
nicht unbedingt Meinung der Redaktion und<br />
spiegeln diese nicht unbedingt wider.<br />
nicht mehr passiert, haben die Herren Koeppen<br />
und Sterk (beide Angehörige der „schneidenden<br />
Zunft“) eine Arbeitsanleitung zu den wichtigsten<br />
chirurgischen Techniken und Abläufen<br />
herausgegeben. Passenderweise kommt diese<br />
auch in schmuckem OP-Grün daher.<br />
Gut gefallen hat mir an diesem Buch, dass es<br />
sehr einfach geschrieben ist und jedes Kapitel<br />
nochmals eine kurze Zusammenfassung erhält.<br />
Der Ton insgesamt ist nie oberlehrerhaft und<br />
selbst Themen wie Venenpunktion, chirurgische<br />
Händedesinfektion und die Lagerung des Patienten<br />
werden ausführlich erklärt. Teilweise lässt<br />
einen der Text auch schmunzeln, etwa wenn<br />
Sätze wie „Blut ist rot, Galle grün und Urin<br />
meist gelb“ nochmals extra her<strong>vor</strong>gehoben werden.<br />
Leicht verständlich darge<strong>stellt</strong> werden die<br />
unterschiedlichen Nahttechniken, und auch die<br />
unterschiedlichen Eigenschaften der einzelnen<br />
Gewebe werden gut beschrieben.<br />
Teilweise wird auch Fachfremdes diskutiert,<br />
wie z.B. die Intubation oder unterschiedliche<br />
Tubusgrößen. Dies dürfte jedoch eher die grünen<br />
Männchen und Weibchen auf der anderen<br />
Seite des Vorhangs interessieren. Eher negativ<br />
aufgefallen ist mir auch die Beschreibung der<br />
verschiedenen Knotentechniken, aus der man<br />
leider nicht wirklich schlau wird.<br />
Insgesamt würde ich sagen, dass man <strong>sich</strong> bei<br />
großem Interesse an der Chirurgie das Buch<br />
anschaffen kann, zumal es nicht die Welt kostet.<br />
Für die Kitteltasche und zum schnellen Nachschauen<br />
am Krankenbett eignet es <strong>sich</strong> allerdings<br />
aufgrund seiner Größe leider nicht- und<br />
an den OP-Tisch kann es sowieso nicht mitgenommen<br />
werden- auch wenn es die passende<br />
Farbe hätte!;)<br />
Anne Büttner
Langeweile? Lern<br />
doch was!<br />
Training Day<br />
Dezember 2011 Alle Infos unter<br />
http://trainingday.ofamed.de/<br />
Rettungsdienstpraktikum<br />
Mai - Juni 2011 für Studenten des<br />
4.-6. klinischen Semesters<br />
Infos und Anmeldung:<br />
http://www.rettungsdienstpraktikumunifreiburg.de<br />
StudiTZ<br />
Öffnungszeiten<br />
Mo-Do 17-20 Uhr<br />
Sa 13-16 Uhr<br />
www.studitz-freiburg.de<br />
Lesesaal im Weissmannhaus<br />
Bibliothek und anatomische Modelle<br />
Öffnungszeiten:<br />
Mo - Fr: 8 Uhr - 22 Uhr<br />
Buchausgabe:<br />
Mo - Fr: 10 Uhr - 20 Uhr<br />
Erweiterte Buchausgabezeiten <strong>vor</strong><br />
Physikumsprüfungen:<br />
25.7. - 16.9. 2011<br />
Mo - Fr: 8 Uhr - 22 Uhr<br />
Bibliothek Chirurgische Klinik<br />
Hugstetterstr.55<br />
Öffnungszeiten<br />
Mo-Fr: 9 - 18 Uhr<br />
kurzfristige Änderungen möglich.<br />
(Newsfeed:facebook;Profil der<br />
Bibliothek Chirurgische Klinik<br />
<strong>Freiburg</strong> oder unter www.uniklinikfreiburg.de/bibliothekchirurgie/live/<br />
index.html<br />
Arbeitsplätze im Lehrgebäude<br />
Elsässer Str. 2-o<br />
Mo - Fr: 8 – 20 Uhr<br />
15 Lese- und Arbeitsplätze im 1. OG.<br />
Zugang mit frei geschalteter Unicard<br />
WLAN; keine Ausleihe<br />
Ein Handapparat an medizinischen<br />
Lehrbüchern des 2. Studienabschnitts<br />
ist gegen Vorlage der Unicard<br />
bzw. des Studierendenausweises zu<br />
bestimmten Zeiten nutzbar.<br />
In den Semesterferien gelten verkürzte<br />
Öffnungszeiten.<br />
Bibliothek der <strong>Medizin</strong>ischen<br />
Klink<br />
Hugstetter Str. 55<br />
Öffnungszeiten<br />
Mo-Fr: 9 - 18 Uhr<br />
sommer 2011 | appendix.ofamed.de<br />
Nützliches<br />
59
Letzte Seite<br />
Der <strong>Appendix</strong> ist das Magazin der<br />
<strong>Medizin</strong>studenten in <strong>Freiburg</strong>. Die<br />
Redaktion ist eine Arbeitsgruppe der<br />
<strong>Fachschaft</strong> <strong>Medizin</strong> und arbeitet eng mit dieser<br />
zusammen. Dabei ist der <strong>Appendix</strong> aber stolz<br />
auf seine inhaltliche und redaktionelle Unabhängigkeit.<br />
Im Gegensatz zur <strong>Appendix</strong> vermiformis ist<br />
der gedruckte Wurmfortsatz aber ganz und gar<br />
nicht überflüssig. Er ist eher ein begleitendes<br />
Accessoire für Studenten der <strong>Medizin</strong> und darf<br />
auch den männlichen Artikel „der“ führen.<br />
Nicht so sein Pendant das, Anhängsel am Blinddarm,<br />
das „die“ genannt werden muß.<br />
Der <strong>Appendix</strong> wird kostenlos in gut besuchten<br />
Vorlesungen und Kursen an alle<br />
<strong>Medizin</strong>studenten zur geistigen Erbauung und<br />
Korrekturlesen bis zur<br />
Erschöpfung. Hält<br />
man das fertige Heft<br />
in Händen, sind alle<br />
Strapazen vergessen.<br />
<strong>Appendix</strong><br />
<strong>stellt</strong> <strong>sich</strong> <strong>vor</strong><br />
Euer <strong>Fachschaft</strong>smagazin: Was es ist, wer es macht und was das<br />
mit euch zu tun hat.<br />
Ritalin ausprobieren<br />
- und sei es nur fürs<br />
Foto! <strong>Appendix</strong>-<br />
Redakteure zeigen<br />
Körpereinsatz.<br />
60 appendix.ofamed.de | sommer 2011<br />
moralischen Festigung ausgehändigt. Und das<br />
schon seit Mai 1992. Damals gab es den original<br />
Papier-<strong>Appendix</strong> zum ersten Mal. Fortan erscheint<br />
das Heft einmal im Semester.<br />
Die Redaktion besteht zur Zeit aus 10-15<br />
emsigen Redakteuren ganz unterschiedlicher<br />
Semester. Die Gruppe trifft <strong>sich</strong> einmal in der<br />
Woche zum freien Assoziieren ohne thematischen<br />
Schwerpunkt. Dabei entstehen meistens<br />
die Ideen für unsere Artikel.<br />
Einmal im Semester gibt’s zur Entspannung<br />
ein Redaktions-Essen, und zu Weihnachten wird<br />
die Sitzung auch mal zugunsten eines Glühweins<br />
<strong>vor</strong>zeitig beendet.<br />
Wenn ihr Lust habt, am <strong>Appendix</strong> mitzuarbeiten,<br />
zögert nicht - kommt einfach <strong>vor</strong>bei!<br />
www.appendix.ofamed.de | appendix@ofamed.de<br />
Für uns würde <strong>sich</strong> die<br />
Prominenz auch nackt<br />
im Schnee ablichten<br />
lassen. Aber wir haben<br />
auf Anzug bestanden.
20 20 20<br />
Bucht Bucht von von Yokochi Yokochi<br />
1<br />
2<br />
3<br />
44 4<br />
5<br />
6<br />
Schattauers<br />
Anatomie-Reise<br />
Schattauers<br />
Anatomie-Reise<br />
Der „neue Rohen“ – Fotografischer Atlas<br />
und Reisebegleiter durchs Studium<br />
Der „neue Rohen“ – Fotografischer Atlas<br />
und Reisebegleiter durchs Studium<br />
AA<br />
Johannes W. Rohen<br />
Chihiro Yokochi<br />
Elke Lütjen-Drecoll<br />
Anatomie des Menschen<br />
B<br />
Rohen Rohen See Se See e<br />
Fotografischer Atlas der systematischen<br />
und topografischen Anatomie<br />
Inklusive „Anatomie Interaktiv“ –<br />
deutsch, englisch und italienisch online!<br />
7. Aufl. 2011. 542 Seiten, 1211 Abb., geb.<br />
ISBN 978-3-7945-2706-9<br />
€ 89,– (D) / € 91,50 (A)<br />
Johannes W. Rohen<br />
Elke Lütjen-Drecoll<br />
Anatomie des Menschen<br />
Die Lerntafeln<br />
7. Aufl. 2011. 96 Seiten,<br />
61 Abb., 19 Tab., kart.<br />
ISBN 978-3-7945-2747-2<br />
€ 14,95 (D) / € 15,40 (A)<br />
Johannes W. Rohen<br />
Elke Lütjen-Drecoll<br />
Anatomie Interaktiv<br />
Leitungsbahnen und Muskulatur<br />
Mit Lernprogramm und Sprachtrainer<br />
7. Aufl. 2011. CD-ROM mit 125 Abb.,<br />
davon 64 In-situ-Darstellungen,<br />
19 Tab. (deutsch, englisch, italienisch)<br />
ISBN 978-3-7945-5170-5<br />
€ 19,95 (D) / € 19,95 (A)<br />
Zeichenerklärung<br />
Fotografi Fo Fotografischer<br />
scher Ozean Ozean<br />
Allgemeine Anatomie<br />
Vernetzungen Sehenswürdigkeiten<br />
Ausgangspunkte<br />
Bauchorgane u. Bauchsitus<br />
Kopf u. Hals Urogenitalorgane<br />
Rumpf<br />
Brustorgane u. Brustsitus<br />
Weitere Infos:<br />
Obere Extremität<br />
Untere Extremität<br />
www.rohen-anatomie.de<br />
10 10<br />
Nasus externus<br />
Galea Galea aponeurotica<br />
aponeurotica<br />
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A. temporalis superf. u.<br />
N. auriculotemporalis<br />
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A. maxillaris<br />
N. lingualis