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MOTORISIERT ZWISCHEN

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Die Schüler suchten geeignete außerschulische Drehorte auf und arbeiteten<br />

zudem so lange, bis sie meinten, daß eine Szene sitzt. Eine<br />

wesentliche Verdichtung der Filmarbeit setzte ein, als die Gruppe die<br />

ersten entwickelten Filmstreifen betrachtete. Gelungene Szenen wurden<br />

als Erfolg gefeiert, weniger geglückt empfundene wurden gezielt nachgedreht.<br />

So kritisierte I eine Schülerin die Ausspannszene: "Das glaubt<br />

doch keiner: Der braucht blOß mit dem Moped zu kommen, und ich geh<br />

gleich zu ihm". Daraufhin entwickelt.en die Schüler die Szene neu und<br />

differenzierter: Der Angeber verweigert allen Gruppenmitgliedern eine<br />

Probefahrt auf seinem Mofa, läßt das Mädchen aber fahren. In weiteren<br />

Szenen lädt er sie dann immer häufiger zum Mitfahren ein, so daß sie<br />

langsam zu ihm überschwenkt.<br />

Ein besonders intensives Gruppenerlebnis stellten die Nachtaufnahmen<br />

der Klau-Szene dar. Die Schüler arbeiteten mit Filmleuchten<br />

und erzielten Krimi-Effekte. Da das Mofa zum Zeitpunkt dieser Filmaufnahmen<br />

nicht fahrfähig war, wurde die Klau-Szene in einen Klau-Versuch<br />

umgewandelt. Mit dieser Lösung umging die Gruppe geschickt das<br />

Problem möglicher Kriminalisierung und von Folgen, die über die<br />

Lösungsfähigkeit der Clique hinausgegangen wären. Der neue SchlUß war<br />

harmonisch, die Gruppensolidarität siegte: Nach dem mißlungenen Klau­<br />

Versuch macht der Angeber am Treffpunkt der Clique gewagte Fahrmanöver.<br />

Dabei stürzt er, verletzt sich, sein Mofa ist kaputt. Nun<br />

muß er wieder Fahrrad fahren. Die Gruppe verträgt sich und repariert<br />

gemeinsam das Mofa.<br />

In dem zunächst künstlich wirkenden Schluß, aber auch in der ganzen<br />

Story, steckt ein gutes Stück konkreter Utopie der Schüler. Der<br />

Wunsch nach Gruppensolidarität hat reale Erfahrungen und Ängste zur<br />

Basis. -Die Mädchen orientieren sich an älteren Moped-Typen; die Jungen<br />

wissen das. Die Clique geht am Ende des achten Schuljahres ins Mofa­<br />

Alter über, aber nicht alle werden sich ein Mofa beschaffen können<br />

oder dürfen. Mofas und Mopeds sind jedoch in diesem Alter keine<br />

Verkehrsmittel, sondern fast Kultgegenstände, mit. deren Besitz und<br />

Gebrauch Phantasiewerte der Werbung verbunden sind, wie z.B. Erfolg<br />

bei Mädchen haben, beliebt sein, in guten Cliquen mitmachen.<br />

Je größer beim Schneiden und Vertonen des Films die technischen<br />

Schwierigkeiten wurden, desto stärker indentifizierte sich diese<br />

Schülergruppe mit ihrem Film. Als die Schüler den geschnittenen Film<br />

zum ersten mal sahen und dabei den Szenen versuchsweise passende<br />

Musik von Pink Floyd unterlegten, waren sie von der Wirkung überwältigt:<br />

"Das im großen dunklen Hörsaaal, das fetzt!"<br />

Die Abschlußarbeiten wurden so intensiviert, daß der Film zum<br />

(öffentlichen) Projekttag fertig wurde; tatsächlich hatten die Schüler<br />

im (selbst organisierten) großen Hörsaal einen ganzen Tag lang<br />

"volles Haus".<br />

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