Frauenschicksale in Schloss Niederweis - aendres.de

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22.02.2013 Aufrufe

Vorbemerkung Frauenschicksale in Schloss Niederweis Albert Endres, Sindelfingen Wie bei vielen anderen historischen Abhandlungen so standen auch bei früheren Darstellungen des Niederweiser Schlosses [1,2] die männlichen Mitglieder der Besitzerfamilien im Vordergrund. Nicht nur um die Ungleichbehandlung zu korrigieren, soll jetzt die Rolle der Frauen hervorgehoben werden. Wie sich zeigen wird, kommen dabei ganz interessante Aspekte zum Vorschein. Nicht nur unterstützten Frauen die Ambitionen männlicher Verwandten, auch zeigt ihr Schicksal einiges über die Regionalgeschichte, was sonst nicht offensichtlich ist. Sowohl das Herzogtum Luxemburg wie das einstige Kurfürstentum Trier spiegeln sich in ihrer Geschichte wieder. Übergang von der Koben-Familie zu den von der Heyden Durch die Heirat von Ursula Cob von Nüdingen, der Nichte des im Niederweiser Kirchturm begrabenen Philipp Christoph, kam 1672 der Name ‚von der Heyden‘ in das Schloss Niederweis. Johann Hermann von der Heyden stammte von Burg Stolzenburg (frz. Stolzembourg) bei Vianden. Seine Vorfahren waren Dienstleute der Viandener Grafen gewesen. Das Paar lebte seit Beginn ihrer Ehe in dem damaligen Schloss Niederweis. Es wird vielfach angenommen, dass der Hauptteil des damaligen Schlosses identisch war mit dem Südflügel des heutigen Schlosses. Das heutige Schloss wurde von ihrem einzigen Sohn Franz Eduard Anton gebaut, der als Vorsitzender des Luxemburger Rittergerichts lokalpolitisch von Bedeutung wurde. Außer dem als fünftem Kind 1692 geborenen Sohn hatte das Paar noch zehn Töchter. Da diese meist übergangen werden, soll hier zunächst deren Schicksal erläutert werden. Da beide Eltern starben, als das einzige männliche Kind erst sieben Jahre alt war, erhielten die Kinder einen Vormund. Es war Bertram von Zievel, der Ehemann ihrer Tante väterlicherseits. Von dieser Tante, Marie Elisabeth von der Heyden und ihrem Ehemann, gibt es Bilder. Es sind die einzigen. die bisher von Mitgliedern der Familie von der Heyden gefunden worden sind. Sie befinden sich im Archiv des Luxemburgischen Nationalmuseums. Die Zievels wohnten in Schloss Bettemburg, etwa 10 km südlich der Stadt Luxemburg. Sie kümmerten sich um die Ausbildung der Niederwei- 1

Vorbemerkung<br />

<strong>Frauenschicksale</strong> <strong>in</strong> <strong>Schloss</strong> <strong>Nie<strong>de</strong>rweis</strong><br />

Albert Endres, S<strong>in</strong><strong>de</strong>lf<strong>in</strong>gen<br />

Wie bei vielen an<strong>de</strong>ren historischen Abhandlungen so stan<strong>de</strong>n auch bei früheren<br />

Darstellungen <strong>de</strong>s <strong>Nie<strong>de</strong>rweis</strong>er <strong>Schloss</strong>es [1,2] die männlichen Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Besitzerfamilien<br />

im Vor<strong>de</strong>rgrund. Nicht nur um die Ungleichbehandlung zu korrigieren,<br />

soll jetzt die Rolle <strong>de</strong>r Frauen hervorgehoben wer<strong>de</strong>n. Wie sich zeigen wird, kommen<br />

dabei ganz <strong>in</strong>teressante Aspekte zum Vorsche<strong>in</strong>. Nicht nur unterstützten Frauen die<br />

Ambitionen männlicher Verwandten, auch zeigt ihr Schicksal e<strong>in</strong>iges über die Regionalgeschichte,<br />

was sonst nicht offensichtlich ist. Sowohl das Herzogtum Luxemburg<br />

wie das e<strong>in</strong>stige Kurfürstentum Trier spiegeln sich <strong>in</strong> ihrer Geschichte wie<strong>de</strong>r.<br />

Übergang von <strong>de</strong>r Koben-Familie zu <strong>de</strong>n von <strong>de</strong>r Hey<strong>de</strong>n<br />

Durch die Heirat von Ursula Cob von Nüd<strong>in</strong>gen, <strong>de</strong>r Nichte <strong>de</strong>s im <strong>Nie<strong>de</strong>rweis</strong>er<br />

Kirchturm begrabenen Philipp Christoph, kam 1672 <strong>de</strong>r Name ‚von <strong>de</strong>r Hey<strong>de</strong>n‘ <strong>in</strong><br />

das <strong>Schloss</strong> <strong>Nie<strong>de</strong>rweis</strong>. Johann Hermann von <strong>de</strong>r Hey<strong>de</strong>n stammte von Burg Stolzenburg<br />

(frz. Stolzembourg) bei Vian<strong>de</strong>n. Se<strong>in</strong>e Vorfahren waren Dienstleute <strong>de</strong>r Vian<strong>de</strong>ner<br />

Grafen gewesen. Das Paar lebte seit Beg<strong>in</strong>n ihrer Ehe <strong>in</strong> <strong>de</strong>m damaligen<br />

<strong>Schloss</strong> <strong>Nie<strong>de</strong>rweis</strong>. Es wird vielfach angenommen, dass <strong>de</strong>r Hauptteil <strong>de</strong>s damaligen<br />

<strong>Schloss</strong>es i<strong>de</strong>ntisch war mit <strong>de</strong>m Südflügel <strong>de</strong>s heutigen <strong>Schloss</strong>es. Das heutige<br />

<strong>Schloss</strong> wur<strong>de</strong> von ihrem e<strong>in</strong>zigen Sohn Franz Eduard Anton gebaut, <strong>de</strong>r als Vorsitzen<strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>s Luxemburger Rittergerichts lokalpolitisch von Be<strong>de</strong>utung wur<strong>de</strong>. Außer<br />

<strong>de</strong>m als fünftem K<strong>in</strong>d 1692 geborenen Sohn hatte das Paar noch zehn Töchter. Da<br />

diese meist übergangen wer<strong>de</strong>n, soll hier zunächst <strong>de</strong>ren Schicksal erläutert wer<strong>de</strong>n.<br />

Da bei<strong>de</strong> Eltern starben, als das e<strong>in</strong>zige männliche K<strong>in</strong>d erst sieben Jahre alt war,<br />

erhielten die K<strong>in</strong><strong>de</strong>r e<strong>in</strong>en Vormund. Es war Bertram von Zievel, <strong>de</strong>r Ehemann ihrer<br />

Tante väterlicherseits. Von dieser Tante, Marie Elisabeth von <strong>de</strong>r Hey<strong>de</strong>n und ihrem<br />

Ehemann, gibt es Bil<strong>de</strong>r. Es s<strong>in</strong>d die e<strong>in</strong>zigen. die bisher von Mitglie<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Familie<br />

von <strong>de</strong>r Hey<strong>de</strong>n gefun<strong>de</strong>n wor<strong>de</strong>n s<strong>in</strong>d. Sie bef<strong>in</strong><strong>de</strong>n sich im Archiv <strong>de</strong>s Luxemburgischen<br />

Nationalmuseums. Die Zievels wohnten <strong>in</strong> <strong>Schloss</strong> Bettemburg, etwa 10 km<br />

südlich <strong>de</strong>r Stadt Luxemburg. Sie kümmerten sich um die Ausbildung <strong>de</strong>r Nie<strong>de</strong>rwei-<br />

1


ser K<strong>in</strong><strong>de</strong>r, vor allem durch die Anstellung von geeigneten Hauslehrern. Wieweit sie<br />

<strong>de</strong>n beruflichen Weg <strong>de</strong>r K<strong>in</strong><strong>de</strong>r unterstützten o<strong>de</strong>r Ehen anbahnten, ist nicht bekannt.<br />

Es ist jedoch anzunehmen, dass sie dabei e<strong>in</strong>e Rolle spielten.<br />

Marie Elisabeth von <strong>de</strong>r Hey<strong>de</strong>n<br />

Von <strong>de</strong>n zehn Töchtern waren fünf verheiratet. Da <strong>de</strong>ren Ehemänner vorwiegend aus<br />

bekannten A<strong>de</strong>lsfamilien stammten, gibt die Betrachtung Anlass auf die Be<strong>de</strong>utung<br />

dieser Familien <strong>in</strong> <strong>de</strong>r damaligen A<strong>de</strong>lswelt e<strong>in</strong>zugehen, sowie auf <strong>de</strong>ren Rolle beim<br />

Aufstieg <strong>de</strong>s Bru<strong>de</strong>rs Franz Eduard Anton.<br />

Verschwägerte Luxemburger A<strong>de</strong>lsfamilien<br />

Von <strong>de</strong>n vier vorkommen<strong>de</strong>n Luxemburger Familien waren vermutlich die von<br />

Schauenburg damals am e<strong>in</strong>flussreichsten. Es han<strong>de</strong>lt sich dabei um e<strong>in</strong>e Nebenl<strong>in</strong>ie<br />

<strong>de</strong>r badischen Schauenburger. Durch e<strong>in</strong>en 2008 gehaltenen Vortrag brachte mich<br />

<strong>de</strong>r Freiburger Historiker Michael Strauß [6] auf die Spur. He<strong>in</strong>rich von Schauenburg<br />

führte <strong>de</strong>n Titel Herr zu Gaisbach, Berward, Mon<strong>de</strong>rich, Straßen und Bartr<strong>in</strong>gen und<br />

amtierte als Rat <strong>de</strong>r Stadt Luxemburg.<br />

2


Se<strong>in</strong> 1704 geborener Sohn Anton Josef war 1766 Vizestatthalter von Luxemburg und<br />

Ch<strong>in</strong>y. Er ließ das Stammschloss <strong>de</strong>r Familie, das <strong>Schloss</strong> Berward <strong>in</strong> Esch an <strong>de</strong>r<br />

Alzette, ausbauen. Se<strong>in</strong> Schwiegersohn Georg Friedrich August Ferrand <strong>de</strong> Montigny<br />

erbaute 1782 das Brachter <strong>Schloss</strong> bei Burg-Reuland im heutigen Belgien. Wie <strong>in</strong> [1]<br />

berichtet, geht die Anwesenheit <strong>de</strong>r Ba<strong>de</strong>ner <strong>in</strong> Luxemburg auf die Genter Hochzeit<br />

von 1477 zwischen Maximilian von Habsburg und Maria von Burgund zurück. Auch<br />

<strong>Schloss</strong> <strong>Nie<strong>de</strong>rweis</strong> geriet damals <strong>in</strong> badischen Besitz.<br />

Die A<strong>de</strong>lsfamilie von Reiffenberg ist e<strong>in</strong> an<strong>de</strong>res altes Luxemburger Geschlecht. Die<br />

Familie stammte ursprünglich aus Hessen, wo auch Burg Reifenberg liegt. In Luxemburg<br />

besaß man unter an<strong>de</strong>rem <strong>Schloss</strong> Larochette (lux.: Fels), nicht weit von Echternach,<br />

sowie <strong>Schloss</strong> und Hof Büttgenbach zwischen St. Vith und Malmedy. Diese<br />

Gegend fiel später an Belgien. Christoph stammte aus <strong>de</strong>r Büttgenbacher Familie. Er<br />

führte <strong>de</strong>n Titel ‚Seigneur <strong>de</strong> la Ma<strong>de</strong>le<strong>in</strong>e‘. Er und se<strong>in</strong>e Frau starben bei<strong>de</strong> <strong>in</strong> Büttgenbach<br />

(1724 bzw. 1720). Sie waren bei<strong>de</strong> noch relativ jung und hatten vermutlich<br />

ke<strong>in</strong>e K<strong>in</strong><strong>de</strong>r. Darauf <strong>de</strong>utet auch, dass Franz Eduard Anton e<strong>in</strong>en Prozess <strong>in</strong><br />

Mecheln gegen das Haus Reiffenberg führte, <strong>de</strong>r sich ungebührlich lange h<strong>in</strong>zog .<br />

Vermutlich beanspruchte er e<strong>in</strong>en Teil <strong>de</strong>s Erbes. Das Ergebnis <strong>de</strong>s Rechtstreits<br />

kenne ich nicht. <strong>Schloss</strong> Büttgenbach wur<strong>de</strong> 1689 von <strong>de</strong>n Truppen Ludwigs XIV.<br />

zum ersten Mal zerstört. E<strong>in</strong> zweites Mal wur<strong>de</strong> Büttgenbach während <strong>de</strong>r Franzosenzeit<br />

1794-1814 zerstört und danach vollkommen beseitigt. Der Hof gelangte <strong>in</strong><br />

<strong>de</strong>n Besitz bürgerlicher Familien. Später legte Preußen <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Nähe <strong>de</strong>n Truppenübungsplatz<br />

Elsenborn an. E<strong>in</strong> Frédéric <strong>de</strong> Reiffenberg (1795-1850) war Professor <strong>in</strong><br />

Löwen und ist <strong>in</strong> Belgien wegen se<strong>in</strong>er historischen Arbeiten bekannt.<br />

Etwas ungewöhnlich, ja überraschend ist <strong>de</strong>r Name <strong>de</strong>s Johann Michael von<br />

Wopersnow. Meist heißt er ‚Seigneur <strong>de</strong> Laval‘. Ursprünglich gehörten die Orte<br />

Buzenol bei Arlon und Bazailles <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Nähe von Montmédy <strong>in</strong> Lothr<strong>in</strong>gen zum Besitz.<br />

Später erwarb die Familie außer<strong>de</strong>m die Orte Velosnes und Villécloy. Ferner<br />

besaßen sie e<strong>in</strong> <strong>Schloss</strong> (frz. maison forte) <strong>in</strong> Villers-la-Ron<strong>de</strong>. Die Gegend war früher<br />

Teil <strong>de</strong>r Grafschaft Ch<strong>in</strong>y und ist bereits seit 1659 französisch. Vermutlich besaß<br />

die Familie weiterh<strong>in</strong> Land im Herzogtum Luxemburg. Das Gebiet um Arlon mit <strong>de</strong>m<br />

Ort Buzenol wur<strong>de</strong> nämlich erst 1830 mit <strong>de</strong>r Staatsgründung Belgiens von Luxemburg<br />

abgetrennt. E<strong>in</strong> Matthias von Wopersnow, Herr von Bazeilles und Villers-la-<br />

Ron<strong>de</strong>, hatte 1731 e<strong>in</strong>en Platz <strong>in</strong> <strong>de</strong>r luxemburgischen Ritterschaft <strong>in</strong>ne und nimmt<br />

an <strong>de</strong>r Wahl <strong>de</strong>s Vorsitzen<strong>de</strong>n teil. Vermutlich han<strong>de</strong>lte es sich um e<strong>in</strong>en Bru<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s<br />

Johann Michael. In e<strong>in</strong>em Akt von 1735 [3] war Marie Beatrix bereits Witwe. E<strong>in</strong>e<br />

Tochter mit Namen Barbara Luise heiratete <strong>de</strong>n Grafen Karl Ludwig du Han <strong>de</strong> Martigny.<br />

E<strong>in</strong> Karl du Han <strong>de</strong> Martigny (ϯ1721) war österreichischer Kavallerie-General,<br />

vermutlich <strong>de</strong>r Vater.<br />

Den Ursprung <strong>de</strong>s Namens Laval konnte ich nicht klären. Die Herkunft ist ähnlich<br />

unklar wie das von Nüd<strong>in</strong>gen im Falle <strong>de</strong>r Koben. Die Schreibweise variiert <strong>in</strong> <strong>de</strong>n<br />

Urkun<strong>de</strong>n. Mal heißt es ‚Lavalx‘, mal ‚Lavaulx o<strong>de</strong>r ‚La Vaulx‘. Möglicherweise geht<br />

<strong>de</strong>r Name auf e<strong>in</strong> verschwun<strong>de</strong>nes Dorf zurück o<strong>de</strong>r auf das Waldgebiet (Bois <strong>de</strong><br />

Lavaux) nordwestlich von Breux, nicht weit von Montmédy. Der Name hat vermutlich<br />

nichts zu tun mit <strong>de</strong>r Burg Lavaux-Sa<strong>in</strong>t Anne. Es ist dies e<strong>in</strong> Wasserschloss auf<br />

halbem Wege von Arlon nach Namur und ist heute e<strong>in</strong>e Touristenattraktion. Das gleiche<br />

gilt für e<strong>in</strong>e Häusergruppe (frz. hameau) namens Lavaux bei La Roche-en-<br />

Ar<strong>de</strong>nne. Das ist <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Gebiet <strong>de</strong>r Ar<strong>de</strong>nnen, das früher ebenfalls zu Luxemburg<br />

gehörte. Wospernow ist e<strong>in</strong> Ort <strong>in</strong> Pommern. Ursprünglich benannte die Familie sich<br />

3


‚von Natzow‘ nach e<strong>in</strong>em <strong>de</strong>r dortigen Güter. Die Familie kam im 17. Jahrhun<strong>de</strong>rt<br />

nach Lothr<strong>in</strong>gen und Wallonien.<br />

Weniger auf Luxemburg bezogen, aber <strong>in</strong> Deutschland sehr bekannt ist das Haus<br />

Sayn-Wittgenste<strong>in</strong> [7]. Es verfügt über e<strong>in</strong>e Vielzahl von Seitenzweigen. Diese führen<br />

dann oft Namenszusätze wie Sayn-Wittgenste<strong>in</strong>-Sayn o<strong>de</strong>r Sayn-Wittgenste<strong>in</strong>-<br />

Berleburg, Der Zweig, <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Maria Anna Theresia e<strong>in</strong>heiratete, führt <strong>de</strong>n Zusatztitel<br />

‚Herr von Homburg, Vallendar und Neumagen.‘ Die Familie lebte <strong>in</strong> Neuwied. Das<br />

Paar blieb k<strong>in</strong><strong>de</strong>rlos. Nach <strong>de</strong>m To<strong>de</strong> bei<strong>de</strong>r Partner klagten Philipp Karl und se<strong>in</strong>e<br />

Schwester, die Klosterfrau, um Berücksichtigung bei <strong>de</strong>r Erbteilung (e<strong>in</strong>e Kopie <strong>de</strong>r<br />

Prozessakten von 1776/77 bef<strong>in</strong><strong>de</strong>t sich im <strong>Nie<strong>de</strong>rweis</strong>er <strong>Schloss</strong> [8]). Man e<strong>in</strong>igte<br />

sich mit <strong>de</strong>n Schwestern, <strong>de</strong>n Gräf<strong>in</strong>nen Charlotte Sophie und Concordia Augusta,<br />

sowie <strong>de</strong>m Grafen Franz Ludwig und Louise Hert geb. von Wied. Der Verwandtschaftsgrad<br />

<strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n zuletzt genannten ist mir unbekannt.<br />

Der bei <strong>de</strong>r sechsten Tochter, Anna Cather<strong>in</strong>a, erwähnte Name ‚NN von Hos<strong>in</strong>gen‘<br />

ist e<strong>in</strong> Rätsel. Die Familie von <strong>de</strong>r Hey<strong>de</strong>n war zwar im luxemburgischen Ort Hos<strong>in</strong>gen<br />

begütert, es gibt jedoch nirgends H<strong>in</strong>weise auf e<strong>in</strong> nach <strong>de</strong>m Ort benanntes<br />

A<strong>de</strong>lsgeschlecht.<br />

Klosterfrauen und ihre Klöster<br />

Dass <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Familie gleich fünf Schwestern zu Klosterfrauen wur<strong>de</strong>n, ist selbst <strong>in</strong><br />

<strong>de</strong>r Eifel ungewöhnlich. Nur <strong>in</strong> zwei Fällen gibt es H<strong>in</strong>weise, um welche Klöster es<br />

sich han<strong>de</strong>lte (Trier, Hoven). Da es <strong>in</strong> Trier mehr als e<strong>in</strong> Frauenkloster gab, ist damit<br />

nicht gesagt, <strong>in</strong> welchem Or<strong>de</strong>n man dort Aufnahme fand. Bei Hoven han<strong>de</strong>lte es<br />

sich vermutlich um das Kloster Marienborn [9] <strong>de</strong>r Zisterzienser<strong>in</strong>nen im Stadtteil<br />

Hoven von Zülpich. Es war dies e<strong>in</strong>e bereits im 12. Jahrhun<strong>de</strong>rt erfolgte Ausgründung<br />

<strong>de</strong>s Klosters Sankt Thomas an <strong>de</strong>r Kyll. Dies erklärt, warum letzteres Kloster<br />

um 1765 über beträchtlichen Grundbesitz <strong>in</strong> <strong>Nie<strong>de</strong>rweis</strong> verfügte (etwa je 100 Morgen<br />

Acker und Wald). Spätestens während <strong>de</strong>r Zeit <strong>de</strong>r Besetzung durch französische<br />

Revolutionstruppen (1794-1814) fiel dieses Land wie<strong>de</strong>r an <strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>m<br />

<strong>Schloss</strong> verbun<strong>de</strong>n verbliebenen männlichen Erben zurück. Üblicherweise verfügte<br />

e<strong>in</strong> Kloster über die Mitgift ihrer a<strong>de</strong>ligen Nonnen nur während <strong>de</strong>r Dauer ihres Klosterlebens.<br />

Auch die Schwester von Philipp Karl, Ferd<strong>in</strong>an<strong>de</strong> Theodora Dorothea, trat 1758 <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong> Kloster e<strong>in</strong>. Sie hatte das Reichsstift Münsterbilzen [9] bei Maastricht gewählt.<br />

Das berühmte Frauenstift gehörte <strong>de</strong>m Ritteror<strong>de</strong>n. Sie erreichte dort <strong>de</strong>n Rang e<strong>in</strong>er<br />

4


Dechant<strong>in</strong>. Das war die Stellvertreter<strong>in</strong> <strong>de</strong>r Äbtiss<strong>in</strong>. Sie war befreun<strong>de</strong>t mit Marie<br />

Kunigun<strong>de</strong> von Sachsen (1740-1826), <strong>de</strong>r jüngsten Schwester <strong>de</strong>s letzten Trierer<br />

Kurfürsten und korrespondierte über Jahre h<strong>in</strong>weg mit ihr [8]. Wie es sich für A<strong>de</strong>lige<br />

geziemte, war die Korrespon<strong>de</strong>nz <strong>in</strong> Französisch abgefasst.<br />

Marie Kunigun<strong>de</strong> war von 1776 bis 1794 Fürstäbtiss<strong>in</strong> <strong>in</strong> Essen und Thorn (<strong>in</strong> <strong>de</strong>n Nie<strong>de</strong>rlan<strong>de</strong>n). Das<br />

war ihre zweite Wahl gewesen, nach<strong>de</strong>m sie <strong>in</strong> Münsterbilzen als Nachfolger<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Äbtiss<strong>in</strong> aus <strong>de</strong>m<br />

Hause Eltz-Kempenich nicht zum Zuge gekommen war. Sie war nicht nur sehr gebil<strong>de</strong>t, son<strong>de</strong>rn auch<br />

geschäftstüchtig. Der Aufstieg Essens vom Dorf zur Industriestadt [9] geht auf ihr Wirken zurück. Die<br />

Stahl- und Kohleverarbeitung im Ruhrgebiet begann mit e<strong>in</strong>em von ihr gegrün<strong>de</strong>ten Unternehmen,<br />

aus <strong>de</strong>m später die Gute-Hoffnungshütte hervorg<strong>in</strong>g.<br />

Wie bei Ferd<strong>in</strong>an<strong>de</strong> von <strong>de</strong>r Hey<strong>de</strong>n en<strong>de</strong>te auch ihre Klosterlaufbahn abrupt, als<br />

französische Revolutionstruppen ihre Klöster auflösten. Ferd<strong>in</strong>an<strong>de</strong> g<strong>in</strong>g nach <strong>Nie<strong>de</strong>rweis</strong><br />

zurück, Maria Kunigun<strong>de</strong> zunächst zu ihrem Bru<strong>de</strong>r nach Augsburg. Sie<br />

starb <strong>in</strong> Dres<strong>de</strong>n, wo sie aufgewachsen war.<br />

Unterstützung für das Stammhaus<br />

Es ist <strong>in</strong>teressant festzustellen, wie sehr vor allem die verheirateten Schwestern dazu<br />

beitrugen, <strong>de</strong>n politischen Aufstieg ihres Bru<strong>de</strong>rs Franz Eduard Anton zu unterstützen.<br />

Sie bil<strong>de</strong>ten sozusagen se<strong>in</strong>e Hausmacht. Bei <strong>de</strong>n <strong>in</strong>s Kloster e<strong>in</strong>getretenen fünf<br />

Schwestern ist dies weniger offensichtlich. Sie waren weniger lokal aktiv. Dafür<br />

strahlte ihr E<strong>in</strong>fluss <strong>in</strong>s Reich und <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Klerus. Als Illustration <strong>de</strong>r familiären Verbun<strong>de</strong>nheit<br />

kann das Beispiel <strong>de</strong>s Rittergerichts <strong>de</strong>s Großherzogtums Luxemburg<br />

dienen. Nicht nur waren e<strong>in</strong> Schwager (He<strong>in</strong>rich von Schauenburg) und zwei Brü<strong>de</strong>r<br />

von Schwägern (Matthias von Wopersnow, Albert Eugen von Schauenburg) wahlberechtigte<br />

Mitglie<strong>de</strong>r. Ebenso war es e<strong>in</strong> Cous<strong>in</strong> väterlicherseits, <strong>de</strong>r Sohn <strong>de</strong>r oben<br />

abgebil<strong>de</strong>ten Tante (Johann He<strong>in</strong>rich von Zievel). Bei <strong>de</strong>r entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Sitzung im<br />

Jahre 1731, als die Wahl von Franz Eduard Anton zum Vorsitzen<strong>de</strong>n dieses Gremiums<br />

anstand, waren von zwölf die Wahl durchführen<strong>de</strong>n Mitglie<strong>de</strong>rn vier Verwandte.<br />

Es mussten lediglich drei Nicht-Verwandte auf se<strong>in</strong>e Seite gezogen wer<strong>de</strong>n. Gute<br />

Vernetzung nennt man das heute.<br />

E<strong>in</strong>geheiratete Frauen im <strong>Schloss</strong><br />

In zwei Generationen <strong>de</strong>r von <strong>de</strong>r Hey<strong>de</strong>n hatten A<strong>de</strong>lsfrauen <strong>in</strong> das <strong>Nie<strong>de</strong>rweis</strong>er<br />

<strong>Schloss</strong> e<strong>in</strong>geheiratet. Es sche<strong>in</strong>t als ob sich ihr E<strong>in</strong>fluss nicht primär auf die Machtpolitik<br />

<strong>de</strong>s Hauses richtete.<br />

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Franz Eduard Anton heiratete e<strong>in</strong> Mitglied <strong>de</strong>r A<strong>de</strong>lsfamilie Eltz-Ro<strong>de</strong>ndorf, die mit<br />

<strong>de</strong>r berühmten Burg Eltz [9] bei Mayen verbun<strong>de</strong>n ist. Es gibt drei bekannte Zweige<br />

dieser Familie. Die Eltz-Kempenich und Eltz-Rübenach teilen sich heute diese verw<strong>in</strong>kelte<br />

Burg. Eltz-Ro<strong>de</strong>ndorf ist e<strong>in</strong>e dritte L<strong>in</strong>ie. Sie verfügt als Wappen über e<strong>in</strong>en<br />

gol<strong>de</strong>nen Löwen, <strong>de</strong>r über <strong>de</strong>m E<strong>in</strong>gang <strong>de</strong>s <strong>Nie<strong>de</strong>rweis</strong>er <strong>Schloss</strong>es neben <strong>de</strong>m<br />

Wappen <strong>de</strong>r von <strong>de</strong>r Hey<strong>de</strong>n dargestellt ist. Die Familie besaß Wohnhäuser <strong>in</strong> <strong>de</strong>r<br />

Stadt Luxemburg. Maria Wilhelm<strong>in</strong>e ist dort aufgewachsen. Während ihr Ehemann<br />

politisch sehr aktiv war, ist über das Wirken <strong>de</strong>r Ehefrau so gut wie nichts bekannt.<br />

Ich nehme an, dass sie mehr Zeit <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Stadt Luxemburg als <strong>in</strong> <strong>Nie<strong>de</strong>rweis</strong> verbracht<br />

hat. Es existiert e<strong>in</strong> Entwurf e<strong>in</strong>es Ehevertrags zwischen Franz Eduard Anton und<br />

Maria Wilhelm<strong>in</strong>e [8]. Das e<strong>in</strong>zig Beson<strong>de</strong>re dar<strong>in</strong> ist, dass <strong>de</strong>r erstgeborene Sohn<br />

als Alle<strong>in</strong>erbe e<strong>in</strong>gesetzt wird. Philipp Karls Schwester Ferd<strong>in</strong>an<strong>de</strong> war also schon<br />

vor ihrer Geburt benachteiligt.<br />

Westportal <strong>de</strong>s <strong>Schloss</strong>es <strong>Nie<strong>de</strong>rweis</strong> (Foto Matthias Schnei<strong>de</strong>r)<br />

Die letzte <strong>Nie<strong>de</strong>rweis</strong>er Baron<strong>in</strong>, Sophie Anto<strong>in</strong>ette von Hohenfeld, kam aus e<strong>in</strong>er<br />

Familie, die <strong>in</strong> früheren Jahrhun<strong>de</strong>rten im Kurfürstentum Trier sehr bekannt war. Die<br />

Familie stammte ursprünglich aus Nie<strong>de</strong>rösterreich. Sie besaß dort das Wasserschloss<br />

Aistersheim [9] zwischen Passau und L<strong>in</strong>z. Über ihren Vater Wilhelm Ludwig<br />

von Hohenfeld, <strong>de</strong>r später Feldmarschall <strong>de</strong>s Trierer Kurfürsten, Kommandant von<br />

Koblenz und Ehrenbreitste<strong>in</strong> und Hofkriegsrats-Präsi<strong>de</strong>nt war, heißt es <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em historischen<br />

Bericht [4]:<br />

E<strong>in</strong>en guten militärischen Namen hat sich H. [Hohenfeld] durch se<strong>in</strong>e tapfere Vertheidigung <strong>de</strong>s<br />

<strong>Schloss</strong>es Gräfenburg über <strong>de</strong>m Städtchen Trarbach an <strong>de</strong>r Mosel erworben. Obgleich die von allen<br />

Seiten beherrschte kle<strong>in</strong>e Feste nur e<strong>in</strong>e Besatzung von 250 Mann und wenige brauchbare Geschütze<br />

besaß, so hielt sie doch <strong>de</strong>r junge kurtrierische Oberstlieutenant v. H. gegen die gewaltige Übermacht<br />

<strong>de</strong>r Franzosen volle drei Wochen. Der Marschall <strong>de</strong> Belleisle hatte Trarbach am 9. April 1734<br />

mit 40 Compagnien Grenadieren, 10 Regimentern Infanterie und 3 Dragonerregimenten angegriffen<br />

und im ersten Anlaufe genommen. H. warf sich mit se<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>en Schaar <strong>in</strong> das Schloß, welches nun<br />

von <strong>de</strong>n Franzosen, nach<strong>de</strong>m zwei Stürme abgeschlagen, aus 6 Batterien mit 50 schweren Geschützen<br />

neun Tage und Nächte unaufhörlich beschossen und durch 2634 Stück h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>geworfener Bomben<br />

(bis zu 500 Pfund Schwere) <strong>de</strong>rartig <strong>de</strong>molirt wur<strong>de</strong>, daß die Besatzung sich e<strong>in</strong>e ganze Woche<br />

lang <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Gewölbe zusammendrängen mußte, um Schutz vor <strong>de</strong>n Kugeln zu f<strong>in</strong><strong>de</strong>n; und capitulirte<br />

erst, nach<strong>de</strong>m se<strong>in</strong> letztes Geschütz <strong>de</strong>molirt und <strong>de</strong>r e<strong>in</strong>zige Brunnen durch e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>geschlagene<br />

Bombe unbrauchbar gewor<strong>de</strong>n war, am 2. Mai 1734. Von <strong>de</strong>m Marschall Belleisle lebhaft beglückwünscht,<br />

zog H. unter allen Kriegsehren mit <strong>de</strong>m Reste se<strong>in</strong>es Häufle<strong>in</strong>s am 4. Mai 1734 nach Ehrenbreitste<strong>in</strong><br />

ab, worauf die Franzosen das gänzlich zusammengeschossene Schloß vollständig rasirten.<br />

6


In Luxemburg waren die Franzosen zwischen 1683-1689 unter Ludwig XIV. im Rahmen<br />

<strong>de</strong>r Réunionskriege e<strong>in</strong>gerückt, was unter an<strong>de</strong>rem zur Zerstörung <strong>de</strong>r damals<br />

noch luxemburgischen Stadt Bitburgs führte. Das Kurfürstentum Trier erlitt e<strong>in</strong>en<br />

französischen Überfall etwas später. Es war Anfang 1734, als <strong>de</strong>r Gouverneur von<br />

Metz, Graf Belle Isle, im Auftrag Ludwigs XV. über Saarburg <strong>in</strong> Richtung Koblenz<br />

zog. Er wur<strong>de</strong> erst 1737 aus <strong>de</strong>m Gebiet <strong>de</strong>s Kurfürstentums vertrieben, wobei<br />

Oberst von Hohenfeld an <strong>de</strong>r Spitze <strong>de</strong>r Trierischen Truppen <strong>in</strong> die Stadt Trier e<strong>in</strong>zog.<br />

Die Kontakte <strong>de</strong>r Familie von Hohenfeld zum kurfürstlichen Hof <strong>in</strong> Trier bzw. Koblenz<br />

müssen sehr <strong>in</strong>tensiv gewesen se<strong>in</strong>. Wilhelm Ludwig von Hohenfeld hatte <strong>in</strong>sgesamt<br />

zwölf K<strong>in</strong><strong>de</strong>r. Fünf davon verstarben jung; zwei Söhne ergriffen e<strong>in</strong>e kirchliche Laufbahn;<br />

fünf Töchter heirateten <strong>in</strong> an<strong>de</strong>re A<strong>de</strong>lsfamilien e<strong>in</strong>. Da es ke<strong>in</strong>e männlichen<br />

Nachfahren gab, starb <strong>de</strong>r A<strong>de</strong>lsname von Hohenfeld mit dieser Generation aus. Die<br />

Familie <strong>de</strong>s Wilhelm Ludwig von Hohenfeld hat lange <strong>in</strong> Trier gelebt und zog 1742<br />

nach Ehrenbreitste<strong>in</strong> um [5]. Es war dies die Folge se<strong>in</strong>er Beför<strong>de</strong>rung zum Festungskommandanten.<br />

Die drei jüngsten K<strong>in</strong><strong>de</strong>r s<strong>in</strong>d dort geboren. Die Hochzeit <strong>de</strong>r<br />

jüngsten Tochter, Sophie Anto<strong>in</strong>ette, mit Philipp Karl von <strong>de</strong>r Hey<strong>de</strong>n fand 1773 <strong>in</strong><br />

Koblenz statt. Der Bräutigam war Kammerherr und später Kämmerer (F<strong>in</strong>anzm<strong>in</strong>ister)<br />

<strong>de</strong>s Kurfürsten Clemens Wenzeslaus. Ich gehe davon aus, dass er dies <strong>de</strong>m E<strong>in</strong>fluss<br />

<strong>de</strong>r Familie se<strong>in</strong>er Frau zu verdanken hatte. Die Beziehungen, die se<strong>in</strong> Vater zu<br />

Luxemburger A<strong>de</strong>ligen hatte, spielten offensichtlich ke<strong>in</strong>e Rolle mehr. Man blickte<br />

von <strong>Nie<strong>de</strong>rweis</strong> aus statt nach Westen plötzlich nur noch nach Osten (d.h. <strong>in</strong> Richtung<br />

Koblenz).<br />

Amthof <strong>in</strong> Bad Camberg (Foto Petra Maurer)<br />

Die Familie von Hohenfeld hatte ihren Stammsitz <strong>in</strong> Camberg im Taunus. Seit 1670<br />

wohnte die Familie im Amthof und wirkte als kurtrierischer Oberamtmann von Camberg.<br />

Sie war mit <strong>de</strong>r Familie von Metternich verschwägert. Noch heute er<strong>in</strong>nern <strong>de</strong>r<br />

Amthof und die Hohenfeld-Kl<strong>in</strong>iken an die Familie. Der Amthof ist e<strong>in</strong> sehr markanter<br />

Fachwerkbau mitten <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Stadt.<br />

E<strong>in</strong>e Tochter mit Namen Anna Lioba Theresia Elenora Walburga heiratete <strong>in</strong> die Familie<br />

von Schütz zu Holzhausen. Dieser Zweig <strong>de</strong>r Familie beanspruchte später ei-<br />

7


nen Teil <strong>de</strong>s Erbes, das von <strong>de</strong>r <strong>Nie<strong>de</strong>rweis</strong>er Baron<strong>in</strong> h<strong>in</strong>terlassen wur<strong>de</strong>. Nach<br />

zehnjährigen Verhandlungen kam es zu e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>igung, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Schütz von Holzhausen<br />

e<strong>in</strong>en Teil <strong>de</strong>s Erbes zuwies. Dafür brachten sie e<strong>in</strong>en Geldbetrag <strong>in</strong> die Stiftung<br />

e<strong>in</strong>, die daraufh<strong>in</strong> die Bezeichnung Von <strong>de</strong>r Hey<strong>de</strong>n-Schützschen Stiftung annahm.<br />

Vier erbberechtigte Vertreter dieses Familienzweiges unterschrieben <strong>de</strong>n Stiftungsvertrag.<br />

In <strong>de</strong>r Familie von Holzhausen trat als Erbkrankheit häufig Taubstummheit<br />

auf. Deshalb stiftete sie <strong>in</strong> Camberg e<strong>in</strong>e Kl<strong>in</strong>ik, die sich hauptsächlich mit<br />

dieser Erkrankung befasst.<br />

Das Schicksal <strong>de</strong>r letzten <strong>Nie<strong>de</strong>rweis</strong>er Baron<strong>in</strong> ist als tragisch zu bezeichnen. Ihr<br />

Mann war zwar sehr leutselig und im Dorf beliebt. Er nahm an Dorf- und Familienfesten<br />

teil und übernahm bei se<strong>in</strong>en Bauern die Patenschaft <strong>de</strong>s ältesten Sohnes. In<br />

A<strong>de</strong>lskreisen war se<strong>in</strong> Ruf <strong>de</strong>nkbar schlecht. H<strong>in</strong>weise f<strong>in</strong><strong>de</strong>n sich <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Korrespon<strong>de</strong>nz<br />

zwischen se<strong>in</strong>er Schwester, <strong>de</strong>r Nonne im Kloster Münsterbilzen bei Maastricht,<br />

und <strong>de</strong>r Schwester <strong>de</strong>s Trierer Kurfürsten. Dort heißt es, dass se<strong>in</strong> Verhalten se<strong>in</strong>er<br />

Frau und se<strong>in</strong>em Sohne gegenüber unendlichen Kummer bereiten muss (frz. doit<br />

faire <strong>in</strong>f<strong>in</strong>iment <strong>de</strong> la pe<strong>in</strong>e).<br />

Die Umstän<strong>de</strong> se<strong>in</strong>es frühen To<strong>de</strong>s – er fiel auf <strong>de</strong>m Nachhauseweg aus <strong>de</strong>r Dorfschenke<br />

angetrunken <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Brunnen – verschlimmerten noch <strong>de</strong>n miserablen Ruf,<br />

<strong>de</strong>n er hatte. Er h<strong>in</strong>terließ e<strong>in</strong>e Witwe, die fast erbl<strong>in</strong><strong>de</strong>t war, mit e<strong>in</strong>em m<strong>in</strong><strong>de</strong>rjährigen<br />

Sohn. Die Rhe<strong>in</strong>ische Ritterschaft verlangte von <strong>de</strong>r Baron<strong>in</strong>, dass sie e<strong>in</strong>en<br />

Vormund für ihren Sohn bestellt. Sie erbat und erhielt schließlich 1789 selbst die<br />

Vormundschaft, obwohl sie sich weigerte e<strong>in</strong>e Inventaraufstellung vorzulegen. Sie<br />

machte dafür Luxemburger Gewohnheitsrecht geltend. Sie führte, nach<strong>de</strong>m die Bauern<br />

dies for<strong>de</strong>rten, 1790 e<strong>in</strong> letztes Jahrged<strong>in</strong>g durch. Sie wur<strong>de</strong> dabei von ihrem<br />

Meier (Johann Grüber aus Kaschenbach) tatkräftig unterstützt. Da ke<strong>in</strong>erlei Rechte<br />

neu vergeben, aber 32 Strafen wegen Lappalien verhängt wur<strong>de</strong>n, fällt dieses Jahrged<strong>in</strong>g<br />

total aus <strong>de</strong>r Reihe. Zwischen 1792 und 1794 musste sie französische A<strong>de</strong>lige<br />

als Flüchtl<strong>in</strong>ge im <strong>Schloss</strong> aufnehmen. Sie starb im Alter von nur 47 Jahren, und<br />

zwar 1794, d.h. im Jahr <strong>de</strong>s E<strong>in</strong>marschs <strong>de</strong>r Franzosen.<br />

Ihre Schwäger<strong>in</strong>, Ferd<strong>in</strong>an<strong>de</strong> Theodora Dorothea, lebte als gebrechliche alte Frau<br />

nach <strong>de</strong>m To<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Baron<strong>in</strong> zwei Jahre lang bis zum eigenen To<strong>de</strong> (am 13.4.1796)<br />

im <strong>Nie<strong>de</strong>rweis</strong>er <strong>Schloss</strong>. Sie vererbte ihren Besitz an ihren <strong>in</strong>zwischen 22-jährigen<br />

Neffen, Clemens Wenzeslaus. Dafür soll er 200 Seelenmessen lesen lassen und<br />

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zwei Malter Korn an die Armen verteilen. Ihr Neffe hielt sich um diese Zeit vermutlich<br />

<strong>in</strong> Wien auf. Das <strong>Schloss</strong> wur<strong>de</strong> vom Frühmesser und se<strong>in</strong>er Schwester verwaltet. Es<br />

entg<strong>in</strong>g so <strong>de</strong>r Überführung <strong>in</strong> Staatsbesitz (frz. bien national) und <strong>de</strong>r anschließen<strong>de</strong>n<br />

Versteigerung.<br />

Danksagung: Für die Bereitstellung von Archivmaterial und die Unterstützung bei Recherchen danke<br />

ich Matthias Schnei<strong>de</strong>r (<strong>Nie<strong>de</strong>rweis</strong>), Peter Neu (Bitburg), Michael Strauß (Freiburg), Petra Maurer<br />

und Ilona Miedl (Bad Camberg) sowie Hei<strong>de</strong> Wun<strong>de</strong>r (Bad Nauheim)<br />

Quellen<br />

1. Endres, A.: Die <strong>Nie<strong>de</strong>rweis</strong>er <strong>Schloss</strong>herren und ihr Anteil an <strong>de</strong>r Geschichte <strong>de</strong>s Nimstals. Beiträge<br />

zur Geschichte <strong>de</strong>s Bitburger Lan<strong>de</strong>s, Heft 1/2004, Nr. 54 (2004), 15-27. (Die Darstellung basiert<br />

auf me<strong>in</strong>em Wissensstand von 2004. E<strong>in</strong>ige seither vor allem von Peter Neu <strong>in</strong> mehreren Archiven<br />

durchgeführte Recherchen för<strong>de</strong>rten neue Details zutage)<br />

2. Endres, A., Schnei<strong>de</strong>r, M.: E<strong>in</strong>e Chronik von Dorf und <strong>Schloss</strong> <strong>Nie<strong>de</strong>rweis</strong>. <strong>Nie<strong>de</strong>rweis</strong>: Eigenverlag<br />

2010.<br />

3. Annalen <strong>de</strong>s Archäologischen Instituts von Luxemburg.<br />

http://www.archive.org/stream/annalesi12<strong>in</strong>stuoft/annalesi12<strong>in</strong>stuoft_djvu.txt<br />

4. Deutsche Biographie: Hohenfeld, Wilhelm Ludwig. http://www.<strong>de</strong>utschebiographie.<strong>de</strong>/xsfz33314.html<br />

5. Lange, U.: Hohenfeld-Ge<strong>de</strong>nktafeln, Camberg 1985 (Camberger Verlag Schriftenfolge Gol<strong>de</strong>ner<br />

Grund Nr. 25)<br />

6. Strauß, M.: Zwischen Habsburg und Ba<strong>de</strong>n: Breisgauer A<strong>de</strong>l 1750-1850. Vortrag bei Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft<br />

für geschichtliche Lan<strong>de</strong>skun<strong>de</strong> am Oberrhe<strong>in</strong> e.V. am 15. Februar 2008 <strong>in</strong> Freiburg im<br />

Breisgau. http://www.ag-lan<strong>de</strong>skun<strong>de</strong>-oberrhe<strong>in</strong>.<strong>de</strong>/<strong>in</strong><strong>de</strong>x.php?id=p473v (Von Michael Strauß ergänzt<br />

um zusätzliche Information aus: Schauenburg, R. von: Familiengeschichte <strong>de</strong>r Reichsfreiherren von<br />

Schauenburg, Gaisbach bei Oberkirch, 1954)<br />

7. The House of Sponheim. (Englische Ausgabe <strong>de</strong>s A<strong>de</strong>lsverzeichnisses Gotha)<br />

http://www.angelfire.com/realm/gotha/gotha/sponheim3.html<br />

8. Vorläufiges Archiv <strong>Schloss</strong> <strong>Nie<strong>de</strong>rweis</strong>. Das im Aufbau bef<strong>in</strong>dliche, von Mattias Schnei<strong>de</strong>r geführte<br />

Archiv enthält Orig<strong>in</strong>ale bzw. Kopien von vielen Dokumenten zur <strong>Schloss</strong>geschichte.<br />

9. Wikipedia-E<strong>in</strong>träge: Abtei Münsterbilzen, Arlon, Burg Eltz, Büttgenbach, Kloster Marienborn (Eifel),<br />

Montmédy, <strong>Schloss</strong> Aistersheim (Beschreibungen mit Abbildungen); Frédéric <strong>de</strong> Reiffenberg, Maria<br />

Kunigun<strong>de</strong> von Sachsen, Wopersnow (A<strong>de</strong>lsgeschlecht), u.a.<br />

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