Autismus aus der Sicht der Erwachsenenpsychiaterin - Connexia
Autismus aus der Sicht der Erwachsenenpsychiaterin - Connexia
Autismus aus der Sicht der Erwachsenenpsychiaterin - Connexia
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Dr. Petra Steger-Adami, LKH Rankweil
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Keine Freunde, Desinteresse und mangelndes<br />
Einfühlungsvermögen – für manche Erwachsene ein<br />
Anlass, bei sich selbst das Asperger Syndrom zu<br />
diagnostizieren<br />
Selbsttests im Internet<br />
Internetsuche zum Thema Asperger ergibt<br />
16.000.000 – <strong>Autismus</strong> 2.570.000 Treffer<br />
Wissenschaftliche Publikationen: PubMed-Recherche<br />
mit dem Schlagwort <strong>Autismus</strong> ergab im Jahr 2000<br />
311 Nennungen, 2012 19.191 Treffer
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Heller - Pädagoge <strong>aus</strong> Wien<br />
1908: Heller´sche Demenz; unauffällige Entwicklung, dann<br />
Regression<br />
Eugen Bleuler – Schweizer Psychiater<br />
1911: frühkindliche Schizophrenie - <strong>Autismus</strong><br />
Grunja Sucharewa – Russische Psychiaterin<br />
1926: schizoide Psychopathie, klingen z. T. wie Asperger<br />
Hans Asperger - Wiener Kin<strong>der</strong>arzt<br />
1938: erster Artikel,1944 Habilitationsschrift über die autistische<br />
Psychopathie<br />
Leo Kanner - Kin<strong>der</strong>psychiater <strong>aus</strong> Baltimore<br />
1943: 11 Kin<strong>der</strong> mit frühkindlichem <strong>Autismus</strong>, Basis für weitere<br />
Forschung
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Andreas Rett - Wiener Sozialpsychiater und Kin<strong>der</strong>arzt<br />
1966 Beschreibung von 22 Mädchen mit zunächst unauffälliger<br />
Entwicklung und dann autistischer Symptomatik, X-<br />
Chromosomale Ursache<br />
Lorna Wing - britische Psychiaterin<br />
1979: Asperger Syndrom dem englischsprachigen Raum<br />
zugänglich gemacht<br />
1991: Internationales Klassifikationssystem <strong>der</strong> WHO (ICD-10)<br />
1996: Diagnostische Statistische Manual psychischer Störungen<br />
(DSM-IV) <strong>der</strong> American Psychiatric Association<br />
Eric Schoppler - North Carolina<br />
seit 1960 Entwicklung des TEACCH-Programms
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Asperger und <strong>Autismus</strong> sind tiefgreifende<br />
Entwicklungsstörungen, welche die Mehrzahl <strong>der</strong><br />
Betroffenen, ihre Familien und ihre soziale Umgebung<br />
erheblich in den Möglichkeiten einer selbständigen<br />
Lebensführung beeinträchtigt<br />
Die Diagnostik bei Erwachsenen erfor<strong>der</strong>t eine<br />
erhöhte Aufmerksamkeit bei Ärzten, Psychologen und<br />
an<strong>der</strong>en Berufsgruppen
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Patienten mit bereits bestehen<strong>der</strong> Diagnose<br />
◦ Bei Auftreten einer Begleitsymptomatik<br />
◦ Notwendige Kontrollen, Bestätigungen etc.<br />
◦ Bei Än<strong>der</strong>ung von Lebensumständen (z.B. Scheidung,<br />
Arbeitsplatzverlust, etc.)<br />
Patienten mit V. a. high functioning<br />
<strong>Autismus</strong>/Asperger-Syndrom<br />
◦ Oft nach Selbsttests<br />
◦ Nachdem Geschwister diagnostiziert wurden<br />
◦ Nachdem sie durch Begleitsymptomatik psychiatrisch<br />
auffällig wurden
Bei bereits bestehen<strong>der</strong> Diagnose:<br />
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Diagnose und Vorbehandlung durch Kin<strong>der</strong>und Jugendpsychiater<br />
Befundübermittlung an Erwachsenenpsychiater<br />
meist gut integriert in Einrichtungen wie Lebenshilfe,<br />
ProMente, AKS und IFS<br />
Erhebung und ggf. Behandlung von Begleitsymptomatik<br />
Kontrollen, Bestätigungen, etc.
Bei noch nicht klarer Diagnose:<br />
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Psychiatrische Diagnostik<br />
Einholen von ev. Vorbefunden<br />
Zuweisung zu EEG, MRT<br />
Zuweisung zur Testpsychologie, z.B. SMO<br />
Anhand aller Befunde mögliche diagnostische<br />
Zuordnung<br />
Vermittlung an Kontaktstellen des AKS, IFS, <strong>der</strong><br />
Lebenshilfe, proMente, etc.<br />
Ggf. medikamentöse Therapie <strong>der</strong> Begleitsymptomatik
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Erheben <strong>der</strong> Anamnese<br />
Psychiatrische Exploration-<br />
Erheben eines psychopathologischen Status<br />
Medizinische Exploration<br />
Neuropsychologie
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mit dem Patienten<br />
Bestenfalls Angaben von Eltern/engsten<br />
Bezugspersonen<br />
Ev. Auch Angaben von früher <strong>aus</strong> Kin<strong>der</strong>gartenzeit,<br />
Schulzeit, etc.<br />
Informationen vom Arbeitsplatz<br />
Informationen von Freunden
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Vorstellungsgrund (wer und warum)<br />
Aktuelle Problematik, Einschränkung, Entwicklung<br />
Erhebung <strong>der</strong> Biographie inkl. schulischer und<br />
beruflicher Entwicklung<br />
Erhebung <strong>der</strong> frühkindlichen Entwicklung mit:<br />
� Alter bei Beginn <strong>der</strong> Probleme<br />
� Entwicklungsgeschichte<br />
� Angaben von früher von Kin<strong>der</strong>garten, Schule,<br />
Eltern, Freunden, Partner<br />
Familienanamnese, auch hinsichtlich eigenen Kin<strong>der</strong>n<br />
(Entwicklungsstörungen, Intelligenzmin<strong>der</strong>ungen,<br />
psychiatrischen Störungen,..)
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Erheben <strong>der</strong> Anamnese<br />
Psychiatrische Exploration-<br />
Erheben eines psychopathologischen Status<br />
Medizinische Exploration<br />
Neuropsychologie
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Offenes Gespräch<br />
Strukturiertes Gespräch<br />
Ziel<br />
◦ Erfassen <strong>der</strong> Symptomatik<br />
◦ Erfassen von einer ev. Begleitsymptomatik
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Neurologischer und Somatischer Status<br />
Labor (Routine, Stoffwechselscreening)<br />
Beurteilung <strong>der</strong> Befunde von MRT und EEG<br />
Vorbefunde?<br />
Hör-<br />
und Sehstörung?<br />
(genetisches Konsil, z.B. Genetiksprechstunde FK,<br />
Zürich)<br />
Beurteilung <strong>der</strong> Testpsychologie
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IQ (mehrdimensionale Tests)<br />
Gedächtnis und Aufmerksamkeit<br />
Sprachdiagnostik<br />
Persönlichkeitsscreening<br />
Neuropsychologische Tests zur Erfassung sozialer<br />
Kognition, exekutiver Dysfunktion, Mangel an zentraler<br />
Kohärenz<br />
Festgelegte Skalen zur Erfassung von <strong>Autismus</strong>-<br />
Spektrum-Störungen
Sprachentwicklung<br />
�etwa 20-50% <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> mit ASS entwickeln eine<br />
flüssige Sprache<br />
�Intelligenzund Sprachentwicklung korrelieren<br />
miteinan<strong>der</strong><br />
�kritisches Alter bei 6 Jahren<br />
�Auffälligkeiten bestehen bereits vor Beginn <strong>der</strong><br />
formalen Sprachentwicklung (wenig soziale<br />
Interaktion)
Sprachliche Beson<strong>der</strong>heiten<br />
�Echolalie<br />
�Vert<strong>aus</strong>chen von Personalpronomina (ich und du)<br />
�idiosynkratische Begriffe<br />
�Wortneuschöpfungen<br />
�Unfähigkeit übertragene Bedeutungen zu verstehen
Sprachanwendung<br />
�mangelndes Einfühlungsvermögen (Theory of mind)<br />
�Intentionale Zuschreibung durch den Hörer<br />
�Kontextabhängige Bedeutungen werden nicht<br />
verstanden, da Absicht des Sprechers nicht<br />
verstanden wird<br />
�Indirekte Sprechakte (Es zieht! Schließ<br />
�Schwierigkeiten die Sprache an den sozialen<br />
Kontext anzupassen<br />
das Fenster!)
zur Erfassung<br />
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sozialer Kognition<br />
◦ FEFA; Fotos emotionaler Mienen<br />
◦ Bil<strong>der</strong>geschichten zur Erfassung <strong>der</strong> Theory of mind<br />
exekutiver Dysfunktion<br />
◦ Turm von Hanoi, Erfassung von Umstellungsfähigkeit<br />
und flexibler Anpassung von Handlungsmustern<br />
Mangel an zentraler Kohärenz<br />
◦ Bevorzugung lokaler vor globaler Verarbeitung (Baum<br />
vor Wald)<br />
◦ Weniger Opfer optischer Täuschungen<br />
◦ Mangelndes Verständnis für soziale Situationen
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Kategoriale Skalen<br />
◦ Früherkennung (CHAT, M-CHAT)<br />
◦ Screening-Fragebögen (FSK, SCQ)<br />
◦ Beobachtungsskalen (ADOS, CARS)<br />
Interview (ADI-R)<br />
Dimensionale Fragebögen (SRS, SCDC)<br />
Fragebögen zur Selbstbeurteilung (AQ, EQ)<br />
Skalen zur Verlaufsund För<strong>der</strong>diagnostik (SRS, CARX,<br />
PIA-CV-Mini, PEP-R, AAPEP)<br />
Skalen zum Asperger-Syndrom (ASDI, ASAS, AAA)<br />
Fragebogen zur Sprache und Kommunikation (CCC)
Für Erwachsene zugelassen<br />
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Dimensionale Fragebögen (SRS bis 18. Lebensjahr)<br />
Selbstbeurteilung AQ, EQ<br />
Verlaufs-<br />
und För<strong>der</strong>diagnostik: AAEP<br />
Asperger-Syndrom: Adult Asperger Assessment<br />
(AAA), computer-generiertes, gemischtes klinisches<br />
Interview und Expertenrating, das auf Basis von AQ<br />
und EQ entsteht
Fragebogen zur Selbstbeurteilung<br />
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Einsicht, dass Personen mit ASS mit <strong>aus</strong>reichend<br />
kognitiven Fähigkeiten im Jugendlichenund Erwachsenenalter selbst direkt befragt werden sollen.<br />
AQ: <strong>Autismus</strong>-Spektrum-Quotient<br />
◦<br />
◦<br />
◦<br />
◦<br />
50 Items; Höchstwert von 50 Punkten;<br />
Normalbevölkerung zwischen 11-22 Punkten<br />
bei ASS Erwartungswert bei 32 Punkten<br />
Frauen scoren niedriger als Männer<br />
EQ: Empathie-Quotient<br />
◦<br />
◦<br />
◦<br />
◦<br />
60 Items; maximaler Summenwert 80 Punkte<br />
0-32 Punkte spricht für niedrige Empathie<br />
High functioning <strong>Autismus</strong> Werte um die 20<br />
Frauen scoren höher als Männer
Verlaufs-<br />
und För<strong>der</strong>diagnostik -<br />
6 Kompetenzbereiche<br />
� Berufliche Fertigkeiten<br />
� Eigenständigkeit<br />
� Freizeitgestaltung<br />
� Arbeitsverhalten<br />
� Funktionale Kommunikation<br />
� Zwischenmenschliches Verhalten<br />
In je 3 Lebensbereichen<br />
� Klinik<br />
� Wohnen<br />
� Arbeit<br />
AAEP erfasst:
Vor dem 3. Lebensjahr manifestiert sich eine<br />
auffällige und beeinträchtigte Entwicklung in<br />
mindestens einem <strong>der</strong> folgenden Bereiche:<br />
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Rezeptive und expressive Sprache wie sie in <strong>der</strong><br />
sozialen Kommunikation verwandt wird<br />
Entwicklung selektiver und sozialer Zuwendung o<strong>der</strong><br />
reziproker sozialer Interaktion<br />
Funktionelles und symbolisches Spiel
Mindestens 6 Symptome von 1./2./3., davon 2<br />
von 1. und mindestens 1 von 2. und 3.<br />
1.<br />
2.<br />
3.<br />
Qualitative Auffälligkeiten <strong>der</strong> gegenseitigen sozialen<br />
Interaktion<br />
Qualitative Auffälligkeiten <strong>der</strong> Kommunikation<br />
Begrenzte, repetitive und stereotype<br />
Verhaltensmuster, Interessen und Aktivitäten
1. Qualitative Auffälligkeiten <strong>der</strong> gegenseitigen<br />
sozialen Interaktion (mindestens 2)<br />
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Unfähigkeit Blickkontakt, Mimik, Körperhaltung und<br />
Gestik zur Regulation sozialer Interaktionen zu<br />
verwenden<br />
Unfähigkeit, Beziehungen zu Gleichaltrigen<br />
aufzunehmen, mit gemeinsamen Interessen, Aktivitäten<br />
und Gefühlen<br />
Mangel an sozio-emotionaler Gegenseitigkeit, die sich in<br />
einer Beeinträchtigung o<strong>der</strong> devianten Reaktion auf die<br />
Emotionen an<strong>der</strong>er äußert, o<strong>der</strong> Mangel an<br />
Verhaltensmodulation entsprechend dem sozialen<br />
Kontext o<strong>der</strong> nur labile Integration sozialen,<br />
emotionalen und kommunikativen Verhaltens<br />
Mangel, spontan Freude, Interessen o<strong>der</strong> Tätigkeiten mit<br />
an<strong>der</strong>en zu teilen
2. Qualitative Auffälligkeiten <strong>der</strong> Kommunikation (1)<br />
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Verspätung o<strong>der</strong> vollständige Störung <strong>der</strong> gesprochenen<br />
Sprache, die nicht begleitet ist durch einen<br />
Kompensationsversuch durch Gestik o<strong>der</strong> Mimik als<br />
Alternative zur Kommunikation (vor<strong>aus</strong>gehend oft<br />
fehlendes kommunikatives Geplapper)<br />
Relative Unfähigkeit, einen sprachlichen Kontakt zu<br />
beginnen o<strong>der</strong> aufrechtzuerhalten (auf dem jeweiligen<br />
Sprachniveau), bei dem es einen gegenseitigen<br />
Kommunikations<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch mit an<strong>der</strong>en Personen gibt<br />
Stereotype und repetitive Verwendung <strong>der</strong> Sprache o<strong>der</strong><br />
idiosynkrastischer Gebrauch von Worten und Phrasen<br />
Mangel an verschiedenen spontanen Als-ob-Spielen<br />
o<strong>der</strong> sozialen Imitationsspielen
3. Begrenzte, repetitive und stereotype<br />
Verhaltensmuster, Interessen und Aktivitäten (1)<br />
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Umfassende Beschäftigung mit gewöhnlich mehreren<br />
stereotypen und begrenzten Interessen, die in Inhalt und<br />
Schwerpunkt abnorm sind; es kann sich aber auch um<br />
ein o<strong>der</strong> mehrere Interessen und ungewöhnlicher<br />
Intensität und Begrenztheit handeln<br />
Offensichtlich zwanghafte Anhänglichkeit an spezifische,<br />
nicht funktionale Handlungen und Rituale<br />
Stereotype und repetitive motorische Manierismen mit<br />
Handund Fingerschlagen o<strong>der</strong> Verbiegen, o<strong>der</strong><br />
komplexe Bewegungen des ganzen Körpers<br />
Vorherrschende Beschäftigung mit Teilobjekten o<strong>der</strong><br />
nicht-funktionellen Elementen des Spielmaterials
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Entwicklungsstörung <strong>der</strong> rezeptiven Sprache<br />
Reaktive Bindungsstörung<br />
Bindungsstörung mit Enthemmung<br />
Intelligenzmin<strong>der</strong>ung mit emotionaler o<strong>der</strong><br />
Verhaltensstörung<br />
Schizophrenie mit ungewöhnlich frühem Beginn<br />
Rett-Syndrom
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Gleiche Kriterien wie für <strong>Autismus</strong><br />
Manifestationsalter mit Beginn nach dem 3.<br />
Lebensjahr<br />
Einer <strong>der</strong> Störungsbereiche <strong>der</strong> sozialen Interaktion,<br />
<strong>der</strong> Kommunikation o<strong>der</strong> <strong>der</strong> repetitiv-stereotypen<br />
Verhaltensweisen ist unauffällig
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Es fehlt eine klinisch eindeutige Verzögerung <strong>der</strong> gesprochenen<br />
und rezeptiven Sprache o<strong>der</strong> <strong>der</strong> kognitiven Entwicklung.<br />
Die Diagnose verlangt, dass einzelne Worte bereits im 2.<br />
Lebensjahr o<strong>der</strong> früher und kommunikative Phrasen im dritten<br />
Lebensjahr o<strong>der</strong> früher benutzt wurden.<br />
Selbsthilfefertigkeiten, adaptives Verhalten und die Neugier an<br />
<strong>der</strong> Umgebung sollten während <strong>der</strong> ersten drei Lebensjahre einer<br />
normalen intellektuellen Entwicklung entsprechen.<br />
Allerdings können Meilensteine <strong>der</strong> motorischen Entwicklung<br />
etwas verspätet auftreten und eine motorische<br />
Ungeschicklichkeit ist ein häufiges diagnostisches Merkmal.<br />
Inselbegabungen sind häufig aber nicht erfor<strong>der</strong>lich für<br />
Diagnose.
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Qualitative Beeinträchtigungen <strong>der</strong> gegenseitigen<br />
sozialen Interaktion (gleich wie bei <strong>Autismus</strong>)<br />
Ungewöhnlich intensives umschriebenes Interesse<br />
o<strong>der</strong> begrenzte repetitive und stereotype<br />
Verhaltensmuster, Interessen und Aktivitäten<br />
(entspricht dem Punkt begrenzte repetitive und<br />
stereotype Verhaltensmuster, Interessen und<br />
Aktivitäten bei <strong>Autismus</strong>)
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An<strong>der</strong>e tiefgreifende Entwicklungsstörung<br />
Schizotype Störung<br />
Schizophrenia simplex<br />
Reaktive Bindungsstörung des Kindesalters<br />
Bindungsstörung mit Enthemmung<br />
Zwanghafte Persönlichkeitsstörung<br />
Zwangsstörung
<strong>Autismus</strong> Asperger<br />
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Jungen: Mädchen 3:1<br />
Kleinkindalter<br />
Häufig IQ vermin<strong>der</strong>t<br />
Gestörte und verzögerte<br />
Sprachentwicklung<br />
In <strong>der</strong> Regel keine<br />
Einschränkungen in <strong>der</strong><br />
Motorik<br />
Umgebung ist nicht<br />
existent<br />
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Jungen: Mädchen 9:1<br />
Kin<strong>der</strong>gartenund Schulalter<br />
Normale bis überdurchschnittliche<br />
Intelligenz<br />
Frühzeitige<br />
Sprachentwicklung<br />
Motorische<br />
Auffälligkeiten wie<br />
Ungeschicklichkeit<br />
Umgebung wirkt<br />
störend
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An<strong>der</strong>e tiefgreifende Entwicklungsstörungen<br />
Sonstige desintegrative Störungen des Kindeslaters<br />
Rett-Syndrom<br />
Überaktive Störung mit Intelligenzmin<strong>der</strong>ung und<br />
Bewegungsstereotypien<br />
Landau-Kleffner-Syndrom<br />
Störung des Sehund Hörapparates<br />
Expressive und rezeptive Sprachstörungen<br />
Bindungsstörungen<br />
Anpassungsstörungen<br />
Elektiver Mutismus<br />
Schizophrenie<br />
Schizoide Persönlichkeitsstörung
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Epilepsien<br />
Doppelsyndrome<br />
◦ Tuberöse Sklerose<br />
◦ Fragiles X-Syndrom<br />
◦ Phenylketonurie<br />
◦ Neurofibromatose<br />
◦ Williams-Beuren-Syndrom<br />
◦ Angelmann-Syndrom<br />
◦ Pra<strong>der</strong>-Willi-Syndrom<br />
◦ Down-Syndrom<br />
◦ Joubert-Syndrom<br />
◦ Ljuan-Fryns-Syndrom<br />
◦ Moebius-Syndrom<br />
◦ Sotos-Syndrom<br />
◦ Lesch-Nyhan-Syndrom
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Intelligenzmin<strong>der</strong>ung<br />
Hpyerkinetische Störung<br />
Emotionale Störungen<br />
Angststörungen<br />
Zwangsstörungen<br />
Tic-Störungen<br />
Depressive Verstimmungen
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Schizotype Störung<br />
Schizophrenia simplex<br />
Zwanghafte Persönlichkeitsstörung<br />
Zwangsstörung<br />
Reaktive Bindungsstörung des Kindesalters
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Fallbeispiel 1 –<br />
Fallbeispiel 2 –<br />
Fallbeispiel 3 –<br />
Norman<br />
Peter<br />
Kerstin<br />
Bitte durchlesen<br />
Versuch <strong>der</strong> diagnostischen Zuordnung<br />
Asperger/<strong>Autismus</strong> ja/nein<br />
Warum?<br />
Fallbeispiele entnommen <strong>aus</strong> dem Buch: Diagnose und Therapie von<br />
<strong>Autismus</strong>-Spektrum-Störungen; Steinh<strong>aus</strong>en/ Gundelfinger
Vorstellungsanlass<br />
auf Initiative des Patienten<br />
wegen V. a. Asperger-Syndrom<br />
Er sei irgendwie an<strong>der</strong>s, passe nirgends dazu. Was die<br />
an<strong>der</strong>en machen (Party, Trinken, Schwätzen) interessiere<br />
ihn nicht. Ihn interessiere nur das Programmieren und das<br />
Thema Ernährung. Er lese ständig Ernährungsund Programmierbücher, mache mit <strong>der</strong> Ernährung seine<br />
eigenen Experimente. So habe er vegetarisch, Rohkost,<br />
vegan und gegenwärtig Trennkost probiert, um seine<br />
Depressionen wegzukriegen.
Psychopathologischer Befund<br />
Wach, in allen Qualitäten orientiert, formaler<br />
Gedankengang ist flüssig. Inhaltlich bestehen Größenideen<br />
(er könne für irgendetwas bestimmt, ein Genie sein),<br />
außerdem ein paranoi<strong>der</strong> Wahn (Verfolgung durch Autos),<br />
beides mit inadäquatem, nicht manischem Affekt<br />
vorgetragen. Affektiv nicht depressiv, eher gleichgültig,<br />
wenig schwingungsfähig und stellenweise inadäquat.<br />
Psychomotorisch fallen eckige, manierierte Bewegungen<br />
auf. Krankheitsbewusstsein und Behandlungsbereitschaft<br />
sind nur partiell (bezüglich Selbstdiagnose Asperger)<br />
vorhanden.
Vorstellungsanlass<br />
Initiative einer Psychologin, die alle Leitsymptome<br />
des Asperger-Syndroms erfüllt sieht:<br />
� Früher Beginn (bereits im Kin<strong>der</strong>gartenalter auffällig;<br />
Diagnose: Emotionale Störung im Jugendalter;<br />
umschriebene Rechenschwäche, schon damals aber:<br />
an<strong>der</strong>e hänseln ihn, machen sich über ihn lustig)<br />
� Interaktionsund Kommunikationsschwierigkeiten in<br />
sozialen Situationen<br />
� Ausgeprägte Son<strong>der</strong>interessen und –begabungen, Rituale<br />
� Beson<strong>der</strong>heiten <strong>der</strong> Sinneswahrnehmungen (visuell,<br />
auditiv)<br />
� Probleme <strong>der</strong> feinund grobmotorischen Koordination
Fremdanamnese (Eltern)<br />
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immer an<strong>der</strong>s als die an<strong>der</strong>en Kin<strong>der</strong><br />
Vorstellung in psychiatrischen Kliniken. Diagnose:<br />
emotionale Störung. Die Mutter berichtet mit Ausnahme<br />
zwangsritualisierter Handlugen sämtliche Symptome eines<br />
Asperger-Syndroms erkannt zu haben.<br />
Schwangerschaft, Geburt: normal<br />
entwicklungsverzögert, die motorische Entwicklung normal<br />
gewesen, Sprechbeginn mit zwei Jahren. Die Entwicklung<br />
habe immer wie<strong>der</strong> stagniert. Er sei immer sehr langsam<br />
gewesen (nicht von dieser Welt). Im Kin<strong>der</strong>garten Angst<br />
vor den an<strong>der</strong>en Kin<strong>der</strong>n, kein Interesse an an<strong>der</strong>en<br />
Kin<strong>der</strong>n, Kin<strong>der</strong>gartenwechsel. Mit einer engagierten<br />
Erzieherin sei Peter sehr gut zurechtgekommen.<br />
Einschulung mit sieben Jahren nach initialer Rückstufung.
Fremdanamnese (Eltern)<br />
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Zunächst guter Kontakt zu gleichaltrigen Nachbarskin<strong>der</strong>n<br />
Trotz Einladungen an<strong>der</strong>er Kin<strong>der</strong> am liebsten alleine<br />
Bis zur dritten Klasse gute Schulleistungen. In <strong>der</strong> dritten<br />
Klasse habe er sich geweigert zu rechen. Diagnose:<br />
Akalkulie. Vorschlag Son<strong>der</strong>schule. Ab <strong>der</strong> vierten Klasse<br />
habe er sich am Rechenunterricht wie<strong>der</strong> beteiligt.<br />
Peter habe nie Interesse an Mädchen gehabt, habe<br />
Menschen immer gemieden.<br />
Zu einer Cousine habe er aber ein gutes Verhältnis gehabt,<br />
auch zum Bru<strong>der</strong> sei das Verhältnis gut gewesen.<br />
Neu seien verbal-aggressive Angriffe. Peter sei insgesamt<br />
ein Ich-Mensch, reagiere aggressiv wenn ihm Wünsche<br />
nicht gewährt würden.<br />
Beson<strong>der</strong>e Vorlieben: Der Computer sei sein<br />
Lebensgefährte. Peter erkenne soziale Situationen, habe<br />
ein Gespür für Emotionen an<strong>der</strong>er, gehe aber darauf nicht<br />
ein (ich hasse dieses soziale Getue)
Psychopathologischer Befund<br />
Während des Gesprächs kein Blickkontakt, außer bei<br />
Konfrontation (z.B. Auffor<strong>der</strong>ung an ihn gestellte Fragen<br />
konkret zu beantworten). Verliert sich sonst mit<br />
unstillbarem Redefluss in weitschweifigen<br />
Gedankengängen. PX zeigt deutliche paranoide<br />
Verkennungen: bereits mit 15 Jahren vermutete er, je<strong>der</strong><br />
nehme Böses von ihm an, interpretierte er neutrale o<strong>der</strong><br />
freundliche soziale Signale als feindlich und gegen sich<br />
gerichtet (Fremdanamnese u. a. bei Eltern und<br />
Schulkameraden). Deutlich zeigten sich formale<br />
Denkstörungen (Ambivalenz, Weitschweifigkeit,<br />
Sprunghaftigkeit), eine aggressiv-paranoid, gespannte<br />
Grundstimmung. Außerdem gestörter Tag-Nachtrhythmus
Vorstellungsanlass<br />
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Diagnostische Abklärung bei V.a. Asperger-Syndrom.<br />
Kerstin wünscht sich hierdurch Unterstützung bei ihrer<br />
Arbeitsplatzproblematik (Konzentrationsbeeinträchtigung<br />
nach 4-stündiger Tätigkeit, Probleme bei Verän<strong>der</strong>ungen,<br />
bei Sozialkontakten).<br />
Durch Literaturstudium selbst gestellte<br />
Verdachtsdiagnose: Sie hatte immer Probleme mit<br />
Gleichaltrigen, kaum Kontakt, nur Interesse für<br />
Buchtstaben und Zahlen, zeigte motorische<br />
Ungeschicklichkeit mit sehr schlechten Leistungen im<br />
Sportunterricht.
Vorstellungsanlass<br />
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Sie habe panikartige Ängste bei Verän<strong>der</strong>ungen: früher bei<br />
Lehrerwechsel, jetzt bei bevorstehendem Umzug. Sie habe<br />
Körperkontakt immer abgelehnt, sei immer ernst und<br />
nachdenklich gewesen, habe immer viel gelesen.<br />
Von <strong>der</strong> Selbsteinschätzung bezeichnet sich Kerstin als<br />
introvertiert, ordentlich, pünktlich, sauber, intelligent,<br />
wenig ehrgeizig. Sie werde häufig überschätzt. Hilfsbereit<br />
sei sie im Rahmen ihrer Möglichkeiten, d. h. unter<br />
Berücksichtigung ihrer sozialen Einschränkungen.<br />
Im Laufe <strong>der</strong> Jahre habe sie durch Imitation sozial<br />
erwünschtes Verhalten antrainiert.
Angaben (mit Einverständnis von Kerstin) <strong>der</strong> Mutter<br />
und des Vaters (ohne Kerstin)<br />
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Nach schwerer Geburt und anfänglich motorischer<br />
Entwicklungsverzögerung habe sich Kerstin schon früh mit<br />
Buchstaben beschäftigt, habe mit drei Jahren angefangen<br />
zu Lesen. Dadurch habe sie sich die Schriftsprache<br />
angeeignet, die von an<strong>der</strong>en nicht verstanden worden sei.<br />
Dadurch habe sie keinen Kontakt zu Jüngeren und<br />
Gleichaltrigen gefunden, zu Älteren schon.<br />
Die Eltern hätten immer wie<strong>der</strong> versucht, für die Tochter<br />
Kontakte zu schaffen, hätten zu Geburtstagsfeiern bis zu<br />
16 Kin<strong>der</strong> eingeladen. Es habe nicht an den an<strong>der</strong>en<br />
Kin<strong>der</strong>n gelegen, son<strong>der</strong>n die Tochter habe einfach keinen<br />
Kontakt herstellen können, sei auch den<br />
Gegeneinladungen <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> nicht gefolgt.
Angaben (mit Einverständnis von Kerstin) <strong>der</strong> Mutter<br />
und des Vaters (ohne Kerstin)<br />
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In <strong>der</strong> Schule sei sie isoliert gewesen, vor allem nach dem<br />
Wechsel von <strong>der</strong> Grundschule aufs Gymnasium. Ab <strong>der</strong><br />
fünften Klasse sei die Tochter alleine gesessen, niemand<br />
habe sich zu ihr hingesetzt.<br />
Schon <strong>aus</strong> dem Kin<strong>der</strong>garten habe sie auf Wunsch <strong>der</strong><br />
Kin<strong>der</strong>gärtnerin her<strong>aus</strong>genommen werden müssen, da sie<br />
nicht integrationsfähig gewesen sei. Sie habe dort niemand<br />
verstanden, habe an keinen Gruppenaktivitäten teilnehmen<br />
können, habe Angst und Panik entwickelt und zum Schluss<br />
alles Essen und Trinken wie<strong>der</strong> <strong>aus</strong>gespuckt, sodass die<br />
Kin<strong>der</strong>gärtnerinnen kapituliert hätten.
Proze<strong>der</strong>e<br />
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Es waren verschiedene differenzialdiagnostische<br />
Erwägungen anzustellen. Unter an<strong>der</strong>em ob es sich<br />
angesichts <strong>der</strong> schweren Geburt und motorischen<br />
Entwicklungsverzögerung nicht um eine zerebrale<br />
Schädigung handelt. Eine MRT-Untersuchung des Kopfes<br />
wurde angeregt. Darüber sollte die Verdachtsdiagnose<br />
eines ADHS <strong>aus</strong>geschlossen werden. Zu diesem Zweck<br />
wurde die Durchführung einer umfangreichen neuropsychologischen<br />
Testdiagnostik mit beson<strong>der</strong>em<br />
Schwerpunkt auf Ausdauerund Konzentrationsleistungen<br />
empfohlen.<br />
Weiterer Verlauf<br />
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MRT: ohne pathologischen Befund; Testpsychologie: kein<br />
Hinweis auf ADHS
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1-4/1000 für frühkindlichen <strong>Autismus</strong><br />
6,5/1000 für Austismusspektrumstörung<br />
Unter 150 Kin<strong>der</strong>n liegt bei einem eine<br />
<strong>Autismus</strong>spektrumstörung vor<br />
Neuere Studie für Erwachsene und Kin<strong>der</strong>, Häufigkeit mit 1<br />
von 100 angegeben<br />
Keine Zunahme von Erkrankungen, nur verbesserte<br />
Diagnostik<br />
Jungen häufiger als Mädchen betroffen<br />
Mädchen häufiger Intelligenzmin<strong>der</strong>ung und Epilepsie
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Genetische Faktoren und Umweltfaktoren<br />
Körperliche Erkrankungen<br />
Hirnschädigungen bzw. Hirnfunktionsstörungen<br />
Biochemische Anomalien<br />
Neuropsychologische und kognitive Basisdefizite<br />
Störung <strong>der</strong> Emotionsregulation
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Zwillingsstudien zeigen Konkordanzraten von 36-96%<br />
bei eineiigen und 0-5% bei zweieiigen Zwillingen<br />
Hohe Vererbbarkeit autistischer Merkmale<br />
große Vielfalt im Erscheinungsbild <strong>der</strong> autistischen<br />
Störung bedeutet große genetische Heterogenität<br />
Identifizierung von genetischen Varianten, die an <strong>der</strong><br />
Ätiologie dieser Störung beteiligt sind, ist schwer<br />
Komplexe genetische Prozesse durch Interaktionen<br />
verschiedener Gene und von Umweltfaktoren an <strong>der</strong><br />
Ätiologie von <strong>Autismus</strong> beteiligt
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Trotz intensiver Forschungen nur geringe Fortschritte<br />
bei <strong>der</strong> Identifizierung von Kanditatengenen<br />
Neuroligin-Gene 3 und 4 (X-Chromosom), für<br />
Synaptogenese<br />
Neurexin1, Synaptogenese, Glutamat-Neuronen<br />
SCHANK3-Gen (Chromosom22q13), für<br />
Synaptogenese, strukturelle Organisation <strong>der</strong><br />
Dendriten<br />
Oxytocin-Rezeptor-Gen (Chromosom 3p24-26)<br />
soziale Wahrnehmung<br />
Nur in 6-12% monogenetischer Defekt
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Vielzahl von bekannten neurologischen/genetischen<br />
Syndromen<br />
Epilepsien (11-39% klinische Anfälle, 10-77% ohne<br />
klinische Anfälle), deutlich häufiger als in<br />
Normalbevölkerung<br />
Kein spezifisches EEG Muster<br />
Auch die Art <strong>der</strong> Epilepsie o<strong>der</strong> <strong>der</strong> epileptischen<br />
Anfälle nicht spezifisch
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Abweichungen in verschiedenen Hirnregionen:<br />
◦ Abnormitäten des Großhirns<br />
◦ limbischen Systems<br />
◦ Zerebellum<br />
◦ unteren Olivenkerns<br />
Ev. unzureichende Vernetzung diverser cerebraler Areale<br />
fMRT:<br />
◦ Dysfunktion des frontalen Kortex, Amygdala, Basalganglien,<br />
Balken<br />
◦ z.B. bei Erkennung von Gesichtern mit unterschiedlicher<br />
emotionaler Qualität wird jene Struktur des Temorallappens<br />
aktiviert, die bei Gesunden für die Erkennung von Objekten<br />
zuständig ist.<br />
In einigen Studien wird eine vermin<strong>der</strong>te Aktivität in Arealen des<br />
Spiegelneuronennetzwerkes beim Imitationsverhalten von<br />
Autisten beschrieben
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Ergebnisse noch nicht eindeutig<br />
Verän<strong>der</strong>ungen im serotinergen System (Single<br />
nucleotide polymorphism, SNP des Serotonin-<br />
Transportergens)<br />
Verän<strong>der</strong>ungen im dopaminergen System
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Intelligenzstruktur<br />
visuell-räumlich gut, sozial unterdurchschnittlich, Asperger:<br />
Diskrepanz zwischen Verbal-IQ (höher) und Handlungs-IQ<br />
(niedriger)<br />
Exekutivfunktionen<br />
Unfähigkeit einfache und im Alltag notwendige<br />
Planungsprozesse zu vollziehen, flexibel reagieren, kreative<br />
Lösungen,..<br />
Theory of mind<br />
Fähigkeit an<strong>der</strong>en Personen bestimmte Bewusstseinszustände<br />
o<strong>der</strong> Bewusstseinsvorgänge wie z.B. Wünsche, Intentionen,<br />
Überzeugungen, Meinungen zuzuschreiben und zu erfassen<br />
Zentrale Kohärenz<br />
Menschen, Objekte und Situation werden im Kontext gesehen;<br />
bei autistischen Menschen schwach; dafür gute Leistungen bei<br />
versteckten Figuren
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Physiologische Aktivierung (Herzschlag bei Angst)<br />
Physiologische Aktivierung wahrnehmen und adäquat<br />
interpretieren<br />
Fähigkeit destabilisierende Ereignisse und Situationen zu<br />
antizipieren und zu bewältigen<br />
Steht in engem Zusammenhang mit Theory of mind<br />
z. B. Autist sieht wie Kind von Fahrrad fällt,<br />
Herzschlag steigt, kann eigene Reaktion nicht<br />
interpretieren und auch nicht entsprechende<br />
Handlungsstrategie ableiten, z.B. Kind helfen
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Wahrnehmung von Gesichtern<br />
Geteilte Aufmerksamkeit<br />
Ganzheitliche Wahrnehmung<br />
Wahrnehmung von Emotionen<br />
Emotionale Ansteckung, mitfühlende Reaktion<br />
Perspektivenwechsel<br />
Schwierigkeiten im Symbolspiel<br />
Defizite im Spielverhalten führen dazu, dass autistische<br />
Kin<strong>der</strong> auch in <strong>der</strong> weiteren Entwicklung nicht von<br />
Lerneffekten des Spielens in sozialer, emotionaler und<br />
kognitiver Hinsicht profitieren können, was die Teilnahme<br />
am sozialen Leben erschwert
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Meist chronischer Verlauf (bis zu 75 % sind<br />
lebensbegleitend auf Hilfe angewiesen, 1%<br />
unauffällig, 15% grenzwertig)<br />
nur in Einzelfällen rasche Besserung<br />
stereotype Bewegungsmuster und selbstverletzendes<br />
Verhalten nehmen ab<br />
Stereotype Interessen und zwanghaftes Verhalten<br />
bleiben relativ stabil
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Ausprägung <strong>der</strong> Kernsymptomatik<br />
IQ über 50<br />
Sprachfähigkeit vor dem 6. Lebensjahr<br />
Ausmaß<br />
sozial unangepassten Verhaltens<br />
Neurologische Komorbidität<br />
Psychiatrische Komorbidität (vor allem stereotypes<br />
Verhalten und massive Ängste)<br />
Unterstützung durch Familie, Arbeitsplatz, soziale<br />
Einrichtungen
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Grundsätzlich chronischer Verlauf<br />
Oft Versagen in <strong>der</strong> Schule wegen Fixierung auf<br />
Spezialinteressen<br />
Manchmal Symptomatik gebessert im<br />
Erwachsenenalter<br />
Geringere Beziehungsfähigkeit<br />
Mangelnde Empathie<br />
Je nach Integrationsbereitschaft<br />
Im günstigsten Fall soziale o<strong>der</strong> berufliche Nischen
Vor allem bei Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Lebensumstände<br />
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Ängste<br />
Depressionen<br />
Zwänge<br />
Eßstörungen<br />
Schlafstörungen<br />
Akute Belastungsreaktionen bei jahrelang<br />
bestehen<strong>der</strong> kognitiver/sozialer Überfor<strong>der</strong>ung
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Eine Behandlung <strong>der</strong> Grun<strong>der</strong>krankung ist nicht<br />
möglich<br />
Pharmakologische Therapie sowohl des <strong>Autismus</strong> als<br />
auch des Asperger beschränkt sich auf<br />
problematische psychiatrische Begleitsymptomatik<br />
o<strong>der</strong> epileptische Anfälle<br />
Versuche mit B6, Magnesium, Kortikoide, Clonidin,,<br />
Naltrexon, Sekretin etc. unterschiedliche Ergebnisse<br />
Diätetische Maßnahmen mit Glutamatfreier Kost,<br />
Caseinfreier Kost o<strong>der</strong> Gliadinfreier Kost<br />
unterschiedliche Ergebnisse
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Abgesicherte und anerkannte Verfahren<br />
� Verhaltenstherapeutische Verfahren und<br />
Therapieprogramme auch im Rahmen von<br />
Frühför<strong>der</strong>programmen<br />
� Psychoedukative Programme wie TEACCH<br />
Empirisch mäßig abgesicherte Verfahren, aber<br />
potentiell Wirksam<br />
� Training <strong>der</strong> sozialen Kompetenz, auch anhand von<br />
Theory of Mind Trainings<br />
� Relationship Development Intervention<br />
� Social Stories<br />
� Gruppentherapeutische Angebote, SOKO, KONTAKT
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Empirisch nicht abgesichert, aber potenziell wirksam<br />
� Ergotherapie, sensorische Integration<br />
� Logopädie<br />
� Physiotherapie<br />
Zweifelhafte Methoden ohne empirische<br />
Absicherung/ohne wissenschaftlich fundierten<br />
Hintergrund/ohne nachgewiesene Wirksamkeit<br />
� Festhaltetherapie, Diäten, Vitaminund Mineralstofftherapien, Sekretin, auditives<br />
Integrationstraining, Irlen-Therapie, Facilitated<br />
Communication, Reittherapie o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e<br />
tiergestützte Therapien
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Erwachsenenpsychiater<br />
H<strong>aus</strong>ärzte<br />
Ambulanz des LKH-Rankweil<br />
◦ Diagnostik<br />
◦ Vermittlung an an<strong>der</strong>e Stellen<br />
◦ Behandlung <strong>der</strong> Begleitsymptomatik<br />
ProMente, IFS, AKS, SMO<br />
Psychotherapie
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Beratung <strong>der</strong> gesamten Familie<br />
Vor allem Schwierigkeiten in Übergangszeiten, unter<br />
an<strong>der</strong>em Erwachsenwerden mit neuem Lebensort,<br />
Arbeitsplatz, etc.<br />
Risiko an einer Depression o<strong>der</strong> Streß zu erkranken<br />
ist bei Müttern o<strong>der</strong> Vätern deutlich höher<br />
Eltern werden älter<br />
Geschwister: kann Resilienz för<strong>der</strong>n, mit Zunahme<br />
psychosozialer Belastungen steigt Risiko an<br />
psychischer Störung zu erkranken
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Psychoedukation<br />
Begleitung<br />
und Beratung<br />
Rechtliche Ansprüche, Pflegegeld<br />
Unterstützungsmöglichkeiten durch IFS, AKS, ProMente<br />
Unterstützung im Umgang mit Patient<br />
Supervision im Umgang mit Problemverhalten<br />
Erkennen von Grenzen in <strong>der</strong> Behandlung<br />
Vernetzung <strong>der</strong> Helfersysteme<br />
Angebote zur Fort-<br />
und Weiterbildung
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Literatur:<br />
Diagnose und Therapie von <strong>Autismus</strong>-Spektrum-<br />
Störungen; Steinh<strong>aus</strong>en/ Gundelfinger<br />
<strong>Autismus</strong>; Kamp-Becker/Bölte<br />
<strong>Autismus</strong>-Spektrum-Störungen, Noterdaeme/En<strong>der</strong>s<br />
Vorschnelle Selbstdiagnose Asperger-Syndrom, Dose<br />
Das Asperger-Syndrom, Dose<br />
ICD- 10<br />
Psychiatrie und Psychotherapie, Möller/Laux