Nicola Arndt und Matthias Pohl - Neobiota
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6 Anwendung (und Auswertung) der Karte der natürlichen Vegetation Europas für Auswirkungen und Szenarios von Klimaänderungen – ein Fallbeispiel Aufgrund von Klimamodellen wird erwartet, daß sich ganze Vegetationsgürtel nordwärts bzw. in höher gelegene Gebiete verschieben. Wann und wie rasch sich das allerdings vollziehen soll, und ob alle Arten auch mit der durch die Klimaänderung vorgelegten Geschwindigkeit mithalten können, ist jedoch nach wie vor ungewiß. Auch für die Schweiz wurden Modelle erarbeitet, die den Klimaänderungsszenarien entsprechende Vegetationsveränderungen aufzeigen. Für dieses Gebiet gibt es aber auch schon erste Felduntersuchungen mit konkreten Hinweisen auf tatsächlich ablaufende Veränderungen, welche auch auf unerwartete Auswirkungen in diesem Zusammenhang schließen und sich nicht ohne weiteres von Modellen herleiten lassen. 7 Das Modell Vegetationskundler der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) in Birmensdorf bei Zürich haben versucht, ein Modell auf Klimadaten basierend zu entwickeln, welches die zonale Verbreitung der Schweizerischen Waldgesellschaften möglichst gut abbildet (BRZEZIECKI et al. 1995). Dieses Modell diente als Basis, um Klimaszenarien zu simulieren, wie das Beispiel in Abbildung 3 (a/b) zeigt. Aus dem Vergleich der beiden Zustände ergeben sich einige Auffälligkeiten. So werden in weiten Teilen des Schweizerischen Mittellandes die Buchenwälder durch Eichen-Hainbuchenwälder abgelöst, und auch die hochmontanen Lagen erfahren einen beträchtlichen Rückgang in ihrer räumlichen Ausdehnung. Könnten auf der Basis der Karte der natürlichen Vegetation Europas ebenfalls solche Szenarien simuliert werden? Mittels Analogieschlüssen wurde für den gleichen Raum beispielhaft ein mögliches Szenario auch auf die Karte der natürlichen Vegetation Europas angewendet. Das Resultat ist in Abbildung 3 (c/d) dargestellt. Es zeigen sich wieder dieselben Verschiebungen: Die Buchenwälder ziehen sich aus weiten Teilen des Mittellandes zurück, auch das Areal der hochmontanen Vegetation schrumpft beträchtlich. Die Modelle gehen somit von einer allgemeinen Aufwärtswanderung der verschiedenen Vegetationsstufen auf Höhengradienten beziehungsweise Nordwärtswanderung auf Gradienten geographischer Breite aus, wie sie in Abbildung 4 für die erwartete Aufwärtswanderung in schematischer Weise dargestellt ist. Solche Resultate von Modellierungen sollten jedoch mit einer gewissen Vorsicht interpretiert werden. Häufig basieren sie auf angenommenen zukünftigen “The outcomes of models are often Gleichgewichtszuständen, ohne aber Angaben über die presented as potential vegetation maps dynamische Entwicklung zu liefern, die zwischen based on future equilibrium climates, Ausgangs- und Endzustand ablaufen muß, respektive without an indication of the time required to reach this new stage“ über die Zeit, welche bis zum Erreichen eines solchen hypothetischen Endzustandes benötigt wird (siehe (KAPELLE et al. 1999) Kasten). 444
a) c) ERWÄRMUNG ERWÄRMUNG b) d) Legende: Eichenwälder Hainbuchenwälder Buchenwälder Tannen-Buchenwälder Tannen- /Fichtenwälder Alpine Gebiete Feldbeobachtungen ↔ A N A L O G I E ↔ Abb. 3: Räumliche Verteilung zonaler Waldvegetationstypen unter (a) heutigen Klimabe-dingungen und (b) nach einer Erwärmung um ca. 2 °C (verändert nach BRZEZIECKI et al. 1995). (c): Ausschnitt aus der Karte der natürlichen Vegetation Europas (BOHN et al. 2000/2003), (d) analoges Szenario gemäß BRZEZIECKI et al. 1995 angewendet auf die Karte der natürlichen Vegetation Europas (Legende folgt BOHN et al. 2000/2003). Wir kommen nicht umhin, die mittels Modellen erarbeiteten Szenarien durch Feldbeobachtungen zu prüfen und zu verifizieren. Es stellt sich zum jetzigen Zeitpunkt allerdings die Frage, ob die bislang erfolgte Klimaerwärmung ausreichend war, um bereits beobachtbare Veränderungen in Flora und Fauna hervorzurufen. In Tieflagenwäldern der Schweiz wurden in den 90er Jahren frühere Vegetationsaufnahmen aus den 50er und 60er Jahren wiederholt und auf ihre Veränderungen ausgewertet. Dabei zeigte sich u.a., daß montane Arten – die sich in dieser Stufe am unteren Rand ihres Verbreitungsareals befinden – eher 445
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6 Anwendung (<strong>und</strong> Auswertung) der Karte der natürlichen Vegetation Europas für<br />
Auswirkungen <strong>und</strong> Szenarios von Klimaänderungen – ein Fallbeispiel<br />
Aufgr<strong>und</strong> von Klimamodellen wird erwartet, daß sich ganze Vegetationsgürtel nordwärts bzw. in<br />
höher gelegene Gebiete verschieben. Wann <strong>und</strong> wie rasch sich das allerdings vollziehen soll, <strong>und</strong> ob<br />
alle Arten auch mit der durch die Klimaänderung vorgelegten Geschwindigkeit mithalten können, ist<br />
jedoch nach wie vor ungewiß. Auch für die Schweiz wurden Modelle erarbeitet, die den<br />
Klimaänderungsszenarien entsprechende Vegetationsveränderungen aufzeigen. Für dieses Gebiet gibt<br />
es aber auch schon erste Felduntersuchungen mit konkreten Hinweisen auf tatsächlich ablaufende<br />
Veränderungen, welche auch auf unerwartete Auswirkungen in diesem Zusammenhang schließen <strong>und</strong><br />
sich nicht ohne weiteres von Modellen herleiten lassen.<br />
7 Das Modell<br />
Vegetationsk<strong>und</strong>ler der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee <strong>und</strong> Landschaft (WSL)<br />
in Birmensdorf bei Zürich haben versucht, ein Modell auf Klimadaten basierend zu entwickeln,<br />
welches die zonale Verbreitung der Schweizerischen Waldgesellschaften möglichst gut abbildet<br />
(BRZEZIECKI et al. 1995).<br />
Dieses Modell diente als Basis, um Klimaszenarien zu simulieren, wie das Beispiel in Abbildung 3<br />
(a/b) zeigt. Aus dem Vergleich der beiden Zustände ergeben sich einige Auffälligkeiten. So werden in<br />
weiten Teilen des Schweizerischen Mittellandes die Buchenwälder durch Eichen-Hainbuchenwälder<br />
abgelöst, <strong>und</strong> auch die hochmontanen Lagen erfahren einen beträchtlichen Rückgang in ihrer<br />
räumlichen Ausdehnung. Könnten auf der Basis der Karte der natürlichen Vegetation Europas<br />
ebenfalls solche Szenarien simuliert werden?<br />
Mittels Analogieschlüssen wurde für den gleichen Raum beispielhaft ein mögliches Szenario auch auf<br />
die Karte der natürlichen Vegetation Europas angewendet. Das Resultat ist in Abbildung 3 (c/d)<br />
dargestellt.<br />
Es zeigen sich wieder dieselben Verschiebungen: Die Buchenwälder ziehen sich aus weiten Teilen des<br />
Mittellandes zurück, auch das Areal der hochmontanen Vegetation schrumpft beträchtlich.<br />
Die Modelle gehen somit von einer allgemeinen Aufwärtswanderung der verschiedenen<br />
Vegetationsstufen auf Höhengradienten beziehungsweise Nordwärtswanderung auf Gradienten<br />
geographischer Breite aus, wie sie in Abbildung 4 für die erwartete Aufwärtswanderung in<br />
schematischer Weise dargestellt ist.<br />
Solche Resultate von Modellierungen sollten jedoch mit einer gewissen Vorsicht interpretiert werden.<br />
Häufig basieren sie auf angenommenen zukünftigen<br />
“The outcomes of models are often<br />
Gleichgewichtszuständen, ohne aber Angaben über die<br />
presented as potential vegetation maps<br />
dynamische Entwicklung zu liefern, die zwischen<br />
based on future equilibrium climates,<br />
Ausgangs- <strong>und</strong> Endzustand ablaufen muß, respektive<br />
without an indication of the time<br />
required to reach this new stage“<br />
über die Zeit, welche bis zum Erreichen eines solchen<br />
hypothetischen Endzustandes benötigt wird (siehe<br />
(KAPELLE et al. 1999)<br />
Kasten).<br />
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