Nicola Arndt und Matthias Pohl - Neobiota

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22.02.2013 Aufrufe

and tidal flat horizons on the East Friesian Islands documenting distinct sea level changes during that period. Due to shoreline displacement and coastal erosion, horizons of subfossil tidal flat and salt marsh deposits which were formed on the landward side of the East Friesian wadden sea islands are now exposed on the seaward side. Along the beach of several islands, a sere of such fossil horizons was found at elevations between –0.20 to + 2.50 m NN (NN = German Ordinance Datum, which approximately corresponds to the mean sea level). Pollen, diatoms, botanical macrofossils, geochemistry, and other scientific approaches have been used to precisely reconstruct the elevation of the mean high tide level at different times. Age determinations were based on radiocarbon dating of selected fossil plant remains, as well as of shells of bivalves and snails. On the basis of these studies, a slow rise of the mean high tide level of around 40 cm can be demonstrated for the period from 2,000 BP (before present) to 1,200 BP. At about 550 BP, the mean high tide level was practically the same as today (around NN 1.30 m). However, the sea level rise to this position was not continuous, but was interrupted by a short phase of lowering at about 660 BP. A later phase of lowering after the medieval climatic optimum at about 440 BP can most probably be attributed to a climatic deterioration during the so called “Little Ice Age”. Sea level data from the East Friesian Islands show trends similar to those from the West Friesian Islands of the Netherlands. 1 Einleitung Die neue Karte der potentiellen natürlichen Vegetation (BOHN, NEUHÄUSL et al. 2000/2003) führt deutlich vor Augen, daß weite Teile Europas die Domäne verschiedenster Wälder sind. Ausnahmen bilden hierbei nur die waldlosen Hochmoore, Gewässer, arktische Bereiche und Hochgebirgsregionen jenseits der klimatischen Waldgrenze und Wüsten sowie letztendlich auch die salzwasserbeeinflußten Küsten. Durch zahlreiche pollenanalytische Untersuchungen, die seit dem letzten Jahrhundert angefertigt wurden (s. die zusammenfassenden Arbeiten von FIRBAS 1949, 1952, OVERBECK 1975, LANG 1994 etc.), ist die Vegetationsentwicklung in Europa gut bearbeitet, so daß eine fundierte Grundlage zur Konstruktion der potentiellen natürlichen Vegetation (PNV) zur Verfügung steht. Über die Geschichte der Küstenvegetation ist dagegen verhältnismäßig wenig bekannt. Gute Untersuchungsmöglichkeiten bieten sich hierzu in der südlichen Nordsee im Bereich der nordwestdeutschen Flachmeerküste. Eine unverzichtbare Informationsquelle sind in diesem Zusammenhang u. a. die Ergebnisse archäologischer und naturwissenschaftlicher Untersuchungen in den küstennahen Siedlungsgebieten mit ihren typischen Wohnhügeln (Wurten, Warften, Terpen etc.; KÖRBER-GROHNE 1967, BEHRE 1987, BEHRE & HAARNAGEL 1984, HAARNAGEL 1969, 1979 u. v. a.). In das Küstenholozän eingeschaltete Torfe sowie jüngere, subfossile Salzwiesen- und Wattschichten geben ebenfalls Hinweise auf die Entwicklung der Küstenlinie während des Weichsel-Spätglazials und des anschließenden Holozän. Die Gesamtschau der Ergebnisse zeichnet ein deutliches Bild der wechselvollen Geschichte dieser Küstenregion, die bis zum Einsetzen des Deichbaus im 11. Jahrhundert ungeschützt in das Geschehen der marinen Morphodynamik eingebunden war. Bis zur Eindeichung gab es einen breiten Übergangsbereich zwischen salzwasser- und süßwasserbeeinflußter Vegetation. Dieser Übergang existiert in dieser Form nicht mehr, da der Deich heute eine scharfe Trennlinie zwischen beiden Lebensräumen bildet. Für die außendeichs liegenden Salzwiesen entspricht die aktuelle salzwasserbeeinflußte Vegetation mehr oder weniger der potentiellen natürlichen Vegetation, während für das binnendeichs liegende Marschland eine Bewaldung als hypothetisch konstruierter Vegetationszustand anzunehmen ist. 430

2 Spätquartäre und holozäne Entwicklung der südlichen Nordseeküste Im Verlaufe des Quartär hat es im Bereich des südlichen Nordseebeckens eine Vielzahl von Verschie- bungen der Küstenlinie gegeben, wobei Kaltzeiten durch Meeresspiegel-Tiefstände und Warmzeiten durch Meeresspiegel-Hochstände gekennzeichnet sind (STREIF 1990, FREUND & STREIF 1999). Die geologische Überlieferung älterer, unter- bzw. mittelpleistozäner Trans- bzw. Regressionszyklen ist hierbei recht lückenhaft, wohingegen der Übergang von der ausgehenden Weichsel-Kaltzeit in das Holozän sowie der gesamte Verlauf der Nacheiszeit sehr gut dokumentiert und untersucht sind. Zum Zeitpunkt maximaler Abkühlung im Weichsel-Hochglazial, zwischen 22000–18000 Jahren vor heute, waren in Europa große Wassermassen in Form von Gletschereis gebunden. Demzufolge lag der Nordseespiegel ca. 130 m tiefer als heute, so daß die Küstenlinie ca. 350 km nördlich der Doggerbank verlief also ca. 650 km nordwestlich der heutigen Position. Mit der anschließend einsetzenden Wiedererwärmung schmolz das Eis, der Meeresspiegel stieg an, und die Küstenlinie verschob sich rasch über eine ertrinkende Landschaft hinweg landwärts und höher. Der Meeresspiegelanstieg verlief jedoch nicht gleichmäßig, sondern war vor allem während der letzten 7500 Jahre durch eine Abfolge von Anstiegs-, Stillstands- und Rückgangsphasen gekennzeichnet. Dieser wiederkehrende Wechsel führte im Küstenholozän zu einer typischen Wechselfolge von klastischen Sedimenten und organischen Ablagerungen (Abb. 1). Im Küstenbereich wurde Torfwachstum unter anderem auch durch den stetig steigenden Meeresspiegel begünstigt. Dieser führte im pleistozänen Hinterland zu einem Anheben des Grundwasserspiegels sowie zu einer durch Rückstau bedingten schlechteren Entwässerung im Randbereich des saalezeitlichen Altmoränengebietes (STREIF 1990). In Phasen rasch ansteigenden Meeresspiegels konnte das Moorwachstum jedoch die Meeresspiegel-Anstiegsrate nicht kompensieren, so daß die Torfe unter Salzwassereinfluß gerieten, abstarben und letztendlich von marinen Sedimenten transgressiv überlagert wurden (Abb. 1). Im Küstenbereich werden solche Torfe, die auf eiszeitlichen Ablagerungen entstanden sind, allgemein als Basaltorfe bezeichnet. Steht die Torfbildung jedoch in direktem Zusammenhang mit Brackwassereinflüssen, so werden sie nach LANGE & MENKE (1967) Basistorfe genannt. Kontakte und Überlagerungen von klastischen Sedimenten und Torf sind für die letzten 8600 Jahre gut und häufig belegt (STREIF 1990: 181); im aktuellen Geschehen an der südlichen Nordseeküste sind diese Vorgänge aber eine Seltenheit. Einzig am südlichen Rand des Jadebusens im Sehestedter Außendeichsmoor findet sich noch das Beispiel eines Hochmoorrestes im direkten Kontakt zur offenen See. Dieses Moor ist der letzte kleine Rest eines riesigen Moorkomplexes, der ehemals große Teile des heutigen Jadebusen ausfüllte und schließlich mit dessen Einbruch ausgeräumt wurde (BEHRE & KUČAN 1999). Gegenläufige Prozesse, mit dem regressiven Vordringen von Küstenrandmooren auf marine Ablagerungen, sind für Phasen verlangsamten Meeresspiegel-Anstiegs beschrieben. Die Transgression des Torfes hielt so lange an, bis eine erneute marine Transgressionsphase das Wachstum stoppte und die Torfe abschließend mit Sedimenten überdeckt wurden (Abb. 1). Diese sogenannten „schwimmenden Torfe“ sind typisch für das nordwestdeutsche Küstenholozän und markieren deutlich den Außenrand damaliger Küstenlinien. Bei den Torfen handelt es sich in der Regel um Niedermoorbildungen. Während die Basal- bzw. Basistorfe noch häufig als Bruchwaldtorfe anzusprechen sind, treten in den „schwimmenden Torfen“ hauptsächlich Schilf- oder Phragmites-Torfe bzw. Seggentorfe auf. Nach STREIF (1990) bildeten sich die frühesten dieser „schwimmenden Torfe“ um 5500 bis 4800 v. Chr. Weitere Bildungsphasen schlossen sich zwischen 3600 bis 2800 v. Chr. sowie zwischen 431

2 Spätquartäre <strong>und</strong> holozäne Entwicklung der südlichen Nordseeküste<br />

Im Verlaufe des Quartär hat es im Bereich des südlichen Nordseebeckens eine Vielzahl von Verschie-<br />

bungen der Küstenlinie gegeben, wobei Kaltzeiten durch Meeresspiegel-Tiefstände <strong>und</strong> Warmzeiten<br />

durch Meeresspiegel-Hochstände gekennzeichnet sind (STREIF 1990, FREUND & STREIF 1999). Die<br />

geologische Überlieferung älterer, unter- bzw. mittelpleistozäner Trans- bzw. Regressionszyklen ist<br />

hierbei recht lückenhaft, wohingegen der Übergang von der ausgehenden Weichsel-Kaltzeit in das<br />

Holozän sowie der gesamte Verlauf der Nacheiszeit sehr gut dokumentiert <strong>und</strong> untersucht sind.<br />

Zum Zeitpunkt maximaler Abkühlung im Weichsel-Hochglazial, zwischen 22000–18000 Jahren vor<br />

heute, waren in Europa große Wassermassen in Form von Gletschereis geb<strong>und</strong>en. Demzufolge lag der<br />

Nordseespiegel ca. 130 m tiefer als heute, so daß die Küstenlinie ca. 350 km nördlich der Doggerbank<br />

verlief also ca. 650 km nordwestlich der heutigen Position. Mit der anschließend einsetzenden<br />

Wiedererwärmung schmolz das Eis, der Meeresspiegel stieg an, <strong>und</strong> die Küstenlinie verschob sich<br />

rasch über eine ertrinkende Landschaft hinweg landwärts <strong>und</strong> höher. Der Meeresspiegelanstieg verlief<br />

jedoch nicht gleichmäßig, sondern war vor allem während der letzten 7500 Jahre durch eine Abfolge<br />

von Anstiegs-, Stillstands- <strong>und</strong> Rückgangsphasen gekennzeichnet. Dieser wiederkehrende Wechsel<br />

führte im Küstenholozän zu einer typischen Wechselfolge von klastischen Sedimenten <strong>und</strong> organischen<br />

Ablagerungen (Abb. 1).<br />

Im Küstenbereich wurde Torfwachstum unter anderem auch durch den stetig steigenden Meeresspiegel<br />

begünstigt. Dieser führte im pleistozänen Hinterland zu einem Anheben des Gr<strong>und</strong>wasserspiegels<br />

sowie zu einer durch Rückstau bedingten schlechteren Entwässerung im Randbereich des saalezeitlichen<br />

Altmoränengebietes (STREIF 1990). In Phasen rasch ansteigenden Meeresspiegels konnte das<br />

Moorwachstum jedoch die Meeresspiegel-Anstiegsrate nicht kompensieren, so daß die Torfe unter<br />

Salzwassereinfluß gerieten, abstarben <strong>und</strong> letztendlich von marinen Sedimenten transgressiv<br />

überlagert wurden (Abb. 1). Im Küstenbereich werden solche Torfe, die auf eiszeitlichen<br />

Ablagerungen entstanden sind, allgemein als Basaltorfe bezeichnet. Steht die Torfbildung jedoch in<br />

direktem Zusammenhang mit Brackwassereinflüssen, so werden sie nach LANGE & MENKE (1967)<br />

Basistorfe genannt. Kontakte <strong>und</strong> Überlagerungen von klastischen Sedimenten <strong>und</strong> Torf sind für die<br />

letzten 8600 Jahre gut <strong>und</strong> häufig belegt (STREIF 1990: 181); im aktuellen Geschehen an der südlichen<br />

Nordseeküste sind diese Vorgänge aber eine Seltenheit. Einzig am südlichen Rand des Jadebusens im<br />

Sehestedter Außendeichsmoor findet sich noch das Beispiel eines Hochmoorrestes im direkten<br />

Kontakt zur offenen See. Dieses Moor ist der letzte kleine Rest eines riesigen Moorkomplexes, der<br />

ehemals große Teile des heutigen Jadebusen ausfüllte <strong>und</strong> schließlich mit dessen Einbruch ausgeräumt<br />

wurde (BEHRE & KUČAN 1999).<br />

Gegenläufige Prozesse, mit dem regressiven Vordringen von Küstenrandmooren auf marine<br />

Ablagerungen, sind für Phasen verlangsamten Meeresspiegel-Anstiegs beschrieben. Die Transgression<br />

des Torfes hielt so lange an, bis eine erneute marine Transgressionsphase das Wachstum stoppte <strong>und</strong><br />

die Torfe abschließend mit Sedimenten überdeckt wurden (Abb. 1). Diese sogenannten „schwimmenden<br />

Torfe“ sind typisch für das nordwestdeutsche Küstenholozän <strong>und</strong> markieren deutlich den Außenrand<br />

damaliger Küstenlinien. Bei den Torfen handelt es sich in der Regel um Niedermoorbildungen.<br />

Während die Basal- bzw. Basistorfe noch häufig als Bruchwaldtorfe anzusprechen sind, treten in den<br />

„schwimmenden Torfen“ hauptsächlich Schilf- oder Phragmites-Torfe bzw. Seggentorfe auf. Nach<br />

STREIF (1990) bildeten sich die frühesten dieser „schwimmenden Torfe“ um 5500 bis 4800 v. Chr.<br />

Weitere Bildungsphasen schlossen sich zwischen 3600 bis 2800 v. Chr. sowie zwischen<br />

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