Nicola Arndt und Matthias Pohl - Neobiota

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22.02.2013 Aufrufe

Anwendung und Auswertung der Karte der natürlichen Vegetation Europas 2005 411-428 Bundesamt für Naturschutz, Bonn Potentielle natürliche Waldvegetation und Naturraumpotentiale: Quantifizierung natürlicher Potentiale der Nettoprimärproduktion und der Kohlenstoffspeicherung Potential Natural Forest Vegetation and Natural Landscape Potential: Quantification of Natural Potential of Net Primary Production and Carbon Storage GERHARD HOFMANN & MARTIN JENSSEN Zusammenfassung Das transdisziplinäre Konzept der Ökosystemtypen eröffnet die Möglichkeit, Informationen zu ökologischen Prozessen über Vegetationskartierungen flächenhaft zu verallgemeinern. In dem Beitrag wird die Übereinstimmung zwischen kartierten Einheiten der potentiellen natürlichen Vegetation und den entsprechenden Waldökosystemtypen genutzt, um natürliche Potentiale der Nettoprimärproduktion und der Kohlenstoffspeicherung für ausgedehnte Regionen zu berechnen und kartenmäßig darzustellen. Auf der Grundlage von (durch umfangreiches Datenmaterial abgesicherten) Modellen der Nettoprimärproduktion verbreiteter Waldökosystemtypen und der Karte der natürlichen Vegetation Europas werden die natürlichen Potentiale der durchschnittlichen Nettoprimärproduktion (DNP) an oberirdischer Phytomasse für einen nordmitteleuropäischen Gebietsausschnit von 19 Millionen Hektar berechnet und kartiert. Ein Vergleich für die Waldfläche der ostdeutschen Bundesländer erweist, dass Wälder mit einer natürlichen Baumartenzusammensetzung etwa 0,6 t Holz (Trockenmasse) pro Hektar und Jahr mehr als die jetzigen, von Nadelbäumen dominierten Wälder produzieren können. Das Verhältnis der DNP-Potentiale an Holzmasse der aktuellen und der potentiellen natürlichen Vegetation definiert einen ökologischen Wirkungsgrad der Holzmassenerzeugung, der für die ostdeutschen Wälder im Mittel 86 % beträgt. Das Potential der organischen Kohlenstoffspeicherung reicht von etwa 100 t/ha in natürlichen Nadelwäldern bis zu Werten um 600 t/ha in Bruch- und Sumpfwäldern. Für den kartierten nordmitteleuropäischen Gebietsausschnitt ergibt sich ein mittleres natürliches Speicherpotential von 243 t Kohlenstoff pro Hektar und Jahr. Das aktuelle Kohlenstoff-Speicherpotential der 10,7 Millionen Hektar Landoberfläche der ostdeutschen Bundesländer ist vor allem durch die Waldrodungen der Vergangenheit um anderthalb Milliarden Tonnen Kohlenstoff bzw. 56 % gegenüber dem Naturraumpotential erniedrigt. Dieser Verlust entspricht in etwa 28 Jahresraten des derzeitigen jährlichen CO2-Ausstoßes durch Industrie, Haushalte und Verkehr in den ostdeutschen Bundesländern. Auf der gegenwärtigen Waldfläche können der Atmosphäre durch Nutzung von 80 % des zuwachsenden Holzes maximal 10 % der CO2-Emissionsrate der ostdeutschen Bundesländer permanent wieder entzogen werden. Abstract The mutually interdependent nature of vegetation and ecological processes opens up the chance to transfer information on ecosystem processes to large areas by vegetation mapping. This can be achieved by the transdisciplinary concept of ecosystem types. Ecosystem types are defined by their homogeneity with respect to ecosystem processes which implies homogeneity of vegetation structures 411

Anwendung <strong>und</strong> Auswertung der Karte der natürlichen Vegetation Europas 2005 411-428 B<strong>und</strong>esamt für Naturschutz, Bonn<br />

Potentielle natürliche Waldvegetation <strong>und</strong> Naturraumpotentiale: Quantifizierung<br />

natürlicher Potentiale der Nettoprimärproduktion <strong>und</strong> der Kohlenstoffspeicherung<br />

Potential Natural Forest Vegetation and Natural Landscape Potential: Quantification of<br />

Natural Potential of Net Primary Production and Carbon Storage<br />

GERHARD HOFMANN & MARTIN JENSSEN<br />

Zusammenfassung<br />

Das transdisziplinäre Konzept der Ökosystemtypen eröffnet die Möglichkeit, Informationen zu<br />

ökologischen Prozessen über Vegetationskartierungen flächenhaft zu verallgemeinern. In dem Beitrag<br />

wird die Übereinstimmung zwischen kartierten Einheiten der potentiellen natürlichen Vegetation <strong>und</strong><br />

den entsprechenden Waldökosystemtypen genutzt, um natürliche Potentiale der<br />

Nettoprimärproduktion <strong>und</strong> der Kohlenstoffspeicherung für ausgedehnte Regionen zu berechnen <strong>und</strong><br />

kartenmäßig darzustellen.<br />

Auf der Gr<strong>und</strong>lage von (durch umfangreiches Datenmaterial abgesicherten) Modellen der Nettoprimärproduktion<br />

verbreiteter Waldökosystemtypen <strong>und</strong> der Karte der natürlichen Vegetation Europas<br />

werden die natürlichen Potentiale der durchschnittlichen Nettoprimärproduktion (DNP) an<br />

oberirdischer Phytomasse für einen nordmitteleuropäischen Gebietsausschnit von 19 Millionen Hektar<br />

berechnet <strong>und</strong> kartiert. Ein Vergleich für die Waldfläche der ostdeutschen B<strong>und</strong>esländer erweist, dass<br />

Wälder mit einer natürlichen Baumartenzusammensetzung etwa 0,6 t Holz (Trockenmasse) pro Hektar<br />

<strong>und</strong> Jahr mehr als die jetzigen, von Nadelbäumen dominierten Wälder produzieren können. Das<br />

Verhältnis der DNP-Potentiale an Holzmasse der aktuellen <strong>und</strong> der potentiellen natürlichen Vegetation<br />

definiert einen ökologischen Wirkungsgrad der Holzmassenerzeugung, der für die ostdeutschen<br />

Wälder im Mittel 86 % beträgt.<br />

Das Potential der organischen Kohlenstoffspeicherung reicht von etwa 100 t/ha in natürlichen<br />

Nadelwäldern bis zu Werten um 600 t/ha in Bruch- <strong>und</strong> Sumpfwäldern. Für den kartierten<br />

nordmitteleuropäischen Gebietsausschnitt ergibt sich ein mittleres natürliches Speicherpotential von<br />

243 t Kohlenstoff pro Hektar <strong>und</strong> Jahr. Das aktuelle Kohlenstoff-Speicherpotential der 10,7 Millionen<br />

Hektar Landoberfläche der ostdeutschen B<strong>und</strong>esländer ist vor allem durch die Waldrodungen der<br />

Vergangenheit um anderthalb Milliarden Tonnen Kohlenstoff bzw. 56 % gegenüber dem<br />

Naturraumpotential erniedrigt. Dieser Verlust entspricht in etwa 28 Jahresraten des derzeitigen<br />

jährlichen CO2-Ausstoßes durch Industrie, Haushalte <strong>und</strong> Verkehr in den ostdeutschen B<strong>und</strong>esländern.<br />

Auf der gegenwärtigen Waldfläche können der Atmosphäre durch Nutzung von 80 % des<br />

zuwachsenden Holzes maximal 10 % der CO2-Emissionsrate der ostdeutschen B<strong>und</strong>esländer<br />

permanent wieder entzogen werden.<br />

Abstract<br />

The mutually interdependent nature of vegetation and ecological processes opens up the chance to<br />

transfer information on ecosystem processes to large areas by vegetation mapping. This can be<br />

achieved by the transdisciplinary concept of ecosystem types. Ecosystem types are defined by their<br />

homogeneity with respect to ecosystem processes which implies homogeneity of vegetation structures<br />

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