Nicola Arndt und Matthias Pohl - Neobiota

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22.02.2013 Aufrufe

Die alte „Sylva mediterranea“ ist heute vorwiegend auf die „Macchie“ beschränkt, jedoch findet man auch schöne Hochwälder mit Pinus halepensis in Apulien (Pistacio lentisci-Pinetum halepensis) und mit Quercus ilex auf Sardinien und auf dem Supramonte von Orgosolo (Gesellschaft des Aceri monspessulani-Quercetum ilicis); einige Bestände sind als primär zu betrachten und daher von großem ökologischen Interesse. Bezüglich dieser Steineichenwäldern äußern sich ARRIGONI & DI TOMMASO (1990), daß „diese Gebirgs-Steineichenwälder aufgrund ihrer Charakteristika in Bezug auf Waldstruktur und Pflanzenbestand einen einzigartigen Aspekt eines hoch entwickelten mediterranen Ökosystems darstellen“. Mediterrane Vegetation findet sich außerdem in den Nationalparks Gargano (Aleppokiefernwälder und Steineichenwälder der Assoziation Ostryo-Quercetum ilicis als Niederwald), Vesuv, Monte Circeo und des toskanischen Archipels (verschiedene Formen mediterraner Macchie). Zu erwähnen sind außerdem der Regionalpark Monte Conero (Orno-Quercetum ilicis als Niederwald), der Regionalpark Monti dell’Uccelina (Viburno-Quercetum ilicis, hier auch als Hochwald) und einige andere Naturreservate. Abb. 5: Aufsplitterung der vormals geschlossenen Quercus trojana-Wälder (Euphorbio apii-Quercetum trojanae) in kleine, isolierte Bestände, Puglia, Süditalien (aus BASSANI & CLEMENTI 1988). 3.11 Quercus trojana-Wälder (Einheit G63) Quercus trojana ist in Italien auf das Gebiet der Murge in Apulien und einige Erhebungen in der Basilikata beschränkt (FRANCINI-CORTI 1966, 1967). Diese Gebiete sind schon seit langer Zeit starkem menschlichem Einfluß ausgesetzt. Heute sind nur noch Restbestände dieser Wälder erhalten (BASSANI & CLEMENTI 1988), die in einem fast vollständig landwirtschaftlich genutzten Gebiet liegen und fast immer von Trockensteinmauern umschlossen sind. Die Vegetation der Quercus trojana- Wälder (nach BIANCO et al. 1998 Euphorbio apii-Quercetum trojanae) war im Laufe der Jahrhunderte folgenden Einwirkungen ausgesetzt: Verkleinerung des ursprünglichen Areals und Aufsplitterung in sehr kleine Bestände (Abb. 5); der gegenwärtige Waldbestand ist überwiegend Niederwald, 244

ausgenommen ein hochstämmiger Bestand von etwa 20 ha mit wunderschönen großen Eichen. Alle Quercus trojana-Wälder werden als Weideland für Haustiere genutzt, daher entwickeln sich im Unterwuchs vielfach nitrophile und Ruderalarten sowie Sträucher (Degenerationsprozeß). Einige Quercus trojana-Wälder befinden sich innerhalb des Naturreservats der östlichen Murge. 4 Schlußbetrachtungen Die obigen Ausführungen belegen, daß sich die natürliche Vegetation in großen Teilen Italiens als Folge menschlicher Tätigkeit in einem kritischen Zustand befindet. Insbesondere ist auf folgendes hinzuweisen: – Die natürliche Vegetation wurde auf etwa zwei Dritteln der italienischen Landfäche beseitigt; – das reale Verbreitungsgebiet einiger Vegetationstypen wurde durch Veränderung der Umweltbedingungen drastisch verkleinert; so sind Bestände von Waldgesellschaften der Tiefebenen und bestimmten Auenwaldtypen heute äußerst selten geworden; – die Standorte einiger Gesellschaften wurden tiefgreifend verändert oder vollständig zerstört (z. B. See- und Flußufer, Sümpfe, Torfmoore, Heiden), so daß sich ihre Bestände drastisch verringerten oder ganz verschwanden; – die Vegetation der Sanddünen wurde durch den Badetourismus stark beeinträchtigt oder örtlich ganz vernichtet; – Bereiche mit natürlicher Vegetation werden durch Waldrodung und Ausweitung der menschlichen Nutzung weiter zerstückelt; – einige Gesellschaften degenerieren infolge des Verschwindens der Charakterarten und des Eindringens von kosmopolitischen Arten, die nicht zur spezifischen Artenkombination gehören. GAFTA (1994, 1996) stellte in Bezug auf die Tannenwälder des Trentino fest, daßdie Vorkommen charakteristischer Arten in manchen Waldbeständen stark zurückgegangen oder ganz verschwunden sind und kosmopolitische Spezies sowie Fremdarten stark zugenommen haben bzw. zur Dominanz gelangt sind; – viele Waldgesellschaften degenerieren aufgrund des Verlustes der natürlichen Struktur sowie durch Entwaldung und Umwandlung in Niederwald mit der Folge des Rückgangs des Natürlichkeitsgrades; nach dem Nationalen Waldinventar (MINISTERO AGRICOLTURA FORESTE 1988) beträgt die von Wald bedeckte Fläche in Italien 3.447.200 ha, davon sind 907.200 ha Hochwald und 2.538.000 ha Niederwald; Hochwald nimmt demnach nur 20,7 % der Gesamtfläche ein, Niederwald dagegen 52,6 %. Demgegenüber sind folgende positive Aspekte zu erwähnen: – Die natürliche Vegetation Italiens weist eine hohe Biodiversität auf, und sie hat deshalb eine große pflanzengeographische, phytozönotische und ökologische Bedeutung; – in von der Landwirtschaft aufgelassenen Gebieten bilden sich neue Sekundär-Wälder; dieser Prozeß wird in Italien jedoch aus wirtschaftlichen und landschaftsästhetischen Gründen nicht positiv bewertet; zumindest in Schutzgebieten müßte dieses Phänomen jedoch auf jeden Fall akzeptiert und gefördert werden; – die Waldvegetation hat in den Gebirgsmassiven noch eine große Ausdehnung, auch wenn sie infolge wachsender Umweltveränderung immer mehr dezimiert und zerstückelt wird; – in vielen Waldgebieten entstehen Regenerationsprozesse, die eine Neubildung von Wäldern mit hohem Natürlichkeitsgrad ermöglichen; 245

ausgenommen ein hochstämmiger Bestand von etwa 20 ha mit w<strong>und</strong>erschönen großen Eichen. Alle<br />

Quercus trojana-Wälder werden als Weideland für Haustiere genutzt, daher entwickeln sich im<br />

Unterwuchs vielfach nitrophile <strong>und</strong> Ruderalarten sowie Sträucher (Degenerationsprozeß). Einige<br />

Quercus trojana-Wälder befinden sich innerhalb des Naturreservats der östlichen Murge.<br />

4 Schlußbetrachtungen<br />

Die obigen Ausführungen belegen, daß sich die natürliche Vegetation in großen Teilen Italiens als<br />

Folge menschlicher Tätigkeit in einem kritischen Zustand befindet. Insbesondere ist auf folgendes<br />

hinzuweisen:<br />

– Die natürliche Vegetation wurde auf etwa zwei Dritteln der italienischen Landfäche beseitigt;<br />

– das reale Verbreitungsgebiet einiger Vegetationstypen wurde durch Veränderung der<br />

Umweltbedingungen drastisch verkleinert; so sind Bestände von Waldgesellschaften der<br />

Tiefebenen <strong>und</strong> bestimmten Auenwaldtypen heute äußerst selten geworden;<br />

– die Standorte einiger Gesellschaften wurden tiefgreifend verändert oder vollständig zerstört (z. B.<br />

See- <strong>und</strong> Flußufer, Sümpfe, Torfmoore, Heiden), so daß sich ihre Bestände drastisch verringerten<br />

oder ganz verschwanden;<br />

– die Vegetation der Sanddünen wurde durch den Badetourismus stark beeinträchtigt oder örtlich<br />

ganz vernichtet;<br />

– Bereiche mit natürlicher Vegetation werden durch Waldrodung <strong>und</strong> Ausweitung der menschlichen<br />

Nutzung weiter zerstückelt;<br />

– einige Gesellschaften degenerieren infolge des Verschwindens der Charakterarten <strong>und</strong> des<br />

Eindringens von kosmopolitischen Arten, die nicht zur spezifischen Artenkombination gehören.<br />

GAFTA (1994, 1996) stellte in Bezug auf die Tannenwälder des Trentino fest, daßdie Vorkommen<br />

charakteristischer Arten in manchen Waldbeständen stark zurückgegangen oder ganz<br />

verschw<strong>und</strong>en sind <strong>und</strong> kosmopolitische Spezies sowie Fremdarten stark zugenommen haben bzw.<br />

zur Dominanz gelangt sind;<br />

– viele Waldgesellschaften degenerieren aufgr<strong>und</strong> des Verlustes der natürlichen Struktur sowie durch<br />

Entwaldung <strong>und</strong> Umwandlung in Niederwald mit der Folge des Rückgangs des<br />

Natürlichkeitsgrades; nach dem Nationalen Waldinventar (MINISTERO AGRICOLTURA FORESTE<br />

1988) beträgt die von Wald bedeckte Fläche in Italien 3.447.200 ha, davon sind 907.200 ha<br />

Hochwald <strong>und</strong> 2.538.000 ha Niederwald; Hochwald nimmt demnach nur 20,7 % der Gesamtfläche<br />

ein, Niederwald dagegen 52,6 %.<br />

Demgegenüber sind folgende positive Aspekte zu erwähnen:<br />

– Die natürliche Vegetation Italiens weist eine hohe Biodiversität auf, <strong>und</strong> sie hat deshalb eine große<br />

pflanzengeographische, phytozönotische <strong>und</strong> ökologische Bedeutung;<br />

– in von der Landwirtschaft aufgelassenen Gebieten bilden sich neue Sek<strong>und</strong>är-Wälder; dieser<br />

Prozeß wird in Italien jedoch aus wirtschaftlichen <strong>und</strong> landschaftsästhetischen Gründen nicht<br />

positiv bewertet; zumindest in Schutzgebieten müßte dieses Phänomen jedoch auf jeden Fall<br />

akzeptiert <strong>und</strong> gefördert werden;<br />

– die Waldvegetation hat in den Gebirgsmassiven noch eine große Ausdehnung, auch wenn sie<br />

infolge wachsender Umweltveränderung immer mehr dezimiert <strong>und</strong> zerstückelt wird;<br />

– in vielen Waldgebieten entstehen Regenerationsprozesse, die eine Neubildung von Wäldern mit<br />

hohem Natürlichkeitsgrad ermöglichen;<br />

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