Nicola Arndt und Matthias Pohl - Neobiota

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Die Assoziation Empetro nigri-Pinetum (Libbert et Sissingh 1939) Wojterski 1964 kommt an der Ostsee in einem schmalen Streifen entlang der Küste vor. WOJTERSKI (1964) nennt folgende regionalen Kennarten für diese Assoziation: Goodyera repens, Moneses uniflora, Listera cordata, und als Trennarten: Empetrum nigrum, Carex arenaria, Salix arenaria (= S. repens subsp. dunensis). W. MATUSZKIEWICZ (1984) ergänzt noch Scleropodium purum und Polypodium vulgare. Er betrachtet das Empetro nigri-Pinetum als primäre Pflanzengesellschaft, die vor allem durch die hohe Abundanz von Empetrum nigrum charakterisiert ist. Ähnliche Kiefernwälder finden sich am westlichen und nördlichen Ufer des Ladogasees; früher kamen sie wahrscheinlich auch am Ufer des Finnischen Meerbusens vor. Ihre Besonderheit ist die hohe Abundanz von Empetrum nigrum auf relativ trockenen Standorten. Diese Art kommt außerhalb des schmalen Küstenstreifens auch auf Hochmooren im nordwestlichen Rußland vor. Sie besiedelt ferner unvernäßte Standorte in nordborealen Wäldern und ist dort eine der dominierenden Arten in der zonalen Assoziation Pinetum empetroso-myrtillosum. Weshalb reicht Empetrum nigrum auf trockenen Sandböden an der Ost- und Nordseeküste so weit nach Süden? Die Erklärung dafür liegt wahrscheinlich in dem kühleren und feuchteren Lokalklima längs der Küste. Alle anderen Kenn- und Trennarten des Empetro nigri-Pinetum haben keine so enge Bindung an ein entsprechendes Mesoklima und sind auch in anderen Pflanzengesellschaften in Polen und Rußland weit verbreitet. HEINKEN & ZIPPEL (1999) geben dieselbe Assoziation für die Ostseeküste in Vorpommern an. Die Stetigkeit von Empetrum nigrum ist dort allerdings sehr niedrig, dafür werden Galium album, Hieracium umbellatum und Polypodium vulgare als Trennarten des Empetro nigri-Pinetum angeführt. Diese Gesellschaft hat jedoch nur wenige Gemeinsamkeiten mit den Empetrum nigum-reichen Kiefernwäldern im nordwestlichen Rußland. Die Assoziation Peucedano-Pinetum Matuszkiewicz 1962 ist ein subkontinentaler Kiefernwald. Diese Assoziation wird charakterisiert durch eine Artengruppe aus Convallaria majalis, Solidago virgaurea, Scorzonera humilis, Peucedanum oreoselinum, Polygonatum odoratum, Anthericum ramosum und Geranium sanguineum (MATUSZKIEWICZ 1984). Auf trockeneren und wärmeren Standorten enthält die Subassoziation pulsatilletosum folgende Trennarten: Thymus serpyllum, Arctostaphylos uva-ursi, Pulsatilla patens, Lycopodium complanatum und Antennaria dioica, die Subassoziation typicum ist dagegen durch Rubus saxatilis, Orthilia secunda, Pteridium aquilinum und Polytrichum formosum differenziert (W. & J. MATUSZKIEWICZ 1973). A. SOKOŁOWSKI (1979) beschreibt die Assoziation Calamagrostio arundinaceae-Pinetum aus Nordostpolen. Calamagrostis arundinacea dominiert in der Krautschicht dieser Gesellschaft, und ihre Kennarten sind Koeleria grandis (= polonica), Viola rupestris, Prunella grandiflora, Astragalus danicus und Neottianthe cucullata. Beide Assoziationen entsprechen nicht den Kiefernwaldeinheiten in Osteuropa. Dort sind Kiefernwälder mit hoher Abundanz von Calamagrostis arundinacea, Convallaria majalis, Pteridium aquilinum und Rubus saxatilis vom südlichen Teil der mittelborealen Unterzone bis zur hemiborealen Unterzone weit verbreitet. Es handelt sich um echte boreale Gesellschaften, denen nemorale und thermophile bzw. relativ xerophile Arten vollständig fehlen. Sie stellen Ersatzgesellschaften auf frischen, verhältnismäßig reichen Böden nach Bränden in Fichtenwäldern dar, in denen die Fichte allmählich wieder Fuß faßt und die Kiefer verdrängt. 140

Xerophytische Kiefernwälder haben mit diesen Wäldern nur wenige gemeinsame Arten. Sie kommen auf trockenwarmen Standorten in der südborealen Unterzone vor und sind nach Süden bis in die Steppenzone verbreitet. Trennarten für die xerophytischen Kiefernwälder im nordwestlichen Rußland sind Pulsatilla patens, Viola rupestris, Jasione montana, Dianthus arenarius, Astragalus arenarius, Dracocephalum ruyschiana und Gypsophila fastigiata. Außerdem haben Centaurea sumensis, Potentilla arenaria, Koeleria glauca und Jurinea cyanoides in den südlichen und östlichen Regionen höhere Stetigkeit. Diese Artengruppe unterscheidet sich bis auf wenige Arten deutlich von der Trennartengruppe der analogen Kiefernwälder in Zentraleuropa. Außer den angeführten Arten kommen in der Krautschicht Calluna vulgaris, Carex ericetorum, Arctostaphylos uva-ursi, Vaccinium vitis-idaea, Festuca ovina und Polygonatum odoratum vor. Alle diese Arten haben eine weite Verbreitung in borealen Kiefernwäldern. Die Abundanz der borealen Arten vermindert sich allerdings in südlicher Richtung, und viele reichen nicht bis an die südliche Arealgrenze der Kiefernwälder. Flechten wie Cladina arbuscula und C. rangiferina sind hier oft vertreten, und Pleurozium schreberi herrscht häufig in der Moosschicht. Steppenarten spielen dagegen in den Kiefernwäldern Osteuropas keine bedeutende Rolle, ihre Abundanz ist gering. Die Kennarten der xerophytischen Kiefernwälder breiten sich nach Bodenfeuer und Kahlschlag aus, sobald die Moosschicht zerstört wird. Im Prozeß der Regeneration vermindert sich ihre Abundanz wiederum. Die Kiefernwälder der Steppen- und Waldsteppenzone sind demgegenüber durch echte Steppenarten charakterisiert, zum Beispiel Stipa joannis, Poa angustifolia, Festuca beckeri, Kochia lanifolia, Thymus pallasianus und Achillea gerberi (SUKATCHEV 1931; BELGARD 1950). 3 Fazit Die borealen und hemiborealen Wälder Europas bilden eine komplexe Formation. Sie nehmen ein sehr großes Areal ein und besiedeln sehr unterschiedliche Standorte. Die Vegetationskarte Europas spiegelt ihre ökologische und insbesondere geographische Differenzierung wider. Die Schaffung einer für ganz Europa gültigen Klassifikation der Pflanzengesellschaften dieser Formation steht jedoch noch aus und stellt sich als wichtige Aufgabe für die nahe Zukunft. Literatur BELGARD, A.L. (1950): Lesnaja rastitelnost jugo-vostoka Ukrainy. – Kiev (Izd. Kiev Universitet) 263 p. (russisch). HEINKEN, T. & ZIPPEL, E. (1999): Die Sand-Kiefernwälder (Dicrano-Pinion) im norddeutschen Tiefland: syntaxonomische, standörtliche und geographische Gliederung. – Tuexenia 19: 55-106. MATUSZKIEWICZ, W. (1984): Przewodnik do oznaczania zbiorowisk roÑlinnych Polski. – Warszawa (Pa½stwowe Wydawnictwo Naukowe) 298 S. MATUSZKIEWICZ, W. & MATUSZKIEWICZ, J. (1973): Przegl�d fitosocjologiczny zbiorowisk lesnych Polski. 2. Bory sosnowe. – Phytocoenosis 2(4): 273-356. SOKOŁOWSKI, A. (1979): Trzcinnikowo-sosnowy bór mieszany (Calamagrostio arundinaceae- Pinetum) w pólnocno-wschodnej Polsce. – Fragmenta floristica et geobotanica 25(4): 485-492. SUKATCHEV, V.N. (1931): Tipy lesa Busulukskogo bora. – Trudy i issledovania po lesnomu chozjaistvu 13: 110-241. (russisch). 141

Xerophytische Kiefernwälder haben mit diesen Wäldern nur wenige gemeinsame Arten. Sie kommen<br />

auf trockenwarmen Standorten in der südborealen Unterzone vor <strong>und</strong> sind nach Süden bis in die<br />

Steppenzone verbreitet. Trennarten für die xerophytischen Kiefernwälder im nordwestlichen Rußland<br />

sind Pulsatilla patens, Viola rupestris, Jasione montana, Dianthus arenarius, Astragalus arenarius,<br />

Dracocephalum ruyschiana <strong>und</strong> Gypsophila fastigiata. Außerdem haben Centaurea sumensis,<br />

Potentilla arenaria, Koeleria glauca <strong>und</strong> Jurinea cyanoides in den südlichen <strong>und</strong> östlichen Regionen<br />

höhere Stetigkeit. Diese Artengruppe unterscheidet sich bis auf wenige Arten deutlich von der<br />

Trennartengruppe der analogen Kiefernwälder in Zentraleuropa. Außer den angeführten Arten<br />

kommen in der Krautschicht Calluna vulgaris, Carex ericetorum, Arctostaphylos uva-ursi, Vaccinium<br />

vitis-idaea, Festuca ovina <strong>und</strong> Polygonatum odoratum vor. Alle diese Arten haben eine weite<br />

Verbreitung in borealen Kiefernwäldern. Die Ab<strong>und</strong>anz der borealen Arten vermindert sich allerdings<br />

in südlicher Richtung, <strong>und</strong> viele reichen nicht bis an die südliche Arealgrenze der Kiefernwälder.<br />

Flechten wie Cladina arbuscula <strong>und</strong> C. rangiferina sind hier oft vertreten, <strong>und</strong> Pleurozium schreberi<br />

herrscht häufig in der Moosschicht.<br />

Steppenarten spielen dagegen in den Kiefernwäldern Osteuropas keine bedeutende Rolle, ihre<br />

Ab<strong>und</strong>anz ist gering. Die Kennarten der xerophytischen Kiefernwälder breiten sich nach Bodenfeuer<br />

<strong>und</strong> Kahlschlag aus, sobald die Moosschicht zerstört wird. Im Prozeß der Regeneration vermindert<br />

sich ihre Ab<strong>und</strong>anz wiederum.<br />

Die Kiefernwälder der Steppen- <strong>und</strong> Waldsteppenzone sind demgegenüber durch echte Steppenarten<br />

charakterisiert, zum Beispiel Stipa joannis, Poa angustifolia, Festuca beckeri, Kochia lanifolia,<br />

Thymus pallasianus <strong>und</strong> Achillea gerberi (SUKATCHEV 1931; BELGARD 1950).<br />

3 Fazit<br />

Die borealen <strong>und</strong> hemiborealen Wälder Europas bilden eine komplexe Formation. Sie nehmen ein sehr<br />

großes Areal ein <strong>und</strong> besiedeln sehr unterschiedliche Standorte. Die Vegetationskarte Europas spiegelt<br />

ihre ökologische <strong>und</strong> insbesondere geographische Differenzierung wider. Die Schaffung einer für ganz<br />

Europa gültigen Klassifikation der Pflanzengesellschaften dieser Formation steht jedoch noch aus <strong>und</strong><br />

stellt sich als wichtige Aufgabe für die nahe Zukunft.<br />

Literatur<br />

BELGARD, A.L. (1950): Lesnaja rastitelnost jugo-vostoka Ukrainy. – Kiev (Izd. Kiev Universitet)<br />

263 p. (russisch).<br />

HEINKEN, T. & ZIPPEL, E. (1999): Die Sand-Kiefernwälder (Dicrano-Pinion) im norddeutschen<br />

Tiefland: syntaxonomische, standörtliche <strong>und</strong> geographische Gliederung. – Tuexenia 19: 55-106.<br />

MATUSZKIEWICZ, W. (1984): Przewodnik do oznaczania zbiorowisk roÑlinnych Polski. – Warszawa<br />

(Pa½stwowe Wydawnictwo Naukowe) 298 S.<br />

MATUSZKIEWICZ, W. & MATUSZKIEWICZ, J. (1973): Przegl�d fitosocjologiczny zbiorowisk lesnych<br />

Polski. 2. Bory sosnowe. – Phytocoenosis 2(4): 273-356.<br />

SOKOŁOWSKI, A. (1979): Trzcinnikowo-sosnowy bór mieszany (Calamagrostio ar<strong>und</strong>inaceae-<br />

Pinetum) w pólnocno-wschodnej Polsce. – Fragmenta floristica et geobotanica 25(4): 485-492.<br />

SUKATCHEV, V.N. (1931): Tipy lesa Busulukskogo bora. – Trudy i issledovania po lesnomu<br />

chozjaistvu 13: 110-241. (russisch).<br />

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