Nicola Arndt und Matthias Pohl - Neobiota
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1 Gliederung der borealen Wälder Die borealen Wälder gliedern sich in der Vegetationskarte Europas in zwei Hauptgruppen: Fichtenwälder und Kiefernwälder, wobei deren Verteilung hauptsächlich die Unterschiede in den Bodenbedingungen widerspiegelt. Die Kiefernwälder kommen von Natur aus auf trockenen und armen Sandböden sowie auf oligotrophen Moor- und Anmoorböden vor. Die Fichtenwälder besiedeln dagegen insbesondere frische bis feuchte Lehmböden. Jede Kartierungseinheit stellt einen Komplex verschiedener Pflanzengesellschaften dar; ihre Differenzierung wird hauptsächlich durch den Wasser- und Nährstoffhaushalt der Böden bestimmt. Die borealen Wälder werden in drei klimabedingte Unterzonen gegliedert: die nordboreale, die mittelboreale und die südboreale. Die Grenzen zwischen diesen Unterzonen sind fließend, und anthropogene Veränderungen der Vegetationsdecke erschweren ihre exakte Festlegung. In der russischen Pflanzensoziologie werden diese drei Unterzonen durch verschiedene Assoziationen charakterisiert. In den nordborealen Wäldern finden sich auf unvernäßten Standorten in der Zwergstrauchschicht moos- und flechtenreicher Wälder Arten, die weiter südlich hauptsächlich an Moore oder anmoorige Böden gebunden sind: Ledum palustre, Betula nana, Empetrum nigrum, Vaccinium uliginosum, Rubus chamaemorus. Ihr Auftreten ist hier durch Grundwassernähe und hohe Luftfeuchtigkeit bedingt. Eine der wenigen spezifischen Arten für diese Unterzone ist Cornus suecica. In der Nordtaiga treten ferner Arten auf, deren Verbreitungsschwerpunkt in der Tundrenzone liegt: Loiseleuria procumbens, Phyllodoce caerulea und von den Flechten Nephroma arcticum. Eine typische und nur in dieser Unterzone vorkommende Assoziation unvernäßter nordborealer Fichtenwälder ist – nach russischer Nomenklatur – das Piceetum empetroso-myrtillosum. Die mittelborealen Wälder repräsentieren die natürliche boreale Waldvegetation am besten. Auf gut dränierten Standorten in ebener Lage nehmen hier Heidelbeer-Fichtenwälder (Piceetum myrtillosum) große Flächen ein. Ihr Vorherrschen ist ein wesentliches diagnostisches Merkmal für die mittlere Taiga. Subarktische Arten fehlen in den mittelborealen Wäldern. In der Südtaiga spielen Sauerklee-Fichtenwälder (Piceetum oxalidosum) eine entscheidende Rolle. Durch die südliche Taiga verlaufen zudem die nördlichen Arealgrenzen einiger Edellaubbaumarten wie Tilia cordata, Acer platanoides und Quercus robur. Diese Laubbäume findet man im Unterstand von Fichtenwäldern vor allem auf reicheren Böden, ebenso nemorale Kräuter wie Aegopodium podagraria, Asarum europaeum, Galium odoratum, Lamium galeobdolon, Stellaria holostea, Pulmonaria obscura und Hepatica nobilis. Solche Pflanzengesellschaften gehören zur Assoziation Piceetum nemoriherbosum. Die zonalen Fichtenwald-Gesellschaften unterscheiden sich nicht nur durch verschiedene vorherrschende Arten in der Krautschicht, sondern auch durch bestimmte Trennarten wie bei den Assoziationen des Braun-Blanquet-Systems. Die Fichtenwälder gliedern sich ferner in westboreale und ostboreale Ausbildungen. Die Grenze zwischen beiden Gruppen fällt mit der westlichen Arealgrenze der Sibirischen Tanne (Abies sibirica) zusammen. Diese kommt mit hoher Stetigkeit in den ostborealen Wäldern vor, herrscht aber nur selten in der Baumschicht; ihr Anteil beträgt meist nur 10-20 %. Abies sibirica ist weniger kälteresistent als die Fichte (Picea obovata), und ihr Areal reicht deshalb nicht so weit nach Norden. Ostboreale Wälder mit Abies sibirica gibt es folglich nur in der mittel- und südborealen Unterzone. 138
Ostboreale Wälder der Mitteltaiga kommen im Petschora-, Vytschegda- und Kama-Einzugsgebiet vor. In der Baumschicht dieser Wälder dominiert Picea obovata, die in ökologischer Hinsicht P. abies ähnelt. Die ostborealen Wälder unterscheiden sich von den westborealen nur wenig in der Artenzusammensetzung der Kraut- und Moosschicht. In der Strauchschicht kommen jedoch einige sibirische Arten vor (z. B. Sorbus aucuparia subsp. sibirica, Rosa acicularis, Lonicera pallasii). Diese haben allerdings nur eine geringe Stetigkeit und Abundanz und spielen keine besondere Rolle in der Struktur der Waldgesellschaften. Aufgrund ihrer geographischen Trennarten könnte man die ostborealen Wälder in eine eigenständige Assoziation ausgliedern. Die russischen Pflanzensoziologen betrachten sie jedoch als Bestandteil einer Assoziation, des Piceetum myrtillosum, mit zwei geographischen Varianten. In der südborealen Unterzone ist die Differenzierung der voruralischen Tannen-Fichtenwälder gegen die westborealen Fichtenwälder klarer. Die Krautschicht dieser Wälder setzt sich im wesentlichen aus denselben „borealen“ Arten zusammen (Oxalis acetosella, Vaccinium myrtillus, Maianthemum bifolium, Trientalis europaea, Luzula pilosa, Dryopteris carthusiana, Gymnocarpium dryopteris). Nemorale Krautarten kommen jeweils mit hoher Stetigkeit vor, doch fehlen im Osten bereits Hepatica nobilis und Lamium galeobdolon. Andererseits sind sibirische Hochstaudenarten wie Crepis sibirica, Cacalia hastata, Cicerbita uralensis nicht selten, spielen aber erst im Ural eine bedeutende Rolle. Änderungen in der Pflanzendecke erfolgen im weiten Raum des osteuropäischen Flachlandes nur sehr allmählich sowohl in west-östlicher als auch in nord-südlicher Richtung. Die Grenzen zwischen den Unterzonen und geobotanischen Provinzen sind folglich sehr fließend. Die großflächige Zerstörung und Umwandlung der natürlichen Vegetationsdecke erschwert obendrein die Abgrenzung der Vegetationseinheiten. 2 Gegenüberstellung der Nadelwälder Mittel- und Osteuropas Die Fichtenwälder Zentraleuropas sind von den osteuropäischen Fichtenwäldern durch einen breiten Gürtel getrennt, den sogenannten Polnischen Korridor. Außerdem handelt es sich bei den zentraleuropäischen Fichtenwäldern vorwiegend um montane Ausbildungen. Dies hat deutliche floristische Unterschiede zwischen beiden Gruppen, besonders auf reichen Böden, zur Folge. Fichtenwälder armer Standorte haben dagegen in beiden Regionen eine sehr ähnliche Artenzusammensetzung. Schwierigkeiten ergeben sich beim Vergleich der Nadelwald-Assoziationen aus Zentraleuropa mit jenen aus Osteuropa. Assoziationen werden in der floristisch-soziologischen Klassifikation durch Kenn- und Trennarten charakterisiert, die in der Regel unterschiedliche geographische Areale haben. Diese diagnostisch wichtigen Artengruppen ändern ihre Zusammensetzung von Nord nach Süd und von West nach Ost. Bei der synsystematischen Bearbeitung wenden die verschiedenen Autoren keine einheitliche Methode an, was aber notwendig wäre, um eine einheitliche Abgrenzung und Benennung der Vegetationseinheiten zu gewährleisten und die kontinuierliche Veränderung der Vegetation in geographischer Hinsicht darzustellen. Dabei stellt sich insbesondere die Frage, wo die Grenze zwischen geographisch vikariirenden Assoziationen sinnvoll zu ziehen ist. Trennartengruppen kennzeichnen zudem nicht in allen Fällen eindeutige ökologische Unterschiede und haben manchmal eine sehr breite ökologische Amplitude. Vegetationstabellen sind zwar eine sehr wichtige Informationsquelle, aber Stetigkeitswerte haben oft eine sehr breite Spanne, was den Vergleich von Tabellen und Assoziationen erschwert. Hier einige Beispiele: 139
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1 Gliederung der borealen Wälder<br />
Die borealen Wälder gliedern sich in der Vegetationskarte Europas in zwei Hauptgruppen:<br />
Fichtenwälder <strong>und</strong> Kiefernwälder, wobei deren Verteilung hauptsächlich die Unterschiede in den<br />
Bodenbedingungen widerspiegelt. Die Kiefernwälder kommen von Natur aus auf trockenen <strong>und</strong> armen<br />
Sandböden sowie auf oligotrophen Moor- <strong>und</strong> Anmoorböden vor. Die Fichtenwälder besiedeln<br />
dagegen insbesondere frische bis feuchte Lehmböden.<br />
Jede Kartierungseinheit stellt einen Komplex verschiedener Pflanzengesellschaften dar; ihre Differenzierung<br />
wird hauptsächlich durch den Wasser- <strong>und</strong> Nährstoffhaushalt der Böden bestimmt. Die<br />
borealen Wälder werden in drei klimabedingte Unterzonen gegliedert: die nordboreale, die mittelboreale<br />
<strong>und</strong> die südboreale. Die Grenzen zwischen diesen Unterzonen sind fließend, <strong>und</strong> anthropogene<br />
Veränderungen der Vegetationsdecke erschweren ihre exakte Festlegung. In der russischen<br />
Pflanzensoziologie werden diese drei Unterzonen durch verschiedene Assoziationen charakterisiert.<br />
In den nordborealen Wäldern finden sich auf unvernäßten Standorten in der Zwergstrauchschicht<br />
moos- <strong>und</strong> flechtenreicher Wälder Arten, die weiter südlich hauptsächlich an Moore oder anmoorige<br />
Böden geb<strong>und</strong>en sind: Ledum palustre, Betula nana, Empetrum nigrum, Vaccinium uliginosum, Rubus<br />
chamaemorus. Ihr Auftreten ist hier durch Gr<strong>und</strong>wassernähe <strong>und</strong> hohe Luftfeuchtigkeit bedingt. Eine<br />
der wenigen spezifischen Arten für diese Unterzone ist Cornus suecica. In der Nordtaiga treten ferner<br />
Arten auf, deren Verbreitungsschwerpunkt in der T<strong>und</strong>renzone liegt: Loiseleuria procumbens,<br />
Phyllodoce caerulea <strong>und</strong> von den Flechten Nephroma arcticum. Eine typische <strong>und</strong> nur in dieser<br />
Unterzone vorkommende Assoziation unvernäßter nordborealer Fichtenwälder ist – nach russischer<br />
Nomenklatur – das Piceetum empetroso-myrtillosum.<br />
Die mittelborealen Wälder repräsentieren die natürliche boreale Waldvegetation am besten. Auf gut<br />
dränierten Standorten in ebener Lage nehmen hier Heidelbeer-Fichtenwälder (Piceetum myrtillosum)<br />
große Flächen ein. Ihr Vorherrschen ist ein wesentliches diagnostisches Merkmal für die mittlere<br />
Taiga. Subarktische Arten fehlen in den mittelborealen Wäldern.<br />
In der Südtaiga spielen Sauerklee-Fichtenwälder (Piceetum oxalidosum) eine entscheidende Rolle.<br />
Durch die südliche Taiga verlaufen zudem die nördlichen Arealgrenzen einiger Edellaubbaumarten<br />
wie Tilia cordata, Acer platanoides <strong>und</strong> Quercus robur. Diese Laubbäume findet man im Unterstand<br />
von Fichtenwäldern vor allem auf reicheren Böden, ebenso nemorale Kräuter wie Aegopodium<br />
podagraria, Asarum europaeum, Galium odoratum, Lamium galeobdolon, Stellaria holostea,<br />
Pulmonaria obscura <strong>und</strong> Hepatica nobilis. Solche Pflanzengesellschaften gehören zur Assoziation<br />
Piceetum nemoriherbosum.<br />
Die zonalen Fichtenwald-Gesellschaften unterscheiden sich nicht nur durch verschiedene vorherrschende<br />
Arten in der Krautschicht, sondern auch durch bestimmte Trennarten wie bei den<br />
Assoziationen des Braun-Blanquet-Systems.<br />
Die Fichtenwälder gliedern sich ferner in westboreale <strong>und</strong> ostboreale Ausbildungen. Die Grenze<br />
zwischen beiden Gruppen fällt mit der westlichen Arealgrenze der Sibirischen Tanne (Abies sibirica)<br />
zusammen. Diese kommt mit hoher Stetigkeit in den ostborealen Wäldern vor, herrscht aber nur selten<br />
in der Baumschicht; ihr Anteil beträgt meist nur 10-20 %. Abies sibirica ist weniger kälteresistent als<br />
die Fichte (Picea obovata), <strong>und</strong> ihr Areal reicht deshalb nicht so weit nach Norden. Ostboreale Wälder<br />
mit Abies sibirica gibt es folglich nur in der mittel- <strong>und</strong> südborealen Unterzone.<br />
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