S3-Leitlinie Reizdarmsyndrom: Definition, Pathophysiologie ... - DGVS
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Bifidobacterium animalis ssp. lactis DN-173010 und Lactobacillus<br />
casei Shirota sind in entsprechend gekennzeichneten,<br />
aber in normalen Lebensmittelgeschäften verfügbaren Joghurts<br />
bzw. Trinkjoghurts erhältlich. Lactobacillus plantarum wird als<br />
Komponente in Synbiotika auf dem Markt angeboten. Bifidobacterium<br />
infantis wird weltweit als Nahrungsergänzungsmittel<br />
vermarktet.<br />
Eine einzelne RCT-Studie an 104 Kindern mit RDS, funktionellen<br />
Bauchschmerzen (FBS) oder funktioneller Dyspepsie (FD) zeigte<br />
einen Rückgang der Schmerzsymptome nach Gabe von Lactobacillus<br />
GG (LGG) im Vergleich zur Placebogruppe (25 vs. 9,6%,<br />
NNT 7, 95% CI: 4 – 123), allerdings nur in der RDS-Gruppe<br />
(n = 37), nicht in der FBS- oder FD-Gruppe [383]. Mittels RCT<br />
an 48 Patienten wurde die Wirksamkeit der Kombinationsmischung<br />
bestehend aus B. longum, B. infantis, B. breve, L. acidophilus,<br />
L. plantarum, L. bulgaricus, S. thermophilus (nur als Nahrungsergänzungsmittel<br />
erhältlich) belegt [384]. Das Probiotikum<br />
E. coli-DSM17252 ist ebenfalls wirksam getestet worden [385].<br />
Ähnliche Ergebnisse liegen für die Kombination Lactobacillus<br />
rhamnosus – Bifidobactrium breve – Propionibacterium freudenreichii<br />
vor [386]. Es wurden jeweils nur die neuesten Studien<br />
zitiert. Für andere Kombinationspräparationen, die z.T. nicht<br />
auf dem deutschen Markt erhältlich sind, liegen ebenfalls vereinzelte<br />
Studien vor, die hier nicht berücksichtigt wurden. Aufgrund<br />
der wenigen Studien mit meist eher kleinen Fallzahlen<br />
wurde von Evidenzgrad B nach C abgestuft.<br />
Eine RCT an 70 Patienten mit RDS-O zeigte, dass eine Flasche<br />
Trinkjoghurt 65 ml mit Lactobacillus casei Shirota die Symptome<br />
der Obstipation nach 2 Wochen reduziert (89 versus 56%), während<br />
Flatulenz und Blähungen unbeeinflusst blieben [379]. Möglicherweise<br />
ist dieser Effekt auf eine Änderung der bakteriellen<br />
Fermentationsleistung im Darm zurückzuführen [387].<br />
In einer 9-wöchigen RCT an 70 Patienten konnte die Wirksamkeit<br />
von E. coli Stamm Nissle 1917 auf Stuhlfrequenz und Stuhlkonsistenz<br />
bei Patienten mit RDS-O belegt werden [388]. Dies<br />
wurde in einer randomisierten, offenen, vergleichenden Therapiestudie<br />
bestätigt [389]. Aufgrund der begrenzten Studienlage<br />
wurde Evidenzgrad C gewählt. In einer RCT wurde an gesunden<br />
Frauen gezeigt, dass B. animalis DN 173010 die Transitzeit reduziert.<br />
Dies kann indirekt als Zeichen dafür gewertet werden,<br />
dass eine „Slow-Transit-Obstipation“ günstig beeinflusst wird<br />
[390]. Aufgrund des indirekten Nachweises erfolgte eine Abstufung<br />
des Evidenzgrads nach C. In einer kürzlich publizierten<br />
Phase-IV-Studie (Multicenterstudie, Fallserien) an 3511 Patienten<br />
mit GI-Beschwerden wurde gezeigt, dass obstipative Symptome<br />
des RDS mittels probiotischer Therapie positiv beeinflusst<br />
werden konnten [391]. Ähnliche Ergebnisse wurden in einer<br />
monozentrischen Studie mit 150 RDS-Patienten erzielt [392].<br />
Statement 5-1-8<br />
Bei Erwachsenen mit <strong>Reizdarmsyndrom</strong> und überwiegend obstipativen<br />
Beschwerden können Ballaststoffe zur Behandlung eingesetzt<br />
werden. Dabei sollten lösliche Ballaststoffe wie Psyllium/<br />
Plantago und Ispaghula bevorzugt verwendet werden.<br />
[Evidenzgrad B, Empfehlungsstärke ↑, starker Konsens]<br />
Kommentar<br />
Ballaststoffe werden bei Erwachsenen vorwiegend in der Behandlung<br />
des RDS vom Obstipationstyp diskutiert. Allerdings<br />
könnten sie auch Nebenwirkungen wie verstärkte Blähungen induzieren.<br />
Als alleinige Therapie scheinen sie von begrenzter Be-<br />
deutung zu sein, allerdings könnte sie eine sinnvolle, ergänzende,<br />
empirische Therapie insbesondere bei RDS-Patienten mit<br />
Obstipation sein, die wenige Ballaststoffe zu sich nehmen [393,<br />
394]. Wichtig ist es, mit niedrigen Dosen zu beginnen und diese<br />
stufenweise und behutsam je nach Verträglichkeit zu steigern<br />
[395]. Andererseits nehmen Patienten mit RDS mehr Ballaststoffe<br />
zu sich als entsprechende Kontrollpersonen [396].<br />
Bei Erwachsenen gibt es mehrere kleine Studien, die zeigen,<br />
dass Ballaststoffe zur Therapie des RDS effektiv sein können,<br />
wobei die Daten teilweise widersprüchlich sind. Deshalb wurde<br />
insgesamt der Evidenzgrad B gewählt. In einer kleinen randomisierten<br />
kontrollierten Studie an 14 Patienten pro Behandlungsarm<br />
war Weizenkleie nicht besser als Placebo in ihrer<br />
Wirkung auf die Abdominalsymptome [397]. In einer weiteren<br />
randomisierten klinischen Studie an 28 Patienten pro Behandlungsarm<br />
war eine ballaststoffreiche Kost (30 g Ballaststoffe/<br />
Tag) nicht besser in ihrer Wirkung auf abdominale Symptome<br />
als eine ballaststoffarme Kost (10 g/Tag) [398]. In einer Metaanalyse<br />
aus 17 Studien zur Wirkung von Ballaststoffen ergab<br />
sich eine geringfügige Besserung der gesamten Abdominalbeschwerden<br />
unter Ballaststoffen [399]. Dieser Effekt war ausgeprägter<br />
bei überwiegender Obstipation. Ballaststoffe waren<br />
nicht wirksam in der Verbesserung der sonstigen Abdominalbeschwerden.<br />
Lösliche Ballaststoffe wie Psyllium, Ispaghula<br />
und Kalziumpolycarbophil waren wirksam, während unlösliche<br />
wie Korn und Weizenkleie nicht wirksam waren [400]. In<br />
einer kontrollierten randomisierten Studie wurden 30 g Weizenkleie<br />
pro Tag mit 5 g partiell hydrolisiertem Guar Gum verglichen.<br />
Symptomerleichterung und Verträglichkeit waren besser<br />
unter Guar Gum [401].<br />
Aufgrund möglicher synergistischer Effekte kann in der Behandlung<br />
des <strong>Reizdarmsyndrom</strong>s eine Kombination aus Ballaststoffen<br />
und ausgewählten Probiotika versucht werden<br />
[402]. Um die positiven Effekte von Ballaststoffen beim <strong>Reizdarmsyndrom</strong><br />
vom Obstipationstyp zu steigern, sollte auf eine<br />
ausreichende Trinkmenge am Tag entsprechend den Empfehlungen<br />
der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) geachtet<br />
werden [399].<br />
Statement 5-1-9<br />
Auch bei Patienten mit <strong>Reizdarmsyndrom</strong> vom Diarrhö-Typ oder<br />
vom Schmerz-Typ können lösliche Ballaststoffe zur Therapie eingesetzt<br />
werden.<br />
[Evidenzgrad B, Empfehlungsstärke ↑, starker Konsens]<br />
Kommentar<br />
Auch bei Patienten mit Schmerz/Bläh- und Diarrhö-Typ können<br />
Ballaststoffe erfolgreich eingesetzt werden [403, 404]. Brot hat<br />
keinen anhaltenden positiven Effekt [405, 406]. In einer kleinen<br />
RCT konnte gezeigt werden, dass Psyllium (2 × 3,4 g) und Methylcellulose<br />
(2 × 2 g) keine vermehrte Gasproduktion bewirken<br />
[407]. Die genannten löslichen Ballaststoffe sind auf dem deutschen<br />
Markt in verschiedenen Präparaten erhältlich.<br />
Statement 5-1-10<br />
<strong>Leitlinie</strong> 265<br />
Bei Kindern sollten Ballaststoffe in der Behandlung von <strong>Reizdarmsyndrom</strong>,<br />
rekurrierenden abdominalen Schmerzen und chronischer<br />
Obstipation eher nicht eingesetzt werden.<br />
[Evidenzgrad A, Empfehlungsstärke ↓, starker Konsens]<br />
Layer P et al. <strong>S3</strong>-<strong>Leitlinie</strong> zur <strong>Definition</strong>,… Z Gastroenterol 2011; 49: 237 –293<br />
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