22.02.2013 Aufrufe

S3-Leitlinie Reizdarmsyndrom: Definition, Pathophysiologie ... - DGVS

S3-Leitlinie Reizdarmsyndrom: Definition, Pathophysiologie ... - DGVS

S3-Leitlinie Reizdarmsyndrom: Definition, Pathophysiologie ... - DGVS

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Zudem beeinflusst fortdauernder (v. a. häuslicher) Stress den<br />

Krankheitsverlauf [226].<br />

Statement 4-2-4<br />

Unterscheidung verschiedener Subtypen des <strong>Reizdarmsyndrom</strong>s<br />

Um Patienten mit <strong>Reizdarmsyndrom</strong> adäquat behandeln zu können,<br />

sollte eine Unterscheidung zwischen Obstipationsprädominanz,<br />

Diarrhöprädominanz und wechselndem, gemischtem Stuhlverhalten<br />

vorgenommen werden.<br />

[Evidenzgrad C, Empfehlungsstärke ↑, starker Konsens]<br />

Kommentar<br />

Diese Unterteilung ist insbesondere wichtig, wenn es um die<br />

Indikation von Medikamenten geht (z. B. Antidiarrhoika, Laxanzien<br />

etc., siehe Kapitel 7 und 8, gezielte symptomorientierte<br />

Therapie).<br />

Es finden sich zudem Hinweise darauf, dass Patienten, die<br />

über den schnellen Wechsel von Obstipation und hartem Stuhl<br />

zu Diarrhö und hoher Stuhlfrequenz klagen, auch stärker<br />

durch ihre Symptome belastet sind als Patienten mit Diarrhödominantem<br />

<strong>Reizdarmsyndrom</strong> und z.B. größere Tendenzen<br />

zu Somatisierung und eine höhere Prävalenz von psychiatrischen<br />

Komorbiditäten zeigen [347].<br />

Statement 4-2-5<br />

Evaluation extraintestinaler Beschwerden bei RDS-Patienten<br />

Bei Patienten mit <strong>Reizdarmsyndrom</strong> sollten auch weitere, extraintestinale<br />

körperliche Beschwerden mit erfasst werden, um eine<br />

Somatisierungstendenz zu erkennen, die eine spezifische Therapie<br />

erfordert.<br />

[Evidenzgrad D, Empfehlungsstärke ↑, starker Konsens]<br />

Kommentar<br />

Obwohl bislang keine Studie zur Verbesserung des Behandlungserfolgs<br />

des RDS durch gleichzeitiges Eingehen auf komorbide<br />

extraintestinale körperliche Beschwerden (z. B. Fibromyalgie,<br />

Chronic-Fatigue-Syndrom, Kopfschmerz und andere<br />

Schmerzensyndrome) vorliegt, erscheint es sinnvoll, auf extraintestinale<br />

Komorbidität einzugehen, da bei Nichterkennen<br />

einer Somatisierungstendenz die Interpretation von Symptomen<br />

und die Einleitung einer adäquaten Therapie erschwert<br />

wird [83, 84].<br />

Statement 4-2-6<br />

Die subjektive Einschätzung der Patienten<br />

Die subjektive Einschätzung der Patienten zu Schwere und Auswirkungen<br />

ihrer Symptomatik auf das tägliche Leben sollte erhoben<br />

werden, um ein Verständnis der Erkrankung und ihrer Bedeutung<br />

für den Patienten zu gewinnen.<br />

[Evidenzgrad C, Empfehlungsstärke ↑, starker Konsens]<br />

Kommentar<br />

Im klinischen Alltag ist vorrangig die subjektive Einschätzung<br />

des Patienten wichtig; diese korreliert jedoch nicht mit der gemessenen<br />

Symptomschwere, sondern damit, wie sehr die<br />

Symptome das tägliche Leben beeinflussen [52]. Für eine entsprechende<br />

Evaluation ist im Allgemeinen eine ausführliche<br />

Anamnese ohne spezielle Fragebogen ausreichend.<br />

Messinstrumente zur Objektivierung, z. B. Functional Bowel<br />

Disorder Severity Index (FBDSI), IBS Severity Scoring System<br />

(IBS-SSS) und Irritable Bowel Syndrome Impact Scale (IBS-IS)<br />

sind daher insbesondere zu Studienzwecken sinnvoll.<br />

Statement 4-2-7<br />

<strong>Leitlinie</strong> 261<br />

Komplementäre oder alternative Therapieformen<br />

Die Behandlung des <strong>Reizdarmsyndrom</strong>s mit alternativen Therapieformen<br />

kann aufgrund der unzureichenden Datenlage nicht empfohlen<br />

werden. Im Einzelfall können komplementäre Therapieformen<br />

erwogen werden.<br />

[Evidenzgrad A für Akupunktur, sonst C/D, Empfehlungsstärke ↓,<br />

starker Konsens]<br />

Kommentar<br />

Trotz unzureichender Studienlage ist Yoga (wie auch autogenes<br />

Training, Tai-chi, Qigong etc.) als aktive, längerfristig<br />

durchführbare sowie nebenwirkungsarme und kostengünstige<br />

Form der körperorientierten Therapie anwendbar [348].<br />

Bei insgesamt schwacher Datenlage zur Fußreflexzonenmassage<br />

gibt es bislang keinen Anhalt für einen spezifischen Effekt<br />

der Behandlung [349]. Zudem ist die Passivität des Patienten<br />

bei diesem Verfahren als ungünstig zu beurteilen, da die Evidenzlage<br />

bei funktionellen Störungen eindeutig aktive Verfahren<br />

favorisiert [350].<br />

Qualitativ hochwertige Studien zum Heilfasten fehlen derzeit,<br />

die vorliegenden Daten deuten jedoch auf eine Verbesserung<br />

der Parameter RDS-spezifische Symptome, Depression, Ängstlichkeit<br />

und Lebensqualität hin [351]. Der Einfluss des Heilfastens<br />

auf die Darmflora bei RDS-Patienten und die Nachhaltigkeit<br />

eines möglichen positiven Effekts sind jedoch bislang<br />

ungeklärt. Um Komplikationen wie Mangelerscheinungen, die<br />

Entwicklung einer Essstörung (z.B. Orthorexie) oder eine generelle<br />

Angst vor erneuter Nahrungsaufnahme zu vermeiden,<br />

ist eine strenge Berücksichtigung der Ausschlusskriterien für<br />

eine Teilnahme am Heilfasten (z.B. nicht im Kindes- und Jugendalter<br />

durchführen!) notwendig. Deshalb sollte Heilfasten<br />

nur in ausgewählten Fällen und ausschließlich unter streng<br />

kontrollierten Bedingungen erwogen werden.<br />

Die Studienlage zur Osteopathie ist unzulänglich, allerdings<br />

berichtet die einzige vorliegende Studie positive Ergebnisse<br />

[352]. Jedoch ist die Passivität des Patienten als ungünstig zu<br />

beurteilen, da die Evidenzlage bei funktionellen Störungen eindeutig<br />

aktive Verfahren favorisiert [350].<br />

In einer Metaanalyse mehrerer Studien zur Akupunktur ergab<br />

sich kein Anhalt für einen akupunkturspezifischen positiven<br />

Effekt bei RDS-Patienten [353]. Allerdings zeigten einige Studien<br />

einen deutlichen Placeboeffekt, sowohl bei Verum- als auch<br />

bei Sham-Akupunktur, sodass eine Anwendung im Einzelfall<br />

erwogen werden kann [354, 355].<br />

Layer P et al. <strong>S3</strong>-<strong>Leitlinie</strong> zur <strong>Definition</strong>,… Z Gastroenterol 2011; 49: 237 –293<br />

Heruntergeladen von: Thieme Verlagsgruppe. Urheberrechtlich geschützt.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!