S3-Leitlinie Reizdarmsyndrom: Definition, Pathophysiologie ... - DGVS
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250<br />
<strong>Leitlinie</strong><br />
setzt werden; daneben spielen Serotonin und Histamin eine<br />
Rolle [169, 188, 191]. Proteasen könnten bei RDS zu einer erhöhten<br />
Schleimhautpermeabilität assoziiert mit nervaler Sensibilisierung<br />
und viszeraler Hyperalgesie führen.<br />
Statement 2-1-8<br />
Es existiert eine genetische Prädisposition für RDS.<br />
Kommentar<br />
Eine genetische Prädisposition für RDS konnte nachgewiesen<br />
werden [192]. Diese ist multifaktoriell geringer Ausprägung.<br />
Neben der genetischen Disposition für das RDS konnte gezeigt<br />
werden, dass Umweltfaktoren eine wichtige Rolle spielen<br />
[193 –195].<br />
Polymorphismen folgender Gene, die gastrointestinale Funktionen<br />
regulieren, sind mit RDS assoziiert: mitochondriale DNA,<br />
Serotoninrezeptor 2a und 3, Serotonintransporter (SERT), Natriumkanal<br />
Na(v)1.5, Fatty acid hydroxylase, Tumornekrosefaktor<br />
alpha, IL-10, alpha2 adrenerger Rezeptor [185, 196–201]. Die<br />
meisten Studien wurden nicht durch ein unabhängiges Kontrollkollektiv<br />
abgesichert (Ausnahmen: SERT, Serotoninrezeptor 3),<br />
sodass eine Bestätigung dieser Ergebnisse noch aussteht.<br />
Statement 2-1-9<br />
Die Sympathikus-Parasympathikus-Aktivierung ist bei RDS geändert.<br />
Kommentar<br />
Eine Vielzahl von Studien belegt eine sympathische Überaktivierung<br />
(kardiovaskuläre und endokrine Parameter) bei RDS-<br />
Patienten unter verschiedensten standardisierten Provokationsbedingungen<br />
[202 –205]. Die höhere Aktivität des Sympathikus<br />
könnte die höheren Stresslevel verursachen [206]. Insbesondere<br />
bei RDS-D-Patienten scheint eine reduzierte<br />
parasympathische Aktivität nachweisbar zu sein [207].<br />
Statement 2-1-10<br />
RDS ist assoziiert mit einer veränderten Mikrobiota (Darmflora).<br />
Kommentar<br />
RDS-Patienten weisen, im Vergleich zu gesunden Kontrollen,<br />
sowohl in der Qualität eine andere Zusammensetzung der<br />
Darmflora auf als auch in der Quantität [208].<br />
Die quantitative Analyse verschiedener Phylotypen basierend<br />
auf der 16 s-RNA-Sequenzanalyse ergab signifikante Unterschiede<br />
in der Mikrobiotazusammensetzung insbesondere zwischen<br />
Patienten mit RDS-D und Kontrollen [209 –211].<br />
Bei Patienten mit RDS-D fanden sich signifikante Unterschiede<br />
im Vergleich zu gesunden Kontrollen hinsichtlich der Zusammensetzung<br />
der Darmflora. Während bei RDS-Patienten die<br />
Darmflora ein erhöhtes Vorkommen an Proteobakterien und<br />
Firmicutes aufwies, fand sich jedoch eine verringerte Zahl von<br />
Acinetobacter und Bacteroides [210].<br />
Stuhlproben von RDS-Patienten enthielten mehr Bakterien der<br />
Species Veillonella und Lactobacillus mit gleichzeitig erhöhten<br />
Konzentrationen von Essigsäure und Proprionsäure [212]. Die<br />
Layer P et al. <strong>S3</strong>-<strong>Leitlinie</strong> zur <strong>Definition</strong>,… Z Gastroenterol 2011; 49: 237 –293<br />
Spezies Bifidobacteria war in Stuhlproben von RDS-Patienten<br />
erniedrigt [213].<br />
Statement 2-1-11<br />
RDS-Patienten unterscheiden sich von Kontrollen hinsichtlich der<br />
individuellen Bewertung viszeraler Sensationen und der Bereitschaft,<br />
diese zu berichten.<br />
Kommentar<br />
In Studien tendierten RDS-Patienten im Vergleich zu Gesunden<br />
eher dazu war, eine intestinale Ballondehnung als unangenehm<br />
zu empfinden [214] bzw. ihre Empfindung „schmerzhaft“<br />
zu nennen [215].<br />
Statement 2-1-12<br />
Die spinale Weiterleitung intestinaler Reize kann bei Patienten mit<br />
RDS gesteigert sein.<br />
Kommentar<br />
Die Intensität der Weiterleitung peripherer Reize an der spinalen<br />
Synapse kann durch konkurrierende Reize modifiziert werden.<br />
Die Rektumdehnung führt beim Gesunden zu einer Abschwächung<br />
der Schmerzantwort bei Reizung des N. suralis, bei<br />
RDS-Patienten aber zu einer Steigerung [216]. Schmerzreize am<br />
Fuß reduzieren die Schmerzempfindung durch Rektumdehnung<br />
beim Gesunden, nicht aber bei RDS-Patienten [217]. Bei gleichen<br />
rektalen Dehnungsreizen lassen sich bei RDS-Patientinnen<br />
gesteigerte zerebrale evozierte Potenziale ableiten [218].<br />
Statement 2-1-13<br />
Bei RDS-Patienten führen viszerale Schmerzreize zur Aktivierung<br />
anderer und größerer Hirnregionen als bei Kontrollen.<br />
Kommentar<br />
Rektale Dehnungsreize aktivieren bei RDS vermehrt den anterioren<br />
zingulären Kortex [219]. Zudem war das im funktionellen<br />
MRT aktivierte Areal größer [220]. Auch lassen sich Geschlechtsunterschiede<br />
in der Projektion nachweisen [221],<br />
was z. T. die Geschlechtsunterschiede in der Epidemiologie<br />
des RDS zu erklären vermag.<br />
Statement 2-1-14<br />
Erlerntes Krankheitsverhalten (learned illnes behaviour) ist bei<br />
RDS-Patienten im Vergleich zu gesunden Kontrollen häufiger<br />
nachweisbar.<br />
Kommentar<br />
Die Reaktion der Umwelt auf Krankheitsäußerungen kann diese<br />
verstärken und chronifizieren [215, 222].<br />
Statement 2-1-15<br />
Eine eindeutige kausale Beziehung zwischen dem RDS und psychischem<br />
Stress konnte bislang nicht belegt werden.<br />
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