Die Glasplattennegativsammlung der AEG-Turbinenfabrig
Die Glasplattennegativsammlung der AEG-Turbinenfabrig Die Glasplattennegativsammlung der AEG-Turbinenfabrig
Ende des Jahres 1920 informierte die technische Kommission der Stauber Turbinen- Gesellschaft über den Stand der Arbeiten im Konstruktionsbüro und versprach der Turbinenfabrik für Januar 1921 die ersten Werkstattzeichnungen. Ein halbes Jahr später begann die Fundamentierung des Prüffeldes und im Januar 1922 konnten dem AEG-Vorstandsvorsitzenden Felix Deutsch bereits vier Photographien (!) des Leit- und Laufrades der Versuchsturbine zugeschickt werden. 148 Die zunächst anscheinend sehr zügig vorangetriebenen Konstruktions- und Versuchsarbeiten gerieten im Verlauf des Jahres 1922 jedoch ins Stocken, wie der Niederschrift über die Gesellschafterversammlung der Stauber Turbinen-Gesellschaft am 23. November 1922 zu entnehmen ist. Als Gründe für das »langsame Fortschreiten« 149 führte Stauber nicht nur technische Probleme an, sondern auch »eine gewisse Miszstimmung« 150 im Konstruktionsbüro aufgrund der zeitweiligen Abberufung der Konstrukteure durch ihre Firmen: »Dadurch, dass die betreffenden Firmen die Herren mehr oder weniger lange abgerufen hätten, sei eine Stagnation eingetreten und es habe sich der Eindruck gebildet, als ob nicht mehr alle Gesellschafter voll bei der Sache seien. Es gehe doch auch nicht gut an, dass einzelnen Firmen einen Herrn dem Konstruktionsbüro ununterbrochen zur Verfügung stellen und dadurch einseitig Opfer bringen, während andere Firmen sich der Mitarbeit entziehen.« 151 Die Gesellschafter versicherten jedoch, daß »von einem erlahmenden Interesse ihrer Firma« 152 keine Rede sein könne und die Abberufung der Konstrukteure zwingend erforderlich gewesen sei. Daß es dennoch bereits leise Zweifel am Erfolg des Unternehmens bei nahezu allen Beteiligten gab, verdeutlicht nicht nur die den Konstrukteuren vom Vorsitzenden der Stauber Turbinen-Gesellschaft gestellte Frage, »ob sie glauben, dass die jetzige Turbine mit Gas, wenn auch mit schlechtem Wirkungsgrad werde laufen können« 153 , sondern auch deren Antwort, »dass sich dies zwar nicht mit völliger Sicherheit voraussagen lasse, dass aber ein hoher Grad von Wahrscheinlichkeit dafür spreche« 154 . Vorerst, das heißt am 7. Dezember 1922, wurde die Probemaschine mit Motorbetrieb angefahren. Im März 1923 erhielt das Konstruktionsbüro vom Gasturbinen-Konsortium den Auftrag, »die Versuche mit Gasantrieb an der vorhandenen Maschine schleunigst aufzunehmen« 155 sowie »möglichst bald Entwürfe für eine 1000 kW-Turbine auszuarbeiten« 156 . Trotz aller Bemühungen konnten die Versuche mit Gas »nur so weit gebracht werden, daß die Maschine leer lief, also nur so viel Arbeit leisten konnte, als der nötigen Kompressionsarbeit für Gas und Verbrennungsluft ent- 148Vgl. Schreiben der Stauber Turbinen-Gesellschaft an Felix Deutsch am 5. 11. 1922 (HA-DTM AEG 02435) 149Niederschrift über die Gesellschafterversammlung der Stauber Turbinen-Gesellschaft am 23. November 1922 im Geschäftshause der A.E.G. zu Berlin, S. 2 (HA-DTM AEG 02435) 150Ebd. 151Ebd., S. 2/3 152Ebd., S. 3 153Ebd., S. 4 154Ebd. 155Bericht von Walter Kieser vom 8. 3. 1932 (HA-DTM AEG 00237) 156 Ebd. Die Glasplattennegativsammlung der AEG-Turbinenfabrik – ein Erschließungsprojekt Exkurs: Gasturbinenexperimente in den 20er Jahren 52
sprach und Nutzarbeit nicht übrig blieb» 157 . Auch in finanzieller Hinsicht erwiesen sich die Versuche als Desaster: Seit Bestehen der Stauber Turbinen-Gesellschaft hatten sie rund 66.000 Goldmark erfordert, denen als einziges Aktivum die Versuchsturbine gegenüberstand, deren Wert auf 4350 Goldmark geschätzt wurde. (Um eine Entwertung der von den Gesellschaftern gegebenen Vorschüsse während der Inflation zu verhindern, wurden die jeweiligen Investitionen wertbeständig, das heißt in Goldmark, geführt.) Auf der Gesellschafter-Versammlung am 18. März 1925 wurde beschlossen, die Versuche an der Gasturbine vorerst fortzusetzen, um zu sehen, ob sich weitere Resultate ergeben. 158 (Gebaut und versuchsweise erprobt hatte man zu diesem Zeitpunkt zwei Gasturbinen.) Die SSW-Ingenieure (oder von den SSW engagierten Ingenieure) Dr. Köhler und Dr. Engel, die ihrerseits Mitarbeiter des Konstruktionsbüros der Stauber Turbinen-Gesellschaft waren, resümierten am 4. Juni 1925 die bisherigen Erfolge und Niederlagen. Im Zusammenhang dessen plädierten sie für technische Veränderungen und votierten für den Bau einer dritten Versuchsturbine »einfachster Art« 159 . Darüber hinaus schlugen sie organisatorische Veränderungen vor, die auf eine Entlastung der AEG-Turbinenfabrik zielten: »Eine Fortsetzung der Versuche auf dem gegenwärtigen Versuchsstande und die ausschließliche Anfertigung durch die Turbinenfabrik ohne die Sicherung einer Vorzugsbehandlung würde nicht den Aufwand weiterer Geldmittel rechtfertigen. Denn ein Versuchsstand innerhalb einer auf Hochleistung gestellten Werkstatt, die die Anfertigung von Teilen der Stauber-Turbine als lästige Störung empfinden muss, führt zu Kollisionen.« 160 Gefordert wurde deshalb die Bereitstellung eines eigenen, von der Fabrikation getrennten Versuchsfeldes für die Stauber Turbinen- Gesellschaft, eigenes Personal für Montage und Bedienung sowie die freizügige Beschaffung aller Maschinenteile. In einem gesonderten Bericht äußerte Köhler im späten Frühjahr 1925, daß er keinen Grund sehe, an der Möglichkeit weiterer Fortschritte zu zweifeln. 161 Der SSW-Direktor Dr. Carl Köttgen (1871-1951) war offensichtlich skeptischer als sein Ingenieur und bat um eine Auflistung der auflaufenden Kosten beim Bau einer dritten Gasturbine und schränkte von vornherein ein, daß er fürchte, die Knappheit der Mittel werde Grenzen in der Bewilligung neuer Gelder auferlegen. 162 In der erbetenen Aufstellung beziffert 157 Ebd. 158 Vgl. Schreiben von Dr. Köhler und Dr. Engel an die Stauber Turbinen-Gesellschaft z. Hd. des Herrn Dr. Münzinger vom 4. Juni 1925 (Siemens-Konzernarchiv, SAA 11 Lf 487) 159 Ebd., S. 3 160 Ebd. 161Vgl. Bericht über die Stauber-Turbine von F. Köhler (Siemens-Konzernarchiv, SAA 11 Lf 487) 162Vgl. Schreiben von Carl Köttgen an Tonnemacher vom 12. Juni 1925 (Siemens-Konzernarchiv,SAA 11 Lf 487) Die Glasplattennegativsammlung der AEG-Turbinenfabrik – ein Erschließungsprojekt Exkurs: Gasturbinenexperimente in den 20er Jahren 53
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die Versuche als Desaster: Seit Bestehen <strong>der</strong> Stauber Turbinen-Gesellschaft hatten sie<br />
rund 66.000 Goldmark erfor<strong>der</strong>t, denen als einziges Aktivum die Versuchsturbine gegenüberstand,<br />
<strong>der</strong>en Wert auf 4350 Goldmark geschätzt wurde. (Um eine Entwertung<br />
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wurden die jeweiligen Investitionen wertbeständig, das heißt in Goldmark, geführt.)<br />
Auf <strong>der</strong> Gesellschafter-Versammlung am 18. März 1925 wurde beschlossen, die<br />
Versuche an <strong>der</strong> Gasturbine vorerst fortzusetzen, um zu sehen, ob sich weitere Resultate<br />
ergeben. 158 (Gebaut und versuchsweise erprobt hatte man zu diesem Zeitpunkt zwei<br />
Gasturbinen.) <strong>Die</strong> SSW-Ingenieure (o<strong>der</strong> von den SSW engagierten Ingenieure) Dr.<br />
Köhler und Dr. Engel, die ihrerseits Mitarbeiter des Konstruktionsbüros <strong>der</strong> Stauber<br />
Turbinen-Gesellschaft waren, resümierten am 4. Juni 1925 die bisherigen Erfolge und<br />
Nie<strong>der</strong>lagen. Im Zusammenhang dessen plädierten sie für technische Verän<strong>der</strong>ungen<br />
und votierten für den Bau einer dritten Versuchsturbine »einfachster Art« 159 . Darüber<br />
hinaus schlugen sie organisatorische Verän<strong>der</strong>ungen vor, die auf eine Entlastung <strong>der</strong><br />
<strong>AEG</strong>-Turbinenfabrik zielten: »Eine Fortsetzung <strong>der</strong> Versuche auf dem gegenwärtigen<br />
Versuchsstande und die ausschließliche Anfertigung durch die Turbinenfabrik ohne die<br />
Sicherung einer Vorzugsbehandlung würde nicht den Aufwand weiterer Geldmittel<br />
rechtfertigen. Denn ein Versuchsstand innerhalb einer auf Hochleistung gestellten<br />
Werkstatt, die die Anfertigung von Teilen <strong>der</strong> Stauber-Turbine als lästige Störung empfinden<br />
muss, führt zu Kollisionen.« 160 Gefor<strong>der</strong>t wurde deshalb die Bereitstellung eines<br />
eigenen, von <strong>der</strong> Fabrikation getrennten Versuchsfeldes für die Stauber Turbinen-<br />
Gesellschaft, eigenes Personal für Montage und Bedienung sowie die freizügige<br />
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In einem geson<strong>der</strong>ten Bericht äußerte Köhler im späten Frühjahr 1925, daß er keinen<br />
Grund sehe, an <strong>der</strong> Möglichkeit weiterer Fortschritte zu zweifeln. 161 Der SSW-Direktor<br />
Dr. Carl Köttgen (1871-1951) war offensichtlich skeptischer als sein Ingenieur und bat<br />
um eine Auflistung <strong>der</strong> auflaufenden Kosten beim Bau einer dritten Gasturbine und<br />
schränkte von vornherein ein, daß er fürchte, die Knappheit <strong>der</strong> Mittel werde Grenzen<br />
in <strong>der</strong> Bewilligung neuer Gel<strong>der</strong> auferlegen. 162 In <strong>der</strong> erbetenen Aufstellung beziffert<br />
157 Ebd.<br />
158 Vgl. Schreiben von Dr. Köhler und Dr. Engel an die Stauber Turbinen-Gesellschaft z. Hd. des Herrn<br />
Dr. Münzinger vom 4. Juni 1925 (Siemens-Konzernarchiv, SAA 11 Lf 487)<br />
159 Ebd., S. 3<br />
160 Ebd.<br />
161Vgl. Bericht über die Stauber-Turbine von F. Köhler (Siemens-Konzernarchiv, SAA 11 Lf 487)<br />
162Vgl. Schreiben von Carl Köttgen an Tonnemacher vom 12. Juni 1925 (Siemens-Konzernarchiv,SAA 11<br />
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<strong>Die</strong> <strong>Glasplattennegativsammlung</strong> <strong>der</strong> <strong>AEG</strong>-Turbinenfabrik – ein Erschließungsprojekt<br />
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