Die Glasplattennegativsammlung der AEG-Turbinenfabrig
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1. Einleitung<br />
Unter dem Titel Berlin leuchtet erschien 2003 eine Publikation zur Architekturgeschichte<br />
von Berliner Kraftwerksbauten 1 , die viele historische Photographien versammelt,<br />
von denen einige zur Illustration eines Zitats herangezogen werden könnten, das<br />
– bedingt durch die semiotische Eigengesetzlichkeit <strong>der</strong> Sprache – zwangsläufig mehr<br />
zu beschreiben vermag als das den Moment festhaltende Bild:<br />
»Wer vor einer Reihe von Jahren den Maschinensaal des großen Kraftwerks Moabit in<br />
Berlin betrat, hatte treffliche Gelegenheit, zwei Zeitalter des Großdampfmaschinenbaus<br />
miteinan<strong>der</strong> zu vergleichen. Da lagerten inmitten <strong>der</strong> Halle schwer und mächtig, mit<br />
vielen blanken Glie<strong>der</strong>n und hochgewölbten Schwungrä<strong>der</strong>n prunkend, die vierzylindrigen<br />
Verbund-Kolbenmaschinen, sehr schöne und viel bewun<strong>der</strong>te Erzeugnisse <strong>der</strong><br />
Firma Gebrü<strong>der</strong> Sulzer. An einer Querseite des Maschinensaals hatte man aber anstelle<br />
einer <strong>der</strong> Kolbenmaschinen drei kleine, in bescheidene glatte Kapseln gehüllte<br />
Vorrichtungen aufgestellt, die ohne jedes Hin und Her von Kurbeln, Schub- und<br />
Steuerstangen umliefen. Während nun das verwirrende Gezappel <strong>der</strong> sechs weithin gebreiteten<br />
Sulzer-Maschinen mit viel Gestöhn und Gestampf 18 000 Pferdestärken hervorbrachte,<br />
lieferten die stillen Nachkömmlinge 21 000 Pferdestärken. Sie nahmen zusammen<br />
nicht mehr Platz in Anspruch als eine <strong>der</strong> 4000-PS-Maschinen, verfünffachten<br />
also die Raumnutzung … Sie (die Kolbendampfmaschinen – C. S.) sahen, da ihre<br />
Stunde gekommen war, plötzlich alt, grau und verfallen aus. Man hatte nicht mehr den<br />
Eindruck, Schöpfungen neuzeitlicher Technik vor sich zu sehen, son<strong>der</strong>n glaubte eine<br />
Ansammlung von Riesen <strong>der</strong> Vorzeit, von Sauriern, zu erblicken. Ein jüngeres, flinkeres,<br />
<strong>der</strong> Neuzeit besser angepaßtes Geschlecht war in die Halle eingezogen und beschämte<br />
mit seinem munteren Lauf die Behäbigkeit <strong>der</strong> Voreltern.« 2<br />
<strong>Die</strong> »stillen Nachkömmlinge« <strong>der</strong> Kolbendampfmaschinen, das heißt die Dampfturbinen,<br />
stammten aus <strong>der</strong> 1904 in Moabit gegründeten Turbinenfabrik <strong>der</strong> Allgemeinen<br />
Elektricitäts-Gesellschaft (<strong>AEG</strong>). Daß <strong>der</strong> Autor die Herstellerfirma verschwieg, dürfte<br />
<strong>der</strong> Konkurrenzsituation geschuldet gewesen sein, schließlich gab es in Berlin mit den<br />
Siemens-Schuckertwerken (SSW) ein Unternehmen, das – ebenfalls seit 1904 – durch<br />
den Zusammenschluß mit mehreren Turbinenherstellern zum sogenannten Zoelly-<br />
Syndikat komplette Dampfturbosätze anbieten konnte. 3 Als Siemens 1927 mit <strong>der</strong> eigenständigen<br />
Fertigung von Dampfturbinen im Ergebnis <strong>der</strong> Übernahme <strong>der</strong> in<br />
1 Vgl. Berlin leuchtet. Höhepunkte <strong>der</strong> Berliner Kraftwerksarchitektur / hrsg. von <strong>der</strong> Stiftung<br />
Denkmalschutz Berlin. – Berlin: Verlagshaus Braun, 2003<br />
2 Fürst zit. in: Glatzer, <strong>Die</strong>ter und Ruth: Berliner Leben 1900-1914. Eine historische Reportage aus<br />
Erinnerungen und Berichten I. – Berlin: Verlag Rütten & Loening, 1986. – S. 100<br />
3 Vgl. Strom und Zeit. 150 Jahre Siemens / hrsg. von <strong>der</strong> Siemens AG, Bereich Energieerzeugung.<br />
– Erlangen: o. V., 1997. – S. 9<br />
Einleitung<br />
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