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Freimaurer in Aschersleben - Stephaneum

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Kriegsgefangener e<strong>in</strong>gesetzt. E<strong>in</strong> Teil von diesen arbeitete nahe der Werkstatt, <strong>in</strong><br />

der ich beschäftigt war. Von früh bis abends, bei Hunger und Kälte, ohne<br />

w<strong>in</strong>terliche Bekleidung mußten sie im Freien schuften. Der Umgang mit<br />

Kriegsgefangenen war von der Werkleitung strengstens untersagt. Trotzdem<br />

haben viele me<strong>in</strong>er damaligen Kollegen und auch ich diesen Gefangenen von<br />

unserem warmen Mittagessen so viel wie möglich abgegeben. Anfangs haben<br />

wir es ganz öffentlich getan. Auf Grund e<strong>in</strong>es erneuten Verbotes, mußten wir<br />

unsere Taktik ändern. Wir füllten das gesammelte warme Essen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Eimer<br />

und stellten dann diesen unter den Treppenaufgang der gegenüberliegenden<br />

Halle 3. Unauffällig g<strong>in</strong>gen dann die Gefangenen, e<strong>in</strong>er nach dem anderen, zur<br />

Treppe, wo der Eimer stand, und nahmen sich von dem Essen. So machten wir<br />

es wochenlang, bis die Gefangenen an e<strong>in</strong>er anderen Stelle e<strong>in</strong>gesetzt wurden.<br />

E<strong>in</strong>en besonders guten Kontakt hatte ich zu e<strong>in</strong>er sowjetischen Zwangsarbeiter<strong>in</strong><br />

mit Vornamen Maria. Ihr Zuname ist mir entfallen. Zu Hause war sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

kle<strong>in</strong>en Ort bei Kiew <strong>in</strong> der Ukra<strong>in</strong>e. 1942 wurde sie, ihr Mann und e<strong>in</strong>e<br />

schulpflichtige Tochter, mit Hunderten ihrer Landsleute gewaltsam nach<br />

Deutschland verschickt. E<strong>in</strong> Teil des Transportes - darunter Maria und<br />

Angehörige - kamen nach <strong>Aschersleben</strong> zu Junkers zum Arbeitse<strong>in</strong>satz.<br />

Unterkunft erhielten sie <strong>in</strong> den Baracken des sogenannten Lagers “Hochtrift”,<br />

welches am Ende der Schmidt-Straße gelegen hat.<br />

Als Maria me<strong>in</strong>e antifaschistische E<strong>in</strong>stellung erkannt hatte, wurde sie offener<br />

zu mir. Oft beklagte sie sich über die schlechte Verpflegung und Behandlung.<br />

Unterstützt habe ich sie mit Eßbarem, soweit es mir möglich war.<br />

Ich weiß nicht, wie oft ich ihr me<strong>in</strong> Glas mit Quark (me<strong>in</strong> Frühstück) und so<br />

manches Obst gegeben habe. Brotreste von zu Hause habe ich ihr fast täglich<br />

mitgebracht. In der Zeit des Hamsterfanges versorgte ich sie und ihre<br />

Angehörigen mit Hamsterfleisch.<br />

In der Reparaturwerkstatt der Elektriker arbeitete außerdem e<strong>in</strong> russisches<br />

Mädchen mit Vornamen Kathar<strong>in</strong>a. E<strong>in</strong>e me<strong>in</strong>er Mitarbeiter<strong>in</strong>nen, die Kolleg<strong>in</strong><br />

Ilse Fleischer, welche ebenfalls dienstverpflichtet war, hatte unsere Kathar<strong>in</strong>a<br />

besonders <strong>in</strong>s Herz geschlossen und ihr auch so manches zukommen lassen.<br />

E<strong>in</strong>es Tages erzählte Kathar<strong>in</strong>a der Kolleg<strong>in</strong> Fleischer, dass sie verlobt sei und<br />

gern heiraten möchte. Sie könne es aber nicht, da sie lt. ihrer Papiere erst 19<br />

Jahre alt sei, und erst mit 21 Jahren heiraten dürfe. Kolleg<strong>in</strong> Fleischer hat ihr mit<br />

Rat und List geholfen. Aus der 19jährigen wurde e<strong>in</strong>e 21jährige Kathar<strong>in</strong>a. Als<br />

Hochzeitsgeschenk bekam sie von der Kolleg<strong>in</strong> Fleischer e<strong>in</strong>en Rock, e<strong>in</strong>e<br />

Bluse und e<strong>in</strong>en Hochzeitskuchen, den sie zu Hause gebacken hatte.<br />

So wurde es möglich gemacht, daß auf dem Hochzeitstisch der jungen Eheleute<br />

e<strong>in</strong> Stück Kuchen kam. Ca. 1 ½ Jahre haben wir mit Maria und Kathar<strong>in</strong>a<br />

zusammengearbeitet und die Gefahren der Bombenangriffe geme<strong>in</strong>sam<br />

überstanden. Dennoch hat mancher von ihnen se<strong>in</strong>e Heimat nicht wiedergesehen.<br />

140 sowjetische Bürger, davon 42 K<strong>in</strong>der, mußten ihr Leben lassen bei<br />

Luftangriffen oder starben an Unterernährung und anderen Krankheiten.<br />

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