erste - Das Gespräch
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Arbeit unter Prostituierten in<br />
Amsterdam. Dazu muss man ein<br />
bestimmter Typ Mensch sein.<br />
Man darf keine Kontaktprobleme<br />
zu den Prostituierten haben,<br />
man darf keine Angst haben,<br />
sich schmutzig zu machen, und<br />
man muss deren Sprache<br />
sprechen, ohne vulgär zu<br />
werden.<br />
Haben Sie auch militärische<br />
Formen?<br />
Manchmal schon, aber nicht so<br />
häufig. Wir haben tatsächlich<br />
auch Marschkapellen und<br />
können Paraden abliefern. Aber<br />
still stehen ist nicht so unsere<br />
Sache, und ein besonders<br />
ordentlicher Bundeswehrsoldat<br />
wäre ich jetzt nicht - was diese<br />
Sachen angeht. Als ich vor 20<br />
Jahren Offizier wurde, habe ich<br />
aber diesbezüglich die<br />
grundlegenden Dinge gelernt.<br />
Wie hoch ist Ihre<br />
wöchentliche Belastung?<br />
Theoretisch sieben mal 24<br />
Stunden. Praktisch komme ich<br />
so auf 50 bis 52 Stunden pro Woche. An einem<br />
Tag in der Woche habe ich frei, aber ansonsten<br />
habe ich auch Bereitschaftsdienst. Wenn jemand<br />
Probleme hat, dann muss ich auch da sein.<br />
Wie sind Sie zur Heilsarmee gekommen?<br />
Ich bin jetzt in der vierten Generation. Meine<br />
Urgroßmutter und meine Großeltern waren<br />
Soldaten, meine Eltern Offiziere in der Heilsarmee.<br />
Sind Sie da rein gewachsen, oder war das eine<br />
bewusste Entscheidung?<br />
<strong>Das</strong> war eine bewusste Entscheidung über<br />
mehrere Etappen. Zuerst stellte sich die Frage<br />
„Ein Leben mit Gott: Ja oder Nein?“. Man weiß ja<br />
auch, dass Pastorenkinder manchmal ein<br />
gespanntes Verhältnis zum Glauben haben. <strong>Das</strong><br />
war bei mir genau so, und ich musste erst mal<br />
"Man lernt, mit unangenehmen<br />
Leuten freundlich umzugehen.<br />
Die beleidigen ja nicht mich,<br />
sondern meine Uniform. Und<br />
eine Armee kann man nicht<br />
beleidigen."<br />
einen Zugang finden. Dann habe ich verschiedene<br />
Gemeinden ausprobiert und bin dann wieder zur<br />
Heilsarmee zurückgekommen.<br />
Kurz zusammengefasst: Eine 52-Stunden-<br />
Woche, immer Bereitschaft, seit über 20<br />
Jahren. Warum machen Sie das?<br />
Einfach Berufung. Und weil ich weiß, dass das der<br />
Platz ist, wo ich hingehöre. Vielleicht ist es das<br />
einfachste, es so zu sagen. Pastoren in anderen<br />
Kirchen haben auch nicht weniger Arbeit, aber für<br />
mich es am befriedigendsten, meinen Glauben in<br />
der Heilsarmee auszuleben.<br />
Und wie reagieren die Leute auf Sie?<br />
Die sind freundlich. Vielleicht deswegen, weil wir<br />
von der Heilsarmee immer als Exoten gelten. Die<br />
Leute wundern sich über die Uniform und halten<br />
uns „für einen Tick spinnerd“, aber das stört mich<br />
nicht. Bei den meisten Leuten haben wir einen<br />
guten Ruf.<br />
Wir erklären Sie sich Ihren guten Ruf?<br />
Weil wir in den merkwürdigsten Situationen, in<br />
denen Menschen Hilfe brauchten, vor Ort waren.<br />
Und wir haben dann nicht gefragt „Wo kommst du<br />
her? Was bist du?“, sondern einfach geholfen.