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<strong>Mimik</strong> <strong>und</strong> <strong>Gestik</strong> bei virtuellen Charakteren<br />

im Rahmen des Hauptseminars ” 3D-Modellierung <strong>und</strong> Virtuelle Präsenz“, SS2007<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Nils Reichardt<br />

1 <strong>Mimik</strong> 1<br />

1.1 Was ist <strong>Mimik</strong>? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1<br />

1.2 Warum ist <strong>Mimik</strong> bei virtuellen Charakteren von Bedeutung? . . . . . . . . . 2<br />

1.2.1 Interaktion Computer-Mensch. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2<br />

1.2.2 Interaktion Mensch-Mensch. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4<br />

1.3 Funktionsweise des menschlichen Gesichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5<br />

1.3.1 Anatomie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5<br />

1.3.2 Beispiele häufiger Gesichtsausdrücke [10]. . . . . . . . . . . . . . . . . 6<br />

1.4 Technologien zur Erstellung künstlicher Gesichter . . . . . . . . . . . . . . . . 8<br />

1.4.1 Skelettanimation <strong>und</strong> Einflusskörper. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8<br />

1.4.2 Draht-Verformer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9<br />

1.4.3 Animation der Augäpfel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10<br />

1.4.4 Blendshapes/Morphing. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11<br />

1.4.5 Facial Action Coding System (FACS). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12<br />

1.4.6 MPEG-4. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13<br />

2 <strong>Gestik</strong> 14<br />

2.1 Was ist <strong>Gestik</strong>? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14<br />

2.2 Warum ist <strong>Gestik</strong> bei virtuellen Charakteren von Bedeutung? . . . . . . . . . 15<br />

2.3 Beispiele häufiger Gesten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16<br />

2.3.1 Gruß. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16<br />

2.3.2 Zustimmung oder Ablehnung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17<br />

2.3.3 Aufforderung zum Folgen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17<br />

2.3.4 Aufforderung zum Anhalten bzw. Bitte um Aufmerksamkeit. . . . . . 17<br />

2.3.5 Freude über einen Erfolg. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17<br />

2.4 Darstellung von <strong>Gestik</strong> bei virtuellen Charakteren . . . . . . . . . . . . . . . . 17<br />

2.4.1 STEP. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17<br />

3 Zusammenfassung 19<br />

1


1 <strong>Mimik</strong><br />

1.1 Was ist <strong>Mimik</strong>?<br />

Unter <strong>Mimik</strong> versteht man die Stellung <strong>und</strong> Bewegung der verschiedenen Anteile des Gesichtes<br />

im Zusammenspiel. Dazu gehören Gesichtshaut, Augäpfel, Lippen, Zähne <strong>und</strong> Zunge.<br />

<strong>Mimik</strong> ist für Menschen eine der wichtigsten Formen nonverbaler Kommunikation, oft<br />

in Verbindung mit <strong>Gestik</strong> (siehe Kapitel 2) [1] [2]. <strong>Mimik</strong> tritt im Übrigen auch bei Tieren auf<br />

[2].<br />

Abbildung 1: Ein Mann lacht (Theodore Roosevelt) [15].<br />

Abbildung 2: Mutmaßlich skeptischer Blick eines Affen [14].<br />

1.2 Warum ist <strong>Mimik</strong> bei virtuellen Charakteren von Bedeutung?<br />

1.2.1 Interaktion Computer-Mensch.<br />

Schon seit es Computerspiele <strong>und</strong> virtuelle Welten gibt, wird alles technisch mögliche versucht,<br />

die Computergrafik an die Realität anzunähern. Ein Großteil der Motivation, eine<br />

solche Software zu nutzen, kommt dadurch zustande, dass der Benutzer in die virtuelle<br />

Welt ” eintaucht“, d.h. sie als in sich schlüssig <strong>und</strong> – wenn auch fiktional – als glaubhaft akzeptiert<br />

( ” Suspension of disbelief“) [3]. In den 90er Jahren kamen die ersten Spiele auf den<br />

Markt, in denen 3D-Charaktere über animierte Gesichter verfügten.<br />

Auch die Vermittlung von Lehrinhalten <strong>und</strong> Hilfestellungen vom Computer an den Menschen<br />

kann von Avataren mit animiertem Gesicht profitieren: In einer Versuchsreihe von<br />

2


Pandzic, Ostermann <strong>und</strong> Millen konnte nachgewiesen werden, dass Gesichtsanimation speziell<br />

unter schlechten Tonbedingungen hilft, Sprache zu verstehen, dass sich die Akzeptanz<br />

von Wartezeiten erhöht <strong>und</strong> die Anwendung insgesamt attraktiver wird [4].<br />

Abbildung 3: Ein Beispiel für komplexe <strong>Mimik</strong> bei Charakteren: Knights of the Old Republic<br />

2 (2005).<br />

3


Abbildung 4: Eine etwas andere Anwendung von <strong>Mimik</strong>: In Wolfenstein 3D (1992) wurde<br />

dem Spieler der eigene Avatar durch ein animiertes Portrait am unteren Bildrand näher<br />

gebracht.<br />

1.2.2 Interaktion Mensch-Mensch.<br />

In Online-Welten kommunizieren Nutzer untereinander entweder traditionell über Texteingabe<br />

oder – in jüngerer Zeit – über Sprachkonferenzsoftware (Voice-Chat). Um dabei den<br />

visuellen Kanal unterstützend mitzubenutzen, wird oft eine Kombination aus <strong>Mimik</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Gestik</strong> (siehe Kapitel 2) eingesetzt, so genannte ” Emotes“, welche über Menüs, Hotkeys oder<br />

Tastaturbefehle erreichbar sind. Beispiele für Online-Welten, die Emotes benutzen sind Second<br />

Life [5] <strong>und</strong> World of Warcraft [6].<br />

Abbildung 5: Second Life: Auswählen des Emotes ” excuseme“.<br />

4


Abbildung 6: Der Gesichtsausdruck verändert sich, um Empörung zu zeigen.<br />

Denkbar wäre auch, den Gesichtsausdruck des Nutzers mittels einer Webcam zu erkennen,<br />

<strong>und</strong> die <strong>Mimik</strong> des Online-Avatars darauf abzustimmen. Technisch ist dies allerdings<br />

noch nicht möglich, da Algorithmen zur <strong>Mimik</strong>erkennung noch zu fehleranfällig sind [7].<br />

1.3 Funktionsweise des menschlichen Gesichts<br />

1.3.1 Anatomie.<br />

Der Mensch hat 26 Gesichtsmuskeln, man kann jedoch 8 von ihnen als wesentlich für die <strong>Mimik</strong><br />

ansehen [8]. Da die <strong>Mimik</strong> vor allem von M<strong>und</strong> <strong>und</strong> Augen, den beweglichsten Teilen<br />

des Gesichts, bestimmt wird, sind besonders die dort ansetzenden Muskeln von Bedeutung<br />

[9].<br />

5


Abbildung 7: Gesichtsmuskeln [8].<br />

1.3.2 Beispiele häufiger Gesichtsausdrücke [10].<br />

Traurigkeit:<br />

Die Augenbrauen werden nach innen <strong>und</strong> oben gezogen, wodurch sich die Stirn runzelt.<br />

Die Augen sind etwas verengt <strong>und</strong> die Lippen leicht zusammengepresst.<br />

Ärger:<br />

Die Augenbrauen werden nach innen <strong>und</strong> unten gezogen. Auch hier sind die Augen etwas<br />

verengt <strong>und</strong> die Lippen leicht zusammengepresst.<br />

6


Freude:<br />

Die Wangenmuskulatur zieht nach oben <strong>und</strong> schiebt gegen die unteren Augenlider. Die<br />

M<strong>und</strong>winkel werden nach außen <strong>und</strong> oben gezogen, der M<strong>und</strong> ist offen, wobei die Zähne<br />

nur wenig auseinander gehen.<br />

Furcht:<br />

Die Augenbrauen werden nach innen <strong>und</strong> oben gezogen. Die Augen sind relativ weit geöffnet<br />

<strong>und</strong> die M<strong>und</strong>winkel werden bei etwas geöffnetem M<strong>und</strong> nach unten gezogen.<br />

Ekel:<br />

Dieser Gesichtsausdruck basiert auf Asymmetrie: Die Wangenmuskulatur zieht auf einer<br />

Seite den M<strong>und</strong> nach oben. Die Nase wird dadurch auf dieser Seite leicht gerümpft.<br />

7


Erstaunen:<br />

Das gesamte Gesicht wird in die Länge gezogen, da die Augenbrauen bei stark geöffneten<br />

Augen weit nach oben gehen <strong>und</strong> der M<strong>und</strong> relativ weit offen steht. Die Zähne bleiben von<br />

den Lippen fast vollständig verdeckt.<br />

1.4 Technologien zur Erstellung künstlicher Gesichter<br />

1.4.1 Skelettanimation <strong>und</strong> Einflusskörper.<br />

Skelettbasierte Animation, wie sie in den meisten Fällen für die Bewegung der Gliedmaßen<br />

eines virtuellen Charakters zum Einsatz kommt, kann in begrenztem Maße auch für die Animation<br />

eines Gesichts verwendet werden. Häufig wird der Kopf des Chrakters mit einem<br />

Kieferknochen versehen, der in seiner Bewegung stark gewichteten Einfluss auf die Gitterpunkte<br />

am Kinn <strong>und</strong> an der Unterlippe hat. Zusätzlich kann ein solcher Bewegungsapparat<br />

durch Einflusskörper, die ungefähr die Form eines Muskels haben, verbessert werden. Ein<br />

solcher Körper (z.B. eine Kugel), kann darauf programmiert werden, sich synchron zu der<br />

Bewegung eines Knochens in die Länge zu ziehen <strong>und</strong> flacher zu werden. Durch seinen<br />

Einfluss auf die Position von Gitterpunkten des Modells, kann sichtbare Muskelkontraktion<br />

unter der Haut simuliert werden.<br />

8


Abbildung 8: Einsatz eines Kieferknochens in Maya.<br />

Bei der Gesichtsanimation ist es jedoch nicht üblich, eine Vielzahl von Knochen einzusetzen.<br />

Vor allem für die Rotation der Augäpfel ist diese Technik nicht praktikabel.<br />

1.4.2 Draht-Verformer.<br />

Draht-Verformer ( ” Wire Deformers“ in Maya) sind Kurven, denen eine Menge ( ” Cluster“)<br />

Gitterpunkte untergeordnet ist, sodass sich bei einer Verschiebung der Kurve im Raum<br />

die Gitterpunkte mitbewegen. Eine derartige Beziehung lässt sich in 3D-Modellierungs-<br />

/Animations-Software auch zwischen anderen Objekten herstellen (wie bei Muskelsimulation),<br />

oft werden hier jedoch Kurven verwendet, da sie einfach an die Gesichtskonturen<br />

anzupassen sind <strong>und</strong> da sie meist standardmäßig von der Software beim Rendern ignoriert<br />

werden.<br />

9


Abbildung 9: Ein Drahtverformer zur Steuerung einer Augenbraue.<br />

Der Einflussbereich der Draht-Verformer kann mit einem sogenannten ” Fall-Off“ versehen<br />

werden, sodass weiter entfernte Gitterpunkte die Bewegung des Verformers weniger<br />

stark imitieren als nahe liegende. Dadurch wirkt die Verformung des Gesichts weniger abgestuft<br />

<strong>und</strong> dadurch realistischer.<br />

1.4.3 Animation der Augäpfel.<br />

Die Bewegung der Augäpfel ist vergleichsweise eingeschränkt: Sie rotieren mittig um zwei<br />

Achsen, <strong>und</strong> beide Augäpfel bewegen sich (normalerweise) synchron. In Animationssoftware<br />

kann hierfür eine Beziehung zwischen den Augäpfeln <strong>und</strong> (beispielsweise) einem Kreis<br />

eingerichtet werden. In diesem Fall wird die Rotation der Augäpfel mit der Position des<br />

Kreises verknüpft, sodass die Augen den Kreis als Ziel ” verfolgen“ ( ” Look-At Constraint“).<br />

10


Abbildung 10: Drehen der Augäpfel mittels eines Ausrichtungsziels.<br />

1.4.4 Blendshapes/Morphing.<br />

Um verschiedene Verformungen des Gesichtes zu Gesichtsausdrücken zu kombinieren, bietet<br />

sich ein Verfahren an, das unter Namen wie ” Blendshapes“ (Maya) oder ” Morphing“<br />

(3ds Max) bekannt ist. Hierbei werden Duplikate des Modellkopfes mit verschiedener <strong>Mimik</strong><br />

modelliert (auch unter Verwendung oben genannter Techniken) <strong>und</strong> von der Software<br />

mit dem Original verglichen. Das Programm erkennt nun die Unterschiede in der Stellung<br />

der Gitterpunkte des Modellkopfes <strong>und</strong> stellt dem Animateur Mittel zur Verfügung, die verschiedenen<br />

Gesichtsbewegungen gewichtet zu einer <strong>Mimik</strong> zu kombinieren. In Maya gibt<br />

es beispielsweise ein Fenster mit Schiebereglern, wobei je einem Schieberegler ein Kopfduplikat<br />

zugr<strong>und</strong>e liegt.<br />

11


1.4.5 Facial Action Coding System (FACS).<br />

Abbildung 11: Blendshapes in Maya.<br />

Das Facial Action Coding System ist ein Standard zur Beschreibung von <strong>Mimik</strong>, der schon<br />

1976 entwickelt wurde [11]. Er unterteilt das Gesicht in 46 sogenannte ” Action Units“ (AUs),<br />

die jeweils eine elementare Muskelbewegung darstellen [10]. Elementar bedeutet hierbei,<br />

dass beispielsweise einem Muskel, der sich in zwei verschiedene Richtungen zusammenziehen<br />

kann (Flächenmuskel), zwei unterschiedliche AUs zugeteilt werden. Es werden allerdings<br />

nur Muskelbewegungen berücksichtigt, die den Gesichtsausdruck sichtbar verändern<br />

[10]. Um anzugeben, wie stark eine Muskelbewegung sichtbar ist (es geht hierbei um das<br />

Resultat, nicht um den tatsächlichen Einsatz des Muskels), wird eine Skala von ” A“ (kaum<br />

sichtbar) bis ” E“ (Obergrenze der Bewegungsfähigkeit) verwendet [11].<br />

12


Tabelle 1: Action Units im FACS (Auszug) [10].<br />

AU FACS-Bezeichnung beteiligte Muskeln<br />

1 Inner Brow Raiser Frontalis, Pars Medialis<br />

2 Outer Brow Raiser Frontalis, Pars Lateralis<br />

4 Brow Lowerer Depressor Glabellae, Depressor Supercilli, Corrugator<br />

20 Lip Stretcher Risorius<br />

22 Lip Funneler Orbicularis Oris<br />

23 Lip Tightner Orbicularis Oris<br />

24 Lip Pressor Orbicularis Oris<br />

41 Lid Droop Entspannung des Levator Palpebrae Superioris<br />

43 Eyes Closed Entspannung des Levator Palpebrae Superioris<br />

45 Blink Entspannung des Levator Palpebrae <strong>und</strong> Anspannung<br />

des Orbicularis oculi, Pars Palpebralis<br />

46 Wink Orbicularis Oculi<br />

Abbildung 12: Beispiel für die Umsetzung der Action Unit 2 an einem Gesichtsmodell [10].<br />

1.4.6 MPEG-4.<br />

Auch der 1998 vorgestellte MPEG-4-Standard befasst sich (unter anderem) mit der Animation<br />

virtueller Gesichter, insbesondere mit der lippensynchronen Animation eines Gesichtes<br />

zu gesprochenem Text. Um ein virtuelles Gesicht nach dem MPEG-4-Standard zu definieren,<br />

werden sogenannte ” Face Definition Parameter“ (FDP) angegeben. Die FDP beinhalten<br />

einen Satz von 84 Gitterpunkten (Feature Points), welche die wichtigsten Stellen des<br />

Gesichts markieren <strong>und</strong> dazu optionale Parameter wie Gesichtstextur, Geschlecht, Haarschnitt/Haarfarbe<br />

oder eine eventuelle Brille [10].<br />

13


Abbildung 13: Feature Points in MPEG-4 [10].<br />

Die Animation des virtuellen Gesichts erfolgt durch 68 ” Facial Animation Parameter“<br />

(FAP), die auf Bewegungen der Feature Points abgebildet werden [10].<br />

2 <strong>Gestik</strong><br />

2.1 Was ist <strong>Gestik</strong>?<br />

<strong>Gestik</strong> bezeichnet die Stellung <strong>und</strong> Bewegung des Körpers, insbesondere der Arme, der<br />

Hände <strong>und</strong> des Kopfes, zum Zwecke der Kommunikation. Man unterscheidet drei Arten<br />

von Gesten [12] [13]:<br />

• Zeigegesten, z.B. das Ausrichten des Zeigefingers auf eine Person oder einen Gegenstand,<br />

• lexikalisierte Gesten, die ein Wort ersetzen können, wie beispielsweise das Nicken<br />

mit dem Kopf für ” ja“ oder ein nach oben zeigender Daumen bei geschlossener Hand<br />

für ” gut“, ” super“ etc. (besonders diese Art Gesten unterscheidet sich jedoch zwischen<br />

verschieden Kulturen),<br />

• ikonische Gesten, welche die Wirklichkeit stilisiert oder vereinfacht widerspiegeln,<br />

wie z.B. das Zusammenlegen der Handflächen an der Wange <strong>und</strong> Schräglegen des<br />

Kopfes für ” schlafen“ oder das Antippen des Kopfes mit dem Zeigefinger, um anzudeuten,<br />

dass man jemanden für verrückt hält.<br />

Viele Gesten haben sich offenbar natürlich herausgebildet, andere wiederum sind Kulturspezifisch.<br />

Davon abgesehen gibt es auch Gesten die (innerhalb eines Kulturkreises) verschiedene<br />

Bedeutungen haben. <strong>Gestik</strong> unterscheidet sich sogar – wie z.B. auch Sprache <strong>und</strong><br />

Handschrift – zwischen einzelnen Individuen [18].<br />

14


Abbildung 14: ” Uncle Sam“ zeigt mit dem Finger auf den Betrachter – eine Geste [13].<br />

Zusätzlich zur (intentionalen) <strong>Gestik</strong> drücken sich Menschen auch subtiler <strong>und</strong> oft unbeabsichtigt<br />

durch ihren Körper aus. Den eigenen Körper gänzlich still zu halten, ist unmöglich.<br />

Der Körper muss (abgesehen vom Liegen) ständig durch kleine Ausgleichsbewegungen im<br />

Gleichgewicht gehalten werden, hinzu kommt die Bewegung des Brustkorbes durch die<br />

Atmung [19]. Selbst wenn es für die Wahrung des Gleichgewichts unnötig ist, wechseln<br />

Menschen oft ihre Haltung, z.B. aufgr<strong>und</strong> von Muskelermüdung [19]. Derartige Bewegungen<br />

können – wie <strong>Gestik</strong> – Ausdruck von Gefühlen sein. Beispielsweise deutet eine nach<br />

vorn geneigte Körperhaltung auf Schamgefühl <strong>und</strong> ungewöhnlicher Bewegungsdrang auf<br />

Nervosität hin.<br />

Abbildung 15: Veränderung der Körperhaltung [19].<br />

2.2 Warum ist <strong>Gestik</strong> bei virtuellen Charakteren von Bedeutung?<br />

Analog zur <strong>Mimik</strong> verleihen <strong>Gestik</strong> <strong>und</strong> Körpersprache einem virtuellen Charakter mehr<br />

Realitätsnähe <strong>und</strong> machen ihn dadurch in 3D-Welten interessanter für die Benutzer. Da<br />

<strong>Gestik</strong> wie <strong>Mimik</strong> die verbale Kommunikation auf non-verbaler Ebene unterstützt, ist sie<br />

sowohl bei Kommunikation zwischen Spielern mittels Emotes als auch bei Lehr- bzw. Hilfs-<br />

Avataren von Bedeutung (siehe Kapitel 1.2).<br />

15


Abbildung 16: <strong>Gestik</strong> beim Ausführen des Emotes ” shrug“ in Second Life.<br />

2.3 Beispiele häufiger Gesten<br />

Die folgenden Gesten sind besonders im Hinblick auf ihre Bedeutung in 3D-Welten ausgewählt.<br />

2.3.1 Gruß.<br />

Die wohl universellste Form des Grüßens durch <strong>Gestik</strong> ist eine erhobene offene Hand, wobei<br />

es Variationen von nahe am Kopf bis weit abgestreckt gibt. Nähern sich zwei Personen zum<br />

formellen Gruße, kommt es meist zum Händeschütteln (westliche Kulturen), oder (in Ost-<br />

Asien) zur Verbeugung.<br />

Abbildung 17: Zwei verschiedene Gesten der Begrüßung: Hand zum Kopf links,<br />

Händeschütteln rechts [16].<br />

16


2.3.2 Zustimmung oder Ablehnung.<br />

In den meisten Kulturen entspricht das Nicken mit dem Kopf einem ” ja“ <strong>und</strong> das Kopfschütteln<br />

einem ” nein“. Es gibt jedoch Ausnahmen: In Griechenland beispielsweise, ist die Bedeutung<br />

umgekehrt, wobei dort beim Kopfschütteln der Kopf nur einmal leicht zu jeder Seite gedreht<br />

wird.<br />

2.3.3 Aufforderung zum Folgen.<br />

Eine andere Person wird meistens mit einer Armbewegung in Richtung des angestrebten<br />

Zieles, oder aber nur durch eine heranwinkende Bewegung der Hand oder eines Fingers,<br />

zum Folgen aufgefordert.<br />

2.3.4 Aufforderung zum Anhalten bzw. Bitte um Aufmerksamkeit.<br />

Ein hochgestreckter Arm mit offener Hand wird oft entweder als ” Halt!“ oder ” Achtung!“<br />

verstanden.<br />

2.3.5 Freude über einen Erfolg.<br />

Ein oder beide Arme werden hochgestreckt <strong>und</strong> die Hand meist zur Faust geballt.<br />

Abbildung 18: Nelson Mandela bringt sein Erfolgsgefühl zum Ausdruck [17].<br />

2.4 Darstellung von <strong>Gestik</strong> bei virtuellen Charakteren<br />

Um virtuelle Charaktere mit <strong>Gestik</strong> zu versehen, bedient man sich schon genannter Verfahren,<br />

wie skelettbasierter Animation <strong>und</strong> Muskelsimulation. Die Herausforderung liegt<br />

jedoch dabei, die primären Stellungen (z.B. stehen, sitzen) <strong>und</strong> Bewegungen (z.B. gehen, rennen,<br />

springen) eines Charakters mit den sek<strong>und</strong>ären Animationen für <strong>Gestik</strong> <strong>und</strong> Körpersprache<br />

so zu verschmelzen, dass eine realitätsnahe Endbewegung bzw. -pose entsteht.<br />

Die unbeabsichtigten Bewegungen des Körpers aufgr<strong>und</strong> von Anatomie <strong>und</strong> Körpersprache<br />

können erzeugt werden, indem aus einer Datenbank vordefinierter Posen bzw. Animationen<br />

zufällig ausgewählt wird <strong>und</strong> wiederum eine geeignete Überblendung stattfindet [19].<br />

2.4.1 STEP.<br />

Eine Möglichkeit, <strong>Gestik</strong> durch eine Skriptsprache zu steuern, stellt STEP (Scripting Technology<br />

for Embodied Persona) dar [20]. Um einen virtuellen humanoiden Charakter ( ” Agent“<br />

genannt) zu animieren, wird bei STEP ein Referenzkoordinatensystem festgelegt, wie es in<br />

17


Abbildung 19 dargestellt ist. Dazu werden die verschiedenen Körperteile des Charakters<br />

hierarchisch definiert (Abbildung 20).<br />

Abbildung 19: Referenzkoordinatensystem für einen virtuellen Charakter [20].<br />

Abbildung 20: Definition von Körperteilen [20].<br />

Bewegungen können nun im Bewegungsraum ausgeführt werden, welcher wiederum<br />

18


am Referenzkoordinatensystem ausgerichtet ist. So wird die Bewegung eines Armes beispielsweise<br />

durch<br />

turn(Agent, left arm, front, slow)<br />

ausgedrückt, wobei ” Agent“ der virtuelle Charakter, ” left arm“ der Körperteil, ” front“<br />

eine bestimmte Zielposition im Bewegungsraum <strong>und</strong> ” slow“ eine vordefinierte Geschwindigkeit<br />

ist.<br />

Das Verschieben des Charakters oder Teilen dessen, wird durch die Aktion ” move“ angeboten.<br />

Die Syntax dieser Aktion ist analog zu ” turn“ <strong>und</strong> kann beispielsweise wie folgt verwendet<br />

werden:<br />

move(Agent, HumanoidRoot, position(1,0,10), time(2, second))<br />

Zusätzlich zu den zwei gr<strong>und</strong>legenden Aktionen für Rotation <strong>und</strong> Verschiebung, gibt<br />

es in STEP Operatoren zum sequentiellen <strong>und</strong> parallelen Ausführen von Bewegungen <strong>und</strong><br />

sowohl Verzweigungen als auch Schleifen.<br />

3 Zusammenfassung<br />

Abbildung 21: STEP-Bewegungsraum [20].<br />

Sowohl <strong>Mimik</strong> als auch <strong>Gestik</strong> spielen bei der Erstellung virtueller Charaktere eine bedeutende<br />

Rolle, da sie für mehr Realitätsnähe der 3D-Welt, bessere Verständlichkeit <strong>und</strong> Akzeptanz<br />

von Avataren <strong>und</strong> vereinfachte Kommunikation zwischen Nutzern sorgen. Technologien<br />

zur Erstellung von <strong>Mimik</strong> bei 3D-Charakteren sind skelettbasierte Animation, Draht-<br />

Verformer, spezielle Beziehungen zwischen 3D-Objekten <strong>und</strong> Blendshapes.<br />

19


Für die Realisierung von <strong>Gestik</strong> bei virtuellen Charakteren bietet sich skelettbasierte Animation<br />

an, wobei primäre <strong>und</strong> sek<strong>und</strong>äre Bewegungen/Posen überblendet werden müssen.<br />

Unbewusste Änderungen der Körperhaltung sollten zufällig erzeugt werden. Es existieren<br />

Ansätze, <strong>Gestik</strong> über Skriptsprachen zu steuern, beispielsweise STEP.<br />

Literatur<br />

[1] <strong>Mimik</strong>. Wikipedia (deutsch). http://de.wikipedia.org/wiki/<strong>Mimik</strong>. Verwendete<br />

Version vom 09.05.2007, 17:46 unter http://de.wikipedia.org/w/index.php?<br />

title=<strong>Mimik</strong>&oldid=32481918.<br />

[2] Facial expression. Wikipedia (englisch). http://en.wikipedia.org/wiki/<br />

Facial_expression. Verwendete Version vom 31.05.2007, 20:47 unter http:<br />

//en.wikipedia.org/w/index.php?title=Facial_expression&oldid=<br />

134909890.<br />

[3] Suspension of disbelief. Wikipedia (englisch). http://en.wikipedia.org/<br />

wiki/Suspension_of_disbelief. Verwendete Version vom 31.05.2007, 03:59<br />

unter http://en.wikipedia.org/w/index.php?title=Suspension_of_<br />

disbelief&oldid=134735030.<br />

[4] Igor S. Pandzic, Jörn Ostermann, David Millen. User evaluation: Synthetic talking faces<br />

for interactive services. The Visual Computer, 1999, Band 15, Nr. 7-8, S. 330-340. Online unter<br />

http://www.springerlink.com/content/0qr43jn2tmvxwf4x/fulltext.<br />

<strong>pdf</strong>.<br />

[5] http://www.secondlife.com<br />

[6] http://www.worldofwarcraft.com<br />

[7] <strong>Mimik</strong>erkennung. Wikipedia (deutsch). http://de.wikipedia.org/wiki/<br />

<strong>Mimik</strong>erkennung. Verwendete Version vom 26.04.2007, 15:44 unter http://de.<br />

wikipedia.org/w/index.php?title=<strong>Mimik</strong>erkennung&oldid=31015718.<br />

[8] Mimische Muskulatur. Wikipedia (deutsch). http://de.wikipedia.org/wiki/<br />

Mimische_Muskulatur. Verwendete Version vom 28.04.2007, 10:33 unter http:<br />

//de.wikipedia.org/w/index.php?title=Mimische_Muskulatur&oldid=<br />

31084742.<br />

[9] Gesicht. Wikipedia (deutsch). http://de.wikipedia.org/wiki/Gesicht. Verwendete<br />

Version vom 30.05.2007, 01:52 unter http://de.wikipedia.org/w/<br />

index.php?title=Gesicht&oldid=32502312.<br />

[10] Dietmar Jackèl, Stephan Neunreither, Friedrich Wagner. Methoden der Computeranimation.<br />

Springer, 2006, S. 118, 125-127, 137-139.<br />

[11] Facial Action Coding System. Wikipedia (deutsch). http://de.wikipedia.<br />

org/wiki/Facial_Action_Coding_System. Verwendete Version vom 06.05.2007,<br />

14:18 unter http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Facial_Action_<br />

Coding_System&oldid=31434586.<br />

[12] <strong>Gestik</strong>. Wikipedia (deutsch). http://de.wikipedia.org/wiki/<strong>Gestik</strong>. Verwendete<br />

Version vom 29.03.2007, 12:56 unter http://de.wikipedia.org/w/index.<br />

php?title=<strong>Gestik</strong>&oldid=29832729.<br />

20


[13] Gesture. Wikipedia (englisch). http://en.wikipedia.org/wiki/Gesture. Verwendete<br />

Version vom 19.05.2007, 04:38 unter http://en.wikipedia.org/w/<br />

index.php?title=Gesture&oldid=131938806.<br />

[14] Category: Facial expression. Wikimedia Commons. http://commons.wikimedia.<br />

org/wiki/Category:Facial_expression.<br />

[15] Category: Laughter. Wikimedia Commons. http://commons.wikimedia.org/<br />

wiki/Category:Laughter.<br />

[16] Category: Handshakes. Wikimedia Commons. http://commons.wikimedia.org/<br />

wiki/Category:Handshakes.<br />

[17] http://www.britannica.com/eb/art-92121<br />

[18] Kay M. Stanney (Hrsg.). Handbook of Virtual Environments. Lawrence Erlbaum Associates,<br />

2002, S. 224-227.<br />

[19] Michael Dickheiser (Hrsg.). Game Programming Gems 6. Charles River Media, 2006, S.<br />

409-421.<br />

[20] Zhisheng Huang, Anton Eliëns, Cees Visser. STEP: A Scripting Language for Embodied<br />

Agents. Online unter http://wasp.cs.vu.nl/step/steppackage/paper/<br />

step.<strong>pdf</strong>.<br />

21

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