22.02.2013 Aufrufe

Reichspogromnacht im Kreis Saarlouis

Reichspogromnacht im Kreis Saarlouis

Reichspogromnacht im Kreis Saarlouis

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Nalbach<br />

Am Abend des 9. oder 10. November 1938 wird die Nalbacher Synagoge in Brand gesetzt. Die jüdischen<br />

Familien werden überfallen und viele misshandelt. Eine Zeugin beobachtet, wie jüdische Bürger von SA-<br />

Leuten mit Koppelschlössern geschlagen werden. Auch die HJ ist an den Ausschreitungen und<br />

Plünderungen beteiligt. Alle jüdischen Bürger von Nalbach werden <strong>im</strong> Schulhaus eingesperrt und acht<br />

Tage lang von der örtlichen SA festgehalten.<br />

In dieser Zeit werden sie von Leuten aus dem Ort verpflegt.<br />

Die Täter des Pogroms in Nalbach kommen ungeschoren davon. Keiner von ihnen muss sich vor Gericht<br />

verantworten.<br />

(Quelle: Eckert, Die Visionen des Aaron von lllingen S. 91 ff.)<br />

Bericht einer damals 13jährigen Augenzeugin aus Nalbach:<br />

„...Und Leute aus unserer Nachbarschaft haben die Häuser der Juden, die in der Hauptstraße standen,<br />

geplündert. Die sind aber von der Rückseite, von hinten, in die Häuser.... Auf dem Weg dorthin sah ich,<br />

wie sie die Juden auf der Straße zusammentrieben und geschlagen haben...Sie haben die Juden mit<br />

Koppelschössern geschlagen, die haben wie wahnsinnig auf die Juden draufgeschlagen, und ich konnte<br />

das überhaupt nicht verstehen..."<br />

(aus: Eckert: Die Visionen des Aaron von Illingen)<br />

Fraulautern<br />

Die Feier der SA zum 9. November findet <strong>im</strong> Lokal Spies in Fraulautern statt.<br />

Anschließend machen die Teilnehmer noch eine Runde durch mehrere Lokale, wobei Sturmführer T.<br />

reichlich Alkohol spendiert.<br />

Vor dem Lokal „Zur Kiste" gibt T. den alkoholisierten Männern den Befehl, gegen die jüdischen Familien<br />

von Fraulautern vorzugehen, als Rache für die Ermordung des Gesandtschaftssekretärs vom Rath in<br />

Paris. Im Zuge dieser Aktion werden die Wohnungen der jüdischen Familien Schloß in der Lindenstraße<br />

und der Familie Wolf in der Lebacher Straße überfallen und die Inneneinrichtung demoliert. Im Haus Wolf<br />

dringen die Täter auch in das Schlafz<strong>im</strong>mer des alten Ehepaares Wolf ein, das laut um Hilfe schreit. (Ob<br />

Misshandlungen stattfanden, konnte später nicht geklärt werden.) Die Nachbarn werden durch den Lärm<br />

geweckt. Durch mehrere Warnschüsse werden sie veranlasst, sich zurückzuziehen und ihre Fenster zu<br />

schließen.<br />

Versuch der Rechtfertigung:<br />

Aussage des ehemaligen SA-Rottenführers W. vom 7.12.1948:<br />

„...Ich bemerke, daß ich mich nur deshalb an der Aktion beteiligt habe, weil T. dies befohlen hatte. Ich<br />

muß noch hinzusetzen, daß ich bis dahin bei der SA in Ungnade gewesen war, weil ich bei einer<br />

Rundfahrt ums Saargebiet das Auto eines Juden bestiegen hatte. Auf dem Weg von dem Lokal „ Zur<br />

Kiste" zum ersten Judenhaus, sagte mir T. , ich hätte nunmehr Gelegenheit, mich zu bewähren. Dies war<br />

auch der Grund, warum ich mich zur Teilnahme an den beiden Aktionen herbeiließ...“<br />

(Staatsanwaltschaftsakten <strong>im</strong> LA Sbr. Nr. 1054)<br />

Der Prozess<br />

In der öffentlichen Sitzung des Landgerichts in Saarbrücken vom 21.4.1949 werden vier der Täter der<br />

Fraulauterner Gewalttaten angeklagt, sechs weitere sind <strong>im</strong> Krieg umgekommen unter ihnen auch der<br />

Haupttäter T.<br />

Die Angeklagten W. und R. erhalten eine Gefängnisstrafe von je sechs Monaten, der Angeklagte F. ein<br />

Jahr und der Angeklagte K. fünf Monate.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!