Das Café Life ist eröffnet - Gossen Kommunikation

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6 MENSCHEN REPORTAGE „Ans Herz gewachsen“ Bereits seit dreizehn Jahren arbeiten Mitarbeiter der Werkstatt bei Zentis vor Ort. Hubert Kamann, 47, ist ein Mann der ersten Stunde. WIB-Reporter Siegbert Gossen und Fotograf Stefan Keller haben den stellvertretenden Produktionsleiter Süßwaren im Werk Eilendorf besucht – und bekamen ein Vorzeigeprojekt für betriebliche Integration zu sehen. Adolf Jousten (links) und Arne Sommer bauen Verkaufsdisplays für Konfi türen zusammen. Uwe Wiedemeier

Über den Werkshof geht es vorbei an akkurat aufgereihten Sattelschleppern. Rechts vor uns Tanks, wohl fünfzehn Meter hoch, voll mit Schokolade und Zucker. Ein angenehmes Aroma dringt in unsere Nasen, doch weniger markant, weniger süß als jener so wohlbekannte Duft in der Jülicher Straße. Hier im Werk Eilendorf sind wir im Reich des Marzipans und der Schokokugeln. Vom Pförtner bereits angekündigt, treffen wir am Seiteneingang zur Produktionshalle auf Hubert Kamann. Weißer Kittel mit Firmen logo, kräftiger Händedruck. Er führt uns in den schlichten Vorraum zu seinem Büro, der zugleich als Besprechungsraum dient. Ein Hallenplan und Urkunden der Deutschen Lebensmittelgesellschaft sind der einzige Schmuck an der Wand: Goldener Preis 2007 für die „Belnuga 30 Prozent“. Fast das ganze Berufsleben, seit 27 Jahren, arbeitet Hubert Kamann für Zentis. Lediglich seine Ausbildung machte der „staatlich anerkannte Niederländer“ (Kamann über Kamann) nicht hier, sondern bei Lindt & Sprüngli in Aachen. Als Zentis 1995 im neuen Werk in Eilendorf die Produktion aufnimmt, ist er dabei. Und so hat er auch die Zusammenarbeit mit der Werkstatt von Anfang an maßgeblich begleitet. Bereits in den 1980er Jahren gab es erste Kontakte der Werkstatt zu Zentis. Für einen Kunden des Fruchtunternehmens übernahm die Werkstatt damals Arbeiten im Verpackungsbereich. Doch erst mit der Nachbarschaft im Eilendorfer Gewerbegebiet nahm die Zusammenarbeit Fahrt auf. Welche Arbeit erledigen die Mitarbeiter der Werkstatt? In den ersten Jahren bauten sie fast ausschließlich Displays für Marmeladen zusammen, doch nach und nach kamen neue Einsatzfelder hinzu, etwa beim Bestücken von Laufbändern mit Verpackungen. Heute werden die Mitarbeiter fast überall eingesetzt, außer in der eigentlichen Produktion noch unverpackter Lebensmittel. Zentis: Ursprung auf dem Adalbertsteinweg Die Zentis GmbH & Co. KG beschäftigt in Aachen rund 1.300 Mitarbeiter. Niederlassungen gibt es in Polen, Ungarn, den USA und Russland. Die Produktion ist auf die Bereiche Fruchtzubereitungen für die Milch- und Backwarenindustrie, Konfi türen und süße Cremes sowie Süßwaren konzentriert. 1893 von Franz Zentis als Kolonialwaren- und Lebensmittelgeschäft auf dem Adalbertsteinweg gegründet, gilt Zentis heute – mit 600 Millionen Euro Umsatz und einer Fruchtverarbeitungskapazität von täglich mehreren hundert Tonnen – als einer der größten fruchtverarbeitenden Betriebe Europas. MENSCHEN REPORTAGE Gab es Berührungsängste? Wie seine Kollegen sei auch er zunächst etwas unsicher gewesen, blickt Kamann zurück. Sehr schnell habe sich jedoch ein unbefangener und herzlicher Umgang entwickelt. Heute ist die Werkstattgruppe nach seinen Worten voll in den Zentis-Mitarbeiterstamm integriert. Man macht zusammen Pause, es gibt private Kontakte. Zurück in die Werkstatt will niemand. Das bestätigt auch Christian Hildebrandt, 55. Wir treffen ihn beim anschließenden Rundgang durch die Produktionshalle. Der Leiter der sogenannten betriebsintegrierten Arbeitsgruppe der Werkstatt betreut die Mitarbeiter mit Behinderung und ist zugleich erster Ansprechpartner für Zentis. „Wenn es jemals Integration gegeben hat, dann hier!“, ruft Hildebrandt gegen den Lärm der Verpackungsmaschinen an. Pünktlichkeit, Ausdauer, Flexibilität – all das, sagt Hildebrand, ist notwendig, um diesen Job zu schaffen. Wenige halten das längere Zeit durch. So sind von den 200 Mitarbeitern, die im Laufe der Jahre im Zentis-Werk tätig waren, nur zwei vom ersten Tag an im Einsatz: Uwe Wiedemeier und Adolf Jousten (siehe WIB-Ausgabe vom September 2008). Uwe Wiedemeier, 37, legt gerade Behälter für Marzipankartoffeln aufs Band. Er fi ndet die Arbeit „super“. Er ist Hubert Kamann „richtig ans Herz gewachsen“. Uwe habe ihm einmal in ungestümer Herzlichkeit fast die Wirbelsäule gebrochen, erzählt der Zentis- Mann schmunzelnd. So unterschiedlich die Leistungsfähigkeit der unterschiedlichen Werkstattmitarbeiter auch sei: Die Gewissenhaftigkeit, mit der alle ihren Job machten, fi ndet er faszinierend. Zum Abschied geht einem in Anlehnung an den Zentis-Slogan „Viel Frucht. Feel Good“ das Fazit durch den Kopf: „Viel Arbeit. Viel Gefühl.“ Und die Frage: Warum zeigen eigentlich nicht mehr Unternehmen Herz? Das Beispiel Zentis zeigt, dass alle etwas davon haben. Stichwort: Betriebsintegrierte Arbeitsplätze Zurzeit haben 50 Mitarbeiter mit Behinderung einen sogenannten betriebsintegrierten Arbeitsplatz bei drei verschiedenen Aachener Unternehmen. Bei Zentis sind es neun Männer und zwei Frauen. Alle stehen auf der Lohnliste der Werkstatt und nehmen an internen Fortbildungs- und Qualifi zierungsmaßnahmen teil. Im Alltag gehen sie jedoch ihrer Erwerbstätigkeit weitgehend selbstständig nach. Wie jeder andere Arbeitnehmer auch sind sie in die betrieblichen Abläufe der Außenfi rma eingebunden. 7

Über den Werkshof geht es vorbei an akkurat aufgereihten Sattelschleppern.<br />

Rechts vor uns Tanks, wohl fünfzehn Meter hoch,<br />

voll mit Schokolade und Zucker. Ein angenehmes Aroma dringt<br />

in unsere Nasen, doch weniger markant, weniger süß als jener so<br />

wohlbekannte Duft in der Jülicher Straße. Hier im Werk Eilendorf<br />

sind wir im Reich des Marzipans und der Schokokugeln.<br />

Vom Pförtner bereits angekündigt, treffen wir am Seiteneingang<br />

zur Produktionshalle auf Hubert Kamann. Weißer Kittel mit<br />

Firmen logo, kräftiger Händedruck. Er führt uns in den schlichten<br />

Vorraum zu seinem Büro, der zugleich als Besprechungsraum<br />

dient. Ein Hallenplan und Urkunden der Deutschen Lebensmittelgesellschaft<br />

sind der einzige Schmuck an der Wand: Goldener<br />

Preis 2007 für die „Belnuga 30 Prozent“.<br />

Fast das ganze Berufsleben, seit 27 Jahren, arbeitet Hubert Kamann<br />

für Zentis. Lediglich seine Ausbildung machte der „staatlich anerkannte<br />

Niederländer“ (Kamann über Kamann) nicht hier, sondern<br />

bei Lindt & Sprüngli in Aachen. Als Zentis 1995 im neuen Werk in<br />

Eilendorf die Produktion aufnimmt, <strong>ist</strong> er dabei. Und so hat er auch<br />

die Zusammenarbeit mit der Werkstatt von Anfang an maßgeblich<br />

begleitet.<br />

Bereits in den 1980er Jahren gab es erste Kontakte der Werkstatt<br />

zu Zentis. Für einen Kunden des Fruchtunternehmens übernahm<br />

die Werkstatt damals Arbeiten im Verpackungsbereich. Doch erst<br />

mit der Nachbarschaft im Eilendorfer Gewerbegebiet nahm die<br />

Zusammenarbeit Fahrt auf.<br />

Welche Arbeit erledigen die Mitarbeiter der Werkstatt? In den ersten<br />

Jahren bauten sie fast ausschließlich Displays für Marmeladen<br />

zusammen, doch nach und nach kamen neue Einsatzfelder hinzu,<br />

etwa beim Bestücken von Laufbändern mit Verpackungen. Heute<br />

werden die Mitarbeiter fast überall eingesetzt, außer in der eigentlichen<br />

Produktion noch unverpackter Lebensmittel.<br />

Zentis: Ursprung auf dem Adalbertsteinweg<br />

Die Zentis GmbH & Co. KG beschäftigt in Aachen rund 1.300 Mitarbeiter.<br />

Niederlassungen gibt es in Polen, Ungarn, den USA und<br />

Russland. Die Produktion <strong>ist</strong> auf die Bereiche Fruchtzubereitungen<br />

für die Milch- und Backwarenindustrie, Konfi türen und süße<br />

Cremes sowie Süßwaren konzentriert. 1893 von Franz Zentis als<br />

Kolonialwaren- und Lebensmittelgeschäft auf dem Adalbertsteinweg<br />

gegründet, gilt Zentis heute – mit 600 Millionen Euro Umsatz<br />

und einer Fruchtverarbeitungskapazität von täglich mehreren<br />

hundert Tonnen – als einer der größten fruchtverarbeitenden Betriebe<br />

Europas.<br />

MENSCHEN REPORTAGE<br />

Gab es Berührungsängste? Wie seine Kollegen sei auch er zunächst<br />

etwas unsicher gewesen, blickt Kamann zurück. Sehr schnell habe<br />

sich jedoch ein unbefangener und herzlicher Umgang entwickelt.<br />

Heute <strong>ist</strong> die Werkstattgruppe nach seinen Worten voll in den<br />

Zentis-Mitarbeiterstamm integriert. Man macht zusammen Pause,<br />

es gibt private Kontakte. Zurück in die Werkstatt will niemand.<br />

<strong>Das</strong> bestätigt auch Chr<strong>ist</strong>ian Hildebrandt, 55. Wir treffen ihn<br />

beim anschließenden Rundgang durch die Produktionshalle. Der<br />

Leiter der sogenannten betriebsintegrierten Arbeitsgruppe der<br />

Werkstatt betreut die Mitarbeiter mit Behinderung und <strong>ist</strong><br />

zugleich erster Ansprechpartner für Zentis. „Wenn es jemals<br />

Integration gegeben hat, dann hier!“, ruft Hildebrandt gegen den<br />

Lärm der Verpackungsmaschinen an. Pünktlichkeit, Ausdauer,<br />

Flexibilität – all das, sagt Hildebrand, <strong>ist</strong> notwendig, um diesen<br />

Job zu schaffen. Wenige halten das längere Zeit durch. So sind<br />

von den 200 Mitarbeitern, die im Laufe der Jahre im Zentis-Werk<br />

tätig waren, nur zwei vom ersten Tag an im Einsatz: Uwe<br />

Wiedemeier und Adolf Jousten (siehe WIB-Ausgabe vom<br />

September 2008).<br />

Uwe Wiedemeier, 37, legt gerade Behälter für Marzipankartoffeln<br />

aufs Band. Er fi ndet die Arbeit „super“. Er <strong>ist</strong> Hubert Kamann „richtig<br />

ans Herz gewachsen“. Uwe habe ihm einmal in ungestümer<br />

Herzlichkeit fast die Wirbelsäule gebrochen, erzählt der Zentis-<br />

Mann schmunzelnd. So unterschiedlich die Le<strong>ist</strong>ungsfähigkeit der<br />

unterschiedlichen Werkstattmitarbeiter auch sei: Die Gewissenhaftigkeit,<br />

mit der alle ihren Job machten, fi ndet er faszinierend.<br />

Zum Abschied geht einem in Anlehnung an den Zentis-Slogan<br />

„Viel Frucht. Feel Good“ das Fazit durch den Kopf: „Viel Arbeit. Viel<br />

Gefühl.“ Und die Frage: Warum zeigen eigentlich nicht mehr Unternehmen<br />

Herz? <strong>Das</strong> Beispiel Zentis zeigt, dass alle etwas davon<br />

haben.<br />

Stichwort: Betriebsintegrierte Arbeitsplätze<br />

Zurzeit haben 50 Mitarbeiter mit Behinderung einen sogenannten<br />

betriebsintegrierten Arbeitsplatz bei drei verschiedenen Aachener<br />

Unternehmen. Bei Zentis sind es neun Männer und zwei Frauen.<br />

Alle stehen auf der Lohnl<strong>ist</strong>e der Werkstatt und nehmen an internen<br />

Fortbildungs- und Qualifi zierungsmaßnahmen teil. Im Alltag<br />

gehen sie jedoch ihrer Erwerbstätigkeit weitgehend selbstständig<br />

nach. Wie jeder andere Arbeitnehmer auch sind sie in die betrieblichen<br />

Abläufe der Außenfi rma eingebunden.<br />

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