Das Café Life ist eröffnet - Gossen Kommunikation
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„Wir spielen nicht“<br />
Wie schafft es die Werkstatt, auch Menschen mit schweren<br />
Handicaps am Arbeitsleben teilhaben zu lassen? Was konkret<br />
heißt Arbeit und Produktivität in ihrem Fall? Ein Besuch<br />
im Heilpädagogischen Arbeitsbereich am Standort Haaren<br />
hilft, Maßstäbe zurechtzurücken.<br />
Philipp Kutscher <strong>ist</strong> hochkonzentriert. Den Kopf leicht geneigt,<br />
den Blick auf die Zellkautschuk-Platte vor ihm fi xiert, streift er mit<br />
der fl achen Handbewegung die herausschauenden Köpfe der vorgestanzten<br />
Formteile ab. Geschafft. Philipp hebt den Blick, um sich<br />
von Gruppenleiter Dirk Iserlohn ein Lob abzuholen. „Gut gemacht.“<br />
Der Arbeitsschritt wiederholt sich, das nächste Stück, das übernächste,<br />
dann steht eine Pause an. Mehr als vier, fünf Minuten<br />
Arbeit am Stück schafft Philipp nicht. Zweifellos, es strengt ihn an,<br />
aber es <strong>ist</strong> eine Arbeit, die ihn sichtlich zufrieden macht.<br />
Neben ihm sitzen Hans-Dieter Woopen und Anita Jansen am<br />
Tisch. Während Anita in bedächtigem Tempo Kaugummis nach<br />
Farben in die Bl<strong>ist</strong>erverpackung sortiert, steckt Hans-Dieter lose<br />
vor ihm liegende Plastiksteckteile, die man bei der Installation von<br />
Fußbodenheizungen verwendet, auf einen Abzählstab. Eines nach<br />
dem anderen, mit leicht zittriger Hand, bis die 20 voll sind, eine<br />
Betreuerin sie sorgfältig abklebt und in die Verkaufsschachtel legt.<br />
Philipp, Anita und Hans-Dieter: drei von derzeit 46 Mitarbeitern<br />
mit schweren Behinderungen im Heilpädagogischen Arbeitsbereich<br />
(HPA) der Werkstatt in Haaren. Am Standort Neuenhofstraße<br />
WERKSTATT HEILPÄDAGOGISCHER ARBEITSBEREICH<br />
zählt der Bereich 38 Mitarbeiter. Viele sind Rollstuhlfahrer, manche<br />
haben gleich mehrere Handicaps: Epilepsie, Spastik, ge<strong>ist</strong>ige<br />
oder körperliche Behinderungen. Einige können sich kaum oder<br />
gar nicht verbal äußern. Die me<strong>ist</strong>en brauchen Hilfe beim Essen,<br />
Trinken und beim Toilettengang. Mit 1:3, also einer Fachkraft auf<br />
drei Mit arbeiter mit Behinderung, <strong>ist</strong> der Betreuungsschlüssel entsprechend<br />
hoch. Aber Arbeit? Ist das, was die Menschen hier tun,<br />
mehr als nur Beschäftigungstherapie?<br />
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„Wir spielen nicht“, sagt HPA-Leiter Erhard Ripp. „Natürlich geht<br />
es immer um Aufträge mit – aus Sicht nichtbehinderter Menschen<br />
– sehr einfachen Tätigkeiten. Aber es sind echte Aufträge<br />
und wir schaffen einen Mehrwert.“ Sind zum Beispiel innerhalb<br />
einer Woche 30.000 abgezählte und verpackte Dichtungsringe zu<br />
liefern, bekomme der Kunde sie auch. Bei jedem neuen Auftrag sei<br />
es Aufgabe des Fachpersonals, herauszufi nden,<br />
wie sich etwa eine einfache Handbewegung in<br />
einen Arbeitsschritt umsetzen lässt. Und welches<br />
Hilfsmittel, wie den Abzählstab, man<br />
dafür gegebenenfalls selbst konstruieren müsse.<br />
Eines verwundert Erhard Ripp und seinen Stellvertreter<br />
Dirk Iserlohn stets aufs Neue: Wie<br />
sehr sich die Mitarbeiter „mit Herz und Seele<br />
reinhängen“. Beinahe unglücklich seien viele,<br />
wenn es einmal wenig zu tun gebe. Erfreulich jedoch,<br />
dass es Firmen wie Köpp Zellkautschuk aus<br />
Haaren gibt, die der Werkstatt schon viele Jahre<br />
als Auftraggeber treu sind.<br />
So besteht der Arbeitstag nicht nur aus Arbeit.<br />
Produktion, Pfl ege und Erholungsphasen mit<br />
Spaziergängen, Sport, Spielen oder musikpädagogischen<br />
Angeboten wechseln sich ab. „Arbeit<br />
<strong>ist</strong> ein Weg zur Förderung der Persönlichkeit“,<br />
betont Ripp, der diesen Job als HPA-Leiter seit zehn Jahren macht.<br />
„Wie eigentlich für jeden Menschen. Nur anders.“ Auch deshalb<br />
<strong>ist</strong> er besonders stolz, dass einige Mitarbeiter dank der Förderung<br />
sogar den Wechsel in den Montage- oder Verpackungsbereich der<br />
Werkstatt geschafft haben.