SUPERVISION - brainGuide
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Leiblichkeit im 21. Jahrhundert findet, zumindest in den industrialisierten Ländern, vor allem<br />
dann Beachtung, wenn sie als Last oder Bedrohung empfunden wird.<br />
Dies wird auch in den Auszügen des aktuellen Gesundheitsberichts des<br />
Bundesgesundheitsministeriums deutlich, mit dem ich im ersten Kapitel beginne. Nach einer<br />
kurzen Definition des Leibbegriffs werde ich im dritten Teil dieser Arbeit verdeutlichen, dass die<br />
Leib-Seele-Frage kein neues Phänomen in der Geschichte der Menschheit ist. Schon in der<br />
Antike gab es unterschiedliche Meinungen zum Verhältnis des Menschen zu seiner<br />
Leiblichkeit, wie beispielhaft die unterschiedlichen Ansätze von Aristoteles und Platon zeigen.<br />
Im vierten Kapitel gehe ich auf drei grundlegende Leibtheorien des Integrativen Ansatzes ein.<br />
Neben dem Leibverständnis von Merleau-Ponty („der Leib als Mittel zur Welt“), skizziere ich<br />
die pragmatische Leibphilosophie nach Böhme. Abschließend beleuchte ich das Konzept des<br />
„Informiertn Leibes“ nach Petzold.<br />
Welche Bedeutung haben Leibtheorien für die supervisorische Praxis? Auf diese Frage gehe<br />
ich in Kapitel 5 ein. Hier werde ich praktische Methoden und Ansätze im Kontext des<br />
Integrativen Ansatzes vorstellen. Welche Konsequenzen sich aus der Berücksichtigung der<br />
Leiblichkeit für die Praxis der Supervision ergeben, beschreibe ich im 6. Kapitel.<br />
Anmerkung: Wegen der besseren Lesbarkeit wird im Text das generische Maskulinum<br />
(der Mitarbeiter, der Supervisor, der Ratsuchende), das männliche und weibliche<br />
Personen einschließt, verwendet.<br />
1. Aktueller Hintergrund<br />
Der „Gesundheitsbericht 2006“ 9 der Bundesregierung ist eher ein Krankheitsbericht und beschreibt<br />
in erster Linie das massenhafte Leiden am Leib bzw. die körperlichen Erkrankungen vieler<br />
Menschen. Zur Zeit leben demnach in Deutschland schätzungsweise vier Millionen diagnostizierte<br />
Diabetiker, jede fünfte Frau und jeder siebte Mann leidet an chronischen Rückenschmerzen, über<br />
400.000 Personen erkranken jährlich an Krebs und fast ebenso viele versterben an einer Krankheit<br />
des Herz-Kreislauf-Systems. Damit leiden laut Angaben des Robert-Koch-Instituts und der<br />
Kommission Gesundheitsberichterstattung aktuell mehr als 20 Millionen Deutsche an chronischen<br />
Erkrankungen.<br />
Neben dem Rauchen gehören Übergewicht, mangelnde körperliche Bewegung, Bluthochdruck und<br />
Fettstoffwechselstörungen zu den Risikofaktoren, die für einen großen Teil der Krankheitsbelastung<br />
der Deutschen verantwortlich sind. Eine weitere Ursache dieser sich erhöhenden<br />
Krankheitsbelastung ist der demografische Wandel. So könnte sich durch den wachsenden Anteil<br />
älterer und alter Menschen die Häufigkeit von Demenzerkrankungen bis zum Jahr 2050 verdoppeln.<br />
Ebenso muss bei anderen im höheren Lebensalter häufigen Leiden wie Krebs, Diabetes,<br />
Osteoporose und Schlaganfall, mit steigenden Erkrankungszahlen gerechnet werden.<br />
Auch die Zahl der süchtigen Menschen in Deutschland ist seit Jahren steigend. Dabei sind vor allen<br />
Dingen eine Ausweitung auf synthetische und leistungsfördernde Stoffe sowie ärztlich verordnete<br />
Psychopharmaka und die Zunahme von nicht-stofflichen Süchten wie Ess-Brech-Sucht, Magersucht<br />
und Spiel- oder Internetsucht zu beobachten.<br />
Die Zunahme psychischer Krankheiten wie Depressionen und Angststörungen, die durch<br />
Gesundheits-Surveys in der Bevölkerung belegt ist, spielt bei Arbeitsunfähigkeit und<br />
Frühberentungen bereits jetzt eine führende Rolle.<br />
Krankheit und Behinderung sind also keine Zwischenfälle oder Ausnahmesituationen, sondern<br />
gehören offensichtlich für viele Menschen zum normalen Leben dazu. Aber auch, wenn der Leib vor<br />
9 Gesundheit in Deutschland – Gesundheitsberichterstattung des Bundes, 7/2006, S. 20<br />
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