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Ausgabe 1989 - Hohenzollerischer Geschichtsverein

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seinen Auftrag auf Genehmigung der Friedhofs-Erweiterung<br />

zurückgezogen 6 . 1909 hat die israelitische Gemeinde den<br />

Straßengraben beim Eingang in ihren Friedhof mit Zementröhren<br />

überbrückt und im oberen Teil Platten über den<br />

Graben gelegt. Wegen dieser Platten kam es bei Regen zu<br />

einem ungenügenden Wasserablauf, weshalb die Stadt anordnete,<br />

die Platten zu entfernen und durch Zementröhren zu<br />

ersetzen. Das Israelitische Vorsteheramt sagte die Ausführung<br />

der Arbeiten zu 7 . Im Jahre 1911 schrieb das Vorsteheramt<br />

»Grab-, Maurer- und Erdbewegungsarbeiten für den<br />

Umbau des Friedhofes« im Betrage von zusammen 2400<br />

Mark öffentlich aus 8 .<br />

Städtischer Friedhof für die Juden ?<br />

Am 12. April 1929 befaßte sich das Gemeindekollegium in<br />

Haigerloch mit einem Gesuch der israelitischen Kultusgemeinde<br />

um Bewilligung einer Beihilfe zur Friedhofsinstandsetzung<br />

9 . Bürgermeister Leopold Bausinger erläuterte die<br />

Rechtslage, wonach der Friedhof der politischen Gemeinde<br />

auch für die Israeliten zur Verfügung stehe. In der Beratung<br />

kam dann zum Ausdruck, daß man erst die Kosten wissen<br />

wolle, ehe man über eine Beihilfe entscheide. Die beiden<br />

jündischen Gemeinderäte Hohenemser und Ullmann konnten<br />

auf Anhieb keine Kosten nennen, so daß man die israelitische<br />

Gemeinde aufforderte, »die Kosten im einzelnen nachzuweisen,<br />

zu denen die Beihilfe erbeten wird«. Es bestand<br />

also wohl im Gemeinderat keine Neigung, dem Vorschlag des<br />

Bürgermeisters nachzukommen, künftig auch die Juden auf<br />

dem städtischen Friedhof zu beerdigen. Vielleicht hatten sich<br />

auch die jüdischen Gemeinderäte dagegen ausgesprochen;<br />

aus dem Gemeinderatsprotokoll geht das leider nicht hervor.<br />

Am 31. Mai befaßte sich das Kollegium erneut mit dem<br />

Antrag der israelitischen Kultusgemeinde 10 . Nach längerer<br />

Beratung wurde einstimmig beschlossen, »der israelitischen<br />

Gemeinde zu den Unterhaltungskosten des israelitischen<br />

Friedhofes eine Beihilfe von 100 RM zu bewilligen«. Man<br />

stellte sogar einen weiteren Zuschuß in Aussicht: »wobei es<br />

der Kultusgemeinde unbenommen sein solle, im dringenden<br />

Bedarfsfalle wegen etwaiger Erhöhung dieses Betrages später<br />

heranzutreten«. Ein Jahr später beantragte die israelitische<br />

Kultusgemeinde wieder eine Beihilfe zur Friedhofinstandsetzung,<br />

wobei die Kosten auf 50 bis 75 RM geschätzt waren. Es<br />

wurde am 5. September 1930 »für den nachgesuchten Zweck<br />

eine einmalige Beihilfe von 50 RM« bewilligt 11 . Im Jahre 1932<br />

befaßte sich die Israelitische Gemeinde mit der Erweiterung<br />

des Friedhofes und wollte das benachbarte ehemalige Burkhartsche<br />

Grundstück dazu benützen 12 . Gemeinderat und<br />

Gemeindevertretung stimmten am 16. Juli 1932 mit der Auflage<br />

zu, »daß die Ausgestaltung der neuen Friedhofanlage<br />

nach ästhetischen, den Grundsätzen moderner Friedhofskunst<br />

entsprechenden Gesichtspunkten erfolgt«. Im selben<br />

Jahr genehmigten die Bürgerkollegien ein Gesuch der Israelitischen<br />

Gemeinde, »die baufällige dem Haagweg zugelegene<br />

Mauer des israelitischen Friedhofes mit Rücksicht auf die<br />

Wurzeln der unmittelbar innerhalb der Mauer stehenden<br />

Bäume dergestalt erneuern zu dürfen, daß die Mauer hinausgeschoben<br />

wird und mit etwa 30 cm ihrer Breite auf Gemeindeeigentum<br />

zu stehen kommt«. Eine Gebühr für den Platz<br />

wurde nicht erhoben 13 . Das sollte die letzte Baumaßnahme<br />

am jüdischen Friedhof werden.<br />

Der Friedhof im Dritten Reich<br />

Am 14. Dezember 1942 teilte die Jüdische Kultusvereinigung<br />

Württemberg e.V. (Zweigstelle Württemberg der Reichsvereinigung<br />

der Juden in Deutschland) in Stuttgart der Stadtverwaltung<br />

Haigerloch mit: »Der in dortiger Gemarkung liegende,<br />

infolge Eingliederung der dortigen Religionsgemeinde<br />

50<br />

Grab des Rabbiners Maier Hilb (Rabbiner von 1836 bis 1880)<br />

(Foto K.W.Steim).<br />

in die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland, in deren<br />

Eigentum übergegangene jüdische Friedhof soll auf Weisung<br />

der Aufsichtsbehörde zum Verkauf gebracht werden. Wir<br />

bieten daher hiermit der Stadt Haigerloch den vorbezeichneten<br />

Friedhof zum Kauf an. Als Kaufpreis soll der angemessene<br />

Verkehrswert bezahlt werden...« 14 Die Stadt wurde um<br />

ein Angebot gebeten. Haigerlochs Bürgermeister Rein zeigte<br />

sich am Erwerb der drei Parzellen (Nr. 232 mit 23,08 Ar<br />

Friedhof, Nr. 230 mit 1,85 Ar Weg und Nr. 225 mit 17,02 Ar<br />

Abhang) zwar interessiert, schrieb aber, das Gelände sei<br />

»Ödland an einem stark abfallenden Hang, das für eine<br />

Bebauung oder landwirtschaftliche Nutzung nicht gebraucht<br />

werden kann. Der angemessene Preis für derartiges Gelände<br />

ist RM 8.- pro ar oder für die Gesamtfläche 41,95 x 8 - RM:<br />

335,60«.<br />

Inzwischen lag der Jüdischen Kultusvereinigung in Stuttgart<br />

ein Angebot einer Haigerlocher Bürgerin für die Parzelle 225<br />

(Wiese) vor. Sie fragte daher bei der Stadt an, ob sie etwas<br />

gegen den Verkauf habe oder ob sie alle drei Parzellen kaufen<br />

wolle. Bürgermeister Rein antwortete, für die Parzelle 225<br />

hätten sich noch weitere Liebhaber gemeldet, er halte es<br />

deshalb für besser, diese Parzelle an die Gemeinde zu verkaufen,<br />

die sie dann weiter veräußern könne. Die Kultusvereinigung,<br />

der für Parzelle 225 ein Angebot über 350 bis 400 RM<br />

vorlag, wollte gern an Privat verkaufen, zumal der Preis höher<br />

lag als der, den die Stadt für alle drei Parzellen geboten hatte.<br />

Bürgermeister Rein wehrte sich gegen den Verkauf einer<br />

einzelnen Parzelle an Private, »weil von der Gemeinde beabsichtigt<br />

ist, das Gesamtareal für gemeinnützige Zwecke zum<br />

angemessenen Verkehrswert zu erwerben«. In einem weiteren<br />

Schreiben bemerkte Bürgermeister Rein weiter, »daß bei<br />

der Preisfestsetzung der angemessene Verkehrswert dann<br />

durch den Bürgermeister als Vorstand des Schätzungsamtes<br />

festgestellt und vorgeschlagen wird. Bei der Preisermittlung<br />

ist es und insbesondere in heutiger Zeit belanglos, ob bereits

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