22.02.2013 Aufrufe

Ausgabe 1989 - Hohenzollerischer Geschichtsverein

Ausgabe 1989 - Hohenzollerischer Geschichtsverein

Ausgabe 1989 - Hohenzollerischer Geschichtsverein

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Revolution - dem preußischen Staat einverleibt wurde. Und<br />

in diesen Tagen wurde beim Militär ein Tagesbefehl mit den<br />

Worten »Treue ohne Wanken« ausgegeben. Dieser Befehl<br />

drang über die Mauern der Kasernen und wurde auch in der<br />

Öffentlichkeit, besonders aber in den Tübinger Studenten-<br />

Kneipen diskutiert und Vitallowitz fühlte sich dabei so stark<br />

angesprochen, daß er die »Treue ohne Wanken« in einem<br />

Liede, und zwar in Verbindung mit seiner Heimat, besingen<br />

HANS-DIETER LEHMANN<br />

wollte. So entstanden die ersten beiden Strophen des Hohenzollern-Liedes.<br />

Bald darauf schrieb Vitallowitz zwei weitere Strophen, in<br />

denen er auch die neue Heerespflicht würdigte. Und im<br />

Verlauf der Jahre kamen - man weiß nicht von wem - immer<br />

neue Strophen dazu, bis es 20 waren. Aber wie gesagt,<br />

gesungen wurden immer nur zwei, höchstens drei bis vier.<br />

(Schwarzwälder Bote 11.2. 89)<br />

Zur älteren Vorgeschichte von Kloster Beuron an der Donau (Schluß)<br />

Xu den Patrozinien der Beuroner Kirchen im Tal und auf dem<br />

Berg<br />

Anno 1077 bestätigt Urban II. den päpstlichen Schutz über<br />

ein von dem Adligen Peregrin gegründetes und dem heiligen<br />

Petrus übertragenes Stift. Es war eine Gründung auf eigenem,<br />

bislang unbesiedeltem Jagdgrund im Donautal. Die Kirche<br />

dort ist der Jungfrau Maria geweiht und trägt den Namen<br />

St. Martin. Diese merkwürdige Angabe wird mit einer Trennung<br />

von Stifts- und Pfarrkirche zu begründen versucht.<br />

Ohne Angabe eines Patroziniums wurde bereits im 9. Jahrhundert<br />

in St. Galler Urkunde eine Kirche in »Beuron«<br />

erwähnt. Schöntag nimmt an, daß das Martins-Patrozinium<br />

von einer auf der Höhe südlich der Donau abgegangenen<br />

Siedlung in das Tal übertragen worden ist. Nahe dem heutigen<br />

Steighof vermutet er diese Wüstung samt einstiger<br />

Pfarrkirche.<br />

Wegen der in diesem Raum nach Süden abfallenden Gesteinsschichtung,<br />

d.h. aus hydro-geologischen Gründen, liegen die<br />

älteren dörflichen Siedlungen in beträchtlichem Abstand vom<br />

südlichen Rand des Donautales. Flurnamen wie »Altstadtäcker<br />

oder -fels« beweisen in dieser wasserarmen und somit<br />

siedlungsfeindlichen Umgebung kein früheres Pfarrdorf. Erst<br />

recht kann dies nicht aus einer Beschreibung von Pfarr- und<br />

Zehntrechten abgeleitet werden, die wohl nach der Gründung<br />

der hochmittelalterlichen Burg Wildenstein und ihrer<br />

Abgrenzung vom benachbarten Leibertingen datiert.<br />

Den Vermutungen Schöntags gegenüber steht die Beuroner<br />

Tradition vom Bergkloster über dem nördlichen Donautalrand,<br />

Alt-Beuron auf dem Kirchberg bei Fridingen. In eine<br />

karolingerzeitliche Gründung, wie sie in Beuron behauptet<br />

wurde, würde das Martins-Patrozinium durchaus passen.<br />

Eine Begründung für die für ein Kloster ungewöhnliche<br />

Platzwahl auf dem ebenfalls siedlungsfeindlichen Kirchberg<br />

bleibt uns die Überlieferung allerdings schuldig. Gibt es hier<br />

eine Erklärungsmöglichkeit?<br />

Zur Platzwahl für ein Bergkloster Pussen-Buron oder Montburon<br />

Der Kirchberg hoch über dem Donaudurchbruch ist für eine<br />

klösterliche Niederlassung tatsächlich ein ungewöhnlicher<br />

Ort. Der Platz wäre allenfalls akzeptabel für eine Eremitage,<br />

wie sie hier in jüngerer Zeit noch bestanden hat. Wassermangel<br />

und fehlende Anbindungen der Örtlichkeit an den Verkehr<br />

machen eine klösterliche Gemeinschaft hier schwer<br />

verständlich. Wenn hier dennoch ein Bergkloster bestanden<br />

haben sollte, müssen für seine Gründung an diesem Platz<br />

besondere Voraussetzungen bestanden haben.<br />

Diese Voraussetzung bietet gerade die überlieferte Lage Alt-<br />

Beurons: nicht durch ihre Weltabgeschiedenheit, sondern<br />

durch die hier erfüllbare Aufgabe als christliche Kontrollstation<br />

in karolingischer Zeit. Das »Kloster« auf dem Kirchberg<br />

war eine Missionszelle, gegründet einzig und allein mit der<br />

Funktion, in diesem Raum das Verbot heidnischer Umtriebe<br />

durchzusetzen und zu kontrollieren. Diese Behauptung läßt<br />

sich durch Parallelen in spätkarolingischer Zeit belegen<br />

(Matthes 1982, Lehmann 1988). Als Beispiel dafür sei die<br />

älteste Klostergründung in Alt-Sachsen angeführt: Hethis,<br />

die Vorläufergründung für Corvey. Hethis wurde - wie auch<br />

für Alt-Beuron behauptet - von Angehörigen des karolingischen<br />

Herrscherhauses gegründet. Die Fehlgründung im<br />

Waldgebirge des Sollings wurde nach wenigen Jahren unter<br />

Mitwirkung Ludwigs des Frommen in das Wesertal verlegt,<br />

neben die Ortschaft Höxter, in eine siedlungsgünstige Lage.<br />

In seinem Nachruf auf den Gründer von Hethis und Corvey<br />

schreibt der Corveyer Mönch Radpert: »...hat er die Kultstätte<br />

zunichte gemacht und zu Schafställen für die Herde<br />

Christi geweiht. Darauf errichtete er, nachdem der heidnische<br />

Hain bis auf die Wurzeln beseitigt war, für die Mönche<br />

weitab von diesem Ort von Grund auf und in vollkommener<br />

Weise die geheiligten Klostergebäude« (zitiert nach Matthes<br />

1982). Die hier gebrauchte und durchaus übliche Redewendung<br />

von den »Schafställen für die Herde Christi«, zusammen<br />

gesehen mit der von Walter (1948) gegebenen Namensdeutung<br />

für -beuren und den Ortsnamen »Betbur«, gibt<br />

vielleicht den Hintergrund ab für die zahlreichen klösterlichen<br />

Niederlassungen mit Namen wie Benedikt-, Michael-,<br />

Jacobs-, Otto-, Blau- und Klosterbeuren, Gottsbüren,<br />

Monequeberre und anderen.<br />

An anderen Stellen in Alamannien wird die für Hethis belegte<br />

und für Alt-Beuron anzunehmende Funktion in karolingischer<br />

Zeit ebenfalls wahrscheinlich. Beispiele dafür sind<br />

Mariazell bei Hechingen, die Zelle im Besitz Fulrads in<br />

Herbrechtingen auf der Ostalb oder Zellen im Schwarzwald,<br />

etwa Zell im Wiesental unter dem Zeller Blauen, und Marzeil<br />

am weiter westlich gelegenen Blauen. Diesen frühen kirchlichen<br />

Institutionen in Südwestdeutschland ist gemeinsam, daß<br />

sie bei sogenannten »Kapf-Systemen« liegen. Dies sind kleinräumige<br />

Einrichtungen altalamannischer heidnischer Kultverbände.<br />

Mehrere Dutzend solcher Systeme von Warten mit<br />

wahrscheinlich kalendarisch bestimmten Lagebeziehungen<br />

untereinander ließen sich bislang zwischen dem mittleren<br />

Neckar und dem Hochrhein aus Flurnamen erschließen. Im<br />

alamannischen Kerngebiet ist der Leitname dafür »Kapf«,<br />

d.h. Warte. Er ist mit bestimmten anderen Flurnamen vergesellschaftet<br />

und in den Randgebieten Alamanniens oft durch<br />

»Hölle« oder »Schanze« ersetzt. Früh- und vorgeschichtliche<br />

Wallanlagen, aber auch Feldkirchen, stehen damit in einem<br />

Zusammenhang, der sich in den erwähnten regelhaften Lagebeziehungen<br />

erkennen läßt.<br />

41

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!