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Ausgabe 1989 - Hohenzollerischer Geschichtsverein

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HÖH ENZOLLERISCHE<br />

HEIMAT<br />

Herausgegeben vom<br />

M 3828 F<br />

Hohenzollerischen <strong>Geschichtsverein</strong><br />

39. Jahrgang Nr. 1 / März <strong>1989</strong><br />

Ehemalige Windmühle von Inneringen. Es ist nur wenig bekannt, daß es mangels Wasserkraft auf der Albhöhe Windmühlen gab. Die<br />

Inneringer Windmühle war noch bis zur Jahrhundertwende 'n Betrieb. Foto Nachlaß Waldenspul.<br />

OTTO H. BECKER<br />

Der Nachlaß Albert Waldenspul<br />

Eine Fundgrube für die Landeskunde und die Denkmalpflege<br />

1) Vorbemerkung<br />

Unter den im Staatsarchiv Sigmaringen und seinen Deposita<br />

verwahrten Nachlässen nimmt der Nachlaß Albert Waldenspul<br />

nach Inhalt und Umfang eine Sonderstellung ein. Während<br />

in den nachgelassenen Papieren von Privatpersönlichkeiten<br />

Briefe, Handakten, Zeugnisse, Ernennungsurkunden<br />

und Ordensdiplome den Schwerpunkt der Überlieferung zu<br />

bilden pflegen, besteht der Nachlaß Waldenspul vornehmlich<br />

aus Dokumentationsmaterial, das aus der Tätigkeit des Nachlaßgebers<br />

als Geistlicher und begeisterter Kunsthistoriker<br />

und Heimatforscher erwachsen ist, nämlich aus theologischen<br />

Abhandlungen, Manuskripten von Vorträgen, Studien<br />

zur Kunst- und Landesgeschichte und vor allem aus Fotos.<br />

Dieser Befund mag es rechtfertigen, sich hier einmal näher<br />

mit dem Naßlaß Waldenspul zu beschäftigen. Zum besseren<br />

Verständnis des Nachlaßinhalts soll zuvor kurz die Vita und<br />

das kunsthistorische und landeskundliche Schaffen des Nachlaßgebers<br />

beschrieben und gewürdigt werden.<br />

2) Leben und Werk Albert Waldenspuls<br />

Albert Waldenspul wurde am 25. April 1885 in Wald geboren.<br />

Nach dem Besuch der Volksschule und nach zweijähriger<br />

Vorbereitung durch den Heimatpfarrer trat er als Zögling<br />

des Fidelishauses in das Sigmaringer Gymnasium ein und<br />

legte dort 1906 die Reifeprüfung ab. Danach studierte er an


der Universität Freiburg i.Br. Theologie und nebenbei auch<br />

Kunstgeschichte.<br />

Nach dem Empfang der Priesterweihe am 6. Juli 1910 in<br />

St. Peter im Schwarzwald war er zunächst zwei Jahre lang als<br />

Vikar in Hechingen tätig. Sein weiterer beruflicher Lebensweg<br />

führte ihn 1912 nach Veringendorf, wo er zunächst noch<br />

als Vikar, ab 1914 als Pfarrverweser wirkte. Als Pfarrer wurde<br />

Waldenspul 1920 nach Gruol und 1936 nach Imnau berufen.<br />

Von 1943 bis zu seiner Pensionierung 1961 wirkte Waldenspul<br />

als Pfarrer in Melchingen. Dort lebte er auch bis zu<br />

seinem Tod am 22. Februar 1979.<br />

Die Gemeinde Melchingen verlieh ihrem langjährigen und<br />

hoch verdienten Seelsorger anläßlich seines Goldenen Priesterjubiläums<br />

1960 das Ehrenbürgerrecht. Pfarrer Waldenspul<br />

war es auch noch vergönnt, kurz nach seinem<br />

90. Geburtstagdas Eiserne Priesterjubiläum begehenzu dürfen.<br />

Neben seinen seelsorgerischen Aufgaben, die er nie vernachlässigte,<br />

widmete sich Pfarrer Waldenspul zeitlebens mit<br />

Passion der Erforschung der Geschichte und der Kunstgeschichte<br />

seiner hohenzollerischen Heimat. Bereits als Vikar in<br />

Veringendorf trat er dem Verein für Geschichte und Altertumskunde<br />

in Hohenzollern, aus dem 1934 der Verein für<br />

Geschichte, Kultur- und Landeskunde Hohenzollerns in<br />

Sigmaringen und 1965 schließlich der Hohenzollerische<br />

<strong>Geschichtsverein</strong> hervorging, als Mitglied bei. Die Erstlingsfrucht<br />

seiner heimatkundlichen Forschungen war die Herausgabe<br />

des Seelbuchs des Klosters Wald von 1505, das in den<br />

Mitteilungen des Vereins für Geschichte und Altertumskunde<br />

in Hohenzollern 52 (1918/19) veröffentlicht wurde.<br />

1934 wurde Waldenspul in den wissenschaftlichen Ausschuß<br />

des Vereins für Geschichte, Kultur- und Landeskunde<br />

Hohenzollerns in Sigmaringen berufen. Anläßlich seiner<br />

50jährigen Mitgliedschaft ernannte der <strong>Geschichtsverein</strong><br />

Pfarrer Albert Waldenspul zum Ehrenmitglied.<br />

Von zentraler Bedeutung für das wissenschaftliche Schaffen<br />

Waldenspuls war seine Mitarbeit im Institut von Prof. Weise<br />

in Tübingen, die er gleichfalls während seiner Vikarszeit in<br />

Veringendorf aufnahm. Prof. Weise hatte sich vor allem die<br />

Erforschung der gotischen Plastik in Schwaben zum Ziel<br />

gesetzt. Albert Waldenspul begann, mit seiner Plattenkamera<br />

die Zeugnisse der gotischen Plastik im Laucherttal und dann<br />

in den benachbarten Orten auf der Alb festzuhalten. Aus<br />

dieser Dokumentations- und Forschertätigkeit sind die<br />

Anfänge zu seiner umfangreichen Fotosammlung, die unten<br />

noch näher beschrieben und charakterisiert werden soll, und<br />

die Monographie »Die gotische Holzplastik des Laucherttales<br />

in Hohenzollern«, die als Heft 2 der Forschungen zur<br />

Kunstgeschichte Schwabens und des Oberrheins, Tübingen<br />

1923, publiziert wurde, erwachsen.<br />

Den Erstlingswerken sind in den folgenden Jahrzehnten eine<br />

Fülle von Beiträgen in Sammelwerken, wissenschaftlichen<br />

Zeitschriften und Zeitungen gefolgt, über 70 an der Zahl. Als<br />

wohl wichtigste Arbeiten darunter sollen hier genannt werden:<br />

die kunstgeschichtlichen Beschreibungen der Orte des<br />

ehemaligen Oberamts Haigerloch in den von W. Genzmer<br />

herausgegebenen »Kunstdenkmäler Hohenzollerns, Bd. 1:<br />

Kreis Hechingen«, Hechingen 1939, und seine Aufsätze in<br />

der Festschrift »200 Jahre Pfarrkirche St. Stephan in Melchingen<br />

1769-1969«, [Melchingen] 1969. Noch als 88jähriger<br />

veröffentlichte Albert Waldenspul in der Hohenz. Heimat 23<br />

(1973) den Aufsatz »Kunde von der Burren-Burg bei Wald<br />

(Hohenzollern)«.<br />

Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Kunst<br />

kam schließlich auch den einzelnen Kirchenbaumaßnahmen<br />

zugute, die Albert Waldenspul als Geistlicher zu übernehmen<br />

2<br />

hatte, so den Neubau der Veringendorfer Filialkirche in<br />

Hochberg, die Renovierung der Pfarrkirche und der Friedhofskapelle<br />

in Gruol und schließlich auch die gelungene<br />

Restaurierung der spätbarocken Pfarrkirche zu Melchingen.<br />

Populär wurde Pfarrer Waldenspul jedoch vor allem durch<br />

seine zahlreichen Lichtbildervorträge über Themen zur<br />

Geschichte und Hohenzollerns, in welchen er es mit volkstümlichen<br />

Worten verstand, den Zuhörern die Schönheit der<br />

heimischen Kunst und der Geschichte näherzubringen.<br />

Die Tätigkeit Waldenspuls als Seelsorger, Kunsthistoriker<br />

und Heimatforscher fand allgemein Anerkennung. Persönlichen<br />

Ehrungen und beruflichen Erfolgen stand er jedoch stets<br />

distanziert gegenüber. Er wollte vielmehr ein einfacher Landpfarrer<br />

sein und bleiben. So lehnte er das Angebot von Prof.<br />

Weise, bei ihm zu promovieren, ebenso ab wie die angebotene<br />

Anstellung als geistlicher Studienrat im höheren Schuldienst<br />

und die Berufung zum Fürstl. Fürstenbergischen Hofkaplan<br />

in Heiligenberg.<br />

3) Übernahme und Erschließung der Nachlaßteile<br />

a) Die Zeitungsausschnittesammlung<br />

Auf Ansuchen des damaligen Staatsarchivdirektors Dr. Gregor<br />

Richter überließ Pfarrer Waldenspul 1975 dem Staatsarchiv<br />

Sigmaringen seine Zeitungsausschnittesammlung zur<br />

Verwahrung. Die Ablieferung, die als Bestand N (Nachlässe)<br />

53 gelagert wurde, bestand aus 60 Heften mit eingeklebten<br />

Zeitungsausschnitten aus den Jahren 1913 bis 1975 und vier<br />

Heften Register, jeweils eines für die vier von dem Nachlaßgeber<br />

gebildeten Betreffserien »Beiträge zur heimatlichen<br />

Kunstgeschichte und Kunstfragen«, »Nachrichten betr. Personen<br />

in oder aus Hohenzollern und Umgebung« und »Beiträge<br />

von Pfarrer Waldenspul zur Geschichte von Hohenzollern<br />

und Umgebung«. Die Akzession umfaßte 0,60 lfd. m<br />

Schriftgut.<br />

Bei der anschließenden Inventarisierung behielt der Bearbeiter,<br />

Amtsrat J. Adam, die Ordnung des Nachlaßgebers bei<br />

und numerierte die Hefte mit fortlaufenden arabischen Zahlen<br />

durch, wobei die sogen. Register den jeweils zugehörigen<br />

Heften vorangestellt wurden. Um den Zugriff zu den einzelnen<br />

Beiträgen rasch zu erleichtern, erstellte der Bearbeiter<br />

einen differenzierten Orts-, Personen- und Sachindex.<br />

b) Die Fotosammlung und sonstige persönliche Papiere Waldenspuls<br />

Die weiteren Bemühungen des Staatsarchivs Sigmaringen,<br />

Pfarrer Waldenspul zur Abgabe von weiteren Teilen seines<br />

Nachlasses zu bewegen, blieben erfolglos. In seinem Testament<br />

vom 26. September 1978 ordnete er jedoch an: »Meine<br />

Fotoplatten, die Fotos sowie die Lichtbilder aus meinen<br />

kunstgeschichtlichen Arbeiten soll der Hohenzollerische<br />

<strong>Geschichtsverein</strong> für sein Archiv erhalten.«<br />

Im Mai 1979 wurden die besagten Unterlagen und weitere<br />

Materialien aus dem Nachlaß Waldenspuls, wie sich später<br />

herausstellte, von einem Beauftragten des Staatsarchivs Sigmaringen<br />

in Melchingen abgeholt und dem Archiv des<br />

Hohenzollerischen <strong>Geschichtsverein</strong>s einverleibt, das satzungsgemäß<br />

im Depositum Fürstl. Hohenz. Haus- und<br />

Domänenarchiv des Staatsarchivs verwahrt wird. Durch dieses<br />

Verfahren wurde der Nachlaß Waldenspul zerrissen und<br />

zwei verschiedenen Eigentümern zugewiesen, ein Mißstand,<br />

der durch die gemeinsame Verwaltung der beiden Archive<br />

freilich abgemildert wird. Für die Lagerung dieser Akzession<br />

wurden insgesamt ca. 1,40 lfd. m Regalmeter benötigt, wobei<br />

die einzelnen Holzkästen und Pappkartons mit den Fotos<br />

und Fotoplatten in den Gefachen gestapelt werden konnten.<br />

Bei der 1983 von dem Verf. und seinen Mitarbeitern in


Fnedhof von Inneringen ca. 1920. Im Vordergrund die große Hüle, die später als Löschwasserteich und zeitweilig als Schwimmbad verwendet<br />

wurde. Foto Nachlaß Waldenspul.<br />

Angriff genommenen Inventarisierung dieser Archivalienabgabe<br />

wurden zunächst drei Nachlaßteile gebildet: I. Diapositive,<br />

II. Persönliche Papiere und sonstiges Sammlungsgut und<br />

III. Fotos.<br />

Die vorgefundene Ordnung und der Erschließungsgrad des<br />

I. Teils der Akzession erwiesen sich als geradezu vorbildlich.<br />

Pfarrer Waldenspul hatte die insgesamt ca. 1120 Dias<br />

(schwarz-weiß) wohl zum Zwecke seiner zahlreichen Lichtbildervorträge<br />

thematisch in 44 mit fortlaufenden römischen<br />

Zahlen und mit Betreffen versehenen Holzkästen bzw. Pappkartons<br />

verwahrt. Den Kästen lagen jeweils Verzeichnisse der<br />

darin befindlichen Dias bei.<br />

Eine Neuordnung war somit unnötig. Bei der Abfassung des<br />

Repertoriums, das Frau G. Huber übernahm, genügte es, die<br />

Nummern und die Sachbetreffe der einzelnen Kästen zu<br />

übernehmen und die Dias durchzunumerieren. Abschließend<br />

wurde ein Ortsindex erstellt.<br />

Nach einem vom Verf. erarbeiteten Ordnungsschema mit den<br />

Gruppen »Verzeichnisse«, »Vortragsmanuskripte, Ausarbeitungen<br />

und Exzerpte«, »Geistliche Betrachtungen«, »Druckwerke«<br />

und »Alben« verzeichnete 1986 Frau U. Neuendorff<br />

den II. Teil dieser Archivalienablieferung. Sie enthält insgesamt<br />

42 Einheiten und umfaßt 0,40 lfd. m Dokumentationsgut.<br />

Die Teil III der Akzession zugewiesenen Fotos sind allesamt<br />

auf Pappe aufgezogen und wurden von Pfarrer Waldenspul in<br />

eigens dafür hergestellten Pappkartons verwahrt. Bei der<br />

Inventarisierung, die ebenfalls Frau U. Neuendorff übernahm,<br />

wurden die einzelnen Kartons mit römischen Zahlen<br />

versehen und die darin befindlichen Fotos jeweils mit lfd.<br />

arabischen Zahlen durchnumeriert. Bei der Verzeichnung<br />

wurden in der Regel auch die informativen Dorsualvermerke<br />

Waldenspuls übernommen. Fotos, die vom Nachlaßgeber<br />

nicht erläutert worden sind, wurden anhand von W. Genz-<br />

mer, Die Kunstdenkmäler Hohenzollerns, 2 Bde., Hechingen-Stuttgart<br />

1939-1948, und J. Braun, Tracht und Attribute<br />

der Heiligen in der deutschen Kunst, Stuttgart 1943, zu<br />

identifizieren gesucht. In Zweifelsfällen wurden die erschlossenen<br />

Abbildungen mit Fragezeichen versehen.<br />

Nach der Verzeichnung und Reinschrift der Titelaufnahmen<br />

erstellte die Bearbeiterin einen Ortsindex. Da ein erheblicher<br />

Teil der Fotos Abbildungen von Heiligenfiguren darstellt,<br />

wurde außerdem ein Index Sanctorum erarbeitet. - Dieser<br />

Teilbestand umfaßt ca. 0,73 lfd. m und enthält 539 Fotos.<br />

4) Bewertung des Nachlasses Waldenspul<br />

Es kann kein Zweifel darüber bestehen, daß der Nachlaß<br />

Waldenspul eine Quelle par excellence für die Kunst- und<br />

Landesgeschichte Hohenzollerns und darüber hinaus darstellt.<br />

Dieser Befund darf auch für die als Bestand N 53 des<br />

Staatsarchivs Sigmaringen verwahrte Zeitungsausschnittesammlung<br />

gelten. Die Dokumentation läßt nicht nur Rück-<br />

Pfarrer Johann Adam Kraus 85 Jahre<br />

Am 18. März <strong>1989</strong> beging Herr Pfarrer Johann Adam<br />

Kraus, Erzbischöflicher Archivar i. R., in geistiger und<br />

körperlicher Frische seinen 85. Geburtstag. Der Hohenzollerische<br />

<strong>Geschichtsverein</strong> und die »Hohenzollerische<br />

Heimat« überbrachten dem Jubilar ihre<br />

Glückwünsche.<br />

Die »Hohenzollerische Heimat« möchte sich an dieser<br />

Stelle herzlich bedanken für die vielen hundert Beiträge<br />

und die großen materiellen Zuwendungen. In der<br />

nächsten Nummer werden wir eine ausführliche Würdigung<br />

der Person und des Lebenswerkes von Herrn<br />

Pfarrer Kraus bringen.<br />

3


schlüsse auf die Persönlichkeit, die Interessen und die<br />

Arbeitsweise des verdienten Heimatforschers Albert Waldenspul<br />

zu, sondern bietet auch eine Fülle von bibliographischen<br />

Nachweisen zur Landesgeschichte Hohenzollerns und<br />

der angrenzenden württembergischen Gebiete, die man selbst<br />

in der ausgezeichneten Bibliographie der Hohenzollerischen<br />

Geschichte (= Zeitschrift für Hohenz. Geschichte 11/12,<br />

1974/1975) von W. Bernhardt und R. Seigel vergeblich sucht.<br />

Die Sammlung gewährt überdies den raschen Zugriff auf<br />

Literatur, die andernfalls in einer Vielzahl von Zeitungen<br />

mühsam zusammengesucht werden müßte.<br />

Die positive Beurteilung muß in noch größerem Maße für den<br />

II. Teil des im Archiv des Hohenzollerischen <strong>Geschichtsverein</strong>s<br />

verwahrten Nachlaßteil gelten. Diese Dokumentation<br />

enthält neben Büchern, Abschriften wissenschaftlicher Aufsätze<br />

und Manuskripte Waldenspuls zu Vorträgen u.a. über<br />

Themen zur Geschichte und Kunstgeschichte Hohenzollerns,<br />

Italiens, Roms und über deutsche und niederländische<br />

Maler aus den Jahren 1928 bis 1948, Ausarbeitungen Waldenspuls<br />

über die Geschichte der Pfarrei Owingen und der Orte<br />

Veringendorf, Hochberg und Wald, die als Unikate von<br />

unschätzbarem Wert sind.<br />

Besondere Aufmerksamkeit verdienen die in diesem Teil des<br />

Nachlasses verwahrten geistlichen Betrachtungen mit Ausführungen<br />

Waldenspuls über verschiedene theologische Themen<br />

aus den Jahren 1912 bis 1948, Gedanken über Zusprüche<br />

im Beichtstuhl aus den Jahren 1942 bis 1948, eine Sammlung<br />

verschiedener Gebete sowie ein Verkündbuch der Kirchengemeinde<br />

Melchingen von 1977 bis Februar 1979, in denen der<br />

Theologe und Pfarrer Waldenspul Gestalt annimmt.<br />

Auch die als III. Teil des Nachlasses formierte Fotosammlung<br />

stellt mit den insgesamt 539 Reproduktionen eine Sammlung<br />

von außerordentlichem Dokumentationswert dar. Sie enthält<br />

vor allem Fotos von Prof. Weise, Tübingen, Pfarrer Waldenspul,<br />

Pfarrer Pfeffer, Lautlingen, Maler Steinle, Sigmaringen,<br />

und P. Weber. Den Schwerpunkt dieser Dokumentation<br />

bilden Ablichtungen von sakralen Plastiken, Sakralbauten,<br />

Innenansichten von Kirchen, Kapellen und Synagogen in<br />

Hohenzollern und Württemberg. Daneben werden auch<br />

Ansichten von Profanbauten, Brunnen, Wappen und Straßenansichten<br />

geboten. Die Entstehung der meisten Aufnahmen<br />

datiert aus den Jahren von 1919 bis 1930. Die jüngsten<br />

Fotos, die 1961 von Rektor Otto Werner, Hechingen, aufgenommen<br />

wurden, sind Melchingen gewidmet.<br />

Als wichtigster Bestandteil des Nachlasses ist jedoch die 1120<br />

Lichtbilder umfassende Diapositivsammlung (Teil I) anzusehen.<br />

Die Dokumentation, die den kunsthistorischen Forschungen<br />

und der regen Vortragstätigkeit Pfarrer Waldenspuls<br />

erwachsen ist, dürfte - es fehlen im Nachlaß genaue<br />

Angaben - zum überwiegenden Teil zwischen 1912, dem<br />

Beginn seiner Mitarbeit am Institut von Prof. Weise, und<br />

1940 entstanden sein.<br />

Sie enthält vornehmlich Abbildungen zur Kunstgeschichte<br />

Hohenzollerns und der angrenzenden württembergischen<br />

Gebiete, aber auch Italiens und des vorderen Orients.<br />

Obgleich Ablichtungen von Objekten der sakralen Kunst wie<br />

Klöster, Kirchen, Kapellen, Heiligenfiguren, Altäre, liturgische<br />

Geräte dabei überwiegen, hat der Fotograf Waldenspul<br />

die profane Kunst und das Alltägliche keineswegs vernachlässigt.<br />

Die Sammlung weist eine ganze Reihe von Stadt- und<br />

Dorfansichten, Abbildungen von Profanbauten wie Burgen,<br />

Schlössern, Rathäusern, Bürger- und Bauernhäusern sowie<br />

idyllischen Plätzen und Winkeln, aber auch Landschaftsaufnahmen<br />

auf. Ein Kasten enthält Blumenaufnahmen von<br />

Pfarrer Waldenspul.<br />

Den in den Teilen I und II verwahrten Bilddokumenten muß<br />

4<br />

im Hinblick auf die Qualität und auch die Quantität der<br />

Lichtbilder ein außerordentlich hoher Dokumentationswert<br />

zugesprochen werden. Die Sammlung vermag auf eine Fülle<br />

von kunsthistorischen und heimatkundlichen Fragen Antwort<br />

zu geben; eine Vielzahl der Fotos ist auch für Illustrationszwecke<br />

geeignet.<br />

Schon die rasche Durchsicht der Sammlung macht deutlich,<br />

welche Veränderungen in jüngster Vergangenheit die Landschaft,<br />

die Städte und Gemeinden erfahren haben, und welche<br />

Verluste an Kulturgütern durch Unverständnis, Nachlässigkeit,<br />

Bau- und Sanierungswut in den vergangenen Jahrzehnten<br />

eingetreten sind. Als Beispiel für letzteres mag im Rahmen<br />

des Beitrags das Lichtbild von der inzwischen vom Erdboden<br />

verschwundenen Windmühle in Inneringen und vom Portal<br />

des Großbayer-Hauses in Haigerloch stehen, das heute einen<br />

völlig veränderten Türsturz aufweist. Die Lichtbildersammlung<br />

Albert Waldenspuls darf somit zurecht als eine Fundgrube<br />

für die Landeskunde und die Denkmalpflege gelten.<br />

Um dem Verfall und einem möglichen Verlust der Fotoplatten<br />

im Teil I der Sammlung vorzubeugen, wurden wenigstens<br />

die Lichtbilder mit Motiven aus dem Bereich von Baden-<br />

Württemberg in den Jahren von 1984 bis 1987 im Hauptstaatsarchiv<br />

Stuttgart sicherungsverfilmt und gleichzeitig für<br />

das Staatsarchiv Sigmaringen Abzüge (Positive) hergestellt.<br />

Diese Fotos, 831 an der Zahl, wurden in der Zwischenzeit in<br />

insgesamt acht großformatige Alben eingeklebt, signiert und<br />

beschriftet und damit der Benutzung zugänglich gemacht.<br />

Durch dieses Verfahren wurde überdies die Anfertigung von<br />

Reproduktionen erleichtert. Die Sicherungsverfilmung von<br />

Teilen der Fotosammlung Waldenspuls (Teil III) ist geplant.<br />

5) Schlußbemerkung<br />

Der im Staatsarchiv bzw. im Archiv des Hohenzollerischen<br />

<strong>Geschichtsverein</strong>s verwahrte Nachlaß stellt trotz seines<br />

imponierenden Umfangs und Inhalts nur ein Torso dessen<br />

dar, was Pfarrer Waldenspul an Papieren und sonstigem<br />

Sammlungsgut hinterlassen hat. Besonders schmerzlich muß<br />

empfunden werden, daß in dem vorliegenden Nachlaß Briefe<br />

und auch Tagebuchaufzeichnungen fehlen. Möglicherweise<br />

befinden sich solche Dokumente noch im Besitz von Verwandten<br />

und Freunden des Nachlaßgebers, die hiermit aufgefordert<br />

werden, diese selbst oder doch wenigstens Kopien<br />

davon dem Nachlaß Albert Waldenspul zum Nutzen der<br />

Kunst- und Landesgeschichte Hohenzollerns zuzuführen.<br />

Archivrepertorien:<br />

Nachlaß Waldenspul (Zeitungsausschnitte), bearb. von J.Adam,<br />

Masch., Sigmaringen 1978<br />

Nachlaß Albert Waldenspul, Teil I: Diapositive, bearb. von G. Huber,<br />

Masch., Sigmaringen 1983<br />

Dgl., Teil II: Persönliche Papiere und sonstiges Sammlungsgut,<br />

bearb. von U. Neuendorff, Masch., Sigmaringen 1986<br />

Dgl., Teil III: Fotosammlung, bearb. von U. Neuendorff, Masch.,<br />

1986<br />

Literaturnachweise:<br />

E.Hösch, Pfarrer Albert Waldenspul zum 90. Geburtstag, in:<br />

Hohenz. Heimat 25 (1975), S.29.<br />

Den., Zum Tod von H. H. Pfarrer Albert Waldenspul, in: Hohenz.<br />

Heimat 29 (1978), S. 13.<br />

E.Keller, Waldenspul, Albert [Nachruf], in: Freiburger Diözesanarchiv<br />

102 (1982), S.215f.<br />

Abbildungsnachweise:<br />

Vorlagen:<br />

Friedhof Inneringen, StAS Dep. 39 NL Waldenspul III K. I, Nr. 39<br />

Windmühle Inneringen, ebda. Nr. 40


WILFRIED SCHÖNTAG<br />

Der Wald Weithart und die Weithartgenossenschaft<br />

Um 1520 stritten sich die Abtei Salem und die Untertanen in<br />

Magenbuch mit den übrigen Weithart-Anstößern, den Städten<br />

Pfullendorf und Mengen und einigen Dörfern, darüber,<br />

ob die Magenbucher berechtigt seien, ihre Schweine zur<br />

Mästung in den Weithart zu treiben. Die Pfullendorfer hatten<br />

1521 die im Wald befindlichen Schweine der Magenbucher<br />

kurzerhand gepfändet, worauf hin zwei Gerichtsverhandlungen<br />

darüber stattfanden. Warum so ein Aufwand wegen ein<br />

paar Schweinen?<br />

Ein anderes Beispiel. In diesen Jahrzehnten schwelte ein Streit<br />

zwischen den Grafen von Sigmaringen und den Truchsessen<br />

von Waldburg als Inhaber der Herrschaft Scheer über das<br />

große Waidwerk im Sigmaringer Forst. Hierbei ging es vor<br />

allem um die Jagd auf Großwild, auf Bären und Wildschweine.<br />

Die Sigmaringer Grafen konnten durchsetzen, daß<br />

ihnen die Jagd auf Bären und Schweine im »Huserhart«, wie<br />

der Weithart damals auch genannt wurde, allein vorbehalten<br />

blieb. 1439 und 1443 waren hierüber Gerichtsurteile ergangen.<br />

Der Streit brach immer wieder auf und wurde 1601 vor<br />

dem Reichskammergericht endgültig beigelegt. Noch 1702 ist<br />

von der Bärenhatz in diesem Forst die Rede.<br />

Was ist das für ein Wald, in dem Schweine und Vieh auf die<br />

Weide getrieben werden, und in dem gleichzeitig Bären und<br />

Wölfe hausen? Wir kennen den Wald heute nur noch als<br />

Fläche für die Holzproduktion, in dem auch noch Wild lebt.<br />

In den letzten Jahren ist der Erholungsaspekt hinzugekommen.<br />

In den vergangenen Jahrhunderten hatte der Wald<br />

jedoch eine weiter gespannte Funktion. Er war für die<br />

Bewohner einer Gegend von großer wirtschaftlicher Bedeutung.<br />

Daher wollen wir uns am Beispiel des Waldes Weithart<br />

mit den rechtlichen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten<br />

eines Waldes befassen.<br />

Die zwei eingangs geschilderten Ereignisse aus der<br />

Geschichte des Weithart stehen für zwei Sphären. Der Wald<br />

als bäuerliche Nutzfläche und der Wald als Forst, d.h. als<br />

Hoheitsgebiet und Rechtsbezirk.<br />

Der Weitbart als Teil des Sigmaringer Forstes<br />

Im Mittelalter gab es eine Rangfolge von Hoheitsrechten.<br />

Genannt seien die hohe Gerichtsbarkeit, das Steuerrecht, das<br />

Recht, Reisige und Söldner auszuheben, das Recht, Burgen<br />

und Befestigungen erbauen zu dürfen, das Recht, Münzen zu<br />

prägen, und nicht zuletzt das Forstrecht. Wer seit dem<br />

Spätmittelalter alle die Rechte, die vom Reich verliehen<br />

wurden, in seiner Hand vereinigte, der war ein Landesherr,<br />

der in einem abgegrenzten Territorium herrschte.<br />

Für die Herrschaftsbildung hatten die Forstrechte eine große<br />

Bedeutung, da sie sich immer auf mehr oder weniger genau<br />

umschriebene Gebiete bezogen. Wir müssen uns in Erinnerung<br />

rufen, daß sich in früheren Jahrhunderten die Verteilung<br />

von Wald und Feld schnell und weiträumig verändern<br />

konnte. Ein Forst erfaßte daher Waldflächen, aber auch die<br />

dazwischenliegenden Feldfluren und Dörfer. Ein Forst war<br />

ein abgegrenzter Bezirk, in dem der Inhaber bei Strafe<br />

gebieten und verbieten konnte. Diese Befugnis bezog sich auf<br />

die Holznutzung, die Jagd, aber auch auf die Sicherheit der<br />

Personen, die sich in einem Forst aufhielten. Der Inhaber<br />

übte das Geleitrecht aus. Seine Reisigen begleiteten die<br />

durchreisenden Personen bis zur Landesgrenze und waren<br />

für deren Sicherheit verantwortlich. In unserem Falle hieß<br />

dies, daß die Leute der Grafen von Sigmaringen die Reisenden<br />

in Pfullendorf in Empfang nahmen und diese durch den<br />

Weithart nach Norden geleiteten. Das Geleitrecht war also<br />

ein wesentliches Kennzeichen für einen Forst.<br />

Weiterhin übten die Grafen von Sigmaringen den Wildbann<br />

aus. Sie entschieden, wer die Jagd auf Großwild ausüben<br />

dürfe und wer zur Niederjagd auf Hasen, Rebhühner usw.<br />

zugelassen würde. Die Jagd auf das Großwild behielt sich der<br />

Graf wie überall selbst vor. Die hohe Jagd insgesamt war ja<br />

ein Zeichen für hohen Rang der sie ausübenden Person.<br />

Der Inhaber eines Forstes übte zumeist auch die hohe<br />

Gerichtsbarkeit aus. Vergehen über einer gewissen Schadenshöhe<br />

oder Vergehen, bei denen Blut geflossen war, unterlagen<br />

dem Hochgericht. Kleinere Vergehen strafte der Niedergerichtsherr.<br />

Die Forstherrschaft nahm also Ordnungsfunktionen und<br />

hoheitliche Rechte wahr. Daher ist es nicht verwunderlich,<br />

daß in unserem Raum die Forste bei der Bildung von<br />

Territorien eine besondere Rolle spielten. Als K. Friedrich<br />

III. im Jahr 1460 die Herrschaft Sigmaringen zu einer<br />

Grafschaft erhob, legte er für den Umfang der neuen Grafschaft<br />

die alten Forstgrenzen zugrunde, innerhalb derer die<br />

Herren ja schon seit langer Zeit gewisse Hoheitsrechte ausgeübt<br />

hatten. Die vielen Streitigkeiten mit den Nachbarn rührten<br />

daher, daß die Grafen lange Zeit benötigten, diesen Raum<br />

mit realer Herrschaft auszufüllen und ältere Rechte der<br />

Nachbarn zurückzudrängen.<br />

Der große Wald Weithart bildete im Süden des Sigmaringer<br />

Forstes eine geschlossene Fläche, dessen Hoheitsrechte nie<br />

angefochten wurden.<br />

Interessant ist, daß die Grafschaftsgrenzen im äußersten<br />

Süden direkt vor den Toren der Reichsstadt Pfullendorf<br />

verliefen. Pfullendorf hatte als Reichsstadt ein eigenes Territorium,<br />

das aber sehr klein war und im wesentlichen aus dem<br />

Gebiet innerhalb der Stadtmauern bestand. Daher war die<br />

Stadt bestrebt, diese Grenze nach Norden hin zu verschieben,<br />

um Ausdehnungsmöglichkeiten zu erhalten. Über 100 Jahre<br />

wurde daher über die Grenze zur Grafschaft Sigmaringen<br />

gestritten.<br />

Andererseits gehörte die Stadt Pfullendorf zu den Weithartanstößern,<br />

d.h. zu dem Personenkreis, der im Sigmaringer<br />

Forst Holzrechte und Trieb und Trattberechtigungen besaß.<br />

Hier zeigen sich Rechtsüberschneidungen, wie wir sie im<br />

Mittelalter und in der frühen Neuzeit immer wieder finden.<br />

Die Rechte als Anstößer deuten auf alte Beziehungen von<br />

Pfullendorf zum Sigmaringer Forst, die nicht durch die<br />

Erhebung zur Stadt und die daraufhin einsetzende rechtliche<br />

und hoheitliche Sonderentwicklung beseitigt worden sind.<br />

In Erinnerung ist auch zu rufen, daß in dem der Zisterzienserabtei<br />

Salem unterstehenden Amt Ostrach, das sich östlich des<br />

Weithart erstreckte, zunächst die Herren, dann Grafen von<br />

Sigmaringen die hohe Obrigkeit ausübten. Im Jahr 1611<br />

verpfändeten die Grafen von Sigmaringen der Abtei Salem die<br />

hohe, forstliche und geleitliche Obrigkeit. 1700 bzw. endgültig<br />

1715 ging die Grafengewalt im Amt Ostrach ganz an die<br />

Abtei über. Sigmaringen verfügte hier über keinerlei Rechte<br />

mehr. Auch hier werden wir sehen, daß die salemischen<br />

Dörfer, die an den Weithart anstießen, zu den Nutzungsberechtigten<br />

gehörten.<br />

Die Grafen von Sigmaringen verwalteten den Weithart von<br />

Sigmaringen aus. Hier saß der Jägermeister. Im Schloß in<br />

Sigmaringen waren auch der Büchsenmeister und die Jäger<br />

zuhause. In Habstal saß ein Forstknecht, zeitweilig auch im<br />

Schloß Krauchenwies.<br />

5


Die Weithartgenossenschaft<br />

Von der hohen Obrigkeit, dem Geleit und den Jagdrechten ist<br />

die niedere Gerichtsbarkeit und noch mehr das Eigentum und<br />

die Nutzung abzusetzen und zu unterscheiden. Beim Weithart<br />

nahmen die Anstößer diese Rechte wahr. Als sich die<br />

Nutzungsberechtigten 1522 über die Aufnahme von Magenbuch<br />

in ihren Kreis einigten, waren die Grafen von Sigmaringen<br />

in keiner Weise beteiligt. Ja, ein Sigmaringer Beamter<br />

schrieb sogar auf eine übersandte Abschrift des Rezesses:<br />

»Dieser Vertrag geht Sigmaringen nichts an...« Die Anstößer<br />

des Weithart regelten ihre Angelegenheiten allein, da sie auch<br />

die Eigentümer des Waldes waren. Ohne daß der Zeitpunkt<br />

der Erwerbung festzustellen ist, läßt sich dieser Zustand ab<br />

dem 16.Jahrhundert belegen. 1568 und 1591 traten die<br />

Anstößer als Eigentümer des Waldes und als Niedergerichtsherren<br />

auf, die auch die Nutzung genossenschaftlich regelten.<br />

Sie nannten sich »des Waldts Weitharts Aigenthumbs-,<br />

Grundt- und gemeine Nider Oberkeits Herren«. Sie hatten in<br />

einer Waldordnung festgelegt, in welcher Form die Beholzung<br />

und das Holzfällen, aber auch die Aufforstung zu<br />

geschehen habe und wie die Waldweide, d.h. Wunn, Waid,<br />

Trieb und Tratt, zu regeln sei. Jede beteiligte Gemeinde stellte<br />

zwei Holzschauer, die den Holzeinschlag beaufsichtigen<br />

sollten.<br />

Seit der Mitte bzw. Ende des 16.Jahrhunderts werden folgende<br />

Anstößer des Weitharts genannt: Der Abt von Salem<br />

als Territorialherr über die Dörfer Levertsweiler, Magenbuch<br />

und Lausheim sowie die Vertreter dieser Dörfer; die Stadt<br />

Pfullendorf für sich und für die pfullendorfischen Untertanen<br />

in Mottschieß; die Stadt Mengen für sich und für das Wilhelmitenkloster<br />

in Mengen; die Grafen von Sigmaringen für ihre<br />

Untertanen im Dorf Krauchenwies, für das Schloß in Krauchenwies,<br />

für Schwäbiishausen, Rulfingen, Rosna, Hausen<br />

am Andelsbach und den sigmaringischen Anteil von Mottschieß,<br />

und zuletzt das Kloster Habstal. Schwäbiishausen<br />

gehörte später zur Grafschaft Heiligenberg, die Grundherrschaft<br />

in Mottschieß ging vollständig an die Stadt Pfullendorf<br />

über.<br />

Eine übermäßige Nutzung des Waldes schädigte den Wald so<br />

stark, daß man ihn schließlich aufteilte. Dahinter stand wohl<br />

die Hoffnung, daß ein Eigentümer für seinen Wald eine<br />

stärkere Verantwortung entwickelte als eine Genossenschaft.<br />

Als 1740 die Aufteilung vorgenommen wurde, fehlten in der<br />

Liste der neuen Eigentümer das Wilhelmitenkloster in Mengen<br />

und die Gemeinde Magenbuch. Das Ausscheiden des<br />

Klosters hing möglicherweise mit der Umwandlung in ein<br />

Benediktinersubpriorat bzw. dem Verkauf an Kl. Petershausen<br />

zusammen. Bei Magenbuch ist die Sache eindeutig. 1522<br />

hatte es nur die Weiderechte erhalten, nicht aber die Holzrechte.<br />

Es war also kein vollwertiger Genosse. Da es bei der<br />

Aufteilung vor allem um die Holzrechte ging, wurde es<br />

zunächst nicht berücksichtigt. Erst später trat die Abtei Salem<br />

dem Ort Magenbuch einen Holzteil ab.<br />

Bemerkenswert bei der Aufteilung ist, daß damals die jeweiligen<br />

Herrschaften starken Anteil nahmen. Auch in den Holzund<br />

Waldordnungen, die 1740 erlassen wurden, erhielten der<br />

Sigmaringer Förster und die Holzknechte eine stärkere Aufsichtsfunktion<br />

zugewiesen. Neben das genossenschaftliche<br />

Element trat das herrschaftliche.<br />

Der Wald Weithart wurde zwar in einzelne Besitzanteile<br />

aufgelöst, er behielt aber eine geschlossene Gemarkung. Die<br />

abgegrenzten Waldteile wurden also nicht, wie sonst üblich,<br />

den Gemarkungen der neuen Eigentümer zugeschlagen. So<br />

blieb der Wald Weithart bis in den Anfang unseres Jahrhunderts<br />

eine in sich geschlossene, keiner Gemeinde zugehörende<br />

Gemarkung.<br />

6<br />

Der Wald Weithart stellt aus rechtshistorischer Sicht ein sehr<br />

interessantes Gebilde dar. Die nutzenden Parteien schlossen<br />

sich im 16. Jahrhundert zu einer Genossenschaft zusammen,<br />

die die Rechte aus dem Grundeigentum und der niederen<br />

Gerichtsbarkeit gemeinsam wahrnahmen. Die Ursprünge<br />

und die Gründe für diese Sonderentwicklung sind bisher<br />

nicht untersucht worden. Sicher kann jedoch gesagt werden,<br />

daß die Geschichte, eine Jungfrau Wild aus Riedlingen habe<br />

den Wald an die Weithart-Genossen geschenkt, eine späte<br />

Sage ist, um den Besitz der Genossen zu begründen. Man<br />

wußte damals nichts mehr über den Ursprung der Genossenschaft.<br />

Vielleicht ist der Bezug auf Riedlingen ein Hinweis<br />

darauf, daß der Wald ursprünglich den Grafen von Veringen<br />

gehört hatte. Diese hatten Ende des 13. Jahrhunderts ihren<br />

Besitz südlich der Donau an das Haus Habsburg abgetreten.<br />

Und im 16. bis 18. Jahrhundert machte das Haus Habsburg<br />

als Inhaber der Vorderösterreichischen Lande ja Ansprüche<br />

und Rechte in diesem Raum geltend.<br />

Die Waldnutzung durch die Weithartgenossenschaft<br />

1740 heißt es, daß den Genossen der Wald mit »aller Nutzbarkeit<br />

an Wohn (Wunn), Weyd, Trieb und Tratt, Beholzung<br />

und Äckerich etc.« zustehe. Im Gegensatz zum heutigen<br />

bäuerlichen Wirtschaften war bis um 1800 der Wald ein<br />

notwendiger Bestandteil der bäuerlichen Arbeits- und Nutzungssphäre.<br />

Die Alltagskultur war damals vollständig vom<br />

Holz abhängig, der Wald war für das Leben und Überleben<br />

unentbehrlich. Für den Hausbau, für Zäune, für Werkzeug<br />

und Geräte wurde Holz benötigt. Holz war weitgehend der<br />

einzige Brennstoff. Der Wald hatte ein anderes Erscheinungsbild<br />

als der heutige, der fast allein der Holzproduktion dient.<br />

Der Mischwald mit einem hohen Anteil von Laubbäumen<br />

war mit Weideplätzen durchsetzt, auf die das Vieh getrieben<br />

wurde. Das Laub wurde im Herbst gesammelt und als<br />

Laubheu im Winter an das Vieh verfüttert. Die Eicheln und<br />

Bucheckern dienten den Schweinen im Herbst als Mast. Die<br />

Linden und Obstbäume im Wald stellen eine gute Bienenweide<br />

dar. Zu erinnern ist, daß der Honig damals der gängige<br />

Süßstoff war. Für die Bauern bot der Wald ergänzende<br />

Nahrung. Hier holten sie Obst, Beeren, Pilze und Kräuter.<br />

Die gemeine Weide und der Allmendewald hatten für die<br />

bäuerliche Wirtschaft also einen hohen Stellenwert. Eine<br />

größere Tierhaltung war ohne diese Flächen nicht möglich.<br />

Der Wald war auch eine unentbehrliche Nutzungsreserve, die<br />

man vor Übergriffen Fremder wie vor Überbeanspruchung<br />

und Übernutzung schützen mußte.<br />

Man kann sich vorstellen, daß solch breitgefächerte Anforderungen<br />

an einen Wald zu großen Schädigungen führen konnten.<br />

Und daß dies so ist, zeigt die Nutzungsgeschichte des<br />

Weithart. Es ist typisch, daß 1522 der Streit um den Schweinetrieb<br />

der Magenbucher Bauern beurkundet wurde. Ende<br />

des 15. Jahrhunderts ist ein Bevölkerungswachstum und ein<br />

wirtschaftlicher Aufschwung zu verzeichnen. Wälder wurden<br />

gerodet und damit wurde die Weide, die Futterbasis für<br />

die Tierhaltung, knapp. Auf diesem Hintergrund entstanden<br />

in vielen Territorien herrschaftliche wie dörfliche Ordnungen,<br />

die die Waldnutzung regelten und den Viehauftrieb in<br />

die Wälder beschränkten. Insofern entspricht die Nutzungsgeschichte<br />

des Weithart der allgemeinen Entwicklung in<br />

Süddeutschland.<br />

Der Weithart war für die Anstößer ein Teil der Allmende, ein<br />

Wald, der gemeinschaftlich genutzt wurde. Es war eine ganz<br />

normale Sache, daß die Anlieger, damals Anstößer genannt,<br />

Weiderechte für das Vieh und die Schweine besaßen.


Als um 1520 die Gemeinde Magenbuch neue Weidegründe<br />

suchte, hatte es wahrscheinlich wieder einmal Wiesen unter<br />

den Pflug genommen. Was lag näher, als das Vieh nun in den<br />

großen Wald zu treiben? Der Protest der übrigen Nutzungsberechtigten<br />

erfolgte sofort. Dies ist ein Zeichen dafür, daß<br />

die Waldweide intensiv genutzt wurde, wenn nicht sogar<br />

schon über die Gebühr beweidet wurde. Die Abtei Salem<br />

setzte sich jedoch für die Untertanen ein und erreichte, daß<br />

die Magenbucher zumindest ein Weiderecht erhielten. Die<br />

Bewohner durften künftig 22 Schweine in den Wald treiben<br />

und gemäß der Waldordnung am Äckerricht, d.h. der Mast<br />

mit Bucheckern und Eicheln, teilnehmen. Darüber hinaus<br />

wurde ihnen erlaubt, ihr gesamtes gehörntes Vieh und die<br />

Pferde im Wald zu weiden. Wurden sie in diesem Bereich mit<br />

den anderen Anstößern gleichgestellt, so wurde ihnen jedoch<br />

verboten, Holz zu schlagen, sei es zum Brennen, Zaunherstellung,<br />

oder gar für Bauzwecke. Magenbuch wurde von der<br />

Holznutzung vollständig ausgeschlossen. Wir sehen hier, wie<br />

sich eine neue Partei in den alten Kreis der Nutzungsberechtigten<br />

drängt und schließlich neues Recht geschaffen wurde.<br />

Das Beholzungsrecht konnten die Neulinge jedoch bis 1740<br />

nicht mehr erlangen. Damals schon gab es für den Weithart<br />

eine Waldordnung und es gab Höchstgrenzen für den Viehauftrieb.<br />

Man wußte damals schon, daß das Gleichgewicht im<br />

Wald nur aufrechterhalten werden konnte, wenn die Nutzungsarten<br />

in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander<br />

standen. Wurde zuviel Vieh aufgetrieben, zerstörte dies den<br />

Jungwald und verhinderte ein Nachwachsen des Baumbestandes.<br />

Andererseits war die Viehzucht wichtig für die<br />

Fleischproduktion wie auch für die Düngerproduktion. Gab<br />

es nicht genug Dung, ließ die Fruchtbarkeit auf den Feldern<br />

nach, die sowieso gegenüber heute recht niedrig war. Die<br />

Kornernte betrug etwa das Drei- bis Fünffache des Gesäten.<br />

Der Viehtrieb im Dorf war geregelt. Ein Hirte sammelte das<br />

Vieh im Ort und trieb es auf die Weide. Abends mußte er es<br />

wieder ins Dorf oder in die Dorfnähe zurücktreiben. Hier gab<br />

es besondere Nachtweiden, die Schutz gegen wilde Tiere wie<br />

Bären und Wölfen boten.<br />

Die Schweine galten als Hauptlieferant für Fleisch. Sie wurden<br />

mit Hausabfällen ernährt und auf die Weide getrieben.<br />

Nach der herbstlichen Mast mit Bucheckern und Eicheln im<br />

Wald wurden die Schweine zumeist geschlachtet. Auch der<br />

Schweinetrieb belastete den Wald. Der Boden wurde aufgewühlt,<br />

das Jungholz geschädigt. Um eine reiche Eichelmast<br />

zu erhalten, schlugen die Hirten die Früchte mit Stangen von<br />

den Bäumen und richteten dabei teilweise großen Schaden an.<br />

Dies ist also die eine Seite des Waldes. Jedes Dorf hatte neben<br />

der Feldflur und den Wiesen auch Waldanteile, die in die<br />

bäuerliche Nutzung eng eingebunden waren. Am Rande ist<br />

hier zu erwähnen, daß die Aufteilung einer Ortsgemarkung in<br />

den Etter des Dorfes, die Ackerflur für die Dreifelderwirtschaft<br />

und die Allmende vor allem als Weidefläche eine<br />

hochmittelalterliche Erscheinungsform ist. Früher ging man<br />

davon aus, daß die Allmende eine germanische Einrichtung<br />

aus der Zeit der Landnahme sei. Vor allem die Agrar- und<br />

Siedlungsforscher haben dies widerlegt. Das, was wir heute<br />

als Dorf bezeichnen, entstand nach der Auflösung der Villikationsverfassung<br />

im 12. und 13. Jahrhundert. Damit haben<br />

wir auch einen annähernden Zeitpunkt, wann die Nutzungsgemeinschaft<br />

im Weithart entstanden sein könnte.<br />

Die andere Seite der Waldnutzung ist der Holzeinschlag. Wir<br />

hatten schon gesehen, daß die Weithart-Genossen im<br />

16. Jahrhundert auch die Verfügung über den Holzeinschlag<br />

erlangt hatten. In anderen Landschaften war dies damals ein<br />

herrschaftliches Recht. Die Obrigkeit teilte den Untertanen<br />

das Bau- und Brennholz zu. In den Beschwerdeartikeln der<br />

oberschwäbischen Bauern aus dem Jahr 1525 klagten diese<br />

z.B. darüber, daß sich die Herrschaften das Beholzungsrecht<br />

vorbehalten hätten. Da hatten es die Weithartanstößer besser.<br />

1522 bestimmten sie, daß der Kreis der Holzberechtigten<br />

nicht erweitert werde. Sie legten den Wirtschaftsplan für die<br />

Holznutzung gemeinsam fest, sie bestimmten die Termine<br />

für den gemeinschaftlichen Holzeinschlag und sie legten auch<br />

den Umfang des Einschlags fest. Seit Ende des 16. Jahrhunderts<br />

galt als Richtzahl für den Brennholzeinschlag, daß für<br />

jede Feuerstelle, d.h. für jeden Haushalt, der Genossen, zwei<br />

Klafter Holz jährlich zu schlagen seien. Ein Klafter war ein<br />

Holzstapel, der etwa 2,10 m hoch, 2,10 m lang und 1,30 m tief<br />

war. Hierzu kam die Nutzholzentnahme für Hausbau, Zäune<br />

und die Handwerker.<br />

Der Holzeinschlag richtete sich nicht nach der Leistungsfähigkeit<br />

des Waldes, sondern nach einer von außen herangetragenen<br />

Meßzahl. Dies führte zu großen Waldschäden, vor<br />

allem als die Bevölkerung und damit die Zahl der Haushalte<br />

wuchsen. Seit Ende des 16. Jahrhunderts wurde der Holzeinschlag<br />

immer stärker reglementiert, ein Zeichen dafür, daß<br />

man nicht mehr aus dem Vollen wirtschaften konnte. 1593<br />

wurde bestimmt, daß Reiser und Stöcke, die etwa einen<br />

Finger dick waren, in das Klafter gehörten und nicht etwa<br />

zum Reisigbündel. Es gab nicht mehr genügend starke<br />

Bäume, daher mußte auch das Astholz vollständig aufgemacht<br />

werden. Ausdrücklich wurde vermerkt, daß das Jungholz<br />

und Eichen nicht mehr gefällt werden dürften. Was um<br />

1593 noch zurückhaltend ausgesprochen wurde, wurde 1601<br />

drastisch geschildert. Die Weithartgenossen wie die umliegenden<br />

Herrschaften hätten mit einem intensiven Holzeinschlag<br />

den Weithart zugrunde gerichtet. Die Holzordnung<br />

wurde erneuert. An dem Grundübel, dem Brennholzbezug<br />

von 2 Klaftern, wurde jedoch nichts geändert.<br />

Die Klagen über den schlechten Zustand des Waldes hören<br />

nun nicht mehr auf. Bei einer 1699 vorgenommenen<br />

Begehung stellten die Genossen fest, daß der hohe Wildbestand<br />

wie auch der Viehtrieb den Wald stark geschädigt<br />

hätten. Die schönsten jungen Bäume würden abgehauen, um<br />

Holz für Zäune zu erhalten. Die Gerber würden die für<br />

Bauholz geeigneten Eichen und Tannen fällen, die Rinde<br />

abschälen, das Holz aber liegen lassen. Selbst die Weithartgenossen<br />

fällten dünne Bäume, machten Latten daraus und<br />

verkauften diese an Fremde. In der neugefaßten Holzordnung<br />

wurde bestimmt, daß für ein Jahr überhaupt kein Holz<br />

gefällt werden dürfe. Allein das vom Sturm umgeworfene<br />

Holz durfte aufgemacht werden. Bauholz wies die Gemeindeobrigkeit<br />

zu, Holzverkauf an Fremde wurde vollständig<br />

verboten, ebenso das Roden von Waldflächen.<br />

Als es schließlich um 1740 kaum noch starke Stämme im Wald<br />

gab, dafür jedoch um so mehr Kahlschläge und wüste Plätze,<br />

die nicht mehr aufgeforstet worden waren, befürchteten die<br />

Genossen den gänzlichen Abgang des Waldes. Nachdem man<br />

1736 die Zustimmung des Hauses Habsburg als Oberlehnsherren<br />

und des Grafen von Sigmaringen als Forstherren zu<br />

einer Aufteilung des Waldes eingeholt hatte, ging man 1740<br />

an die Separierung. Der beabsichtigte Schutz galt allein dem<br />

Baumbestand. Der Weidgang, d.h. der Viehauftrieb, wurde<br />

wie bisher beibehalten. Der Holzboden wurde dagegen aufgeteilt,<br />

so daß jeder neue Eigentümer darüber frei verfügen<br />

konnte. Die Zahl der Rauchfänge wurde als Schlüssel für die<br />

Aufteilung zugrunde gelegt. Für die 1107 Rauchfänge standen<br />

2374 Jauchert Wald zur Verfügung, von denen schon 73 J.<br />

an öden Plätzen und 18 J. für die Landstraßen abgezogen<br />

worden waren. Zusammen mit dem Aufteilungsprozeß<br />

wurde wiederum eine Holzordnung erlassen, die unter anderem<br />

vorsah, für die Aufforstung stärker als bisher zu sorgen,<br />

die den einzelnen Baum stärker schützte, und die das Roden<br />

völlig untersagte. Aber auch diese Bestimmungen konnten<br />

den Wald kaum retten. Bis 1827, als der Viehtrieb abgelöst<br />

7


wurde, wuchs kaum Holz nach, so daß damals kein geschlossener<br />

Wald mehr vorhanden war.<br />

In aller Kürze wurde den Wechselwirkungen zwischen Waldentwicklung<br />

und wirtschaftlicher Nutzung nachgegangen,<br />

die tiefgreifende Folgen für den Wald gehabt haben. Was wir<br />

HERBERT BURKARTH<br />

Die Laichinger Hungerchronik<br />

1985 erschien ein sehr schönes und reich bebildertes Buch<br />

»Die Hungerjahre 1816/17 auf der Alb und an der Donau«,<br />

herausgegeben von der Arbeitsgemeinschaft der Heimatmuseen<br />

im Alb-Donaukreis. Neben vielen kleineren Beiträgen<br />

aus verschiedenen Orten ist hier die »Laichinger Hungerchronik«<br />

im Wortlaut abgedruckt. Auch im Katalog der<br />

Napoleon-Ausstellung wird die Chronik erwähnt. Liest man<br />

die Beiträge in Tageszeitungen usw., die zum gleichen Thema<br />

erschienen, so wird zwar gelegentlich von örtlichen Begebenheiten<br />

berichtet, die Schilderung der allgemeinen Verhältnisse<br />

stammt aber meistens wieder aus der Laichinger Chronik.<br />

Die genannte Chronik wurde erstmals 1916 von dem Lehrer<br />

und späteren Rektor C. A. Schnerring in den »Blättern des<br />

Schwäbischen Albvereins« veröffentlicht. Im gleichen Jahr<br />

erschien sie auch in den Württembergischen Jahrbüchern für<br />

Statistik und Landeskunde und wurde damit fast zu einer<br />

amtlichen Verlautbarung.<br />

Die Laichinger Hungerchronik eine Fälschung<br />

Der Münsinger Stadtarchivar Günter Randecker hat das<br />

Verdienst, die Laichinger Hungerchronik als Fälschung<br />

erkannt zu haben. Randecker beschäftigte sich mit der<br />

Geschichte der Buttenhauser Juden. Dabei fiel ihm auf, daß<br />

das, was er in zeitgenössischen Akten fand, mit den Schilderungen<br />

der Chronik keinerlei Ähnlichkeit hat. Nach der<br />

Chronik hatten die Buttenhauser Juden den ganzen Getreidehandel<br />

auf der Alb als Monopol und waren durch ihre<br />

Preistreiberei mitschuldig an der Hungersnot von 1816/17.<br />

Randecker konnte nachweisen, daß die Juden von Buttenhausen<br />

arme Leute waren, die allenfalls einen Hausierhandel<br />

betrieben. Es gab in Buttenhausen nicht einen Getreidehändler.<br />

Randecker hält die ganze Chronik für eine Fälschung von<br />

Schnerring. Er hat seine Erkenntnisse in einer Dokumentation<br />

niedergelegt: »Die Hungerjahre 1816/17auf der Münsinger<br />

Alb«, die bei der Stadt Münsingen zu bekommen ist. Im<br />

ersten Teil findet man eine große Zahl bisher unveröffentlichter<br />

Berichte über die Hungerjahre 1816/17 auf der Münsinger<br />

Alb. Sehr interessant sind auch die Ausführungen über die<br />

Auswanderungen, welche durch die Teuerung ausgelöst wurden.<br />

Die meisten Auswanderer aus der Münsinger Gegend<br />

zogen in den Südkaukasus, um dem Heiligen Land nahe zu<br />

sein. Es spielten dabei religiöse Vorstellungen der »Stundenleute«<br />

über den 1836 drohenden Weltuntergang eine Rolle.<br />

Im zweiten Teil seiner Dokumentation setzt sich Randecker<br />

mit der »Laichinger Hungerchronik« auseinander. Nachdem<br />

er das Original der »Vergilbten Blätter« in Händen hat, bleibt<br />

von der Chronik nicht mehr viel übrig. Auch der Versuch<br />

einer »Schadensbegrenzung«, wie er von dem Volkskundler<br />

Dr. Hans Medick unternommen wurde, dürfte vergeblich<br />

sein: Die Laichinger Chronik ist eine Fälschung von Schnerring.<br />

Man fragt sich, wie kommt jemand dazu, so etwas zu<br />

machen? Schnerring gibt die Antwort selbst: »Zu meinem<br />

8<br />

heute als »Waldsterben« bezeichnen, die Furcht vor dem<br />

Abgang des Waldes wegen veränderter Umweltbedingungen,<br />

hat es früher in anderer Form also auch schon gegeben. Die<br />

Eingriffe der Menschen in die Naturlandschaft haben auch in<br />

früheren Zeiten tiefgreifende Veränderungen und Folgelasten<br />

mit sich gebracht.<br />

geschichtlichen Dorfroman >Du suchest das Land heim


verdiente er keine 24 fl im Monat. Wer hatte in Laichingen ein<br />

festes Monatsgehalt? Allenfalls der Pfarrer und der Lehrer.<br />

Beides war der Chronist wohl nicht; wer war er? Nur der<br />

Rektor Schnerring konnte so denken. Deutlichste Folge der<br />

Mißernte war die Teuerung, wie jedem zeitgenössischen<br />

Bericht zu entnehmen ist. Zur Steigerung der Dramatik<br />

benötigte der Fälscher die Wucherer, die Kornjuden. Da sein<br />

Horizont nicht weiter reichte, ernannte er die Juden von<br />

Buttenhausen dazu.<br />

Es ist das bleibende Verdienst von Randecker, die Laichinger<br />

Chronik als Fälschung erkannt zu haben. Es scheint aber zu<br />

einseitig, anzunehmen, Schnerring habe die Chronik nur<br />

verfaßt, um antisemitische Parolen zu verbreiten. Sie gar als<br />

»flammenden Aufruf« zur Judenvernichtung zu bezeichnen,<br />

Der Meister von Meßkirch hieß Jerg Ziegler<br />

Der »Meister von Meßkirch« ist eine der faszinierendsten<br />

Gestalten in der südwestdeutschen Kunstgeschichte. Schon<br />

im vorigen Jahrhundert war ein Maler der Renaissance aufgefallen,<br />

dessen überragendes Können sich deutlich von der<br />

Kunst seiner schwäbischen Zeitgenossen unterschied. Offensichtlich<br />

war er von der Dürer'schen Schule beeinflußt. Er<br />

arbeitete für die Grafen von Zimmern, die Grafen von Zollern<br />

und auch für Kirchen und Klöster. Irgendwo mußte ja sein<br />

Name in einer Urkunde auftauchen, aber nirgends fand man<br />

ihn. Mit allen möglichen bekannten Künstlern wurde er<br />

identifiziert, aber nichts stimmte.<br />

Pater Ansgar fand den Namen.<br />

1908 veröffentlichte P. Ansgar Pöllmann von Kloster Beuron<br />

eine Entdeckung, die das Problem zu lösen schien. Er<br />

behauptete, daß der Meister von Meßkirch seine Werke<br />

signiert habe und Jerg Ziegler heiße. Auf einer Benediktustafel<br />

in Stuttgart hatte er auch die Jahreszahl 1524 gefunden.<br />

Seine Angaben bewies er durch Fotografien. Doch die<br />

Fachleute, welche seine Angaben überprüfen wollten, fanden<br />

nichts. Dabei hatte er beschrieben, wie seine Aufnahmen<br />

zustande gekommen waren: Mit violettem Licht von Bogenlampen<br />

(ÜV-Licht). Diese Technik wurde damals in Beuron<br />

schon angewendet, um Palimpsesten (abgeschabte und wieder<br />

beschriebene Pergamentblätter) lesbar zu machen. Trotzdem<br />

erklärte man Pöllmanns Signaturen für Phantasiegebilde.<br />

Es wurde sogar behauptet, er habe an seinen Fotoplatten<br />

retuschiert.<br />

Falsche Meister von Meßkirch<br />

Der Karlsruher Kunsthistoriker Hans Rott bot schließlich<br />

einen neuen Namen an, den Baiinger Maler Joseph Weiß. Er<br />

schrieb, die Spukgestalt des Jerg Ziegler könne nun endgültig<br />

aus der Kunstgeschichte verschwinden. Ganz verschwand sie<br />

jedoch nicht, denn 1940 zeigt Josef Hecht aus Konstanz, daß<br />

Pöllmanns Signaturen auf mindestens drei Bildern nachweisbar<br />

sind. Außerdem hatte Johann Adam Kraus entdeckt, daß<br />

es 1548 und 1561 in Hechingen einen Hofmaler namens Jerg<br />

bzw. Jerg Ziegler gab. Seltsamerweise wurde die Arbeit von<br />

Hecht nirgends zur Kenntnis genommen. 1950 tauchte ein<br />

neuer Name auf. Christian Altgraf Salm wies auf die Möglichkeit<br />

hin, daß Peter Strüb aus Veringenstadt der Meister von<br />

Meßkirch sein könnte. In seinem Buch über die Malerfamilie<br />

Strüb bekräftigte Hans Dieter Ingenhoff 1962 die Peter<br />

Strüb-Hypothese. Die Meister-von-Meßkirch-Frage schien<br />

erneut endgültig gelöst. Allerdings gab es auch erhebliche<br />

Bedenken. Alfons Kasper warnte vor dieser völlig unhaltbaren<br />

Theorie und Johann Adam Kraus zeigte, daß Peter Strüb<br />

schon aus biographischen Gründen nicht der Meister von<br />

geht zu weit. Wahrscheinlicher ist, daß Schnerring durch die<br />

Hungersnot im 1. Weltkrieg angeregt wurde, sich mit einer<br />

historischen Hungerzeit zu befassen. Es stimmt auch nicht,<br />

daß Schnerring den Wucher der Juden als Ursache der<br />

Hungersnot bezeichnete. Er behauptet lediglich (fälschlich),<br />

die Juden hätten sich an der Not bereichert. Auch dürfte der<br />

Ausdruck »Jahrhundertfälschung« für das Schnerring'sche<br />

Elaborat etwas zu hoch gegriffen sein. Ps. In Heft 1 - <strong>1989</strong> der<br />

»Blätter des Schwäbischen Albvereins« bringt Randecker<br />

einen Aufsatz: Die »handschriftlichen Aufzeichnungen eines<br />

Aelblers über die Teuerungs- und Hungerjahre 1816/17« -<br />

eine Jahrhundertfälschung. Er zeigt mehrere Faksimile-Beispiele,<br />

welche den Charakter der Fälschung deutlich erkennen<br />

lassen.<br />

Signatur der Benediktustafel in der Staatsgalerie Stuttgart: 1524 jerg<br />

z. (nach Pöllmann)<br />

Meßkirch sein konnte. Er war in der fraglichen Zeit körperlich<br />

schon so behindert, daß er nicht einmal gehen konnte.<br />

Trotzdem stürmte man begeistert in diese Sackgasse. Am<br />

»Strübhaus« in Veringenstadt kann man selbiges heute noch<br />

nachlesen. Pfarrer Kohler aus Veringenstadt glaubte sogar,<br />

das Strübhaus auf dem Meßkircher Dreikönigsbild zu erkennen,<br />

und forderte die Stadt Meßkirch auf, dem Peter Strüb ein<br />

Denkmal zu errichten. Zum Glück waren die Meßkircher<br />

vorsichtig. Aber auch in Museen wird Peter Strüb noch als<br />

Meister von Meßkirch angeboten.<br />

Jerg Ziegler heißt er.<br />

Unter diesem Titel erschien am 4. Januar <strong>1989</strong> in der »Stuttgarter<br />

Zeitung« ein Aufsatz von Wolfgang Urban, u.a.<br />

Kunstbeauftragter der Diözese Rottenburg. Urban ist mit<br />

9


detektivischer Kleinarbeit vorgegangen und hat erneut die<br />

Angaben von Pöllmann und Hecht überprüft. Urban zitierte<br />

Goethe, das schwerste sei, zu erkennen, was vor den Augen<br />

liege. Nicht nur, daß er Pöllmanns Angaben bestätigen<br />

kohnte, er fand auch auf anderen Bildern, die dem Meister<br />

t?0\<br />

*<br />

Signatur einer verschollenen Drei-Königs-Tafel aus Hechingen (nach<br />

Hecht).<br />

von Meßkirch zugeschrieben werden, die gleichen Signaturen.<br />

Bemerkenswert ist der Thalheimer Altar im Landesmuseum<br />

Stuttgart, der erst spät dem Meister von Meßkirch<br />

zugeschrieben wurde (Ingenhoff u.a.). Hier fand Urban auf<br />

einem Stein die Signatur »jerg«. Der mittlere der Hl. Drei<br />

Könige blickt den Beschauer an; an den äußeren Enden seines<br />

Mützenbandes findet man die Zeichen I und 3 für JZ. Kein<br />

Zweifel, hier hat sich Jerg Ziegler selbst dargestellt. Wir<br />

wissen nun nicht nur, wer der Meister von Meßkirch war, wir<br />

wissen auch, wie er aussah.<br />

Alle Probleme sind noch nicht gelöst.<br />

Bisher wurde angenommen, daß der Meister von Meßkirch<br />

WOLFGANG HERMANN<br />

nach 1540 gestorben sei, weil sein Werk plötzlich abbreche.<br />

Dabei wurde nie bedacht, daß nach 1535 in Württemberg und<br />

vielen Städten und Herrschaften die Reformation eingeführt<br />

wurde. Ein Bildersturm brach los, in dem unzählige Bilder<br />

und Plastiken vernichtet wurden. Nach Urban hat Ziegler<br />

z. B. 440 Pflanzenaquarelle für den Tübinger Professor Leonhart<br />

Fuchs geschaffen. Hecht glaubte, daß Ziegler Hofmaler<br />

in Hechingen war. Es scheint also durchaus eine zweite<br />

Schaffensperiode des Meisters von Meßkirch gegeben zu<br />

haben. Zitat Urban: »Schwierigkeiten bereitet es noch, das<br />

Leben Jörg Zieglers genealogisch zu erfassen. Aber daß er der<br />

Meister von Meßkirch ist, läßt sich durch die Fülle von<br />

Belegen nachweisen.« B.<br />

Das Wasserschloß der Herren von Neuneck -<br />

die Wiederherstellung seines äußeren Bildes und seine künftige Aufgabe<br />

Im Juni 1984 hatte der Verfasser an dieser Stelle gefragt:<br />

»Rettet Sulz sein Wasserschloß?« Heute, etwa zum Erscheinen<br />

dieser Nummer der »Hohenzollerischen Heimat«, darf<br />

man sagen, daß die Renovation des Schloßäußeren abgeschlossen<br />

ist. Noch im Februar 1985 war es allen Betrachtern<br />

nicht klar, ob die Renovierung der Innenräume im laufenden<br />

Jahrzehnt möglich würde, da keine Geldgeber in Sicht waren.<br />

Mit der Errichtung eines Museums, das von den Kreisen<br />

Rottweil und Freudenstadt getragen wird, könnte dem<br />

Schloß jetzt eine neue Bedeutung zugewiesen werden.<br />

Die Außenrenovierung wurde in der Hauptsache vom Land<br />

mit ca. 2,2 Mio DM finanziell getragen. Bezüglich der<br />

Wiederherstellung der Innenräume war man sich noch 1984<br />

im Gemeinderat von Sulz weder im klaren darüber, woher die<br />

Stadt die Geldmittel nehmen sollte; auch wußten die Räte<br />

nicht, welchem Nutzungskonzept man zuneigen sollte. Erst<br />

10<br />

Selbstporträt des Jörg Ziegler auf dem Talheimer Altar (Württ. Landesmuseum<br />

Stuttgart)<br />

dann, als das regionale Bauernmuseum von Horb nach Glatt<br />

verlegt wurde, gab es auch neue Hoffnung für das Hauptgebäude.<br />

Was im Sommer 1983 noch in der Planung war, oder gar sehr<br />

in Frage stand 1 , ist jetzt verwirklicht. Die Erneuerungsarbeiten<br />

erforderten ihre Zeit; »unter Volldampf« wurde kaum<br />

gearbeitet. Zwischen 1984 und 1987 geschah dies: An der<br />

Südseite wurde die frühere Balustrade wiedererrichtet und<br />

die vermauerten Türen geöffnet, welche vom ehemaligen<br />

Rittersaal auf diese hinausführten. Die Balustrade ist über<br />

dem Gewölbe der Schloßkapelle errichtet. An derselben<br />

Front wurde der Putz erneuert, am Südwestturm eine Wappennische,<br />

ein Schießschlitz und Bemalungen um dieselben<br />

freigelegt und renoviert. Die Westfassade brachte wenig<br />

Probleme, da es bei diesen Arbeiten nur um die Wiederherstellung<br />

des Putzes ging.


Wasserschloß Glatt, Zustand Juli 1988. Foto P.T.Müller<br />

Innerhalb dieser genannten Jahre wurde der nördliche Torturm<br />

gesichert und der senkrecht verlaufende Riß im Mauerwerk<br />

beseitigt. Sein Dach wurde gerichtet, sein Verputz<br />

erneuert und in weißer Farbe gehalten. Die Ausbauchungen<br />

der steinernen Brücke über den Graben wurden aufgefangen.<br />

Ebenso machte man den Wehrgang zur inneren Hofseite hin<br />

als Fachwerkkonstruktion wieder sichtbar und deckte sein<br />

Dach frisch ein. Vier neu aufgerichtete Schornsteine mit<br />

gekröpftem Abschluß unterhalb der Kaminhauben erheben<br />

sich nun über dem Westflügel 2 .<br />

Im September 1988 machte man im Innenhof diese Entdekkungen:<br />

Es hatte zwei Nischen in der Wehrmauer gegeben,<br />

die sich hinter den zugehörigen Schießschlitzen befanden.<br />

Zwischen ihnen ist der Trogbrunnen des Innenhofes in die<br />

Wand des Wehrbaues eingefügt. Die Nischen waren zuge-<br />

mauert. Ihr Platz wurde am neu aufgebrachten Verputz<br />

angedeutet. Rechts vom Brunnen, in der zugemauerten<br />

Nische, fand sich ein mächtiger Baustein, etwa 0,90 x 0,35 m<br />

stark. In ihn ist die Jahreszahl 1547 eingehauen und der Stein<br />

trägt noch Spuren einer Abbildung des kaiserlichen Kammerherrenschlüssels.<br />

Die Vermutung darf geäußert werden, daß<br />

der Fundort des Bausteins, der einem Eckstein gleicht, nicht<br />

der ursprüngliche Verwendungsort gewesen ist.<br />

Überraschender war die Aufdeckung einer zugemauerten<br />

großen Nische über dem Portal der Kapelle. Diese war hinter<br />

der Stelle, an der man heute das große Wappen jener Eigentümer<br />

des Schlosses vorfindet, die den Herren von Neuneck<br />

folgten: Die beiden größeren Mittelwappen, Landsee und<br />

Trassberg, sind von 8 kleineren Wappen umgeben: Schilling<br />

von Cannstadt, von Rollin, Kayser, Herbst von Herbstburg,<br />

11


von Furtenbach, Papus von Trassberg, Freiherr von Landsee<br />

und Reinhold von BabenwoP. Leider läßt sich heute ohne<br />

Aktenkenntnis nicht sagen, zu welchen Demonstrationszwecken<br />

diese Nische seinerzeit eingefügt worden war.<br />

Wappen wiesen den Eigentümer aus<br />

Im Dezember 1984 wurde von einer Wappentafel berichtet' 1 ,<br />

die in der Mauer des Südostturmes gefunden wurde. Diese<br />

zeigte das Wappen derer von Hohenrechberg und bezog sich<br />

auf Magdalena von Rechberg (zweites bis letztes Drittel des<br />

16.Jahrhunderts). Der Verfasser stellte damals die Frage,<br />

warum die Tafel ohne das neuneckische Wappen gemalt war.<br />

Die Antwort gab eine aufgefundene Nische der gleichen<br />

Größe im Südwestturm. Leider fand man sie leer. Von Seiten<br />

des Architekten, Herrn Anton Beuter, wurde angenommen,<br />

daß sich an dieser Stelle das neuneckische Wappen befunden<br />

hatte. Dieses hat auf rotem Grund einen goldenen Querbalken<br />

in der Schildmitte und darüber einen Stern in Silber 5 .<br />

Eine der zahlreichen Wappenvorlagen wurde dazu verwendet,<br />

um eine Nachbildung in dieser Nische anzubringen. Es<br />

muß bemerkt werden, daß die Malereien, auf dem Putz<br />

befindlich und die Tafel umgebend, in keiner Weise auf die<br />

analogen Malereien am Südostturm abgestimmt sind. Man<br />

darf jedoch annehmen, daß zuerst die Tafeln für Hans<br />

Heinrich von Neuneck (1530-1577, fl578) und seine Frau<br />

Magdalena von Rechberg (+1614) geschaffen wurden und<br />

dann, in unterschiedlich später Zeit oder durch verschiedene<br />

Meister, die Secco-Bilder angebracht worden sind.<br />

Am nördlicherseits gelegenen Torturm wurde an seiner<br />

Frontseite eine Nische von ungefähr 150 X 100 cm Abmessung<br />

aufgefunden. Auch sie war leer. Angebracht war eine<br />

Tafel zwischen einem darüberliegenden Fenster und dem<br />

später hinzugefügten steinernen Wappenrelief des Fürstenhauses<br />

von Hohenzollern-Sigmaringen. Was die Tafel als<br />

Bildwerk trug, wissen wir nicht. Vielleicht stammte sie aus<br />

der Zeit vor dem Kloster Muri (ab 1706) und trug ein<br />

Heiligenbildnis oder auch adelige Wappen. Im Zuge der<br />

Renovierung wurde eine neue Wappentafel geschaffen, welche<br />

die Reihe der Schloßeigentümer repräsentieren soll. Es<br />

handelt sich um sechs Wappen: zwei Orts- und vier herrschaftliche<br />

Wappen. Sie sind nach diesem Schema angebracht:<br />

Adelswappen<br />

Hohenz.-Sigmaringen<br />

Adels wappen 6<br />

Neuneck<br />

Ortswappen<br />

Glatt<br />

Adelswappen<br />

Landsee<br />

Ortswappen<br />

Sulz<br />

Herrschaftswappen<br />

Kloster Muri<br />

Wappen dienten u. a. als Hauszeichen. Es ist möglich, daß<br />

Franz von Landsee nach der Übernahme der Herrschaft Glatt<br />

(1680) die Wappentafeln am Südost- und Südwestturm entfernen<br />

bzw. zumauern ließ. Dieser hatte im Anschluß an ein<br />

Verfahren vor dem Lehengericht die Herrschaft Glatt zugesprochen<br />

erhalten. Das Geschlecht der Familie von Neuneck<br />

war in ihrem Mannesstamm 1671 erloschen. In diesem Sinne<br />

ist denkbar, daß der Fürst von Hohenzollern-Sigmaringen<br />

um 1806 eine eventuell vorhandene Wappentafel aus dem<br />

Torturm herausnehmen ließ, um mit dem eigenen steinernen<br />

Wappenrelief - zwei Hunde halten den Wappenschild - sein<br />

Eigentumsrecht zu dokumentieren.<br />

Bildhafte Humoresken und vielfältiges Rankenwerk<br />

Die wesentlichste Zeit der Jahre 1987/88 galt der Wiedersichtbarmachung<br />

früherer Wandbemalungen. Sie stammen<br />

nach Aussage der Restauratoren aus der Zeit der Renaissance.<br />

Zwei stilistisch völlig verschiedene Ausschmückungen, die<br />

12<br />

Fensterdekoration am Turm, Wasserschloß Glatt. Foto W. Hermann<br />

sog. Weiß- und Rotmalerei, befinden sich an den Außenwänden.<br />

Die weiße und zugleich jüngere stammt vom Ende des<br />

17.Jahrhunderts. Allein sie war am obersten Stockwerk<br />

auffindbar, an den beiden unteren Geschossen jedoch beide<br />

Arten der Bemalung. Die weiße Bemalung sei ungefähr 80<br />

Jahre nach der roten Bemalung aufgetragen worden 7 . Diese<br />

Weißmalerei besteht aus bandartigen Ornamenten, die die<br />

Fenster umrahmen. In diesem Beitrag soll die Rotbemalung<br />

der Nordtürme im Vordergrund stehen. Das teils humoristische,<br />

teils skurrile Bildprogramm 8 am nordöstlichen Rundturm<br />

umgibt acht Fenster. Diese sind in zwei Ebenen angeordnet;<br />

um je vier Fenster im Unter- und 1. Obergeschoß.<br />

Anmerkungen<br />

1<br />

Wolf gang Hermann, Rettet Sulz sein Wasserschloß, HH 1984,<br />

S. 20, S. 54.<br />

2<br />

Unter »kröpfen« versteht man in der Baukunst: ein Gesims oder<br />

ein Gebälk um ein vorstehendes Architekturglied (Wandpfeiler,<br />

Wandsäule, Pilaster usw.) herumführen. - Meyers Enzyklop.<br />

Lexikon, Band 14, S.396.<br />

3<br />

Kunstdenkmäler Hohenzollerns, 1896, S.82<br />

4<br />

Wolfgang Hermann, Das Wasserschloß Glatt, HH 1984, S.56<br />

5<br />

Kinder von Knobloch, Oberbad. Geschlechterbuch Bd. 3,<br />

S. 234-235<br />

6<br />

Das Wappen der Herren von Neuneck erhielt auf der Wappentafel<br />

des Torturms einen Stern in goldener Farbe; die neue Wappentafel<br />

in der Nische des runden Südwestturms zeigt ebenfalls einen<br />

goldenen Stern.<br />

7<br />

Bericht in der Südwestpresse: Fantasiefiguren unter Putz, vom<br />

21. 7. 1988, Redaktion Sulzer Chronik.<br />

8<br />

Dieses Bildprogramm wie die übrigen Wandmalereien an der<br />

Ostfassade, wurde nicht wie im Dezember 1984 vom Verfasser<br />

angegeben, der wissenschaftlichen Untersuchung zugeführt.<br />

Schluß folgt!


WALTER KEMPE<br />

Unterweilerund seine Kapelle<br />

1. Der Ort<br />

Unterweiler ist ein kleiner Ort, der zwischen Ostrach und<br />

Königseggwald am Seebach liegt. Mit Laubbach und Oberweiler<br />

gehört er seit der Kreisreform 1973/74 zur Gesamt-<br />

Gemeinde Ostrach.<br />

Die 29 Teilorte bzw. Wohnbezirke Ostrachs stammen aus<br />

verschiedenen Territorien und Verwaltungsbezirken. Die<br />

einen waren badisch, die anderen hohenzollerisch oder württembergisch.<br />

Wenn man sich die letzten 800 Jahre der wechselhaften<br />

Geschichte vor Augen führt, gehörten sie schon einmal<br />

früher, nämlich in der Zeit der Herrschaft des Klosters Salem,<br />

größtenteils zusammen und hatten gleiche Nöte und Sorgen.<br />

Oft vergessen wir bei dem Geschehen der Gegenwart, daß<br />

wir selbst mit der Kette vergangener Generationen verbunden<br />

sind. Trotz allem Wandel der Zeiten, waren unsere<br />

Vorfahren in ihrem Fühlen, Denken und Handeln uns ähnlich<br />

und standen genauso in einer Wechselbeziehung zu<br />

unserer Landschaft.<br />

Manches läßt sich nur bei Kenntnis des Vergangenen erklären.<br />

Dies zeigt sich auch bei der Betrachtung des Schicksals<br />

Unterweilers, so wie Urkunden und Akten es uns erzählen.<br />

2. Die Kapelle<br />

Mitten im Ort steht eine kleine Kapelle, wie auch in Wangen<br />

oder Jettkofen. Sie wurde jetzt zum Anlaß, sich näher mit den<br />

geschichtlichen Zusammenhängen zu befassen. Bei den<br />

Gesprächen über Renovierungsarbeiten wurde festgestellt,<br />

daß weder das Alter, noch der Anlaß ihrer Errichtung, noch<br />

die Besitzverhältnisse genauer bekannt sind. Klar war bis<br />

jetzt, daß sie auf einem Gemeindegrundstück steht und die<br />

Gesamt-Gemeinde Ostrach verpflichtet ist, sie baulich zu<br />

unterhalten.<br />

Unsicherheiten bestehen, welchem Patron sie zuzuordnen<br />

ist. Zum Bewußtsein kam wieder, daß die 87 Einwohner<br />

kirchlich heute noch zu den drei verschiedenen kath. Pfarreien<br />

Hoßkirch, Königseggwald, Ostrach und den zwei<br />

Diözesen Freiburg und Rottenburg gehören.<br />

Die Antwort auf die Frage nach dem »Warum« sollen die<br />

folgenden Ausführungen, soweit möglich, geben.<br />

I. ZUR GESCHICHTE DES ORTES<br />

Auf der Suche nach den urkundlichen Spuren des Ortes<br />

Unterweiler gab es zunächst eine Schwierigkeit, die mit dem<br />

Namen zusammenhängt.<br />

1. Der Name Unterweiler<br />

Der heute noch für die Siedlungsform von mehreren Höfen<br />

verwendete Begriff Weiler, wurde zu einem Ortsnamen, der<br />

nicht nur bei uns vorkommt, sondern auch in anderen<br />

Gegenden. Das Wort stammt aus der Merowingerzeit. Es<br />

wurde erst im 7. Jahrhundert zur Ortsnamenbildung herangezogen<br />

1 .<br />

In den alten Urkunden ist die Schreibweise unterschiedlich,<br />

teils deutsch, teils lateinisch, z.B. Wiler, villare.<br />

Zusammengesetzte Formen des Namens, wie Tagebrehtswilaer<br />

= Davidschweiler = Tafertsweiler (z.B. 1246) 2 oder<br />

Burcwiler = Burgweiler (z.B. Mai 1279) 3 waren schon früh<br />

zu festen Begriffen geworden. Sie erleichtern die Lagebestim-<br />

mung und die Zuordnung von in Urkunden genannten<br />

Sachverhalten. Es sind jedoch manchmal auch hier noch<br />

neben dem Namen weitere Kriterien erforderlich, um eine<br />

sichere Identifizierung vornehmen zu können.<br />

Auch die Nennung von Ober- und Unterweiler in Verbindung<br />

mit anderen Nachbarorten hilft oft weiter. In den<br />

Anfängen wurde Unterweiler auch als Nidrenwillare (Niederweiler)<br />

bezeichnet, das jedoch von dem jüngeren Ort<br />

Niederweiler bei Wilhelmsdorf zu unterscheiden ist.<br />

Eindeutiger wird ferner die Zuordnung bei Erläuterungen<br />

wie Weiler bei Hoßkirch (Wiler prope Huskilch, 1278) 4 .<br />

Bei Zeugen oder Vertragspartnern einer Beurkundung wurde<br />

oft der Wohn- und Geburtsort zugefügt. Hier finden wir z. B.<br />

Friedrich, Schmied (fabro) von Weiler, der sowohl in Zusammenhang<br />

mit Unterweiler 1265 5 , als auch 1279 mit Burgweiler<br />

genannt wurde 6 , Heinrich von Weiler 1279 6 und Mantz<br />

von Weiler 1334 7 .<br />

Eine sichere Zuordnung ist bei Personennamen in dieser Zeit<br />

schwierig. Zumindest dürfte der Schmied Burgweiler zugehörig<br />

sein.<br />

2. Die verschiedenartigen Besitzverhältnisse<br />

Die Vielschichtigkeit der Besitz- und Rechtsverhältnisse der<br />

früheren Jahrhunderte erschwert uns heute oft das Verständnis<br />

für und den Überblick über die verschiedenen Besitzübertragungen,<br />

die in den Dokumenten festgelegt sind.<br />

Da erscheint beispielsweise der Grundherr als Eigentümer<br />

des Grund und Bodens. Er konnte in der Rechtsform der<br />

Leihe (Lehen) oder Pacht seine Höfe an andere Personen<br />

geben. Sie hatten dann nur ein Nutzungsrecht und ein stark<br />

eingeschränktes Verfügungsrecht über Hof und Land.<br />

Die Rechte, Steuern und andere Abgaben einzuziehen (z.B.<br />

Bede, Zehntrecht) und andere Verwaltungsbefugnisse in<br />

einem bestimmten Bezirk, konnten wieder von dem Grundherren<br />

oder einem Dritten wahrgenommen werden.<br />

Die hohe Gerichtsbarkeit, d.h. die Entscheidung über Leben<br />

und Tod, war dem Landesherren vorbehalten. Er war oft mit<br />

dem Grundherren identisch.<br />

Die niedere Gerichtsbarkeit, das Dorfgericht, konnte wieder<br />

in anderen Händen liegen.<br />

Das Patronatsrecht über eine Pfarrei, mit dem Vorschlagsrecht<br />

bei Einsetzung von Geistlichen, wurde oft gesondert<br />

ausgeübt. Es war auch mit der Verpflichtung zur baulichen<br />

Unterhaltung der Kirche verbunden.<br />

3. Die Weifen und das Kloster Weingarten als Besitzer<br />

Unterweilers<br />

Die Geschichte Unterweilers ist mit der des einflußreichen<br />

Geschlechts der Weifen und des Klosters Weingarten verknüpft.<br />

Stammschloß und Burg der Weifen lagen nach Vanotti auf<br />

dem Martinsberg bei Altdorf. Sie selbst nannten sich Grafen<br />

von Altdorf. Nachdem Herzog Weif III. sein Schloß und<br />

seine Burg im Jahre 1055 dem Kloster Altomünster zur<br />

Umwandlung in ein Kloster überlassen hatte, verließen die<br />

Grafen den Flecken Altdorf und zogen in die alte Veitsburg<br />

bei Ravensburg. Diesem Umstand verdankte die Stadt<br />

Ravensburg ihren Ursprung, die Vergrößerung und nachmalige<br />

Bedeutung.<br />

13


Das Benediktinerkloster auf dem Martinsberg erhielt dann<br />

seinen Namen von den Weingärten, welche den Hügel<br />

schmückten »das Kloster in den Weingärten bei Altdorf«.<br />

Später nahm auch der Flecken Altdorf den Namen »Weingarten«<br />

mit an.<br />

Während Kloster Weingarten aus dem Erbe Herzog<br />

WelfsIII. mit 22 Bauerngütern in der Umgebung bedacht<br />

wurde, soll um 1090 sein Neffe Weif IV. dem Kloster weitere<br />

Ländereien aus dem Familienbesitz geschenkt haben. Bei<br />

diesen Übertragungen blieb es nicht. Von allen Seiten erhielt<br />

Weingarten um diese Zeit Mehrungen an größeren und<br />

kleineren Stiftungen und Gütern.<br />

Der nächste Weifenherzog, WelfV., überließ aus dem verbliebenen<br />

Vermögen kurz vor seinem Tode, am 11. Juni 1190,<br />

dem Kloster u. a. noch die Dörfer Hoßkirch, Bergatreute und<br />

Weiler 8 .<br />

Der Besitz im Dorf Hoßkirch, das Kirchenpatronat und seine<br />

Liegenschaften in Weiler bei (prope) Hoßkirch, werden mit<br />

anderen Orten in einer späteren Papst-Urkunde in Zusammenhang<br />

mit dem Schutz und den Rechten des Klosters<br />

Weingarten aufgeführt 9 .<br />

Die dortige Kirche (Pfarrei) selbst, soll schon von den Stiftern<br />

dem Kloster bzw. der Abtei Weingarten übergeben worden<br />

sein 10 .<br />

So dürfte »Weiler bei Hoßkirch« mit dem 1198 genannten<br />

Ober- und Unterweiler 11 identisch sein, das jetzt zur<br />

Gesamt-Gemeinde Ostrach gehört.<br />

In Unterweiler hat heute noch die Gemeinde Hoßkirch<br />

Grundbesitz.<br />

4. Kloster Salems Besitz in Unterweiler<br />

Nicht nur Kloster Weingarten hatte Besitz in Weiler, sondern<br />

auch das Zisterzienserkloster Salem.<br />

1198 hören wir aus Rom, daß Papst Innocenz III. den Domkustos<br />

von Konstanz und den Propst von Marchtal beauftragte,<br />

gegen jene Kirchenstrafen zu verhängen, die u.a. die<br />

14<br />

Besitzungen Salems - hier Obren- und Nidrenwillare (Unterweiler)<br />

genannt - geschädigt hatten 12 .<br />

Im Jahr 1250 bestätigte dann Papst Innocenz IV. das Grundeigentum,<br />

die Rechte und die Privilegien des Klosters Salem.<br />

Hierbei erfahren wir, wo in unserer Nachbarschaft salemische<br />

Besitzungen lagen, u.a. in Ertingen, Bachhaupten,<br />

Eschendorf, Tafertsweiler, Ober- und Unterweiler 13 .<br />

15 Jahre danach hat Salem einen Teil der Güter in Unterweiler<br />

gegen Liegenschaften in Spöck eingetauscht. Sie gehörten<br />

dem uns aus Ostrach bekannten Konrad von Gundelfingen.<br />

Er war auch damals Herr in Burgweiler und hatte diese Güter<br />

Albert von Eberhardsweiler und Frau zum Lehen gegeben.<br />

Als Zeugen waren u.a. dabei: Heinrich von Ochsenbach und<br />

Friedrich, der Schmied von Weiler 14 .<br />

5. Wie Unterweiler mit den Herren von Königsegg in Verbindung<br />

kam<br />

Die getrennte Vergabe von Rechten ohne Wechsel der<br />

Grundherrschaft, wird uns 1286 vor Augen geführt. In dem<br />

Jahre übertrug (verpfändete) König Rudolf von Habsburg die<br />

Vogtei-Rechte (Schirmherrschaft) der Orte Hoßkirch und<br />

Ober- und Unterweiler an seinen Getreuen, Ulrich von<br />

Königsegg. Kloster Weingarten war und blieb Grundherr 15 .<br />

Ulrich von Königsegg übte damit die Gerichtsbarkeit aus und<br />

konnte hierüber Einfluß auf die Bewohner der Orte nehmen.<br />

Rund 240 Jahre später, 1527, erhielten die Herren von<br />

Königsegg Hoßkirch nebst Ober- und Unterweiler von<br />

Kloster Weingarten als pfandschaftlichen Besitz, dann 1535<br />

- mit Ausnahme des Patronats- und Zehntrechtes - als<br />

Eigentum 16 .<br />

Um diese Zeit bildete die Herrschaft Königsegg das Amt<br />

»Wald« und ernannte einen Oberamtmann mit Sitz in Unterweiler.<br />

Zwischen 1554 und 1565 war Oberamtmann Sebastian<br />

Bosch tätig. Er siegelte auch Urkunden, die Salem betrafen<br />

Bosch wohnte vermutlich auf dem Hof mit der ehemaligen


Haus-Nummer3. Der Familienname Bosch war noch 1811<br />

und später in Unterweiler vertreten 18 .<br />

Das sogenannte Hochgericht - mit der Entscheidung über<br />

Leben und Tod - war für verschiedene Teile der Herrschaft<br />

Königsegg, u. a. für einige Felder von Ober- und Unterweiler,<br />

noch in Händen des Reichstruchsessen von Friedberg-<br />

Scheer. Er verzichtete dann 1746, nach längerem Streit, zu<br />

Gunsten von Königsegg-Aulendorf 19 . Wie uns im Urbar der<br />

Pfarrei Ostrach aus dem Jahre 1593 berichtet wird, war<br />

Unterweiler selbst dem Nieder- und Hochgericht der Herren<br />

von Königsegg-Aulendorf unterstellt 20 .<br />

Auf der beigefügten Karte von 1703 sind die Grenzen des<br />

»Hohen Obrigkeits-Bezirks« eingezeichnet. Der Kommentar<br />

auf der rechten Seite des Bildes beschreibt die Grenzen des<br />

Bezirks im Jahre 1584.<br />

6. Die großen politischen Veränderungen in unserer Gegend<br />

nach 1806<br />

Revolutionen und Kriege gingen der napoleonischen »Flurbereinigung«<br />

zwischen 1803 und 1806 voraus. Sie brachte bei<br />

uns einschneidende politische Veränderungen. Mit der Auflösung<br />

der Klöster, wie Salem und Weingarten und der<br />

Aufteilung ihres Besitzes, sowie der Abtretung großer Teile<br />

Vorderösterreichs, kamen neue Herren.<br />

Das salemische Oberamt Ostrach wurde zunächst Besitz des<br />

Fürsten von Thum und Taxis. Es wurde dann der Landeshoheit<br />

des Fürsten von Hohenzollern-Sigmaringen unterstellt.<br />

Saulgau, Hoßkirch, Königseggwald, Laubbach, Ober- und<br />

Unterweiler und Jettkofen wurden dagegen dem Königreich<br />

Württemberg zugeschlagen.<br />

Nach Beendigung der Umorganisation lautete die amtliche<br />

Bezeichnung für Unterweiler: Donaukreis (Ulm), Königliches<br />

Oberamtsgericht Saulgau, Königliches Bezirksamt<br />

Aulendorf, Gemeinde Laupbach, Parzelle Unterweiler 21 .<br />

1811 zählte man in Unterweiler 14 Höfe, die folgende<br />

Familien bewirtschafteten: Sauter, Neil, Irmler, Gebhardt,<br />

Kohler. Scholter, Schmid, Bumüller, Bosch, Nassal, Lang,<br />

Buchbesprechung<br />

Karl Werner Steim:<br />

Die Synagoge in Haigerloch. Haigerloch 1988<br />

Schon mehrfach hat Karl Werner Steim von der Geschichte<br />

und dem Alltag der Juden in Haigerloch berichtet, hat<br />

Eindrücke und Ansichten vom »Haag«, dem erst Ende des<br />

18.Jahrhunderts entstandenen Dorfghetto, geliefert. Deutlich<br />

getrennt von der christlichen Haigerlocher Bürgerschaft<br />

und um die Synagoge als augenfälligem Mittelpunkt zentriert,<br />

behielt das Judenviertel im »Haag«, auch nachdem aus nur<br />

geduldeten, auf fürstliche Privilegien angewiesenen »Schutzjuden«<br />

endlich spät im 19. Jahrhundert gleichberechtigte<br />

Staatsbürger geworden waren, seinen eigenen, durch jüdische<br />

Kultur und Tradition geprägten Charakter. Gerade deshalb<br />

wurde auch der »Haag« in der Nacht zum 10. November<br />

1938, der sogenannten »Reichskristallnach«, zum Ziel eines<br />

aus Sulz herangeschafften SA-Trupps, der hier, wie es auch<br />

gleichzeitig überall in Deutschland geschah, durch seinen<br />

unbehinderten Vandalismus deutlich machte, daß die Natio-<br />

Gruber, Sedelmayer, Haller. Die ersten 5 Höfe gehörten »seit<br />

mehr als 500 Jahren« zur Pfarrei Ostrach 22 .<br />

Nach der alten Beschreibung der Pfarrei Ostrach von 1593,<br />

lebten hier um 1590: Hans Nefenburg, Hans Bosch, Balthus<br />

Binder, Peter Knäbler und Martin Stokher. Zwei Höfe waren<br />

damals Soldgüter 23 (siehe auch Anlagen 1 und 2)<br />

Anmerkungen<br />

1<br />

Bach, Adolf: Deutsche Namenskunde, Deutsche Ortsnamen 2,<br />

S. 361, § 604.<br />

2<br />

CDS, Bd. I, S. 267.<br />

5<br />

CDS, Bd. II, S. 217.<br />

4<br />

Wü UB VIII, S. 123.<br />

5<br />

CDS, Bd. I, S. 460.<br />

6<br />

CDS, Bd. II, S. 224.<br />

7<br />

CDS, Bd. III, S. 266.<br />

8<br />

Vanotti, J. N.: Beiträge zur Geschichte der Orden in der Diözese<br />

Rottenburg, FDA18, S. 292 ff.<br />

9 Wie Anm. 4.<br />

10 Memminger: Beschreibung des Oberamtes Saulgau, Cotta, Stutt-<br />

gart und Tübingen. 1829, S. 226.<br />

11<br />

CDS, Bd. I, S. 89.<br />

12<br />

Wie Anm. 11.<br />

15<br />

CDS, Bd. I, S. 290/291.<br />

14<br />

Wie Anm. 5.<br />

15<br />

Wü UB IX, S. 92.<br />

16<br />

Wie Anm. 10.<br />

17<br />

StA Sigmaringen, Dep.30, Kloster Salem, OA Ostrach, Urkunden,<br />

Repert. Schwarzmaier, Ho 158, Kloster Salem, Herrschaft<br />

Ostrach, Urkunden, Repert. Herberhold<br />

18<br />

Kath. Pfarrarchiv Ostrach, Zehntablösung (Hohenzollerische<br />

Lande), Beschreibung der kath. Filialen Jettkofen, Laubbach und<br />

Unterweiler, welche zu Ostrach eingepfarrt sind und im<br />

Königreich Württemberg liegen, samt einer Beilage vom 7.1.1811.<br />

19<br />

StA Sigmaringen, Dep.30, Urkunden-Repertorium über das<br />

Friedberg-Scheersche Archiv, 1786, Bd. 1, S. 280, Nr. 11.<br />

20<br />

Kath. Pfarrarchiv, Urbar des Pfarrers Georg Weiß von 1593.<br />

21<br />

Gemeindearchiv Ostrach, Abt. Laubbach »Concept des Güterund<br />

Servitutenbuchs«, Laubbach-Unterweiler, angelegt 1840/47.<br />

22<br />

Wie Anm. 18.<br />

25 Wie Anm. 20.<br />

Schluß folgt!<br />

nalsozialisten in Zukunft ihre bislang, aus außen- und innenpolitischen<br />

Rücksichten diktierte, relative Zurückhaltung<br />

aufgeben würden und den nächsten Schritt von der sozialen<br />

Diskriminierung der Juden hin zu ihrer physischen Vernichtung<br />

zu tun entschlossen waren.<br />

Karl Werner Steim rekonstruierte für Haigerloch die Ereignisse<br />

in dieser Nacht. Von der schon damals für die meisten<br />

erkennbar allzu fadenscheinigen propagandistischen Darstellung<br />

von dem spontanen »Sühneakt des deutschen Volkes«<br />

für die Ermordung eines Botschaftsangehörigen in Paris<br />

durch einen polnischen Juden findet sich auch in Haigerloch<br />

keine Spur. Der Pogrom in Haigerloch, bei dem die<br />

Fensterscheiben der Häuser im »Haag« zu Bruch gingen, die<br />

Einrichtung der Synagoge verwüstet und der Rabbinatsverweser<br />

mißhandelt wurden, war eine organisierte Aktion, die<br />

15


Verlag: <strong>Hohenzollerischer</strong> <strong>Geschichtsverein</strong><br />

Karlstraße 3, 7480 Sigmaringen<br />

M 3828 F<br />

Postvertriebsstück. Gebühr bezahlt.<br />

deutlich - trotz des »Räuberzivils« der Gewalttäter - den<br />

Stempel der SA trug. Es wundert daher nicht, daß der vom<br />

jüdischen Kaufmann Reutlinger herbeigerufene Haigerlocher<br />

Gendarm sich schnell und ohne einzugreifen wieder davonmachte.<br />

Der sofort informierte Landrat glaubte, anscheinend<br />

in völliger Fehleinschätzung der Vorgänge, den Staatsanwalt<br />

informieren zu müssen.<br />

Freilich legten sich bald erste Irritationen der lokalen Verwaltung<br />

und Polizei - auch der Regierungspräsident war über die<br />

geplanten Aktionen nicht informiert -, wie man mit den<br />

tumultarischen Vorgängen umzugehen hatte, nachdem sie<br />

von der Gestapo mit der Verhaftung von fünfzehn Haigerlocherjuden<br />

beauftragt wurden, die man sofort ins KZ Dachau<br />

weiterleitete. Auch in Haigerloch wird deutlich, daß die<br />

vermeintliche Spontaneität der Ausschreitungen kalkuliert<br />

war und man in Berlin keineswegs daran dachte, sich das<br />

Gesetz des Handelns von der Straße diktieren zu lassen.<br />

Nicht nur, daß sofort alle sichtbaren Spuren der Verwüstung<br />

Register 1988<br />

beseitigt werden sollten; jetzt durfte und mußte die Polizei<br />

verstärkt zur Verhinderung weiterer Aktionen eingesetzt<br />

werden. Und wirklich verhinderte die Gendarmerie in Haigerloch<br />

eine nachträgliche Brandstiftung an der in der<br />

Pogromnacht zwar im Innern verwüsteten, jedoch nicht<br />

niedergebrannten Synagoge.<br />

Für viele Haigerlocher Juden war seit dem 10. November<br />

klar, daß in dieser Nacht mehr zu Bruch gegangen war als nur<br />

die Fensterscheiben im »Haag«. Viele, die bislang noch<br />

gezögert hatten, entschlossen sich jetzt zur Ausreise. Die<br />

Zurückbleibenden wurden 1941/42 deportiert und ermordet.<br />

Mit der Zerstörung des religiösen, kulturellen und gesellschaftlichen<br />

Mittelpunktes der Juden, der Synagoge, wurde<br />

auch in Haigerloch deutlich gemacht, daß es für die Levis,<br />

Behrs und Ulimanns das einst von Fürst Karl Friedrich<br />

zugestandene Heimatrecht im »Haag« nicht mehr gab. In<br />

dem Gebäude, das am 30. Mai 1783 feierlich als Synagoge<br />

eingeweiht wurde, ist bis heute nicht mehr gebetet worden.<br />

Klaus Peter Burkarth<br />

Allerlei Bei- oder Nebennamen S. 47 Hechingen: Sebastiansbruderschaft S. 18<br />

Archiv des Füsilierregiments S. 63 Heimatglocken S. 46<br />

Beuron: Augustinerchorherrenstift S. 57 Hirtenbrief und NS-Polizei S. 14<br />

Bilder: Johanna von Berselle S. 33 Hungerjahre 1816/1817 S. 54<br />

Hechingen: Hl. Sebastian S. 17 Hungerjahre 1816/1817in Gammertingen S. 55<br />

Orchester des Gymnasiums Hedingen S. 1 Kaufhold, Monsignore: Zum 80. Geburtstag S. 35<br />

Buchbesprechungen: Kettenacker: Tischlesrücker S. 2<br />

Das Große Buch der Schw. Alb S. 64 Kraus, Johann Adam: 60. Priesterjubiläum S. 15<br />

Felsen, Burgen, Rittersleut S. 48 Meister von Meßkirch: Frauenportrait S. 34<br />

Museen u. Galerien zw. Neckar u. Bodensee S. 16 Meister von Meßkirch: Portrait Eitelfriedrichs S. 61<br />

Oberschwaben S. 32 Medaille Christof Friedrichs Graf zu Zollern S. 23<br />

Romanik in Baden-Württemberg S. 15 v. Neuneck, Reinhard S. 9,24,64<br />

Vorgesch. Höhensiedlungen S. 15 Pommern: Fürstl. Hohenz. Besitzungen S. 49<br />

Burladingen: Käpfle S. 53 Ringingen: s'Hairles Luschtgaata S. 31<br />

Dettensee, fürstlicher Kameralhof S. 44 Sigmaringen: Depotfund der Bronzezeit S. 6<br />

Grynaeus, Simon: Münzbildnis S. 37 Sigmaringer Turnerbund 1848 S. 41<br />

Haigerlocher Ehrenbürger im 19. Jahrhundert S. 28 Trochtelfinger Heidegg-Burg S. 13,32<br />

Haigerloch: Judenpogrom 1938 S. 38 Verbote und Strafen in der »Guten alten Zeit« S. 56<br />

Hechingen: Fasnachtstanz in St. Luzen S. 19 Wiedendrehen S. 32<br />

Hechingen: Der Schultheis und seine Frau, die Hexe S. 34<br />

HOHENZOLLERISCHE HEIMAT<br />

hrsggbn. vom Hohenz. <strong>Geschichtsverein</strong>.<br />

Die Zeitschrift »Hohenzollerische Heimat«<br />

ist eine heimatkundliche Zeitschrift. Sie will<br />

besonders die Bevölkerung in Hohenzollern<br />

und der angrenzenden Landesteile mit der<br />

Geschichte ihrer Heimat vertraut machen. Sie<br />

bringt neben fachhistorischen auch populär<br />

gehaltene Beiträge.<br />

Bezugspreis: 8.00 DM jährlich.<br />

Konto der »Hohenzollerischen Heimat«:.<br />

803843 Hohenz. Landesbank Sigmaringen<br />

(BLZ 653510 50).<br />

Druck:<br />

M. Liehners Hofbuchdruckerei GmbH & Co.,<br />

7480 Sigmaringen, Karlstraße 10.<br />

16<br />

Die Autoren dieser Nummer:<br />

Dr. Otto H. Becker<br />

Hedingerstraße 17, 7480 Sigmaringen<br />

Dr. Herbert Burkarth<br />

Eichertstraße 6, 7487 Gammertingen<br />

Klaus Peter Burkarth<br />

Reutlinger Straße 7, 7487 Gammertingen<br />

Wolfgang Hermann<br />

Fischingerstraße 55, 7247 Sulz<br />

Walter Kempe, Apotheker<br />

Silcherstraße 11, 7965 Ostrach<br />

Dr. Wilfried Schöntag,<br />

Staatsarchivdirektor<br />

Karlstraße 3, 7480 Sigmaringen<br />

Schriftleitung:<br />

Dr. med. Herbert Burkarth,<br />

7487 Gammertingen Telefon 07574/4211<br />

Die mit Namen versehenen Artikel geben die<br />

persönliche Meinung der Verfasser wieder;<br />

diese zeichnen für den Inhalt der Beiträge<br />

verantwortlich. Mitteilungen der Schriftleitung<br />

sind als solche gekennzeichnet.<br />

Manuskripte und Besprechungsexemplare<br />

werden an die Adresse des Schriftleiters erbeten.<br />

Wir bitten unsere Leser, die »Hohenzollerische<br />

Heimat« weiter zu empfehlen.


Herausgegeben vom<br />

M 3828 F<br />

Hohenzollerischen <strong>Geschichtsverein</strong><br />

39. Jahrgang Nr. 2 / Juni <strong>1989</strong><br />

Pfarrer Johann Adam Kraus, Erzbischöflicher Archivar i.R., Nestor der Hohenzollerischen Geschichtsschreibung,<br />

am 18. März <strong>1989</strong>, seinem 85. Geburtstag, in Freiburg (Foto: H. Burkarth)<br />

EBERHARD GÖNNER<br />

Johann Adam Kraus 85 Jahre alt<br />

HOHENZOLLERISCHE<br />

HEIMAT<br />

Wer sich mit hohenzollerischer Geschichte befaßt, stößt in<br />

der Literatur auf Schritt und Tritt auf Veröffentlichungen von<br />

Pfarrer Johann Adam Kraus. Im Register der Bibliographie<br />

der Hohenzollerischen Geschichte (1974/75) hat kein anderer<br />

Autor eine längere Nummernliste aufzuweisen. Für die Jahre<br />

nach 1972 findet diese Liste eine Fortsetzung in den Bänden<br />

der Landesbibliographie Baden-Württemberg. Der Jubilar<br />

selbst hat für die Zeit von 1924 bis 1988 833 Artikel gezählt.


In seinem Gesamtwerk nehmen die ortsgeschichtlichen<br />

Abhandlungen, Miszellen, Mitteilungen und Hinweise den<br />

größten Raum ein. Es gibt wohl nur wenige Orte in Hohenzollern,<br />

zu deren Geschichte J.A. Kraus nichts beigetragen<br />

hat. Uber die Ortsgeschichte kam er zur Burgen- und Adelsgeschichte,<br />

zur Familien- und Namensgeschichte, zu rechtsgeschichtlichen<br />

Fragen und zur Volkskunde. Die zeitliche<br />

Spanne seiner Forschungen reicht von der Römerzeit bis ins<br />

20. Jahrhundert.<br />

Hinter der Lebensleistung von J.A. Kraus stecken ein schon<br />

früh erwachtes elementares historisches Interesse, eine große<br />

Neugier nach vergangenen Zuständen, Ereignissen und Personen<br />

und - nicht zuletzt - eine tiefe Heimatliebe. Die ersten<br />

heimatgeschichtlichen Forschungen des am 18. März 1904 in<br />

Ringingen/Hohenzollern Geborenen beginnen noch während<br />

seiner Gymnasial- und Konviktszeit in Sigmaringen.<br />

Kurz nach seiner Reifeprüfung im Jahre 1923 edierte er als<br />

Theologiestudent in den »Mitteilungen des Vereins für<br />

Geschichte und Altertumskunde in Hohenzollern« (1924) die<br />

Ringinger Gemeindeordnung vom Jahre 1530, das sogenannte<br />

»Fleckenbüchle«. Inzwischen war er dem hohenzollerischen<br />

<strong>Geschichtsverein</strong> beigetreten, in dem er zu einem<br />

besonders eifrigen Mitglied wurde.<br />

Die Forschungsgegenstände hängen bei Johann Adam Kraus<br />

zu einem großen Teil mit seiner Biographie zusammen.<br />

Seinem Heimatort, dessen Herrschaftsträgern, Kirchengeschichte,<br />

Familien, Häusern, Flurnamen, galten im Laufe der<br />

Jahrzehnte unzählige kleinere und größere Aufsätze, darunter<br />

die umfassende Darstellung in den Hohenzollerischen<br />

Jahresheften 1960-1962. Auch mit der Geschichte der<br />

benachbarten Orte Melchingen, Salmendingen, Stetten u. H.,<br />

Hörschwag und Trochtelfingen hat er sich wiederholt befaßt.<br />

Nachdem er im Jahre 1928 zum Priester geweiht und<br />

zunächst in drei badischen Pfarreien als Vikar eingesetzt<br />

worden war, nutzte er seine Vikarszeit in Burladingen von<br />

1931 bis 1936 zu heimatgeschichtlichen Forschungen über<br />

Orte und den Adel im Fehla- und im Killertal. Der Verfasser<br />

dieser Zeilen erinnert sich noch gut, wie bei ihm schon als<br />

Kind die Veröffentlichungen von J.A. Kraus über die Burgen<br />

in diesen beiden Tälern sein historisches Interesse weckten.<br />

Nach der Versetzung in die Pfarrei Bingen (1936) und dann<br />

als Pfarrverweser (1937) bzw. Pfarrer (1938-1941) in Dietershofen<br />

weitete der junge Geistliche sein Forschungsfeld<br />

auf die südlicheren Gemeinden Hohenzollerns aus. Die Nähe<br />

zu Sigmaringen ermöglichte ihm die Benutzung der hohenzollerischen<br />

Archive und damit den Zugang zu den wichtigsten<br />

Quellen der hohenzollerischen Geschichte.<br />

Seit 1942 im Erzbischöflichen Ordinariat Freiburg tätig,<br />

wurde Pfarrer Kraus 1943 zum Militärdienst als Sanitäter<br />

eingezogen und geriet 1944 in amerikanische Gefangenschaft.<br />

Im Jahre 1946 konnte er seinen Dienst in Freiburg wieder<br />

aufnehmen und verblieb dort als Registrator und als Erzbi-<br />

JOHANN ADAM KRAUS<br />

Zur Geschichte eines Hofes in Ringingen (Hs. Nr. 98/99)<br />

»Das Alte stürzt, es ändert sich die Zeit!« Nachdem im Jahre<br />

1938 unser Mitbürger J. Viesel im Gäßle anstelle seiner<br />

bisherigen Scheuer eine neue, geräumigere erstellt hat, der<br />

auch bald ein neues Wohnhaus (»Ghäusget«) folgt, reizt es<br />

uns, einen Blick auf die früheren Besitzer und Verhältnisse<br />

dieses Grundstücks zu werfen. Es handelt sich nämlich um<br />

eines der ältesten Häuser des Dorfes, um einen Lehenhof der<br />

Herrschaft, bei denen gewöhnlich, wie hier, Wohnhaus und<br />

Scheuer getrennt voneinander, und zwar nach Möglichkeit im<br />

18<br />

schöflicher Archivar bis zu seiner Zurruhesetzung am<br />

1. Januar 1966. Diese zwanzig Jahre waren seine Hauptschaffenszeit<br />

als Heimatforscher. Nach wie vor stand die hohenzollerische<br />

Geschichte bei ihm im Vordergrund, wobei ihn<br />

die Beschäftigung mit den Beständen des erzbischöflichen<br />

Archivs in verstärktem Maße zu kirchengeschichtlichen<br />

Arbeiten führte. Die Ergebnisse seines Forschens veröffentlichte<br />

er vorzugsweise in der seit 1951 bestehenden, von ihm<br />

auch finanziell unterstützten Hohenzollerischen Heimat, in<br />

den Hohenzollerischen Jahresheften bzw. der Zeitschrift für<br />

Hohenzollerische Geschichte, im Freiburger Diözesan-<br />

Archiv, in Tageszeitungen und in Heimatblättern. Sein südbadischer<br />

Wohnsitz und die ihm dort zur Verfügung stehenden<br />

Quellen ließen ihn die heimatgeschichtlichen Aktivitäten<br />

auch auf Südbaden ausdehnen.<br />

Gerne befaßte er sich mit ungelösten Fragen und regte die<br />

Forschung immer wieder mit neuen Lösungsvorschlägen an.<br />

Als Beispiele sollen hier nur seine Beiträge zur Frühgeschichte<br />

der Grafen von Gammertingen und der Grafen von<br />

Sigmaringen, zur Geschichte der Herrschaft Straßberg, zur<br />

Freien Pirsch, zur Lage der Burg Stauffenberg bei Hechingen<br />

und zur Identifizierung des Meisters von Meßkirch erwähnt<br />

werden. Mit seinem immensen Detailwissen konnte er manche<br />

Irrtümer der bisherigen Forschung beseitigen und in<br />

Rezensionen landesgeschichtlicher Publikationen Korrekturen<br />

und Ergänzungen anbringen. Er wich dem wissenschaftlichen<br />

Disput nicht aus und führte dabei mitunter eine spitze<br />

Feder.<br />

Ein besonderes Verdienst von J. A. Kraus für die hohenzollerische<br />

Geschichtsforschung liegt in den unzähligen Hinweisen<br />

auf Quellen und in seinen Quellenveröffentlichungen, für<br />

die nur die bedeutendste genannt sein soll: die »Urkunden des<br />

Dominikanerinnenklosters Stetten im Gnadental bei Hechingen,<br />

1261-1802« (1955-1957). Für die Erforschung der<br />

Stammgrafschaft Zollern ist dieses Regestenwerk zu einem<br />

unentbehrlichen Hilfsmittel geworden.<br />

Nicht vergessen werden soll auch die große Zahl von heraldischen<br />

und siegelkundlichen Beiträgen, mit denen J.A. Kraus<br />

die Frühzeit von Adelsgeschlechtern und von Städten mit<br />

Erfolg aufhellte.<br />

Obwohl ihm ein Augenleiden, das seine vorzeitige Pensionierung<br />

zur Folge hatte, bei seinen Forschungen Beschränkungen<br />

auferlegte, war J.A. Kraus auch nach 1966 unermüdlich<br />

für die Geschichte unserer Heimat tätig, stets kritisch beobachtend,<br />

kenntnisreich kommentierend und im übrigen ungemein<br />

produktiv. Dabei übernimmt er immer noch priesterliche<br />

Aufgaben und wirkt in der Altenbetreuung mit. Sein<br />

runder Geburtstag ist ein willkommener Anlaß, ihm aus<br />

Hohenzollern und vor allem vom Hohenzollerischen <strong>Geschichtsverein</strong>,<br />

dessen Ehrenmitglied er seit dem Jahre 1968<br />

ist, einen herzlichen Dank für sein in 65 Jahren geschaffenes<br />

Werk zu senden mit den besten Wünschen für sein Wohlergehen.<br />

rechten Winkel zueinander standen, der Giebel des Wohnhauses<br />

gegen den Weg. Diese Anordnung ist für dieses Haus<br />

durch den Ortsplan von 1728 bezeugt, die ältesten Nachrichten<br />

reichen aber noch rund 200 Jahre weiter zurück. Das<br />

Wohnhaus ist einstöckig, enthält neben Stube, Kammer,<br />

Küche, Hausgang noch Stall und Futterscheuerle, unter dem<br />

Dach einige Kammern und zuoberst die Bühne mit der<br />

weiter auf Seite 20


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Ansicht, das Kreuz am Burladinger Weg bezeichne den<br />

Standort des alten Kirchleins, ist unrichtig. Nach einem<br />

gleichzeitiger Kärtchen stand es vielmehr im Eck vom Bäbeloch<br />

hart ai der alten Staig, wo sich die auffällige Vertiefung<br />

befindet.<br />

Heute besteht nur noch die eine Kapelle, die der Mutter<br />

Gottes geweiht ist. Ihre Erhaltung ist wohl nur dem Umstand<br />

zu verdanken, daß 1841 der Friedhof von der Kirche dorthin<br />

Seit 65 Jahren schreibt Johann Adam Kraus hohenzollerische Geschichtc.<br />

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verlegt wurde. Wenn man bedenkt, daß in früheren Zeiten die<br />

soziale Lage der Bevölkerung keineswegs »rosig« war, muß<br />

man sich geradezu wundern, wie die Mittel zu so vielen<br />

kirchlichen Gebäuden auch an anderen Orten aufgebracht<br />

wurden. Damals lebte eben in den Herzen der meisten tiefe<br />

Religiosität, die sich ganz von selbst offenbarte in der Bereitschaft<br />

zu den größten Opfern für den hl. Glauben.<br />

19


Fortsetzung von Seite 18<br />

Fruchtschütte. Die Stube hat noch altertümliches ganz dunkles<br />

Holzgetäfer an Wänden und Decke, einen alten Eckschrank<br />

und an der Wand neben dem (neuen) Ofen künstlerische<br />

Plättchen mit bunten Pflanzenornamenten aus dem<br />

Jahre 1788 mit den Anfangsbuchstaben des Hafners W. L.<br />

Das Wohnhaus trug als letztes dahier noch zu Menschengedenken<br />

ein Strohdach (1867 übrigens noch die meisten Häuser!),<br />

allerdings über den Ziegeln, das eines Sonntagnachmittags<br />

fein säuberlich in des Nachbars Garten hinabgerutscht<br />

war. Als älteste Besitzerin des damals noch werdenbergischen<br />

Lehenhofes, der mit andern Gütern von den Schwelhererben<br />

um 1488 erworben worden war, nennt die Geschichte eine<br />

Willa Sutorin (Sauter) ums Jahr 1520. Die fürstenbergische<br />

Güterbechreibung vom J. 1545 führt als Besitzer an: Valentin<br />

Mayer. Der Hof war der Herrschaft eigen: aber des Inhabers<br />

Erbgut. Dazu gehörten: Haus, Scheuer und Garten beieinander<br />

zwischen Wißengäßlin (wohl nach einem früheren Anlieger<br />

Weiß, der 1392 vorkommt und vielleicht gerade unseren<br />

Hof hatte als Lehen von Heinrich von Killer, genannt<br />

Affenschmalz. Er hieß Hainz Weiß) und Hieronymus Mayer<br />

(heute Dieter Andreas), stoßt hinten an Ludwig Rächlins<br />

Garten (heute Bachbauern K. Hipp). Der jetzige Garten<br />

hinter der Scheuer ist nur ein Teil des damaligen. Denn der<br />

sog. Kipfengarten hinter dem Wohnhaus gehörte bis ins<br />

18. Jahrhundert ebenfalls dazu. Ferner gehörten zum Hof an<br />

Äckern: Esch Tiefental: 2 Jauchert an der Heerstraß, 2 J. im<br />

Wasserruns, 3 J. unter Hellischloch, l'A J. am Eisenlocher<br />

Weg, IV2 J. ebenda; Esch Houck: IV2 J. auf der Houck bei<br />

Unser Lieben Frauen Kapell, 1 J. daselbst, 2 J. am Salmendinger<br />

Weg, 1 J. im Lützenwinkel, 4 J. am Hechinger Weg, 2 J.<br />

auf Gallenbühl. Esch Breimischmadt: 3 J. unter der Herrschaft<br />

Braite an Kernenwies, 4 J. im Grund, 2 J. an der<br />

Staingen (Galggruob), 1 J. unterm Briel, 1 J. am Talwieser<br />

Weg, 2 J. auf Altegert, 2 J. unter Bühl. Wiesen: 1 Wiesplätzle<br />

jetzt Hanfgarten in Untern Wiesen, 1 Mannsmahd in Talwies<br />

am Weg zu beiden Seiten, 2 Mm. daselbst, 4 Mm. am<br />

Hechinger Weg, 3 Mm. beim Eichle, 3 Mm. in der Viehwaid,<br />

1 Mm. vor Louchen. Endlich gehörte dazu ein Wald in<br />

Seehalde, zwischen beiden herrschaftlichen Hölzern, stoßt<br />

oben und unten an die Gemeinde. Dieser Wald von 10%<br />

Jauchert 71 Ruten oder 502,09 Ar ist heute in 8 Teile zerlegt.<br />

Das unterste Wäldle grenzt an die Gemeinde Killer, das<br />

oberste an Killer Bürger, welche die erwähnten fürstenbergischen<br />

Wälder käuflich erworben haben. Spätere Besitzer des<br />

genannten Lehenwaldes sind von unten angefangen: Christian<br />

Kraus, Karl Dieter Wtw., Karl Schmid, Josef Faigles<br />

Kinder, der Hirschwirt, Klemens Kraus jung, Andreas Dieter,<br />

Johann Dorn bzw. Otmar Bailers Erben.<br />

JOHANN ADAM KRAUS<br />

Das Ende der Schwelher von Straßberg<br />

Peter Schwelher von Straßberg, erwähnt 1465 bis 1513, war<br />

der letzte Vertreter seines Geschlechtes. Über ihn und seine<br />

Familie, die sich ursprünglich »von Wielandstein« (bei Oberlenningen)<br />

nannte und im 15. Jahrhundert in Ringingen, auf<br />

Holnstein ob Stetten und in Straßberg saß, wurde schon 1938<br />

ausführlich gehandelt 1 .<br />

Zwar war bekannt, daß Peter nach seiner Verheiratung und<br />

nach dem Tod seiner Frau um 1503 noch Priester geworden<br />

war, aber von Kindern wußte man nichts. Dann wurde 2<br />

überraschend bekannt, Peter habe auch einen Sohn Hans<br />

20<br />

Der Lehenhof hatte jährlich abzugeben (bis zur Ablösung um<br />

1830-50): Für Heufeldzehnten 3 Schilling 4 Heller (später<br />

1 Schilling zu 2 Kreuzer gerechnet), Vesen 6 Scheffel, Haber<br />

3 Scheffel (je Reutlinger Maß), Vogthaber 4 Viertel (Tübinger),<br />

1 Henne, 1 Viertel Eier (=120 Stück, oder dafür im Jahre<br />

1666 ganze 24 Kreuzer!!). Endlich mußte der Inhaber der<br />

Herrschaft 2 Tage Dung führen und 1 Tag mähen oder für<br />

beides 9 Schilling Heller zahlen, endlich den Zehnten der<br />

Früchte usw. abgeben und zum Kloster Stetten b. Hech.<br />

20 Kreuzer gilten.<br />

Auf Valentin Mayer folgten als Besitzer: um 1555 Hans<br />

Kuderer, dann Andreas Quintle, 1578 sein Schwiegersohn<br />

Michael Werner, 1607 Hans Ott, um 1640-62 Kaspar Kipf<br />

der eine Frau Anna Werner hatte (Vgl. Kipfengarten!),<br />

1662-74 etwa Michel Ott und Hans Jerg Rhein, 1714 Kaspar<br />

Hipp und 1720 Josef und Martin Hipp und Michael Rueß<br />

jung. Deren Nachfolger waren in weitergehender Zersplitterung<br />

Johann Bayler jung zu 3 Achtel, Kaspar Hipp der<br />

jüngere zu 3 Achtel (er behielt das Gartenstück hinter dem<br />

Wohnhaus), und Bartholomä Dorn zu 1 Viertel. Der Bayler<br />

besaß die Gebäude u. 108 Ruten vom Garten, die restlichen 70<br />

Ruten hatte ein Peter Kraus im Bach im Besitz. Diese Teile<br />

erlangte später Schultheiß Benedikt Emele 1836 bis 43, löste<br />

die Lehenverbindlichkeit gegen die Herrschaft ab und<br />

erstellte in der Scheuer noch eine Wohnung. Das andere<br />

Gartenstück (Kipfen) hatte kurz zuvor Schultheiß Baltas<br />

Hipp des Johann (1830-36) abgelöst, das noch in Händen<br />

seiner direkten Nachkommen ist. Von Benedikt Emele<br />

erwarb der Urgroßvater des heutigen Inhabers das Haus für<br />

seinen Sohn Isidor Viesel, der dann auch die Scheuerwohnung<br />

von Benedikt Feßler an sich brachte, die seitdem (etwa<br />

1880) leerstand und jetzt abgerissen ist. Die Grundstücke des<br />

Hofes sind längst zerstückelt. Vom Wald hatte noch Johann<br />

Bayler jung 4J. 41 Ruten, Kapsar Hipp ebensoviel und Bartie<br />

Dorn 2Vz J. 112 Ruten. Später findet man Matheiß Beck im<br />

Besitz der beiden ersten Teile, später Augustin Mayer und<br />

Senes Kraus in dem der Hälfte des einen, von je 1 Jauchert<br />

IOV2 Ruten, die seitdem eigen gemacht sind. Heute sind es die<br />

Wäldle von Andreas Dieter und Klemens Kraus des jungen<br />

Erben.<br />

Während in den letzten 200 Jahren die Güter immer im<br />

Erbgang weiterliefen, wechseln vorher die Familien in auffallender<br />

Weise, was sich auch bei anderen Höfen feststellen<br />

läßt. Der Grund hierfür ist nicht bekannt. Man sollte doch<br />

erwarten, daß bei Unteilbarkeit des ganzen Hofes eine Familie<br />

auch jahrhundertelang Besitzer bliebe! Die Teilbarkeit<br />

setzt bei uns nach dem 30jährigen Kriege, eingeleitet durch<br />

ein par Vergantungen, beinahe planmäßig ein!<br />

Erschienen in der »Lauchert-Zeitung« am 24.12.1938.<br />

gehabt, der am 31. Dezember 1497 durch Österreich mit<br />

einem Hof zu Dettingen bei Kirchheim, den vorher Peter<br />

hatte, belehnt worden ist. Somit konnte auch wohl kein<br />

Zweifel bestehen, daß jener Hans Sweller (mit dem Schwelherischen<br />

Siegel, dem sechsmal quergeteilten Schild) Peters<br />

Sohn war, der am 10. Juli (nicht 6. 7.) 1500 die Urfehde des<br />

Hans Zech von Laufen a.d. Eyach siegelte 3 . Wir wissen aus<br />

einer Urkunde Kaiser Maximilians, daß Peter jedoch am<br />

3. Mai 1504 keine Kinder (mehr) hatte 4 . Hans muß somit früh<br />

gestorben sein. Auffälligerweise hat Peter schon 1497 veran-


laßt, daß das Lehen Straßberg nicht etwa dieser Sohn, sondern<br />

der Oheim Melchior von Thierberg von der Äbtissin zu<br />

Buchau bekam. War der junge Hans krank, oder mit seinem<br />

Vater zerfallen?<br />

In der Jahrtagsstiftung Peters vom Jahre 1512 5 ist von ihm<br />

bezeichnenderweise nicht ausdrücklich die Rede, wohl aber<br />

von Peters Vorfahren, der Frau, den Geschwistern und deren<br />

Nachkommen. Wenn ich seinerzeit 6 Peters Gemahlin Margaretha<br />

von Neuneck angezweifelt habe, so kann dieser Zweifel<br />

nicht aufrecht gehalten werden, denn es gab damals zwei<br />

Frauen dieses Namens! Peters Gemahlin Margaretha v.<br />

Neuneck war tatsächlich die Tochter Melchiors von Neuneck<br />

zu Glatt, während die andere Margaretha v.N., Tochter des<br />

JOHANN ADAM KRAUS<br />

Mae Hoemet (1925)<br />

1. O Eatle, mei Ringinga, wia bischt Du schee / Ka(n)s oiba a<br />

Derfle so wi Di no gee(n)? / Grad zwischat em Nähbearg<br />

und Hälschla verschlupft / Daß Luft it ond s'Weatter<br />

schlimm a dr rum rupft!<br />

2. An Heisr u. Schuira, an Gääta und Ställ / Vom Lai u. vom<br />

Schmittaroi bis a seall Quäll: Am Saumärkt, da Bach na<br />

ond d'Raoße deet numm / gaod Gässle ond Weagle toils<br />

grad u. toils gromm.<br />

3. Do wuuslets vo Leide mit Wäga und Vieh / se denglet u.<br />

mischter u. fahret: Hott! Hi! Ond zwischet da Henna u.<br />

Spatza im Saus / Hui, springet dia Kindr um Gääta und<br />

Haus.<br />

4. Se schupfet im Hefle, teand fanga im Hae, weand Wägele<br />

fahra dur Gumpa ond Sae. Wia bhupfet dia Trendl und<br />

glepfet dia Schua: Hoi singet! ond schlahet da Takt frao<br />

drzua!<br />

5. Narr, aist i dr Ernat: A n Amoisahauf / mit ällem seim<br />

Duranand könnt nemme auf! Do lauft ällts und springt<br />

ällts ond naoftet im Schaffa vom eltesta Miaterle bis zum<br />

Rotzaffa!<br />

6. Se mähat, se warbet, se shlahet noch um, ma schechlet u.<br />

bindet u. reachet drum rumm. Ma leed noch ond spannat,<br />

feert hoe im Karree / daß lället die Leit samt der Mene, o<br />

je!<br />

7. Dees Weatter isch laonisch, jaichts wiast dur anand / loot<br />

bhäb Zeit zum eassa: ma schluckt nu im Stand. Ma<br />

schaffet grad wie wenn diaTäg ginge aus! Doch fraet ma<br />

se! Vool wearet Haebaarn u. Haus!<br />

8. Und sust uf em Acker, an Roena, im Wald / ist iberal<br />

Leaba bei Jung ond bei Alt. Drum singat ao G'stora, dr<br />

Fink schreit: Witt, witt! Ond d Spatza dia lärmet vom<br />

Nägelebritt.<br />

HERBERT RADLE<br />

Oswald von Neuneck, den Thomas von Wehingen ehelichte<br />

und schon 1477 tot war 7 . Die genauen Lebensdaten der<br />

Gattin Peters kennen wir bis dato freilich nicht.<br />

Anmerkungen<br />

1<br />

Hohenz. JHeft 1938, S. 94-148; Nachträge erschienen ebd. 1960,<br />

S. 148-153, und 1964, S. 349-355. Vgl. Straßberg, ebd. 1959, 17f.<br />

2<br />

Hohenz. Heimat 1961, 8.<br />

3<br />

Stauffenberg-Archiv im Staatsarchiv Sigmaringen.<br />

4<br />

Hohenz. JHeft 1938, 132.<br />

5<br />

Ebd. S. 142.<br />

6<br />

Ebd. 131.<br />

7<br />

Hodler, OA Haigerloch 1928, 179; K.v. Knobloch, Oberbad.<br />

Geschl. Buch 111,231.<br />

9. Am Sonnteg duat alles sei Weateghäß ra / ond gloedet se<br />

festlich vo oba bis na. / Wia leitet dia Glocka: »bimbim«<br />

und »bimbaum!« Dia Kirchatir schluckt dia vill Beatter jo<br />

kaum!<br />

10. Noom Weihwasser prediget s'Hairle ganz nett / ond<br />

nochear wuut gsonga ond beattet um 'd'Wett. »O Hearget<br />

gib Säaga! Was wär's aone Di!? Schitz Fealder ond<br />

Wiisa, schitz aos samt deam Vieh!«<br />

11. »Verzeih aosre Sinda, ob graoß oder klei(n). Lass aos<br />

wenn mr stearbet in Himmel doch nei! Du bist jo dr Vattr,<br />

mo älles regiert, ond mir Deine Kender, schao oft hao mrs<br />

gspirt!«<br />

12. Ist Kinderlaer rum und d'Veasper voll aus, gaod oene uf<br />

d'Fealder oder sust mo na naus. De andre en Wald ond in<br />

d'Nochberschaft, in d'Kappl, uf d'Greber schier massahaft.<br />

13. Mr ghairet doch zeema, d'Arm Saela und miar / Se sind it<br />

vergeassa as wia a n arms Tiar. Si kriaget s'Weihwasser<br />

ond »Herr gib ana Ruah!« (Guck, 2035) d'Engel im<br />

Himmel, dia singat drzua!<br />

Wortdeutung: schupfa = Kinderspiel: Werfen von Roßnägeln in ein<br />

auf- den Boden gezeichnetes Quadrat; bhupfa = hüpfen; Trendl<br />

= Kreisel, Tanzknopf; narr: wahrlich; naofta: eiligst arbeiten; warba<br />

= gemähtes Gras zerstreuen; Mene = Gespann, Zugvieh; jaicha<br />

= jagen; gloeda = kleiden; noohear = nachher; Kinderlaer = Christenu.<br />

Kinderlehre; sust = sonst; mo na = wohin; loss = höre.<br />

Heimatgeschichtliche Bemerkungen zum Kloster Heiligkreuztal<br />

1. Beziehungen zu Sigmaringen, Hornstein und Veringen<br />

Das ehemalige Zisterzienserinnenkloster Heiligkreuztal<br />

stand in der Vergangenheit in vielfältiger Beziehung zum<br />

heutigen Kreisgebiet Sigmaringen. Vom Ende des H.Jahrhunderts<br />

an waren die Grafen von Werdenberg als Inhaber<br />

der Herrschaft Sigmaringen Vögte über Heiligkreuztal, und<br />

nach deren Aussterben 1534 kam die Vogtei an die Grafen<br />

von Hohenzollern, denen sie bis zur Säkularisation unterstand<br />

1 . Neben den Gründern des Klosters, den Grafen von<br />

Grüningen-Landau, gehörten vor allem auch die Ritter von<br />

Hornstein und Bittelschieß (nahe Sigmaringen) schon früh zu<br />

den Förderern des Klosters. Im 14. Jahrhundert finden wir<br />

allein 17 Hornsteinerinnen als Klosterfrauen in Heiligkreuztal,<br />

unter ihnen drei Äbtissinnen 2 . Um diese Zeit (1370) wird<br />

vier Klosterschwestern aus Oberstetten der »lagenzehenden<br />

(= Nutzzins) in dem Banne ze Sigmaringen, den man nennt<br />

Brenzhofer« bestätigt 3 . Ein Jahrzehnt später, 1381, tritt<br />

21


Elisabeth Strueb aus Veringen in das Kloster ein: ohne<br />

Zweifel eine Angehörige der bekannten Strueb-Familie, welche<br />

im 15. und 16. Jahrhundert in Veringen mehrere begabte<br />

Bildhauer bzw. Maler hervorgebracht hat. Der »Leibdingbrief«<br />

der genannten Elisabeth Strueb wird am 13.Januar<br />

1381 auf »Güter zu Grüningen (bei Riedlingen), Enslingen<br />

und Veringen« ausgestellt 4 . Die von G.Pape 5 angeführte<br />

Mechthild von »Yeringen«, Äbtissin von Heiligkreuztal,<br />

muß zweifellos als Mechthild von »Veringen« gelesen werden;<br />

die achte Äbtissin, Regierungszeit 1326-1332, war also<br />

eine Gräfin von Veringen.<br />

2. Veronika von Rietheim und der Meister von Meßkirch<br />

Unter allen Äbtissinnen von Heiligkreuztal war die bedeutendste<br />

ohne Zweifel Veronika von Rietheim, geboren 1472<br />

als Tochter des Reichsritters Ulrich von Rietheim. Sie regierte<br />

von 1521-1551 und hat sich in der schwierigen Zeit von<br />

Reformation und Bauernkrieg als energische Regentin und<br />

treue Anhängerin des alten Glaubens bewährt. Sie ist aber vor<br />

allem als Bauherrin und in diesem Zusammenhang auch als<br />

Auftraggeberin des Meisters von Meßkirch in die Geschichte<br />

des Klosters eingegangen: ihre Bautätigkeit war bestimmend<br />

für das heutige Aussehen Heiligkreuztals. Nachdem bereits<br />

ihre Vorgängerin, Anna von Gremiich d.J. (1490-1521), die<br />

beiden Seitenschiffe der Kirche hatte einwölben lassen, wurde<br />

von der Rietheimerin im Zuge ihrer Baumaßnahmen auch das<br />

Mittelschiff eingewölbt, ebenso der Kreuzgang, der Kapitelsaal<br />

und die Refektorien 6 . Der neue malerische Schmuck an<br />

Wänden und Gewölben aber wurde, wie schon angedeutet,<br />

dem Meister von Meßkirch übertragen. Dieser schuf in den<br />

Jahren 1532-1534 zusammen mit seinen Schülern die Fresken<br />

in der Kirche und im Kreuzgang. Christian Altgraf zu Salm<br />

hat die Fresken in seiner Arbeit »Die Wand- und Gewölbemalereien<br />

des Meisters von Meßkirch in Heiligkreuztal«<br />

(1956) ausführlich beschrieben und gewürdigt. Ob der Meister<br />

von Meßkirch freilich auch die Entwürfe für die sechs<br />

monumentalen Glasfenster geliefert hat, die sich seit 1870 in<br />

Stuttgart befinden und deren eines hier abgebildet ist<br />

(Abb. 1), bleibt umstritten 7 . Die Frage soll uns nicht weiter<br />

beschäftigen, da wir uns lediglich noch mit dem auf der<br />

Abbildung sichtbaren Wappen Veronikas beschäftigen<br />

wollen.<br />

3. Die Veringer Hirschstangen im Wappen der Veronika von<br />

Rietheim<br />

Die abgebildete Scheibe zeigt in einem Architekturrahmen<br />

einen Engel als Wappenhalter, der das Wappen der Äbtissin<br />

präsentiert. Das Wappen - es nimmt die gesamte untere<br />

Hälfte des Bildes ein - weist in einem gevierteilten Schild die<br />

Esel der Rietheimer und die Hirschstangen der Veringer auf.<br />

Die Rietheimer Esel 8 weisen als Wappentiere zurück auf die<br />

Anmerkungen<br />

1<br />

Vgl. Ursmar Engelmann, Heiligkreuztal, Beuroner Kunstverlag<br />

2<br />

1983, S. 37.<br />

2<br />

Vgl. Engelmann, S. 15. Alfons Bacher, Heiligkreuztal, Geschichte<br />

und Gegenwart, Heiligkreuztal 1982, S. 80.<br />

3<br />

Pape, bei Bacher, S. 35.<br />

4<br />

Pape, bei Bacher, S.35.<br />

5<br />

Pape, bei Bacher, S. 80, Nr. 8.<br />

6<br />

Vgl. Engelmann, S. 36; Kummer, bei Bacher, S. 85 f.<br />

7<br />

Vgl. L. Balet, Schwäbische Glasmalerei, Kataloge der kgl. Altertümersammlung<br />

in Stuttgart, Bd. 2, Stuttgart/Leipzig 1912, S. 33 f.,<br />

der die Frage bejaht. Anders Chr. Salm, Der Meister von Meßkirch,<br />

Diss. Freiburg 1950, S. 169f.<br />

8<br />

Die Rietheimer Esel sind auch zu sehen auf dem Wappen Anna<br />

Marias von Rietheim auf dem Aufsatz des Epitaphs ihres Mannes,<br />

des Ritters Albrecht von Speth (f 1608), in der Pfarrkirche Neufra.<br />

9<br />

Rietheimer begegnen - außer in Riedheim/Donaumoos - auch in<br />

Überkingen, Stotzingen, Rammingen, Stetten, Bissingen im Lone-<br />

22<br />

Wappenscheibe der Veronika von Rietheim, Heiligkreuztal, 1532,<br />

Hüttenglas, Schwarzlot, Silbergelb, Eisenrot, H. 81 cm, B. 4} cm.<br />

Stuttgart, Württ. Landesmuseum, Inv. Nr. 1089 d. Inschrift: Fronnicka<br />

Äbbtdisin zu hailig Creiczdall. Geborn von Ryetthain<br />

südlich von Heidenheim in der Gemarkung Herbrechtingen<br />

gelegene Eselsburg, die Stammburg der Rietheimer 9 .<br />

Wie aber kommen die Veringer Hirschstangen in das Wappen<br />

Veronikas? Die Antwort lautet: über ihre Mutter Veronika,<br />

Gräfin von Landau 10 . Denn das Haus Landau, das durch zwei<br />

Heiratsverbindungen ein Zweig der Grafen von Veringen<br />

war, führte die Hirschstangen der Veringer im Wappen".<br />

tal, Remshart, Rettenbach, Angelberg sowie als Pfandschaftsinhaber<br />

in Günzburg und Reisenburg. Vgl. Karl Bosl, Handbuch der<br />

historischen Stätten Deutschlands, Bd. 7, Bayern, Stuttgart 1961,<br />

S. 588.<br />

10 Zwei Brüder der Mutter Veronikas, Jakob und Hans von Landau,<br />

traten als wichtige Stützen des habsburgisch-österreichischen<br />

Reiches in Schwaben unter Maximilian und KarlV. hervor. Vgl.<br />

Engelmann, S. 43 f.<br />

11 Vgl. H. Burkarth, Geschichte der Herrschaft Gammertingen,<br />

S. 47. Uber die Grafen von Grüningen-Landau kam das Veringer<br />

Wappen übrigens an die Grafen von Württemberg. Die drei<br />

Hirschstangen bildeten bis 1952 das württembergische Staatswappen.<br />

Zur Stammtafel der Württemberger vgl. auch K. Bosl, Biographisches<br />

Wörterbuch zur deutschen Geschichte, München<br />

1973-1975, S. 3255. Anzumerken bleibt noch, daß Veronika von<br />

Rietheim auch den schönen Marienbrunnen von 1548 in Auftrag<br />

gab, der heute - in freilich erbarmungswürdigem denkmalpflegerischem<br />

Zustand - im Schloßhof zu Grüningen steht.


JOHANN ADAM KRAUS<br />

12 Empfinger Urkunden<br />

Als Ergänzung zur Ortsgeschichte F. X. Hodlers in »Oberamt Haigerloch« (1928) seien aus dem Generallandesarchiv<br />

Karlsruhe (Konstanz 5,653) einige Urkunden mitgeteilt:<br />

1) Friihmeßstiftung<br />

1327Mai 25, Reichenau: Abt Diethelm von Reichenau, OSB,<br />

tut kund: Der Priester Conrad genannt Hildpolt von Haigerloch<br />

und die Untertanen in Empfingen, das zu unserem<br />

Kloster gehört, haben zu ihrem und ihrer Vorfahren Seelenheil<br />

und zur Mehrung des Gottesdienstes mit Zustimmung<br />

des Konstanzer Bischofs Rudolf (gb. Graf v. Montfort) für<br />

ihre Pfarrkirche Empfingen eine Stiftung gemacht, wo Johannes,<br />

der Sohn des Johannes Truchseß von Diessenhofen,<br />

Kirchrektor ist. Sie dotierten den Altar der heiligen Nikolaus<br />

und Katharina mit vier Mark Silber. Der Inhaber dieses Altars<br />

soll jährliche Einkünfte erhalten: 7 Pfund Heller und 10 Malter<br />

Roggen in Horber Meß. Der Abt darf jeweils einen<br />

geeigneten Kaplan einsetzen, der sich eidlich zur Residenz<br />

verflichtet, den Altar besorgt, täglich die Frühmesse hält,<br />

außer er sei verhindert. Er muß gewissenhaft sein Amt<br />

verwalten und darf kein Opfergeld annehmen. Siegler: Der<br />

Aussteller, der Bischof und der Kirchrektor Johannes Truchseß<br />

von Diessenhofen. (Nur das letzte Siegel ist erhalten:<br />

Kessel mit Halbrundhenkel im Schild. Diessenhofen liegt im<br />

schweizerischen Thurgau.)<br />

2) 1432 Dez. 26: Freiherr Walther von Geroldseck zu Sulz<br />

urkundet; von Abt Friedrich von Reichenau durch seinen<br />

Vetter Heinrich von Geroldseck zu Sulz zu Mannlehen<br />

empfangen zu haben: Kirche und Kirchensatz (Patronatsrecht)<br />

zu Empfingen, den Kelnhof daselbst, alle Zehnten,<br />

Leute und Güter, die dahin gehören. Siegler: dieser Vetter, da<br />

Walther kein Siegel da hat.<br />

3) 1455 Aug. 28: Freiherr Heinrich von Geroldseck zu Sulz<br />

beurkundet den Empfang des Mannlehens Empfingen von<br />

Abt Johannes von Reichenau (wie oben).<br />

4) 1457 Apr. 26: ebenso der Freiherr Hans von Geroldseck,<br />

wie das Lehen seine Vorfahren hatten. Im Siegel: ein Querbalken.<br />

5) 1465 Nov. 8: derselbe nochmals von Abt Johannes.<br />

6) 1489 März 9: Freiherr Erhard von Gundelfingen urkundet<br />

für seinen Herrn, den Grafen Eberhard von Wirtemberg d.<br />

HERBERT RÄDLE<br />

älteren, daß dieser von Abt Johannes von Reichenau Empfingen<br />

als Mannlehen erhalten habe (wie 1432). Er hat dem Abt<br />

gehuldigt, den Eid geschworen, ihm treu und verbunden zu<br />

sein und alles nach Lehensrecht zu tun. Siegler: der Aussteller<br />

(dorniger Schrägbalken).<br />

7) 1489 Apr. 2: Herr Gangolf von Geroldseck bestätigt, von<br />

Abt Johannes v. R. das Lehen Empfingen erhalten zu haben,<br />

wie es sein Vetter Johannes hatte. (Wieso ist bald Geroldseck,<br />

bald Wirtemberg Leheninhaber?)<br />

8) 1497 März 9: Freiherr Erhard von Gundelfingen bestätigt,<br />

von Abt Martin von Reichenau für seinen Herrn, den Grafen<br />

Eberhard v. Wirtemberg, den Lehenempfang von Empfingen:<br />

Kirche und Kirchensatz, Kelnhof und Zehnten.<br />

9) 1536 Sept. 12: Graf Joachim von Hohenzollern hat auf<br />

Zehnten, Kirchensatz, Umgeld und die Scheuer zu Empfingen<br />

von Abt Markus von Reichenau lOOOfl. Hauptgut (bei<br />

50 fl. Zins) aufgenommen. Sein Anwalt und Sekretär ist<br />

Baptist Hönnedl. Siegler: der Aussteller und Burkart von<br />

Danketschwyler. (Dieser führt eine große Lilie im Schild.)<br />

10) 1538 Nov. 5: Graf Jos Nikiaus von Hohenzollern<br />

schreibt an Abt Markus von Reichenau als Lehensherrn:<br />

Mein verstorbener Vater Gr. Joachim von Zollern hat den<br />

Zehnten zu Empfingen samt Kirchensatz und neugebauter<br />

Scheuer und allen Rechten als Reichenauer Lehen empfangen<br />

gehabt und jetzt auf mich vererbt. Da das Lehen künftig dem<br />

Grafen Christoph von Nellenburg, Herrn zu Tengen,<br />

zusteht, so sende ich es anmit auf mit der Bitte, es diesem<br />

Grafen zu leihen (Wildmannssiegel auf Oblate).<br />

11) 1554 Aug. 18: Graf Carl von Hohenzollern will dem<br />

Bischof von Konstanz, der zugleich Abt von Reichenau ist,<br />

nur das Handgelübde geben, aber nicht beim Lehenempfang<br />

Empfingen schwören.<br />

12) 1560: Aug. 11: derselbe Graf beauftragt die Obervögte<br />

Bastian Schlegel und Christoph Wendler von Bregrat für ihn<br />

das Lehen Empfingen zu empfangen.<br />

Ein Porträt des Botanikers Leonhard Fuchs von der Hand Jörg Zieglers<br />

Der Kunsthistoriker Werner Fleischhauer hat in seinem Buch<br />

»Die Renaissance im Herzogtum Württemberg«, Stuttgart<br />

1971, auf ein mit IZ signiertes Porträt des Tübinger Medizinprofessors<br />

und »Vaters der Botanik« Leonhard Fuchs 1 im<br />

Ulmer Stadtmuseum (Abb. 1) aufmerksam gemacht und das<br />

kleinformatige 1569 datierte Aquarell dem damals in Rottenburg<br />

tätigen Jörg Ziegler zugewiesen; freilich mit dem<br />

Zusatz: »Die Identifizierung Jörg Zieglers mit dem Meister<br />

von Meßkirch hat sich als unhaltbar erwiesen« (S. 181).<br />

Gerade diese »Identifizierung« wird indessen neuerdings<br />

wieder versucht - und mit keinen schlechten Argumenten<br />

(von Wolfgang Urban in der Stuttgarter Zeitung vom<br />

4. 1.<strong>1989</strong>, S. 25). Mag auch in dieser umstrittenen Frage das<br />

letzte Wort noch immer nicht gesprochen sein, auf jeden Fall<br />

hat Urban die Aufmerksamkeit wieder auf Jörg Ziegler<br />

gelenkt.<br />

Und so scheint es im Sinne eines Weitergangs der Forschung<br />

nicht unangebracht, erneut auf das bereits von Fleischhauer<br />

erwähnte Porträt hinzuweisen, da es, wie mir nochmals vom<br />

Ulmer Stadtmuseum bestätigt wurde, eindeutig die Signatur<br />

IZ trägt. Das Porträtbild stellt gleichzeitig eine Verbindung<br />

zwischen dem Rottenburger Maler und einem Professor der<br />

Universität Tübingen sicher.<br />

23


Porträt des Arztes und Botanikers<br />

Leonhard Fuchs (1501 bis<br />

1566). Mit 12 (= Jörg Ziegler)<br />

monogrammiert, auf dem Foto<br />

nicht sichtbar. 1569 datiert.<br />

Ulm, Stadtarchiv Nr. 1441.<br />

Aquarell (Öl?) auf Pergament.<br />

33 x 22,6 cm<br />

Das Bild zeigt einen phantasievollen Architekturrahmen und<br />

in dessen Zentrum ein Medaillon mit dem Bild des Professors<br />

auf blauem Grund. Den Rahmen zieren Hermen, Putten und<br />

Rollwerk und, was eher ungewöhnlich ist, naturgetreu wiedergegebene<br />

Kürbisranken. Der Rand des Medaillons trägt<br />

als Umschrift den Namen des Abgebildeten und sein Alter im<br />

Todesjahr. Darüber erscheint das Wappen Fuchsens in Gold<br />

und Blau mit je einem Fuchs im Feld bzw. als Helmzier. Der<br />

Porträtierte ist mit grauem Vollbart, Barett und pelzverziertem<br />

Mantel wiedergegeben und trägt in spitzen Fingern eine<br />

rote Blume (Rose). Vor ihm zwei Bücher. Darunter, von zwei<br />

springenden Füchsen flankiert, ein freies Feld für eine Inschrift.<br />

Wer war Leonhard Fuchs f<br />

Der Abgebildete, Leonhard Fuchs, geboren 1501 in Wemding<br />

bei Donauwörth, wird, wie schon angedeutet, zu den<br />

Vätern der wissenschaftlichen Botanik gezählt. Sein Hauptwerk,<br />

ein botanisch-medizinisches Handbuch, das zunächst<br />

24<br />

für den Arzt und Apotheker gedacht war, erschien unter dem<br />

Titel »Historia stirpium« 1542 bei Michael Isengrin in Basel<br />

auf lateinisch und ein Jahr später, 1543, ohne die zahlreichen<br />

wörtlichen Zitate aus antiken Autoren, auch auf deutsch als<br />

»New Kreüterbuch« mit über 500 Abbildungen. Alle Pflanzen<br />

sind mit ihren griechischen Namen alphabetisch aneinandergereiht,<br />

da Fuchs sich stark an das Werk des griechischrömischen<br />

Pharmakologen Dioskurides (1. Jh. n. Chr.) angelehnt<br />

hat.<br />

Die wissenschaftliche Karriere von Fuchs hatte 1526 mit einer<br />

Professur in Ingolstadt begonnen, wo er sein Lehramt aber<br />

bereits 1528 aus Glaubensgründen aufgeben mußte. Eine<br />

Stellung als Leibarzt beim Markgrafen Georg von Brandenburg<br />

in Ansbach bot dem überzeugten Lutheraner mehr<br />

Sicherheit. Als sich freilich die Pläne zur Errichtung einer<br />

protestantischen Universität in Ansbach zerschlugen, folgte<br />

er 1533 einem erneuten Ruf nach Ingolstadt. Nicht viel später<br />

wurde er endlich von Simon Grynaeus, der 1534/35 im


Auftrag Herzog Ulrichs die Universität Tübingen reformierte<br />

und mit einem neuen Lehrkörper ausstattete, auf den<br />

Lehrstuhl für Medizin nach Tübingen berufen 2 .<br />

Von 1535 bis zu seinem Tod im Jahre 1566 hat Fuchs in<br />

Tübingen gelehrt und siebenmal das Amt des Rektors bekleidet.<br />

Sein dortiges Wirken als Lehrer und Forscher stand ganz<br />

im Zeichen des Humanismus. Als Anhänger der altgriechischen<br />

Medizin war er bestrebt, die Lehren Galens und des<br />

Hippokrates zu verbreiten und arabische Lehrmeinungen<br />

anzufechten.<br />

Unser Bild, das ihn mit einer Blume in der Hand zeigt, weist<br />

ihn als Verfasser seiner botanischen Arbeiten aus, die in<br />

Buchform vor ihm liegen. Leonhard Fuchs starb 1566 in<br />

Tübingen, wo - im Botanischen Institut - noch heute 23<br />

Druckstöcke der ursprünglich über 500 Holzschnitte seines<br />

Kräuterbuches liegen 3 .<br />

JOHANN ADAM KRAUS<br />

Jungingen, ehemals bischöflicher Besitz<br />

Eine bisher unbeachtete Urkunde aus dem Besitz des früheren<br />

Johanniterordens ist im Stande, das Dunkel der älteren<br />

Geschichte des Dorfes und der Burg Jungingen im Killertal<br />

zum Teil aufzuhellen. Das schön erhaltene lateinische<br />

Schriftstück liegt heute im Hauptstaatsarchiv Stuttgart unter<br />

B 352 als Pergamenturkunde Nr. 406. Es ist datiert vom<br />

15. November 1278, entstand also vor fast 700 Jahren. Die<br />

Übersetzung lautet:<br />

»Rudolf, durch Gottes Erbarmung Bischof von Konstanz,<br />

entbietet allen Lesern dieses Schreibens Segen im Herrn.<br />

Damit das Geschehene nicht aus dem Gedächtnis der Menschen<br />

schwindet, sei es vorsorglich schriftlich für die Zukunft<br />

festgehalten. Kund sei allen, daß Ritter Eberhard von Jungingen<br />

den Johanniter-Ordensherren, dem Komtur und den<br />

Hospitalbrüdern des hl. Johannes von Jerusalem und ihrem<br />

(Ordcns-)//d«se in Jungental seine Besitztümer geschenkt<br />

hat: Nämlich die Hälfte des Dorfes Jungingen und den<br />

völligen Bereich der Burg Jungingen (medietatem ville J. et<br />

municipium integraliter castri Jungingen), die im Volke<br />

»BurchstaU heißt, und zwar mit allem Zubehör an Vogteien,<br />

Wiesen, Weiden, Wäldern, Hainen, Wassern, Wasserläufen,<br />

Mühlen, Wegen, Unwegsamen, Bännen und Rechten, die im<br />

Volke »Ban und Getwinck« (Bann und Zwing) heißen. Diese<br />

Besitzungen hat der genannte Eberhard von Jungingen von<br />

uns und unserer bischöflichen Kirche Konstanz als Lehen<br />

besessen und nun rein um Gottes Willen abgetreten. Und wir<br />

haben, nachdem Eberhard darauf in unsere Hand verzichtete,<br />

das Obereigentum daran den erwähnten Ordensbrüdern<br />

übertragen, deren Eifer für das Heil der Gläubigen uns<br />

bekannt ist. Dazu kam auch die Zustimmung unseres<br />

(Dom-)Kapitels. Zum Zeugnis hierfür übergeben wir den<br />

Johannitern diese Urkunde, besiegelt mit unserem und dem<br />

Kapitelssiegel.<br />

Wir der Propst und Dekan und das ganze Kapitel der<br />

Konstanzer Kirche stimmen dieser Schenkung zu und siegeln<br />

mit. - Geschehen in der Burg Balbe (Balm bei Lottstetten-<br />

Waldshut) im Jahre des Herrn MCCLXXVIII, XII Kalendas<br />

Decembris (15. November), indictione VII. im Beisein des<br />

Abts von Berwangen, des Abts und Propstes von St. Agnes in<br />

Schaffhausen, des Propstes der Kirche Werd (Insel bei Stein a.<br />

Rhein), ferner des Grafen Heinrich von Veringen des älteren,<br />

des Edlen Lütold von Regensberg des älteren, Eberhards von<br />

Henkrat, N. von Ulingen und N. von Buchsee, die alle Ritter<br />

sind, auch anderer mehr. Vorstehendes wurde rechtskräftig<br />

durch Zustimmung des Konstanzer (Dom-)Kapitels am<br />

19. November des genannten Jahres.«<br />

Anmerkungen<br />

' Ihm zu Ehren hat der französische Botaniker Plumier 1696 die<br />

»Fuchsie« benannt, die er auf den westindischen Inseln entdeckt<br />

und von dort nach Europa gebracht hatte.<br />

2 Vgl. den Brief von Grynaeus an Blarer (Traugott Schieß, Blarerbriefwechsel,<br />

Bd.l, Nr. 596, S. 702) vom Juni 1535, in dem<br />

Grynaeus die wissenschaftliche und menschliche Qualifikation<br />

von Fuchs würdigt und auch das ausgehandelte Professorengehalt<br />

von 160 Gulden jährlich mitteilt. Fuchs trat am 14. August 1535 in<br />

den Rat der Universität ein.<br />

3 Über letztere: K.Dobat, Tübinger Kräuterbuchtafeln des Leonhard<br />

Fuchs, Begleitheft, Tübingen 1983. Uber Fuchs allgemein:<br />

E. Stübler, Leonhard Fuchs, Leben und Werk. In: Münchener<br />

Beiträge zur Geschichte und Literatur der Naturwissenschaften<br />

und Medizin 13/14, 1928, S. 64-263.<br />

Während man von dem ursprünglich wohl hochadeligen<br />

Geschlecht der Herren von Jungingen durch Friedr. Eisele 1<br />

seit dem Jahre 1075 aus einer später überarbeiteten aber sonst<br />

unverdächtigen Urkunde des Klosters Hirsau Kunde hat, in<br />

der Altrich (= Walterich) von Jungingen als Zeuge genannt<br />

ist, wissen wir von dem viel älteren Dorfe Jungingen erst seit<br />

dem Jahre 1300, wo der Johanniterorden Burg und Dorf<br />

Jungingen mit zugehörigen Gütern an den Grafen Eberhard<br />

von Wirtemberg vertauschte 2 .<br />

Mit vertauscht wurden auch alle Ordensgüter von Hechingen<br />

an das Killertal aufwärts und ganz oben im Tal an der Scheer<br />

und Alb, wie sie bisher zur Burg Jungingen gehört hatten.<br />

Nur das Hospiz Jungental behielt sich der Orden vor. Dieses<br />

Johanniterhaus mit Kirche stand ehemals westlich von Starzein<br />

auf halber Anhöhe, wo man noch heute eine »Kirchstaig«<br />

kennt. Der Ort dürfte von Jungingen aus und wohl auf<br />

Veranlassung des dortigen Adels benannt worden sein, denn<br />

gelegentlich findet man ihn auch verkürzt als »von Jungen«<br />

aufgeführt. Jungental wird in einer leider verlorenen<br />

Urkunde 1256 erstmals erwähnt, war 1406 mit einem Prior<br />

besetzt 3 und wurde 1605-12 vom Orden an das gräfliche<br />

Haus Zollern-Hechingen verkauft 4 .<br />

Der in der bischöflichen Urkunde genannte Stifter Eberhard<br />

von Jungingen ist vielleicht der jüngere Ritter dieses Namens,<br />

den Eisele a.a.O. Seite 117 erwähnt. Die Familie starb im<br />

Mannestamme am 16.Januar 1501 mit Ulrich v.J. aus 5 .<br />

Vermutlich hatten die Junginger der Sitte der Zeit gemäß ihre<br />

Besitzungen zum Teil (zu einem früheren Zeitpunkt) dem<br />

Bischof aus Devotion oder Schutzbedürfnis übertragen und<br />

als Lehen zurückerhalten gehabt. Da die Burg Jungingen hier<br />

»Burchstall« heißt, darf man annehmen, sie sei zu dieser Zeit<br />

unbewohnbar gewesen; im Jahre 1300 ist jedoch ausdrücklich<br />

von »Burg« die Rede! Municipium bedeutet nach Cu Cange<br />

»eine Burg oder Stadt, die mit Mauern umgeben ist«. Es sind<br />

zwar Zwing und Bann aufgeführt, aber merkwürdigerweise<br />

(oder nur irrtümlich?) keine Äcker! Wo die Herren von<br />

Jungingen, nunmehr niederadeligen Standes, zu dieser Zeit<br />

wohnten, scheint nicht überliefert zu sein. Um 1316 erwarben<br />

sie die Burg Schiltau an der Lauchert, bauten in der Nähe eine<br />

neue Burg, die in der Folge mit den Namen Jungnau die alte<br />

Siedlung überflügelte 6 . Reste der alten Schiltau-Burg sind<br />

noch auf einem Felsen zu erkennen, vom mächtigen Burgfried<br />

der Junginger durch eine Dorfstraße getrennt. Man<br />

möchte annehmen, daß mit Gründung des Johanniterhauses<br />

Jungental einige benachbarte kleine Burgen ihre Bedeutung<br />

25


verloren, so der Burgstall auf Schnait, ein zweiter zu Hausen-<br />

Starzeln, sowie die Höhenburg Bernstein (Bärenstein) auf<br />

dem Hausener Kapf gegen das Tiefental 7 .<br />

Württemberg hatte Jungingen bis 1473 inne und an verschiedene<br />

Adelige verliehen 8 . Angeführt sei noch, daß der zuständige<br />

Bischof II. aus dem Geschlecht der Grafen von Habsburg-Laufenburg<br />

stammte, der von 1274 bis 1293 im Amte<br />

war. Die Burgstelle Hohenjungingen südlich des Dorfes<br />

unterm Himberg hat Oberlehrer Michael Lorch von Killer<br />

mit einigen Helfern ausgegraben und in der »Hohenzollerischen<br />

Heimat« 9 darüber berichtet. Von der Jungentaler<br />

Kapelle, die 1759 ins Dorf Starzein versetzt wurde, ist m. W.<br />

nur noch ein Glöcklein vorhanden, auf dem die Namen der<br />

Evangelisten stehen (ohne Johannes, für den der Platz man-<br />

JOHANN ADAM KRAUS<br />

Zwiefalter Einkünfte aus Jungnau<br />

Vom 2. bis 8. November 1667 hat der Pfleger des Klosters<br />

Zwiefalten zu Bingen namens Christoph Fischer im Auftrag<br />

des Abtes Christoph Rassler die Einkünfte des Klosters im<br />

Jungnauer Bann neu beschrieben. Die vorige Erneuerung<br />

scheint im Jahre 1550 vorgenommen gewesen zu sein. Die<br />

Erlaubnis der weltlichen Obrigkeit, des landgräflich fürstenbergischen<br />

Obervogtes zu Jungnau, Christoph Gumppert,<br />

war dazu eingeholt worden. Gleich eingangs ist bestimmt:<br />

»Beim Untergehen (Feldvermessen) oder sonst sollen die<br />

Grundstücke mit dem Jungnauischen Lehens- oder Holzseil<br />

gemessen werden«, dessen Größe nicht ersichtlich ist 1 . Die<br />

Grundstücke sind samt den Angrenzem nach Jauchert bzw.<br />

Mannsmahd und Zinsern einzeln aufgeführt, lediglich die<br />

Wälder sind merkwürdigerweise nicht vermessen gewesen.<br />

Die Güter zu Inneringen wurden damals nicht renoviert.<br />

Das Kloster Zwiefalten hatte kurz vor 1138 laut Bertholds<br />

Chronik 2 vom Grafen Heinrich d. alt. von Berg, der sich in<br />

der Todesstunde in die Schar der Mönche aufnehmen ließ,<br />

sechs Mansus oder Bauerngüter in Oppintal geschenkt erhalten.<br />

Letzter Rest dieses Dörfleins war der um 1900-1920<br />

mitten zwischen Jungnau und Hornstein (Luftlinie) abgegangene<br />

Hof Hoppental (nicht Mochental bei Kirchen-Ehingen,<br />

wie die württembergischen Forscher bis in neueste Zeit<br />

meinten!). Auch in dessen Nähe, in Ankilkofen und Isinkofen<br />

3 , erhielten die Benediktinermönche damals Güter, nämlich<br />

der gleichnamige Sohn des Grafen, der ebenfalls zum<br />

Schluß seines Lebens Mönch wurde, schenkte zu Ankilhofen<br />

sechs Mansus. Zu beiden Dörfern gehörten damals noch<br />

weitere fünf Mansus, die Abgaben in bestimmter Höhe entrichteten.<br />

Rapoto, der andere Sohn des ersterwähnten Grafen,<br />

schenkte u. a. in Isinkofen eine Mühle.<br />

Der Name Ankilkofen ist nun im Laufe der Jahrhunderte bis<br />

1667 zu Enkelkhofen und Isinkofen zu Ensikhofen abgeschliffen<br />

worden. Die Mühle an letzterem Ort klingt nur<br />

noch in der »Mühlhalde« an. Alle drei Orte gingen wie<br />

Empfingen und Frauensberg sowie ein Sindelfingen*, das in<br />

unserer Beschreibung als Endelfingen erscheint, in Jungnau<br />

auf, der Nachfolgerin von Schiltau, wo die Herren von<br />

Jungingen um 1316 eine zweite Burg gebaut hatten. Ob<br />

zusammen mit den Gütern, wie es sonst üblich war, auch die<br />

Bebauer ans Kloster geschenkt wurden, ist nicht angemerkt.<br />

Auf alle Fälle hat das Kloster Zwiefalten die Grundstücke<br />

nicht selbst bewirtschaftet, sondern sie alle später (wie die<br />

ersten 5 Mansen) gegen Zins an die Leute zu Lehen ausgegeben.<br />

Im Jahre 1667 waren es lauter Erblehen, sie vererbten<br />

sich also auf die ehelichen Kinder. Der Verkauf an andere<br />

26<br />

gelt!). Eine Altarplatte kam nach F.Staudacher im 18. Jh.<br />

nach Salmendingen, und 13Jauchert »Höfleäcker« der<br />

Gemarkung Ringingen gingen um 1810 käuflich auf die<br />

Pächter über.<br />

Anmerkungen<br />

1<br />

Eisele in Mi«. Hohenz. 62, 1931, S. 1 ff.; Zum Wappen: HzJHeft<br />

1960, 142 f.<br />

2<br />

WUB 11, 367; Mi«. Hohenz. 62,7.<br />

3<br />

Affenschmalzer Jahrtag: Hohenz. JHeft 1954, 124.<br />

4<br />

Zollerheimat 1941, 13-17 mit vielen Einzelheiten.<br />

5<br />

Zeitschr. f. Gesch. d. Oberrheins 1916, 196: Totenschild.<br />

6<br />

Hohenz. Heimat 1969 Anhang S.7.<br />

7<br />

Hohenz. Heimat 1969 Anhang S.5 und 1970, 41.<br />

8<br />

Hohenz. Heimat 1967, 30.<br />

9<br />

Hohenz. Heimat 1953, 55: 1954, 39; 1965, 4.<br />

Bauern hing von der Genehmigung des Abtes ab, wie es<br />

ausdrücklich in der Einleitung heißt. Es sind, mit einer<br />

Ausnahme, keine ganzen Bauernhöfe mehr, sondern bereits<br />

an Größe und Güte sehr verschiedene Teile geworden, zehn<br />

an der Zahl.<br />

1. Ein bereits in zwei Teile geteilter Hof war teils in Hand<br />

des Schultheißen Hans Flad von Jungnau, teils des Martin<br />

und Andreas Gramman, Gebrüder (zuvor Joseph Gramman).<br />

Sie hatten jährlich 38 Schilling (ß) oder einen<br />

Gulden und 16 Kreuzer an das Kloster und an das Amt<br />

Jungnau 8 Viertel »Gatterhaber« zu geben von insgesamt<br />

45'/2 Jauchert Acker, 6-Vi Mannsmahd Wiesen und zwei<br />

nicht gemessenen Hölzern oder Wäldern. Die anfangs<br />

ziemlich bedeutende Zinssumme von 38 ß war also bis<br />

1667 nur noch 1 fl. 14 kr wert und sank bis zur Aufhebung<br />

des Klosters 1803 noch mehr. Unter den Feldern dieses<br />

Hofes ragt ein Acker mit 8 Jauchert im Oberen Höllweg<br />

hervor, im Unteren Höllweg sogar einer mit 21 Jauchert.<br />

Die Jauchert wird etwa 45 Ar groß gewesen sein. Sonst<br />

finden sich meist nur Grundstücke von Vi bis 4 Jauchert<br />

bzw. Mannsmahd.<br />

2. Hans Kläck-Flad und Jakob Trunks Erben (vorher Jakob<br />

Tanner und Hans Kläck) gaben jährlich 2fl. aus 5 Vi J<br />

'Acker und 6 3 /4 Mm Wiesen.<br />

3. Die Herrschaft Fürstenberg und Kaspar Ostertag (zuvor<br />

Eva Stierin 4a und Georg Sprißler) zinsten aus ihrem<br />

Lehen 32 ß (jetzt 1 fl. 4 kr), nämlich aus 9 J Acker und 7%<br />

Mm Wiesen.<br />

4. Die Herrschaft Fürstenberg und Kaspar Ostertag (zuvor<br />

Eva Stierin) zahlten jährlich 8ß (oder 16 kr) aus 3J auf<br />

Hoppental (an ULB Frauen Stock-Holz von Bingen und<br />

an Gotteshausgütern von Zwiefalten gelegen) und aus<br />

Vi Mm Wiesen im Prüel.<br />

5. Hans Müller, Hans Bamberger und Abraham Trunken<br />

Erben (zuvor Ludwig Wolf und Hans Krammer7 gaben<br />

nach Zwiefalten jährlich 32 ß (bzw. jetzt 1 fl. 4 kr) aus<br />

I4V2J Acker und hVi Mm Wiesen und aus dem Holz<br />

Schweinsfeld.<br />

6. Hans Müller, Hans Bamberger und Abraham Trunken<br />

Erben (zuvor Ludwig Wolf und Hans Grammer!) gaben<br />

aus 1 Lehen 35 ß 4 hl (oder 1 fl. 10 kr und 4 hl) aus 24'/2J<br />

Acker, 7?A Mm Wiesen und 1 Wald am vorgenannten<br />

Holz.<br />

7. Martin Gramman und Hans Schluedin Wirt (zuvor<br />

Joseph Gramman) gaben aus ihrem Lehen 14 ß (oder<br />

28 kr), nämlich aus I5V2J Acker und VA Mm.


8. Joseph Herbst (zuvor sein Vater Hans) zinste nach Zwiefalten<br />

35 ß 4 hl (oder 1 fl. 10 kr 4 hl) aus 18 J Acker und 7 l A<br />

Mm Wiesen.<br />

9. Jakob Herbst (zuvor sein Vater Hans) zinste aus einem<br />

anderen Lehen 14 ß oder 28 kr, nämlich aus I6V4J Acker<br />

und PA Mm Wiesen.<br />

10. Hans Flad, Andreas Gramman, Hieronymus Gramman,<br />

Jakob Trunken Erben und Hans Miller wegen denen von<br />

Kaiseringen zinsen jährlich (zuvor Stephan Gramman<br />

und Hans Pfaff) 1 Pfunde Heller (oder 40 kr), nämlich aus<br />

19V2J Acker und VA Mm Wiesen.<br />

Summa summarum sind es 171 'A Jauchert Acker, 42 3 /t<br />

Mannsmahd Wiesen und einige nicht gemessene Wälder.<br />

»Die von Kaiseringen haben ihren gebührenden Teil nicht<br />

angezeigt.«<br />

An Familien kommen vor: Bamberger, Hans; Blum,<br />

Georg; Danner (Tanner), Jakob und Stoffel selig; Flad, Hans,<br />

Schultheiß; Flad, Georg selig; Gramman (oder Kramer!)<br />

Andreas, Jakobs Sohn; Gramman, Joseph selig; Gramman,<br />

Andreas und Martin, Gebrüder; Gramman, Stephan selig;<br />

Gramman, Hieronymus; Grammer, Hans selig; Grom,<br />

Georg, nach 1667; Gutknecht, Jakob; Herbst, Hans selig;<br />

Herbst, Jakob und Hans; Kläck, Hans = Kläck-Flad, Hans;<br />

Krammer, Hans selig (= Grammer!); Krämer, Matheus;<br />

Maurer, Hans; Müller (Miller), Hans des Bartlins Sohn;<br />

Miller, Klemens, nach 1667; Oschwald, Jakob; Ostertag,<br />

Kaspar; Pfaff, Hans des Klausen Sohn; Reiser, Jakob; Schluedin,<br />

Hans der Wirt; Schluedin, Hansjerg, nach 1667; Schluedin,<br />

Martin; Schnaittenberger, Christian; Schnitzer, Georg;<br />

Sick, Georg der Schmied; Speidel, Hans; Sprißler, Georg und<br />

Christoph; Stier, Eva selig; Trunk, Abraham selig und Jakob<br />

selig; Volk, Christoph; Wolf Ludwig selig.<br />

Aus Bingen sind genannt: Fischer, Christoph; Kappeler,<br />

Michael; Rhein, Jakob. Aus Hornstein: Gasser, Friedrich,<br />

und Sonntag, Jakob. Aus Veringendorf: Fauller, Hans; Hauspach,<br />

Hans; Ruoff, Jakob; Schuler, Hans.<br />

Flurnamen (die Esche sind nicht angegeben) von Ackern:<br />

Uf dem Wuest ob dem Höllwang, stoßt an Haselbrunnen und<br />

Hassis Acker; Im oberen Höllwang, Unterer Höllwang, 21J<br />

unterm Höllwang stoßen aufs Herrschaftsholz, ober auf des<br />

Inhabers Holz, das dem Gotteshaus Zwiefalten gehört. Zu<br />

Enkelkhofen am Kesseltäle; in der Baindhalde (Bindhalde); in<br />

der Mettina (Mettin, Mettna). Am Egelsperg und Kesseltäle;<br />

Wiesacker im Ried, stoßt beiderseits an des Gotteshauses<br />

Holz; im Oeschbrunnen am Herrschaftswald; Wiesacker zu<br />

Enkelkhofen; im Seefeld; zu Ensikhofen, stoßt an die Laudiert.<br />

3 J auf Hoppental (so neunmal), stoßen auf den Junker<br />

von Hornstein und den Binger Wald. Einhalb J daselbst<br />

zwischen dem Heiligen von Jungnau und dem Münchholz;<br />

im Lengenfeld (Lingenfeld). Uf Ensikhofer Staig; an der<br />

Mühlhalde und den Landgarb-Ackern; in Appengruob; im<br />

Tiefental; uf Hoppental an UFr. Stockholz von Bingen und<br />

an den Gotteshausgütern von Zwiefalten; zu Eschbrunnen;<br />

zu Eschbrunnen, stoßen an Laizer Hart und das Herrschaftsholz;<br />

zu Enkelkhofen, genannt Seeacker, stoßen an Baindter<br />

Halde; auf der Höhe; an der Halde ob der Mättin; gegen dem<br />

Engelsperg; am Hertensteiner 5 Ried, stoßt oben an die<br />

Zwiefalter Abtsgüter, unten an Martin Grammans Klostergüter;<br />

im Seefeld, stoßen auf die Straß; zu Enkelkhofen auf der<br />

Höhe; unter dem Weisen Weg; zu Enkelkhofen am Weisen<br />

Weg; im Seefeld, stoßen oben an Egelsperger Staig, unten an<br />

die Straß gegen Grunstaig; uf Hoppental im Zwerchwinkeltäle<br />

am Weg; 1J stoßt an die Mühlhalde; an Unser Frauen<br />

Holz von Bingen; unterhalb an Wuest; im Haubenzeil an den<br />

Reutäckern; auf Mühlhalden am Weg; am Zwerchwinkel; am<br />

Seefeld am Grunstaigweg, stoßt unten an den Trieb; vor<br />

Tiefentäle; auf Leinladt am Wiescker, stoßt unten auf die<br />

Lettenäcker; am Kapf am Trieble, stoßt unten ans Bannen-<br />

täle; im Gäßle, stoßt oben auf die Fuchshalde; im Endelfinger<br />

(Sindelfinger 4 ) Täle, stoßt unten auf die Gasse; im Seefeld,<br />

stoßt unten uf die Mühlwiesen; im Höllwanger Tal am<br />

Hohen Stich, ist ein Anwander; Unter dem Kalchstich an der<br />

Straß, stoßen oben uf den Wyenbrunnen, unten an den<br />

Kalchstich; 1J vor der Pfingsthüttin, stoßt unten auf den<br />

Weyen Brunnen; uf Hoppental an gnäd. Herrschaft Aecker;<br />

überm Haw; bei der Linden, stoßt auf U. Frauen Stockholz<br />

von Bingen und auf das Gotteshaus von Zwiefalten Anwander;<br />

unter dem Wuest, stoßt unten uf Ensikhofer Staig; auf<br />

der Clammen, stoßt an gnäd. Herrschaft Holz; auf Roßfeld<br />

im Münzental, stoßt oben auf die von Hornstein; auf der<br />

Mihlhalde, stoßt hinaus aufs Tiefentäle, vorn gegen dem Weg<br />

an die Mihlhalde; im Seefeld, stoßt unten auf den Trieb gegen<br />

die Brandhalde; auf Binger Weg; auf der langen Mühlhalde;<br />

2V4J auf Hoppental, stoßt auf die vordere Mühlhalde; oben<br />

im Zwerchwinkel, stoßt auf den Hornsteiner Weg; ueber dem<br />

Haw; im Langenfeld, stoßt oben auf Haubenzeil.<br />

Wiesen: Im Hertensteiner 5 Ried zwischen Lauchert und<br />

Holderwies; die Stadtwies; im Ried an Sigmaringer Gassen;<br />

in der Mettna; im Tal hinaus zwischen Lauchert und dem<br />

Gotteshausholz von Zwiefalten; die Talwiesen stoßen an die<br />

von Hitzkofen; im Seetal unter der Steinenbruck zwischen<br />

der Gasse und den Gottshausgütern; an der Schönen zwischen<br />

Lauchert und Zimmerhalden; in der Ziegelwiese an der<br />

Lauchert; in Hertenstein 5 am Wasser, stoßt oben und unten<br />

aufs Sigmaringer Holz; im Priel zwischen Lauchert und Saun;<br />

in Langwiesen, stoßt oben auf des Fleckens Espan, unten auf<br />

die Acker; in der Schönen zwischen Lauchert und Altwasser;<br />

zu Ensikhofen mit der Herdte, zwischen der Gasse und Hans<br />

Schluedin, stoßt an die Lauchert; unter dem Kackelstein 6 am<br />

Felsen und Lauchert; in Fählen (bzw. Fehlen) 7 an der Zimmerhalde<br />

und Lauchert. Zu Hörtenstein 5 stoßt an die Gstadwies<br />

und hinauf auf den Anwander; in Gemeinen Wiesen<br />

zwischen Lauchert und Gasse, streckt aufs Fleckenwiesle;<br />

ebenda im Tiefentaler Weg; auf dem Priel, stoßt oben auf des<br />

Fleckens und des Gotteshauses Espan, unten aufs Katzentürle;<br />

an der Ziegelwies und Beindhalde; auf dem Prüel an<br />

Wädelins Gäßlin; im Tiefental an der Lauchert; die Theuberoder<br />

Scheueries Wies zwischen des Fleckens Espan und<br />

Georg Sick, stoßt unten an des Wädelins Gäßlin; die Seewiese<br />

an der Gasse, anderseits Veringendorfer Wiesen; die Spitzwies<br />

am Wiesacker; auf dem Leinladt an der Kaplaneiwies<br />

von Veringendorf; auf dem Priel, stoßt oben auf den gemeinen<br />

Espan, hinten aufs Katzentürle, ist eine Wechselwies.<br />

Wälder: Ein Stockholz, genannt Schweinsfeld, stoßt heraus<br />

gegen Enkelkhofen; Holz unter dem Weisen Weg zwischen<br />

den Sigmaringern und an Schweinshalden hinein; ein Holz im<br />

Höllwang.<br />

Anmerkungen<br />

1<br />

Jungnauer Erneuerung: Hauptstaatsarchiv Stuttgart, H236,<br />

Nr. 81; Kopie im Staatsarchiv Sigmaringen.<br />

2<br />

E. König und K. O. Müller, Die Zwiefalter Chroniken, 1941, lateinisch<br />

und deutsch, S. 172-173. Schon Arsenius Sulger 1698 und der<br />

wackere Chr. F. Stälin 1847 haben Oppintal irrig mit Mochental bei<br />

Ehingen gleichgesetzt.<br />

3<br />

Die Burg Insinkofen, von der noch einige Mauertrümmer 2,1 km<br />

südlich von Jungnau nahe des linken Lauchertufers zu sehen sind,<br />

wird wohl schon 1138 verlassen gewesen sein (Hohenz. Heimat<br />

1969, Anhang S. 6).<br />

4<br />

Zu Sindelfingen: Mitt. Hohenz. 60, S. 62; Zu den verschwundenen<br />

Orten bei Jungnau vgl. Hohenz. Heimat 1965, S. 38.<br />

4a<br />

Frau bzw. Witwe eines älteren Kaspar Ostertag. Von 1613 an<br />

wurden ihnen 6 Kinder geboren.<br />

5<br />

Die Burg Hertenstein der Herren von Hornstein-Hertenstein auf<br />

Sigmaringer Gebiet, dort wo das Laucherttal sich verengt. Die Burg<br />

war schon 1449 Ruine.<br />

6<br />

Ob Kachelstein oberhalb Veringendorf?<br />

7<br />

Ob die Fehla bei Hettingen-Neufra gemeint war?<br />

27


HANS-DIETER LEHMANN<br />

Zur älteren Vorgeschichte von Kloster Beuron an der Donau<br />

Über die Gründungsgeschichte des Klosters Beuron wurden<br />

in jüngster Zeit widersprüchliche Ansichten vorgetragen.<br />

Anläßlich des 250jährigen Jubiläums der Beuroner Abteikirche<br />

hat sich Schöntag (1988, <strong>1989</strong>) mit den dort dargestellten<br />

Gründungs-Traditionen und ihrem historischen Hintergrund<br />

befaßt. Er sieht in Beuron ausschließlich eine Gründung<br />

der kirchlichen Reform des 11. Jahrhunderts und lehnt<br />

mit Herberhold (1955) die in gefälschter Urkunde behauptete<br />

karolingische Vorläufer-Gründung ab. Gezielte Manipulationen<br />

und dilettantische Fälschungen sollen zur Durchsetzung<br />

unbeweisbarer Rechtsansprüche systematisch die Tradition<br />

eines Alt-Beuron - »Pussen-Buron oder Montburon«<br />

- aufgebaut haben: darnach soll der Schwager Karls des<br />

Großen, der schwäbische Graf Gerold, anno 777 auf dem<br />

Kirchberg bei Fridingen, auf den Jurafelsen hoch über dem<br />

Donaudurchbruch ein Martinskloster gestiftet haben. Anno<br />

1077 soll es in einer Neugründung, dem heutigen Beuron,<br />

aufgegangen sein. Name und Patrozinium sollen dabei in das<br />

Donautal übertragen worden sein. In der Abteikirche sind<br />

beide Gründungen dargestellt. Die Überhöhung der Vorgänge<br />

in diesen Bildern unterstreicht das Streben der Abtei im<br />

18. Jahrhundert nach territorialer und rechtlicher Unabhängigkeit.<br />

In ihm sieht Schöntag den Antrieb für das Kloster,<br />

sich eine frei erfundene Vergangenheit zuzulegen.<br />

Der ein Alt-Beuron ablehnenden Meinung Schöntags stehen<br />

Hinweise entgegen, die diese Traditionen mindestens bis ins<br />

16.Jahrhundert zurück belegen. Stierle (1987) führt neben<br />

dem allein erhaltenen Deckblatt eines Liber fundationum die<br />

Auflistung der Pröpste Beurons an, die der Beuroner Chorherr<br />

und Egisheimer Pfarrherr Pirzschelin in einem Urbar<br />

niedergelegt hat. Um die Mitte des 16. Jahrhunderts müßten<br />

daneben noch die uns nur auszugsweise erhaltenen Annales<br />

Beuronenses existiert haben. Auch in der Zimmer'schen<br />

Chronik wird bereits in dieser Zeit über den Gründer von<br />

Beuron spekuliert. Die im 18. Jahrhundert im Bild dargestellten<br />

Traditionen können somit nicht frei erfunden sein oder als<br />

späte Erfindungen abgetan werden, nur weil sie heute nicht<br />

mehr urkundlich belegbar sind. Angesichts der Verluste im<br />

Beuroner Archiv erscheinen die dortigen späteren Fälschungsversuche<br />

verständlich: für anno 1571 ist auf dem oben<br />

WOLFGANG HERMANN<br />

erwähnten Deckblatt der Gründungsbeschreibung deren<br />

Raub durch die als Klostervögte fungierenden Herren von<br />

Enzberg bezeugt. Aus der Zeit des Niedergangs Beurons<br />

kennt die Zimmer'sche Chronik einen dort tätigen emsigen<br />

Leimsieder, der auch in den Zimmer'schen Urkundenbeständen<br />

Schaden angerichtet hat.<br />

Im folgenden soll versucht werden, für die umstrittene<br />

Beuroner Gründungs-Tradition auf einen wahren Kern zu<br />

schließen aus Quellen, die nicht von Beuroner Urkunden<br />

abhängen. Dabei wird von drei Tatsachen ausgegangen:<br />

1. vom Namen Beuron und seiner Bedeutung,<br />

2. vom Martins-Patrozinium der sagenhaften Urgründung,<br />

3. von der merkwürdigen Lage Alt-Beurons.<br />

7.um Namen Beuron<br />

Anläßlich der 1000-Jahr-Feier der Abtei Ottobeuren hat sich<br />

Dertsch (1964) mit den Ortsnamen auf -beuren auseinandergesetzt.<br />

Nach gängiger Auffassung (Walter 1948) gehören sie<br />

in die erste mittelalterliche Ausbauphase. Diese lag im<br />

11. Jahrhundert, zur Zeit der Gründung des Reformklosters<br />

Beuron, abgeschlossen lange Zeit zurück. Der Name Beuron<br />

muß für eine Neugründung somit von anderer Stelle in dieser<br />

Zeit übertragen worden sein; für eine Gründung des 11. Jahrhunderts<br />

ist er zu altertümlich. Er wird anno 861 urkundlich<br />

zusammen mit Fridingen und Buchheim genannt. Aus der<br />

Schreibung »in Purron« glaubte Walter (1948) auf das 7. oder<br />

8. Jahrhundert für die Entstehung der Beuren-Namen schließen<br />

zu können.<br />

Dertsch hat für die -beuren-Orte in Ost-Schwaben eine<br />

Funktion als kirchliche Zentren betont. Auffällig häufig ist<br />

der Ortsname im Raum zwischen Flandern und Österreich<br />

mit klösterlichen Niederlassungen verbunden. Aus der gleichen<br />

althochdeutschen Wurzel »bur« in ihrer Bedeutung<br />

eines einräumigen kleinen Gebäudes leiten sich die Ortsnamen<br />

»Betbur« am Ober- und Niederrhein her.<br />

Als Namensdeutung für »Beuren« und das altertümliche<br />

»Beuron« gibt Walter (1948) an: »bei den Schafhäusern«.<br />

Hierauf wird unten zurückzukommen sein.<br />

Das Wasserschloß der Herren von Neuneck (Fortsetzungaus Nr. 1 /<strong>1989</strong>)<br />

1. Allgemeines<br />

Sämtliche acht Fenster sind paarweise von aufgemalten Säulen<br />

eingefaßt. Diese besitzen unterschiedlich ausgeführte<br />

Kapitäle. Die Säulen, die den Eindruck von Rundsäulen<br />

machen, ruhen auf Gesimsen. Über den Fensterwölbungen<br />

sehen wir Guirlanden, die durch Darstellungen aus der<br />

Pflanzen- und Tierwelt ergänzt sind. Eine gleichartige Bereicherung<br />

finden wir unterhalb der aufgemalten Gesimse im<br />

1. Obergeschoß. Die Säulenschäfte haben zwar alle runde<br />

Wülste, insgesamt betrachtet weisen sie jedoch eine Verschie-<br />

28<br />

(Fortsetzung in Nr. 3 / <strong>1989</strong>)<br />

denheit in ihrer Gestaltung aus. Im Untergeschoß wurden<br />

drei horizontale Schießschlitze während der Erbauungszeit<br />

des Schlosses bzw. im Zeitalter der Musketen eingefügt.<br />

Diese drei sind gleichfalls bildnerisch umrahmt. Die beiden<br />

äußeren - jede in einen urwaldhaften Kopf eingearbeitet; zum<br />

Maul wurde der Schießschlitz - befinden sich oberhalb der<br />

äußersten Fenster. Der mittlere Schießschlitz ist nur von<br />

einem aufgemalten Steinwerk umgeben. Auf der darüberliegenden<br />

»Steinbank« sitzen Arabesken 9 auf, welche zwei<br />

Traubendolden umfangen.


2. Besonderheiten der einzelnen Fensterummalungen<br />

a) Uber dem Sturz: Auf den Säulenkapitälen sehen wir<br />

aufrechtsitzende Hasen, die mit ihren Vorderpfoten die<br />

Löffel hochhalten. Unter ihnen schauen Hofnarrengesichter<br />

auf uns herab. In der Mitte des Sturzbogens erblickt man eine<br />

gefüllte Obstschale mit Äpfeln, Birnen und eventuell Bananen.<br />

Unter dem Sims: Eine Laubguirlande mit einer herabhängenden<br />

Hopfenblüte.<br />

b) Über dem Sturz: Auf den Säulenkapitälen erheben sich<br />

bauchige Vasen, die den Leib von Vögeln, ausgestattet mit<br />

Adlerflügeln, bilden. Sie tragen Perlenketten um den Hals,<br />

die auf den Leib herunterhängen. Ihre Augen sind einander<br />

zugewandt. Im langen gebogenen Schnabel trägt der rechte<br />

»Vogel« ein dreiblättriges Kleeblatt, der andere eine nicht<br />

erkennbare Pflanze. Unter den Vögeln, im Kapitell verborgen,<br />

sind Köpfe erkennbar, die statt Ohren Flügel besitzen.<br />

Im Schaitelbogen des Fenstersturzes erblickt man eine Eule,<br />

wobei man an Hieronymus Bosch erinnert wird 10 . Unter dem<br />

Sims: Rechts und links außen sehen wir zwei Rinderköpfe,<br />

die einander nicht anblicken. Aus ihren Mäulern lassen sie<br />

zwei Bänder zur Mitte hin flattern.<br />

c) Über dem Sturz: Auf den Säulen stehen zwei Erdgloben,<br />

und der Äquator ist bei beiden durch einen umlaufenden<br />

Wulst erkennbar. Darunter finden wir »vermenschlichte«<br />

Schweinsköpfe. In der Mitte des Bogens sehen wir Blätter in<br />

arabesker Form. Unter dem Sims: Drei geflügelte Pferde<br />

kommen auf den Betrachter zu. Der mittlere Pferdekopf<br />

gehört zu dem »hinteren« Tier, wobei es uns die Stirn<br />

zuwendet. Die beiden anderen sind vorn zur Linken und<br />

Rechten und sehen sich in die Augen.<br />

d) Über dem Sturz: Über den Säulen erheben sich Amphoren<br />

mit langen schlanken Hälsen. Sie sind mit Obst gefüllt. Die<br />

Kapitäle unter ihnen sind einfach gehalten: es sind lanzettförmige<br />

Blätter. In der Mitte des Bogens sind Blätter wie beim<br />

vorigen Fenster angebracht. Unter dem Sims: Wald- oder<br />

Spitzmäuse mit großen Augen sitzen in gerankten Ästen.<br />

Diese reichen in die Mitte hinein und lassen eine geöffnete<br />

»Blumenzwiebel« herunterhängen.<br />

e) Über dem Sturz: Vom Betrachter her links außen gesehen<br />

und nahe der Ostfassade, blickt ein eberartiges Untier, mit<br />

der Schießscharte als Maul, auf den Betrachter herab. Die<br />

Hauer des Tieres ragen nach oben. Über der Säule an dieser<br />

Fensterseite war für eine zusätzliche Darstellung wegen der<br />

Gestaltung um den Schießschlitz herum kein Platz mehr.<br />

Dafür richtet sich auf der Säule gegenüber eine Meerkatze auf,<br />

die ihren Schweif hochstellt und ihre Zunge weit heraushängen<br />

läßt. In der Mitte des Sturzbogens streben von zwei Seiten<br />

»Schnabeltiere« einer Blüte zu. Unter den oberen Säulenschaftringen<br />

sehen wir Menschengesichter mit weit geöffneten<br />

Mündern. Hinter ihren Wangen stoßen die Haare zur<br />

Seite hin weg.<br />

f) Über dem Sturz: Auf dem rechten Säulenkapitell erhebt<br />

sich ein aufrecht sitzender Hase, der in einem Buch liest. Über<br />

dem linken Kapitell befindet sich die Ummalung des Schießschlitzes.<br />

Auf dem Sturzbogen sind Blätter und Stengel im Stil<br />

eines Kerzenleuchters zusammengefaßt.<br />

g) Über dem Sturz: Es ist das Fenster, das am tiefsten von<br />

allen in den Rundturm eingepaßt ist. Auf den korinthischen<br />

Kapitalen stehen Katzen, die die Schalmeien blasen. Auf dem<br />

Schaitel des Sturzbogens steht eine Vase, übergefüllt mit<br />

Blättern und Gras. Zwei Geißböcke springen von beiden<br />

Seiten auf diese zu. Das Gesims, welches unter diesem Fenster<br />

aufgemalt ist, ist auch das aufwendigste mit zahlreichen, nach<br />

unten kürzer werdenden Bänken.<br />

h) Über dem Sturz: Auf den oberen Säulenzonen sitzen zwei<br />

aufeinander zugewandte Enten, die von Blattwerk umgeben<br />

sind. Beide gehören einzig zur realistisch dargestellten Tierwelt.<br />

In der Mitte schaut der »Waldmensch« hervor, der<br />

Blätter statt Haaren besitzt; keine Ohren, aber dafür<br />

geschwungene kurze Hörner sehen läßt.<br />

Diese Bilderreihung ist am Nordostturm zu sehen, von den<br />

übrigen Rundtürmen birgt nur der Nordwestturm gleichartige<br />

Darstellungen. Diese befanden sich bei der Entdeckung<br />

in einem schlechten Zustand, so daß von einer Sichtbarmachung<br />

weitgehend Abstand genommen wurde. Nur bei zwei<br />

Fenstern waren die Malereien in solcher Qualität, daß sie<br />

sichtbar gemacht wurden. Sie befinden sich analog zu jenen<br />

am Südostturm auf gleicher Geschoßhöhe. Die gesamte<br />

Fensterordnung ist allerdings nach oben bis unter die Traufe<br />

des Rundturms verschoben.<br />

r . J<br />

V<br />

» Waldmensch« Wasserschloß Glatt. Foto W. Hermann.<br />

Auf der steinernen Brücke 11<br />

Der Blick geht nach oben. Betrachten wir die Vorderfront des<br />

mittelalterlich gebliebenen Torturms.<br />

Über dem steinernen Wappenrelief - Hunde halten wie schon<br />

erwähnt den viergeteilten runden Wappenschild - befindet<br />

sich ein weiterer waagerechter Schießschlitz. Darüber sehen<br />

wir die oben beschriebene Wappennische. Zuoberst erblicken<br />

wir eine vergitterte Fensteröffnung. Dem horizontal dreifach<br />

gegliederten Mauerwerk entspricht eine Bemalung in drei<br />

Stufen.<br />

1. Untere Partie<br />

Der Schießschlitz ist farblich »ummauert«. Blatt- und Blütenranken<br />

in Intarsienmanier 12 heben sich weiß vom rötlichen<br />

Farbton ab. Am unteren »Steinfries« hängt eine fledermausartige<br />

Gestalt. Sie besitzt zehn Krallen, die von den gezackten<br />

Flügeln ausgehen. Das menschenähnliche Gesicht mit weit<br />

geöffneten Augen läßt seine Zunge weit heraushängen.<br />

2. Mittlere Partie<br />

Zwei Rundsäulen begrenzen die hölzerne Wappentafel. Beide<br />

Säulen sind mehrfach durch Ringe gegliedert. Ihre Mittelteile<br />

werden von spitzen Blättern begrenzt, die von den Ringen<br />

aufsteigen bzw. abfallen.<br />

3. Obere Partie<br />

Auch die Fensteröffnung ist von zwei Säulen umgeben, und<br />

Schaftringe gliedern diese in drei Zonen. Bemerkenswert ist<br />

jedoch die vom Betrachter aus rechts zu sehende Säule, die als<br />

eine einfache aufsteigt und als Doppelsäule endigt. Ein vier-<br />

29


ändiges Gesims schließt Fenster und Säulen ab. Über dem<br />

Sturz sehen wir ein aufgezäumtes Rößlein, das über ein<br />

Phantasiegesträuch hinwegspringt.<br />

Kommen wir nun zur Westfront des Torturms. Zwei Schießschlitze,<br />

im Abstand von mehreren Metern übereinander,<br />

sind mit einem Mauerwerk wie auf der Frontseite ummalt.<br />

Darüber und darunter ist ein Rankenwerk, ähnlich dem am<br />

Nordostturm, angebracht. Der untere Schießschlitz diente<br />

dem Schützen, der im Durchgang auf Posten stand.<br />

An der Ostfront dieses Turmes haben wir zwei Schießschlitze<br />

wie gegenüber, und zwar in derselben Höhe mit diesen. Die<br />

oberen von ihnen entsprechen in ihrer Höhenanordnung dem<br />

Schlitz in der Eingangsfront unterhalb der neueingefügten<br />

hölzernen Wappentafel. An der Ostseite ist der untere<br />

Schießschlitz farblich umrahmt, jedoch ohne jegliches Beiwerk,<br />

jener darüber mit den bekannten Ranken der Frontpartie:<br />

weiß auf dem rötlich gehaltenen »Mauerwerk«, rot<br />

darunter auf dem weißen Putz. Auf der Oberkante der<br />

Einfassung haben wir wieder Arabesken, und in der Mitte der<br />

Ranken zeigt sich ein Jünglingswesen; halb knieend, halb<br />

sitzend, den Kopf in die rechte Hand gestützt.<br />

In der 3. Zone befindet sich eine Fensteröffnung in der<br />

gleichen Höhe wie an der Nordseite. Die Öffnung an der<br />

Ostseite beträgt aber nur die halbe Breite des Fensters in der<br />

Eingangsfront. Ein Sandsteinquader verringerte die Öffnung;<br />

die Malerei ist aber um die volle Breite ausgeführt. Umgebende<br />

Rundsäulen sind aufgetragen. Sie ruhen auf einem<br />

gebankten Sims und tragen auch einen solchen. Oben, in der<br />

Mitte des Sims, sehen wir den Kopf einer jungen Person.<br />

Lange Haare fallen zu beiden Seiten herab. Rechts und links<br />

auf dem Gesims ruhen zwei Zierformen; Hobelspänen ähnlich<br />

sind die Schmuckformen ausgeführt - und wie diese<br />

haben auch sie eingerollte Enden.<br />

Eine Überraschung brachte die Untersuchung des Tordurchganges<br />

nach irgendwelchen Bildresten. Das Kreuzgratgewölbe<br />

des Durchgangs war durch eine Rotbemalung hervorgehoben<br />

und ein Blütenwerk ersetzte den Schlußstein. Wichtig<br />

für die Geschichte des Schlosses und seiner Nutzung war<br />

die Entdeckung der aufgemalten Jahreszahl 1547. Und unter<br />

derselben fand sich, ca. 1 m lang, der kaiserliche Kammerherrenschlüssel.<br />

Er ist in schwarzer Farbe auf den weißen Grund<br />

aufgetragen, von links unten zu dem Schlüsselbart ansteigend.<br />

Schlüssel und Jahreszahl finden sich im Giebelfeld der<br />

rechten Wand.<br />

Im Hinblick auf die Baugeschichte des Schlosses und die<br />

Biographie Reinharts von Neuneck fällt es noch schwer, die<br />

Jahresangaben 1513 und 1547 zu verbinden. Was baulich in<br />

beiden Jahren geschah, kann nicht bestimmt gesagt werden.<br />

Die Jahreszahl 1513, die sich mit dem Wappen von Neuneck<br />

WALTER KEMPE<br />

über dem Torbogen befindet, könnte sich sowohl mit<br />

Umbauten am Schloß selbst oder nur mit Umgestaltungen am<br />

mittelalterlichen Torturm in Verbindung bringen lassen. Das<br />

Jahr 1513 ist vielleicht auch das Jahr, in dem Reinhart den<br />

Dienst als Marschalk des Pfalzgrafen Friedrich beendete 13 .<br />

Im Jahr 1547 war Reinhart vielleicht für immer in Glatt<br />

ansässig, denn für das folgende Jahr war er für das Ritterviertel<br />

am Neckar und Schwarzwald eingeschriebenes Mitglied H .<br />

Schlußüberlegungen:<br />

Unterweiler und seine Kapelle (Fortsetzung aus Nr. 1 /<strong>1989</strong>)<br />

II. KIRCHENBEHÖRDEN UND PFARREIEN<br />

Der politischen Veränderung nach 1806 folgte dann eine neue<br />

kirchliche Gliederung. Zuständig wurde nach einer Übergangszeit<br />

für die Orte des Königreichs Württemberg das<br />

Bistum Rottenburg bzw. der königliche katholische Kirchenrat<br />

in Stuttgart.<br />

Das hohenzollerische Ostrach gehörte bekanntlich seit 1811<br />

zum Kapitel Sigmaringen der katholischen Kirche, das dann<br />

1827 dem aus Baden und Hohenzollern gebildeten Erzbistum<br />

Freiburg unterstand.<br />

Diese Neuorganisation brachte eine Kontroverse über Unterweiler<br />

mit sich, die einige Jahrzehnte dauerte.<br />

30<br />

Wir fragen bei jeder Handlung nach dem Grund, hier können<br />

wir fragen, »Wozu diese Bildwerke an den Mauern des<br />

Wasserschlosses?« Wollte der Schloßherr die Besucher aufmuntern<br />

oder ihnen gar seine Launen vorführen, bevor diese<br />

über die Brücke in den inneren Schloßhof einzogen?<br />

Der Verfasser sieht sich nicht für kompetent an, über die<br />

Beschreibung der Bilder hinaus eine Deutung zu geben. Als<br />

Laie kann man die Symbole und Gestalten betrachten, weggehen<br />

und sagen: Welch ein Unsinn! Wenn die Bilder uns heute<br />

fremd sind, so waren sie den früheren Menschen vielleicht<br />

näher. Besaßen sie den Schlüssel, um zu begreifen, welche<br />

Interpretation der Welt hier gegeben wurde? Oder gehen die<br />

Bildwerke lediglich auf die persönliche Haltung und Weltsicht<br />

des Schloßherrn zurück, die Zeit im Narrenspiegel zu<br />

sehen?<br />

Die Fachleute mögen die Gelegenheit ergreifen, um aus ihrem<br />

Wissen heraus dem heutigen Betrachter »Lesehilfen« zu<br />

geben. Ernste Besucher könnten sich die Frage vorlegen, ob<br />

sich nicht doch hinter allen Bildern Wahrheiten verbergen,<br />

die unsere modernen Anschauungen in Zweifel ziehen.<br />

9<br />

Arabeske: (ital.) Ornament aus Blatt- und Rankenwerk, das<br />

plastisch aufgefaßt und in seiner Bewegung pflanzlichen Vorbildern<br />

nachgeformt ist.-Karl Busch und Hans Reuther, Welcher Stil<br />

ist das, Stuttgart 1964, S. 166<br />

10<br />

Heinrich Goertz, Bosch, Rowohlt Bildmonographien Nr. 237,<br />

Hamburg 1985. Dort findet sich noch eine ausführlich zitierte<br />

Literatur.<br />

11<br />

Zu Beginn des 18. Jahrhunderts war die Brücke über den Graben<br />

noch als Zugbrücke ausgeführt. Dies ersieht man aus dem<br />

»Anschlag zu den Verkaufsverhandlungen mit dem Kloster Muri«<br />

vom 22. Febr. 1705. - DS-Glatt, 151, Nr. 75.<br />

12<br />

Intarsia, ursprüngl. in Holz eingelegte Arbeit. Vorzugsweise in<br />

der ital. Frührenaissance, vor allem im Chorgestühl in der Certosa<br />

bei Pavia oder Sta. Maria Novella in Florenz. Intarsienmalerei galt<br />

dann als Ersatz für die mühevolle Einlegearbeit. - Brockhaus<br />

Konversationslexikon Bd. 9, Leipzig 1894, S. 641 und Tafel davor.<br />

13<br />

Joh. Ottmar, Die Burg Neuneck und ihr Adel, Göppingen 1974,<br />

S. 225<br />

14<br />

Dieter Hellstern, Der Ritterkanton Neckar-Schwarzwald<br />

1560-1805, Tübingen 1971, S.210<br />

Wenn wir Professor Memmingers Beschreibung des Oberamts<br />

Saulgau aus dem Jahre 1829 aufschlagen, so finden wir<br />

unter Unterweiler: »katholischer Weiler... Filial von Wald<br />

(Königseggwald), Hoßkirch und Ostrach, deren Pfarrer sich<br />

auch in die Zehnten teilen...« 10 .<br />

Der katholische Kirchenrat in Stuttgart wollte nun nach 1811<br />

den Zehntanteil der hohenzollerischen Pfarrei für Unterweiler<br />

ablösen und die Höfe den württembergischen Pfarreien<br />

Hoßkirch oder Königseggwald zuschlagen. Dies mißlang, da<br />

die Pfarrei Ostrach nachweisen konnte, daß schon 1224 bzw.


1324 dieses Zehntrecht als Teil der Pfarrpfründe vom Kloster<br />

Salem zugewiesen worden war. Die Ausstattung war noch<br />

rechtsbeständig, zumal sie das Kloster Salem 1491 dem<br />

Pfarrer Georg Moriz und 1593 dem Pfarrer Georg Weiß<br />

bestätigt hatte.<br />

Ähnliche Argumente galten für das andere württembergische<br />

Filial Laubbach 24a+b .<br />

Im Handbuch der Erzdiözese Freiburg erschienen dann auch<br />

1863 Unterweiler, Laubbach und Jettkofen weiterhin als<br />

Filialen der Pfarrei Ostrach 24 .<br />

III. DIE KAPELLE VON UNTERWEILER<br />

In diesem Handbuch sind als Kapellen der Pfarrfilialen von<br />

Ostrach aufgeführt:<br />

St. Nikolai zu Laubbach<br />

St. Wendelin zu Kalkreute<br />

St. Michael zu Wangen<br />

St. Catharina zu Jettkofen<br />

früher: Unserer Lieben Frau,<br />

heute: St. Wolfgang<br />

Die Kapelle von Unterweiler fehlt.<br />

Auch in den Pfarrbeschreibungen von Hoßkirch und<br />

Königseggwald des Diözesanarchivs Rottenburg aus der<br />

1. Hälfte des 19. Jahrhunderts wird die Kapelle nicht genannt.<br />

Lediglich im Realkatalog des Bistums Rottenburg von 1905<br />

ist unter Hoßkirch von einer Kapelle »bei Unterweiler« die<br />

Rede, mit dem Vermerk »bloß zur Privatandacht« 25 .<br />

Im neuen Gemeindearchiv Ostrach und im Pfarrarchiv<br />

Ostrach, das wir z. Zt. neu ordnen, fanden sich in Urkundenbüchern,<br />

Akten und Beschreibungen:<br />

1. unter Unterweiler aus dem Jahre 1840: »Eine Kapelle mit<br />

Plattendach und einem blechbedeckten Glockengestell.<br />

Ohne standesherrliche Bauleistung (Unterhaltsverpflichtung),<br />

Mauerstock und Eisenwerk. Brandkatasterwert 200<br />

Gulden. Inhaber: Ortsgemeinde 26 .<br />

2. Im Kirchenbuch der Ostracher Filialorte Jettkofen, Laubbach<br />

und Unterweiler liegt ein Fragment mit der Titelseite<br />

Weiler, 1808, 5 Bauern(höfe), 1 Capelle des Heiligen Johannes<br />

von Nepomuk - keine eigene Schule - zählt 32 Seelen 27 .<br />

Hiermit steht fest, daß im Jahre 1808 das Patrozinium des hl.<br />

Johannes von Nepomuk galt. Das Bild des Patrons hängt in<br />

der Kapelle neben dem Altar.<br />

In der amtlichen Beschreibung nach Kreisen und Gemeinden<br />

des Landes Baden-Württemberg von 1978 ist unter Unterweiler<br />

vermerkt: Hochbarock-Kapelle zu den 14 Nothelfern<br />

(17./18. Jahrhundert).<br />

Ein weiteres Bild in der Kapelle stellt die 14 Nothelfer mit<br />

Gebetsanrufung dar und ist mit der Jahreszahl 1804 versehen.<br />

Ob 1804 das Patrozinium der 14 Nothelfer galt, ist noch<br />

offen. Die Jahreszahl 1803 trägt ein Bild des hl. Andreas mit<br />

Christkind. Das 4. Bild, Kreuzabnahme, unter Halbfiguren<br />

der hll. Andreas und Katharina, trägt die Inschrift: Katharina<br />

Duellin Müllerin aus Yeckofen, 1816<br />

Die Müllersfamilie Duelli-Köberle<br />

Es ist anzunehmen, daß die Müllers-Familie in Jettkofen<br />

etwas mit der Stiftung der Kapelle zu tun hatte, zumal der hl.<br />

Johannes von Nepomuk auch als Patron der Müller gilt.<br />

Wann die Kapelle erbaut wurde, konnte noch nicht ermittelt<br />

werden. Es muß jedoch vor 1803 gewesen sein.<br />

Wie wir gesehen haben, bestanden zumindest pfarrmäßige<br />

Verbindungen zwischen Jettkofen und Unterweiler. Im<br />

Familienregister des vorgenannten Kirchenbuches konnte<br />

dann unter Jettkofen Näheres über Katharina Duelli gefunden<br />

werden (die Endsilbe »in« beim Familiennamen wurde<br />

damals für weibliche Familienmitglieder verwendet).<br />

Sie heiratete 1773 in Jettkofen den dortigen Müller Bonifatius<br />

Andreas Köberle, der 1806 starb. Ihr Sohn Karl, geb. 1781,<br />

dürfte die Nachfolge als Müller angetreten haben. Er heiratete<br />

1815. Ein Jahr später, 1816, wurde das 1. Kind, Franz Joseph,<br />

geboren. Es starb nach neun Monaten 28 .<br />

Die Geburt des vermutlich kranken Enkels könnte mit der<br />

Jahreszahl und dem Namen der (Witwe) Katharina Duellin<br />

auf dem Bild zusammenhängen.<br />

Pfarrer Joseph Anton von Mader (von 1816-1858 in Ostrach)<br />

erneuerte laut Pfarrchronik von Ostrach 1819 die Familienregister<br />

29 . Er erstellte im Jahre 1835 auch einen Stammbaum der<br />

Familie Duelli, wie er damals bei Stiftern von Jahrtagen üblich<br />

war. Es war der Stammbaum der Abkömmlinge des Amtmanns<br />

Franz Ignat Duelli mit seiner zweiten Frau Barbara,<br />

geb. Braun. Die Ehe wurde am 1. 5.1740 geschlossen. Katharina<br />

war das dritte Kind dieser Verbindung 30 .<br />

Es stellte sich heraus, daß die Familie Braun, vermutlich<br />

gleichen Stammes, schon 1623 sowohl in Jettkofen als auch in<br />

Unterweiler (Königseggsche Herrschaft) wohnte: Georg,<br />

Christian, Maria, Waldtpurga und Barbara Braun verkauften<br />

am 6. Mai 1623 gemeinsam ein halbes Haus in Ostrach 31 . Dies<br />

gehörte wahrscheinlich rund 60 Jahre zuvor, am 22. September<br />

1564, dem Christa Broun (Braun) und lag neben der<br />

unteren Schmiede, unterhalb der Kaplanei 32 .<br />

Wie zu erwarten, hat es damals verwandtschaftliche Beziehungen<br />

zwischen Einwohnern von Jettkofen und Unterweiler<br />

gegeben.<br />

Eine Reihe von Fragen über Unterweiler konnten geklärt<br />

werden. Das genaue Alter und der Anlaß der Errichtung der<br />

Kapelle wird jedoch nur noch zu ermitteln sein, wenn es<br />

gelingt, diesbezügliche Urkunden oder sonstige alte Schriftstücke,<br />

eventuell in privater Hand, zu finden.<br />

Zum Schluß soll noch darauf hingewiesen werden, daß die<br />

Holzbildwerke<br />

1. Johannes Evangelist (2. Hälfte des 15. Jhs.)<br />

2. hl. Bischof (15./16. Jh.)<br />

3. Auferstehungschristus (1. Drittel des 16. Jhs.)<br />

4. hl. Rochus (spätes 17. Jh.) 33<br />

wahrscheinlich, wie damals öfters üblich, aus älteren, neu<br />

hergerichteten Kirchen der Umgebung übernommen wurden<br />

und keinen Anhaltspunkt für das Alter der Kapelle geben.<br />

24<br />

Kath. Pfarramt Ostrach, Realschematismus der Erzdiözese Freiburg,<br />

Freiburg 1863, S. 523, Pfarrei Ostrach.<br />

24a<br />

Kath. Pfarrarchiv Ostrach, Zehntablösung der Pfarrei Ostrach<br />

1853-1854.<br />

24b<br />

StA Sigmaringen, Ho 199, Pk79, OA Sigmaringen, Acta betr.<br />

Pfarrei Ostrach 1856 und Ho207, 1815-1820; 1854; 109 II 2866.<br />

25<br />

Persönliches Schreiben vom 6.2.1987 vom Diözesanarchiv Rottenburg.<br />

26<br />

Gemeindearchiv Ostrach, Abt. Laubbach-Unterweiler, Brandversicherungskataster,<br />

1815 und 1840, Königl. Bezirksamt Aulendorf,<br />

Unterweiler, Nr. 17.<br />

27<br />

Kath. Pfarrarchiv Ostrach, Familienregister.<br />

28<br />

Wie Anm.27.<br />

29<br />

Kath. Pfarrarchiv Ostrach, Beiträge zu der Pfarrchronik von<br />

Ostrach.<br />

30<br />

Dto., besondere Familiensachen.<br />

31<br />

Wie Anm. 17, Ho 158, 1623, 6. Mai.<br />

32<br />

Wie Anm. 17, Ho 158, 1564, 22. Sept.<br />

33<br />

v. Matthey, Die Kunstdenkmäler des Kreises Saulgau, Deutsche<br />

Verlagsanstalt, 1938, S. 102.<br />

31


Verlag: <strong>Hohenzollerischer</strong> <strong>Geschichtsverein</strong><br />

Karlstraße 3, 7480 Sigmaringen<br />

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Z.um Tode von Josef Henselmann<br />

Einer der angesehensten Künstler unserer Zeit, der Bildhauer<br />

Josef Henselmann, ist am 19. Januar 1987 im gesegneten Alter<br />

von 88 Jahren von uns gegangen. Sein Name und sein Werk<br />

gehören mit in den großen religiösen Aufbruch, den die<br />

Kunst trotz aller Verweltlichung in diesem unserem Jahrhundert<br />

erfahren hat. Es ist eine Bewegung, die sich auch in<br />

unserer Zeit fortsetzt, Aufnahme bei den Jüngeren findet.<br />

Henselmann arbeitete gegenständlich und vor allem in Holz.<br />

Er war Schwabe (aus Laiz bei Sigmaringen), seine Eltern<br />

waren Bauern und Müller, die ihren Bub aber aufs Gymnasium<br />

schickten, offenbar, damit er einmal Theologie studiere.<br />

Doch zuerst mußte er als junger Soldat in den Ersten<br />

Weltkrieg. Zurückgekehrt, ging er nicht ins Priesterseminar,<br />

sondern nach München an die Kunstakademie, um Bildhauer<br />

zu werden. Es waren jene unruhigen zwanziger Jahre, als alt<br />

und neu heftig miteinander stritten. Der ruhig bedächtige<br />

Henselmann gehörte wohl eher zu den Konservativen, natürlich<br />

öffnete er sich auch dem expressionistischen Zug der Zeit.<br />

Schon früh wurde der Hochbegabte ausgezeichnet: 1925 mit<br />

dem Preußischen Staatspreis, 1930 mit dem Villa-Romana-<br />

Preis und im Alter von 38 Jahren war er schon Professor (an<br />

der Staatsschule für angewandte Kunst in München). An der<br />

Kunstakademie lehrte er dann von 1945 bis 1968, lange Jahre<br />

als deren Präsident.<br />

Die bedeutendsten Werke von Henselmann sind in Kirchen<br />

zu finden, am berühmtesten sind die monumentalen Hochaltäre<br />

in den Domen von Passau und Augsburg und das<br />

Triumphkreuz im Münchener Liebfrauen-Dom. Diese und<br />

viele Arbeiten in anderen Städten sind ohne Zweifel bedeutende<br />

Beiträge zur modernen christlichen Großplastik, wobei<br />

Henselmann zeigt, daß es durchaus möglich ist, in unbedingter<br />

moderner Formensprache, einen überzeugenden sakralen<br />

Ausdruck zu schaffen. Vor allem die harmonische Einfügung<br />

in die alten - wenn auch modernisierten - Sakralräume der<br />

Gotik und des Barock sind und bleiben bemerkenswert.<br />

Doris Schmidt schrieb in ihrem Nachruf in der »Süddeutschen<br />

Zeitung«: »Henselmanns bedeutendste Arbeiten sind<br />

aus der Geschichte der Nachkriegszeit nicht fortzudenken.«<br />

(Erschienen in Christ in der Gegenwart Nr. 6 1987)<br />

Mitgeteilt von Frau Hedwig Maurer, Lörrach<br />

HOHENZOLLERISCHE HEIMAT<br />

hrsggbn. vom Hohenz. <strong>Geschichtsverein</strong>.<br />

Die Zeitschrift »Hohenzollerische Heimat«<br />

ist eine heimatkundliche Zeitschrift. Sie will<br />

besonders die Bevölkerung in Hohenzollern<br />

und der angrenzenden Landesteile mit der<br />

Geschichte ihrer Heimat vertraut machen. Sie<br />

bringt neben fachhistorischen auch populär<br />

gehaltene Beiträge.<br />

Bezugspreis: 8.00 DM jährlich.<br />

Konto der »Hohenzollerischen Heimat«:<br />

803843 Hohenz. Landesbank Sigmaringen<br />

(BLZ 65351050).<br />

Druck:<br />

M. Liehners Hofbuchdruckerei GmbH & Co.,<br />

7480 Sigmaringen, Karlstraße 10.<br />

32<br />

Die Autoren dieser Nummer:<br />

Prof. Dr. Eberhard Gönner<br />

Tailfinger Straße 39<br />

7000 Stuttgart 80<br />

Wolfgang Hermann<br />

Fischinger Straße 55<br />

7247 Sulz<br />

Walter Kempe, Apotheker<br />

Silcherstraße 11<br />

7965 Ostrach<br />

Pfr. Johann Adam Kraus<br />

Badstraße 2<br />

7800 Freiburg-Littenweiler<br />

Dr. Hans Dieter Lehmann<br />

In der Ganswies 1<br />

7457 Bisingen<br />

Dr. Herbert Rädle<br />

Veit-Jung-Straße 13 a<br />

8430 Neumarkt<br />

Leserbriefe<br />

Hunger jähre 1816/17<br />

Frau Margarete Stein aus Ringingen schreibt uns: In einer<br />

Rosenkranzbibel, gedruckt im Jahr 1715, ist ein handschriftlicher<br />

Eintrag enthalten von einem Zimmergesellen aus dem<br />

Jahr 1817. Dieser Eintrag lautet wie folgt:<br />

»Anno 1817habe ich in Mösskirch gearbeitet. Mein Lohn war<br />

34 Kreuzer davon hab ich müssen leben und ein Viertel<br />

Kernen hat 6 Gulden gekost und 1 Pfd. Brot 20 Kreuzer und<br />

ein Pfund Schmaltz 52 Kreuzer. Da ist grosse Noth gewest im<br />

ganzen Land. Nun habe ich nicht mehr können leben. Nach<br />

diesem bin ich nach Mengen, dort war es noch viel ärger. Dort<br />

hat das Viertel Kernen 11 Gulden und 45 Kreuzer kost und<br />

ein Viertel Gersten 8 Gulden und bey der Zeit sind viel Leut<br />

gestorben wegen dem grossen Hunger. Bitte Gott inständig,<br />

dass er uns nicht gar verlasse. Von dieser Zeit kann man noch<br />

sagen in vielen Jahren wann wir nicht mehr leben.<br />

Dieses habe ich geschrieben<br />

Johann Georg Heinzelmann, Zimmergesell<br />

Ich habe es wohl auch erfahren, man hat sich müssen an den<br />

Brinnesslen (Brennesseln) und anderen Kräuter ernähren.«<br />

Bildnis des Eitelfriedrich III.<br />

Zum Beitrag Herbert Rädles über das Bildnis des Eitelfriedrich<br />

III. von Zollern (HH 38 S. 61 f.) ist anzumerken, daß die<br />

Identifizierung des sogen. Meisters von Meßkirch mit Peter<br />

Strüb d. J., wie sie Chr. Altgraf Salm und Dr. Ingenhoff<br />

vertreten, keineswegs einwandfrei erwiesen ist. Rädle scheint<br />

auch die Abhandlung von Dr. Josef Hecht über dieses Bildnis<br />

im Hohenz. Jahresheft 7 (1940) nicht zu kennen. S. 69 weist<br />

Hecht auf Hermann Voß hin, der das Sigmaringer Bild auf die<br />

Vorlage im Vatikan zurückführt (1910!). Hecht und Feuerstein<br />

stimmen dieser Möglichkeit zu. 9.1.89 J.S.B. (Josef<br />

Schülzle, Burladingen)<br />

Schriftleitung:<br />

Dr. med. Herbert Burkarth,<br />

7487 Gammertingen Telefon 07574/4211<br />

Die mit Namen versehenen Artikel geben die<br />

persönliche Meinung der Verfasser wieder;<br />

diese zeichnen für den Inhalt der Beiträge<br />

verantwortlich. Mitteilungen der Schriftleitung<br />

sind als solche gekennzeichnet.<br />

Manuskripte und Besprechungsexemplare<br />

werden an die Adresse des Schriftleiters erbeten.<br />

Wir bitten unsere Leser, die »Hohenzollerische<br />

Heimat« weiter zu empfehlen.


HÖH ENZOLLERISCHE<br />

HEIMÄT<br />

rrfAttl<br />

Herausgegeben vom<br />

Schloß Bergh nach seinem Wiederaufbau 1942<br />

M 3828 F<br />

Hohenzollerischen <strong>Geschichtsverein</strong><br />

39. Jahrgang Nr. 3 / September <strong>1989</strong><br />

Über den niederländischen Besitz des Hauses Hohenzollern-Sigmaringen und die Linie Hohenzollern-Sigmaringen-Bergh<br />

berichtet Dr. Otto H. Becker in diesem Heft.


OTTO H. BECKER<br />

Der ehemalige Besitz<br />

des Hauses<br />

Hohenzollern-Sigmaringen<br />

in den Niederlanden<br />

Ein historischer Rückblick unter<br />

Berücksichtigung der Partnerschaft<br />

zwischen Boxmeer und Sigmaringen<br />

1) Vorbemerkung<br />

Die unmittelbar wohl bedeutendste Auswirkung der französischen<br />

Revolution auf die deutsche Geschichte war die<br />

territoriale Umgestaltung Deutschlands und die daraus resultierende<br />

Auflösung des Alten Reiches im Zeitalter Napoleons.<br />

Wie Fritz Kallenberg herausgearbeitet hat, gelang es den<br />

Fürsten von Hohenzollern-Hechingen und Hohenzollern-<br />

Sigmaringen vor allem dank der Rückendeckung des stammverwandten<br />

preußischen Königshauses und der guten Beziehungen<br />

der Fürstin Amalie Zephyrine von Hohenzollern-<br />

Sigmaringen (1760-1841) zum Hof Napoleons der damals<br />

drohenden Mediatisierung 1806 durch ihre Aufnahme als<br />

souveräne Fürsten in den Rheinbund zu entgehen.<br />

Grundvoraussetzung für die Rangerhöhung der hohenzollernschen<br />

Fürsten war ihre Einbeziehung in das Entschädigungsgeschäft<br />

der Säkularisation 1802/3, wozu der Verlust<br />

ihrer Feudalrechte in den Niederlanden die rechtliche Grundlage<br />

bot. So erhielt Fürst Hermann von Hohenzollern-<br />

Hechingen (1751-1810) im Reichsdeputationshauptschluß<br />

1803 für seine verlorenen Feudalrechte in der Grafschaft<br />

Geulle und in den Herrschaften Mouffrin und Baillonville die<br />

dem Stift Kreuzlingen gehörige Herrschaft Hirschlatt in<br />

Oberschwaben und das landsässige Kloster Stetten. Durch<br />

das Reichsgesetz wurde dem Hechinger Fürsten außerdem<br />

das Recht eingeräumt, die in seinem Territorium gelegenen<br />

Klöster Rangendingen und St. Luzen sowie das Hechinger<br />

Kollegiatstift einzuziehen.<br />

Noch günstiger fiel die Entschädigung des Fürsten Anton<br />

Aloys von Hohenzollern-Sigmaringen (1762-1831) aus. Dieser<br />

erhielt im Reichsdeputationshauptschluß für seine verlorenen<br />

Feudalrechte in den Herrschaften Boxmeer, Dixmuiden,<br />

Bergh, Gendringen, Etten, Wisch, Pannerden und Millingen<br />

die dem Kloster Muri in der Schweiz zugehörige<br />

Herrschaft Glatt, das Augustinerchorfrauenstift Inzigkofen,<br />

das Augustinerchorherrenstift Beuron und das Benediktinerinnenkloster<br />

Holzen bei Dillingen in Bayerisch Schwaben.<br />

Die niederländische Erbschaft begründete wie Fritz Kallenberg<br />

einmal wohl zurecht feststellte, den späteren Reichtum<br />

der bis dahin keineswegs wohlhabenden Sigmaringer Linie.<br />

Der Bedeutung der niederländischen Besitzungen für das<br />

Haus Hohenzollern-Sigmaringen und damit auch für die<br />

34<br />

Landesgeschichte Hohenzollerns eingedenk, soll im folgenden<br />

deren Erwerb kurz beleuchtet und danach ihre geschichtliche<br />

Entwicklung im Rahmen des Fürstl. Gesamtbesitzes bis<br />

zum endgültigen Verkauf im Jahre 1912 dargestellt und<br />

abschließend auf die bestehenden Beziehungen zwischen<br />

Boxmeer in Holland mit Sigmaringen eingegangen werden.<br />

2) Die niederländische Erbschaft des Hauses Hohenzollern-<br />

Sigmaringen<br />

Der Erwerb der Besitzungen in den Niederlanden war das<br />

Ergebnis einer geglückten dynastischen Heiratspolitik. 1666<br />

heiratete Fürst Maximilian I. von Hohenzollern-Sigmaringen<br />

(1636-1689) die Gräfin Maria Clara von Bergh (1644-1715),<br />

deren Bruder, Graf Oswald III. von Bergh, 1712 als letzter<br />

Sproß seines Geschlechts starb. Der Graf hatte in seinem<br />

Testament die Fürstin Maria Clara zu seiner Universalerbin<br />

mit der Auflage eingesetzt, daß sie ihre Rechte an ihren<br />

zweitgeborenen Enkel, den Grafen Franz Wilhelm von<br />

Hohenzollern-Sigmaringen (1704-1737), abtreten und dieser<br />

den Namen und das Wappen des gräflichen Hauses Bergh als<br />

»Graf zum Bergh und Hohenzollern« annehmen und in den<br />

Niederlanden residieren sollte.<br />

Graf Franz Wilhelm zog nach Bergh und begründete die<br />

Nebenlinie Hohenzollern-Sigmaringen-Bergh. Seine älteste<br />

Tochter, die Gräfin Johanna von Hohenzollern-Bergh<br />

(1727-1787), wurde 1749 mit ihrem Vetter, dem damaligen<br />

Erbprinzen Karl Friedrich von Hohenzollern-Sigmaringen<br />

(1724-1785) verheiratet. Die jüngere Tochter Maria Theresia<br />

war Stiftsdame in Remiremont (Vogesen); sie starb am 28.10.<br />

1800 in Sigmaringen.<br />

Die Nachfolge des Grafen Franz Wilhelm in Bergh trat 1737<br />

dessen Sohn, Graf Johann Baptist von Hohenzollern-Bergh<br />

(geb. 1728), an, der als »der tolle Graf« noch heute im<br />

Gedächtnis vieler Niederländer lebendig ist. Durch seine<br />

unglückliche Ehe mit der Gräfin Maria Benonia von Lodron<br />

endgültig aus dem seelischen Gleichgewicht gebracht, zeichnete<br />

er sich eigentlich nur durch Untaten aus. So erstach er<br />

offensichtlich grundlos 1748 den Kaufmann Ansay in Boxmeer<br />

auf offener Straße. Seiner Gefangennahme durch den<br />

Rat von Brabant entzog er sich durch Flucht. Sein Vorhaben,


in preußischen Militärdiensten unterzutauchen, lehnte König<br />

Friedrich II. rundweg ab.<br />

Er lebte anschließend, von seiner Gemahlin getrennt, vornehmlich<br />

in seiner Herrschaft Boxmeer an der Maas. Dort<br />

schoß er 1757seinen Diener, den Husar Friedrich, mit dem er<br />

wegen der Politik in Streit geraten war, nieder. Er ergriff<br />

sofort die Flucht und nachdem sein Gesuch an das Kapuzinerkloster<br />

Rheinberg, ihm Asyl zu gewähren, abgelehnt<br />

wurde, ließ er sich vom Husarenkorps des französischen<br />

Partisanenobersten Fischer anwerben. Auch mit diesem<br />

Korps verübte der »tolle Graf« viele Gewalttätigkeiten.<br />

Schließlich wurde Graf Johann Baptist 1758 durch österreichische<br />

Truppen im Franziskanerkloster in Elten, wo er<br />

Unterschlupf gefunden hatte, verhaftet und auf die Feste<br />

Hohentwiel gebracht. Da sein Schwager, Fürst Karl Friedrich,<br />

auch dieses Gefängnis als zu unsicher wähnte, wurde der<br />

Graf schließlich nach Haigerloch übergeführt, wo er nach<br />

20jähriger Haft als letzter männlicher Abkömmling des Hauses<br />

Hohenzollern-Bergh 1781 an einem Herzschlag starb.<br />

Die Grafschaft Bergh mit Zubehörungen fiel an seine älteste<br />

Schwester, die nunmehrige Fürstin Johanna von Hohenzollern-Sigmaringen.<br />

Nach dem Tod der Fürstin 1787 gelangte<br />

diese an ihren Sohn, den Fürsten Anton Aloys (1762-1831),<br />

und damit an das Haus Hohenzollern-Sigmaringen.<br />

Den Mittelpunkt des ererbten Komplexes bildete die alte<br />

Grafschaft Bergh mit dem Hauptort 's Heerenberg und den<br />

dazugehörigen Herrschaften Wisch, Gendringen und Etten<br />

mit den Orten Pannerden, Millingen, Bylandt und Ogten in<br />

der Provinz Geldern am Niederrhein. Ferner gehörten dazu<br />

der Besitz der Freiherrlichkeit Boxmeer an der Maas und<br />

Herrschaft Dixmuiden in Flandern. Der Erbfall setzte das<br />

Haus Hohenzollern-Sigmaringen nach über 200 Jahren wieder<br />

in die Lage, bedeutendere Ankäufe zu tätigen. Es waren<br />

dies 1786 der Kauf der Herrschaft Bittelschieß bei Krauchenwies<br />

und 1789 der Erwerb der Herrschaft Hornstein mit dem<br />

halben Dorf Bingen.<br />

3) Der Besitz in den Wirren der französischen Revolution<br />

und in der Zeit Napoleons<br />

Die niederländischen Besitzungen, die übrigens niemals mit<br />

dem Fideikommiß des Fürstl. Hauses verbunden wurden,<br />

bereiteten Fürst Anton Aloys in der Folgezeit viele Sorgen<br />

und Probleme. So wurde der Komplex Grafschaft Bergh mit<br />

Zubehörungen infolge der Expansion des revolutionären<br />

Frankreichs auf dem linken Rheinufer beschlagnahmt und die<br />

mit den Gütern verbundenen Hoheitsrechte verstaatlicht.<br />

Der Diplomatie des Fürsten ist es dann aber nach größten<br />

Anstrengungen gelungen, 1801 von der Batavischen<br />

Republik, wie die Niederlande nunmehr genannt wurden, für<br />

325000 fl den größten Teil seines Besitzes in der Provinz<br />

Geldern aus der Beschlagnahme auszulösen und 1802 darüber<br />

hinaus, worauf eingangs schon hingewiesen wurde, für den<br />

Verlust der Feudalrechte in den Niederlanden mit Säkularisationsgut<br />

im Umkreis der gefürsteten Grafschaft entschädigt<br />

zu werden.<br />

Demgegenüber gelang es Fürst Anton Aloys nicht, die<br />

Beschlagnahme der Freiherrlichkeit Boxmeer rückgängig zu<br />

machen. Er überließ schließlich 1804 die Herrschaft mit dem<br />

Millinger Weerd kaufweise der Batavischen Republik. Im<br />

gleichen Jahr trat der Fürst die Herrschaft Dixmuiden an<br />

Frankreich ab. Die Güter zu Pannerden hatte der Fürst<br />

bereits 1801 für 230000 fl an den Rentmeister van Nispen und<br />

an den Generaladministrator van Hoevel verkauft.<br />

Diese Entwicklung beschrieb der Geheime Rat von Huber in<br />

einem Bericht aus dem Jahre 1819 mit den folgenden Worten:<br />

»Die Domainen des gräflichen Hauses Bergh, als selbe an das<br />

Fürstliche Haus Hohenzollern Sigmaringen gelanget, sind<br />

von bedeutendem Umfange, vielleicht der schönste und<br />

größte Güterbesitz in Holland gewesen. Die Stürme der<br />

Staatsumwälzung, beträchtliche in diesen Zeiten, und noch<br />

früher vorgenom[m]enen Veräußerungen haben dieses schäzbare<br />

Eigenthum wohl über einen 3 t[en] Theil verringert.«<br />

4) Die Organisation der Fürstl. Verwaltung in der 1. Hälfte<br />

des 19. Jahrhunderts<br />

Der bedeutende Besitz des Fürstl. Hauses Hohenzollern-<br />

Sigmaringen setzte sich aus einzelnen herrschaftlichen<br />

Gebäuden, aus ganzen Hofgütern, aus einzelnen Wiesen,<br />

Ackerfeldern, Weiden und Wäldern, aus Wind- und Roßmühlen,<br />

aus Groß-, Klein- und Blutzehnten, Jagden, Fischereien,<br />

Brückengefällen sowie aus einzelnen unablösigen<br />

Geldzinsen zusammen. Der Besitz war freies Eigen des<br />

jeweiligen regierenden Fürsten von Hohenzollern-Sigmaringen.<br />

Sein Wert wurde 1835 bei der Ermittlung der Erbschaftssteuer<br />

nach dem Ableben des Fürsten Anton Aloys 1831 mit<br />

1 185607fl angegeben.<br />

Die Bewirtschaftung der Güter erfolgte nach einem damals in<br />

Holland üblichen Pachtsystem. In der Regel wurden die<br />

Güter und Gefälle im Aufstreich für die Dauer von 6 Jahren<br />

verpachtet, worüber jeweils notariell beglaubigte Pachtverträge<br />

angefertigt wurden. Den Einnahmen standen freilich<br />

beträchtliche <strong>Ausgabe</strong>n gegenüber, die sich vornehmlich aus<br />

jährlichen staatlichen Steuern, Kapitalzinsen, <strong>Ausgabe</strong>n für<br />

Besoldungen und Pensionen, Kosten für die Unterhaltung<br />

der herrschaftlichen Gebäude, Mühlen, Brüche und Grabenöffnungen<br />

zusammensetzten. Dennoch erwirtschaften die<br />

Fürstl. Rentämter in Holland, wie wir aus den Jahresrechnungen<br />

entnehmen können, stets schwarze Zahlen. Im<br />

Rechnungsjahr 1823 beispielsweise betrug deren Überschuß<br />

insgesamt 37357fl 29 kr. Auf Wunsch des damaligen Erbprinzen<br />

Karl von Hohenzollern-Sigmaringen (1785-1853)<br />

wurden ihm 1830 anstelle der Einkünfte des Fürstl. Rentamts<br />

Wald die der Fürstl. Besitzungen in Holland als Apanage<br />

zugewiesen.<br />

Die Verwaltungsorganisation der ehemaligen Grafschaft<br />

Bergh wurde von Fürst Anton Aloys übernommen und bis<br />

1824 im wesentlichen beibehalten. An der Spitze der Verwaltung<br />

stand ein mit außerordentlichen Vollmachten ausgestatteter<br />

Generaladministrator, ein Amt, das seit den Tagen des<br />

Grafen Johann Baptist von Hohenzollern-Bergh in der Familie<br />

van Hoevel vererbt wurde. Dem Generaladministrator<br />

unterstanden zu Beginn des 19. Jahrhunderts fünf Rentämter<br />

nämlich das sogen. Landrentamt 's Heerenberg und die<br />

Rentämter Millingen, Wisch, Gendringen und Etten (vereinigt)<br />

und Ogten. Ihre Zahl war 1819 auf die folgenden drei<br />

zusammengeschrumpft: das Landrentamt 's Heerenberg<br />

(vereinigt mit dem Rentamt Millingen), das Rentamt Gendringen<br />

und Etten (vereinigt mit dem Rentamt Wisch) und<br />

das Rentamt Ogten. Es wurden jedoch auch weiterhin fünf<br />

Rentamtsrechnungen geführt.<br />

Ferner unterstanden dem Generaladministrator vier Förster,<br />

die in Montferland, Bredenbroek, Varsseveld und Silleveld<br />

saßen, der Burggraf, der für das herrschaftliche Bauwesen,<br />

darunter vor allem für das Schloß Bergh, zuständig war, und<br />

die übrigen Subalternbediensteten. Eine klare Abgrenzung<br />

der Geschäftsbereiche gab es bei den Verwaltungsbehörden<br />

des Fürstl. Hauses in den Niederlanden nicht. Der Generaladministrator<br />

konnte alles an sich ziehen und, von der weit<br />

entfernten Fürstl. Regierung in Sigmaringen kaum kontrolliert,<br />

nach seinem Gutdünken entscheiden. Alle Beamten und<br />

Bediensteten, auch die Rentmeister, waren den Weisungen<br />

des Generaladministrators untergeordnet.<br />

Die Kritik der Fürstl. Verwaltung an der nachgeordneten<br />

Verwaltung in den Niederlanden entzündete sich vor allem an<br />

35


der umständlichen und schleppenden Rechnungsführung der<br />

Rentämter. Der Geheime Rat von Huber, der 1819 die Fürstl.<br />

Besitzungen in Holland inspizierte, machte in seinem ausführlichen<br />

Reisebericht vor allem die autokratische Stellung<br />

des Generaladministrators van Hoevel für die aufgetretenen<br />

Mißstände verantwortlich. 1824 wurde schließlich eine Kommission<br />

unter der Leitung des nunmehrigen Regierungspräsidenten<br />

von Huber gebildet, die die Verhältnisse in den<br />

Niederlanden analysieren und Vorschläge für eine Reorganisation<br />

der Fürstl. Verwaltung dort erarbeiten sollte.<br />

Nach ihren Ermittlungen in Holland berichtete die Kommission<br />

unterm 12.9. 1824 der Geheimen Konferenz u. a. folgendes:<br />

»Der Erfolg dieser bis ins kleinste Detail gehenden<br />

Untersuchung hat uns die Überzeugung gegeben, daß nur<br />

dan[n] eine geregelte Kontrolle herzustellen sey, wen[n] das<br />

Ganze in einer einzigen Verwaltung vereiniget, dabei aber die<br />

Administration von der Comptabilität auf das schärfste<br />

geschieden werde.<br />

Von dieser Grundlage ausgehend haben wir den Plan der<br />

ganzen Organisation entworfen mit dem Localbeamten, welcher<br />

uns dafür geeignet schien, besprochen und in Folge<br />

dieser Beratschlagung die Organisation in den beiliegenden<br />

Instruktionen für die Administration, den Rentmeister und<br />

die untergeordneten Bediensteten bearbeitet.«<br />

Die Vorschläge der Kommission wurden von der Geheimen<br />

Konferenz, der obersten Landesbehörde im Fürstentum<br />

Hohenzollern-Sigmaringen, im Oktober 1824 gebilligt. Das<br />

Gremium ernannte den bisherigen Rentmeister von Wisch,<br />

Ludwig Carl Jacob van Nispen, zum Administrator. Die<br />

noch bestehenden drei Rentämter wurden mit Wirkung zum<br />

1. Januar 1825 in dem neu errichteten Fürstl. Rentamt<br />

s'Heerenberg vereinigt und Wilhelm van Ditzhuizen zum<br />

Rentmeister bestellt.<br />

Durch die gleichzeitig erlassenen Instruktionen wurden die<br />

Geschäftsbereiche des Administrators und des Rentmeisters<br />

völlig voneinander getrennt und beide, Rentmeister wie<br />

Administrator, unmittelbar der Fürstl. Landesregierung in<br />

Sigmaringen unterstellt. Dem Administrator oblag fortan die<br />

Aufgabe, für den Erhalt der herrschaftlichen Domänen,<br />

Forste und Gebäude Sorge zu tragen. Ihm unterstellt waren<br />

die Förster und der Burggraf. Die Fürstl. Landesregierung<br />

behielt sich jedoch ausdrücklich das Recht vor, in Fällen von<br />

Abstiftungen von Verpachtungen sowie bei Bauungen und<br />

Reparaturen selbst zu entscheiden. Der Administrator war<br />

ferner dazu verpflichtet, die Pächter anzuleiten und für die<br />

Bezahlung der Pachtzinse Sorge zu tragen. Das Rentamt war<br />

fortan für die Verrechnung aller herrschaftlichen Einkünfte<br />

zuständig und hatte die Jahresrechnungen zu führen.<br />

Die Reorganisation der Fürstl. Verwaltung in den Niederlanden<br />

verfehlte ihre Wirkung nicht. Doch auch in der Folgezeit<br />

erwies sich die Kontrolle dieser weit entfernten und außerhalb<br />

des Deutschen Bundes tätigen Verwaltung für die Sigmaringer<br />

Regierungskollegien als schwierig. Vor allem aber die<br />

jährlichen Steuern und nicht zuletzt die Erbschaftssteuern,<br />

die für den Komplex an das Königreich der Niederlande<br />

abzuführen waren, ließen in der Sigmaringer Zentrale immer<br />

wieder Pläne heranreifen, den niederländischen Gesamtbesitz<br />

zu veräußern. Tatsächlich ist es jedoch nur zum Verkauf<br />

einzelner Realitäten gekommen, die einzeln aufzuzählen, den<br />

Rahmen der Studie sprengen würde.<br />

5) Der Besitz von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum<br />

Verkauf im Jahre 1912<br />

Die Fürstl. Verwaltung in den Niederlanden unterstand von<br />

1817 bis 1832 unmittelbar der Fürstl. Landesregierung in<br />

Sigmaringen, die ihrerseits der Geheimen Konferenz als<br />

oberster Landesbehörde zugeordnet war. Noch vor der<br />

Verkündigung der Verfassung für das Fürstentum Hohenzol-<br />

36<br />

lern-Sigmaringen 1833 begann Fürst Karl damit, die Verwaltung<br />

des Fürstl. Fideikommißvermögens und den Allodialbesitz<br />

aus der allgemeinen Landesverwaltung herauszulösen<br />

und bestellte zu diesem Zweck 1832 die Fürstl. Hofkammer<br />

als eigene Mittelbehörde für die Verwaltung der Fürstl.<br />

Domänen und Forsten. Auch die Fürstl. Administration und<br />

das Rentamt 's Heerenberg in Holland waren seitdem dieser<br />

Mittelbehörde unterstellt.<br />

Diese Verwaltungsstruktur erfuhr infolge der Resignation<br />

des Fürsten Karl 1848 eine nachhaltige Veränderung. Der<br />

Fürst trat zwar die Regierung des Fürstentums und den<br />

Fürstl. Hausfideikommiß an seinen Sohn, den nunmehrigen<br />

regierenden Fürsten Karl Anton (1811-1885) ab, behielt sich<br />

aber neben einigen Objekten wie z.B. das Landhaus Krauchenwies<br />

die von ihm zwischen 1839 und 1842 erworbenen<br />

Güter in Böhmen und den niederländischen Allodialbesitz als<br />

persönliches Eigentum vor. Der abgetretene Fürst schuf als<br />

oberste Verwaltungsbehörde für seine Hofhaltung und für<br />

seine Domänen und Forsten die sogen. Allodialverwaltung<br />

Sr. Durchlaucht des Fürsten Karl von Hohenzollern mit Sitz<br />

in Milletitz in Böhmen. Für den Bereich der Domänen und<br />

Forsten schuf der Fürst als Mittelbehörde die Fürstl. Hohenzollernsche<br />

Domänendirektion mit Sitz im böhmischen<br />

Bistritz und unterstellte dieser die einzelnen Lokalverwaltungen<br />

in Böhmen und Holland.<br />

Diese Verwaltungsorganisation war freilich nur von kurzer<br />

Dauer. Nach dem Ableben des Fürsten Karl 1853 fielen auch<br />

dessen Eigengüter an Fürst Karl Anton von Hohenzollern-<br />

Sigmaringen, der diese dann alsbald wieder der Fürstl. Hofkammer<br />

unterstellte, wobei der Allodialbesitz in Holland aus<br />

der Direktion in Böhmen wieder herausgelöst wurde.<br />

Auch unter Fürst Karl Anton blieb das alte Problem der<br />

Kontrolle der niederländischen Verwaltung weiterbestehen.<br />

Da nach niederländischem Recht auch eine Einverleibung<br />

dieses Allodialbesitzes in den Fürstl. Verwaltung, die nach<br />

dem Anschluß der hohenzollernschen Fürstentümer an<br />

Preußen 1850 das Staatsgebiet des Königsreichs ohnehin für<br />

den Erwerb von Grund und Boden favorisierte, die mit<br />

Steuern belasteten holländischen Güter zu veräußern.<br />

Als diese Pläne nicht zu dem erwünschten Ergebnis führten,<br />

entschloß sich die Fürstl. Verwaltung dazu, ihre niederländische<br />

Verwaltung zu straffen. Mit Wirkung zum 1. Januar<br />

1864 wurde die bisherige Verwaltungsstelle des Administrators<br />

mit der des Rentamts 's Heerenberg vereinigt und der<br />

Fürstl. Finanzrat Freiherr von Godin zum Administrator<br />

ernannt. Zur besseren Rechnungsführung wurde außerdem<br />

die Stelle eines Kassiers geschaffen. Dieser Behörde blieb die<br />

Forstverwaltung unterstellt, die damals nur noch aus den<br />

Revierverwaltungen Wisch und Montferland bestand.<br />

Die Fürstl. Verwaltung in Sigmaringen hielt indes an ihren<br />

Verkaufsplänen fest. 1875 konnten schließlich die Fürstl.<br />

Güter in den Gemeinden Aalten, Borghees und im Amt<br />

Doetinchem sowie die Waldungen des Reviers Wisch verkauft<br />

werden. Seitdem bestand die Fürstl. Forstverwaltung in<br />

Holland nur noch aus der Revierverwaltung Montferland.<br />

Die weiteren Veräußerungen einzelner Realitäten bewirkten<br />

den weiteren Abbau der Fürstl. Verwaltung in den Niederlanden.<br />

Nach Übertragung der Funktion des Administrators<br />

auf den Rentmeister Steinberger 1876 firmierte die Fürstl.<br />

Verwaltung in Holland nur noch als Fürstl. Hohenz.<br />

Rentamt 's Heerenberg, der die Forstverwaltung resp.<br />

Revierverwaltung Montferland zugeordnet blieb. 1883<br />

schließlich wurden das Rentamt und die Revierverwaltung in<br />

Personalunion dem Forstbeamten Laurentius Meyer übertragen;<br />

er führte die Amtsbezeichnung Rentmeister und Forstverwalter.


Nach dem Handbuch der Hofkammer-Verwaltung wies der<br />

Fürstl. Allodialbesitz in Holland 1898 die folgenden Flächen<br />

auf:<br />

Grundfläche der Gebäude und Hofräume 3,4564 ha<br />

Gärten 6,9603 ha<br />

Äcker 204,1501 ha<br />

Wiesen 4,5775 ha<br />

Waldungen 1,343,7242 ha<br />

Weiden, Ödungen u.Wege 85,8612 ha<br />

1,648,7297 ha<br />

Fürst Wilhelm (1864-1927), seit 1905 Chef des Hauses<br />

Hohenzollern, trieb die Veräußerung des holländischen Allodialbesitzes<br />

konsequent weiter. So konnten in den Jahren von<br />

1905 bis 1906 der gesamte Fürstl. Besitz auf der Gemarkung<br />

Didam verkauft werden. Nach diesen und weiteren Veräußerungen<br />

umfaßte der Fürstl. Besitz 1911 in Holland noch die<br />

folgenden Flächen:<br />

Grundfläche der Gebäude und Hofräume 2,8367 ha<br />

Gärten 3,2129 ha<br />

Äcker 62,5901 ha<br />

Wiesen 4,5775 ha<br />

Waldungen 1,149,3461 ha<br />

Weiden, Ödungen u.Wege 31,2390 ha<br />

1,253,8023 ha<br />

Im Hinblick auf den projektierten Ausverkauf der Fürstl.<br />

Besitzungen in den Niederlanden wurde nach dem Tod<br />

des Fürstl. Domänenrats Meyer am 23. Januar 1911 das Rentamt<br />

's Heerenberg nur noch als Provisorium weitergeführt<br />

und die forstliche Verwaltung dem Förster Leo Le Mire<br />

und die Kassenverwaltung dem Buchhalter Jan Thuis übertragen.<br />

Nach langwierigen Verhandlungen mit holländischen und<br />

deutschen Kauflustigen konnte der noch verbliebene Besitz<br />

mit dem Schloß Bergh mit Kaufvertrag vom 1. November<br />

1912 für 825000 M an den niederländischen Textilfabrikanten<br />

Dr. Jan Herman van Heek verkauft werden. Dem Förster Le<br />

Mire war schon früher zum 31. Dezember 1912 gekündigt<br />

worden. Der Buchhalter Thuis schloß die Jahresrechnung des<br />

Fürstl. Rentamts 's Heerenberg für das Rechnungsjahr 1912<br />

im April 1913 ab.<br />

Mit dem Verkauf gingen übrigens auch das Archiv des Hauses<br />

Bergh und das Schriftgut der Fürstl. Hohenz. Behörden in<br />

den Niederlanden an den Erwerber über. Ins Fürstl. Hohenz.<br />

Haus- und Domänenarchiv sind wenige Unterlagen aus<br />

Holland gelangt. Ein Teil davon wurde dem Bestand Auswärtige<br />

Besitzungen einverleibt, wovon aber 1930 einige Archivalien<br />

an das Archiv im Schloß Bergh ausgefolgt wurden.<br />

Außerdem konnten in Sigmaringen die kleinen Bestände<br />

Fürstl. Forstverwaltung Montferland und Fürstl. Administration<br />

's Heerenberg gebildet werden. Der größte Bestand<br />

holländischer Provenienz wurde aus den Jahresrechnungen<br />

des Fürstl. Rentamts 's Heerenberg von 1825 bis 1912<br />

formiert; diese Unterlagen waren der Fürstl. Hofkammer zur<br />

Revision vorgelegt worden. Für Forschungen über das Haus<br />

Bergh und den Fürstl. Besitz des Hauses Hohenzollern-<br />

Sigmaringen sind im Fürstl. Archiv deshalb in erster Linie die<br />

einschlägigen Unterlagen der Bestände Hausarchiv Hohenzollern-Sigmaringen<br />

und Fürstl. Hohenz. Hofkammer Sigmaringen<br />

heranzuziehen.<br />

Der Käufer Dr. van Heek, der 1957 verstarb, ließ das 1939<br />

niedergebrannte Schloß Bergh im Zustand des 16. Jahrhunderts<br />

wieder aufbauen. 1946 wandelte er das Schloß mit dem<br />

dazugehörigen Grundbesitz von 1700 ha in eine Stiftung um,<br />

die das einzigartige Kulturdenkmal der Nachwelt erhalten<br />

soll.<br />

6) Die Partnerschaft zwischen Boxmeer und Sigmaringen<br />

Früher einmal bestandene herrschaftliche Zugehörigkeiten<br />

bleiben der Nachwelt oft erstaunlich lange im Gedächtnis.<br />

Besonders die Taten und auch Untaten einzelner Dynasten<br />

werden häufig von Generation zu Generation weitergegeben.<br />

So sind auch heute noch die Gewalttätigkeiten des »tollen<br />

Grafen« Johann Baptist von Hohenzollern-Sigmaringen-<br />

Bergh den Bürgern von Boxmeer gegenwärtig.<br />

In Boxmeer entstand denn auch Ende der 60er Jahre der<br />

Wunsch, die abgerissenen Beziehungen zum Fürstenhaus<br />

Hohenzollern und zu ihrem Stammsitz Sigmaringen wiederherzustellen.<br />

Gleichsam als Botschafter von Boxmeer<br />

besuchte das Boxmeer Vocaal Ensemble 1969 auf einer<br />

Konzertreise die Stadt Sigmaringen. Bei dem Besuch des<br />

berühmten Chores unter der Leitung seines Dirigenten Theo<br />

Lamée wurden auch erste freundschaftliche Bande zum Sigmaringer<br />

Gesangverein Frohsinn geknüpft, die dann bei<br />

einem Gegenbesuch 1971 in Boxmeer vertieft werden konnten.<br />

In der Zwischenzeit sind Konzerte des Gesangvereins<br />

Frohsinn in Boxmeer und des Boxmeer Vocaal Ensembles in<br />

Sigmaringen fast schon eine feste Einrichtung geworden.<br />

Im Sog dieser freundschaftlichen Beziehungen der beiden<br />

Chöre nahmen alsbald auch andere Vereine beider Städte<br />

Beziehungen untereinander auf. So kamen nach Sigmaringen<br />

die Handballer von Sambeck, die Kapellen von Beugen und<br />

Sambeck sowie die Freiwillige Feuerwehr Boxmeer. Auf<br />

Gegenbesuchen in Boxmeer weilten die Handballer, die<br />

Stadtkapelle und die Freiwillige Feuerwehr von Sigmaringen.<br />

Franz Prinz von Hohenzollern wurde als Vertreter des<br />

Fürstl. Hauses Hohenzollern in die Heiligblutgilde Boxmeer<br />

aufgenommen.<br />

Die Stadt Boxmeer war jedoch von Anfang an bestrebt, die<br />

aufkeimenden Beziehungen auf kommunale Ebene anzuheben.<br />

Bereits 1971 wurde den mit dem Gesangverein Frohsinn<br />

nach Holland mitgereisten Stadträten eine offizielle Partnerschaft<br />

zwischen beiden Städten vorgeschlagen. Die Partnerschaft,<br />

für die sich in Sigmaringen vor allem der verstorbene<br />

Stadtrat Hermann Döring eingesetzt hat, wurde in den<br />

folgenden Jahren durch eine Reihe von Besuchen und Gegenbesuchen<br />

der Bürgermeister Hillenaar und Kuhn mit ihren<br />

Stadträten besiegelt. Sie hat vor allem dank des Engagements<br />

der Vereine beider Städte, vor allem aber des Boxmeer Vocaal<br />

Ensembles und des Gesangvereins Frohsinn unter seinem<br />

Leiter Herbert Birmele ihre Bewährungsprobe auch ohne den<br />

Abschluß einer offiziellen Städtepartnerschaft bestanden.<br />

Quellennachweis<br />

StA Sigmaringen Depositum 39 (Fürstl. Hohenz. Haus- und Domänenarchiv):<br />

Auswärtige Besitzungen 75,2; 79,9; 75,11; 75,12; 140,1<br />

Auswärtige Besitzungen NZ 75,2; 75,3<br />

NVA 17.454; 17.476; 17.644; 17.776; 17.928; 19.259; 19.662; 20.255;<br />

23.325; 23.326<br />

F. H. Rentamt 's Heerenberg, Rechnungsband Nr. 54<br />

Kanzleiakten des Bürgermeisteramts Sigmaringen<br />

Mündliche Auskünfte von Herrn Birmele, Vorsitzender des Gesangvereins<br />

Frohsinn, Sigmaringen<br />

Abbildungsnachweis<br />

Schloß Bergh nach seinem Wiederaufbau 1942,<br />

StA Sigmaringen Dep. 39 Sa E g 35. Foto: Hauptstaatsarchiv<br />

Stuttgart<br />

Orientierungskarte der F.H. Besitzungen in den Niederlanden vom<br />

18. bis 19. Jh. innerhalb der heutigen Staatsgrenzen, angefertigt von<br />

H. Liebhaber.<br />

37


Literaturnachweis<br />

Handbuch der Fürstl. Hohenz. Hofkammer-Verwaltung 1898,<br />

Stuttgart 1898<br />

Dass, für 1911, Stuttgart 1911<br />

Fritz Kallenberg: Die Fürstentümer Hohenzollern am Ausgang des<br />

Alten Reiches. Ein Beitrag zur politischen und sozialen Formation<br />

des deutschen Südwestens, Masch. Diss. Tübingen 1962<br />

HERBERT RÄDLE<br />

Ein Bildnis des Grafen Christoph von Nellenburg<br />

J. A. Kraus hat in der letzten Nummer dieser Zeitschrift zwölf<br />

Urkunden aus Empfingen veröffentlicht, darunter eine, in<br />

welcher Graf Jos Nikiaus (II.) von Hohenzollern nach dem<br />

Tod seines Vaters Joachim von Zollern 1538 an den Abt<br />

Markus von Reichenau, seinen Lehnsherrn, schreibt, daß er<br />

»den Zehnten zu Empfingen samt Kirchsatz und neugebauter<br />

Scheuer und allen Rechten« aufsende mit der Bitte, alles an<br />

den Grafen Christoph von Nellenburg, Herrn zu Tengen 1 ,<br />

zu leihen, dem es zustehe (HH <strong>1989</strong>, S.23).<br />

Es ist nicht meine Absicht und steht auch nicht in mt iner<br />

Kompetenz, auf die hier angesprochenen und heimatgeschichtlich<br />

durchaus interessanten Rechtsverhältnisse näher<br />

einzugehen. Ich möchte lediglich darauf hinweisen, daß in der<br />

Staatlichen Münzsammlung München ein eindrucksvolles<br />

Bildnis dieses Nellenburgers zu sehen ist, ein in Holz<br />

geschnitztes Medaillon von ca. 10 cm Durchmesser, von der<br />

Hand Friedrich Hagenauers 2 .<br />

Es zeigt den schwergewichtigen Grafen, bekleidet mit Mantel<br />

und federgeschmücktem Barett. Wie man aus der Zimmernschen<br />

Chronik weiß, war Christoph von Nellenburg - nicht<br />

zuletzt wegen seiner derben Scherze - eine volkstümliche<br />

Erscheinung in Schwaben und am Hofe Kaiser Karls V. Er<br />

starb 1539 3 .<br />

Anmerkungen<br />

1 Tengen, erstmals erwähnt 1112, war Stadt seit dem 13. Jh. Erhalten<br />

ist ein Torturm und der Turm der »Hinterburg«. Vgl. den alten<br />

Spruch aus der Heimatkunde: Engen, Tengen, Blumenfeld sind die<br />

kleinsten Städte der Welt.<br />

2 Friedrich Hagenauer, einer der bekanntesten deutschen Medailleure<br />

des 16. Jh., war gebürtiger Straßburger und lebte 1526-1531 in<br />

Augsburg, 1532 bis 1535 am Oberrhein. Damals dürfte das<br />

beschriebene Medaillon entstanden sein. 1536 zog Hagenauer nach<br />

Köln, wo er 1546 starb (vgl. auch HH 1988, S. 23, wo eine Medaille<br />

Christoph Friedrichs von Zollern von Friedrich Hagenauer aus<br />

dem Jahr 1528 abgebildet ist).<br />

3 Anzumerken ist noch, daß ein Nellenburger es war, der 1407/8 das<br />

Testament des letzten Veringers, Graf Wölfle, anfocht, da er selbst<br />

HERBERT RÄDLE und GERT FRÜHINSFELD<br />

Ders.: Die Fürstentümer Hohenzollern im Zeitalter der französischen<br />

Revolution und Napoleons, in: Zeitschrift für die Geschichte<br />

des Oberrheins 111 (1963), S. 357^172<br />

Paul-René Zander ter Maat: Bergh, ein holländischer Sitz der<br />

schwäbischen Hohenzollern, in: Archiv für Sippenforschung 35<br />

(1969), S. 102-108<br />

Christoph Graf von Nellenburg. Holzmedaillon von Friedr. Hagenauer,<br />

um 1535, Durchmesser 95 mm. München, Staatl. Münzsammlung.<br />

aufgrund eines Erbvertrages Anspruch auf die Herrschaft Gammertingen-Hettingen<br />

erheben zu können glaubte. Der Streit wurde<br />

entgegen dem Willen des Abtes von Reichenau, des Eigentümers<br />

der Stadt Gammertingen, 1408 in Stuttgart zugunsten Heinrichs<br />

von Rechberg entschieden, den Wölfle testamentarisch als Alleinerben<br />

eingesetzt hatte. Der Nellenburger erhielt aber eine Entschädigung<br />

von 500 Gulden. Vgl. H. Burkarth, Geschichte der Herrschaft<br />

Gammertingen-Hettingen, Sigmaringen 1983, S. 50 f.<br />

Die Zollernsche Hauschronik, wohl ein Werk von Jörg Ziegler<br />

Die Hauschronik der Grafen von Zollern ist, ebenso wie die<br />

etwa gleichzeitige Zimmernchronik, ein Kind der humanistischen<br />

Geschichtswissenschaft. Initiator der Chronik war<br />

Karl I. von Zollern (1516-1576), der dem Basler Humanisten<br />

Johannes Herold als Vorarbeit dazu den Auftrag erteilt hatte,<br />

einen Stammbaum der Zollern anzufertigen 1 .<br />

38<br />

Wie andere schwäbische Adelschroniken des 16. Jh. schildert<br />

auch die Zollernsche Hauschronik die Geschichte des Hauses<br />

von den Anfängen bis zur Gegenwart, d.h. von dem sagenhaften<br />

Stammvater Tassilo bis zu KarlL, der bekanntlich zum<br />

Begründer der Sigmaringer Zollernlinie wurde. Die Zollernsche<br />

Hauschronik »bringt durch Aufzählung auch von Ehe-


Verbindungen, Ämtern, Würden und Taten der Stammväter<br />

den Status des Hauses zum Ausdruck und dokumentiert<br />

somit das Selbstverständnis des Zollerngeschlechts, sein<br />

Gesamtbild von Vergangenheit und Gegenwart, gleichgültig<br />

wieviel davon auf Sage oder Legende beruhte!« 2<br />

Die Urschrift der Zollernchronik (46 Blätter, 33,5 x 26,5 cm,<br />

Pergament) wird in der Sigmaringer Hofbibliothek aufbewahrt.<br />

Sie enthält - neben einer Einleitung auf den ersten vier<br />

Blättern - auf jedem der folgenden Blätter jeweils auf der<br />

Vorderseite das Bild eines Zollerngrafen sowie einen Text von<br />

etwa zehn Zeilen über dessen Leben und Taten; auf der<br />

Rückseite sind in Medaillons jeweils die Kinder des vorne<br />

Abgebildeten dargestellt.<br />

Da die Federzeichnungen nicht signiert sind, ist man hinsichtlich<br />

ihrer Urheberschaft auf Vermutungen angewiesen.<br />

Es spricht jedoch alles dafür, daß der in den 60er und 70er<br />

Jahren in Rottenburg ansässige Jörg Ziegler Urheber der um<br />

1570 entstandenen Prachthandschrift war. Jörg Ziegler ist<br />

archivalisch 1547/48 in Hechingen als »Jörg Hofmaler« mit<br />

»12 Gulden Jahressold« 3 und 1561 als »Maler Georg Ziegler<br />

von Rottenburg, tätig im Hechinger Schloß« 4 nachgewiesen.<br />

Für seine Urheberschaft an der Zollernchronik sprechen<br />

Beobachtungen, die sich vor allem auf einen Vergleich der im<br />

Ulmer Stadtarchiv aufbewahrten, mit IZ signierten Miniatur<br />

des Botanikers Leonhard Fuchs (abgebildet in Hohenz. Heimat<br />

Nr. 2/<strong>1989</strong> S. 24) mit den Zeichnungen der Hauschronik<br />

(etwa Abb. A) stützen.<br />

Überzeugende Ähnlichkeiten zwischen dem Fuchs-Porträt<br />

und den Porträts der Hauschronik<br />

Das Fuchs-Porträt einerseits und die Porträts der Zollerngrafen<br />

andererseits weisen folgende Gemeinsamkeiten auf: In<br />

beiden Fällen ist der Abgebildete in einen mit Wappen<br />

gezierten Architekturrahmen gesetzt. Unterhalb des Dargestellten<br />

ist jeweils eine von Renaissanceornamenten<br />

geschmückte Schriftkartusche beigefügt (bei Fuchs ist das<br />

Feld freigeblieben). In beiden Fällen wird ferner der Architekturrahmen<br />

im unteren Bereich von jeweils zwei Tieren<br />

flankiert.<br />

Über diese Übereinstimmungen im Aufbau hinaus weisen<br />

auch einzelne Details auffallende Ähnlichkeiten auf: Die<br />

Gorgonenfratze auf dem Brustpanzer Eitelfriedrichs I.<br />

(Abb. A) z.B. kehrt sozusagen »wörtlich« oberhalb bzw. -<br />

wenn auch weniger deutlich - seitlich der Kartusche des<br />

Fuchs-Bildes wieder; auch die die Kartuschen zierenden<br />

Rollwerkvoluten weisen eine ähnliche Gestaltung auf.<br />

Deutliche Übereinstimmungen sind aber auch an den Porträts<br />

selber zu beobachten (obwohl es sich um verschiedene<br />

Personen handelt): Hände mit langen, kräftigen Fingern; sehr<br />

ähnliche Physiognomie (Augen, Bärte, selbst die Nasen -<br />

zwischen denen noch am ehesten Unterschiede bestehen).<br />

Daneben muß auch auf große Ähnlichkeiten bei der Gestaltung<br />

der Wappen hingewiesen werden. Wenn wir nämlich das<br />

Fuchs-Wappen etwa mit dem Wappen rechts oben auf dem<br />

Bild Eitelfriedrichs I. (Abb. A, Wappen seiner Frau Martha<br />

zu Habsburg) vergleichen, stellen wir Übereinstimmungen<br />

fest in bestimmten Details, z. B. in der Haltung der hochaufgerichteten<br />

Wappentiere der Helmzier und in den sehr<br />

ähnlich gestalteten, leicht von seitwärts gesehenen Wappenhelmen<br />

mit durchbrochenem Visier. Zudem ist die sehr<br />

ähnliche Gestaltung der »Wappendecke« aus stilisierten<br />

Akanthusblättern hervorzuheben, prachtvoll plastisch wiedergegeben<br />

durch Hell-Dunkel- bzw. Farbkontrast der Vorder-<br />

bzw. Rückseiten; die Blätter laufen unten in im gleichen<br />

Farbkontrast sich schlängelnden Bändern aus.<br />

Wenn auch eingewendet werden kann, daß Ähnlichkeiten in<br />

der Gestaltung von Heraldik und Architekturelementen (einschließlich<br />

der Sockel-, Kartuschen- und Rollwerkmotive,<br />

Graf Eitelfriedrich I. von Zollern. Hauschronik der Grafen von<br />

Zollern. Wahrscheinlich Rottenburg um 1570 bis 1575. Fol. 18r.<br />

33,5 x 26,5 cm. Federzeichnung, nicht signiert. Wahrscheinlich von<br />

Jörg Ziegler.<br />

selbst der Tierhaltungen) teilweise auch durch die stark<br />

normierten Traditionen in diesen Bereichen erklärbar sind<br />

und allein nicht zur Gleichsetzung von Bildautoren hinreichen,<br />

so sprechen sie jedenfalls nicht dagegen.<br />

Vor allem aber folgende Beobachtungen im rein darstellungstechnischen<br />

Bereich scheinen die Annahme einunderselben<br />

Hand für beide Bilder schon fast zwingend nahezulegen:<br />

Zum einen stellt man große Gemeinsamkeiten bei der Schattenbehandlung<br />

fest: Betontes Durchbrechen der von der<br />

Architektur bestimmten Symmetrien durch breite und kräftige,<br />

nach rechts fallende Schattenränder. Dabei treten auch<br />

ähnliche Schattenfehler auf (Abb. HH. S. 24: Ovalinnenkante<br />

oben rechts; Abb. A: Schwertschatten links statt rechts vom<br />

Schwert, doppelter Lanzenschatten auf Rückseite und auf<br />

Fliesenboden; es sind also jeweils zweierlei Lichtrichtungen<br />

im Widerstreit). Leicht zu übersehen, aber besonders bemerkenswert:<br />

Jeweils an der (vom Betrachter aus) linken Kante<br />

der Kopfbedeckung ist ein Schatten gegeben, der der sonst<br />

vorherrschenden Lichtrichtung widerspricht, aber offenbar<br />

zur räumlichen Trennung vom Hintergrund bewußt so<br />

gewählt worden ist.<br />

Zum anderen weisen beide Bilder ähnliche perspektivische<br />

Darstellungsmittel, aber auch -fehler auf: Innerhalb des<br />

Rahmenmotivs (Bogen bzw. Oval), in das die Figur jeweils<br />

gestellt ist, wurde mit linearperspektivischen Mitteln eine<br />

kühne Tiefenwirkung angestrebt: (Abb. 1: zu einem Fluchtpunkt<br />

nach rechts außen laufende Buchkanten; Abb. 2: zur<br />

Mitte fluchtende Fliesenfugen am Boden). In beiden Fällen ist<br />

aber außerhalb der genannten eingerahmten »Räume« eine<br />

andere Perspektive gewählt (Abb, HH. S. 24: Fluchtpunkt[e]<br />

der Architektur in der Mittelachse; Abb. A: Fluchtpunkt der<br />

Fliesenfugen nicht maßgeblich für Säulenplinthe und -abacus,<br />

d. h. die rechtwinkligen Platten an Fuß und Kopf der Säulen.)<br />

39


Schließlich besteht in beiden Darstellungen ein Widerspruch<br />

zwischen der durch die linearperspektivischen Mittel erreichten<br />

sogartigen Tiefe und der durch die Schattenränder nah<br />

herangeholten Rückwand (Abb. A: So nah kann der Schwertschatten<br />

nicht sein, wenn die Fliesenreihen - es sind nur drei -<br />

sich so stark verkürzen! Abb. HH.S.24: Die Rückwand<br />

wirkt durch den Schatten so nah, daß, gemessen am Buch, die<br />

Figur papierdünn erscheint). Auch diese Unvereinbarkeit<br />

zwischen Licht/Schatten- und Raumdarstellung ist bei beiden<br />

Abbildungen die gleiche.<br />

Die angeführten Beobachtungen dürften, in Kombination<br />

mit den archivalischen Nachrichten (vgl. Anm. 3 und 4) über<br />

die Beschäftigung Jörg Zieglers (des Jüngeren?) im Dienste<br />

der Zollern, ausreichen, um die Zollernchronik mit hoher<br />

Sicherheit dem Rottenburger Maler Jörg Ziegler zuzuweisen.<br />

5<br />

BRUNO REISER<br />

Nicht weit von Württemberg und Baden...<br />

Anmerkungen<br />

Zollernlied vor 140 Jahren in Tübingen entstanden / Ein Hechinger der Verfasser<br />

Hechingen. Das Hohenzollern-Lied »Nicht weit von Württemberg<br />

und Baden...« ist in Württemberg, in Tübingen<br />

geschrieben worden, und zwar vor 140 Jahren. Es verdankt<br />

seine Entstehung einem militärischen Tagesbefehl »Treue<br />

ohne Wanken«, der den Hechinger Hermann Vitallowitz so<br />

angesprochen hatte, daß er ihn in Verbindung mit seiner<br />

zollerischen Heimat zu bringen versuchte. So entstanden die<br />

beiden ersten Strophen, denen im Verlauf der Jahre 18 weitere<br />

folgen sollten. Indessen war der Autor längst vergessen und<br />

auch vom Komponisten wußte man bald nichts mehr.<br />

Vergessen wurden auch die meisten Strophen; gesungen<br />

wurden immer nur die beiden ersten, höchstens aber drei oder<br />

vier. Und die beiden ersten hießen in ihrer Urfassung: »Nicht<br />

weit von Württemberg und Baden und von der wunderschönen<br />

Schweiz, da liegt ein Berg so hoch erhaben, den man den<br />

Hohenzollern heißt. Er schaut herab so stolz und schön auf<br />

alle, die Vorübergehn. - Auf Hohenzollerns steilem Felsen,<br />

wo unverzagt die Eintracht ruht. - Von diesem Berg da geht<br />

die Sage, die sich ins ferne Land erstreckt und mancher Vater<br />

hat die Klage, die sich auf seinen Sohn erstreckt: man nimmt<br />

ihn fort ins ferne Land, sein Liebchen glaubt, er sei verbannt.<br />

- Auf Hohenzollerns steilem Felsen, wo unverzagt die Eintracht<br />

ruht«.<br />

Soweit die beiden ersten Strophen. Wie oft wurden sie<br />

gesungen und gehört; eigentlich bei allen lokalbezogenen<br />

zollerischen Festen und Gegebenheiten und bei geselligen<br />

Zusammenkünften mannigfacher Art, auch beim Hechinger<br />

Irma West-, Kinder- und Heimatfest. Gewiß, den Jüngeren<br />

und Jungen bedeutet es nicht mehr soviel. Aber wenn sie »in<br />

der Fremde« sind und wenn sich dort einige aus dem Ländle<br />

zusammenfinden, dann überkommt viele auch heute noch -<br />

obwohl es kein Hohenzollern mehr gibt - ein starkes Heimatbewußtsein<br />

und sie stimmen mit Enthusiasmus das Zollern-<br />

Lied an.<br />

Lange Jahre wußte man vom Zollern-Lied nicht, woher es<br />

kam, wer es verfaßte und wer es vertonte. Man wußte nur,<br />

daß es zum erstenmal öffentlich um das Jahr 1870 herum in<br />

Tübinger Studentenkneipen gesungen wurde. So auch in der<br />

40<br />

1 Vgl. Rudolf Seigel, Zur Geschichtsschreibung beim schwäbischen<br />

Adel zur Zeit des Humanismus. In: Ztschr. f. württ. Landesgeschichte<br />

40, 1981, S. 112 f.<br />

2 Seigel, S. 104 f.<br />

3 Er stand im Dienst von Jos NiklasII. von Zollern. Urkundlich<br />

belegt im Fürstl. Archiv Sigmaringen, Signatur: Hechingen, Rubrik<br />

128, Nr. 41a. Zitiert nach Josef Hecht, Der wahre Meister von<br />

Meßkirch, in: Hohenz. Jahreshefte 7, 1940, S. 79.<br />

4 »im Schloß alhier... insonderhait auch das Wappen über dem<br />

Schloßtor einzufassen und anderes auszubessern.« Fürstl. Archiv<br />

Sigmaringen, Signatur: Hechingen, Rubr. 128, Nr. 45. Zitiert nach<br />

Hecht, S. 81.<br />

5 Vgl. auch Anton von Euw / Joachim M. Plotzek, Die Handschriften<br />

der Sammlung Ludwig, Bd. 3, Köln 1982, S. 282-290, denen wichtige<br />

Anregungen zu verdanken sind.<br />

»Sonne«, dem Versammlungslokal der »Janitscharia«. In der<br />

»Sonne« verkehrten aber auch die Hechinger Rekruten, wenn<br />

sie auf ihrer langen Fußreise von der Garnisonstadt Saarlouis<br />

in Tübingen letzte Rast einlegten. Ihnen gefiel das Lied<br />

natürlich besonders gut, war es doch Balsam gegen ihr<br />

Heimweh, das in der fremden Kaserne besonders groß war.<br />

So wurde das Zollern-Lied bald auch in der Saarlouiser<br />

Kaserne gesungen und war eine geistige Brücke zur Heimat.<br />

Und dann kam das Unerwartete: das Zollern-Lied wurde<br />

bald auch von »eingefleischten« Württembergern gesungen,<br />

besonders von jenen nahe der Grenze, über die die Zollerburg<br />

ja auch in ihre Heimat heruntergrüßte.<br />

Niemand forschte nach dem Quell. Allen, die das Lied<br />

sangen, genügte es, daß es da war, daß man mit ihm umgehen<br />

konnte, wie mit seinem Eigentum. Und so kam es dann zu<br />

vielen mundgerechten Veränderungen von Text und Melodie,<br />

so daß aus der Urfassung schließlich »das Volkslied« wurde.<br />

Die Nachforschung, die Professor Nägele in den neunziger<br />

Jahren anstellte, wer Texter und Komponist des Zollernliedes<br />

sei, verliefen negativ. Fünfzig Jahre später vertrat der Hechinger<br />

Bürgermeister Mayer die Auffassung, Konstantin Killmaier<br />

aus Hechingen sei der Verfasser. Aber diese Meinung<br />

ließ sich bei eingehender Nachforschung ebenso wenig halten<br />

wie jene, die in einem Tübinger Metzgereimeister namens<br />

Späth den Autor des Liedes sehen wollte. Und so wäre man<br />

dem wirklichen Verfasser mit großer Wahrscheinlichkeit nie<br />

auf die Spur gekommen, wenn sich dieser 1908 nicht selber<br />

gemeldet hätte: Hermann Vitallowitz.<br />

Dieser Hermann Vitallowitz wurde 1825 in Hechingen geboren<br />

und wurde Postbeamter. Seine Freizeit widmete er der<br />

Musik und er eignete sich durch umfassendes Studium ein<br />

beachtliches Fachwissen an. Mit Vorliebe sang er Volkslieder,<br />

aber auch Balladen; ja er übernahm sogar Oratorien-Rollen<br />

bei Konzerten in Tübingen und Hechingen. In Tübingen<br />

gehörte er bald aktiv der damals blühenden »Janitscharia« an.<br />

Im August 1849 kamen preußische Truppen nach Hechingen,<br />

das zusammen mit ganz Hohenzollern - im Ergebnis der 48er


Revolution - dem preußischen Staat einverleibt wurde. Und<br />

in diesen Tagen wurde beim Militär ein Tagesbefehl mit den<br />

Worten »Treue ohne Wanken« ausgegeben. Dieser Befehl<br />

drang über die Mauern der Kasernen und wurde auch in der<br />

Öffentlichkeit, besonders aber in den Tübinger Studenten-<br />

Kneipen diskutiert und Vitallowitz fühlte sich dabei so stark<br />

angesprochen, daß er die »Treue ohne Wanken« in einem<br />

Liede, und zwar in Verbindung mit seiner Heimat, besingen<br />

HANS-DIETER LEHMANN<br />

wollte. So entstanden die ersten beiden Strophen des Hohenzollern-Liedes.<br />

Bald darauf schrieb Vitallowitz zwei weitere Strophen, in<br />

denen er auch die neue Heerespflicht würdigte. Und im<br />

Verlauf der Jahre kamen - man weiß nicht von wem - immer<br />

neue Strophen dazu, bis es 20 waren. Aber wie gesagt,<br />

gesungen wurden immer nur zwei, höchstens drei bis vier.<br />

(Schwarzwälder Bote 11.2. 89)<br />

Zur älteren Vorgeschichte von Kloster Beuron an der Donau (Schluß)<br />

Xu den Patrozinien der Beuroner Kirchen im Tal und auf dem<br />

Berg<br />

Anno 1077 bestätigt Urban II. den päpstlichen Schutz über<br />

ein von dem Adligen Peregrin gegründetes und dem heiligen<br />

Petrus übertragenes Stift. Es war eine Gründung auf eigenem,<br />

bislang unbesiedeltem Jagdgrund im Donautal. Die Kirche<br />

dort ist der Jungfrau Maria geweiht und trägt den Namen<br />

St. Martin. Diese merkwürdige Angabe wird mit einer Trennung<br />

von Stifts- und Pfarrkirche zu begründen versucht.<br />

Ohne Angabe eines Patroziniums wurde bereits im 9. Jahrhundert<br />

in St. Galler Urkunde eine Kirche in »Beuron«<br />

erwähnt. Schöntag nimmt an, daß das Martins-Patrozinium<br />

von einer auf der Höhe südlich der Donau abgegangenen<br />

Siedlung in das Tal übertragen worden ist. Nahe dem heutigen<br />

Steighof vermutet er diese Wüstung samt einstiger<br />

Pfarrkirche.<br />

Wegen der in diesem Raum nach Süden abfallenden Gesteinsschichtung,<br />

d.h. aus hydro-geologischen Gründen, liegen die<br />

älteren dörflichen Siedlungen in beträchtlichem Abstand vom<br />

südlichen Rand des Donautales. Flurnamen wie »Altstadtäcker<br />

oder -fels« beweisen in dieser wasserarmen und somit<br />

siedlungsfeindlichen Umgebung kein früheres Pfarrdorf. Erst<br />

recht kann dies nicht aus einer Beschreibung von Pfarr- und<br />

Zehntrechten abgeleitet werden, die wohl nach der Gründung<br />

der hochmittelalterlichen Burg Wildenstein und ihrer<br />

Abgrenzung vom benachbarten Leibertingen datiert.<br />

Den Vermutungen Schöntags gegenüber steht die Beuroner<br />

Tradition vom Bergkloster über dem nördlichen Donautalrand,<br />

Alt-Beuron auf dem Kirchberg bei Fridingen. In eine<br />

karolingerzeitliche Gründung, wie sie in Beuron behauptet<br />

wurde, würde das Martins-Patrozinium durchaus passen.<br />

Eine Begründung für die für ein Kloster ungewöhnliche<br />

Platzwahl auf dem ebenfalls siedlungsfeindlichen Kirchberg<br />

bleibt uns die Überlieferung allerdings schuldig. Gibt es hier<br />

eine Erklärungsmöglichkeit?<br />

Zur Platzwahl für ein Bergkloster Pussen-Buron oder Montburon<br />

Der Kirchberg hoch über dem Donaudurchbruch ist für eine<br />

klösterliche Niederlassung tatsächlich ein ungewöhnlicher<br />

Ort. Der Platz wäre allenfalls akzeptabel für eine Eremitage,<br />

wie sie hier in jüngerer Zeit noch bestanden hat. Wassermangel<br />

und fehlende Anbindungen der Örtlichkeit an den Verkehr<br />

machen eine klösterliche Gemeinschaft hier schwer<br />

verständlich. Wenn hier dennoch ein Bergkloster bestanden<br />

haben sollte, müssen für seine Gründung an diesem Platz<br />

besondere Voraussetzungen bestanden haben.<br />

Diese Voraussetzung bietet gerade die überlieferte Lage Alt-<br />

Beurons: nicht durch ihre Weltabgeschiedenheit, sondern<br />

durch die hier erfüllbare Aufgabe als christliche Kontrollstation<br />

in karolingischer Zeit. Das »Kloster« auf dem Kirchberg<br />

war eine Missionszelle, gegründet einzig und allein mit der<br />

Funktion, in diesem Raum das Verbot heidnischer Umtriebe<br />

durchzusetzen und zu kontrollieren. Diese Behauptung läßt<br />

sich durch Parallelen in spätkarolingischer Zeit belegen<br />

(Matthes 1982, Lehmann 1988). Als Beispiel dafür sei die<br />

älteste Klostergründung in Alt-Sachsen angeführt: Hethis,<br />

die Vorläufergründung für Corvey. Hethis wurde - wie auch<br />

für Alt-Beuron behauptet - von Angehörigen des karolingischen<br />

Herrscherhauses gegründet. Die Fehlgründung im<br />

Waldgebirge des Sollings wurde nach wenigen Jahren unter<br />

Mitwirkung Ludwigs des Frommen in das Wesertal verlegt,<br />

neben die Ortschaft Höxter, in eine siedlungsgünstige Lage.<br />

In seinem Nachruf auf den Gründer von Hethis und Corvey<br />

schreibt der Corveyer Mönch Radpert: »...hat er die Kultstätte<br />

zunichte gemacht und zu Schafställen für die Herde<br />

Christi geweiht. Darauf errichtete er, nachdem der heidnische<br />

Hain bis auf die Wurzeln beseitigt war, für die Mönche<br />

weitab von diesem Ort von Grund auf und in vollkommener<br />

Weise die geheiligten Klostergebäude« (zitiert nach Matthes<br />

1982). Die hier gebrauchte und durchaus übliche Redewendung<br />

von den »Schafställen für die Herde Christi«, zusammen<br />

gesehen mit der von Walter (1948) gegebenen Namensdeutung<br />

für -beuren und den Ortsnamen »Betbur«, gibt<br />

vielleicht den Hintergrund ab für die zahlreichen klösterlichen<br />

Niederlassungen mit Namen wie Benedikt-, Michael-,<br />

Jacobs-, Otto-, Blau- und Klosterbeuren, Gottsbüren,<br />

Monequeberre und anderen.<br />

An anderen Stellen in Alamannien wird die für Hethis belegte<br />

und für Alt-Beuron anzunehmende Funktion in karolingischer<br />

Zeit ebenfalls wahrscheinlich. Beispiele dafür sind<br />

Mariazell bei Hechingen, die Zelle im Besitz Fulrads in<br />

Herbrechtingen auf der Ostalb oder Zellen im Schwarzwald,<br />

etwa Zell im Wiesental unter dem Zeller Blauen, und Marzeil<br />

am weiter westlich gelegenen Blauen. Diesen frühen kirchlichen<br />

Institutionen in Südwestdeutschland ist gemeinsam, daß<br />

sie bei sogenannten »Kapf-Systemen« liegen. Dies sind kleinräumige<br />

Einrichtungen altalamannischer heidnischer Kultverbände.<br />

Mehrere Dutzend solcher Systeme von Warten mit<br />

wahrscheinlich kalendarisch bestimmten Lagebeziehungen<br />

untereinander ließen sich bislang zwischen dem mittleren<br />

Neckar und dem Hochrhein aus Flurnamen erschließen. Im<br />

alamannischen Kerngebiet ist der Leitname dafür »Kapf«,<br />

d.h. Warte. Er ist mit bestimmten anderen Flurnamen vergesellschaftet<br />

und in den Randgebieten Alamanniens oft durch<br />

»Hölle« oder »Schanze« ersetzt. Früh- und vorgeschichtliche<br />

Wallanlagen, aber auch Feldkirchen, stehen damit in einem<br />

Zusammenhang, der sich in den erwähnten regelhaften Lagebeziehungen<br />

erkennen läßt.<br />

41


Für die heidnischen Alamannen belegt Agathias von Myrina<br />

(Hist. 1.6) einen Naturdienst noch im späten Ö.Jahrhundert<br />

(vgl. Gottlieb 1969). Wenn der byzantinische Geschichtsschreiber<br />

von Flußläufen und Schluchten gehört hat, die<br />

neben Bäumen und Höhen in der Religion der Alamannen<br />

eine Rolle gespielt haben sollen, dann ist hier an die Gegebenheiten<br />

im Donaudurchbruch bei Beuron zu denken. Wenn es<br />

im 8. Jahrhundert - trotz des von Agathias gerühmten guten<br />

Beispiels der christlichen Franken - in Alamannien noch<br />

Heiden gab, die ihren alten Gepflogenheiten noch nachgingen,<br />

dann war der Kirchberg über dem Donautal zu ihrer<br />

Überwachung bestens geeignet: er liegt genau über dem<br />

Zentrum »Schänzle«, ein kleines Kapf-System im Donaudurchbruch,<br />

gegenüber von Wirtenbühl und Heidenkapf, als<br />

dem Mittelpunkt eines großen, beide Talseiten überspannenden<br />

Systems.<br />

Auch wenn eine solche Kontrollfunktion ursprünglich eine<br />

Klostergründung gerechtfertigt haben mag, blühende<br />

Gemeinschaften konnten in diesen extremen Lagen nicht<br />

daraus entstehen. Aus der Fehlgründung Hethis erwuchs<br />

nach der Verlegung ins Wesertal das mächtige Corvey in der<br />

Gunst Ludwigs des Frommen und späteren Kaisers. Das<br />

wenige Jahrzehnte ältere Alt-Beuron dagegen verkümmerte<br />

auf seinem Berg. Zu einer Zeit, in welcher sich der ursprüngliche<br />

Anlaß zur Gründung längst erledigt hatte, lag es deshalb<br />

nahe, seine Insassen wie den Namen und das Kirchenpatrozinium<br />

ebenfalls auf eine lebensfähige Neugründung im Tal zu<br />

übertragen. Diese Neugründung der Kirchenreform verfolgte<br />

andere Ziele. Mit dem Rauhen Stein, dem Hornfels und<br />

dem Käpfle samt seinen undatierten Scherben und Wällen<br />

(Biel 1987) gibt es auch nahe dem jüngeren Beuron donauabwärts<br />

Anzeichen für das ältere alamannische Heidentum; für<br />

die Gründung des 11. Jahrhunderts dürften sie schon lange<br />

nicht mehr von Belang gewesen sein.<br />

Es ist sehr unwahrscheinlich, daß sich in Schriftquellen noch<br />

erhärtende Belege für die ältere Geschichte Beurons auffin-<br />

HANS-DIETER LEHMANN<br />

den lassen werden. Wegen der für Beuron mageren Quellenlage<br />

ist allen sonstigen Hinweisen nachzugehen. Die Parallelen<br />

hier zu anderen Örtlichkeiten machen es aber zumindest<br />

wahrscheinlich, daß in den angezweifelten Beuroner Traditionen<br />

ein echter Kern steckt. Alt-Beuron dürfte aber allenfalls<br />

als eine karolingische Missionszelle, nicht aber als die<br />

dem 18. Jahrhundert zum Wunschtraum gewordene<br />

Reichsabtei auf dem Kirchberg gelegen haben.<br />

Literatur<br />

Biel (1987): /. Biel, Vorgeschichtliche Höhensiedlungen in Südwürttemberg-Hohenzollern,<br />

Stuttgart 1987, S.224<br />

Dertsch (1964): R. Dertsch, Ottobeuren und die Ortsnamen auf<br />

-beuren, in: Ottobeuren 764-1964, Beiträge zur Geschichte der<br />

Abtei, Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens<br />

und seiner Zweige, Bd. 73 (1962), Augsburg 1964, S. 24-31<br />

Gottlieb (1969): G. Gottlieb, Die Nachrichten des Agathias aus<br />

Myrina über das Christentum der Franken und Alamannen, Jahrb.<br />

Rom.-German. Zentralmus. Mainz 16 (1969), S. 149-158<br />

Herberhold (1955): F. Herberbold, Die auf den Namen Karls des<br />

Großen gefälschte Urkunde für Beuron, in: Festschrift A.Hofmeister<br />

zum 70. Geb., Halle 1955, S. 80-112<br />

Lehmann (1988): H.-D. Lebmann, Wo lag Hethis - im Solling oder<br />

im Osning? Northeiner Heimatblätter 53 (1988), S. 53-61<br />

Matthes (1982): W. Matthes, Corvey und die Externsteine - Schicksal<br />

eines vorchristlichen Heiligtums in karolingischer Zeit, Stuttgart<br />

1982<br />

Schöntag (1988): W. Schöntag, 250 Jahre Abteikirche Beuron.<br />

Geschichte, geistliches Leben, Kunst. Beuron 1988<br />

Ders.: Die Augustinerchorherrenabtei Beuron, Beilage zum Staatsanzeiger<br />

Baden-Württemberg <strong>1989</strong>, S. 10-16<br />

Stierle (1987): L. Stierle, Bartholomäus Pirzschelin, der umstrittene<br />

Augustiner-Chorherr von Beuron und Pfarrherr in Egisheim,<br />

Zschr. für Hohenz. Geschichte 23 (1987), Sigmaringen <strong>1989</strong>,<br />

S. 217-228<br />

Walter (1948): M. Walter, Der Name Beuron, Schwäbisches Tagblatt<br />

(Hechingen) 1948, Nr. 12 und 16 (13. und 27. Febr. 1948), s.<br />

Hohenz. Heimatbibl. Hechingen, Nr. 4073.<br />

Wikinger am Vierwaldstätter See und auf der Schwäbischen Alb ?<br />

Vor wenigen Jahren hat Schneider 1 in einer verdienstvollen<br />

Zusammenstellung der Literatur den Wahrheitsgehalt der<br />

schweizerischen und der schwäbischen Stammestradition<br />

überprüft. Die in dem »Herkommen der Schwyzer und<br />

Oberhasler«, in der nordschwäbischen Herkunftssage und im<br />

Anno-Lied erhaltenen Reste konnte er durch wahrscheinlich<br />

hier zugehörige Zeugnisse aus dem Voralbland und aus der<br />

Baar erweitern. Alles Wesentliche enthält seine Zusammenfassung:<br />

1. Die auf eine Herkunft aus Skandinavien hinweisende und<br />

unsoweit mit den Abstammungstraditionen der Goten und<br />

Langobarden übereinstimmende Herkunftssage ist nicht nur<br />

in dem »Herkommen der Schwyzer und Oberhasler«, der<br />

nordschwäbischen Origo gentis Sweworum und dem Anno-<br />

Lied erhalten geblieben, sondern höchstwahrscheinlich auch<br />

in einer Reihe von örtlichen Überlieferungen Südwestdeutschlands.<br />

2. Für die Glaubwürdigkeit der swebischen Herkunftssage<br />

spricht, daß die genannten Überlieferungen verschiedene<br />

historische Einzelheiten enthalten, so etwa, daß die Alamannen<br />

ein nach Art einer Wanderlawine entstandener Stamm<br />

42<br />

sind (Herkommen, Annolied) oder daß die Vorfahren berittene<br />

Krieger, also die Oberschicht des Volkes gewesen sein<br />

sollen (Origo, örtliche Überlieferung Betzingens und des<br />

Steinlachtals).<br />

4. Auch die Verwandtschaft des alamannischen und des altnordischen<br />

Rechts, namentlich aber die Übereinstimmung<br />

vieler nur im alamannischen Gebiet vorkommenden Wörter<br />

mit dem Wortgut der nordischen Sprachen ist ein Beweis<br />

dafür, daß die Vorfahren der Alamannen einst in Skandinavien<br />

gewohnt haben.<br />

Punkt 3 bei Schneider ist zu streichen. Er setzt die skandinavische<br />

Einwanderung in die frühe Eisenzeit. Die Stammesüberlieferungen<br />

berichten aber eine viel spätere Zuwanderung aus<br />

»Schweden«: die Vorgänge sind wie die Abwanderung der<br />

Langobarden an das Ende der Völkerwanderung zu datieren.<br />

Die alten Sitze der Semnonen werden im Ö.Jahrhundert<br />

geräumt 2 - unter dem Einfluß früher Wikinger, die die Elbe<br />

aufwärts vordrangen.<br />

Dieser Schluß ist eine Parallele zu neueren Erkenntnissen<br />

über die Stammesbildung der Sachsen. Hauck 3 hat aus der


Übereinstimmung der sächsischen Stammestradition bei<br />

Widukind von Corvey und Rudolf von Fulda mit Funden<br />

heidnisch-nordischer Brakteaten an der Wesermündung<br />

gezeigt, daß sich von hier aus der neue Stamm erobernd in das<br />

Landesinnere ausgebreitet hat. Unter der Führung der im<br />

Land Hadeln gelandeten frühen Normannen nahmen an<br />

diesem Vorstoß sogar sächsische Rückwanderer aus Britannien<br />

teil. Unverkennbar sind Parallelen aus späterer Zeit an<br />

den Küsten Westeuropas wie in den Flußsystemen Osteuropas.<br />

Es ist sicher, daß frühe Wikinger nicht nur in die Weser<br />

sondern auch in das Stromgebiet der Elbe eindrangen. Hier<br />

stoßen sie die letzte Wanderwelle der Elbgermanen an, die der<br />

Langobarden und die der Schwaben. Sie werden für die<br />

wanderwilligen Stammesteile zur treibenden Kraft, zur neuen<br />

Führungsschicht. Von ihnen wird nordisch-heidnisches Kulturgut<br />

nach dem Süden getragen 4 , sie bringen Runen nach<br />

dem Süden mit wie das Wortgut, für das Maurer 5 Parallelen<br />

zwischen Alamannien und Skandinavien festgestellt hat. Die<br />

»nordische Phase« der Alamannen« ist nach Christlein 6<br />

allerdings nur kurz, etwa zwei Generationen. Ihr geistiger<br />

Inhalt wird im Süden ohne rechtes Verständnis rezipiert.<br />

Die Origo bezeugt die Landung der Skandinavier im dänischen<br />

Schleswig, bei Haithabu als der Verkehrszentrale des<br />

Nordens. Wenn der Weg zur Elbe entlang der Westküste<br />

genommen wurde und hier schon die Wanderlawine zu<br />

wachsen begonnen hat, erklärt dies zwanglos, daß später -<br />

nach dem »Herkommen« - in der Schweiz »Schweden und<br />

Friesen« gemeinsam hängen geblieben sein sollen. Mit Sachsen<br />

und Schwaben gemeinsam hatten die Franken das Thüringerreich<br />

zerschlagen. Aus der Beute erhielten die Sachsen den<br />

Norden bis zum Harz. Die besitzend-konservative Oberschicht<br />

der Schwaben - die Reiter der Origo - findet neue<br />

zusagende Wohnsitze im Nordschwabengau zwischen Elbe,<br />

Harz und Unstrut. Der Großteil des Volkes aber bricht unter<br />

neuer, skandinavischer Führung in den Süden auf - ins<br />

gelobte Land Italien.<br />

Die gewählte Route - über Südwestdeutschland und über die<br />

Alpen - mußte zu Konflikten mit den Franken führen. Das<br />

»Herkommen« berichtet davon. Die Langobarden - schon im<br />

oberen Leinetal beim Vorstoß nach Süden abgewehrt - hatten<br />

deshalb den freigewordenen Weg elbaufwärts gewählt, um<br />

die Alpen im Osten zu umgehen. Mit ihnen zogen sächsische<br />

Kontingente, die zuvor im Nordschwabengau ansässig gewesen<br />

waren.<br />

Den Franken dürfte - über die Probleme des Durchmarsches<br />

hinaus - das Wanderziel der Schwaben durchaus ins politische<br />

Konzept gepaßt haben. Italien war in ostgotischer Hand.<br />

JÜRGEN SCHMIDT<br />

In fränkischem Auftrag, mit unklarem Ziel, mehr auf eigene<br />

Interessen aus, operierten dort wenig später die Alamannen<br />

unter Butilin und Leuthari. Da der erste Landnahmeversuch<br />

der Schwaben in Italien von den Ostgoten noch abgewehrt<br />

werden konnte, ist es verständlich, daß man bei Stammesverwandten<br />

hängen blieb - bei den sich in den burgundischen<br />

Bereich in der Nordschweiz ausdehnenden Alamannen.<br />

Auch dies dürfte die Franken kaum gestört haben.<br />

Aber auch nördlich vom Hochrhein machten sich nach der<br />

Origo die Schwaben breit: sie besetzten die Lande der<br />

»Wilhari«, die Baar, die Westalb und das Land am oberen<br />

Neckar. Sie beenden hier die Selbstisolation 6 der »frühen<br />

Alamannen«. Dies kann nur im Einverständnis mit den<br />

Franken geschehen sein. Die »frühen Alamannen« in diesem<br />

Gebiet waren mit den Sueben nicht stammverwandt. Die<br />

Abgrenzung von den unterworfenen Wilhari, den Gallovari<br />

der Veroneser Völkertafel 7 wird hier aus den Berichten von<br />

»schwedischen« Berittenen erkennbar. Genau in diesen Räumen,<br />

im Albvorland, auf der Westalb und in der Baar läßt sich<br />

bis zur späten Christianisierung hier ein in der Unterschicht<br />

zäh behauptetes autochthones Heidentum fassen 8 . Das Christentum,<br />

dessen Symbole schon auf einigen Funden der<br />

»nordischen Phase« als magische Abwehrzeichen auftauchen,<br />

wird hier über die neue Oberschicht eingeführt.<br />

Aus der Parallele zur sächsischen Stammesbildung lassen sich<br />

somit noch offene Fragen der schwäbischen und schweizerischen<br />

Tradition erklären. Diese sind geschichtliche Überlieferung<br />

der späten Landnahme und stehen in Einklang mit<br />

bekannten historischen Abläufen.<br />

Literatur<br />

1<br />

W. Schneider, Arbeiten zur frühalamannischen Geschichte, Heft<br />

III/IV, Tübingen 1976, S. 1 ff.<br />

2<br />

B. Krüger, Zum germanischen Siedlungswesen im Spree-Havel-<br />

Gebiet, EAZ Ethnogr.-Archäol. Z.28 (1987), S.249ff.<br />

3<br />

K. Hauck, Goldbrakteaten aus Sievern - spätantike Amulettbilder<br />

der »Dania Saxonica« und die Sachsen-Origo bei Widukind von<br />

Corvey, München 1970<br />

Ders., Das Wissen Widukinds von Corvey von der Neubildung des<br />

sächsischen Stammes im 6. Jahrhundert, Ostwestfälisch-weserländische<br />

Forschungen zur geschichtlichen Landeskunde, Münster/<br />

W. 1970<br />

4<br />

K. Hauck, Alemannische Denkmäler der vorchristlichen Adelskultur,<br />

Z. für Württ. Landesgeschichte 16 (1957), S. lff.<br />

5<br />

F. Maurer, Nordgermanen und Alemannen, Bern/München 1952<br />

6<br />

R. Christlein, Die Alamannen, Stuttgart 1979, S. 112-124<br />

7<br />

Notitia Dignitatum et Latercula Provinciarum, O.Seeck ed.,<br />

Nachdruck Frankfurt/M. 1962, S.251<br />

8<br />

H.-D. Lehmann, O. Bogenschütz, Von den Kapfen der Alaman-<br />

nen, in Vorbereitung<br />

Der Wald Weithart aus forstwissenschaftlicher Sicht, gestern und heute (i. Teil)<br />

Wer von Pfullendorf auf der gut ausgebauten Landesstraße<br />

Nr. 268 nach Mengen fährt, kommt kurz hinter Mottschieß in<br />

einen Wald, der erst kurz vor Mengen endet.<br />

Dieses große Waldgebiet, das man in Längsrichtung durchquert,<br />

heißt Weithart.<br />

Der aufmerksame Autofahrer bemerkt, daß ein Großteil der<br />

Straße durch den Weithart von alten Eichen gesäumt wird.<br />

Die erste Eiche, auf die er trifft, trägt eine kleine weiße Tafel<br />

mit der Aufschrift »Stadt Pfullendorf, Distrikt VII/2 Weithart«.<br />

Der Weithart ist eines der größten zusammenhängenden<br />

Waldgebiete und der größte zusammenhängende Gemeindewaldkomplex<br />

im Forstbezirk Pfullendorf. Insgesamt umfaßt<br />

er 816 ha Wald (ohne den Mengener Distrikt »Innerer<br />

Weithart«). Die Orte, die Besitzanteil am Weithart haben,<br />

liegen ringsum. Es sind dies: Pfullendorf, Schwäbiishausen,<br />

Hausen a.A., Krauchenwies, Rulfingen, Mengen, Rosna,<br />

Habsthal, Levertsweiler, Lausheim/Magenbuch, Mottschieß.<br />

43


Die naturräumlichen Daten des Waldes Weithart<br />

Geologie, Böden<br />

Der Weithart gehört landschaftlich dem Wuchsgebiet »Südwestdeutsches<br />

Alpenvorland« an. Innerhalb dieser Großlandschaft<br />

trennt man zwischen der Jungmoräne und der<br />

Altmoräne. Der gesamte Weithart liegt im Bereich der Altmoräne,<br />

d.h. das Ausgangsmaterial zur Bodenbildung entstammt<br />

der Rißeiszeit, in der große Gletscherströme unser<br />

Gebiet überzogen und am Grund sehr viel Erdmaterial<br />

mitführten. Nach dem Rückzug des Eises entwickelten sich<br />

die Böden, die heute schon bis zu 200000 Jahre alt sind. Die<br />

Böden der Jungmoräne dagegen sind wesentlich jünger. Sie<br />

entstammen der Würmeiszeit und sind ca. 20000 Jahre alt.<br />

Die Grenze läuft etwa durch Pfullendorf. Innerhalb dieser<br />

200000 Jahre ist die Bodenentwicklung weit fortgeschritten.<br />

Die feinen, tonigen Bodenbestandteile haben sich vielfach<br />

nach unten verlagert und zu wasserstauenden Schichten<br />

zusammengetan. Das bedeutet, daß im Weithart großflächig<br />

Stauwasserböden vorhanden sind.<br />

Auf sogenannten Standortskarten wird für alle Waldungen,<br />

die durch Bohrungen im Abstand von 50 x 50 m ermittelte<br />

Bodenbeschaffenheit ausgewiesen. Diese Karte zeigt dem<br />

Forstmann, welche Bedingungen der Baum im Boden vorfindet.<br />

Auffallend bei der Standortskarte für den Weithart sind<br />

die vielen Wellensignaturen. Diese bedeuten: Wasserstau.<br />

Tatsächlich überwiegen im Weithart vernässende, lehmigtonige<br />

Böden, in denen die Fichte sehr flach wurzelt und<br />

deshalb stark sturmgefährdet ist.<br />

Lage, Klima<br />

Der Weithart liegt zwischen 620 und 640 m ü.d.M. und zeigt<br />

ausschließlich ebene Lagen. Die Jahresmitteltemperatur<br />

beträgt 7,1° C (Station Mengen) und im Durchschnitt der<br />

letzten 80 Jahre fielen 750 mm Niederschlag. Das ist relativ<br />

wenig. Hier macht sich der Regenschatten der Schwäbischen<br />

Alb deutlich bemerkbar. Insgesamt handelt es sich um ein<br />

kontinental getöntes Klima mit hoher Neigung zu Früh- und<br />

Spätfrösten.<br />

Verschiedene Veränderungen in den Besitzverhältnissen,<br />

sowie der Wald/Feldverteilung seit 1740 (soweit bisher ermittelt)<br />

Wir beginnen unsere Betrachtung im Jahre 1740. Der seither<br />

gemeinschaftlich benutzte Weithart wurde am 30. Mai 1740<br />

auf die 2 Städte und die 10 Anliegergemeinden nach der<br />

Anzahl der Haushaltungen aufgeteilt. Verantwortlich für ihre<br />

Gemeinden zeichneten hierbei die Fürstenhäuser Hohenzollern-Sigmaringen<br />

und Fürstenberg, sowie das Reichstift<br />

Salem und das Kloster Habsthal.<br />

Die Waldbesitzverteilung des Vertrages von 1740 wurde in<br />

einer Karte aufgezeichnet. Der Wald war damals insgesamt<br />

2374 Jauchert groß, was etwa 875 ha (1 Jauchert = 0,37ha)<br />

entspricht.<br />

Was geschah seither f<br />

Oberes Stückle (Krauchenwies)<br />

Bereits 1743 hatten die beiden Städte Pfullendorf und Mengen<br />

je 15 Jauchert (5,6 ha) an die Gemeinde Krauchenwies abgeben<br />

müssen. Krauchenwies hatte nachträglich einen größeren<br />

Waldan teil reklamiert und Recht bekommen. Hierauf kommen<br />

wir gelegentlich zurück.<br />

Während Mengen einen Streifen längs der Nordwestgrenze<br />

an Krauchenwies abtrat, blieb Pfullendorf nichts anderes<br />

übrig, als ein Waldstück inselartig aus dem Pfullendorfer<br />

Weithartanteil herauszulösen und an Krauchenwies abzugeben.<br />

So entstand der Krauchenwieser Gemeindewalddistrikt<br />

IX »Oberes Stückle« als Exklave weitab vom Hauptkomplex<br />

44<br />

des Krauchenwieser Waldes zwischen dem Mottschießer und<br />

dem Pfullendorfer Weithart gelegen.<br />

Kompromißplätze<br />

Auf der Karte von 1740 sind waldlose Flächen ausgespart, die<br />

über den ganzen Weithart verstreut sind. Das waren die<br />

sogenannten »Öden Plätze«, die für eine Baumbestockung<br />

nicht tauglich erschienen. Diese »Öden Plätze« im Umfang<br />

von 74 Jauchert und 15 Ruten (27 ha) wurden bei der<br />

Abteilung des Waldes im Jahre 1740 gesondert ausgewiesen<br />

und nicht aufgeteilt. Sie mußten zur gemeinsamen Weidebenutzung<br />

offen bleiben. Was mehrere hundert Jahre im gesamten<br />

Weithart stattgefunden hatte, - die gemeinsame Weidebenutzung<br />

-, war nun auf diese »Öden Plätze« oder auch<br />

»Kompromißplätze« beschränkt.<br />

Auf der Standortskarte erkennt man sie als nasse, sumpfige<br />

Lagen, auf denen die Nadelbäume Probleme aller Art haben<br />

und hatten. Auch die Namen der Kompromißplätze deuten<br />

auf ständigen starken Wassereinfluß hin, z.B. Schwarzes<br />

Moos, Im Herzenmösle, Im Altweiherteich.<br />

Nach Aufhebung der Waldweide zwischen 1820 und 1840<br />

(Mengen 1827) wurden die Kompromißplätze zwecklos. Sie<br />

sind 1845 größtenteils an die Gemeinden verkauft, zum Teil<br />

versteigert, danach zum überwiegenden Teil aufgeforstet<br />

worden. Heute noch erkennt man sie an den schlechteren<br />

Bodenvegetationstypen. Auf einer Karte über die Markung<br />

Weithart von 1881 sind mit Ausnahme des Schwarzen Mooses<br />

alle Kompromißplätze aufgeforstet.<br />

Das Schwarze Moos war mit rund 25 Jauchert (ca. 10 Hektar)<br />

der größte Kompromißplatz. Er ist der einzige heute noch<br />

erhaltene. Die »unfruchtbare, sumpfige Öde« wurde 1845 an<br />

die Gemeinde Levertsweiler billig verkauft. Im gleichen Jahr<br />

erfolgte eine Begradigung und die Festlegung der Grenzen<br />

gegen den Wald. Hierbei entstand die heutige rechteckige<br />

Form. Später wurde das Moor entwässert und kultiviert.<br />

Bereits 1870 bezahlte man 300 Gulden für einen Morgen des<br />

Grundstücks.<br />

Heute ist das Schwarze Moos in 52 Flurstücke eingeteilt, die<br />

22 verschiedenen, meist Levertsweiler Bürgern gehören. Die<br />

Vorstellungen der Eigentümer über die künftige Bodennutzung<br />

ihres Anteils sind sehr unterschiedlich. Einige wollen<br />

ihren Anteil aufforsten, andere weiter Landwirtschaft betreiben.<br />

Ein gemeinsamer sinnvoller Weg wird in nächster Zeit<br />

gefunden werden müssen. Es wäre schade, wenn das<br />

Schwarze Moos, als letzter Zeuge der ehemaligen gemeinsamen<br />

Weithartbenutzung, völlig verschwände.<br />

Der »Öde Platz gegen Krauchenwies«, einst 16 Jauchert 48<br />

Ruten (= ca. 6 ha) groß, wurde an Krauchenwies, Rulfingen<br />

und das Haus Hohenzollern-Sigmaringen verteilt. Die<br />

Gemeinde Krauchenwies benutzte den Platz lange Zeit als<br />

Fäkaliengrube und als Kadaverplatz. In den ehemaligen<br />

Tongruben wurden u. a. Pferdekadaver vergraben. Im Volksmund<br />

hieß er »Roßhimmel«. Der öde Platz »Im Herzenmösle«•<br />

war schon immer ein sehr feuchtes Gebiet. Vor<br />

einigen Jahren gestaltete hier die Gemeinde Krauchenwies<br />

eine landschaftlich reizvolle Wasserfläche.<br />

An allen aufgeforsteten Kompromißplätzen finden sich alte<br />

Eichen. Diese Baumart war wegen der Eicheln für Futterzwecke<br />

bei der Weidenutzung wichtig.<br />

Sonstige Veränderungen im Besitz und der Wald/Feldverteilung<br />

im Weithart<br />

Besitzveränderungen im Zuge der Säkularisation<br />

1803 bestimmte der Reichsdeputationshauptschluß zu<br />

Regensburg: »Alle Güter der Stifte, Abteien und Klöster<br />

werden zur freien Verfügung den entsprechenden Landesherren<br />

überlassen.«


Für die Besitzverteilung im Weithart bedeutete das:<br />

a. Der Weithartanteil des Klosters Salem (22,2 ha) ging an das<br />

Fürstenhaus Thum und Taxis über.<br />

b. Der Weithartanteil des Klosters Habsthal (20,3 ha) ging an<br />

das Haus Hohenzollern-Sigmaringen über.<br />

In der Folgezeit wurde dieser ehemalige Habsthaler Anteil<br />

ausgestockt, an Privathand verkauft und landwirtschaftlich<br />

genutzt. Heute sind bereits wieder Aufforstungen im<br />

Gange.<br />

Tausch Levertsweiler - Pfullendorf<br />

Noch vor 1881 hatten Levertsweiler und Pfullendorf einen<br />

Flächentausch vorgenommen. Levertsweiler gab seinen<br />

ehemals ganz im Süden des Weitharts gelegenen Anteil an<br />

Pfullendorf und erhielt dafür einen ortsnäheren Anteil des<br />

Pfullendorfer Weitharts.<br />

Ausstockung im Westteil des Pfullendorfer Weitharts<br />

Zwischen 1849 und 1858 wurden ca. 21ha des Pfullendorfer<br />

Weitharts ausgestockt und verkauft.<br />

Besitzübergang an Spital Pfullendorf<br />

1906 ging die Abteilung VII/9 des Pfullendorfer Weitharts<br />

im Wege eines Tausches an das Spital Pfullendorf über.<br />

Bundeswehrgelände Mottschieß<br />

1961 kaufte der Bund den Distrikt VII/5 des Pfullendorfer<br />

Weitharts mit 34,1 ha und rodete ihn.<br />

Gemeindereform<br />

Die bisher letzte größere Veränderung in den Besitzverhältnissen<br />

brachte die Gemeindereform der 70er Jahre.<br />

Durch die Eingemeindungen wurden die Weithartanteile<br />

von<br />

a. Mottschieß, Schwäbiishausen und Pfullendorf<br />

b. Hausen und Krauchenwies<br />

c. Rulfingen, Rosna und Mengen<br />

d. Lausheim und Levertsweiler<br />

innerhalb des jeweiligen Gesamtgemeindewaldes vereinigt.<br />

Durch die Eingemeindungen und die Vergrößerung<br />

der Gemeindewaldungen hat der jeweilige Waldanteil im<br />

Weithart an Bedeutung verloren. Von dem heute rund<br />

900 ha großen Stadtwald Pfullendorf liegt 'A der Fläche im<br />

Weithart. Der Weithart stellt Vi des heutigen Krauchenwieser<br />

Waldes. Für den Gemeindewald Ostrach erscheint<br />

der heutige Weithart-Anteil von 11% gar unbedeutend.<br />

Vor der Gemeindereform hatte der Wald im Weithart für<br />

die Gemeinden einen wesentlich höheren Stellenwert. So<br />

hatten Schwäbiishausen, Mottschieß und Levertsweiler<br />

ausschließlich im Weithart Waldbesitz.<br />

Zieht man für die letzten 140 Jahre eine Waldflächenbilanz,<br />

so stehen 76 ha Rodungen (Straßenbau, Bundeswehrgelände,<br />

Ausstockung im Westteil des Pfullendorfer Weitharts,<br />

Ausstockung des ehemaligen Habsthaler Anteils)<br />

Aufforstungen im Umfang von 16 ha (einstige »Ode<br />

Plätze«) gegenüber. Insgesamt gingen also 60 ha verloren -<br />

pro Jahr nahezu Vi Hektar.<br />

Die Entwicklung der Waldbewirtschaftung und des Waldzustandes<br />

unter dem Einfluß des Menschen.<br />

Der Zustand jedes Waldes hängt im wesentlichen von 2<br />

Komponenten ab:<br />

a. von den natürlichen Gegebenheiten, wie z.B. Klima und<br />

Boden und den Veränderungen<br />

b. vom Einfluß des Menschen<br />

Südlicher Weithart bei Mottschieß<br />

Wie sah der Wald Weithart aus, bevor der Mensch Einfluß<br />

nahm?<br />

Aus der Siedlungsgeschichte ist bekannt, daß der Wald bis<br />

etwa ins 8./12. Jahrhundert unberührt blieb. Die frühe Siedlungsperiode<br />

durch die Alemannen erfolgte zwischen<br />

250-500 n. Ch. von der Alb her entlang der Wasserläufe (vor<br />

allem Donau und Bodensee). Ortsnamenendungen mit<br />

-ingen und -heim zeugen von dieser ersten Siedlungsperiode.<br />

Trägt man die -ingen und -heim-Orte auf einer Karte ein,<br />

erkennt man eine Grenzlinie Oberteuringen, Untersiggingen,<br />

Denkingen, Göggingen. Die großen Waldgebiete Wagenhart,<br />

Magenbuch und Weithart blieben dagegen lange unberührt.<br />

Mit großer Wahrscheinlichkeit war damals ein großer<br />

Urwaldblock vorhanden, der erst zwischen dem 8. und<br />

12. Jahrhundert im Zuge der von Donau und Bodensee<br />

einsetzenden Besiedlung »aufgehackt« wurde. Aber auch die<br />

verbliebenen geschlossenen Waldungen machen noch einen<br />

gewaltigen Eindruck.<br />

Wie setzte sich der damalige Urwald zusammen f<br />

Die Antwort gibt uns die sogenannte Pollenanalyse. Alle<br />

Blütenpflanzen, zu denen auch unsere Waldbäume gehören,<br />

besitzen Blütenstaub, den sogenannten Pollen. Findet man<br />

ein Pollenkorn, kann man mikroskopisch bestimmen, welcher<br />

Pflanzenart es entstammt. In Mooren wird Blütenstaub<br />

konserviert. Andererseits weiß man, wie schnell ein Moor<br />

wächst. Untersucht man also die Moorsubstanz in bestimmter<br />

Tiefe auf Pollen, läßt sich rekonstruieren, wie sich der<br />

Wald damals zusammensetzte.<br />

Mitten im Weithart liegt das sogenannte Hirschsoppenmoor.<br />

Dort wurde 1948 von Hauff eine Pollenanalyse durchgeführt.<br />

45


Danach setzte sich der Urwald vor Einflußnahme durch den<br />

Menschen wie folgt zusammen:<br />

Fichte 5% Buche 13%<br />

Tanne 3% Eiche 9%<br />

Kiefer 23% sonstige Laubbäume 47%<br />

Sa. Nadelbäume 31% Sa. Laubbäume 69%<br />

(+ Erle, Esche, Weide, Birke etc.)<br />

Die Entwicklung der Baumartenanteile bis heute zeigt eine<br />

rasante Zunahme des Fichtenanteils, vor allem auf Kosten der<br />

Laubbäume. Wie konnte das geschehen ? Die Betrachtung der<br />

Waldwirtschaft von 1200 bis heute soll die Antwort darauf<br />

geben.<br />

Die Waldwirtschaft zwischen 1200 und 1740<br />

Wie bereits erwähnt, wurde der Weithart zwischen 1200 und<br />

1740, also über 500 Jahre lang, gemeinsam benutzt. Jeder<br />

bediente sich nach seinem Gutdünken. Waldweide, Streunutzung,<br />

Gras- und Moosnutzung, Harzgewinnung, Köhlerei,<br />

Rindengewinnung, waren die wichtigsten sogenannten<br />

Nebennutzungen, auf die später noch näher eingegangen<br />

wird. Die damalige Hauptnutzung war die Brennholznutzung,<br />

untergeordnet die Bauholznutzung.<br />

Der Brennholzbedarf der Städte Mengen und Pfullendorf war<br />

sehr groß und so griff man von Anfang an die Bestände der<br />

Rotbuche, aber auch die der Esche, Birke und Hainbuche an.<br />

OTTO WERNER<br />

Wir können davon ausgehen, daß die im Urwald mit 13%<br />

beteiligte Rotbuche nach 200-300 Jahren weitgehend verschwunden<br />

war. Zur Zeit der Aufteilung im Jahre 1740 wurde<br />

sie nicht mehr erwähnt.<br />

Nach Holzeinschlägen im Weithart blieben meist große<br />

baumlose Platten übrig. Die natürlich aufschlagenden Laubbäume<br />

hatten bei der damaligen intensiven Waldweide keine<br />

Chance.<br />

Andererseits war es nicht üblich, wieder aufzuforsten. Heute<br />

ist dies gesetzlich vorgeschrieben. Hier fand die Fichte die<br />

besten Voraussetzungen. Als Lichtbaumart mit weittragendem<br />

Samen, drang sie von den Moorrändern her auf die<br />

holzlosen Platten vor. Offensichtlich konnte sie auch der<br />

Weidebetrieb nicht aufhalten. Daß die Fichte bereits im<br />

16. Jahrhundert stark in den Weithart eingedrungen war, geht<br />

aus Rechnungen für das Harzen des Spitals Pfullendorf von<br />

1597/98 hervor.<br />

Die Eiche wurde als wertvoller Mastbaum für die Waldweide<br />

frühzeitig geschont. Bereits 1521 existierte eine Eichelordnung<br />

für den Weithart.<br />

Während des 30jährigen Krieges 1618-1648 muß man besonders<br />

schlimm im Weithart gehaust haben, so daß sich die<br />

Kiefer, die überall da wächst, wo sonst nichts mehr gedeiht,<br />

weiter ausbreiten konnte. Einige Waldbezeichnungen zeugen<br />

noch von der einst vorherrschenden Kieferdominanz, (z. B.<br />

Fohrenstock bei Rosna). (Fortsetzung in Heft 4)<br />

»Hochzeit Conto« (1830) für Johannes Gfrörer, Bürger von Hechingen<br />

Im Wonnemonat Mai des Jahres 1830 heiratete der Hechinger<br />

Bürger Johannes Gfrörer die Hechinger Bürgerstochter Theresia<br />

Stotz. Aus dem Besitz Ludwig Eglers ist uns von dieser<br />

Hochzeit eine Rechnung des Wirts »Zum goldenen Adler«<br />

erhalten geblieben. Die Tavernwirtschaft »Zum goldenen<br />

Adler« lag am Marktplatz (und brannte am 17. September<br />

1901 ab). Der Wirt Joseph Schmid war übrigens auch Goldund<br />

Silberarbeiter. Das Blatt ist überschrieben: »Hochzeit<br />

Conto vor (=für) Johannes Gfrörer, was verzört worden<br />

ist« '. Die Brautleute mußten vor der Trauung in der Pfarrkirche<br />

St. Jakobus in Hechingen »verkündigt« werden; dies<br />

geschah am Palmsonntag (4.4.) 2 , am Ostermontag (12.4.)<br />

und am Weißen Sonntag (18. 4.) 3 .<br />

Schon vor dem Hochzeitstag waren etliche Personen auf die<br />

Rechnung des Bräutigams gesetzt worden. »Beym Hochzeit<br />

Einschreiben« schickte der Wirt »Zum goldenen Adler«<br />

1 Maas 4 Sechs-Batzen-Wein 5 in den Pfarrhof. Sehr nüchtern<br />

und trocken scheint es dort nicht zugegangen zu sein. Warum<br />

auch? Heiraten ist zwar eine ernste, aber keine triste Angelegenheit.<br />

Am 2. Mai (Sonntag) ließ der Bräutigam wieder VA<br />

Maas Wein gleicher Qualität und für 3 Kreuzer Brot anschreiben.<br />

Am 7. Mai (Freitag) wurden von den beiden Gespielinnen<br />

der Braut 1 Schoppen 6 Wein getrunken und für 1 Kreuzer<br />

Brot verzehrt. Einige Tage vor der Hochzeit erfolgte die<br />

Einladung der Gäste durch die beiden von Haus zu Haus<br />

gehenden Brautjungfern; dabei haben sie sich einen Trunk<br />

genehmigt. Am Sonntag, dem 9. Mai - zwei Tage vor der<br />

Hochzeit -, wurden 4 Maas und 1 Schoppen Sechs-Batzen-<br />

Wein und Brot für 9 Kreuzer angeschrieben. Das müssen<br />

wohl die trinkfesteren Gesellen des Bräutigams gewesen sein,<br />

die mit dem Hochzeiter Abschied vom Junggesellendasein<br />

feierten. Dies ging alles auf die Rechnung des Bräutigams,<br />

46<br />

und noch vor dem Hochzeitstag stand er mit 3 Gulden und<br />

1 Kreuzer beim Wirt Joseph Schmid in der Kreide. Aus dem<br />

»Ehebuch 1807-1895« der Pfarrei St. Jakobus Hechingen<br />

geht hervor, daß der Bräutigam als ehrbarer Jungmann, die<br />

Braut als ehrbare Jungfrau in die Ehe gingen. Die Hochzeit<br />

war am Dienstag, dem 11. Mai 1830. »Ehrliche« jungfräuliche<br />

Hochzeiten wurden an Sonntagen, Montagen oder Dienstagen<br />

abgehalten, andere zur Unterscheidung am Mittwoch 7<br />

(J. Cramer schreibt, daß seit 1692 an Sonn- und Feiertagen<br />

nicht mehr geheiratet werden durfte) 8 .<br />

Eine standesamtliche Trauung gab es damals noch nicht. Die<br />

Regierung richtete aber insofern ein wachsames Auge auf die<br />

ehelichen Verbindungen, als der Ehekonsens des Landesherrn<br />

erst nach Vollendung des 24. Lebensjahres und nur<br />

dann erteilt wurde, wenn die Brautleute ein Vermögen von<br />

700 Gulden mit in die Ehe brachten. Sie sollten den Gemeinden<br />

(der Armenfürsorge) nicht zur Last fallen.<br />

Der Priester, der den beiden das Ja-Wort abnahm, war<br />

Kooperator Joseph Reiner. Als Trauzeugen bestätigten das<br />

Versprechen Joseph und Friedrich Blumenstetter. Schon<br />

J.Cramer teilte mit, daß »bürgerliche Hochzeiten« 9 und<br />

sonstige die Bürgerschaft berührende Lustbarkeiten im Rathaus<br />

abgehalten wurden. 1799 wurde dies abgeschafft, außer<br />

der Wirt, der die Hochzeit ausrichtete, zahlte eine festgesetzte<br />

Taxe 10 ; im Jahre 1830 war diese auf 6 Gulden 30 Kreuzer<br />

festgesetzt, wovon der Hochzeiter die Hälfte zahlen<br />

mußte. Von Cramer erfahren wir auch, es sei bestimmt<br />

worden, daß »bei den Mählern mehr Gäst nit, dann was an<br />

zweien, oder auf's mehrist an dreien Tischen sitzen<br />

mögen« 11 , teilnehmen durften.<br />

Beim Hochzeitsmahl saßen der Hochzeiter mit den Männern


und die Hochzeiterin mit den Frauen an getrennten Tischen.<br />

Am Tisch des Bräutigams nahmen fünf Personen das Mahl<br />

ein: der Hochzeiter, zwei Gesellen, die namentlich nicht<br />

genannt sind, ein Herr Wannenmacher und ein Herr Zoll. Sie<br />

verzehrten je für 24 Kreuzer Speisen, was 2 Gulden ausmachte.<br />

Am Tisch der Braut speisten vier Personen: die<br />

Braut, zwei Gespielinnen, die wir namentlich zwar auch<br />

nicht, doch ihrer Zurückhaltung wegen bei der Einladung zur<br />

Hochzeit kennen, und die Mutter der Braut. Ihr Verzehr<br />

machte zusammen 1 Gulden 36 Kreuzer aus.<br />

Ludwig Egler hat in der »Chronik der Stadt Hechingen«<br />

aufgezeichnet, daß das Hochzeitsessen mit einer Fleischsuppe<br />

und Weißbrotschnitten (zuweilen auch mit Butterknöpfle)<br />

seinen Anfang nahm, worauf ein Voressen aus Kutteln,<br />

Kalbsfüßen und Ochsenmaul folgte. Der erste Hauptgang<br />

war Ochsenfleisch mit Meerrettich (aha: Hechinger<br />

Tafelspitz), der zweite Speck und Kraut mit Blut- und<br />

Leberwurst (eine Schlachtplatte) und der dritte Kalbsbraten<br />

mit Salat 12 .<br />

Nachdem eine genügende Grundlage geschaffen war, konnte<br />

dem Wein zugesprochen werden. Am Tisch des Hochzeiters<br />

wurden 15 Maas und 1 Schoppen Sechs-Batzen-Wein und<br />

3 Schoppen Acht-Batzen-Wein 13 für zusammen 6 Gulden<br />

30 Kreuzer getrunken, womit feststeht, daß das Getränk der<br />

Männer dreimal so teuer war wie das Essen. Die Frauen<br />

waren zurückhaltender; sie tranken nur 4 Maas Sechs-Batzen-Wein<br />

im Wert von 1 Gulden 36 Kreuzer, womit ihr Essen<br />

und Trinken im Gleichgewicht war, was die Kosten betraf.<br />

Für 26 Kreuzer wurde Brot zum Wein gegessen.<br />

Es waren sechs Musikanten bestellt. Sie spielten mit Geigen,<br />

Bassettchen 14 , Waldhorn und Klarinette auf 15 . Jeder<br />

Musikant bekam für 24 Kreuzer ein Essen und für 4 Kreuzer<br />

Brot. Für die Musikanten gab es 1 Maas Tischwein zum<br />

Essen. Dies machte zusammen 3 Gulden 12 Kreuzer. Doch<br />

damit nicht genug: Jeder Musikant erhielt anschließend noch<br />

1 Maas Sechs-Batzen-Wein und für 4 Kreuzer Brot, was<br />

zusammen 2 Gulden 48 Kreuzer ausmachte. Der Hochzeiter<br />

spendierte den Musikanten über das übliche Maß hinaus noch<br />

1 Maas Sechs-Batzen-Wein und Brot für 4 Kreuzer, was ihn<br />

zusätzlich 28 Kreuzer kostete.<br />

KARL WERNER STEIM<br />

Kulturelle Vereine im Oberamt Hechingen 1858<br />

Hohenzollern war gerade acht Jahre preußisch, da verlangte<br />

die Königliche Regierung in Sigmaringen am 11. Juni 1858<br />

(I Nr. 3917) vom Oberamt in Hechingen einen Bericht über<br />

»die wissenschaftlichen und künstlerischen Zwecken dienenden<br />

Gesellschaften und Vereine«. Mit Datum vom 5. Juli 1<br />

teilte der Oberamtsverweser statistische Angaben über zwölf<br />

Vereine mit, den Landwirtschaftlichen Bezirksverein<br />

Hechingen, einen Lokalverein für Gewerbe und Landwirtschaft<br />

in Hechingen und in Owingen, den Musikverein<br />

Hechingen sowie die acht Gesangvereine von Hechingen,<br />

Burladingen, Grosselfingen, Hausen, Killer, Owingen,<br />

Rangendingen und Stetten bei Hechingen. Diese Angaben<br />

sind heute noch von großem Interesse, vor allem bezüglich<br />

des Alters der Vereinigungen, ihrer Vorsitzenden, der Mitgliederzahlen,<br />

der Statuten usw. Ältester Verein war der auf<br />

das Jahr 1836 zurückgehende Musikverein Hechingen.<br />

In seiner Einleitung mußte der Oberamtmann mitteilen, »daß<br />

im diesseitigen Bezirke Gesellschaften und Vereine, welche<br />

direkt wissenschaftlichen oder künstlerischen Zwecken die-<br />

Auch der Torhüter wurde mit 1 Maas Sechs-Batzen-Wein<br />

und für 4 Kreuzer Brot bedacht, was ebenfalls 28 Kreuzer<br />

ausmachte. Die Unkosten für den Torhüter rührten von dem<br />

alten Brauch her, daß Hochzeitsgesellschaften aus der unteren<br />

oder oberen Vorstadt bei ihrem Gang zur Kirche das<br />

Stadttor verschlossen vorfanden. Der Torwärter ließ die<br />

Gesellschaft erst dann durch, wenn er vom Hochzeiter zum<br />

üblichen Maas Wein mit Brot eingeladen wurde.<br />

Ziehen wir einen Schlußstrich: Alles in allem kostete dem<br />

Hochzeiter Johannes Gfrörer Verzehr und Getränk 25 Gulden<br />

20 Kreuzer, wovon »wegen dem Musikant Steinhauser<br />

28 Kreuzer« - aus welchen Gründen auch immer - abgezogen<br />

wurden. Den Empfang von 24 Gulden 52 Kreuzern bestätigte<br />

der Wirt Joseph Schmid am 16. Mai 1830.<br />

Anmerkungen<br />

1<br />

Lagerort: HHBH, G114X.<br />

2<br />

Alle Zeitberechnungen nach Hermann Grotefend, Taschenbuch<br />

der Zeitrechnung. Hannover 1982.<br />

3<br />

Siehe »Ehebuch 1807-1895« der Pfarrei St. Jakobus Hechingen.<br />

4<br />

1 Hechinger Schenkmaß entspricht 1,39781.<br />

5<br />

Sechs-Batzen-Wein, von dem 1 Maas 6 Batzen (= 24 Kreuzer)<br />

kostete. 1 Batzen war 4 Kreuzer wert.<br />

6<br />

1 Schoppen war rund 0,3501.<br />

7<br />

Vgl. J. Gramer, Die Grafschaft Hohenzollern. Ein Bild süddeutscher<br />

Volkszustände. 1400-1850. Stuttgart 1873, S.246.<br />

8<br />

Ebd.<br />

9<br />

Bürgerliche Hochzeiten = Hochzeiten von Bürgern bzw. Söhnen<br />

und Töchtern von Bürgern.<br />

10<br />

Wie Anm.7, S.247.<br />

11<br />

Ebd., S.246.<br />

12<br />

Hechingen 1887, S.202.<br />

13<br />

Acht-Batzen-Wein war von besserer Qualität; ein Maas davon<br />

kostete 32 Kreuzer, also mehr als einen halben Gulden.<br />

14<br />

Bassettchen = Violoncello.<br />

15<br />

Wie Anm. 12.<br />

Hingewiesen sei noch auf den Beitrag von Karl Widmaier, Eine<br />

Bürgerhochzeit in Althechingen in der zweiten Hälfte des 18.Jahrhunderts.<br />

In: Schwäbisches Heimatbuch für Hohenzollern. Hrsg.<br />

Eugen Flad. Berlin 1926, S. 31-34.<br />

nen, nicht bestehen; dagegen dürften der hiesige Landwirtschaftliche<br />

Verein, die bestehenden Localvereine für Landwirtschaft<br />

und Gewerbe, sowie die in einzelnen Orten bestehenden<br />

Gesang-Vereine als solche Vereine angesehen werden,<br />

welche indirekt wenigstens jene Zwecke anstreben.«<br />

Ein einzelnen werden die Vereine wie folgt beschrieben:<br />

»1. Der hiesige Landwirtschaftliche Bezirksverein. Derselbe<br />

wurde am 18. September 1853 gegründet; Vorsteher ist der<br />

unterzeichnete Oberamtsverweser. Der Verein zählt zur Zeit<br />

354 Mitglieder und sind die für sämmtliche Hohenzollerischen<br />

landwirtschaftlichen Vereine bestehenden Normalstatuten<br />

in Nr. 34 des Amtsblattes pro 1853 (Seite 223) abgedruckt.<br />

2. Der Hechinger Localverein für Gewerbe und Landwirtschaft,<br />

constituiert und oberamtlich genehmigt am<br />

26. November 1857. Vorsteher ist Kreisgerichtsrath Werner,<br />

hier. Der engere Vorstand besteht aus 3 Mitgliedern, nämlich:<br />

Kreisgerichtsrath Werner, Stadtschulheiß Ruff und Kaufmann<br />

Henne, hier. Ferner bsteht noch ein Ausschuß von<br />

47


Verlag: <strong>Hohenzollerischer</strong> <strong>Geschichtsverein</strong><br />

Karlstraße 3, 7480 Sigmaringen<br />

M 3828 F<br />

Postvertriebsstück. Gebühr bezahlt.<br />

7Mitgliedern. Die Statuten sind in Nr. 143 des Hohenzollerischen<br />

Wochenblatts de 1857 abgedruckt. Mit diesem Verein,<br />

welcher 110 Mitglieder zählt, ist zugleich ein Sparverein<br />

verbunden, zu welchem pro Monat 60 kr Beiträge von den<br />

einzelnen Mitgliedern eingezahlt werden.<br />

3. Der Localverein für Landwirthschaft und Gewerbe in<br />

Owingen, der am 1.Januar 1857 ins Leben getreten ist.<br />

Vorsteher ist Vogt Johann Stifel in Owingen; der Verein zählt<br />

36 Mitglieder und hat keine besondere geschriebene Statuten.<br />

4. Der Musik-Verein in Hechingen 1 , gegründet im Jahre 1836<br />

unter dem Protectorate Sr. Hoheit des Fürsten von Hohenzollern-Hechingen.<br />

Vereinsdirector ist Stadtschultheiß Ruff,<br />

hier, und Musikdirector Provisor Lehmann. Die Zahl der<br />

aktiven Mitglieder beläuft sich auf 54 und der passiven<br />

Mitglieder auf 173. Ein Exemplar der Statuten ist Königlicher<br />

Regierung mit Bericht vom 12. September 1853 in Vorlage<br />

gebracht worden.<br />

5. Der Gesangverein in Hechingen 3 . Derselbe ist im Jahre<br />

1851 gegründet worden und zählt zur Zeit 20 active Mitglieder.<br />

Vorsteher ist der Vorsänger Lichtenstein 4 hier. Der<br />

Verein ist oberamtlich genehmigt und sind dessen Statuten<br />

der Königlichen Regierung mit Bericht vom 12. September<br />

1853 in Vorlage gebracht worden.<br />

6. Der Gesangverein in Burladingen, entstanden im Herbst<br />

1857. Vorsteher sind Joseph Mauz, Schreiner, Lehrer Joseph<br />

Winter und Provisor Karl Winter in Burladingen. Der Verein<br />

zählt 22 Mitglieder.<br />

7. Der Gesangverein in Grosselfingen, gegründet im Jahre<br />

1844. Vorsteher ist Lehrer Johann Nepomuk Lorch in Grosselfingen.<br />

Der Verein zählt 20 Mitglieder, besitzt keine<br />

Statuten und hat die Genehmigung nicht eingeholt.<br />

8. Der Gesangverein in Hausen. Dieser Verein wurde vor ca.<br />

10 Jahren ins Leben gerufen, zählt zur Zeit 20 Mitglieder und<br />

hat eine besondere Bestätigung nicht eingeholt. Vorsteher ist<br />

Lehrer Steimer.<br />

9. Der Gesangverein in Killer, welcher erst im letzten Frühjahre<br />

entstanden ist, bereits 17 Mitglieder zählt, eine Bestätigung<br />

aber bis jetzt nicht nachgesucht hat. Lehrer Kästle in<br />

Killer ist Vorsteher dieses Vereins.<br />

10. Der Gesangverein in Owingen, gegründet im Jahre 1846.<br />

Vorsteher dieses Vereins ist Provisor Adolph Beck in Owingen,<br />

er zählt 18 Mitglieder, besitzt aber weder Statuten noch<br />

eine obrigkeitliche Genehmigung.<br />

HOHENZOLLERISCHE HEIMAT<br />

hrsggbn. vom Hohenz. <strong>Geschichtsverein</strong>.<br />

Die Zeitschrift »Hohenzollerische Heimat«<br />

ist eine heimatkundliche Zeitschrift. Sie will<br />

besonders die Bevölkerung in Hohenzollern<br />

und der angrenzenden Landesteile mit der<br />

Geschichte ihrer Heimat vertraut machen. Sie<br />

bringt neben fachhistorischen auch populär<br />

gehaltene Beiträge.<br />

Bezugspreis: 8.00 DM jährlich.<br />

Konto der »Hohenzollerischen Heimat«:<br />

803843 Hohenz. Landesbank Sigmaringen<br />

(BLZ 65351050).<br />

Druck:<br />

M. Liehners Hofbuchdruckerei GmbH & Co.,<br />

7480 Sigmaringen, Karlstraße 10.<br />

48<br />

Die Autoren dieser Nummer:<br />

Dr. Otto H. Becker<br />

Hedinger Straße 17<br />

7480 Sigmaringen<br />

Dr. Hans-Dieter Lehmann<br />

In der Ganswies 2<br />

7457 Zimmern-Bisingen<br />

Jürgen Schmidt, Oberforstrat<br />

Uberlinger Straße 1<br />

7798 Pfullendorf<br />

Karl Werner Steim<br />

Wegscheiderstraße 26<br />

7940 Riedlingen<br />

Otto Werner, Rektor<br />

Friedrich-List-Straße 55<br />

7450 Hechingen<br />

Dr. Herbert Rädle<br />

Veit-Jung-Straße 13 a<br />

8430 Neumarkt<br />

11. Der Gesangverein in Rangendingen, der im Jahre 1843<br />

entstanden, 20 Mitglieder zählt, eine Genehmigung jedoch<br />

nicht eingeholt hat. Vorsteher dieses Vereins ist Lehrer Gallus<br />

Strobel in Rangendingen.<br />

12. Der Gesangverein in Stetten b/H. Dieser Verein ist im<br />

Jahre 1843 entstanden, zählt 20 Mitglieder, besitzt Statuten<br />

vom Jahre 1843, welche jedoch nicht bestätigt sind. Vorsteher<br />

ist Joseph Klotz, Musikus in Stetten b. Hechingen.«<br />

Anmerkungen:<br />

1 Staatsarchiv Sigmaringen, Ho 13 Nr. 994<br />

2 Gegründet als »Singverein« von Hofmusikus und Vizekapellmeister<br />

Georg Wichtl, 1843 schlossen sich »Singverein« und die<br />

Blechmusik »Metall-Harmonie« zusammen und führten nun den<br />

Namen »Musikverein«.<br />

3 Der heutige Sängerbund führt sich auf den 1836 gegründeten<br />

»Singverein« zurück. - S. Festschrift »150 Jahre Sängerbund<br />

Hechingen 1836-1986«.<br />

4 Sigmund Lichtenstein war u.a. bis zu seinem Tod 40 Jahre (jüdischer)<br />

Vorsänger und Vorbeter in der Synagoge und dirigierte zehn<br />

Jahre den von ihm gegründeten Synagogenchor wie auch den aus<br />

Christen und Juden zusammengesetzten Sängerbund; er starb<br />

1874. - S.Manuel Werner: Die Juden in Hechingen als religiöse<br />

Gemeinde. In: Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte, 21<br />

(1985), S. 78-79.<br />

Trochtelfinger Geschichtsund<br />

Heimatverein gegründet<br />

Am 24. Februar <strong>1989</strong> gründeten Heimatfreunde in Trochtelfingen<br />

den Trochtelfinger Geschichts- und Heimatverein.<br />

Zum ersten Vorsitzenden wurde Hans Schoser gewählt,<br />

Schriftführer wurde Heinz Schmid.<br />

Der Verein stellt sich die Aufgabe, Freunde der Geschichte<br />

und Heimatkunde der Stadt Trochtelfingen zusammenzuschließen,<br />

um die Geschichte und Heimatkunde der Stadt<br />

Trochtelfingen/Hohenzollern, der ehemaligen Grafschaft<br />

Werdenberg-Heiligenberg-Trochtelfingen, des ehemaligen<br />

fürstenbergischen Oberamtes Trochtelfingen, des ehemaligen<br />

hohenzollerischen Oberamtes Trochtelfingen und des<br />

ehemaligen Landkapitels Trochtelfingen zu erforschen, zu<br />

fördern und zu verbreiten.<br />

Wir wünschen dem Verein Wachsen, Blühen und Gedeihen<br />

und hoffen, noch viel von ihm zu hören.<br />

Schriftleitung:<br />

Dr. med. Herbert Burkarth,<br />

7487 Gammertingen Telefon 07574/4211<br />

Die mit Namen versehenen Artikel geben die<br />

persönliche Meinung der Verfasser wieder;<br />

diese zeichnen für den Inhalt der Beiträge<br />

verantwortlich. Mitteilungen der Schriftleitung<br />

sind als solche gekennzeichnet.<br />

Manuskripte und Besprechungsexemplare<br />

werden an die Adresse des Schriftleiters erbeten.<br />

Wir bitten unsere Leser, die »Hohenzollerische<br />

Heimat« weiter zu empfehlen.


HOHENZOLLERISCHE<br />

HEIMAT<br />

Haigerlocher Judenfriedhof November <strong>1989</strong> (Foto K.W. Steim)<br />

KARL WERNER STEIM<br />

Der Haigerlocher Judenfriedhof im Dritten Reich<br />

Im Weildorfer Stadtwald, nahe dem Gruoler Weinberg und<br />

dem Weg zum Kloster Kirchberg, wurde wohl im 16. Jahrhundert<br />

ein Friedhof für die jüdische Gemeinde Haigerloch<br />

angelegt. Es muß um die Mitte jenes Jahrhunderts gewesen<br />

sein, denn seit 1546 werden regelmäßig Juden in Haigerloch<br />

genannt , und von 1567 stammte nach einer Feststellung vom<br />

Jahre 1880 2 der damals älteste Grabstein im Weildorfer Wald.<br />

Und 1587 kommt der Friedhof selbst in den Akten 3 vor.<br />

Dieser Friedhof bestand als solcher runde 250 Jahre lang,<br />

dann erhielten die Juden vom Sigmaringer Fürsten im Jahre<br />

1802 die Erlaubnis, unterhalb ihrer Siedlung »Haag« einen<br />

neuen Begräbnisplatz anzulegen 4 . Der Fürst verkaufte den<br />

Herausgegeben vom<br />

M 3828 F<br />

HohenzoIIerischen <strong>Geschichtsverein</strong><br />

ISSN 0018-3253<br />

39. Jahrgang Nr. 4 / Dezember <strong>1989</strong><br />

Platz für 500 Gulden. Als Begründung hatten die Juden vor<br />

allem die weite Entfernung nach Weildorf angegeben. Und<br />

damit beginnt die Geschichte dieses neuen Friedhofs, um den<br />

es hier im wesentlichen geht.<br />

Baumaßnabmen im 19.120. Jahrhundert<br />

Nach einem ersten Anlauf im Jahre 1880 machten sich die<br />

Juden um 1900 wieder an die Erweiterung ihres zu klein<br />

gewordenen Friedhofs 5 . Als sich 1908 der Haigerlocher<br />

Oberamtmann erkundigte, wie weit die Erweiterung des<br />

israelitischen Friedhofs gediehen sei, erhielt er vom Bürgermeister<br />

die Auskunft, das Israelitische Vorsteheramt habe


seinen Auftrag auf Genehmigung der Friedhofs-Erweiterung<br />

zurückgezogen 6 . 1909 hat die israelitische Gemeinde den<br />

Straßengraben beim Eingang in ihren Friedhof mit Zementröhren<br />

überbrückt und im oberen Teil Platten über den<br />

Graben gelegt. Wegen dieser Platten kam es bei Regen zu<br />

einem ungenügenden Wasserablauf, weshalb die Stadt anordnete,<br />

die Platten zu entfernen und durch Zementröhren zu<br />

ersetzen. Das Israelitische Vorsteheramt sagte die Ausführung<br />

der Arbeiten zu 7 . Im Jahre 1911 schrieb das Vorsteheramt<br />

»Grab-, Maurer- und Erdbewegungsarbeiten für den<br />

Umbau des Friedhofes« im Betrage von zusammen 2400<br />

Mark öffentlich aus 8 .<br />

Städtischer Friedhof für die Juden ?<br />

Am 12. April 1929 befaßte sich das Gemeindekollegium in<br />

Haigerloch mit einem Gesuch der israelitischen Kultusgemeinde<br />

um Bewilligung einer Beihilfe zur Friedhofsinstandsetzung<br />

9 . Bürgermeister Leopold Bausinger erläuterte die<br />

Rechtslage, wonach der Friedhof der politischen Gemeinde<br />

auch für die Israeliten zur Verfügung stehe. In der Beratung<br />

kam dann zum Ausdruck, daß man erst die Kosten wissen<br />

wolle, ehe man über eine Beihilfe entscheide. Die beiden<br />

jündischen Gemeinderäte Hohenemser und Ullmann konnten<br />

auf Anhieb keine Kosten nennen, so daß man die israelitische<br />

Gemeinde aufforderte, »die Kosten im einzelnen nachzuweisen,<br />

zu denen die Beihilfe erbeten wird«. Es bestand<br />

also wohl im Gemeinderat keine Neigung, dem Vorschlag des<br />

Bürgermeisters nachzukommen, künftig auch die Juden auf<br />

dem städtischen Friedhof zu beerdigen. Vielleicht hatten sich<br />

auch die jüdischen Gemeinderäte dagegen ausgesprochen;<br />

aus dem Gemeinderatsprotokoll geht das leider nicht hervor.<br />

Am 31. Mai befaßte sich das Kollegium erneut mit dem<br />

Antrag der israelitischen Kultusgemeinde 10 . Nach längerer<br />

Beratung wurde einstimmig beschlossen, »der israelitischen<br />

Gemeinde zu den Unterhaltungskosten des israelitischen<br />

Friedhofes eine Beihilfe von 100 RM zu bewilligen«. Man<br />

stellte sogar einen weiteren Zuschuß in Aussicht: »wobei es<br />

der Kultusgemeinde unbenommen sein solle, im dringenden<br />

Bedarfsfalle wegen etwaiger Erhöhung dieses Betrages später<br />

heranzutreten«. Ein Jahr später beantragte die israelitische<br />

Kultusgemeinde wieder eine Beihilfe zur Friedhofinstandsetzung,<br />

wobei die Kosten auf 50 bis 75 RM geschätzt waren. Es<br />

wurde am 5. September 1930 »für den nachgesuchten Zweck<br />

eine einmalige Beihilfe von 50 RM« bewilligt 11 . Im Jahre 1932<br />

befaßte sich die Israelitische Gemeinde mit der Erweiterung<br />

des Friedhofes und wollte das benachbarte ehemalige Burkhartsche<br />

Grundstück dazu benützen 12 . Gemeinderat und<br />

Gemeindevertretung stimmten am 16. Juli 1932 mit der Auflage<br />

zu, »daß die Ausgestaltung der neuen Friedhofanlage<br />

nach ästhetischen, den Grundsätzen moderner Friedhofskunst<br />

entsprechenden Gesichtspunkten erfolgt«. Im selben<br />

Jahr genehmigten die Bürgerkollegien ein Gesuch der Israelitischen<br />

Gemeinde, »die baufällige dem Haagweg zugelegene<br />

Mauer des israelitischen Friedhofes mit Rücksicht auf die<br />

Wurzeln der unmittelbar innerhalb der Mauer stehenden<br />

Bäume dergestalt erneuern zu dürfen, daß die Mauer hinausgeschoben<br />

wird und mit etwa 30 cm ihrer Breite auf Gemeindeeigentum<br />

zu stehen kommt«. Eine Gebühr für den Platz<br />

wurde nicht erhoben 13 . Das sollte die letzte Baumaßnahme<br />

am jüdischen Friedhof werden.<br />

Der Friedhof im Dritten Reich<br />

Am 14. Dezember 1942 teilte die Jüdische Kultusvereinigung<br />

Württemberg e.V. (Zweigstelle Württemberg der Reichsvereinigung<br />

der Juden in Deutschland) in Stuttgart der Stadtverwaltung<br />

Haigerloch mit: »Der in dortiger Gemarkung liegende,<br />

infolge Eingliederung der dortigen Religionsgemeinde<br />

50<br />

Grab des Rabbiners Maier Hilb (Rabbiner von 1836 bis 1880)<br />

(Foto K.W.Steim).<br />

in die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland, in deren<br />

Eigentum übergegangene jüdische Friedhof soll auf Weisung<br />

der Aufsichtsbehörde zum Verkauf gebracht werden. Wir<br />

bieten daher hiermit der Stadt Haigerloch den vorbezeichneten<br />

Friedhof zum Kauf an. Als Kaufpreis soll der angemessene<br />

Verkehrswert bezahlt werden...« 14 Die Stadt wurde um<br />

ein Angebot gebeten. Haigerlochs Bürgermeister Rein zeigte<br />

sich am Erwerb der drei Parzellen (Nr. 232 mit 23,08 Ar<br />

Friedhof, Nr. 230 mit 1,85 Ar Weg und Nr. 225 mit 17,02 Ar<br />

Abhang) zwar interessiert, schrieb aber, das Gelände sei<br />

»Ödland an einem stark abfallenden Hang, das für eine<br />

Bebauung oder landwirtschaftliche Nutzung nicht gebraucht<br />

werden kann. Der angemessene Preis für derartiges Gelände<br />

ist RM 8.- pro ar oder für die Gesamtfläche 41,95 x 8 - RM:<br />

335,60«.<br />

Inzwischen lag der Jüdischen Kultusvereinigung in Stuttgart<br />

ein Angebot einer Haigerlocher Bürgerin für die Parzelle 225<br />

(Wiese) vor. Sie fragte daher bei der Stadt an, ob sie etwas<br />

gegen den Verkauf habe oder ob sie alle drei Parzellen kaufen<br />

wolle. Bürgermeister Rein antwortete, für die Parzelle 225<br />

hätten sich noch weitere Liebhaber gemeldet, er halte es<br />

deshalb für besser, diese Parzelle an die Gemeinde zu verkaufen,<br />

die sie dann weiter veräußern könne. Die Kultusvereinigung,<br />

der für Parzelle 225 ein Angebot über 350 bis 400 RM<br />

vorlag, wollte gern an Privat verkaufen, zumal der Preis höher<br />

lag als der, den die Stadt für alle drei Parzellen geboten hatte.<br />

Bürgermeister Rein wehrte sich gegen den Verkauf einer<br />

einzelnen Parzelle an Private, »weil von der Gemeinde beabsichtigt<br />

ist, das Gesamtareal für gemeinnützige Zwecke zum<br />

angemessenen Verkehrswert zu erwerben«. In einem weiteren<br />

Schreiben bemerkte Bürgermeister Rein weiter, »daß bei<br />

der Preisfestsetzung der angemessene Verkehrswert dann<br />

durch den Bürgermeister als Vorstand des Schätzungsamtes<br />

festgestellt und vorgeschlagen wird. Bei der Preisermittlung<br />

ist es und insbesondere in heutiger Zeit belanglos, ob bereits


Angebote mit abweichenden Preisen vorliegen. Maßgebend<br />

ist in erster Linie die Schätzung des Schätzungsamtes« 15 .<br />

Die Jüdische Kultusvereinigung ging nun auf das Angebot<br />

der Stadt ein und legte den Vertrag dem Reichssicherheitshauptamt<br />

in Berlin zur Genehmigung vor. Im Februar 1943<br />

kam die Genehmigung. Zur Fertigung des Kaufvertrags kam<br />

der jüdische Konsulent Dr. Ernst Israel Moos aus Ulm nach<br />

Haigerloch. Es blieb bei dem vom Bürgermeister vorgeschlagenen<br />

Kaufpreis von 335,60 RM. Der Kaufvertrag wurde am<br />

16. März 1943 vor dem Amtsgericht Haigerloch abgeschlossen.<br />

Der Hechinger Landrat Schraermeyer genehmigte am<br />

13. Mai 1943 den Vertrag. Der Kaufpreis wurde am 27. Mai<br />

1943 an die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland<br />

(Berlin) überwiesen 16 .<br />

In seinem Schreiben vom 29. April 1943 an den Landrat in<br />

Hechingen gab Bürgermeister Rein bekannt, was er mit dem<br />

Friedhofsgelände machen wollte: »Die Grundstücke werden<br />

zur Schaffung einer besseren Zufahrt zum Stadtteil Haag<br />

benötigt. Die heutige steile Auffahrt mit unübersichtlicher<br />

Einmündung in die Landstraße I. Ordnung Haigerloch -<br />

Balingen kann auf die Dauer nicht belassen werden. Zur<br />

gegebenen Zeit soll daher ein neuer Zufahrtsweg mit Serpentine<br />

in normaler Steigung über die gekauften Grundstücke<br />

gelegt werden. In entgegengesetzter Richtung ist die Anlage<br />

einer neuen Straße zum Haag durch die ehemalige Kreisgarage,<br />

dem Zöhrlaut'schen Mühlkanal und Eisweiher unmöglich« 17 .<br />

Am 1. November 1943 - in Haigerloch gab es inzwischen<br />

keine Juden mehr - wandte sich das »Reichsinstitut für<br />

Geschichte des neuen Deutschlands« an das Staatsarchiv<br />

Sigmaringen und teilte mit, man sei dabei, »die Grabinschriften<br />

der Judenfriedhöfe im deutschen Reichsgebiet aufnehmen<br />

zu lassen. Diese Grabinschriften bilden für die Zeit vor<br />

Einführung der Personenstandsregister und der teilweise<br />

schon früher angelegten Personenlisten die einzige Quelle für<br />

die genealogische Erforschung des Judentums und seiner<br />

Verbreitung im deutschen Volkskörper. Die Sicherstellung<br />

dieses Quellenmaterials geschieht am zweckmäßigsten in der<br />

Weise, daß die Inschriften fotografisch aufgenommen werden.<br />

Die Aufnahme muß so ausgeführt werden, daß später<br />

eine hebraistisch geschulte Fachkraft den Inhalt der Inschrift<br />

aus ihr entziffern und in ein dafür geschaffenes Formblatt<br />

übertragen kann. Eine Kartei dieser Formblätter soll dann<br />

also gleichsam die für die Juden nicht vorhandenen Kirchenbücher<br />

ersetzen. Diese Bestandsaufnahme muß jetzt durchgeführt<br />

werden, da der Weiterbestand der Judenfriedhöfe<br />

fraglich ist, der Erhaltungszustand der Grabmäler aber immer<br />

schlechter wird. Es ist jedoch nicht zweckmäßig, diese Arbeit<br />

ohne wissenschaftliche Anleitung an Ort und Stelle vornehmen<br />

zu lassen. Die Kriegsverhältnisse machen es uns unmöglich,<br />

solche Anweisungen jeweils selbst zu geben. Außerdem<br />

erachten wir es als dem wissenschaftlichen Zweck dienlicher,<br />

ortskundige und der örtlichen Forschung verpflichtende<br />

Kräfte zu dieser Arbeit heranzuziehen...« 18<br />

Das Staatsarchiv Sigmaringen machte das Reichsinstitut darauf<br />

aufmerksam, daß die Genealogie der Juden wohl leichter<br />

über deren Geburts-, Heirats-, Sterbe- und Familienregister<br />

erforscht werden könne als über die Grabsteine. Die Register<br />

seien an das Reichssippenamt abgegeben worden 19 . Das<br />

Reichsinstitut bedankte sich zwar für diesen Hinweis, da es<br />

davon nichts gewußt hatte, bestand aber auf der fotografischen<br />

Dokumentation.<br />

Das Reichsinstitut forderte die Stadt Haigerloch im November<br />

1943 - über das Staatsarchiv - auf, »daß die Grabsteine bis<br />

nach Beendigung der Bestandsaufnahme in ihrem gegenwärtigen<br />

Zustand unbedingt erhalten bleiben müssen«. Am<br />

16. November 1943 kam dann der Staatsarchivinspektor<br />

Schaffner nach Haigerloch und unterzog die beiden Judenfriedhöfe<br />

einer eingehenden Besichtigung. Darüber schrieb er<br />

dem Reichsinstitut: »Der Friedhof im Wald bei Weildorf ist<br />

in seiner Anlage und Abgrenzung noch zu erkennen. Zerstörungen<br />

und die Wegnahme von Steinen haben stattgefunden.<br />

Vorhanden sind noch 13 Steine, die zum Teil liegen, zum Teil<br />

stehen und alle nur hebräisch beschriftet sind. Außerdem<br />

habe ich zwei Steinstümpfe festgestellt, die nur kurz über den<br />

MARIA LEIBOLD<br />

A glückselegs Nuis Johr<br />

A Johr goht a im duifta Wenter,<br />

füar Alt und Jung und au füar Kender.<br />

Zwölf Monet drehet sich im Reiga,<br />

dr Janner duat sich eiseg zoiga.<br />

Dr Feber hot im Narrasäckle,<br />

vill bunte, närrsche Fasnetsfräckle.<br />

Im Meeza goht noch 's Bäurle wacker,<br />

mit seina Gäule uff da Acker.<br />

April bringt Reaga und a Schnaila,<br />

en Pfludder und a Waataweile.<br />

Im Moia duat se 's Heaz erfraia,<br />

en Juusger lau und Schroi nauskeia.<br />

'S ganz Dal ischt grea und d'Luft ischt glinder,<br />

's ischt Juni, hollet Schträuß ihr Kender.<br />

Dees ischt a gmachets Heibetweatter,<br />

so sait im Juli d'Bas zom Vetter.<br />

Wia kaa mes im Auguscht suscht wella,<br />

ma hairt noitz als noh hü und schnella.<br />

Dia Schwaiba ziahet und 's geit Nussa,<br />

dr Luft hots em September hussa.<br />

En guata Wei bringt dr Oktober,<br />

dr Kear ischt gfüllt und au dr Schober.<br />

Und em November do duats gfriara,<br />

dees ischt a Weatter zom sinniara.<br />

Dezember isch's dr Wald duat schweiga,<br />

ma duat sich voar dr Schtille neiga.<br />

Ma goht uff deara Johresloiter<br />

ällaweil en Schbrissel weiter.<br />

Dia Johr vrgauet und miar wandre<br />

zu oim Johr naus, und nei es andre.<br />

Erdboden herausragen, an ihrem oberen Ende aber einen<br />

Bogen zeigen, so daß zu vermuten ist, daß dies alte Steine<br />

sind, die nur tiefer im Erdreich stecken, möglicherweise<br />

hineingehauen sind. Da der Boden gefroren war, konnte ich<br />

nähere Untersuchungen an diesen beiden Steinen nicht<br />

anstellen. Von diesen 13 Steinen ist einer offensichtlich<br />

jüngeren Datums und stammt wahrscheinlich von dem Juden<br />

Isaias Zivi, der zuletzt 1884 hier beerdigt wurde.<br />

51


Der Judenfriedhof im Haag von Haigerloch ist in seiner<br />

Anlage im ursprünglichen Zustand gut erhalten. Es sind<br />

lediglich einige Grabsteine neueren Datums umgeworfen und<br />

demoliert. An den alten Steinen ist bisher nichts geschehen.<br />

Der Friedhof steht unter der besonderen Obhut der Stadt und<br />

es ist, wie mir der Bürgermeister selbst erklärte, vorläufig<br />

nicht beabsichtigt, an seiner Anlage irgend etwas zu ändern.<br />

Aus der Zeit vor 1874 habe ich 329 Steine festgestellt, d.h. es<br />

sind 329 Aufnahmen von Steinen notwendig, einschließlich<br />

derjenigen, die doppelseitig beschrieben sind, was etwa bei 50<br />

Steinen der Fall ist. Bis in welche Zeit die Steine zurückreichen,<br />

kann ich nicht genau angeben, da die zweifellos ältesten<br />

Steine keinerlei deutsche Beschriftung haben. Einige Steine<br />

sind stark verwittert« 20 .<br />

Im Dezember 1943 erklärte sich das Reichsinstitut damit<br />

einverstanden, daß die Herstellung der Aufnahmen der Witterungsverhältnisse<br />

wegen auf das Frühjahr 1944 verschoben<br />

wurden und übersandte eine Bescheinigung für die Fotografenfirma<br />

über die dienstliche Notwendigkeit der Aufnahmen.<br />

Im April 1944 vertröstete Fotografenmeister Karl Keidel aus<br />

Hechingen (der Haigerlocher Fotograf Paul Weber befand<br />

sich im Krieg) das Sigmaringer Staatsarchiv auf Mai, da er zur<br />

Zeit noch andere Aufträge abzuwickeln habe. Am 10. Juni<br />

übersandte er schließlich seine Abzüge im Format 9 x 12 cm<br />

und erwähnte, es habe sich um eine schwierige Aufgabe<br />

gehandelt, da die meisten Gräber stark vermoost gewesen<br />

seien und er sie erst abgebürstet und das Gestrüpp mit einer<br />

Schere entfernt habe. Außerdem sei er bei der Gestapo wegen<br />

»verdächtigen Treibens« auf dem Hechinger Judenfriedhof<br />

angezeigt worden.<br />

Die Aufnahmen wurden an das Reichsinstitut in Berlin<br />

weitergeleitet. Damit endet die Geschichte der Judenfriedhöfe<br />

Haigerlochs im Dritten Reich. Heute könnten die<br />

Aufnahmen - falls sie doch noch ermittelt werden, wie z.B.<br />

nach langer Suche die Familienregister der jüdischen<br />

Gemeinde, die sich jetzt in einem Staatsarchiv der DDR<br />

befinden, nachdem sie ursprünglich in Rußland waren - uns<br />

wertvolle Dienste leisten.<br />

JÜRGEN SCHMIDT<br />

Anmerkungen<br />

1<br />

Staatsarchiv Sigmaringen, Dep. Fürstl. Hohenz. Haus- und<br />

Domänenarchiv (FAS), Rentamtsrechnungen Haigerloch<br />

2<br />

Schwarzwälder Bote Nr. 175 vom 31.7. 1980 und Hohenz. Blätter<br />

Nr. 116 v. 3.8. 1880 (Zitat aus der Allgemeinen Zeitung des<br />

Judentums). S. auch: Gustav Spier: Der alte jüdische Waldfriedhof<br />

bei Haigerloch, in: Gemeindezeitung für die israelitischen<br />

Gemeinden Württembergs 6 (1929) S. 70<br />

3<br />

S. Anm. 1<br />

4<br />

S. Anm. 1 und Staatsarchiv Sigmaringen, Ho 202 Pr OA Nr. 2204<br />

5<br />

Staatsarchiv Sigmaringen, Ho 202 Pr OA Nr. 2204<br />

6<br />

Stadtarchiv Haigerloch, Akten, Nr. 688<br />

7<br />

S. Anm. 6<br />

8<br />

Haigerlocher Bote Nr. 47 v. 28.3. 1911<br />

9<br />

Stadtarchiv Haigerloch, Gemeinderatsprotokoll vom 12.4. 1929,<br />

§24<br />

10<br />

dto. vom 31.5. 1929, §35<br />

11<br />

dto. vom 5.9. 1930, §187<br />

12<br />

dto. vom 16.7. 1932, §354<br />

13<br />

dto. vom 9.9. 1932, §366<br />

14<br />

Stadtarchiv Haigerloch, Akten, Nr.572. S. auch: Gemeinderatsprotokoll<br />

vom 19.1. 1943, §306<br />

15<br />

S. Anm. 14<br />

16<br />

S. Anm. 14. - S. auch Gemeinderatsprotokoll vom 18.5. 1943,<br />

§324<br />

17<br />

S. Anm. 14<br />

18<br />

S. Anm. 14 und Staatsarchiv Sigmaringen, Ho 337 Fasz. 76<br />

19<br />

Stadtarchiv Haigerloch, Akten, Nr. 699<br />

20<br />

Staatsarchiv Sigmaringen, Ho 337 Fasz. 76<br />

Literatur<br />

Franz Xaver Hodler: Geschichte des Oberamts Haigerloch. Hechingen<br />

1928<br />

Willi Schäfer: Geschichte und Schicksal der Juden in Haigerloch.<br />

Zulassungsarbeit zur II. Reallehrerprüfung. Reutlingen 1971 (maschinenschriftlich)<br />

Gustav Spier: Der alte jüdische Waldfriedhof bei Haigerloch,' in:<br />

Gemeindezeitung für die israelitischen Gemeinden Württembergs<br />

6 (1929) S. 70<br />

Karl Werner Steim: Juden in Haigerloch. Photos von Paul Weber.<br />

Haigerloch (1987)<br />

Karl Werner Steim: Die Synagoge in Haigerloch. Haigerloch 1988<br />

Der Wald Weithart aus forstwissenschaftlicher Sicht, gestern und heute (Schluß)<br />

Die Waldwirtschaft zwischen 1740 und 1833/54<br />

Von dem traurigen Zustand des Weithart erfahren wir im<br />

Teilungsvertrag von 1740 eingangs: »In diesem Wald sei kein<br />

rechter Stumpen Bauholz mehr vorhanden, dagegen verschiedene<br />

verwüstete Plätze von einem und mehr Jauchert ohne<br />

eigenen Aufwuchs. Wenn keine Mittel vorgehalten wären,<br />

wäre die gesamte Abtreibung des Waldes in wenigen Jahren<br />

zu besorgen.«<br />

Man stellte also ernsthafte Überlegungen an, den Wald<br />

abzuholzen und in landwirtschaftliche Nutzung zu überführen.<br />

Der damalige Baumbestand setzte sich aus einem lockeren<br />

Schirm aus Fichten, Eichen, Forlen, Aspen, Birken und<br />

Erlen zusammen.<br />

Die Waldordnung, die im Zusammenhang mit der Aufteilung<br />

des Waldes erging, enthielt zwar einige waldschonende<br />

52<br />

Bestimmungen, (z.B. das Verbot der Ausstockung über<br />

Gebühr) und verhinderte das Schlimmste. Jedoch wurde dem<br />

Weithart auch in den nächsten hundert Jahren noch übel<br />

mitgespielt. Bis ins 19.Jahrhundert hinein herrschte der<br />

sogenannte regellose Femelbetrieb vor, d.h. man schlug die<br />

jeweils stärksten Bäume heraus und plünderte den Wald<br />

(Plünderwald = Plenterwald) regelrecht. Es wurden große<br />

Holzmengen entnommen, ohne den H°l zz u w achs zu kennen.<br />

Daneben war der Weithart noch dem ungehinderten<br />

Weidebetrieb unterworfen, der von Georgi (23. April) bis<br />

zum Katharinentag (25. November) dauerte. Wie schlecht der<br />

Wald Anfang des 19. Jahrhunderts aussah, geht aus verschiedenen<br />

Berichten hervor, so 1820 über den Mengener Weithart,<br />

1844 über den Gemeindewald Krauchenwies und 1858<br />

über den Pfullendorfer Weithart.


Die Waldwirtschaft zwischen 1833/54 und heute<br />

Zur Änderung des beschriebenen Zustandes waren drei<br />

wesentliche Ereignisse Voraussetzung:<br />

1. Einstellung der Waldweide. Sie erfolgte 1827 in Mengen<br />

und in den beiden folgenden Jahrzehnten auch in den<br />

anderen Weithartgemeinden.<br />

2. Erneute Vermessung des Waldes. Sie wurde 1843 für den<br />

Bereich der Sigmaringischen Herrschaft und 1844/45 für<br />

den Mengener Weithart durchgeführt.<br />

3. Aufstellung von sogenannten Forsteinrichtungswerken.<br />

Dies erfolgte aufgrund forstgesetzlicher Regelungen für<br />

die Weithartwaldungen zwischen 1833 und 1858. Dabei<br />

wurde die Höhe der Holznutzung nach eingehender<br />

Zustandserfassung aufgrund von Zuwachs und Altersaufbau<br />

des Waldes festgesetzt.<br />

Vergleichende Daten zeigen folgendes:<br />

Der durchschnittliche Holzvorrat betrug Mitte 19. Jahrhundert<br />

280 m 3 Holz pro Hektar. Heute sind es 418 m 3 pro<br />

Hektar.<br />

Die Nutzungsmöglichkeiten lagen vor 150 Jahren bei ca. 2,5<br />

fm pro Jahr und Hektar. Heute sieht der Nutzungsplan für<br />

den gesamten Weithart einen Einschlag von 8,6 fm pro Jahr<br />

und Hektar vor.<br />

Die regellosen Plünderungen hörten ab Mitte des ^.Jahrhunderts<br />

auf und die Waldwirtschaft ging auf die Betriebsform<br />

des schlagweisen Hochwaldes mit flächigen Kahlhieben<br />

über.<br />

Die holzlosen Platten wurden vorwiegend mit Fichte, zum<br />

Teil durch Saat, überwiegend jedoch durch Pflanzung wieder<br />

gezielt aufgeforstet. Zur Deckung des Pflanzenbedarfs legte<br />

man Pflanzschulen an. Uberhaupt setzte man in die Fichte<br />

sehr große Erwartungen, wie Berichte aus den Forsteinrichtungswerken<br />

1858 des Pfullendorfer Weithart und 1885 des<br />

Gemeindewaldes Hausen a.A. beweisen.<br />

Die sogenannte Umtriebszeit, also die Zeit zwischen Begründung<br />

der Kultur und Nutzung des Altbestandes, wurde<br />

zwischen 70 und 100 Jahren festgelegt. Dabei wählten die<br />

badischen Gemeinden Pfullendorf und Schwäbiishausen<br />

höhere Umtriebszeiten (90 bis 100 Jahre) als die württembergischen<br />

Gemeinden Mottschieß, Mengen und Hausen (70<br />

Jahre). Heute liegt die Umtriebszeit der Weithartwaldungen<br />

durchweg bei ca. 120 Jahren.<br />

Zwischen 1845 und 1900 wurde die Waldwirtschaft weiter<br />

ausgebaut. Das Pflanzschulwesen erfuhr eine Erweiterung.<br />

Z.T. gewann man Fichtensamen selbst. Man war zwischenzeitlich<br />

zur reinen Fichtennachzucht übergegangen. Seit 1890<br />

kamen auch ausländische Holzarten zum Anbau (verschiedene<br />

Kiefernarten, Douglasie und Lärche).<br />

Höhepunkt der Fichtenwirtschaft war die Zeit zwischen 1915<br />

und 1927. Man strebte damals den reinen Fichtenbestand als<br />

Betriebsziel an. Vorherrschende Betriebsform war der Großkahlschlag<br />

mit nachfolgender Pflanzung, z.T. mit landwirtschaftlicher<br />

Zwischennutzung. Wie groß die Kahlschläge<br />

damals waren, zeigte sich aus einer Beschreibung von 1905.<br />

Damals fanden sich im Mengener Revier Weithart 45 ha<br />

Waldfläche ohne Baumbestockung.<br />

Ab 1930 setzte sich die Erkenntnis durch, daß die reine<br />

Fichtenwirtschaft neben ökonomischen Vorteilen auch<br />

enorme Nachteile heraufbeschwor. Schäden durch Sturm,<br />

Schnee, Insekten, Pilze und der Rückgang der Bodenkraft<br />

waren zwangläufige Folgewirkungen. Man kehrte der Großkahlschlagswirtschaft<br />

den Rücken und verjüngte fortan auf<br />

kleinerer Fläche unter Verwendung von Laubbäumen. Dies<br />

erfolgte vor allem im Mengener Weithart.<br />

Allerdings bereitete der 2. Weltkrieg mit all seinen Folgen<br />

diesem Umdenkungsprozeß einen herben Rückschlag.<br />

Bedingt durch mehrere trockene Jahre ab 1944 und die<br />

kriegsbedingte Abwesenheit des meisten Forstpersonals,<br />

konnte sich der Buchdrucker, eine Borkenkäferart, stark<br />

vermehren. In den Jahren 1945 bis 1949 fielen allein in den<br />

Mengener und Pfullendorfer Weithartwaldungen rund<br />

19000 fm Käferholz an. In Verbindung mit dem Käfer<br />

erhöhte sich von 1945 bis 1949 auch der Anfall an Sturmholz.<br />

Dazu traten riesige Holzmengen, die als Reparationsleistungen,<br />

vor allem an Frankreich, abgegeben werden mußten.<br />

Nun hatte man wieder Großkahlflächen und mußte notgedrungen<br />

die Fichte verwenden. Frost und Mäuse machten<br />

dem spärlich eingebrachten Laubholz schnell den Garaus. Es<br />

muß rückblickend als großartige Leistung der damaligen<br />

Förstergeneration bezeichnet werden, daß diese riesigen<br />

Kahlflächen wieder in Bestockung gebracht wurden.<br />

Kaum hatte sich der Wald wieder etwas erholt, kam die<br />

nächste Katastrophe. Die Stürme der Jahre 1965 bis 1967<br />

warfen im Weithart zigtausend Festmeter Holz auf den<br />

Boden und wieder galt es aufzuforsten. Die vielen Naturereignisse,<br />

die in den letzten hundert Jahren über den Weithart<br />

hereingebrochen sind, spiegeln sich sehr gut im Altersklassenaufbau<br />

des Waldes wieder. Dieser zeigt einen sehr starken<br />

Flächenüberhang an Beständen der II. Altersklasse<br />

(21-40jährig). Dies sind u.a. die Kahlflächenaufforstungen<br />

der Nachkriegs- und der Sturmjahre. Weiterhin sehen wir<br />

einen Überhang an Beständen der IV Altersklasse (61-80jährig).<br />

Er ist auf die Großkahlschläge und starken Übernutzungen<br />

um 1900 zurückzuführen.<br />

Zusammenfassend stellen wir fest:<br />

Im Weithart war die Fichte schon im 16. Jahrhundert dominierende<br />

Baumart. Der Mensch hat ihren Anteil seither bis<br />

heute weiter erhöht. Hierbei wächst auf dem Großteil der<br />

Fläche bereits die 5. Fichtengeneration. Diese mehr als<br />

400jährige Fichtenwirtschaft hat viele Nachteile gebracht:<br />

Schäden durch Sturm, Schnee, Insekten und eine Verschlechterung<br />

der Bodenqualität.<br />

Dies zeigt sich u.a. in relativ schlechten Humusformen<br />

(Moder bis Rohhumus), sowie einer Bodenvegetation, die<br />

Säure und Nährstoffarmut anzeigt.<br />

Die künftige Waldwirtschaft im Weithart<br />

Durch die über 400jährige Fichtenwirtschaft haben wir uns<br />

im Weithart von der natürlichen Waldgesellschaft - dem<br />

submontanen Buchen-/Eichenwald - weit entfernt. In<br />

Zukunft muß ein verstärktes Augenmerk auf die Wiedereinbringung<br />

der Laubbäume gelegt werden. Auf die Fichte wird<br />

jedoch nicht völlig verzichtet. Wichtig ist, auf geeigneten<br />

Böden Mischbestände aus Laubbäumen und Fichten zu<br />

begründen.<br />

Die künftigen Schwerpunkte der Waldwirtschaft im Weithart<br />

sind<br />

1. Anbau von Stieleichen auf vernässenden, lehmig-tonigen<br />

Böden<br />

2. Einbringung von Rotbuchen bereits in den Fichtenaltbestand<br />

3. Regulierung der Schalenwildbestände, um den Erhalt verbißgefährdeter<br />

Laubbäume zu sichern.<br />

4. Intensive Pflege der Jungbestände, um die Laubbäume<br />

auch über das kritische Dickungsstadium hinweg zu erhalten<br />

und Bestandstabilität durch Erziehung großkroniger<br />

Bäume zu erreichen.<br />

5. Dosierte Kalk-Magnesiumdüngung auf stark verarmten<br />

Standorten.<br />

53


KARL-HEINZ LUTZ<br />

Vor 175 Jahren: ein Hechinger in den Befreiungskriegen -<br />

Anton Mathias Bechtold v. Ehrenschwerdt<br />

Während der Arbeit zu meiner Dissertation, in deren<br />

Rahmen auch die soziale Zusammensetzung des badischen<br />

Offizierkorps untersucht wird, stieß ich auf den Oberstleutnant<br />

Anton Mathias Bechtold v. Ehrenschwerdt. Nachforschungen<br />

ergaben, daß dieser Offizier als Sohn des Bürgers<br />

Bernhard Bechtold, seit 1770 Offizier im fürstlich hohenzollerisch-hechingenschen<br />

Kontingent, am 20. September 1781<br />

in Hechingen geboren wurde 1 . Eine Kurzbiographie dieser<br />

Persönlichkeit erscheint mir deshalb sinnvoll, weil Offiziere<br />

dieser Garge im allgemeinen weder in den biographischen<br />

Nachschlagewerken für ganz Deutschland 2 , noch in den<br />

regional begrenzten Kompendien, wie zum Beispiel den<br />

»Badischen Biographien«, Aufnahme fanden; auch das<br />

umfangreich angelegte Werk »Index Bio-Bibliographicus<br />

notorum Hominum«, das von Jean-Pierre Lobies herausgegeben<br />

wird, läßt jeden Hinweis vermissen. Zudem sind beide<br />

Zweige dieser Familie bereits seit Jahrzehnten ausgestorben,<br />

so daß sie zunehmend der Vergessenheit anheim gefallen sein<br />

wird, obwohl gerade in den 1980er Jahren einige Jahrestage<br />

zu feiern gewesen wären. Diese Miszelle will sich deshalb in<br />

erster Linie als Ergänzung und Anregung für die Regionalgeschichtsforschung<br />

verstanden wissen.<br />

Bernhard Bechtold hatte mit seiner Ehefrau Franziska Wilhelmine,<br />

geb. Siegling, zwei Söhne: Anton Mathias und<br />

Joseph Friedrich (* Hechingen 26.2. 1783, | Erfurt 2.7.<br />

1846). Beide ergriffen den Beruf des Vaters, avancierten,<br />

jedoch in verschiedenen Armeen, zum Oberstleutnant und<br />

wurden in den hohenzollerisch-hechingenschen Adelsstand<br />

erhoben; der Erstgeborene als königlich westfälischer Hauptmann<br />

der Leibjägergarde im Frühjahr 1810, der jüngere drei<br />

Jahre später; sie führten fortan den Zusatz »von Ehrenschwerdt«.<br />

Im Jahre der Standeserhöhung trat Anton Mathias von<br />

westfälischen in badische Dienste über und nahm hier als<br />

Stabsoffizier an den Befreiungskriegen gegen Napoleon teil 3 .<br />

1813 wurde er zum Kommandeur des 3. badischen Landwehr-Bataillons<br />

ernannt und hatte im Zusammenwirken mit<br />

dem »Direktorium des Wiesenkreises«, einer dem Innenministerium<br />

nachgeordneten Dienststelle, in deren Zuständigkeitsbereich<br />

(Raum Lörrach und Schopfheim) seinen künftigen<br />

Verband aufzustellen, der schließlich ein Offizierkorps<br />

von 20 Soldaten umfaßte 4 . Neben der Aufstellung einer<br />

Landwehr, die für Baden ein Novum darstellte 5 , wurde auch<br />

die Formation des Landsturmes vorangetrieben, für den<br />

allein in Baden 9 Brigaden mit insgesamt 3142 Offizieren,<br />

14 790 Unteroffizieren, 460 Spielleuten und 167536 Soldaten<br />

vorgesehen waren 6 .<br />

Im September 1814 wurde er als überzähliger Major beim<br />

badischen Regiment Nr. 3 »Großherzog« geführt 7 . Die etatmäßigen<br />

Majore waren Alexander Wilhelm Carl v. Kalenberg,<br />

der 1809 aus preußischen Diensten nach Baden gekommen<br />

war, Benedikt Pankratius Kühn, 1807 aus kurmainzischen<br />

und salmschen Diensten übernommen, und Bernhard<br />

Heusch, welcher der einzige Badener in diesem Gespann<br />

war 8 . Zum damaligen Zeitpunkt war die Zusammensetzung<br />

des Offizierkorps aus Soldaten aller möglichen deutschen<br />

Länder typisch für das junge Großherzogtum Baden. Der<br />

Verband, dem Bechthold v. Ehrenschwerdt jetzt angehörte,<br />

wurde von Oberst v. Brandt geführt und hatte sich im<br />

Rahmen des VIII. deutschen Korps, dem die Belagerung der<br />

französisch besetzten Festungen Straßburg, Landau und<br />

54<br />

Pfalzburg aufgetragen war, von Januar bis Mai 1814 erfolgreich<br />

gegen Straßburg behauptet und so zum Sieg gegen<br />

Napoleon mit beigetragen 9 . Als nach dessen Rückkehr von<br />

der Insel Elba 1815 ein neuer Krieg ausbrach, beteiligte sich<br />

das badische Armeekorps erneut an den Kämpfen, nun mit<br />

etwa 18000 Mann. Diesmal zählte das Regiment, dem der<br />

Hechinger angehörte, zum zweiten deutschen Armeekorps,<br />

an dessen Spitze der Fürst von Hohenzollern stand, und<br />

wurde erneut zur Belagerung von Straßburg eingesetzt; das<br />

größte Gefecht, das dabei zu bestehen war, galt der Vereitelung<br />

des französischen Ausbruchversuchs vom 9. Juli 1815,<br />

der den Badenern einen Verlust von 9 Offizieren und 160<br />

Mann beibrachte 10 .<br />

Nachdem Napoleon nach der Niederlage von Belle-Alliance/<br />

Waterloo vom 18.6. 1815 endgültig von der europäischen<br />

Bühne hatte abtreten müssen und der badischen Armee bis zu<br />

den Revolutionsjahren 1848/49 eine mehr als dreißigjährige<br />

Friedenszeit beschieden war, heiratete Mathias Anton, der<br />

neuen Standeseigenschaft wohl bewußt, 1816 in Kandern<br />

Luise Karoline Friederike v. Stetten-Buchenbach, die einem<br />

weitverzweigten Geschlecht angehörte 11 . Aus dieser konfessionellen<br />

Mischehe - die Frau war protestantisch - ging<br />

lediglich ein Sohn hervor - Karl Friedrich Anton. Er trat in<br />

badische Zivildienste und verstarb, ledig geblieben, 1875 in<br />

Karlsruhe als Kammerjunker und Sekretär beim Oberhof-<br />

Gericht in Mannheim 12 , so daß mit ihm dieser Familienzweig<br />

erlosch.<br />

Joseph Friedrich Bechtold v. Ehrenschwerdt verdingte sich in<br />

preußischen Militärdiensten beim Infanterie-Regiment<br />

Nr. 31. Bei seinem Tode 1846 in Erfurt hinterließ er drei<br />

Söhne, von denen der älteste in Preußen die Beamtenlaufbahn<br />

einschlug und die beiden jüngeren wie ihr Vater den Offizierberuf<br />

erwählten. Da nur der älteste heiratete, seine Ehe jedoch<br />

kinderlos blieb, erlosch auch dieser Zweig bereits zu Anfang<br />

unseres Jahrhunderts.<br />

Es wäre nun unter anderem zu klären, aufgrund welcher<br />

Verdienste die oben genannten Brüder in den Adelsstand<br />

erhoben wurden, weshalb sie trotz der Nobilitierung ihre<br />

Heimat Hechingen verlassen hatten und ob sie noch nachhaltige<br />

Beziehungen zu ihr aufrechterhalten hatten. Eine solche<br />

Untersuchung müßte wohl in einen Beitrag zur Sozialgeschichte<br />

des hohenzollerischen Adels eingebettet werden.<br />

Interessant wäre aber auch die Herausarbeitung des Anteils<br />

anderer Hechinger bzw. Hohenzollern am Befreiungskrieg,<br />

sofern ein solcher überhaupt vorlag.<br />

Anmerkungen<br />

1<br />

Vgl. Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Briefadeligen<br />

Häuser, Jg. 1911, S. 40f. und 1929, S. 35f.; es handelte sich um ein<br />

katholisches Geschlecht. Ein Porträt des Offiziers ist leider weder<br />

im GLA Karlsruhe noch im Weltgeschichtlichen Museum in<br />

Rastatt vorhanden. Die Schreibung des Namens variiert in den<br />

Quellen; neben »Bechtold« findet sich auch »Bechthold«, ebenso<br />

existierte auch die Schreibweise »Ehrenschwert«.<br />

2<br />

Vgl. Allgemeine Deutsche Biographie und Neue Deutsche Biographie.<br />

3<br />

Zur Geschichte Hohenzollerns unter Napoleon vgl. Fritz Kallenberg,<br />

»Die Fürstentümer Hohenzollern im Zeitalter der Französischen<br />

Revolution und Napoleons«, S. 358-472 in: Zeitschrift zur<br />

Geschichte des Oberrheins (»ZGO«) 111. Bd. (N.F. 72) 1963 und<br />

jetzt auch Paul Sauer, Napoleons Adler über Württemberg, Baden<br />

und Hohenzollern. Süddeutschland in der Rheinbundzeit; Stutt-


gart, Berlin, Köln, Mainz 1987. Vgl. auch, freilich weniger wissenschaftlich,<br />

aber gute Stimmungsberichte enthaltend: Die Württemberger<br />

in den Freiheitskriegen. Herausgegeben vom Württembergischen<br />

Evangel. Lehrer-Unterstützungsverein; Stuttgart 1912<br />

(= Württembergische Volksbücher). Einen Einblick in den Einsatz<br />

der Hohenzollern, der sich vorwiegend in Spanien abspielte, gibt<br />

St. Keßler, »Das hohenzollerische Militär vor 150 Jahren im<br />

Dienste Napoleons«, S. 33 in: Hohenzollerische Heimat, 12.Jg.,<br />

H. 3, 1962; zum Engagement der Badener in Spanien siehe: Erich<br />

Blankenborn; 1808-1814. Badische Truppen in Spanien. Amtliche<br />

Veröffentlichung des Armeemuseums Karlsruhe/Baden. Deutsche<br />

Wehr am Oberrhein; Karlsruhe 1939.<br />

4<br />

GLA 238/30; hier einige Schreiben, die Aufstellung der Landwehr<br />

betreffend.<br />

5<br />

Dazu ausführlich Hermann Haering, »Die Organisierung von<br />

Landwehr und Landsturm in Baden in den Jahren 1813 und 1814«,<br />

S. 266-303 in: ZGO, 68. Bd. (N.F. 29. Bd.) 1914; zur weiteren<br />

Entwicklung von Landwehr und Bürgerwehr bis zu Revolution<br />

siehe Gottfried Brückner, Der Bürger als Bürgersoldat. Ein Beitrag<br />

zur Sozialgeschichte des Bürgertums und der bürgerlichen Gesellschaft<br />

des 19. Jahrhunderts. Dargestellt an den Bürgermilitärinstitutionen<br />

der Königreiche Bayern und Hannover und des Großherzogtums<br />

Baden; Phil. Diss. Bonn 1968.<br />

6<br />

GLA 238/29 »Stand und Formation insbesondere Die Organisation<br />

des Landsturms im Jahre 1814« - Tabellen zu allen Brigaden<br />

enthaltend, aus denen die Anzahl, Stärke und Dislokation der<br />

einzelnen Bataillone hervorgehen. Zum Befreiungskrieg vgl. auch<br />

Hannsjoachim W.Koch; Die Befreiungskriege 1807-1815. Napoleon<br />

gegen Deutschland und Europa; Berg/Starnberger See (Türmer)<br />

1987.<br />

7<br />

GLA 238/196; allerdings in der Schreibweise »v. Bechthold«. Der<br />

Name des Regimentes rührte daher, daß dessen Chef der Großherzog<br />

war. Uber die Einteilung des badischen Korps in den Kriegen<br />

JOHANN ADAM KRAUS<br />

Ende der Ringelsteiner?<br />

Eine nicht alltägliche Nachricht aus dem Breisgau hat im<br />

Februar 1981 einige für Heimatkunde besonders aufgeschlossene<br />

Bewohner von Ringingen auf der Zolleralb aufhorchen<br />

lassen. In Freiburg ist der 51jährige Hausmeister des Badischen<br />

Verlags namens Hans Ringelstein nach längerer Krankheit<br />

unter Hinterlassung der Witwe Auguste und zweier<br />

verheirateter Töchter (Ilona Reinhardt und Karin Stelzer) am<br />

18. Februar 1981 verstorben. Wer dachte da nicht sogleich als<br />

wissender Ringinger an die kleine Burgruine Ringelstein an<br />

der alten Markungsgrenze Burladingen-Ringingen überm<br />

Buckental, die nach jahrzehntelangen, in verschiedene Richtung<br />

zielenden Vermutungen endlich im Jahre 1931 1 als<br />

sicher festgestellt wurde. In Grenzbeschrieben von 1454 bis<br />

1780 konnte die genaue Lage des Adelssitzes nachgewiesen<br />

werden, über den man so lange gerätselt hatte. Die kleine<br />

Turmruine war später nach dem Namen des betreffenden<br />

Waldbesitzers »Aloises Schlössle« (nämlich nach Alois<br />

Stözle) vom Volksmund benannt worden, und der Ringelstein<br />

selbst war völlig vergessen. Dieses kleine Felsennest mit<br />

erst nachträglich unterhalb noch im Wald ob der Kälberweide<br />

festgestellten Hofraum war mindestens seit dem Jahre 1274<br />

Sitz des zollerischen Vasallengeschlechtes »von Ringelstein«,<br />

zeitweise auch »von Killer« genannt, welches Dorf in neuerer<br />

Zeit das alte Adelswappen mit einer Peitsche als Zugabe als<br />

Ortswappen angenommen hat. Der meisterwähnte Vertreter<br />

Heinrich hat den merkwürdigen Beinamen »Affenschmalz«<br />

1375 aus dem sonnigen Süden mitgebracht 2 , wo er im päpstlichen<br />

Heere focht, wie aus der Nachbarschaft ein Konrad von<br />

Burladingen und Hugo von Melchingen. Das zollerische<br />

Lehen, die Burg, die wohl als Ruine »Burgstall« hieß, samt<br />

den zugehörigen Gütern des Kaspar von Ringelstein war<br />

und Mobilmachungen von 1805-1859 vgl. Badischer Militär-<br />

Almanach, 6. Jg. 1859, S. 48-64.<br />

8 Kühn und v. Kalenberg wurden später Generalmajore; vgl. dazu<br />

Bernd Philipp Schröder, Die Generalität der deutschen Mittelstaaten<br />

1815-1870. Mit Unterstützung der Fritz Thyssen Stiftung<br />

hrsg. v. Institut zur Erforschung Historischer Führungsschichten,<br />

Bensheim; Osnabrück 1984 (= Handbuch der deutschen Generalität<br />

im 19. Jahrhundert; Teil 1), S.64 und 68.<br />

9 Vgl. Unter dem Greifen. Altbadisches Militär von der Vereinigung<br />

der Markgrafschaften bis zur Reichsgründung 1771-1871. Hrsg.<br />

von der Vereinigung der Freunde des Wehrgeschichtlichen<br />

Museums Schloß Rastatt e.V. Bearbeitet von Sabina Hermes und<br />

Joachim Niemeyer; Karlsruhe/Rastatt 1984, S. 79-81.<br />

10 Die Kampfhandlungen, an denen das spätere badische Leib-<br />

Grenadier-Regiment während der Jahre 1806-1815 teilnahm, sind<br />

nachzulesen bei v. Barsewisch; Geschichte des Großherzoglich<br />

Badischen Leib-Grenadier-Regiments 1803-1871. Zweite unveränderte<br />

Auflage; Karlsruhe 1906; S. 34-168.<br />

11 Ihr Bruder gab die Todesanzeige für den am 30.6. 1835 abends um<br />

6.30 Uhr verstorbenen 52jährigen Anton Bechtold v. Ehrenschwerdt<br />

in der »Karlsruher Zeitung« vom 3. 7. 1835 auf. Nach<br />

den Befreiungskriegen war er 1826 zum Oberstlieutenant aufgestiegen<br />

und seit dem 14. 6. 1832 mit der Stelle des Rekrutierungsoffiziers<br />

für den Bezirk Karlsruhe betraut. Zum Geschlecht derer v.<br />

Stetten vgl. E. von der Becke-Klüchtzner; Stamm-Tafeln des Adels<br />

des Großherzogthums Baden. Ein neu bearbeitetes Adelsbuch;<br />

Baden-Baden (A.v.Hagen) 1886-1888, S. 465-471 und 623. Er<br />

führt allerdings nur eine Caroline Friederike Ernestine Luise<br />

(1785-1853) auf, so daß seine Angaben nicht identisch sind mit<br />

denen des Gothaer Taschenbuches (Anm. 1), wo die Lebensdaten<br />

von Bechtolds Frau mit 1792-1832 angegeben werden.<br />

12 Vgl. die Hof- und Staatshandbücher des Großherzogtumes Baden<br />

1850-1873.<br />

schon im Jahre 1485 nicht mehr in Hand des Geschlechts,<br />

weswegen Albrecht von Ringelstein beim Kaiser Klage<br />

erhob. Dieses Albrechts vermutlicher Sohn Kaspar aber<br />

verscherzte durch seine Ehe mit einer württembergischen<br />

Leibeigenen Margareth N. seinen Adelstitel, so daß der Sohn<br />

Joß (Jodokus) mit 5 Schwestern auch leibeigen und ohne<br />

»von« 1548 in Hechingen lebten. Ein Christoph Ringelstein<br />

wird 1543 als Untervogt zu Sigmaringen gemeldet, das kurz<br />

zuvor zollerisch geworden war. Der Schmied Joß Ringelstein<br />

lebte 1589 in Stein bei Hechingen mit seiner Frau Walburga<br />

Redlerin und den Kindern Maria und Kaspar. Ebendort<br />

finden wir einen Balthasar und einen Kaspar Ringelstein um<br />

1595. Ein Viehhirt Laurenz R. zu Stein erhielt hundert Jahre<br />

später, nämlich 1679, einen Sohn Johannes und ein Hans<br />

Georg Ringelstein von da ehelichte 1680 eine Katharina Saile<br />

von Bechtoldsweiler, beide in beschränkten Verhältnissen.<br />

Fünf Jahre drauf erhielten sie einen Sohn Sebastian. Endlich<br />

im Jahre 1743 kam eine arme Landfahrerin oder Hausiererin<br />

Margaretha Elisabeth Bopeyin nach Ringingen auf der Alb.<br />

Sie gab an, Witwe des kurz zuvor verstorbenen Johannes<br />

Ringelstein und in guter Hoffnung zu sein. Sie gebar einen<br />

Sohn, der am 8. Oktober 1773 in der Ringinger Pfarrkirche<br />

nach dem Paten Andreas Fink dessen Vornamen erhielt. Hat<br />

die Frau noch gewußt von der Urheimat ihres Mannes, vom<br />

ehemaligen Schlössle Ringelstein? Doch das lag längst in<br />

Trümmern. Eulen und Falken nisteten im zerfallenen<br />

Gemäuer und wilder Epheu rankte sich um Felsen und Stein<br />

am Kästlesbühl. (Kästle von lat. castellum = Burg!) So zog die<br />

Frau mit den Ihrigen wieder weiter durch die Lande. Ob der<br />

eingangs genannte Hans Ringelstein in Freiburg als letzter<br />

Nachkomme der einst adeligen Familie in Frage kommt, wer<br />

55


kann das entscheiden? Als ursprünglicher Feinschleifer arbeitete<br />

er wegen angegriffener Gesundheit seit sieben Jahren als<br />

Hausmeister.<br />

Die Ruine Ringelstein wurde 1929 etwas instandgesetzt und<br />

vom Steinhauer Karl Dietrich, dem begeisterten Heimatfreund,<br />

eine Gedenktafel mit Wappen und Daten angebracht,<br />

die jedoch bald einigen Lausbuben als Zielscheibe ihrer<br />

Steinwürfe diente und in Trümmer ging. Selbst viele Ringin-<br />

HERBERT BURKARTH<br />

Der Streit um die Weiderechte im Hart<br />

Die Gemeinden Harthausen, Feldhausen und Kettenacker<br />

hatten eine gemeinsame Weide mit den Gemeinden Wilsingen,<br />

Pfronstetten und Tigerfeld. Das Gebiet wurde das Hart,<br />

auch die gemeinsame Weide genannt. Beide Bezeichnungen<br />

findet man heute noch auf der Topographischen Karte.<br />

Wahrscheinlich stammt diese gemeinsame Weide aus einer<br />

Zeit, in der es zwischen den kleinen Gemeinden noch große,<br />

unbebaute Flächen gab, die man als Weide und Wald benutzte.<br />

Mit Zunahme der Bevölkerung wurden die Anbauflächen<br />

immer mehr ausgedehnt und es kam dann häufig zu Streitigkeiten<br />

zwischen den Gemeinden. Meistens wurde der Streit<br />

durch eine endgültige Teilung beigelegt. Gelegentlich kam es<br />

jedoch zu endlosen Streitereien und Prozessen. Im Falle des<br />

Hart war die Lage komplizierter. Das Kloster Zwiefalten war<br />

Grundherr und versuchte das Hart als Wald anzupflanzen.<br />

Dies war an sich für die Gemeinden kein großer Nachteil,<br />

denn es war allgemein üblich die Weidetiere in den Wald zu<br />

treiben. Um Wald zu bekommen, mußte das Kloster Teile der<br />

Weide sperren, bannen, damit die Weidetiere nicht die jungen<br />

Bäume abfraßen. Um diese Banngebiete entbrannte dann<br />

immer ein heftiger Streit.<br />

Gelegentlich kam es auch vor, daß das Kloster seinen Untertanen<br />

erlaubte, im Hart Felder umzubrechen. Diese mußten<br />

dann dem Kloster die Landgarbe (die 5. oder 9. Garbe) geben.<br />

Auch gegen dieses Vorhaben des Klosters protestierten die<br />

Gemeinden. Sie hatten Interesse daran, daß alles so blieb, wie<br />

es war; jede Form der Kultivierung beeinträchtigte die Weide.<br />

Das Hart gehörte ursprünglich zur Herrschaft Gammertingen-Hettingen.<br />

Es wurde von Heinrich von Rechberg, dem<br />

Erben des letzten Grafen von Veringen, an das Kloster<br />

Zwiefalten verkauft. Aus nicht bekannten Gründen focht er<br />

denVerkauf später wieder an und es kam zu einer Schlichtung<br />

durch Gräfin Henriette von Württemberg (1429). Das<br />

Kloster sollte unangefochten im Besitz des »Waldes Hart«<br />

bleiben. Es sollte jedoch jährlich für den verstorbenen Grafen<br />

Wölfle von Veringen, den Heinrich von Rechberg, seine Frau<br />

und seine Kinder einen Jahrtag halten, wie man im Kloster für<br />

andere edle Leute Jahrzeit begehe.<br />

Der Verkauf betraf die Territorialrechte und das Recht am<br />

Wald. Die Rechte der drei Gammertinger Gemeinden auf die<br />

Weide wurden von dem Verkauf nicht berührt. Diese Rechte<br />

wurden übrigens grundsätzlich nie bestritten. Das Hart hatte<br />

eine Fläche von ca. 1000 Jauchert. Das Kloster stand den<br />

Gemeinden auf 300 Jauchert das Wiederecht zu. Dieses<br />

Gebiet wurde genau vermerkt. Auf diese Weise gelang es dem<br />

Kloster, die Gemeinden an den Rand seines Territoriums zu<br />

drängen.<br />

56<br />

ger schenkten dem im Wald versteckten Felsen mit den<br />

spärlichen Trümmern des Schlössle keine Beachtung, wie<br />

auch dessen richtigem geschichtlichem Namen Ringelstein,<br />

dem »kleinen Stein«!<br />

Anmerkungen<br />

1 Albv. Blätt. 1931, 317ff.<br />

2 Hohenz. JHeft 1954, 103-141.<br />

Der erste Streit um das Hart, der urkundlich belegt ist, datiert<br />

vom Jahre 1478. Graf Ulrich von Württemberg war Vermittler<br />

zwischen den Herren von Bubenhofen und dem Kloster.<br />

Schon 1501 beschwerten sich die Gemeinden Harthausen,<br />

Feldhausen und Kettenacker erneut. Das Kloster hatte die<br />

Egerten, die Weiden und den Sattler umgebrochen. Man<br />

einigte sich, daß die Egerten nicht mehr umgebrochen werden<br />

sollten, wie es die alten Gerechtigkeiten bestimmten.<br />

85 Jahre später, 1586 wurde ein Vertrag zwischen Zwiefalten<br />

und Frau Dorothea Speth, geb. von Rechberg abgeschlossen.<br />

Auch dieser Einigung waren längere Streitigkeiten vorausgegangen.<br />

Mehrere Wilsinger Bauern hatten im Hart Acker<br />

umgebrochen und gaben dem Kloster die Landgarbe. Es heißt<br />

in dem Vertrag u.a.: »was unterhalb, hinabwärts gegen die<br />

neue Kapelle bei dem Kreuzle liegt, haben Kettenacker,<br />

Harthausen, Feldhausen und Wilsingen den gemeinsamen<br />

Zutrieb. »Hier wird erstmals die Hartkapelle oder Sattlerkapelle<br />

genannt.<br />

1599 erhielt Schultheiß Michael Knupfer aus Pfronstetten von<br />

den Gemeinden die Erlaubnis im Ottental eine Holzwiese auf<br />

9 Jahre umzubrechen und zu bauen. Den halben Zehnten<br />

mußte er an die Herrschaft in Hettingen geben, die andere<br />

Hälfte bekam das Kloster.<br />

1603 war wieder ein heftiger Streit entbrannt. Das Kloster<br />

hatte 40 Jauchert im Weidedistrikt gebannt. Die Kettenacker<br />

trieben trotzdem ihr Vieh hinein, wogegen sich das Kloster<br />

bei der Speth'schen Herrschaft Hettingen beschwerte (Kettenacker<br />

gehörte seit der Speth'schen Teilung von 1599 zur<br />

Herrschaft Hettingen). Speth-Hettingen ersuchte das<br />

Kloster, die Weiderechte der Gemeinden nicht zu stören. Der<br />

Streit ging jedoch erst richtig los. Bauern von Pfronstetten<br />

und Tigerfeld legten im Hart eigenmächtig 8 bis 10 Jauchert<br />

Felder an. Sie wurden um 15 Gulden gestraft. Das Kloster<br />

errichtete neue Banngebiete, Speth protestierte und forderte<br />

die Untertanen auf, das Vieh in die gebannten Gebiete zu<br />

treiben. Das Kloster strafte die Gemeinden dafür um 10<br />

Gulden. Da die Speth'sche Herrschaft beim Kloster nichts<br />

erreichte, schickte sie 1607 eine Bittschrift an die herzogliche<br />

Regierung nach Stuttgart.<br />

Württemberg hatte die Schirmherrschaft über das Kloster.<br />

Schon der Vertrag von 1478 war mit Vermittlung des Grafen<br />

Ulrich abgeschlossen worden. Da aus Stuttgart zunächst<br />

nichts erfolgte, dachten die Junker Speth sogar daran, eine<br />

kaiserliche Kommission anzufordern. Dem Kloster war dieser<br />

Gedanke nicht unsympathisch, weil man mit Württemberg<br />

nicht allzu gut stand. Das Kloster machte sogar Vorschläge,<br />

wie diese Kommission zu besetzen sei. Württemberg<br />

hatte aber in der Zwischenzeit vom Kloster Zwiefalten einen


Bericht über die Angelegenheit angefordert, so daß eine<br />

kaiserliche Kommission nicht mehr in Frage kam.<br />

Das Kloster richtete nun selbst eine Bittschrift nach Stuttgart.<br />

In dem 300 Jauchert großen Trieb, den die Gemeinden<br />

Harthausen, Feldhausen und Kettenacker im Hart hätten,<br />

wollte das Kloster einige Plätze zu Wald machen. Die<br />

Gemeinden seien jedoch hinderlich und gewaltsam. Es wird<br />

ausführlich geschildert, was die fremden Untertanen dem<br />

Kloster alles antun.<br />

Die herzogliche Kanzlei forderte die Junker Speth zu einem<br />

Gegenbericht auf. Diese beklagten sich nun ihrerseits über<br />

das gewaltsame Benehmen des Klosters und wiesen auf die<br />

Verträge von 1478, 1501 und 1586 hin. Im Jahre 1612<br />

beschwerte sich das Kloster erneut beim Herzog Friedrich in<br />

Stuttgart, daß die drei Gemeinden einen, vom Kloster angelegten<br />

Waldsamenplatz beweidet und zerstört hätten. Von<br />

Stuttgart wurde nun ein Augenschein, also eine Ortsbesichtigung,<br />

angeordnet. Dabei fand man eine Einigung. Das<br />

Kloster dürfe jeweils 12 Jauchert bannen. Solange diese im<br />

Bann seien, dürfe keine andere Fläche bebaut werden. Im<br />

ganzen Weidegebiet dürften also nie mehr als 12 Jauchert<br />

gleichzeitig gebannt sein. Uber diese Einigung wurde ein<br />

Vertrag zwischen den streitenden Parteien geschlossen.<br />

Schon ein Jahr später, 1613 verlangte das Kloster 20 Jauchert.<br />

Dies wurde von den Junkern Speth dem Kloster zugestanden.<br />

Zur Beruhigung der Untertanen wurde versichert, daß diese<br />

wieder den Zutrieb bekämen, sobald der Wald angewachsen<br />

sei, oder sich zeige, daß der Wald überhaupt nicht wachse.<br />

Dieser Vertrag stiftete für längere Zeit Ruhe. Der Dreißigjährige<br />

Krieg brachte Not und Bedrängnis für Herrschaft und<br />

Untertanen. Das Hart verödete völlig. Trotzdem vergaßen<br />

die Gemeinden ihre Rechte nicht. 1665 wurde z.B. für die<br />

Gemeinde Feldhausen ein neues Bürgerbuch angelegt, weil<br />

die Soldaten das alte Buch vernichtet hatten. Darin wurden<br />

die Weiderechte im Hart genau beschrieben.<br />

Erst 1689 erfahren wir, daß man wieder am Streiten war. Das<br />

Kloster wollte ein Gebiet von 100 Jauchert mit Wald<br />

anbauen. Speth-Hettingen protestierte und beschwerte sich,<br />

darüber, daß Tigerfelder und Huldstetter durch Ausstocken<br />

und Anbauen von Holz den Trieb benachteiligten. In einem<br />

Vertrag wurde festgelegt, daß die Tigerfelder den Acker, den<br />

sie umgebrochen hatten, für 6 Jahre benützen dürften; danach<br />

müsse er wieder als Weide liegengelassen werden.<br />

Bei dieser Gelegenheit erfahren wir auch, daß das Hart als<br />

Folge des Krieges und der langen Notzeit völlig mit Gestrüpp<br />

verwachsen war. Die Weideberechtigten einigten sich, das<br />

Gebiet gemeinsam auszuholzen und auszustocken, um die<br />

Weiden wieder in guten Zustand zu bringen. Von der Forderung<br />

des Klosters nach 100 Jauchert Wald hört man nichts<br />

mehr.<br />

Speth-Hettingen beschwerte sich 1735, daß Tigerfelder,<br />

Pfronstetter und Huldstetter im Hart, nächst der Kapelle,<br />

grasen und Ackerfeld umbrechen. Offensichtlich versuchte<br />

die Speth'sche Herrschaft für sich selbst etwas herauszuschlagen,<br />

denn sie verlangte 1745 die Hälfte der Landgarbe von<br />

12Jauchert Ackerland im Mettental.<br />

1753 wurden die Marken im Hart neu gesetzt. Wir erinnern<br />

uns, daß 1599 Michael Knupfer aus Pfronstetten die Genehmigung<br />

bekommen hatte, für 9 Jahre im Hart eine Holzwiese<br />

anzulegen. 166 Jahre später, im Jahr 1767, zahlte Mathäus<br />

Knupfer von Pfronstetten den Triebberechtigten 11 Gulden<br />

für die Bewilligung, seine Holzwiese im Hart umbrechen zu<br />

dürfen. 1820 ist Knupfers Holzwiese schon zum Flurnamen<br />

geworden.<br />

Ein neuer Streit kam 1786 in Gang. Das Gammertinger Obervogteiamt,<br />

das jetzt für die ganze Speth'sche Herrschaft zuständig<br />

war, beklagte sich im Namen der drei Gemeinden beim<br />

Kloster. Dieses habe im Hart 60 bis 80 Jauchert Wald angebaut<br />

und es treibe etwa 800 Schafe ins Hart. Die Holzwiese des<br />

Johann Knupfer von Pfronstetten sei für 18 Jahre verliehen und<br />

dann Jahr um Jahr verlängert worden. Die Zeit sei nun<br />

abgelaufen. Die Bewohner des Kapellenhauses hätten nun<br />

diese Holzwiese ohne Anfrage und Erlaubnis umgebrochen.<br />

Die Klosterkanzlei antwortete umgehend. Hinsichtlich der<br />

Schafweide lasse man sich nicht beschränken. Dabei hatte das<br />

Kloster selbst im Hart überhaupt kein Weiderecht, sondern<br />

nur das Recht auf den Wald. Als Wald seien nicht 60 und nicht<br />

80 Jauchert angebaut, sondern nur 24 Jauchert im Sattlerhau.<br />

Der Knupfer habe nur einen ganz kleinen Steinriegel umgeackert,<br />

er habe die Gemeinden noch um Erlaubnis fragen<br />

wollen. So wurden von den schlauen Klosterkanzlisten die<br />

Rechtsbrüche nicht ganz abgestritten, sondern als klein und<br />

nicht erwähnenswert dargestellt. Anscheinend bestand das<br />

Kloster aber doch nicht auf der Schafweide, denn man hört<br />

nichts mehr davon.<br />

Akte des Herzoglich Wirtembergischen Oberamtes Zwiefalten mit<br />

dem Siegel der Klosterkanzlei.<br />

Das Klostergebiet Zwiefalten wurde 1802 dem Herzogtum<br />

Württemberg einverleibt. Zwiefalten bekam zunächst ein<br />

Oberamt und ein Forstamt. Das Oberamt wurde jedoch<br />

schon 1810 mit dem Oberamt Münsingen vereinigt. Das<br />

Forstamt blieb länger bestehen. Das herzogliche Oberamt<br />

wird in unserem Streit erstmals 1803 aktenkundig, als dem<br />

Huldstetter Bauern Michael Heß 30 Jauchert von der gemeinsamen<br />

Weide verpachtet wurden. Das Oberamt hatte noch<br />

kein eigenes Siegel, es benützte das Siegel der Klosterkanzlei<br />

weiter. Die Verpachtung erfolgte durch die Gemeinden, der<br />

Vertrag wurde nur vom Oberamt beurkundet. Das Hart war<br />

jetzt württembergischer Staatsforst, trotzdem scheint es<br />

zunächst keine wesentlichen Differenzen gegeben zu haben.<br />

Uber den Winter durften die Weiden nicht betreten werden.<br />

Im Frühjahr mußten die Gammertinger Gemeinden zunächst<br />

ihre »Weidebriefe« und Listen über die Anzahl und Art der<br />

Weidetiere vorlegen. Zu einem bestimmten Zeitpunkt wurde<br />

dann der Trieb freigegeben.<br />

1818 begannen neue Auseinandersetzungen, welche sich<br />

wahrscheinlich am Verkauf der Hartkapelle entzündeten.<br />

Um ihre Rechte zu wahren, erschienen zum Verkaufstermin<br />

auch die Bürgermeister von Harthausen, Feldhausen und<br />

Kettenacker. Die Kapelle sollte nur auf Abbruch verkauft<br />

werden, die drei Bürgermeister hatten jedoch die Befürchtugung,<br />

daß der Käufer den Kapellengarten als Eigentum<br />

bekomme. Sie protestierten deshalb gegen den Verkauf. Der<br />

württembergische Cameralbeamte, der den Verkauf vornahm,<br />

war ziemlich ungehalten. Er sei zum Verkaufen<br />

gekommen und wenn jemand Einwände hätte, dann möge er<br />

sie an höherer Stelle vorbringen. Forstmeister v. Moltke aus<br />

Zwiefalten schrieb an das Gammertinger Obervogteiamt, daß<br />

57


keine Grundstücke verkauft würden. Es sei geplant, an der<br />

Stelle der Kapelle einen Pflanzengarten anzulegen. Die<br />

Kapelle sei seit »undenklichen Zeiten« Eigentum des Klosters<br />

gewesen und die Gemeinden hätten auf dem Platz kein<br />

Anrecht. Der Streit war aber nun schon angeheizt. Im Mai<br />

1819 richtete das Obervogteiamt Gammertingen eine<br />

Beschwerde im Auftrag der drei Gemeinden an die königliche<br />

Regierung des Donaukreises in Ulm. Eingaben an das Justizamt<br />

in Zwiefalten, das Forstamt Zwiefalten und das Oberamt<br />

Münsingen seien erfolglos gewesen. Die Gemeinden würden<br />

in ihren, seit undenklichen Zeiten bestehenden Rechten<br />

beschädigt und beeinträchtigt. Man erhoffe nun Schutz von<br />

der königlichen Regierung.<br />

Was folgte, war zunächst ein Anpfiff von der Fürstlichen<br />

Regierung in Sigmaringen an das Obervogteiamt in Gammertingen.<br />

Man möge sich gefälligst an den Dienstweg halten und<br />

nicht eigenmächtig mit fremden Regierungen korrespondieren.<br />

Man solle einen erschöpfenden Bericht an die Fürstliche<br />

Regierung senden und diese würde sich dann der Sache<br />

annehmen.<br />

Hauptpunkt der Beschwerden war, daß das Forstamt Zwiefalten<br />

wesentlich mehr, als die zustehenden 20 Jauchert von<br />

der Weide gebannt habe. Der Volkszorn suchte auch nach<br />

einem Sündenbock, den er in der Gestalt des Unterförsters<br />

Ampfer fand. Ampfer hatte seinen Amtssitz in Kettenacker,<br />

Württemberg hatte immer die Forsthoheit in den Speth'schen<br />

Gebieten und das Recht, dort einen »Forstknecht« zu stationieren.<br />

Ampfer, so wurde berichtet, habe nicht nur den<br />

Zankhau, sondern auch den Tannenhau und das Zehnental<br />

für 2 Monate gebannt und damit der Weide 100 Jauchert, ein<br />

Drittel entzogen. Er selber habe im Hart Heu gemacht und<br />

seine Schafe ins Hart getrieben. Bei der Hartkapelle habe er<br />

sich einen Acker von 25 Jauchert angelegt und der Weide<br />

entzogen.<br />

Ampfer wurde zu diesen Beschuldigungen vom Forstamt<br />

Zwiefalten angehört. Er gab an, daß er seit 25 Jahren württembergischer,<br />

fußgehender Förster in Kettenacker sei. Er<br />

habe sich nie erlaubt, im Weidedistrikt Hart Heu zu machen.<br />

Schon seit 5 bis 6 Jahren habe er keine Schafe mehr und<br />

deshalb auch die Weide nicht benützt. Er habe sich nie einen<br />

Fruchtanbau von 25 Jauchert im Weidedistrikt gemacht. Auf<br />

Ansuchen habe er vom Pfarrer in Tigerfeld unentgeltlich 3<br />

Jauchert von den Pfarräckern im Hart (bei der Kapelle)<br />

erhalten. Auch der Mesmer habe vom Pfarrer 4 Jauchert und<br />

nicht mehr. Der ganzen Sache liege nur eine »leidenschaftliche<br />

Verläumdung« zugrunde.<br />

Es ergab sich dann, daß Ampfer zwar nicht 25 Jauchert, aber<br />

doch 7 Jauchert von der Weidefläche umgeackert hatte. Im<br />

übrigen teilte Forstmeister v. Moltke dem Obervogt Hermannutz<br />

in Gammertingen mit, daß er bereit sei, die gebannten<br />

Flächen vermessen zu lassen, wenn die Gammertinger die<br />

Kosten dafür übernehmen würden. Dem wurde natürlich<br />

heftig widersprochen, denn man könne nicht dem Geschädigten<br />

auch noch Kosten zumuten. Im übrigen hatte Obervogt<br />

Hermannutz das Hart schon von dem Feldhauser Förster und<br />

Geometer Christian Huthmacher vermessen lassen. Huthmacher<br />

berichtete, daß im Zankhau 60 Morgen seit 28 Jahren<br />

gebannt seien. Forstmäßig könnte man die Bannung aufheben.<br />

Im Tannenhau und Zehnental seien etwa 120 Morgen<br />

seit 10 bis 12 Jahren in der Bannung. Man könne noch gut<br />

sehen, daß der größte Teil der Fläche ursprünglich Weide und<br />

nicht Wald gewesen sei.<br />

Im September 1821 ließ nun Forstmeister v. Moltke seinerseits<br />

eine Vermessung durch den Geometer Münch vornehmen.<br />

Um der Sache amtlichen Charakter zu geben, lud er die<br />

beteiligten Bürgermeister und das Obervogteiamt dazu.<br />

Münch ermittelte eine, mit Wald bestandene Fläche, von 32<br />

Jauchert, 2 Viertel im Tannenhau, Zankhau und Zehnental.<br />

58<br />

Da Huthmacher in Morgen und Münch in Jauchert rechnete,<br />

ist es praktisch unmöglich, die Ergebnisse zu vergleichen. Es<br />

ist jedoch anzunehmen, daß sie weitgehend identisch sind.<br />

Das Ergebnis der Vermessung wurde an die Kreisregierung in<br />

Ulm geschickt. Dort begannen nun die Mühlen der Bürokratie<br />

zu mahlen (von September bis Mai).<br />

Im Frühjahr 1822 gab es erneut Anlaß zu Beschwerden.<br />

Förster Ampfer hatte angeblich nicht nur den Tannenhau,<br />

sondern auch den Zankhau und das Zehnental für 2 Monate<br />

gebannt. Als der Streit begann, war jedoch schon ein Schreiben<br />

der Kreisregierung von Ulm unterwegs. Darin stand etwa<br />

folgendes:<br />

1. Der Zankhau (seit 28 Jahren gebannt) ist noch in diesem<br />

Sommer für die Weide zu eröffnen.<br />

2. Vom Tannenhau und vom Zehnental sind statt der 20<br />

Jauchert, welche der Vertrag von 1613 gestattet, 32 Jauchert,<br />

2 Viertel gebaut. Diese können wegen der Gefahr<br />

für den Waldbestand jetzt nicht für die Weide eröffnet<br />

werden. Dies wird jedoch geschehen, sobald der Zustand<br />

des Holzes es gestattet.<br />

3. Die Untersuchungen des Forstamtes Zwiefalten haben<br />

ergeben, daß Unterförster Ampfer und der Kapellenmesmer<br />

neben den Pfarräckern von Tigerfeld zwar nicht 25<br />

Jauchert, wie in der Klage angegeben, aber doch 7 Jauchert<br />

von der Weidefläche zu Feld gemacht haben. Diese müssen<br />

sofort wieder als Weide liegen gelassen werden.<br />

4. Der Eichelgarten, welcher an der Stelle angelegt wurde,<br />

wo die Hartkapelle stand, darf nicht mehr ausgedehnt<br />

werden, als er duch die darum geführte Mauer begrenzt ist.<br />

Man hoffe, daß durch diese Verfügungen die klagenden<br />

Gemeinden zufrieden gestellt seien. Die Klagepunkte der<br />

Grasnutzung und Eintreibens von Schafen durch den<br />

Unterförster Ampfer seien nicht genügend begründet.<br />

Dieses Schreiben ist ein typisches Beispiel, wie man<br />

»Untertanen« von Seiten der Obrigkeit verdummte. Im Ton<br />

ist alles auf Entgegenkommen eingestellt: Der Zankhau ist<br />

noch in diesem Sommer zu eröffnen, in Wirklichkeit war<br />

diese Eröffnung längst fällig. Es sind zwar widerrechtlich 32<br />

Jauchert gebannt, aber wegen der Gefahr für den Waldbestand<br />

kann man sie nicht öffnen, die Untertanen haben das<br />

einzusehen. Man hätte ihnen auch eine Entschädigung anbieten<br />

können, aber die Leute waren ja zu bescheiden, von sich<br />

aus so etwas zu verlangen. Selbstverständlich wird man die<br />

Bannung sofort aufheben, wenn der Zustand des Holzes das<br />

gestattet. Zum Schluß warf man dem Volke den Unterförster<br />

Ampfer und den Kapellenmesmer zum Fräße vor. Für sie war<br />

es wirklich hart, die schon angesäten Äcker vom Vieh abweiden<br />

zu lassen. Aber das kostete die Staatskasse keinen<br />

Pfennig.<br />

Die Regierung des Donaukreises wollte es aber auch schriftlich<br />

haben, daß die Gemeinden nun zufriedengestellt seien. In<br />

einem Protokoll, das nach Ulm weitergeleitet wurde, bestätigten<br />

die Bürgermeister dem Obervogteiamt, daß sie<br />

beruhigt seien und darauf vertrauten, daß ihre Rechte nicht<br />

mehr geschmälert würden.<br />

Damit war der Streit um die Weiderechte im Hart beendet.<br />

Schon 8 Jahre später wurden die Weiderechte abgelöst. Die<br />

Gründe dafür waren wirtschaftlicher Natur, weil die Weidewirtschaft<br />

durch die Stallfütterung ersetzt wurde. Auch die<br />

Gemeinden forsteten ihre eigenen Weideflächen nach und<br />

nach auf. Das Hart wurde ein geschlossenes Waldgebiet,<br />

württembergischer Staatsforst. Zankhau, Tannenhau und<br />

Zehnental sind nur noch Waldparzellen. In der Nähe des<br />

früheren Standortes der Sattlerkapelle findet man sogar Täfelchen<br />

mit der Bezeichnung »Weite«, weil sich niemand mehr<br />

erinnert, daß das eigentlich »Weide« heißen müßte.<br />

Die verwendeten Urkunden und Akten befinden sich in<br />

Privatbesitz.


WALTER KEMPE<br />

Die Herren der Burg Leiterberg<br />

In der Gemarkung von Wangen bei Ostrach liegt links der<br />

jetzigen Landstraße Ostrach-Habsthal, ca. 500 m nach der<br />

Brücke, eine bewaldete, wenig auffällige Höhe. Sie verbirgt<br />

eine flache Kuppe, die nach drei Seiten, im Westen, Norden<br />

und Osten, terrassenförmig abfällt. Im Süden grenzt der<br />

Wald an eine ebene Wiese. Sie weist hier eine grabenartige<br />

Bodenwelle auf.<br />

Auf der amtlichen Flurkarte 1 ist das Grundstück als rhombenförmiges<br />

Viereck dargestellt. Die 1019 m 2 große Parzelle<br />

trägt die Nr. 204. Sie wird umschlossen von dem größeren<br />

Flurstück Nr. 203. Das Gewann selbst heißt »Leiterberg«.<br />

Ostwärts liegt die Flur »Breite« (= Ackerfeld einer Burg) und<br />

südlich die Flur »Gemeines Mark«.<br />

Die topographische Karte, Blatt Ostrach 2 , hier auf gleichen<br />

Maßstab gebracht, weist das Gebiet »Leiterberg« als »Reuteäcker«<br />

aus. Anstelle des Vierecks ist auf Höhe 626,3 eine<br />

ellipsen- bzw. eiförmige Fläche von ca. 900 m 2 zu sehen<br />

(Umriß gepunktet). Sie ist in Form und Größe ähnlich den<br />

kartenmäßigen Umrissen des ehemaligen Burgstalles auf dem<br />

Kaplaneigelände in Ostrach und des engeren Burgstalles von<br />

Burgweiler.<br />

Was hat es für eine Bewandtnis mit dem Leiterberg?<br />

Vermutungen und Legenden geben keine klare Antwort auf<br />

die Frage, ob hier eine Burg gestanden hat. Selbst offizielle<br />

Beschreibungen verneinen die frühere Existenz einer Burg<br />

auf Wangener Gebiet. Da heißt es z.B. »über das Vorhandensein<br />

einer Adelsburg ist nicht der Anhaltspunkt vorhanden,<br />

auch kein Flurname erinnert an eine solche« 3 .<br />

Und wenn wir gar unter Leiterberg nachlesen, heißt es:<br />

abgegangene Burg bei Levertsweiler. So nennt 1845 der<br />

Sigmaringer Archivar Eugen Schnell 4 Burg Leiterberg »nicht<br />

weit von Levertsweiler und Einhart«. 1905 wird im Oberbadischen<br />

Geschlechterbuch 5 der Leiterberg als abgegangene<br />

Burg bei Levertsweiler bezeichnet. Auch die Wappenrolle<br />

von Zürich 6 und die amtliche Beschreibung des Landes<br />

Baden-Württemberg von 1978 7 führen die Burg bei Levertsweiler,<br />

auf der die niederadeligen Herren von Leiterberg<br />

ansässig waren.<br />

Nach dem ersten Anhaltspunkt für Leiterberg auf der amtlichen<br />

Flurkarte der Gemarkung Wangen fand sich dann bei<br />

den Akten der Kapellenpflege Wangen im Pfarrarchiv<br />

Ostrach ein Auszug über »Laitterberg« vom 8.6.1831 8 , der -<br />

wie sich herausstellte - wahrscheinlich dem Fürstenbergischen<br />

Urbar des Amtes Wangen von 1760 entnommen ist 9 .<br />

Hier wird in Zusammenhang mit einem 2 Jauchert 1 Vierling<br />

121 Ruten großen Grundstück, Nr. 471 (etwa größer als<br />

1 Hektar) 10 , erwähnt, daß darauf früher als Besitz Salems ein<br />

Schlößle oder Haus stand. Heute seien jedoch nur noch die<br />

»Rudera«, das heißt der Schutt von alten, eingestürzten<br />

Gebäuden, zu sehen.<br />

Der Überlieferung nach 11 waren vor ca. 100 Jahren auf<br />

Parzelle Nr. 204 des Leiterbergs noch Mauerreste, deren<br />

Steine von Wangener Bürgern beim Bau von Häusern verwendet<br />

wurden. Nicht weit davon lag eine kleine Kiesgrube.<br />

Wie diese Burg oder das Schlößle um 1690 aussahen, hat ein<br />

Maler damals festgehalten. Unser Titelbild zeigt sie als Ausschnitt<br />

der Karte des Ostrachtales 12 , deren Kopie im<br />

Ostracher Heimatmuseum hängt.<br />

Es gilt zu untersuchen:<br />

1. wer die Herren von Leiterberg und ihre Nachfolger waren,<br />

2. wann und wo sie Besitz hatten und<br />

3. warum die abgegangene Burg Leiterberg, die in Wangen<br />

stand, auch Levertsweiler zugeordnet wurde.<br />

Die Herren von Leiterberg nannten sich nach ihrer Burg im<br />

Ostrachtal. Sie werden als Dienstmannen (Ministeriale) der<br />

Abtei Reichenau bezeichnet 13 . Die Schreibweise ist unterschiedlich:<br />

Laiterberg, Laiterberc, Laiterberch, Laitterberg,<br />

Laitterperg, Leiterberg und Leitersberg (bei verschiedenen<br />

Zitaten aus Urkunden haben wir die ursprüngliche Schreibweise<br />

beibehalten). Als Vornamen der Familie finden wir<br />

zwischen ca. 1200 und 1298: Burkard, Eggihard, Ortolf,<br />

Bertha und Engellindis. Die öftere Wiederkehr gleichlautender<br />

männlicher Vornamen über Generationen hinweg macht<br />

eine stammbaumm'ißige Erfassung schwierig. In einzelnen<br />

Fällen ist die Einstufung als Vater, Söhne, Töchter und<br />

Geschwister möglich. Sie werden als Dorf- und Patronatsherren,<br />

Dekane, Priester, Leutpriester, Pfarr-Rektoren,<br />

Ordensbrüder, Lehenmannen, Lehenträger und Zeugen in<br />

Urkunden aufgeführt. Ihr Siegel zeigt nach dem Lehenbuch<br />

der Abtei Reichenau eine auf einem grünen Dreiberge stehende<br />

rote Leiter auf silbernem Grund 14 .<br />

Der Name des Geschlechts ist mit Besitzungen und Rechten<br />

in Wangen, Levertsweiler, Ostrach und Krauchenwies verknüpft.<br />

1. Der Besitz in Wangen<br />

Die erste bekannte Verbindung zwischen Wangen, Krauchenwies<br />

und Leiterberg wird uns in einer Urkunde von 1243<br />

gezeigt. Bei der Schlichtung eines Streites zwischen dem<br />

Ritter Ekkehard von Wangen und dem Kloster Wald wegen<br />

eines Erbes vermittelte und ließ die Urkunde schreiben u.a.<br />

Ortolf, Dekan zu Krauchenwies. Er ist identisch mit Ortolf<br />

von Leiterberg, wie sein Siegel zeigt. Auch die meisten<br />

übrigen Zeugen waren aus unserer Gegend 15 . Locher<br />

beschreibt seine Stammburg als nördlich von Ostrach gelegen,<br />

wovon noch Ruinen bei Wangen zu finden sind (1872).<br />

Ob eine verwandtschaftliche Beziehung zwischen den Herren<br />

von Wangen und den Herren von Leiterberg bestand,<br />

wissen wir nicht. Beide Familiennamen erschienen in einigen<br />

Fällen im gleichen Zeitraum in Urkunden über Wangen 16 ' 17<br />

Bereits 1294 war die Burg Leiterberg nicht mehr Besitz der<br />

Herren von Leiterberg. Beim Verkauf an Salem am 2.11.1294<br />

durch Ritter Ulrich von Königsegg und seinen Sohn 18 erfahren<br />

wir, daß der Vater des Verkäufers die Burg mit Zugehör<br />

früher von Burkard von Leiterberg erworben hatte. Sie dürfte<br />

zum Teil ein Lehen des Hochstifts Konstanz sowie des Edelmannes<br />

Bertold von Gundelfingen und seiner Brüder gewesen<br />

sein, da diese die Einwilligung zum Verkauf an Salem<br />

geben mußten. Diese Lehenherren waren bekanntlich auch in<br />

Einhart vertreten.<br />

Auf den in Lausheim ausgestellten lateinischen Kaufbrief<br />

wird dann noch jahrhundertelang Bezug genommen. So<br />

wurde der Brief im Jahre 1489 bei einem Streit wegen der<br />

Weiderechte beim Burgstall Leiterberg präsentiert 19 . Die<br />

Verhandlungen zwischen dem Besitzer Leiterbergs, Abt<br />

Johannes I. von Salem und dem Flecken sowie der Meierschaft<br />

zu Wangen dauerten ca. fünf Jahre. Hierbei erfahren<br />

wir Einzelheiten über den Umfang des Burgverkaufs von<br />

1294. Die Amtsperson Konrad Rott, Kaufmann zu Ostrach,<br />

trug als Vertreter des Abts vor, daß die Vorfahren des Abts<br />

59


das (Burg) Schloß »Laitterperg« mit Äcker, Wiesen, Bainden,<br />

Garten, Wald, Feld und mit allem Zugehör, mit Wegen, Trieb<br />

und Tratt, Wunn und Weid, laut einem gesiegelten Kaufbrief<br />

gekauft und genutzt haben. Der Vertreter Wangens entgegnete,<br />

daß keine Äcker außerhalb des (südlichen) Burggrabens<br />

zum Burgstall gehörten. Diese seien »ain gemain Gemärk<br />

usserthalb dem Graben«.<br />

Das südlich des ehemaligen Burggeländes angrenzende<br />

Gebiet heißt, wie wir gesehen haben, heute noch »Gemeines<br />

Märk« (Gemeindegrundstück). Als Schiedsrichter in diesem<br />

Streit entschied der uns von Einhart her bekannte Wilhelm<br />

Grämlich von Hasenweiler, daß die zwei Äcker am Burgstall<br />

Leiterberg, die innerhalb der von ihm festgesetzten Marken<br />

liegen, vom Abt nach eigenem Ermessen gegen Zins und<br />

Landgarb vergeben und eingezäunt werden dürfen. Vor und<br />

nach den Bäumen jedoch dürften sie (Vieh) treiben »wie uff<br />

ain andre brach« (Brache damals im 3. Jahr der Dreifelderwirtschaft).<br />

Anmerkungen<br />

1 Flurkarte Wangen, Lkr. Sigmaringen, Nr. SO 5320/SO 5420, hrsg.<br />

vom Landesvermessungsamt Baden-Württemberg, Stuttgart,<br />

Maßstab 1:2500, <strong>Ausgabe</strong> 1987.<br />

2 Topographische Karte, Ostrach, Blatt 8022, hrsg. vom Landesvermessungsamt<br />

Baden-Württemberg, Stuttgart, Maßstab 1:25000,<br />

<strong>Ausgabe</strong> 1975, vergrößert auf ca. 1:2500.<br />

3 Ludwig Heizmann, Der Amtsbezirk Pfullendorf und der ehemalige<br />

Amtsbezirk Achern in historischer Darstellung, mit 20 Abbildungen,<br />

Druck und Kommissionsverlag H.Wagner, München-<br />

Kolbermoor 1936, S. 31, Nr. 14, Wangen.<br />

4 Eugen Schnell, Historisch-statistische Beschreibung des Fürstlichen<br />

Oberamts Ostrach, in: Historisch-statistische Zeitschrift für<br />

HERBERT RÄDLE<br />

Zur Datierung des Falkensteiner Altars<br />

Der Falkensteiner Altar ist - neben dem Wildensteiner Altar 1<br />

- wohl das eindrucksvollste Werk des Meisters von Meßkirch<br />

in der Fürstlich Fürstenbergischen Gemäldesammlung<br />

Donaueschingen. Er ist alter Besitz der Fürstenberger und<br />

stammt aus der Schloßkapelle Falkenstein im Donautal 2 .<br />

Seine Datierung ist dokumentarisch nicht belegt.<br />

Nun weiß man freilich, daß der M.v.M. in der 2. Hälfte der<br />

30er Jahre vornehmlich im Dienste des Grafen Gottfried<br />

Werner von Zimmern gearbeitet hat. Werke aus dieser Zeit<br />

sind der schon erwähnte Wildensteiner Altar (datiert 1536),<br />

sowie der Haupt- und die insgesamt 10 ehemaligen Seitenaltäre<br />

der Kirche Sankt Martin in Meßkirch (ca. 1536-38),<br />

nach denen der Meister ja auch seinen Notnamen hat.<br />

Die Frage, ob der M.v.M. auch schon vor 1536 für Gottfried<br />

Werner von Zimmern gearbeitet hat, scheint nicht ohne<br />

weiteres beantwortbar. Hofstätter (S.6), der sich vorsichtig<br />

ausdrückt, stellt lediglich fest, der M.v.M. sei »von etwa 1530<br />

bis 1538 in Meßkirch für die Grafen von Zimmern tätig<br />

gewesen«. Doch hat schon Rieffei für ein viel früheres Werk<br />

des M.v.M., das Sigmaringer Hausaltärchen 3 , das durch eine<br />

Hochzeit auf 1524 datiert ist 4 , mit Recht »eine Beziehung (sc.<br />

des M.v.M.) zum Hause Gottfried Werners von Zimmern«<br />

festgestellt 5 . Gottfried Werner war nämlich mit Apollonia<br />

von Henneberg verheiratet, deren Wappen auf dem Altärchen<br />

vorkommt.<br />

Halten wir also fest: eine Beziehung des M.v.M. zur Familie<br />

Gottfried Werners von Zimmern kann schon für die Zeit um<br />

1524 belegt werden. Und wenn wir damit eine Information<br />

60<br />

die beiden Fürstentümer Hohenzollern, Sigmaringen, P. Liehner,<br />

1845, S. 35-129, hier S. 89.<br />

5<br />

J. Kindler von Knobloch, Oberbadisches Geschlechterbuch,<br />

2. Bd., 1905, S. 485.<br />

6<br />

Die Wappenrolle von Zürich, Orell Füßli Verlag, Zürich, Leipzig,<br />

S. 107, Nr. 260, Leiterberg.<br />

7<br />

Das Land Baden-Württemberg, Amtliche Beschreibung nach<br />

Kreisen und Gemeinden, Bd. VII, Regierungsbezirk Tübingen,<br />

Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart 1978, S. 830/31.<br />

8<br />

PfarrA Ostrach, Kapellenpflege Wangen, Auszug vom 8.6.1831<br />

bei den Jahresrechnungen.<br />

9<br />

Fürstlich Fürstenbergisches Archiv Donaueschingen, Urbar des<br />

Amtes Wangen 1760.<br />

10<br />

J.A. Kraus, Ehemalige Maße und Gewichte im heutigen Hohenzollern<br />

und Umgebung, Hohenzollerische Jahreshefte 3, 1936,<br />

S.141-143.<br />

11<br />

Mündliche Information Schäfer, Wangen.<br />

12<br />

Ausschnitt aus der Karte »Ostrachtal«, StA Sigmaringen, Dep. 39,<br />

Karte 1, Aufnahme: Hauptstaatsarchiv Stuttgart.<br />

13<br />

Wie Anm. 5.<br />

14<br />

Wie Anm. 5, nach dem Lehenbuch der Abtei Reichenau, und<br />

K.A. Barack, Gallus Oheims Chronik von Reichenau, Stuttgart<br />

1866, S. 180.<br />

15<br />

Sebastian Locher, Regesten der Geschichte der Grafen von Veringen,<br />

1872, S. 46, und StA Sigmaringen, Dep. Fürstlich Hohenzollerisches<br />

Haus- und Domänenarchiv Sigmaringen, Bestand<br />

Kloster Wald, Urkunde 26, sowie Fürstenbergisches Urkundenbuch<br />

(= FUB) V., S. 102, Nr. 144 (1243).<br />

16<br />

FUB V., S. 124, Nr. 169 (1262) und Codex Diplomaticus Salemitanis,<br />

Urkundenbuch der Cistercienserabtei Salem, F. v. Weech,<br />

1883-1895, 3 Bde. (=CDS), hier CDSI., S.413, Nr. 371 (1262).<br />

17<br />

CDS II., S. 217-222, Nr. 600, hier S.219 (1279).<br />

18<br />

CDS II., S. 470^73, Nr. 889 und 890 (1294).<br />

19 StA Sigmaringen, Ho 158, Herrschaft Ostrach, Repert. Herberhold,<br />

S. 46, Nr. 182. (Schluß folgt)<br />

des Meisters von Meßkirch<br />

kombinieren, die W. Pfefferkorn in seinem Bericht über die<br />

kürzlich durchgeführten Grabungen auf Burg Falkenstein<br />

liefert 6 , die Tatsache nämlich, daß Gottfried Werner von<br />

Zimmern von 1516 bis 1526 Besitzer der Burg Falkenstein<br />

war, sie weitgehend auf den jetzigen Baubestand gebracht<br />

und wohl auch die Burgkapelle neu gebaut hat (den Turm<br />

über der Burgkapelle jedenfalls ließ er, wie die Zimmern'sche<br />

Chronik II 238 berichtet, abreißen), so dürfte wohl kaum<br />

mehr ein Zweifel bestehen, daß er, der in den Jahren 1516 bis<br />

1526 »viel auf Burg Falkenstein wohnte« 7 , damals auch den<br />

Auftrag für den Falkensteiner Altar erteilte und ihn hat<br />

aufstellen lassen. Die Entstehung des Falkensteiner Altars<br />

dürfte also auf die Zeit zwischen 1516 und 1526 - eher aber<br />

wohl gegen Ende dieses Zeitraums - zu datieren sein. In der<br />

Tat verbindet auch der Stil der Figuren und besonders<br />

Farbgebung und Gestaltung der Gewänder, sowie die Tatsache,<br />

daß noch viel Goldgrund verwendet ist, den Falkensteiner<br />

Altar mit den Malereien des Sigmaringer Hausaltärchens<br />

und spricht für eine Datierung beider Werke um die Mitte der<br />

20er Jahre. Chr. Salm setzt übrigens das Hausaltärchen auf<br />

1528, den Falkensteiner Altar auf »um 1525« 8 .<br />

Anmerkungen<br />

1 Der Wildensteiner Altar stammt in Wirklichkeit nicht von der Burg<br />

Wildenstein, einem Sitz der Grafen von Zimmern oberhalb Beuron,<br />

sondern aus dem Meßkircher Schloß.<br />

2 Vgl. H. Hofstätter, Die Fürstlich Fürstenbergischen Sammlungen<br />

Donaueschingen, München (Schnell und Steiner) 1 1980, S. 66. Der<br />

Falkensteiner Altar kam übrigens 1627 mit dem Erbe des Hauses<br />

Zimmern an die Fürstenberger. Hofstätter, S. 6.


3 Auch Chr. Salm, Kindlers Malerei Lexikon, Bd. 9, 1976, S. 105<br />

weist die Malereien des Hausaltärchens dem M.v.M. zu. Hingegen<br />

spricht W. Kaufhold, Das Fürstlich Hohenzollerische Museum<br />

in Sigmaringen, München (Schnell und Steiner) '1981, S. 14<br />

vorsichtig nur von »einem Meister des beginnenden Manierismus«.<br />

4 Vgl. Kaußold, S. 14.<br />

HERBERT RÄDLE<br />

Eine Kopie des Fuchs-Porträts von Jörg Ziegler<br />

Als Nachtrag zu dem in der Hohenzollerischen Heimat <strong>1989</strong>,<br />

S. 24 vorgestellten und besprochenen Porträt aus dem Ulmer<br />

Stadtmuseum (Abb. 1) sei noch auf ein Stück Nachwirkung<br />

dieses Bildes hingewiesen.<br />

Der hier in Abb. 2 wiedergegebene Holzschnitt erweist sich,<br />

wie leicht zu erkennen ist, als seitenverkehrte Kopie des<br />

Ulmer Aquarells von Jörg Ziegler. Er stammt von Tobias<br />

Stimmer (1539-1584), einem Sohn jenes Christoph Stimmer,<br />

der 1524 die heute noch vorhandenen Wappenscheiben des<br />

Pfullendorfer Rathauses geschaffen hat. Der Holzschnitt<br />

wurde erstmals 1587 in Nikolaus Reusners Porträtbuch<br />

veröffentlicht<br />

Anmerkung<br />

1 Genaue Ortsangabe: Nikolaus Reusner, Icones sive imagines<br />

virorum literis illustrium, Straßburg 1587, Neudruck Leipzig 1973,<br />

Fol.T. Zu den Pfullendorfer Wappenscheiben vgl. Manfred<br />

Abb. 1: Porträt des Humanisten und Botanikers Leonhard Fuchs<br />

(1501-1566) Mit IZ (= Jörg Ziegler) signiert, auf dem Ausschnitt<br />

nicht sichtbar. 1569 datiert. Ulm, Stadtarchiv, Nr. 1441. Aquarell auf<br />

Pergament.<br />

IRMGARD UND GÜNTER MERTZ<br />

Die Geschichte der Familie Molitor von Thalheim<br />

Die heute seit 5 Generationen in Thalheim ansässige Familie<br />

Molitor (lat. mola = Mühle, Molitor = der Müller) hat ihren<br />

Ursprung in Inneringen auf der Hochalb. Der nachweisbar<br />

Erste dieser Familie ist<br />

5 F. Rieffei, Das Fürstlich Hohenzollernsche Museum zu Sigmaringen,<br />

Gemälde und Bildwerke, Städel-Jahrbuch 1924, S. 65.<br />

6 W. Pfefferkorn, Die Burgruine Falkenstein an der Donau. Baugeschichte<br />

und bauliche Sicherung. In: Ztschr. f. Hohenzollerische<br />

Geschichte 22, 1986, 9^0.<br />

7 Zitat aus der Zimmern'schen Chronik II 238ß vil daselbs gewesen.<br />

8 Vgl. Kindlers Malerei Lexikon, Bd. 9, 1976, S. 102 ff.<br />

Hermann, in: Der Landkreis Sigmaringen, Sigmaringen 1981, S. 95<br />

(mit Abb.).<br />

LEONHAKDVS FVCHSIVS<br />

Mcdicus.<br />

Arttm ß me at camfptctas.muus ipje Galtnm<br />

St pLtnras.nouut en rxßo Dtofi oridet.<br />

H. D. LXVI.<br />

Abb. 2: Porträt des Leonhard Fuchs. Holzschnitt von Tobias<br />

Stimmer nach dem in Abb. 1 gezeigten Ulmer Aquarell von Jörg<br />

Ziegler. Aus: Reusner (1587)<br />

Christoph Molitori. ca. 1685 - nach 1746 ein Schulmaister<br />

ao Birgitta Wetacherin<br />

Christoph und Birgitta Molitor sind in den Inneringer Kirchenbüchern<br />

ausgewiesen als Eltern des 1741 die Ehe schlie-<br />

61


ßenden dortigen Schulmaisters, Meßners und Organisten<br />

Dominico Molitor. Alle Bemühungen zu klären, woher sie<br />

zuzogen, blieben bisher erfolglos. Das mag daran liegen, daß<br />

ihre Lebenszeit noch in das Ende des 17. Jahrhunderts fällt.<br />

Durch den 30 Jahre wütenden Krieg und 2 Pestwellen ist die<br />

Bevölkerung ausgeblutet. In Inneringen stehen viele Häuser<br />

leer, ihre Bewohner sind tot. Der Pfarrer Benckler klagt: »es<br />

ist kein Ölda, kein Wax, kein Batzen, sogar die Hostien<br />

khinden wir nit bezahlen«. Dieser Satz mag für die unvorstellbare<br />

Not jener Zeit charakteristisch sein, nur das zum<br />

Uberleben Notwendigste konnte wohl bezahlt werden.<br />

Erst 1745 wird Christoph I. in einem Brief des Jungnauer<br />

Obervogtes an den Oberamtmann erwähnt, er ist Pfründner,<br />

seinem Sohn dem Domenico seye das Amt des Schulmaisters<br />

und Meßners übertragen worden. Erwähnt sind zwei Söhne<br />

und eine noch unversorgte Tochter. Dominico und sein<br />

Bruder Franz Anton, Meßner und Organist zu Harthaußen,<br />

müssen für den Vater »und sein alterlebte Ehegattin« in deren<br />

Alter sorgen, da es keine irgendwie geartete Altersversorgung<br />

gibt. Das Schreiben ist ohne Datum ausgefertigt, aber von<br />

Vogt Jo. Fauler unterzeichnet, der das Amt von 1707 bis 1745<br />

innehatte.<br />

Dominicas Antonius Molitor, geb. 1713, gest.?<br />

Meßner, Schulmaister, Organist und Rathsschreiber<br />

OD 1740 Appollonia Traubin<br />

Im Trauregister in Inneringen ist die Eheschließung eingetragen,<br />

als Eltern Christoph I. und Birgitta Wetacherin. Das<br />

Geburtsdatum wurde aus der Einwohnerliste von 1778<br />

errechnet. Darin ist Dominico aufgeführt als Pfründner, 65<br />

Jahre alt »dermalen gewester Schulmaister zu Jungnau«. Die<br />

Anstellung eines guten Schulmaisters war von großer Wichtigkeit<br />

für die Gemeinden - so schreibt Herr Archivrat Maier<br />

in seiner Chronik des Ortes Inneringen. Daß dies zutrifft ist<br />

ersichtlich aus neueren Zahlen: 1770 waren in Deutschland<br />

höchstens 15% der Bevölkerung des Lesens und Schreibens<br />

kundig, 1800 betrug dieser Anteil ca. 25%.<br />

Am 28. Juni 1775 schreibt Dominicus an die Hofcanzley der<br />

Fürsten Fürstenberg zu Donauöschingen:<br />

Auf den an mich ergangenen Hochfürstlich gnädigst Herrschaftlichen<br />

befehl habe ich meine Eigenhändige Handschrift<br />

mit der Namens- und Ortsunterschrift Euer Hochfürstlichen<br />

Durchlaucht gehorsamst darlegen und hierbey mich zu<br />

höchst mildesten Hulden und Gnaden unterthänigst empfehlen<br />

sollen.<br />

Jungnau, 28 Juny 1775<br />

Unterthänigst treu gehorsamster Unterthan<br />

Dominicus Antonius Molitor<br />

Meßner, Schulmaister und<br />

Organist allda<br />

Die Inneringer Bücher geben keinen Aufschluß über das<br />

Todesdatum.<br />

Eingetragen sind zwei Kinder, Ernestus Antonius und Theresia.<br />

Theresia erhält 100 Gulden Mitgift und wandert - in einer<br />

großen Auswanderungswelle - nach Ungarn aus.<br />

Ernestus Antonius Molitor, geb. 19.4. 1741<br />

OD 1761 Magdalena Schmidin aus Neufra a.D.<br />

Wie in der Inneringer Chronik zu lesen ist, bedarf die<br />

Eheschließung bis ins 19. Jahrhundert der Zustimmung der<br />

Landesherrschaft. Magdalena Schmidin stammt aus Neufra<br />

a.D. und ist eines Schulmeisters Tochter. Erwähnt wird, daß<br />

sie im Geigenspiel »und anderen musices« sehr erfahren sey«,<br />

was darauf schließen läßt, daß auch sie schon unterrichtet hat,<br />

sie war also auch schon eine Lehrerin.<br />

Die Einbürgerungsakte der Magdalena Schmidin ist erhalten<br />

und lautet:<br />

... bin dahero der unterthänigst Meinung, daß die Magdalena<br />

Schmidin, welche 100 Gulden bares Gelt hereinziehet, gegen<br />

62<br />

Erlag von 10 Gulden in dahiesig'e Amts-Cassen und 8 Gulden<br />

der Inneringer Gemeind, woraus diese beholzet wird, dahier<br />

bürgerlich eingenommen werden könnte.«<br />

Zu hochfürstlichen höchsten Hulden mich<br />

unterthänigst empfehlend<br />

von mir dem Rath und Obervogt v. Lentz<br />

Act. Jungnau, 29.July 1761<br />

Am 31. Jänner 1792 schreibt Ernestus Antonius Molitor den<br />

vorgeschriebenen Schulbericht und beschwert sich darin u.a.<br />

daß die Ortsvorgesetzten (wohl entgegen der Vorschrift)...«<br />

nur einmal die Schule besuchet haben.« Wie sein Vater<br />

schreibt auch er an die Donaueschinger Canzley. Das Schreiben<br />

ist als Schönschriftprobe deklariert und enthält das<br />

Alphabet in großen und kleinen Buchstaben. Die Unterschrift<br />

lautet:<br />

Ernestus Antonius Molitor<br />

gebohren den 19. Aprill 1741<br />

Ludimoderator in Inneringen<br />

Im Einwohnerverzeichnis von 1778 ist die Familie aufge-<br />

Ernest Molitor ist alt 36 Jahr<br />

Franziskus Molitor ist alt 14 Jahr<br />

Christoph Molitor ist alt 5 Jahr<br />

Magdalena Schmidin, Mutter, ist a. 45 Jahr<br />

Barbara Molitorin ist alt 15 Jahr<br />

Magdalena Molitorin ist alt 13 Jahr<br />

Domenico Molitor, ein Pfründner ist alt 65<br />

Jahr, dermalen gewester Schulmaister zu<br />

Jungnau.<br />

Christoph Molitor II. geb. 26. 7. 1772<br />

Lehrer, Meßner und Organist<br />

1. Ehe 1794 Agathe Gindele v. Tafertsweiler<br />

Reichsprälatur Salem<br />

2. Ehe 1800 Anna Maria Glattus (auch Glattes)<br />

aus Inneringen<br />

3. Ehe 1815 Magdalena Birkle aus Inneringen<br />

Aus den ersten beiden Ehen hat Christoph Molitor 12<br />

Kinder, 6 überleben. Die erste Frau und mit großer Wahrscheinlichkeit<br />

auch Anna Maria Glattus, die Mutter unseres<br />

Stammvaters Melchior, sterben bei der Geburt eines Kindes.<br />

Die Mütter- und Säuglingssterblichkeit ist noch sehr hoch in<br />

hohenzollerischen Landen. Erst Ignatz Semmelweis wird dies<br />

ändern. 1796 werden in Inneringen 36 Kinder geboren, und<br />

36 Kinder bis zu 7 Jahren sterben in diesem Jahr! Das<br />

Durchschnittsalter der Einwohner beträgt 40,5 Jahre.<br />

Was die Schule betrifft, so haben nur die beiden Orte<br />

Inneringen und Vilsingen schon ein eigenes Schulhaus, aber<br />

die Bauern weigern sich noch immer, den verhaßten Schulkreuzer,<br />

der pro Kind 25 Kr. pro Jahr beträgt, zu bezahlen.<br />

Christoph erhält von der Gemeinde<br />

für die Winterschule 54,10 Gulden<br />

für die Sommerschule 11,00 Gulden<br />

Von der Heiligenfabrik,<br />

¿er Kirchenverwaltung 194,21 Gulden<br />

Jahreseinkommen 259,31 Gulden<br />

Rechnet man noch Einnahmen aus der Tätigkeit als<br />

Rathschreiber und wahrscheinlich auch als »Gefälligkeitsschreiber«<br />

hinzu, so dürfte das Einkommen - verglichen mit<br />

anderen Bevölkerungsgruppen, nicht so schlecht gewesen<br />

sein, wie dies Spottlieder darstellen.<br />

Zum Vergleich: als Mozart starb, erhielt Konstanze Mozart<br />

für sich und die Kinder jährlich 200 Gulden vom Staat, wohl<br />

eine Art Ehrensold oder Rente.<br />

Am 17. April 1794 schreibt der Pfarrherr des Ortes, Baron<br />

Ignatz von Laßberg, der auch die Schulaufsicht führt:<br />

Daß ich bei der Endtprüfung den 12. des Monats die Schule


des Provisors Christophs Molitor durch alle Classen und in<br />

allen Gegenständen der Normal (gemeint ist die österreichische<br />

Normalschule) gut und vorschriftsmäßig unterrichtet<br />

befunden habe, wird ihme Molitor andurch bescheinet.«<br />

Der Provisor Molitor wohnte bei dem Unterschultheißen<br />

Ayß, der für die Logie des Provisors von der Gemeinde<br />

jährlich 4 Gulden 14 Kreutzer erhält.<br />

1827 verkauft Christoph Molitor sein Haus, Wert 350<br />

Gulden.<br />

Melchior Molitor, geb. 3.1. 1812<br />

Lehrer gest. ?<br />

CD 13. 10. 1835 Anna Maria Ott<br />

Tochter des Sonnenwirtes Johannes Ott<br />

und seiner Frau Katharina geb. Wiedmer<br />

Melchior ist in den Inneringer und Thalheimer Kirchenbüchern<br />

als Lehrer der 2. Klaßenabtheilung bezeichnet, während<br />

zuvor die Begriffe Schulmagister, Schulmaister, Schulmeister<br />

verwendet wurden.<br />

1832 kauft Melchior, erst 21 Jahre alt von seiner künftigen<br />

Schwiegermutter, der früh verwitweten Katharina Wiedmer<br />

ein Haus nebst Scheuer, Garten, Platz für 800 Gulden.<br />

Am 11. Oktober 1832 wird Melchior Molitor von der für die<br />

Prüfung des Schulkandidaten bestellten Commission geprüft.<br />

Die Prüfung ist öffentlich. Er wird hinsichtlich seiner Kenntnisse<br />

in den Lehrgegenständen sehr gut und in der Musik<br />

vorzüglich befunden. Später rühmt die Gemeindeverwaltung<br />

Gammertingen, wo er drei Jahre als Lehrer wirkte, seinen<br />

sanften Umgang mit den Kindern. Dies ist um so erstaunlicher,<br />

als noch lange Zeit nach seinem Wirken - wie dies im<br />

Ichenhausener Schufmuseum des Bayerischen Nationalmuseums<br />

so schön plastisch dargestellt ist - Strafen wie das Kien<br />

auf dem Holzscheit an der Tagesordnung waren.<br />

Todestag- und Ort Melchior Molitors konnten wir noch<br />

nicht ausfindig machen.<br />

Hermann Molitor, geb. 15.5. 1836 in Inneringen<br />

Kaufmann, gest. 31.3. 1903 in Thalheim<br />

00 1862 Walburga Birkle<br />

verläßt den in 5 Generationen vom Vater auf den Sohn<br />

übertragenen Beruf des Schulmeisters. Gesichert ist, daß er<br />

im Thalheimer Kirchenchor schon als Jugendlicher mitgesungen<br />

hat, dieser Chor wurde von seinem Vater Melchior<br />

geleitet, der auch als Lehrer am Ort wirkte.<br />

Die in dieser Zeit beginnenden bürgerlichen Freiheiten, so<br />

das Recht auf freie Niederlassung - bringen es mit sich, daß<br />

wir über die »jüngeren Generationen« weniger wissen als<br />

über die unter strenger obrigkeitlicher Überwachung lebenden<br />

und wirkenden früheren Mitglieder der Familie.<br />

Adolf Molitor, geb. 12.9. 1865 in Inneringen<br />

Landwirt, gest. 9. 8. 1946 in Thalheim<br />

00 18.7. 1893<br />

Maria Herzog<br />

900 Jahre Benediktinerabtei Zwiefalten<br />

Am Fest Mariae Geburt 1089 kam eine Schar Hirsauer<br />

Mönche ins Tal der »zwiefältigen Aach«, um ein neues<br />

Kloster zu gründen. Genau 714 Jahre bestand dieses Kloster,<br />

dessen geistliche und geistige Ausstrahlung wichtiger und<br />

größer war, als die Reichweite seines kleinen weltlichen<br />

Territoriums.<br />

Im September 1802 wurde das Kloster von Württemberg<br />

besetzt. Kaum ein Jahr später wurden die Mönche aus dem<br />

Kloster vertrieben und die Klosterkirche für den Gottesdienst<br />

geschlossen. 1812 bekamen die großen, leeren Klostergebäude<br />

eine neue Bestimmung. Die Insassen des »Tollhau-<br />

Der Sohn<br />

Ernst Molitor, geb. 27.9. 1908 in Thalheim<br />

Flaschnermeister und Landwirt<br />

und dessen Nachkommen leben in Thahlheim, so daß die<br />

Geschichte der Familie Molitor von Thahlheim einschließlich<br />

der heute Erwachsenen 10 Generationen umfaßt.<br />

MARIA LEIBOLD<br />

Em Janner<br />

Pfoschta hauet weiße Kappa,<br />

übern Wald nei schreiet Grappa,<br />

dr Schnailuft döberet oms Haus<br />

und blooset älle Wenkel aus.<br />

Hähl isch duß, s'ischt kalt und s'gauret,<br />

d'Nahna schtrickt, dr Nehne knauret,<br />

's Fuir em Ofa knischteret laut,<br />

em Ofaraihrle sudderet s'Kraut.<br />

Und dr Behnelada gläbberet,<br />

's hiecht so laut, daß Bas vrläbberet<br />

ihren guata Malzkaffee,<br />

über's blüschne Kanabee.<br />

Mit em Baahschlitt fehrt dr Naaze,<br />

überm Bach deann schtreckt dr Blaaze<br />

e dr Schuir sei Briaz mit Schtrauh,<br />

denn wenns ausgeeng noch wärs mau.<br />

Ällz goht jetz a bissle gschtäter,<br />

denn dear Janner ischt a Heeter,<br />

und dia Kelte duat oim waih,<br />

dia Räuhe und dia Häufa Schnai.<br />

Maudreg duat ma gudderlocha,<br />

's schneit so aane und bis zwocha<br />

dreibts e d'Bööm da aischta Saft,<br />

d'Sonn hot au schau weng a Kraft.<br />

Druckt dia Werme nei en Boda,<br />

und daß d'Wenterfruucht duat groota<br />

sorgt dr Baschtle und dr Fabe,<br />

und em Wenter nimmts sei Habe<br />

doch oinaweag bald na da Bach,<br />

drom schleif noh mol und juck und lach.<br />

ses« Ludwigsburg wurden nach Zwiefalten verlegt. Aus der<br />

Bewahranstalt und späteren Heilanstalt entwickelte sich im<br />

Lauf der Jahrzehnte ein modernes Psychiatrisches Krankenhaus.<br />

Seit 1970 wurden in den Krankenhausgebäuden 25<br />

Millionen Mark verbaut. Für die Klosterkirche, die seit 1974<br />

restauriert wurde, wandte das Land 8 Millionen auf.<br />

Schon im Hinblick auf das kommende 900jährige Jubiläum<br />

erschien 1986 das Buch »Kloster Zwiefalten« unter der<br />

Redaktion von Hermann Josef Pretsch. Es enthält Beiträge<br />

zur Kloster- und Krankenhausgeschichte, zahlreiche, zum<br />

großen Teil farbige Abbildungen illustrieren den Text.<br />

63


Verlag: <strong>Hohenzollerischer</strong> <strong>Geschichtsverein</strong><br />

Karlstraße 3, 7480 Sigmaringen<br />

Festprogramm<br />

M 3828 F<br />

Postvertriebsstück. Gebühr bezahlt.<br />

Für das Jubiläumsjahr <strong>1989</strong> hat Hermann Pretsch, katholischer<br />

Krankenhausseelsorger, eine umfangreiche Festschrift<br />

vorbereitet. In einer Feier wurde das Buch am 21. Mai <strong>1989</strong><br />

der Öffentlichkeit vorgestellt. Gleichzeitig wurde im<br />

Klostergebäude eine Ausstellung zur Klostergeschichte<br />

eröffnet. Dies war der Auftakt zu zahlreichen Veranstaltungen<br />

im Jubiläumsjahr, die ihren Höhepunkt in der ersten<br />

Septemberwoche hatten.<br />

Anläßlich der Jahrestagung der Bayerischen Benediktinerakademie<br />

wurde am 8. Oktober <strong>1989</strong> im Münster der erste<br />

Benediktinergottesdienst seit der Säkularisation gefeiert.<br />

Die Festschrift<br />

Wie schon erwähnt, ist Hermann Josef Pretsch Herausgeber<br />

der Festschrift und es muß gesagt werden, daß es ohne die<br />

unermüdliche Arbeit von Herrn Pretsch keine Jubiläumsfeier<br />

in dieser Form gegeben hätte. Er selbst hat drei Beiträge für<br />

die Festschrift verfaßt: »Adel und Kirche, Verwandtschaftliche<br />

Verhältnisse in Zusammenhang mit der Stiftung des<br />

Klosters Zwiefalten.« - »Das Ende der Hirsauer Reformbewegung,<br />

Hildegard von Bingen und die Zisterzienser, Fallbeispiel<br />

Zwiefalten«. Als dritten Beitrag schrieb er die »Baugeschichte<br />

des Klosters Zwiefalten in der Zeit von 1659 bis 1716«.<br />

Wilfried Setzier berichtet über »die Entwicklung vom Römischen<br />

Kloster« bis zum »Sonderfall« im Reich (1089-1570).<br />

Außerdem bringt er eine Liste der Zwiefalter Äbte.<br />

Uber ein seltsames Kapitel berichtet Eberhard Fritz »Zwiefalten<br />

und Württemberg in Konkurrenz um die Konfession<br />

der Untertanen. Kirchenpolitik in den Pfarreien Neuhausen,<br />

Ödenwaldstetten, Metzingen, Genkingen und Willmandingen<br />

im Spiegel württembergischer Quellen und Geschichtsschreibung.«<br />

Ein Beitrag von Franz Quartal: »Kloster Zwiefalten zwischen<br />

Dreißigjährigem Krieg und Säkularisation. Monastisches<br />

Leben und Selbstverständnis im 6. und 7. Saeculum der Abtei.«<br />

Weitere Beiträge:<br />

Rainer Joos, »Zwiefalten und das Kloster Kladrau (Kladruby)<br />

in Böhmen.« Herrad Spilling, »Reinhard von Munderkingen<br />

als Schreiber und Lehrer.« Heribert Hummel, »Eine Zwiefalter<br />

Bibliotheksgeschichte.« Reinhold Halder, »Zur Bau- und<br />

Kunstgeschichte des alten Zwiefalter Münsters und<br />

HOHENZOLLERISCHE HEIMAT<br />

hrsggbn. vom Hohenz. <strong>Geschichtsverein</strong>.<br />

ISSN 0018-3253<br />

Die Zeitschrift »Hohenzollerische Heimat«<br />

ist eine heimatkundliche Zeitschrift. Sie will<br />

besonders die Bevölkerung in Hohenzollern<br />

und der angrenzenden Landesteile mit der<br />

Geschichte ihrer Heimat vertraut machen. Sie<br />

bringt neben fachhistorischen auch populär<br />

gehaltene Beiträge.<br />

Bezugspreis: 8.00 DM jährlich.<br />

Konto der »Hohenzollerischen Heimat«:<br />

803843 Hohenz. Landesbank Sigmaringen<br />

(BLZ 653 51050).<br />

Druck:<br />

M. Liehners Hofbuchdruckerei GmbH & Co.,<br />

7480 Sigmaringen, Karlstraße 10.<br />

64<br />

Die Autoren dieser Nummer:<br />

Dr. med. Herbert Burkarth<br />

Eichertstraße 6<br />

7487 Gammertingen<br />

Walter Kempe<br />

Silcherstraße 11, 7965 Ostrach<br />

Pfr. Johann Adam Kraus<br />

Badstraße 8<br />

7800 Freiburg-Littenweiler<br />

Klosters.« Konrad Küster, »Zwiefalter Klostermusik und<br />

oberschwäbische Musikgeschichte.« Walter Frei, »Liebe zu<br />

den Wissenschaften und ununterbrochene Fürsorge für die<br />

studierende Jugend, Zur Schulgeschichte des Klosters Zwiefalten.«<br />

Walter Frei, »Das Zwiefalter Schul- und Klostertheater<br />

in der Barockzeit. Neue Erkenntnisse zur Theaterpflege<br />

im Kloster Zwiefalten und an seinen Schulen im 17. und<br />

18.Jahrhundert.« Günter Kolb, »Barockbauten im Gebiet<br />

der Abtei Zwiefalten«. Stefan Kummer, »Architektur und<br />

Dekoration des Zwiefalter Münsterraumes Gesamtkunstwerk<br />

oder Ensemble.« Klaus Könner, »Das Schicksal der<br />

Münsterausstattung nach der Säkularisation. Zur verlorenen<br />

Hauptorgel des Joseph Martin von Hayingen.« Irmtraut Betz<br />

- Wischnath, »Das Oberamt Zwiefalten (1803-1810).« Walter<br />

Meyberg, »Die barocke Klosteranlage in Zwiefalten, Der<br />

Baubestand zur Zeit der Säkularisation und die Veränderungen<br />

im 19. und 20. Jahrhundert.<br />

Das großzügig mit Abbildungen ausgestattete Buch erschien<br />

in der Süddeutschen Verlagsanstalt Ulm und kostet DM 48,-.<br />

WERNER BECK<br />

Karl-Heinz Lutz<br />

In der Breite 59, 7801 Umkirch<br />

Irmgard und Günter Merz<br />

Lichtenweg 1, 8038 Gröbenzell<br />

Dr. Herbert Rädle<br />

Veit-Jung-Straße 13a, 8430 Neumarkt<br />

Jürgen Schmidt, Oberforstrat<br />

Überlinger Straße 1, 7798 Pfullendorf<br />

Orts- und Familienchronik Boll<br />

Nach jahrelanger Arbeit hat der Hechinger Werner Beck jetzt<br />

die »Orts- und Familienchronik Boll« veröffentlicht. Mitautor<br />

ist der im letzten Jahr verstorbene Anton Hoch. Das jetzt<br />

erschienene Buch hat einen Umfang von 400 Seiten und<br />

enthält 180 zum Teil sehr alte Fotos. Die frühesten Aufnahmen<br />

stammen aus der Zeit um 1870. Viele Fotos sind mit<br />

Angabe der abgebildeten Personen abgedruckt. Allein die 17<br />

Schulklassenfotos aus drei Generationen ab 1890, viele mit<br />

den Namen der Schulkinder, stellen einen besonderen Wert<br />

dar. 70 Seiten Ortschronik und 200 Seiten Häuserbeschreibung<br />

vermitteln einen tiefen Einblick in das Boller Dorfleben<br />

im Lauf der Jahrhunderte. Der Verkauf findet über die<br />

Ortschaftsverwaltungen Boll und Stetten sowie die Filiale der<br />

Raiffeisenbank Boll und die Filiale der Kreissparkasse Boll<br />

statt. Auch die Bankfilialen der umliegenden Gemeinden<br />

halten einige Exemplare bereit. Ferner kann die Chronik in<br />

den Boller Gasthäusern »Löwen«, »Hirsch« und »Kaiser«<br />

bestellt oder beim Herausgeber Werner Beck, In den Schelmenäckern<br />

17 in Hechingen, Telefon 07471/4370, direkt<br />

bezogen werden. Preis DM 78,-.<br />

Karl Werner Steim<br />

Wegscheiderstr. 26<br />

7940 Riedlingen<br />

Schriftleitung:<br />

Dr. med. Herbert Burkarth,<br />

7487 Gammertingen Telefon 07574/4211<br />

Die mit Namen versehenen Artikel geben die<br />

persönliche Meinung der Verfasser wieder;<br />

diese zeichnen für den Inhalt der Beiträge<br />

verantwortlich. Mitteilungen der Schriftleitung<br />

sind als solche gekennzeichnet.<br />

Manuskripte und Besprechungsexemplare<br />

werden an die Adresse des Schriftleiters erbeten.<br />

Wir bitten unsere Leser, die »Hohenzollerische<br />

Heimat« weiter zu empfehlen.

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