unterwegs in sachen angst auf der strasse lange ... - PIGmagazin
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62 // FREISTIL<br />
E<strong>in</strong> Abend mit den Jungs<br />
Es war e<strong>in</strong> wun<strong>der</strong>barer Abend und e<strong>in</strong>e durchfeierte Nacht mit alten Freunden.<br />
Unser Kolumnist hat sie genossen und weiß, dass solche Abende und Nächte recht selten<br />
vorkommen. Er fragt sich, warum eigentlich und me<strong>in</strong>t, dass man diese deshalb schätzen soll,<br />
obwohl sie mit großer Anstrengung verbunden s<strong>in</strong>d, wenn man nicht mehr <strong>der</strong> Jüngste ist.<br />
Text Egbert Schwartz<br />
Lang ist‘s her, dass ich mit me<strong>in</strong>en Jungs um die<br />
Häuser gezogen b<strong>in</strong>, aber letzten Samstag war es<br />
wie<strong>der</strong> soweit. Ich wollte den e<strong>in</strong>en o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />
Dr<strong>in</strong>k ausgeben, <strong>auf</strong> me<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Tochter, wir wollten<br />
etwas Quatschen und Quatsch machen. Im Stuttgarter<br />
Westen ordentlich essen gehen und danach noch<br />
irgendwo weiter Feiern. Die alten Zeiten wie<strong>der</strong> etwas<br />
<strong>auf</strong>leben lassen und über die neuen stolpern. Schließlich<br />
macht man das nicht mehr so häufig. Man ist ja<br />
aus dem Alter raus, nicht wahr. Und trotzdem verlief<br />
<strong>der</strong> Abend eigentlich (fast) genauso, wie e<strong>in</strong> Samstag<br />
Abend vor fünf, zehn o<strong>der</strong> 15 Jahren verlief. Viele Parallelen,<br />
die gleichen alten Kamellen.<br />
Man hat sich getroffen, ist abgehangen, e<strong>in</strong> paar waren<br />
zu müde um mitzugehen, e<strong>in</strong> paar an<strong>der</strong>e brachen<br />
bei <strong>der</strong> Hälfte ab. Der harte Kern gab Vollgas und<br />
überlegte um 4.30 Uhr unkontrolliert wie er heim<br />
kommen sollte. Taxi o<strong>der</strong> erste S-Bahn. Noch ‘n Döner<br />
o<strong>der</strong> nicht. Noch ‘n Absacker o<strong>der</strong> nicht. Es ist<br />
irgendwie wie, wenn du e<strong>in</strong>e alte Karre <strong>in</strong> <strong>der</strong> Garage<br />
stehen hast und sie <strong>lange</strong> nicht mehr gefahren bist.<br />
Vielleicht spr<strong>in</strong>gt sie nicht gleich an, vielleicht ist sie<br />
etwas verstaubt, aber du weißt wie man sie fährt und<br />
wie man mit ihr umgeht. Aber warum fährt man sie<br />
eigentlich so selten?<br />
Tatsächlich haben wir uns am Samstag <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ampulle<br />
im Stuttgarter Westen getroffen, bis um etwa<br />
1 Uhr sauber gegessen, getrunken und gelacht. Wir<br />
haben viel, aber ke<strong>in</strong>en Cent zu viel bezahlt. Nachdem<br />
sich die Hälfte <strong>der</strong> Elf Freunde-Mannschaft<br />
dann aus sonstigen Gründen verabschiedet hat, s<strong>in</strong>d<br />
wir dann durch e<strong>in</strong> paar Bars beim Hans im Glück-<br />
Brunnen und dann <strong>auf</strong> die Pr<strong>in</strong>z-Party im Bix. E<strong>in</strong>e<br />
Live-Band (die haben wir natürlich verpasst) und<br />
e<strong>in</strong> paar DJs s<strong>in</strong>d am Start - und die Böbl<strong>in</strong>ger Jungs.<br />
Die Hälfte an <strong>der</strong> Bar, die an<strong>der</strong>en <strong>auf</strong> <strong>der</strong> Tanzfläche.<br />
Wie immer eben. E<strong>in</strong>er verabschiedet sich um<br />
3.30 Uhr, weil es ihm, ich formuliere es mal so, im<br />
Magen rumgeht, <strong>der</strong> Rest schiebt sich um 4.30 Uhr <strong>in</strong><br />
Richtung S-Bahn, die allerd<strong>in</strong>gs erst <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Stunde<br />
fährt. Die Heimfahrt war dann m<strong>in</strong>destens genauso lustig,<br />
wie <strong>der</strong> ganze Abend. Und nicht nur deshalb frage<br />
ich mich, warum man solche Geschichten nicht öfters<br />
unternimmt. Es ist doch ke<strong>in</strong> Hexenwerk, nur e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>samer<br />
Abend, e<strong>in</strong>e durchzechte Nacht.<br />
Und genau diese ist dann wahrsche<strong>in</strong>lich <strong>der</strong> Knackpunkt,<br />
zum<strong>in</strong>dest für die Familienväter unter den<br />
Jungs. Die Erholungsvoraussetzungen s<strong>in</strong>d eben nicht<br />
mehr die Gleichen, wenn man Kids hat. Und immerh<strong>in</strong><br />
die Hälfte <strong>der</strong> Bande hat <strong>in</strong>zwischen kle<strong>in</strong>e Balge.<br />
Die Erholung am nächsten Tag muss <strong>in</strong>tern gut organisiert<br />
se<strong>in</strong>, sonst geht‘s an die Reserven. Aber wenn<br />
man ehrlich ist, dann ist das zwar e<strong>in</strong>e nette Ausrede<br />
und sicher gibt es noch e<strong>in</strong> paar an<strong>der</strong>e, aber wenn es<br />
e<strong>in</strong>em wichtig ist, dann bekommt man e<strong>in</strong>en Abend<br />
mit Freunden immer (öfter) gebacken. Die Planung<br />
ist zwar komplexer, nur muss sie eben e<strong>in</strong>er <strong>in</strong> die<br />
Hand nehmen.<br />
Am letzten Samstag waren wir also wie<strong>der</strong> unter<br />
Freunden, draußen <strong>auf</strong> den Straßen, wo sich viele<br />
Jahre dieser Freundschaften abgespielt haben. Viele<br />
kle<strong>in</strong>e Geschichten haben sich dort abgespielt, s<strong>in</strong>d<br />
<strong>in</strong> den Köpfen und werden immer wie<strong>der</strong> ausgepackt.<br />
Straßenjungs waren wir irgendwie alle. Und ich, für<br />
mich gesprochen, b<strong>in</strong> gottfroh darüber, denn Stubenhocker<br />
hatten noch nie viel zu erzählen gehabt. Doch<br />
das Allerwichtigste hat sich wie<strong>der</strong> mal bestätigt.<br />
Egal wie oft du dich siehst, wie oft du um die Häuser<br />
ziehst, ob und wie viele K<strong>in</strong><strong>der</strong> jemand hat, mit manchen<br />
Freunden ist die Basis über Jahre gelegt worden<br />
und diese bricht nur schwer. Es ist e<strong>in</strong> gewisser Humor,<br />
e<strong>in</strong>e bestimmte Vibration und e<strong>in</strong>e bestimmte<br />
Art unter Männern mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> umzugehen. Ich<br />
freu‘ mich jetzt schon <strong>auf</strong> den nächsten Abend, denn<br />
ich weiß nicht, wann dieser se<strong>in</strong> wird. An mir liegt‘s<br />
nicht. Haha! ❦