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Joschka Fischer Die rot-grünen Jahre | Michael Ondaatje Divisadero ...

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udget deckten. 1939 betrug die Joint-<br />

Subvention 2 Millionen Franken, in den<br />

beiden folgenden <strong>Jahre</strong>n je 1,5 Millionen,<br />

um 1944 auf 3,3 Millionen Franken anzusteigen.<br />

Als weitgehend unabhängiger Gebieter<br />

über diese beträchtlichen Summen<br />

war Mayer eine Schlüsselfigur bei den<br />

jüdischen Hilfsbemühungen zugunsten<br />

der verfolgten Glaubensgenossen.<br />

Sein Zuständigkeitsbereich, zunächst<br />

auf die Schweiz beschränkt, weitete<br />

sich nach dem Kriegseintritt der USA<br />

auf das gesamte deutsch beherrschte<br />

Europa aus. Während Monaten setzten<br />

restriktive amerikanische Transfervorschriften<br />

die Fortsetzung der Hilfstätigkeit<br />

aufs Spiel. Erst die Schaffung einer<br />

eigenen Behörde für Angelegenheiten<br />

der Flüchtlingshilfe, des War Refugee<br />

Board (WRB), im Januar 1944 markierte<br />

das Ende der amtlichen amerikanischen<br />

Zurückhaltung gegenüber den humanitären<br />

Bemühungen zugunsten der Juden<br />

Europas.<br />

Der amerikanischen Gesandtschaft<br />

in Bern wurde ein Spezialist für diesen<br />

Tätigkeitsbereich, Roswell McClelland,<br />

zugeteilt. Zwischen ihm und Saly Mayer<br />

entwickelte sich eine freundschaftliche<br />

Zusammenarbeit. <strong>Die</strong>se sollte besonders<br />

wirksam werden, als Vertreter jüdischer<br />

Organisationen in Ungarn im Sommer<br />

1944 den Versuch unternahmen, die<br />

überlebende dortige jüdische Bevölkerung<br />

durch Verhandlungen mit der SS<br />

vor der Vernichtung zu retten.<br />

Retter von 1700 KZ-Juden<br />

Innerhalb der SS-Hierarchie – bis hinauf<br />

zu «Reichsführer» Heinrich Himmler<br />

– hegte man die Hoffnung, sich durch<br />

die Freilassung von Juden den Goodwill<br />

der Amerikaner, möglicherweise<br />

sogar ihre Bereitschaft zu einem Separatfrieden,<br />

erkaufen zu können. McClelland<br />

erwirkte von Washington die Einwilligung<br />

zu entsprechenden (Schein-)<br />

Verhandlungen, lediglich zum Zweck<br />

des Zeitgewinns. In seiner Eigenschaft<br />

als Repräsentant des Joint übernahm<br />

es Saly Mayer, mehrmals an der österreichischen<br />

Grenze mit SS-Offizieren<br />

zusammenzutreffen. <strong>Die</strong> von ihm<br />

hinhaltend geführten Verhandlungen<br />

blieben natürlich ergebnislos, aber als<br />

«Geste des guten Willens» liessen die<br />

SS-Leute immerhin nahezu 1700 ungarische<br />

Juden aus dem KZ Bergen-Belsen<br />

in die Schweiz ausreisen.<br />

Hanna Zweig-Strauss ist sehr gewissenhaft<br />

und im offenkundigen Bestreben<br />

zu Werk gegangen, die Vita Saly Mayers<br />

möglichst lückenlos und detailliert<br />

nachzuzeichnen. Gewisse Längen ihres<br />

Textes sind diesem Bemühen um biografische<br />

Vollständigkeit und Differenziertheit<br />

zuzuschreiben. Angesichts der<br />

streckenweise prekären Quellenlage ist<br />

der Autorin indes zu bescheinigen, dass<br />

ihr ein bemerkenswert instruktives, ausgewogenes<br />

Porträt eines schwierigen,<br />

aber bei aller Problematik verdienstvollen<br />

und integren Akteurs der Zeitgeschichte<br />

gelungen ist. �<br />

Paul Stauffer ist Historiker und war<br />

Schweizer Botschafter in Polen.<br />

4. November 2007 �NZZ am Sonntag � 17

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