Neu: BLuS Heft 11 - August 2012 - Bundesarbeitskreis der Seminar
Neu: BLuS Heft 11 - August 2012 - Bundesarbeitskreis der Seminar
Neu: BLuS Heft 11 - August 2012 - Bundesarbeitskreis der Seminar
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Inhaltsverzeichnis<br />
<strong>Heft</strong> <strong>11</strong>, <strong>August</strong> <strong>2012</strong><br />
Vorwort 3<br />
Zur Reform des Vorbereitungsdienstes<br />
Reform <strong>der</strong> Lehrerbildung und ein neues Lehrerbildungsgesetz<br />
Andreas Stephan<br />
Kurswechsel bei voller Fahrt<br />
Lars Kraft<br />
Modularisierung im einjährigen Vorbereitungsdienst<br />
Silke Pflüger<br />
Die allerersten Modulprüfungen<br />
Dr. Bernd Oehmig<br />
Zur Entwicklung eines Rahmenkonzepts für die Arbeitsplanung <strong>der</strong><br />
Fachseminare im modularisierten Vorbereitungsdienst<br />
Klaus Meister<br />
Modulprüfungen – Beurteilungskriterien und mögliche Aufgabenstellungen<br />
Roswitha Kneer-Werner<br />
Arbeitsgruppe Schule und <strong>Seminar</strong><br />
Andreas Stephan<br />
Fremdsprachenunterricht in Ausbildung und schulischer Praxis<br />
Bilingualer Unterricht<br />
<strong>Neu</strong>e Impulse für den bilingualen Unterricht an Berliner Schulen<br />
Bilingualer Unterricht am Romain-Rolland-Gymnasium in Berlin<br />
Caroline Bolz<br />
Robert Prekel<br />
Kritische Betrachtung <strong>der</strong> Rahmenlehrpläne<br />
Standardorientierung und Kompetenzorientierung? Ja! Aber…<br />
Martina Kaltenbacher<br />
Was bedeutet <strong>der</strong> zweite Stuhl? - Zum Aufbau literarischer Lesekompetenz im<br />
Fremdsprachenunterricht<br />
Dr. Christian <strong>Neu</strong>mann<br />
Literaturwissenschaft im Französischunterricht?<br />
Dr. Ulrich Müller-Schöll<br />
Hrsg.: <strong>Bundesarbeitskreis</strong> <strong>der</strong> <strong>Seminar</strong>- und Fachleiter/innen e.V., Landesgruppe Berlin<br />
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Fortsetzung auf Seite 2 �
Forum<br />
Wie bringen wir Gegenwartsliteratur in die Schule?<br />
Dr. Manja Vorbeck-Heyn / Marcus Schotte<br />
Bericht von <strong>der</strong> bundesweiten Expertentagung in Hamburg<br />
Ulrike Ernst / Roswitha Kneer-Werner<br />
Aufgeschnappt<br />
Verbeamtung von Lehrerinnen und Lehrern ist Verfassungsgebot<br />
Joachim Jetschmann<br />
Mitteilungen Roswitha Kneer-Werner 62<br />
1. Bewerbungs- und Vereidigungstermine/Einführungsseminare<br />
2. Aufnahme von Lehramtsanwärter/innen in den Ausbildungsregionen<br />
3. Einführungen für neue Fachseminarleiter/innen<br />
4. Personalia<br />
Der <strong>Bundesarbeitskreis</strong> <strong>der</strong> <strong>Seminar</strong>- und Fachleiter/innen e.V.<br />
Aktivitäten des BAK, Landesverband Berlin<br />
Herbert Böpple 66<br />
Fachdidaktik-Tagung des BAK und des Zentrums für Lehrerbildung <strong>der</strong> FUB<br />
Dr. Jörg Kayser 69<br />
BAK-Beitrittserklärung 71<br />
Impressum 2<br />
Seite 2<br />
Impressum<br />
Herausgeber:<br />
<strong>Bundesarbeitskreis</strong> <strong>der</strong> <strong>Seminar</strong>- und Fachleiter/innen e.V.,<br />
Landesgruppe Berlin; Herbert Böpple, Schrö<strong>der</strong>str. 2, 10<strong>11</strong>5 Berlin<br />
herbert.boepple@web.de<br />
Verantwortlich für diese Ausgabe:<br />
Roswitha Kneer-Werner, 2. SPS <strong>Neu</strong>kölln (S), Wildhüter Weg 5, 12353 Berlin<br />
Redaktionsmitglie<strong>der</strong>:<br />
Ingeborg Dix, 3. SPS Tempelhof-Schöneberg (S)<br />
Lars Kraft, 1. SPS Mitte (S)<br />
Klaus Meister, 3. SPS Mitte (L)<br />
Dr. Bernd Oehmig, 1. SPS Treptow-Köpenick (L)<br />
Jens-Uve Wahner, 1. SPS Spandau (S)<br />
Layout:<br />
Dr. Jobst Werner c/o 2. SPS <strong>Neu</strong>kölln (S)<br />
Die in „Betrifft: Lehrerausbildung und Schule“ veröffentlichten Artikel geben nicht<br />
unbedingt die Meinung <strong>der</strong> Redaktionsmitglie<strong>der</strong> o<strong>der</strong> des Herausgebers wi<strong>der</strong>.<br />
56<br />
59<br />
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In je<strong>der</strong> Reform stecken Chancen und Risiken!<br />
Vorwort<br />
Vorwort<br />
Diesem Thema widmen wir uns in <strong>der</strong> vorliegenden Ausgabe und berichten u. a. über die ersten<br />
Erfahrungen mit <strong>der</strong> neuen Ausbildungsordnung, die am 1. Februar <strong>2012</strong> in Kraft getreten ist. Doch<br />
die Reformen sind noch längst nicht abgeschlossen. Die Koalitionsvereinbarung von CDU und<br />
SPD für die Legislaturperiode bis 2016 sagt deutlich, es sei notwendig, die Lehrerbildung weiter zu<br />
reformieren, um „den gestiegenen Ansprüchen an Lehrerinnen und Lehrern gerecht zu werden“.<br />
Andreas Stephan von <strong>der</strong> Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft berichtet über<br />
die Arbeit einer Expertenkommission unter <strong>der</strong> Leitung von Professor Dr. Jürgen Baumert, die sich<br />
<strong>der</strong> Reform <strong>der</strong> Lehrerbildung widmet. Neben dieser Expertenkommission wurde ein hausinterner<br />
Arbeitskreis gebildet, um in Anlehnung an die ersten Ergebnisse <strong>der</strong> Expertenkommission sowie<br />
die KMK-Beschlüsse und die Verabredung in <strong>der</strong> Koalitionsvereinbarung, den Vorbereitungsdienst<br />
für alle Lehrämter auf 18 Monate festzuschreiben und Vorschläge für die Än<strong>der</strong>ung des Berliner<br />
Lehrerbildungsgesetzes zu erarbeiten. Zudem legt Andreas Stephan dar, welchen Beitrag Schulstrukturverän<strong>der</strong>ungen<br />
auf die Lehrerausbildung haben können.<br />
Und von welchen Erfahrungen können wir bereits heute berichten?<br />
Lars Kraft stellt in seinem Beitrag über die Umsetzung <strong>der</strong> neuen Verordnung im ersten Halbjahr<br />
<strong>der</strong> Ausbildung in <strong>der</strong> Studienratslaufbahn dar, welche Fragen sich auftaten und wie sich die Verän<strong>der</strong>ungen<br />
auf die Ausbildungsgruppe in Berlin-Mitte ausgewirkt haben. Er macht dabei deutlich,<br />
welche Probleme insbeson<strong>der</strong>e durch die neuen Anfor<strong>der</strong>ungen entstanden, da die Umsetzung bei<br />
„vollem Betrieb“ erfolgen musste. Gleichzeitig gibt er einen Ausblick auf die Ausgestaltung <strong>der</strong> für<br />
die Umsetzung erfor<strong>der</strong>lichen weiteren Schritte. Silke Pflüger berichtet in ihrem Beitrag von den<br />
Erfahrungen und Anfor<strong>der</strong>ungen, die sich für die Ausbildungsgruppe in <strong>der</strong> Lehrerlaufbahn am<br />
Standort Reinickendorf ergeben haben.<br />
Auch berichten wir bereits über Erfahrungen mit den ersten Modulprüfungen in <strong>der</strong> Lehrerlaufbahn.<br />
Dr. Bernd Oehmig legt in seinem Beitrag dar, wie <strong>der</strong> organisatorische Aufwand gestiegen ist, welche<br />
Aufgabenformate von den Lehramtsanwärtern und Lehramtsanwärterinnen gewählt worden<br />
sind und wie die ersten Ergebnisse <strong>der</strong> Modulprüfungen auszuwerten sind. (Diese Modulprüfungen<br />
fanden statt, bevor von <strong>der</strong> Senatsverwaltung verbindliche Formate und Kriterien veröffentlicht<br />
worden sind.)<br />
Roswitha Kneer-Werner berichtet in ihrem Beitrag über die Ergebnisse einer Arbeitsgruppe <strong>der</strong><br />
Senatsverwaltung, die unter Leitung von Andreas Stephan in Zusammenarbeit mit Leitern und Leiterinnen<br />
Schulpraktischer <strong>Seminar</strong>e Vorgaben zu Inhalten und Bewertungskriterien von Modulprüfungen<br />
erarbeitet hat.<br />
Klaus Meister erörtert in seinem Beitrag, wie sich die inhaltliche Zusammenarbeit zwischen den<br />
Allgemeinen <strong>Seminar</strong>en und den Fachseminaren gestalten kann, um die Lehramtsanwärterinnen<br />
und Lehramtsanwärter effizient ausbilden zu können.<br />
Die Zusammenarbeit von Schulleitungen und allen an<strong>der</strong>en im Rahmen <strong>der</strong> Lehrerausbildung Tätigen<br />
ist stets ein sensibles Feld. Welche Möglichkeiten <strong>der</strong> Zusammenarbeit gegeben sind und<br />
wie die Ergebnisse <strong>der</strong> Arbeitsgruppe in den „Handlungsrahmen Schulqualität“ dabei eingeflossen<br />
sind, berichtet Andreas Stephan in seinem Beitrag.<br />
Auch <strong>der</strong> bilinguale Unterricht ist ein sensibles Feld und hat in Berlin bereits eine lange Wegstrecke<br />
hinter sich. Caroline Bolz erörtert in ihrem Beitrag über Verän<strong>der</strong>ungen in den letzten Jahren<br />
den Mehrwert des bilingualen Unterrichts und die Notwendigkeit eines Wahlbausteines im Berliner<br />
Vorbereitungsdienst. Und Robert Prekel, Fachbereichsleiter Fremdsprachen am Romain-Rolland-<br />
Seite 3
Vorwort<br />
Gymnasium stellt in seinem Beitrag dar, wie bilingualer Unterricht in <strong>der</strong> Praxis umgesetzt werden<br />
kann.<br />
Neben den zahlreichen Verän<strong>der</strong>ungen in <strong>der</strong> Lehrerausbildung ist geplant, auch die Rahmenlehrpläne<br />
zu überarbeiten. In dieser Ausgabe stellen Martina Kaltenbacher, Koordinatorin für die Fachseminare<br />
Englisch, und Dr. Christian <strong>Neu</strong>mann, Fachseminarleiter für Französisch, ihre Bedenken<br />
bei <strong>der</strong> jetzigen Gestaltung <strong>der</strong> Rahmenlehrpläne dar und geben Empfehlungen, was bei einer<br />
Überarbeitung <strong>der</strong>selben berücksichtigt werden sollte. Herr Dr. Müller-Scholl erörtert, wie im Französischunterricht<br />
thematisiert werden kann, was von den Lernenden im Romanistikstudium erwartet<br />
wird und verdeutlicht dieses an einem Unterrichtsbeispiel.<br />
Im Forum legen Dr. Manja Vorbeck-Heyn, Studienrätin (i.A.) an <strong>der</strong> Eckener-Oberschule und Marcus<br />
Schotte, Wissenschaftlicher Mitarbeiter in <strong>der</strong> Fachdidaktik Deutsch, FU Berlin, dar, welche<br />
Erfahrungen mit <strong>der</strong> Konzeption und Veröffentlichung von Unterrichtsmaterialien vorliegen. Sie<br />
ermutigen Kolleginnen und Kollegen, ihren Fachunterricht als Chance dafür zu nutzen, selbst innovative<br />
Unterrichtsanregungen zu entwickeln und an<strong>der</strong>e durch die Veröffentlichung daran teilhaben<br />
zu lassen.<br />
Ulrike Ernst und Roswitha Kneer-Werner berichten von einer Tagung über „Innovative Formen <strong>der</strong><br />
Verknüpfung von Theorie und Praxis in <strong>der</strong> Lehrerbildung“ in Hamburg, in <strong>der</strong> Möglichkeiten <strong>der</strong><br />
weiteren För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Ausbildung zwischen Universität und zweiter Phase aufgezeigt wurden<br />
und darüber, welche Probleme bezüglich <strong>der</strong> Verantwortlichkeiten dabei entstehen können.<br />
In <strong>der</strong> Rubrik „Aufgeschnappt“ nehmen wir ein aktuelles Thema in den Fokus: „Die Verbeamtung<br />
von Lehrern und Lehrerinnen“, indem wir eine Erklärung des Vorsitzenden des dbb Berlin, Joachim<br />
Jetschmann, aufgreifen.<br />
Wie gewohnt, enthält auch diese Ausgabe die Mitteilungen <strong>der</strong> für das Schulwesen zuständigen<br />
Senatsverwaltung, zusammengestellt von Roswitha Kneer-Werner sowie Mitteilungen und Veranstaltungen<br />
des BAK, Landesverband Berlin, die Herbert Böpple zusammengestellt hat.<br />
Last but not least möchten wir zum Thema Verän<strong>der</strong>ungen anzeigen, dass es auch in unserem<br />
Redaktionsteam Verän<strong>der</strong>ungen gegeben hat. Herbert Böpple und Jens Kühne möchten sich künftig<br />
an<strong>der</strong>en Aufgaben zuwenden und sind daher nach vielen Jahren <strong>der</strong> Mitarbeit aus unserem<br />
Team ausgeschieden.<br />
Ich möchte an dieser Stelle vor allem Herbert Böpple, <strong>der</strong> zusammen mit mir die Idee für die Herausgabe<br />
und Gestaltung unseres <strong>Heft</strong>es entwickelt hat, für sein Engagement und seine vielfältigen<br />
Beiträge sowie auch für die Übernahme <strong>der</strong> zweitaufwändigen Arbeit am Layout <strong>der</strong> <strong>Heft</strong>e danken.<br />
Ich wünsche ihm namens aller Redaktionsmitglie<strong>der</strong>, dass er ebenso erfolgreich in seinem neuen<br />
Aufgabenbereich wirken wird, wie er gemeinsam mit mir die Verantwortung für die ersten zehn<br />
Ausgaben unserer Broschüre übernommen hat.<br />
<strong>Neu</strong> sind in unserem Team Ingeborg Dix, Leiterin des 3. Schulpraktischen <strong>Seminar</strong>s Tempelhof/Schöneberg,<br />
und Lars Kraft, Leiter des 1. Schulpraktischen <strong>Seminar</strong>s Mitte. Für das Layout<br />
zeichnet nunmehr Dr. Jobst Werner verantwortlich.<br />
Wir werden Sie gemeinsam weiterhin über Entwicklungen in Schule, Universität und Ausbildung<br />
informieren und sind offen für jegliche Anregungen.<br />
Für heute grüßt Sie<br />
Seite 4<br />
Roswitha Kneer-Werner<br />
im Juni <strong>2012</strong>
–<br />
Zur Reform des Vorbereitungsdienstes<br />
Zur Reform des Vorbereitungsdienstes<br />
Reform <strong>der</strong> Lehrerbildung und ein neues Lehrerbildungsgesetz<br />
In <strong>der</strong> Koalitionsvereinbarung von SPD und CDU für die Legislaturperiode 20<strong>11</strong> - 2016 wurde festgelegt,<br />
dass die Lehrerbildung in <strong>der</strong> aktuellen Legislatur reformiert wird, „um den gestiegenen Ansprüchen<br />
an Lehrerinnen und Lehrer gerecht zu werden. Zur Erarbeitung eines Vorschlages werden<br />
wir eine Kommission unter Einbeziehung von externem Sachverstand einrichten, die gemeinsam<br />
mit den Universitäten auch die Einrichtung einer School of Education prüfen soll. Das<br />
Masterstudium beträgt für alle Lehrämter, auch für die Ausbildung von Son<strong>der</strong>pädagogen, vier<br />
Semester. Der Vorbereitungsdienst für alle Lehrämter soll 18 Monate betragen. Eine Durchlässigkeit<br />
zu an<strong>der</strong>en Studiengängen ist anzustreben (...)“.<br />
Zur Realisierung dieses Vorhabens hat Frau Senatorin Scheeres zu Beginn des Jahres eine Expertenkommission<br />
Lehrerbildung unter <strong>der</strong> Leitung von Prof. Dr. Jürgen Baumert und weiteren acht<br />
überregional tätigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern berufen. Die Expertenkommission<br />
hat unter Beteiligung von Vertreterinnen und Vertretern <strong>der</strong> Freien Universität, <strong>der</strong> Technischen<br />
Universität, <strong>der</strong> Humboldt-Universität und <strong>der</strong> Universität <strong>der</strong> Künste sowie den Abteilungsleitern<br />
<strong>der</strong> Senatsverwaltung für Bildung fünfmal getagt und wird ihren Abschlussbericht im September<br />
<strong>2012</strong> vorlegen.<br />
Parallel dazu wurde eine hausinterne Arbeitsgruppe Lehrerbildungsgesetz unter <strong>der</strong> Leitung von<br />
Frau Annecke, die auch schon die Verordnung Vorbereitungsdienst juristisch verantwortet hat,<br />
eingesetzt, die in enger Abstimmung mit den Beratungsergebnissen <strong>der</strong> Expertenkommission an<br />
einem Entwurf für ein neues Lehrerbildungsgesetz arbeitet.<br />
Die Arbeit <strong>der</strong> Expertenkommission Lehrerbildung und <strong>der</strong> hausinternen Arbeitsgruppe orientiert<br />
sich neben den in <strong>der</strong> Koalitionsvereinbarung festgelegten Rahmenvorgaben inhaltlich an den<br />
Vorgaben <strong>der</strong> KMK. Die Masterstudiengänge für die Lehrämter des gehobenen Dienstes sollen ab<br />
Wintersemester 2013/14 die Regelungen des Quedlinburger Beschlusses erfüllen, was heißt, dass<br />
das Gesamtstudium 300 Leistungspunkte umfassen muss.<br />
Die Strukturreform <strong>der</strong> Berliner Schule, die verän<strong>der</strong>ten Anfor<strong>der</strong>ungen an die Lehrerinnen und<br />
Lehrer, Stichworte wie Heterogenität und Inklusion beschreiben ebenso die Ausgangslage wie die<br />
Frage nach <strong>der</strong> ausreichenden Versorgung <strong>der</strong> Schulen mit Lehrkräften. In diesem Rahmen und<br />
unter Berücksichtigung des Ist-Zustandes in <strong>der</strong> Lehrerbildung haben die Diskussionsprozesse<br />
begonnen.<br />
Aus dem Auftrag und <strong>der</strong> beschriebenen Ausgangslage leiten sich eine Reihe von Überlegungen<br />
ab. Diese Zusammenstellung dient zur Information über die anstehenden Themen und stellt keine<br />
bereits politisch abgestimmte Festlegung dar, son<strong>der</strong>n gibt nur den aktuellen Diskussionsstand<br />
wie<strong>der</strong>. Eine endgültige Entscheidung über die Reform <strong>der</strong> Lehrerbildung wird erst getroffen, wenn<br />
<strong>der</strong> Kommissionsbericht im September <strong>2012</strong> vorliegt und entsprechende politische Konsequenzen<br />
daraus abgeleitet werden.<br />
Lehrämter anpassen<br />
Es stellt sich die Frage, ob es mit Blick auf die Schulstrukturverän<strong>der</strong>ung, d. h. zwei Säulen mit dem<br />
Abitur als Ziel, nicht Sinn macht, die Schulstruktur in den Lehrämtern abzubilden. Das heißt Stärkung<br />
<strong>der</strong> Fachlichkeit im Rahmen eines Grundschullehramtes (Primarstufe) ebenso wie die Schaffung<br />
eines Sekundarstufenlehramtes (Sekundarstufe I und II), in dem auf <strong>der</strong> Grundlage hoher<br />
fachwissenschaftlicher und fachdidaktischer Kompetenz Lehrerinnen und Lehrer befähigt werden,<br />
Seite 5
Zur Reform des Vorbereitungsdienstes<br />
auch in heterogenen Lerngruppen Schülerinnen und Schüler zum Abitur zu führen. Ein drittes<br />
Lehramt würde dann das an den berufsbildenden Schulen sein.<br />
Inklusion<br />
Im Zusammenhang mit <strong>der</strong> Umsetzung <strong>der</strong> UN-Behin<strong>der</strong>tenrechtskonvention sind Überlegungen<br />
notwendig, welche Kompetenzen Lehrerinnen und Lehrer haben müssen, um auf diese große<br />
Herausfor<strong>der</strong>ung vorbereitet zu sein, und welche Konsequenzen das für die Phasen <strong>der</strong> Lehrerbildung<br />
hat. Eine Idee ist eine Basisqualifizierung für alle zukünftigen Lehrerinnen und Lehrer einzuführen<br />
o<strong>der</strong> das zweite Fach in allen Lehrämtern durch das Studium von Behin<strong>der</strong>ungsformen zu<br />
ersetzen.<br />
Erste Phase <strong>der</strong> Lehrerausbildung<br />
Wie in <strong>der</strong> Koalitionsvereinbarung festgelegt, soll einem sechssemestrigen, weitgehend polyvalenten<br />
Bachelorstudiengang für alle Lehrämter ein viersemestriger konsekutiver Masterstudiengang<br />
mit dem Abschluss eines Master of Education folgen, d. h. die universitäre Ausbildung umfasst<br />
mindestens 10 Semester für alle Lehrämter.<br />
Um den Praxisbezug noch zu verstärken, wird diskutiert, ob es neben dem berufsfel<strong>der</strong>schließenden<br />
Praktikum im Bachelorstudium ein Praxissemester im Masterstudium für alle Lehrämter geben<br />
soll, sodass im Studium schulpraktische Studien im Umfang von mindestens 8 Monaten enthalten<br />
sein könnten.<br />
School of Education<br />
Im Hinblick auf den Entwicklungsstand <strong>der</strong> Professional School of Education an <strong>der</strong> Humboldt-Universität<br />
zu Berlin und dem seit 2006 existierenden Zentrum für Lehrerbildung an <strong>der</strong> FU Berlin wird<br />
die Kommission zu <strong>der</strong> Frage Stellung nehmen, ob ein Zentrum o<strong>der</strong> mehrere an den Universitäten<br />
angeschlossene Zentren zu favorisieren sind.<br />
Vorbereitungsdienst<br />
Der im 12. LBiGÄndG festgelegte einjährige Vorbereitungsdienst für die Masterabsolventinnen und<br />
Masterabsolventen für die Lehrämter des gehobenen Dienstes erweist sich zunehmend als nicht<br />
ausreichend, um den gestellten Anfor<strong>der</strong>ungen gerecht zu werden, und wird daher im Umfang verlängert.<br />
Bei einer <strong>Neu</strong>fassung des Lehrerbildungsgesetzes wird die Dauer des Vorbereitungsdienstes für<br />
alle Lehrämter auf 18 Monate festgelegt, um die schulpraktische Ausbildung <strong>der</strong> Masterabsolventinnen<br />
und Masterabsolventen in Qualität und Dauer gleich zu gestalten.<br />
Bei einer <strong>Neu</strong>fassung des Lehrerbildungsgesetzes soll das Zulassungsverfahren zum Vorbereitungsdienst<br />
vereinfacht werden. Zusätzlich wird eine Regelung vorbereitet, die Bewerberinnen und<br />
Bewerbern mit so genannten Bedarfsfächern den Zugang zum Vorbereitungsdienst erleichtert und<br />
sichert.<br />
Seit dem 01.02.<strong>2012</strong> werden die Lehramtsanwärterinnen und Lehramtsanwärter nach <strong>der</strong> neuen<br />
Ausbildungs- und Prüfungsordnung ausgebildet. Die in <strong>der</strong> Ausbildungs- und Prüfungsordnung<br />
bereits angelegte verän<strong>der</strong>te Gestaltung <strong>der</strong> Staatsprüfung (keine schriftliche Prüfungsarbeit, dafür<br />
ausbildungsbegleitende Modulprüfungen, am Prüfungstag nur noch die unterrichtspraktische Prüfung<br />
in zwei Fächern) wird durch die Verkleinerung <strong>der</strong> Prüfungskommission von sechs auf vier<br />
Mitglie<strong>der</strong> im neuen Lehrerbildungsgesetz abgeschlossen.<br />
Seite 6
Quer- und Seiteneinsteiger<br />
Zur Reform des Vorbereitungsdienstes<br />
Neben <strong>der</strong> Priorität für eine grundständige Lehrerausbildung werden Überlegungen angestellt, wie<br />
möglichst viele, am Berufsfeld Lehrer/in interessierte Studierende den Weg in einen Master of<br />
Education finden können. Hierzu werden Modelle diskutiert, Mono-Bachelor mit dem Zweitfach im<br />
Master zu konfrontieren ebenso wie Fachhochschulabsolventen in einem Masterstudiengang auf<br />
einen Master of Education vorzubereiten.<br />
Auch die Zulassungsregelung von nicht grundständig ausgebildeten Hochschulabsolventen für den<br />
Vorbereitungsdienst wird überarbeitet, um eine auf die Zielgruppe hin orientierte Ausbildung in <strong>der</strong><br />
zweiten Phase zu ermöglichen.<br />
Fort- und Weiterbildung<br />
Neben <strong>der</strong> Verankerung <strong>der</strong> Berufseingangsphase im neuen Gesetz wird auch die Weiterbildung<br />
neu geregelt. Weiterbildungsstudiengänge sollen durch die Universitäten in modularisierter Form<br />
angeboten und mit einem universitären Abschluss versehen, anschließend von <strong>der</strong> Senatsverwaltung<br />
für Bildung nur noch anerkannt werden.<br />
Insgesamt handelt es sich um einen spannenden Prozess, in dem ausgehend von den Erfahrungen<br />
mit den erprobten BA- und MA-Studiengängen eine an den Herausfor<strong>der</strong>ungen und den Bedürfnissen<br />
<strong>der</strong> Berliner Schule orientierten Lehrerausbildung gearbeitet wird.<br />
Andreas Stephan,<br />
Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft; Grundsatzangelegenheiten Lehrerbildung;<br />
Wahrnehmung <strong>der</strong> Leitung des Referats Lehrerbildung VI E (V)<br />
Kurswechsel bei voller Fahrt -<br />
Erste Erfahrungen mit dem Start in die Modularisierung des<br />
Berliner Vorbereitungsdienstes<br />
Trotz <strong>der</strong> langen Vorbereitungsphase war die Überraschung doch unübersehbar, als allen Beteiligten<br />
mit <strong>der</strong> Veröffentlichung <strong>der</strong> neuen Lehrerausbildungs- und Prüfungsordnung (VO VD) am<br />
19. November 20<strong>11</strong> schlagartig bewusst wurde, dass die umfangreichen Reformen bereits mit <strong>der</strong><br />
neuen Ausbildungsgruppe im Februar <strong>2012</strong> umgesetzt werden sollten. Viele Fragen schienen bis<br />
zu diesem Zeitpunkt eher kontrovers diskutiert, an<strong>der</strong>e noch gar nicht explizit gestellt worden zu<br />
sein:<br />
� Was bedeutet es konkret, wenn in Zukunft die Arbeit im Allgemeinen <strong>Seminar</strong> – und nur<br />
dort – in modularisierter Form erfolgt?<br />
� Welche Inhalte sollen in welcher Reihenfolge fortan verbindlich in allen <strong>Seminar</strong>en behandelt<br />
und von den Lehramtsanwärter/innen im Sinne des Kompetenzerwerbs auch in <strong>der</strong><br />
schulischen Praxis kompetent beherrscht werden?<br />
Seite 7
Zur Reform des Vorbereitungsdienstes<br />
Seite 8<br />
� Welche Konsequenzen würde die Reduzierung <strong>der</strong> Unterrichtsbesuche durch die <strong>Seminar</strong>leiter/innen<br />
einerseits für die Qualität <strong>der</strong> Beratung, an<strong>der</strong>erseits für die unterrichtspraktische<br />
Ausrichtung <strong>der</strong> <strong>Seminar</strong>arbeit haben?<br />
� Wie soll <strong>der</strong> Kompetenzerwerb in den neuen Modulprüfungsformen realistisch geprüft werden,<br />
welche Aufgabenformate bieten sich hierzu an und nach welchen Beurteilungskriterien<br />
sollen hier in Zukunft berlinweit vergleichbare Prüfungen stattfinden?<br />
� Und schließlich: Wie sollte in <strong>der</strong> Kürze <strong>der</strong> zur Verfügung stehenden Zeit die Zusammenarbeit<br />
innerhalb <strong>der</strong> Regionen so organisiert werden, dass auf <strong>der</strong> Basis kumulativ vernetzter<br />
und aufeinan<strong>der</strong> abgestimmter Ausbildungspläne einzelne Bausteine des Allgemeinen<br />
<strong>Seminar</strong>s bei unterschiedlichen <strong>Seminar</strong>leitern belegt werden können?<br />
Dies waren nur einige <strong>der</strong> Fragen, die sich insbeson<strong>der</strong>e den <strong>Seminar</strong>leiter/innen stellten, die bereits<br />
zum 1. Februar <strong>2012</strong> eine erste Ausbildungsgruppe aufnahmen. Vielleicht – so <strong>der</strong> zumindest<br />
partiell tröstliche Gedanke - muss es bei grundlegenden Reformen in <strong>der</strong> Tat so sein, dass irgendwann<br />
<strong>der</strong> Startschuss gesetzt wird und dann bei voller Fahrt Lösungen für Probleme gefunden<br />
werden müssen, für die es im Vorfeld häufig eher Bedenken und Zweifel gegeben hatte. Allerdings<br />
hätten – um im Bild zu bleiben – die Reisevorbereitungen durchaus etwas langfristiger und Ressourcen<br />
schonen<strong>der</strong> erfolgen dürfen. So blieb den Verantwortlichen in den Schulpraktischen <strong>Seminar</strong>en<br />
in vielen Fällen nichts an<strong>der</strong>es übrig, als erst einmal auf Sicht zu segeln und in vielfältigen<br />
Sitzungen und Arbeitstreffen gemeinsam erste und sicherlich noch weiter zu entwickelnde Antworten<br />
und Konzepte zu entwerfen, die hoffentlich auch in Zukunft die anerkannte Qualität des<br />
Berliner Vorbereitungsdienstes gewährleisten können.<br />
Die größte Herausfor<strong>der</strong>ung für die <strong>Seminar</strong>leiter/innen <strong>der</strong> neuen Gruppen bestand sicherlich darin,<br />
ad hoc Ausbildungspläne für die gesamte Ausbildungszeit von zwei Jahren zu entwickeln. 1<br />
Bestand bis dato ein zentrales Qualitätsmerkmal <strong>der</strong> Allgemeinen <strong>Seminar</strong>e in einer flexiblen Teilnehmerorientierung<br />
auf <strong>der</strong> Basis eines Kerncurriculums - im Sinne gezielt auf die Bedürfnisse und<br />
Wünsche <strong>der</strong> Lehramtsanwärter/innen ausgerichteter Ausbildungsveranstaltungen -, erfor<strong>der</strong>t die<br />
Modularisierung fortan eine detaillierte Vorabplanung aller Veranstaltungsangebote, die es den<br />
<strong>Seminar</strong>teilnehmer/innen im Idealfall ermöglicht, ihre eigenen, individuellen Ausbildungspläne zu<br />
konstruieren o<strong>der</strong> zumindest im Wahlbereich eigene Schwerpunkte zu setzen.<br />
Hierzu wurden in den <strong>Seminar</strong>en in Berlin, wie ein erster Überblick deutlich machte, recht unterschiedliche<br />
Konzeptionen entwickelt. Anhand des aktuellen Ausbildungsplans des 2. Schulpraktischen<br />
<strong>Seminar</strong>s Mitte sollen mögliche Bauprinzipien eines solchen Ausbildungsplans dargestellt<br />
und auf <strong>der</strong> Basis erster Erfahrungen kritisch reflektiert werden.<br />
Überlegungen zur Konzeption <strong>der</strong> modularisierten Ausbildungspläne<br />
Ausgangspunkt aller Planungen waren die im Handbuch Vorbereitungsdienst im November 20<strong>11</strong><br />
veröffentlichten gemeinsamen Module für die Lehramtsanwärter/innen <strong>der</strong> L- und S-Laufbahn.<br />
Nach den zum Teil negativen Erfahrungen in an<strong>der</strong>en Bundeslän<strong>der</strong>n mit einer zu großen Anzahl<br />
benoteter Module hat sich Berlin konsequent auf zwei Module beschränkt, die durch eine jeweilige<br />
Abschlussprüfung benotet und als Vornote in die Staatsexamensprüfung eingebracht werden: dem<br />
Modul „Unterrichten“ sowie „Erziehen und Innovieren“. Diese Module bestehen aus sechs bzw. vier<br />
Pflichtbausteinen (PBS), die in den Schulpraktischen <strong>Seminar</strong>en in unterschiedlicher Reihenfolge<br />
angeboten werden. Darüber hinaus werden zurzeit einzelne Wahlbausteine entwickelt, die die<br />
<strong>Seminar</strong>e teilnehmerorientiert anbieten.<br />
1 Auf die immensen Schwierigkeiten <strong>der</strong> L-<strong>Seminar</strong>leiter/innen, die identischen Ausbildungsinhalte auf ein<br />
Jahr zu reduzieren, soll an dieser Stelle zumindest hingewiesen werden.
Module des Berliner Vorbereitungsdienst<br />
Zur Reform des Vorbereitungsdienstes<br />
Modul „Unterrichten“ Modul „Erziehen und Innovieren“<br />
PBS 1: Grundlagen des Lehrerberufs PBS 1: Entwicklung<br />
PBS 2: Planung von Unterricht PBS 2: Wertevermittlung<br />
PBS 3: Sprachför<strong>der</strong>ung/Sprachbildung PBS 3: Konflikte und Gewaltprävention<br />
PBS 4: Unterrichtsarrangement PBS 4: Entwicklung <strong>der</strong> Berliner Schule<br />
PBS 5: Reflexion und Evaluation<br />
PBS 6: Inklusion I – Heterogenität wahrnehmen<br />
Wohl wissend, dass Lehramtsanwärter/innen in den Berliner Schulen bereits von Anfang an<br />
selbstständig und in eigener pädagogischer Verantwortung „unterrichten und erziehen, beurteilen<br />
und bewerten, beraten und betreuen“ (Berliner Schulgesetz, § 67) und damit die Inhalte aller Bausteine<br />
von nahezu gleicher Relevanz sind, galt es nun, einen Fahrplan zu entwickeln, <strong>der</strong> einerseits<br />
den Bedürfnissen <strong>der</strong> <strong>Seminar</strong>teilnehmer/innen nach eben dieser hohen Praxistauglichkeit<br />
gerecht wurde, an<strong>der</strong>erseits die einzelnen Teilgebiete systematisch so inhaltlich und zeitlich miteinan<strong>der</strong><br />
vernetzt, dass die Lehramtsanwärter/innen gezielt auf die Prüfungen vorbereitet werden<br />
können.<br />
► Im hier vorliegenden Ausbildungsplan beginnt die Ausbildung nach einem 30-stündigen Einführungskurs,<br />
in dem vorrangig die Grundlagen des Lehrerberufs (Organisation des Vorbereitungsdienstes,<br />
Aufgaben und rechtliche Stellung <strong>der</strong> Lehrkräfte und Schule, rechtliche Vorgaben für Unterricht<br />
und Erziehung,..) behandelt werden, mit dem für das Lehren und Lernen zentralen Modul<br />
„Unterrichten“. Diese Entscheidung orientiert sich unter an<strong>der</strong>em an den von <strong>der</strong> KMK veröffentlichten<br />
Standards für Lehrerbildung, in denen es heißt: „Lehrerinnen und Lehrer sind Fachleute<br />
für das Lehren und Lernen. Ihre Kernaufgabe ist die gezielte und nach wissenschaftlichen Erkenntnissen<br />
gestaltete Planung, Organisation und Reflexion von Lehr- und Lernprozessen sowie<br />
ihre individuelle Bewertung und systematische Evaluation. Die berufliche Qualität von Lehrkräften<br />
entscheidet sich an <strong>der</strong> Qualität ihres Unterrichts.“<br />
Trotz dieses scheinbar evidenten Begründungszusammenhangs ist die Entscheidung, Grundlagen<br />
<strong>der</strong> Erziehung und des Classroom-Managements erst im zweiten Ausbildungshalbjahr zu behandeln,<br />
durchaus nicht unproblematisch. Wenn Lehramtsanwärter/innen durch erhebliche Disziplinprobleme<br />
innerhalb ihrer Lerngruppe kaum strukturierten Unterricht durchführen können, helfen<br />
bekanntlich die besten Planungsmodelle nicht weiter. Da aber an<strong>der</strong>erseits „schlechter“ Unterricht<br />
Disziplinprobleme in vielen Fällen erst erzeugt, ist die Entscheidung an diesem Standort in Absprache<br />
mit den beteiligten Fachseminarleiter/innen letztlich zugunsten des Moduls Unterrichten<br />
getroffen worden. Auf eine prinzipiell auch denkbare Mischung <strong>der</strong> Module bzw. ein Vorziehen einzelner<br />
Teilbausteine des Moduls Erziehen ist im Hinblick auf eine gezieltere Vorbereitung und zeitnahe<br />
Durchführung <strong>der</strong> Modulprüfungen, die die Belegung von mindestens vier Bausteinen im Modul<br />
Unterrichten voraussetzt, verzichtet worden.<br />
► Eine zweite wichtige Entscheidung bestand darin, allen Bausteinen einen vergleichbaren zeitlichen<br />
Umfang von 5-6 <strong>Seminar</strong>veranstaltungen einzuräumen. Zum einen wurden die Bausteine<br />
bewusst so konzipiert, dass die Themengebiete für die Ausübung des Lehrerberufs alle von hoher<br />
Relevanz sind. Zum an<strong>der</strong>en soll durch diese Taktung mittelfristig eine Rhythmisierung innerhalb<br />
<strong>der</strong> Region ermöglicht werden, so dass die Lehramtsanwärter/innen an unterschiedlichen Standorten<br />
innerhalb einer Region <strong>Seminar</strong>e besuchen können.<br />
Seite 9
Zur Reform des Vorbereitungsdienstes<br />
► Die vielleicht wichtigste Frage bei <strong>der</strong> Konzeption <strong>der</strong> Ausbildungspläne war jedoch, wie es gelingen<br />
kann, dass die Lehramtsanwärter/innen im Sinne <strong>der</strong> Kompetenzorientierung nicht nur bestimmte<br />
Inhalte vermittelt bekommen, son<strong>der</strong>n in <strong>der</strong> Lage sind, diese Inhalte auch konkret anzuwenden,<br />
und gleichzeitig die <strong>Seminar</strong>struktur einen gewissen Modellcharakter für den zukünftigen<br />
Unterricht <strong>der</strong> Lehramtsanwärter/innen annimmt, denn: „Kompetenzorientierung im Vorbereitungsdienst<br />
stellt sich als doppelte Aufgabe dar. Angehende Lehrkräfte lernen, als Lehrende einen kompetenzorientierten<br />
Unterricht zu gestalten und werden dabei gleichzeitig als Lernende selbst kompetenzorientiert<br />
ausgebildet. Der ausbildungsdidaktische Imperativ for<strong>der</strong>t eine Ausbildung <strong>der</strong><br />
Lehramtsanwärter als Modellfall für <strong>der</strong>en Unterrichtstätigkeit.“ 2<br />
► Ein Kernelement des vorliegenden Ausbildungsplans sind deshalb die <strong>der</strong> Praxis entnommenen<br />
Lernprodukte, die zum Abschluss eines jeden Bausteins von den Lehramtsanwärter/innen zu erbringen<br />
sind. Diese Lernprodukte werden zurzeit in Diskussionen mit den Lehramtsanwärter/innen<br />
erprobt und weiter entwickelt; aktuell mögliche Lernprodukte sind beispielsweise 3 :<br />
� Erarbeitung eines kompetenzorientierten Unterrichtsentwurfs für die eigene Lerngruppe<br />
� Erarbeitung, Präsentation und Anleitung einer Unterrichtsmethode im <strong>Seminar</strong><br />
� Entwicklung und Präsentation von sprachsensiblen Lernaufgaben<br />
� Rollenspiel zum eigenen Umgang mit Gewalt durchführen und reflektieren<br />
� Konzept eines Anti-Mobbing-Trainings für eigene Lerngruppe entwickeln<br />
Bei diesen Beispielen handelt es sich ganz explizit um Lern- und nicht um Leistungsaufgaben; sie<br />
geben den Lehramtsanwärter/innen die Möglichkeit, über den eigenen Entwicklungsstand in diesem<br />
Baustein zu diskutieren und zu reflektieren. Insofern muss am Ende eines jeden Bausteins<br />
Zeit für diese Diskussion und Reflexion eingeräumt werden. 4 Gleichzeitig – so die damit verbundene<br />
Hoffnung – können diese Lernprodukte auch als Vorbereitung für die Modulprüfungen (Leistungssituation)<br />
genutzt werden. Aus diesem Grund sollen die Lernprodukte zusammen mit einigen<br />
gezielten Reflexionsaufgaben in individuellen Lernportfolios gesammelt und in gewissen Abständen<br />
systematisch reflektiert werden.<br />
► Zuletzt sollen zentrale Zeitfenster für die Modulprüfungen reserviert werden. In diesen Zeiträumen<br />
findet auf <strong>der</strong> Basis eines Unterrichtsbesuchs eine intensive Beratung <strong>der</strong><br />
Lehramtsanwärter/innen statt. Die zentralen Termine sollen auch die Organisation <strong>der</strong> Prüfungen<br />
erleichtern, wenngleich natürlich auch individuelle Termine eingeräumt werden.<br />
Auf <strong>der</strong> Basis dieser Überlegungen ist folgen<strong>der</strong> Ausbildungsplan entstanden, <strong>der</strong> zurzeit erprobt<br />
wird.<br />
2<br />
Josef Leisen, Aufgabenstellungen in Schule und Ausbildung, in: <strong>Seminar</strong> 4/20<strong>11</strong>, S. 57ff.<br />
3<br />
Die vollständige Auflistung <strong>der</strong> Lernprodukte ist dem folgenden Ausbildungsplan in den jeweiligen Bausteinen<br />
zu entnehmen.<br />
4<br />
Ein Tatbestand, <strong>der</strong> im einjährigen Vorbereitungsdienst o<strong>der</strong> auch bei einer einheitlichen Länge des Vorbereitungsdienstes<br />
von 18 Monaten, so nicht realisiert werden kann.<br />
Seite 10
Ausbildungsplan des 2. SPS Berlin - Mitte (S)<br />
Themen <strong>der</strong> <strong>Seminar</strong>sitzung<br />
Zur Reform des Vorbereitungsdienstes<br />
Inhalte und Lernprodukte des Bausteins<br />
PBS U1: Grundlagen des Lehrerberufs<br />
Einführungsseminar (1.-6.2.<strong>2012</strong>)<br />
• Organisation des Vorbereitungsdienstes,<br />
Handbuch VD, VO VD; Modularisierung,<br />
Was erwartet mich im Referendariat?<br />
Modulprüfungsformate<br />
Was ist eigentlich „guter“ Unterricht?<br />
• Aufgaben und rechtl. Stellung <strong>der</strong> Lehrkräfte<br />
und <strong>der</strong> Schule<br />
Wie „mache“ ich meinen ersten Unterricht? • Schulgesetz, Aufsichtsführung, Schul- und<br />
„Meine“ Schülerinnen und Schüler – „meine“<br />
Schule<br />
•<br />
Hausordnung<br />
Lehrerbiographie und -verhalten, Rollenreflexion<br />
• Rechtliche Vorgaben für Unterricht und Erziehung<br />
(Rahmenlehrpläne, Standards)<br />
>>Lernprodukt:<br />
Lernportfolio Referendariat gestalten<br />
PBS U2: Planung von Unterricht<br />
Einführungsseminar (1.-6.2.<strong>2012</strong>)<br />
• Kriterien guten Unterrichts<br />
Kriterien guten Unterrichts;<br />
Kompetenzen/Standards und <strong>der</strong>en Erwerb;<br />
• Kompetenzen/Standards und <strong>der</strong>en Erwerb<br />
Fachlich/inhaltliche Schwerpunktsetzung in • Kompetenzorientierte Unterrichtsmodelle<br />
den Lehr- und Lernprozessen; Rahmenlehrpläne<br />
und Standards als fachspezifische Planungsgrundlage<br />
6.2.<strong>2012</strong><br />
•<br />
(Unterrichtsstunden, Unterrichtseinheiten)<br />
Ergebnisse <strong>der</strong> Lernforschung und <strong>Neu</strong>robiologie,<br />
Konstruktivismus<br />
Diagnose von Lernvoraussetzungen, Heterogenität,<br />
Individualisierung und Differenzierung<br />
13.2.<strong>2012</strong><br />
• Diagnose von Lernvoraussetzungen, Heterogenität,<br />
Individualisierung und Differenzierung<br />
Struktur und Zielsetzung kompetenzorientierter<br />
Unterrichtsentwürfe;<br />
Kompetenzen/Standards und <strong>der</strong>en Erwerb II<br />
20.2.<strong>2012</strong><br />
Wie „unterrichtet“ man Kompetenzen? Aktuelle<br />
• Fachlich/inhaltliche Schwerpunktsetzung in<br />
den Lehr- und Lernprozessen; Rahmenlehrpläne<br />
und Standards als fachspezifische<br />
Planungsgrundlage<br />
Ansätze und Ergebnisse <strong>der</strong> Lernforschung • Lernför<strong>der</strong>liche Strukturierung und Phasie-<br />
27.2.<strong>2012</strong><br />
rung von Unterricht<br />
Lernför<strong>der</strong>liche Strukturierung und Phasierung<br />
von Unterricht - <strong>der</strong> Kompetenzfermenter als<br />
mittelfristiges Planungsmodell<br />
• Struktur und Zielsetzung kompetenzorientierter<br />
Unterrichtsentwürfe<br />
5.3.<strong>2012</strong><br />
>>Lernprodukt:<br />
Lernprodukte präsentieren und diskutieren Kompetenzorientierten Unterrichtsentwurf<br />
für die eigene Lerngruppe<br />
PBS U4: Unterrichtsarrangement<br />
12.3.<strong>2012</strong><br />
• Personale und materiale Steuerungstechni-<br />
Gestaltung von Lernarrangements;<br />
ken<br />
Personale und materiale Steuerungstechniken<br />
19.3.<strong>2012</strong><br />
Lehrerverhalten, verbale und nonverbale<br />
Kommunikationstechniken; Unterrichtsgespräche<br />
führen<br />
• Funktionaler Einsatz von Methoden, Arbeitsund<br />
Sozialformen in sinnvoller Balance zwischen<br />
direkter Instruktion und Schüleraktivierung<br />
26.3.<strong>2012</strong><br />
• Kooperative Lernformen<br />
Konzeption und Arrangement von Lernaufgaben;<br />
Ergebnissicherungen<br />
• Lehrerverhalten, verbale und nonverbale<br />
Seite <strong>11</strong>
Zur Reform des Vorbereitungsdienstes<br />
16.4.<strong>2012</strong><br />
Methodenworkshop (Vorbereitung)<br />
Kooperative Lernformen<br />
Funktionaler Einsatz von Methoden, Arbeits-<br />
und Sozialformen in sinnvoller Balance zwischen<br />
direkter Instruktion und Schüleraktivie-<br />
rung<br />
23.4.<strong>2012</strong> – 7.5.<strong>2012</strong><br />
Methodenworkshop (Durchführung und<br />
Auswertung)<br />
14.5.<strong>2012</strong><br />
Diagnose von Entwicklungs- und Lernstän-<br />
Seite 12<br />
Kommunikationstechniken, Verwendung geeigneter<br />
Operatoren<br />
• Gestaltung von Lernumgebungen<br />
• Ergebnissicherungen<br />
• Funktionaler Medieneinsatz<br />
>>Lernprodukt:<br />
Erarbeitung, Präsentation und Anleitung einer<br />
Methode im Methoden-Workshop<br />
PBS U6 Inklusion I<br />
• Diagnose von Entwicklungs- und Lernständen <br />
den/Lernausgangslagen<br />
21.5.<strong>2012</strong><br />
• Erfassung von Lernausgangslagen<br />
Bezugsnormen, Kriterien und Instrumente <strong>der</strong> • Diagnostische Zugänge, z.B. Lernentwick-<br />
mündlichen Leistungsbeurteilung ( Portfolioarlungsgespräche. individuelle Lernberatung,<br />
beit, Kompetenzraster,..)<br />
För<strong>der</strong>gespräche<br />
28.5.<strong>2012</strong><br />
Bezugsnormen, Kriterien und Instrumente <strong>der</strong><br />
schriftlichen Leistungsbeurteilung<br />
• Inklusive Pädagogik; son<strong>der</strong>pädagogische<br />
För<strong>der</strong>ung<br />
4.6.<strong>2012</strong><br />
• Bezugsnormen, Kriterien und Instrumente<br />
Beratungssituationen, z.B. Lernent-<br />
<strong>der</strong> mündlichen und schriftlichen Leistungswicklungsgespräche.<br />
individuelle Lernberabeurteilung ( Portfolioarbeit, Kompetenzrastung,<br />
För<strong>der</strong>gespräche<br />
ter,..)<br />
<strong>11</strong>.6.<strong>2012</strong><br />
Inklusive Pädagogik<br />
• Schulrechtliche Vorschriften zum Thema<br />
18.6.<strong>2012</strong><br />
>>Lernprodukt: Lerngruppendiagnostik /<br />
Lernprodukte präsentieren und diskutieren Leistungsbeurteilung erstellen<br />
PBS U5: Reflexion und Evaluation<br />
6.8.<strong>2012</strong><br />
• Instrumente <strong>der</strong> mündlichen und schriftlichen<br />
Instrumente <strong>der</strong> mündlichen und schriftlichen Reflexion und Evaluation von Unterricht<br />
Reflexion und Evaluation von Unterricht<br />
13.8.<strong>2012</strong><br />
Interne und externe Evaluation, Schulinspektion,<br />
Evaluationsportal<br />
• Interne und externe Evaluation, Schulinspektion,<br />
Evaluationsportal; schulrechtliche Vorschriften<br />
zum Thema<br />
20.8.<strong>2012</strong><br />
• Training <strong>der</strong> Unterrichtsanalyse<br />
Konzepte kollegialer, bedürfnisbezogener Unterrichtshospitationen,<br />
Unterrichts-coaching<br />
27.8.<strong>2012</strong><br />
Training <strong>der</strong> Unterrichtsanalyse anhand von<br />
• Konzepte kollegialer, bedürfnisbezogener<br />
Unterrichtshospitationen, Unterrichtscoaching<br />
Unterrichtsmitschnitten;<br />
• Reflexion des eigenen beruflichen Handelns<br />
reflektierte Beobachtung von Unterricht<br />
>> Lernprodukt: Unterrichtsevaluation<br />
durchführen und reflektieren<br />
10.-24.9.<strong>2012</strong><br />
Individuelle Beratungsgespräche<br />
Vorbereitung <strong>der</strong> Modulprüfungen zum Modul Prüfungsformate und – inhalte<br />
Unterrichten, Modulprüfungen, Einzelberatungen<br />
Kompetenzentwicklung
15.10.<strong>2012</strong><br />
Spezifische Entwicklungsaufgaben und –<br />
prozesse ;Theorien <strong>der</strong> Sozialisation von<br />
Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen<br />
22.10.<strong>2012</strong><br />
Schule in <strong>der</strong> Einwan<strong>der</strong>ungsgesellschaft<br />
Konzepte <strong>der</strong> Interkulturalität<br />
29.10.<strong>2012</strong><br />
Jungen, Mädchen, Diversity – Vielfalt <strong>der</strong><br />
Entwicklung<br />
5.<strong>11</strong>.<strong>2012</strong><br />
Beratungsgespräche planen<br />
12.<strong>11</strong>.<strong>2012</strong><br />
Beratungsgespräche durchführen und reflektieren<br />
19.<strong>11</strong>.<strong>2012</strong><br />
Erziehungsziele, Werteerziehung<br />
Aufgaben <strong>der</strong> politischen Bildung<br />
26.<strong>11</strong>.<strong>2012</strong><br />
Strategien zur Einübung eigenverantwortlichen<br />
Handelns und Urteilen; Umgang mit<br />
Moralvorstellungen<br />
3.12.<strong>2012</strong><br />
Prävention von Unterrichtsstörungen, Training<br />
von Classroom-Management<br />
10.12.<strong>2012</strong><br />
Reaktion auf Unterrichtsstörungen<br />
Schulrechtliche Bestimmungen<br />
17.12.<strong>2012</strong><br />
Feedback-Gespräche<br />
7.1.2013<br />
Lernprodukte präsentieren und diskutieren<br />
PBS E1: Entwicklung<br />
PBS E 2: Wertevermittlung<br />
Zur Reform des Vorbereitungsdienstes<br />
• Spezifische Entwicklungsaufgaben und –<br />
prozesse beim Unterrichten und Erziehen<br />
• Theorien <strong>der</strong> Sozialisation von Kin<strong>der</strong>n<br />
und Jugendlichen<br />
• Jungen, Mädchen, Diversity – Vielfalt <strong>der</strong><br />
Entwicklung<br />
• Training von Beratungsgesprächen<br />
• Schule in <strong>der</strong> Einwan<strong>der</strong>ungsgesellschaft<br />
• Konzepte <strong>der</strong> Interkulturalität, Reflexion<br />
subjektiver Theorien<br />
• Migrationshintergründe<br />
>>Lernprodukt:<br />
Beratungsgespräch planen, durchführen<br />
und reflektieren<br />
• Erziehungsziele, Werteerziehung<br />
• Aufgaben <strong>der</strong> politischen Bildung<br />
• Strategien und Handlungsformen zur<br />
Einübung eigenverantwortlichen Handelns<br />
und Urteilen<br />
• Prävention und Reaktion von Unterrichtsstörungen,<br />
Training von Classroom-<br />
Management<br />
• Schulrechtliche Bestimmungen, Erziehungs-<br />
und Ordnungsmaßnahmen nach<br />
dem Berliner Schulgesetz<br />
>>Lernprodukt:<br />
Prozess-Portfolio zu individuellen Maßnahmen<br />
und Erfahrungen im Classroom-<br />
Management<br />
PBS E 3: Konflikte und Gewaltprävention<br />
14.1.2013<br />
• Gewaltprävention in <strong>der</strong> Schule<br />
Gewalt und Gewaltprävention in <strong>der</strong> Schule;<br />
Links- und Rechtsextremismus<br />
21.1.2013<br />
• Mobbing und Mediation; Konfliktlotsen<br />
und Streitschlichterprogramme<br />
Mobbing und Mediation; Konfliktlotsen und • Suchtprophylaxe<br />
Streitschlichterprogramme<br />
28.1.2013<br />
Ziele und Methoden <strong>der</strong> Suchtprophylaxe<br />
<strong>11</strong>.2.2013<br />
Exkursion: Kooperation mit Erziehungs-<br />
• Kooperation mit Erziehungsberechtigten<br />
und außerschulischen Institutionen; z. B.<br />
Schulpsychologie, Erziehungsberatungsstellen,<br />
Jugendeinrichtungen<br />
berechtigten und außerschulischen Institutionen;<br />
z. B. Schulpsychologie, Erziehungsberatungsstellen,<br />
…<br />
18.2.2013 Rollenspiele zum eigenen Umgang<br />
mit Gewalt in <strong>der</strong> Schule<br />
• Expertengespräche mit Polizei und LKA<br />
>>Lernprodukt:<br />
Rollenspiel zum eigenen Umgang mit<br />
Gewalt durchführen und reflektieren/<br />
o<strong>der</strong>: Konzept eines Anti-Mobbing-<br />
Training für eigene Lerngruppe entwickeln/<br />
o<strong>der</strong>:<br />
Unterrichtsarrangements zum Thema<br />
„Konflikte friedlich lösen“ entwickeln<br />
Seite 13
Zur Reform des Vorbereitungsdienstes<br />
25.2.-<strong>11</strong>.3.2013<br />
Vorbereitung <strong>der</strong> Modulprüfungen zum Modul<br />
Erziehen und Innovieren, Modulprüfungen,<br />
Einzelberatungen<br />
Seite 14<br />
Individuelle Beratungsgespräche<br />
Prüfungsformate und – inhalte<br />
Kompetenzentwicklung<br />
PBS U3: Sprachför<strong>der</strong>ung/ Sprachbildung<br />
18.3.2013<br />
• Konzept <strong>der</strong> Bildungssprache<br />
Leseför<strong>der</strong>ung / Sprachför<strong>der</strong>ung<br />
Konzept <strong>der</strong> Bildungssprache<br />
8.4.2013<br />
• Konstruktion und Einsatz von Lernaufgaben<br />
Methoden zum Wechsel <strong>der</strong> Darstellungs- • Methoden zum Wechsel <strong>der</strong> Darstelformen<br />
und zum Aufbau von Begriffsnetzen lungsformen und zum Aufbau von Be-<br />
15.4.2013<br />
griffsnetzen<br />
Entwicklung und Erprobung sprachsensibler<br />
Planungsraster /abgestufter Lernhilfen<br />
22.4.2013<br />
• Entwicklung und Erprobung sprachsensibler<br />
Planungsraster<br />
Konstruktion und Einsatz sprachsensibler • Entwicklung und Erprobung von abge-<br />
Lernaufgaben<br />
29.4.2013<br />
Lernprodukte präsentieren und diskutieren<br />
stuften Lernhilfen<br />
6.5.2013<br />
Individualisierter und differenzierter Unterricht;<br />
Arbeit mit Kompetenzrastern und Lern-<br />
büros; Ebenen <strong>der</strong> Differenzierung<br />
13.5.2013<br />
Theorie und Praxis <strong>der</strong> Projektmethode<br />
Offener und projektorientierter Unterricht<br />
27.5.2013<br />
Planung eines Unterrichtsprojekts<br />
3.-10.6.2013<br />
Durchführung und Dokumentation eines Unterrichtsprojekts<br />
17.6.2013<br />
Lernprodukte präsentieren und diskutieren<br />
5.8.2013<br />
Evaluation <strong>der</strong> <strong>Seminar</strong>arbeit;<br />
Reflexion <strong>der</strong> Kompetenzentwicklung<br />
12.8.2013<br />
Struktur und Entwicklungslinien <strong>der</strong> Berliner<br />
Schule<br />
19.8.2013<br />
Gremien <strong>der</strong> Schule, ihre Zusammensetzung<br />
und Aufgaben<br />
Schulrechtliche Bestimmungen<br />
26.8.2013<br />
Schulprogrammentwicklung<br />
Handlungsrahmen Schulentwicklung<br />
2.9.2013<br />
Exkursion: Modellschule, außerschulische<br />
Lernorte<br />
9.9.2013<br />
Lernprodukte präsentieren und diskutieren<br />
16.9.2013 – 24.<strong>11</strong>.2013<br />
weitere Wahl- o<strong>der</strong> Vertiefungsbausteine<br />
WBS U3: Inklusion II<br />
>>Lernprodukt:<br />
Differenzierte sprachsensible Lernaufgaben<br />
für eigene Lerngruppe entwickeln<br />
• Individualisierter und differenzierter Unterricht<br />
• Arbeit mit Kompetenzrastern und Lernbüros<br />
• Ebenen <strong>der</strong> Differenzierung<br />
PBS E4: Entwicklung <strong>der</strong> Berliner Schule<br />
• Theorie und Praxis <strong>der</strong> Projektmethode<br />
• Offener und projektorientierter Unterricht<br />
>>Lernprodukt: Planung, Durchführung<br />
und Dokumentation eines Unterrichtsprojekts<br />
Die LAA evaluieren die <strong>Seminar</strong>arbeit und<br />
reflektieren ihre eigene Kompetenzentwicklung<br />
anhand <strong>der</strong> Lernportfolios.<br />
• Struktur und Entwicklungslinien <strong>der</strong> Berliner<br />
Schule<br />
• Schulprogrammentwicklung<br />
• Gremien <strong>der</strong> Schule, ihre Zusammensetzung<br />
und Aufgaben<br />
• Schulrechtliche Bestimmungen<br />
• Modellschulen in und außerhalb Berlins<br />
• Schule an außerschulischen Lernorten<br />
>>Lernprodukt: Präsentation eines<br />
Schulentwicklungsprojekts<br />
o<strong>der</strong>: Vorbereitung/Leitung einer Ex-<br />
kursion<br />
nach Absprache mit <strong>Seminar</strong>teilnehmer/innen
Erste Erfahrungen mit dem modularisierten <strong>Seminar</strong>angebot<br />
Zur Reform des Vorbereitungsdienstes<br />
Selbstverständlich ist es nach drei durchgeführten Bausteinen viel zu früh, verlässliche Aussagen<br />
über die neue Struktur zu treffen. Dennoch sind bereits erste Erfahrungen gemacht, die Anlass<br />
geben, bestimmte Entscheidungen zu überdenken bzw. den eingeschlagenen Weg konsequenter<br />
fortzuführen. Im Folgenden sollen die Ergebnisse einer kurzen Zwischenevaluation vorgestellt und<br />
durch die Erfahrungen <strong>der</strong> <strong>Seminar</strong>leitung ergänzt werden.<br />
Den <strong>Seminar</strong>teilnehmer/innen wurden dreizehn geschlossene Fragen in Bezug auf die neue Ausbildungsstruktur<br />
gestellt; darüber hinaus hatten sie die Möglichkeit, ein eigenes „Zwischenfazit gegen<br />
Ende des ersten Ausbildungshalbjahres“ zu formulieren. Die Ergebnisse zeigten bei einzelnen<br />
signifikanten Abweichungen insgesamt ein überwiegend erfreuliches Bild dieser Anfangsphase.<br />
Zwischenevaluation <strong>der</strong> Arbeit im Allgemeinen<br />
<strong>Seminar</strong><br />
Der Ausbildungsfahrplan des Allgemeinen<br />
<strong>Seminar</strong>s ist transparent.<br />
Die Inhalte werden planungsgemäß<br />
durchgeführt.<br />
Die Inhalte sind praxisrelevant in Bezug<br />
auf meinen schulischen Alltag.<br />
Die Inhalte des Allgemeinen <strong>Seminar</strong>s<br />
richten sich flexibel nach den Interessen<br />
<strong>der</strong> Teilnehmer/innen.<br />
Die methodische Gestaltung des Allgemeinen<br />
<strong>Seminar</strong>s ist abwechselnd und<br />
aktivierend.<br />
Die Verbindung <strong>der</strong> Bausteine mit Lernaufgaben<br />
ist sinnvoll und lernför<strong>der</strong>lich.<br />
Die Arbeit mit einem Portfolio hilft mir bei<br />
<strong>der</strong> Organisation und Reflexion meines<br />
Lernprozesses.<br />
Die Modulbausteine sind sinnvoll strukturiert.<br />
Durch die <strong>Seminar</strong>e fühle ich mich gut<br />
auf die Modulprüfungen vorbereitet.<br />
Der zeitliche Umfang <strong>der</strong> Bausteine ist<br />
angemessen.<br />
Das Klima im Allgemeinen <strong>Seminar</strong> ist<br />
angstfrei und lernför<strong>der</strong>lich.<br />
Durch häufigere Unterrichtsbesuche<br />
durch den <strong>Seminar</strong>leiter würde die praktische<br />
Umsetzung <strong>der</strong> <strong>Seminar</strong>inhalte<br />
besser geför<strong>der</strong>t werden.<br />
Die Gestaltung von zeitlichen Fenstern<br />
für die Modulprüfungen hilft <strong>der</strong> Organisation<br />
und Vorbereitung.<br />
trifft beson<strong>der</strong>s<br />
zu<br />
trifft zu trifft teilweise<br />
zu<br />
trifft<br />
nicht<br />
zu<br />
80% 15% 5% - -<br />
85% 15% - - -<br />
35% 35% 30% - -<br />
keine<br />
Angabe<br />
5% 35% 45% 5% 10%<br />
40% 50% 10% - -<br />
15% 60% 25% - -<br />
- 15% 35% 35% 15%<br />
10% 70% 20% - -<br />
- 45% 25% 10% 20%<br />
15% 70% 5% - 20%<br />
100% - - - -<br />
10% 15% 30% 35% 10%<br />
20% 60% 15% - 5%<br />
► Schon jetzt lässt sich festhalten, dass die themengenaue Planung <strong>der</strong> <strong>Seminar</strong>sitzungen zu<br />
einer hohen Transparenz (95%) und Verlässlichkeit (100%) <strong>der</strong> Ausbildungsinhalte und zu einer –<br />
so auch mein persönlicher Eindruck – deutlich effektiveren und methodisch variableren Gestaltung<br />
<strong>der</strong> <strong>Seminar</strong>sitzungen (90%) führt. Die Modulbausteine werden als sinnvoll strukturiert (80%) und<br />
vom zeitlichen Umfang als überwiegend angemessen (85%) wahrgenommen. Allerdings bleibt<br />
sehr wenig Spielraum, auf die individuellen Wünsche <strong>der</strong> Teilnehmerinnen und Teilnehmer einzu-<br />
Seite 15
Zur Reform des Vorbereitungsdienstes<br />
gehen (40%). Dies wird auch in den persönlichen Zwischenfazits thematisiert: „Für einige Punkte,<br />
die mir persönlich wichtig sind, würde ich mir ein wenig mehr Raum/Zeit wünschen. Ich habe das<br />
Gefühl, dass die Bausteine sehr straff aufeinan<strong>der</strong> aufbauen, <strong>der</strong> gesamte Moduldurchgang recht<br />
sportlich ist. Bei ein bisschen mehr Zeit könnte man das <strong>Seminar</strong> sicherlich direkter an das Interesse<br />
<strong>der</strong> Teilnehmer ausrichten.“<br />
So gewinnbringend es bei diesem ersten Durchgang auch war, alle <strong>Seminar</strong>sitzungen themengenau<br />
vorzubereiten, um einen Überblick zu gewinnen, was in <strong>der</strong> vorhandenen Zeit tatsächlich zu<br />
schaffen ist, so scheint auf Dauer doch eine offenere Gestaltung <strong>der</strong> <strong>Seminar</strong>sitzungen überdenkenswert.<br />
Allerdings sollten weiterhin aus Gründen <strong>der</strong> Transparenz eine feste Zeitstruktur, ein<br />
Lernprodukt sowie ein Inhaltsangebot für jeden Baustein vorliegen.<br />
► Überhaupt hat sich die systematische Integration von Lernprodukten in die <strong>Seminar</strong>arbeit als<br />
überaus positiv erwiesen. Dies wird auch von einer deutlichen Mehrheit <strong>der</strong> Lehramtsanwärter/innen<br />
bestätigt (75%), obwohl damit ja zum Teil ein erheblicher zusätzlicher Arbeitsaufwand<br />
verbunden ist. Da je<strong>der</strong> Baustein mit <strong>der</strong> Vorstellung und Diskussion <strong>der</strong> zu erwartenden Lernprodukte<br />
beginnt, sind einerseits die Anfor<strong>der</strong>ungen für die <strong>Seminar</strong>teilnehmer/innen von vornherein<br />
klar formuliert, an<strong>der</strong>erseits wird hiermit ein praktisch relevanter Kompetenzerwerb sichtbar realisiert.<br />
O<strong>der</strong> wie es in einem Zwischenfazit pointiert formuliert wird: „Gut finde ich die Idee mit den<br />
Lernprodukten. Ich persönlich habe dadurch ein Erfolgserlebnis.“ Allerdings sollte die Auswahl an<br />
möglichen Lernprodukten noch erweitert und deutlicher an die spezifischen Interessen <strong>der</strong> <strong>Seminar</strong>teilnehmer/innen<br />
angepasst werden.<br />
► Ganz entgegengesetzt sind die Erfahrungen mit dem im Einführungsseminar vorgestellten<br />
Lernportfolio. Nur 15% <strong>der</strong> Befragten finden die Arbeit mit einem Portfolio hilfreich bei <strong>der</strong> Organisation<br />
und Reflexion des eigenen Lernprozesses. Dies liegt sicherlich weniger an dem Instrument<br />
Portfolio als an <strong>der</strong> konkreten Umsetzung in <strong>der</strong> <strong>Seminar</strong>arbeit. Die Kritikpunkte lauten übereinstimmend:<br />
„zu wenig Zeit“, „fehlende Reflexionszeiten innerhalb des <strong>Seminar</strong>s“. Die Konsequenzen<br />
liegen auf <strong>der</strong> Hand: Entwe<strong>der</strong> müsste man dem Portfolio einen größeren Raum in <strong>der</strong><br />
<strong>Seminar</strong>arbeit einräumen, was aber aufgrund <strong>der</strong> Rahmenbedingungen und des notwendigen<br />
Zeitbedarfs für die Diskussion <strong>der</strong> Lernprodukte nur begrenzt möglich ist, o<strong>der</strong> es ganz einstellen.<br />
Alternativ wäre auch ein Wahlbaustein zu diesem Themenbereich denkbar.<br />
► Zwiespältig ist auch <strong>der</strong> Eindruck <strong>der</strong> Lehramtsanwärter/innen, inwiefern sie gut auf die Modulprüfungen<br />
vorbereitet werden (45%). Dies liegt zum einen sicherlich daran, dass die konkrete<br />
Ausgestaltung <strong>der</strong> Modulprüfungsformate zur Zeit noch erarbeitet wird und die Informationen deshalb<br />
noch nicht mit <strong>der</strong> gewünschten Prägnanz erfolgen konnten. Zum an<strong>der</strong>en ist es in <strong>der</strong> Tat<br />
schwierig, diese Frage vor den Prüfungen realistisch zu beantworten, wie in vielen Kommentaren<br />
auch bestätigt wird. „In Bezug auf die Modulprüfung ist jetzt noch kein Urteil möglich.“ Die Gestaltung<br />
von festen zeitlichen Fenstern für die Modulprüfungen wird jedoch von <strong>der</strong> überwiegenden<br />
Mehrheit (80%) als hilfreich für <strong>der</strong>en Organisation und Vorbereitung empfunden.<br />
► Während aus Sicht <strong>der</strong> <strong>Seminar</strong>leitung die Reduzierung <strong>der</strong> Unterrichtsbesuche ein deutliches<br />
Manko darstellt, da <strong>der</strong> konkrete Kompetenzerwerb im Unterricht nur noch partiell wahrgenommen<br />
werden kann und sich somit nur noch sehr begrenzt auf die Schwerpunktsetzung <strong>der</strong><br />
<strong>Seminar</strong>arbeit auswirkt, wird dies von den <strong>Seminar</strong>teilnehmern – zumindest zu diesem Zeitpunkt<br />
<strong>der</strong> Ausbildung - offensichtlich an<strong>der</strong>s beurteilt. Alle Befragten konstatierten das Klima im <strong>Seminar</strong><br />
als beson<strong>der</strong>s angstfrei und lernför<strong>der</strong>lich (100%); gleichzeitig glaubt nur ein geringer Teil (25%),<br />
dass durch häufigere Unterrichtsbesuche die praktische Umsetzung <strong>der</strong> <strong>Seminar</strong>inhalte besser<br />
geför<strong>der</strong>t werden könnte (25%). Der direkte Zusammenhang dieser beiden Aspekte wird in mehreren<br />
Kommentaren konkret benannt: „Dadurch, dass <strong>der</strong> <strong>Seminar</strong>leiter nicht mehr in die Unterrichtsbesuche<br />
eingebunden ist, ist m.E. eine gute Lernatmosphäre gewährleistet.“ Ob damit allerdings<br />
auch die praktische Kompetenzentwicklung in dem bekannten und gewünschten Maße einhergeht,<br />
wird erst die Zukunft erweisen.<br />
Seite 16
Die nächsten Schritte<br />
Zur Reform des Vorbereitungsdienstes<br />
Das Ziel des Kurswechsels ist klar definiert: Die Modularisierung soll „<strong>der</strong> verstärkten Zusammenarbeit<br />
zwischen den Ausbildungsorten“ dienen und den „Lehramtsanwärterinnen und Lehramtsanwärtern<br />
eine flexiblere und individuellere Organisation ihrer Ausbildung“ ermöglichen. 5 Um diesem<br />
Ziel zumindest näher zu kommen, dies zeigen die Erfahrungen bereits jetzt, sind aber noch weitere<br />
erhebliche Anstrengungen zu unternehmen - und dies weiterhin bei voller Fahrt, d.h. unter Inanspruchnahme<br />
aller personellen und sachlichen Ressourcen, voraus.<br />
► Unabdingbar ist es sicherlich, die Erfahrungen innerhalb <strong>der</strong> Allgemeinen <strong>Seminar</strong>e systematisch<br />
aufzuarbeiten und auszuwerten. Insbeson<strong>der</strong>e sollte die Wirksamkeit <strong>der</strong> unterschiedlichen<br />
<strong>Seminar</strong>modelle durch eine berlinweite Evaluation und Befragung <strong>der</strong> Lehramtsanwärter/innen<br />
analysiert werden. Spätestens nach dem ersten Ausbildungsdurchgang sollte dies durch eine unabhängige<br />
Evaluation geschehen.<br />
Hierbei müssten auch die Erfahrungen mit den neuen Modulprüfungsformaten berücksichtigt werden,<br />
<strong>der</strong>en konkrete Ausgestaltung zurzeit erfolgt. 6 Die intensive Diskussion <strong>der</strong> <strong>Seminar</strong>leiter/<br />
innen um die Gestaltung dieser Prüfungsformen hat noch einmal deutlich gemacht, dass durch die<br />
Reformen die Kommunikation in den <strong>Seminar</strong>en und zwischen den <strong>Seminar</strong>en deutlich zugenommen<br />
hat und sich mehr und mehr ein fundiertes gemeinsames Grundverständnis des Lehren<br />
und Lernens entwickelt. Allerdings sind die organisatorischen Fragen, die mit den Modulprüfungen<br />
verbunden sind, in den meisten Fällen noch gar nicht geklärt. Welche zusätzlichen Arbeiten kommen<br />
durch die notwendigen individuellen Beratungen, Aufgabenstellungen, Prüfungen und Korrekturen<br />
auf die Sekretariate, Fachseminarleitungen, Schul- und <strong>Seminar</strong>leiter/innen zu? Welche<br />
Organisationsformen und Verfahren erweisen sich für alle Beteiligten als fair und effizient? Inwiefern<br />
haben sich die Aufgabenstellungen als funktional für den Nachweis <strong>der</strong> fachlichen Kompetenzentwicklung<br />
erwiesen? Auch diese Fragen sollten systematisch aufbereitet und ausgewertet werden.<br />
► Unabdingbare Voraussetzung für eine individuellere Organisation <strong>der</strong> Ausbildung ist ein inhaltlich<br />
und zeitlich differenziertes Angebot an <strong>Seminar</strong>veranstaltungen. Dies kann an einem Standort<br />
wie Berlin-Mitte, an dem zurzeit lediglich zwei Schulpraktische <strong>Seminar</strong>e beheimatet sind, naturgemäß<br />
nicht in dem gewünschten Ausmaß realisiert werden. Aus diesem Grunde ist eine verstärkte<br />
Zusammenarbeit innerhalb <strong>der</strong> drei Regionen, in die <strong>der</strong> Vorbereitungsdienst in Berlin aufgeteilt<br />
ist, alternativlos. Noch fehlen in vielen Fällen jedoch vernetzte und aufeinan<strong>der</strong> abgestimmte<br />
Ausbildungspläne, mangelt es an <strong>der</strong> für die Lehramtsanwärter/innen notwendigen Transparenz,<br />
welchen Baustein sie wann und wo und möglichst auch mit welchem Schwerpunkt belegen können.<br />
Hier müssten zum einen die Konzeptionen <strong>der</strong> jeweiligen <strong>Seminar</strong>leitungen intensiver aufeinan<strong>der</strong><br />
abgestimmt werden, zum an<strong>der</strong>en müssten die digitalen Lernräume, die im lo-net bereits<br />
eingerichtet wurden, konsequenter mit den aktuellen Daten bestückt und gepflegt werden.<br />
► Auch wenn sich die Modularisierung aufgrund <strong>der</strong> spezifischen Bedingungen des Berliner Vorbereitungsdienstes<br />
zuerst einmal auf die Allgemeinen <strong>Seminar</strong>e bezieht, sollten mittelfristig die<br />
„Veranstaltungen <strong>der</strong> Allgemeinen <strong>Seminar</strong>e und <strong>der</strong> Fachseminare entsprechend den Ausbildungsmodulen<br />
aufeinan<strong>der</strong> ab[ge]stimm[t]“ werden (§ 8 VO VD). Dieser Abstimmungsprozess wird<br />
jedoch zur Zeit noch aus vielerlei Gründen erschwert, insbeson<strong>der</strong>e durch die Jahrgangsheterogenität<br />
in den Fachseminaren sowie <strong>der</strong> Tatsache, dass sich in manchen Fachseminaren Lehramtsanwärter/innen<br />
aus fünf o<strong>der</strong> sechs verschiedenen Allgemeinen <strong>Seminar</strong>en befinden, die zur gleichen<br />
Zeit völlig unterschiedliche Bausteine belegen. Um dieses Problem zumindest partiell zu lösen,<br />
sollte innerhalb <strong>der</strong> Ausbildungsregionen ein Rahmenkonzept für die Arbeit in den Fachseminaren<br />
entwickelt werden, in dem geklärt wird, welchen Beitrag die Fachseminare für die Kompetenzentwicklung<br />
<strong>der</strong> Lehramtsanwärter/innen leisten. Am Standort Mitte bspw. wird diesbezüglich<br />
5<br />
Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung (Hrg.), Handbuch Vorbereitungsdienst, Berlin<br />
20<strong>11</strong>, S. 6<br />
6<br />
Vgl. hierzu ausführlich den Beitrag von R. Kneer-Werner, S. 29<br />
Seite 17
Zur Reform des Vorbereitungsdienstes<br />
laufbahnübergreifend an einem Konzept gearbeitet, das sich auf die ausgewiesenen Indikatoren<br />
<strong>der</strong> Kompetenzentwicklung in den Beurteilungsbögen bezieht. 7 Auf zwei <strong>Seminar</strong>tagen wurde mit<br />
den Fachseminarleitungen erörtert, welchen Beitrag die Fachseminare und das jeweilige Allgemeine<br />
<strong>Seminar</strong> zur Ausbildung und Vertiefung dieser Teilkompetenzen leisten können. Hieraus ist<br />
eine erste Konzeption für die Arbeit <strong>der</strong> Fachseminare im modularisierten Vorbereitungsdienst entstanden,<br />
die zur Zeit erprobt wird. 8 Auch die Ergebnisse dieses Vorhabens sollten evaluiert und<br />
dann innerhalb <strong>der</strong> Regionen weiter diskutiert werden.<br />
► Nicht zuletzt sollte <strong>der</strong> Ausbildungsort Schule stärker in den Fokus genommen werden. Die Reform<br />
des Vorbereitungsdienstes hat schon jetzt zu vielen Gesprächen Anlass gegeben, die das<br />
Interesse <strong>der</strong> Schulen belegen, an <strong>der</strong> inhaltlichen Diskussion zu partizipieren. Dieses Interesse<br />
sollte jetzt auch genutzt werden: durch Partnerschaften <strong>Seminar</strong>-Schule, Fortbildungsangebote für<br />
Mentorinnen und Mentoren, Angebote für schulinterne Fortbildungen durch <strong>Seminar</strong>- und Fachseminarleiter/innen,<br />
gemeinsame Veranstaltungen des Allgemeinen <strong>Seminar</strong>s mit Schulleiterinnen<br />
und Schulleitern etc. 9<br />
Dies alles sind anspruchsvolle und sehr arbeits- und zeitintensive Aufgaben. Um im Bild zu bleiben:<br />
Wenn ein Segelschiff auf Reisen geht, dann braucht es dazu einen Kapitän, einen Steuermann,<br />
eine kompetente und motivierte Mannschaft, das nötige Equipment sowie genügend Verpflegung<br />
für die Reise. Ob wir für unsere Reise wirklich schon alles an Bord haben, wird die nächste<br />
Zukunft zeigen.<br />
Lars Kraft<br />
Leiter des 2. Schulpraktischen <strong>Seminar</strong>s Mitte (S)<br />
Modularisierung im einjährigen Vorbereitungsdienst – eine beson<strong>der</strong>e<br />
Herausfor<strong>der</strong>ung<br />
Schon vor dem Erscheinen des neuen Handbuchs empfanden alle am Vorbereitungsdienst Beteiligten<br />
den einjährigen Vorbereitungsdienst als Herausfor<strong>der</strong>ung und als extrem kurzen Zeitraum für<br />
die Entwicklung beruflicher Handlungskompetenz. Durch die Modularisierung sind noch weitere<br />
Herausfor<strong>der</strong>ungen hinzugekommen, für die teils pragmatische Lösungen gefunden werden konnten.<br />
Hierbei erwies sich die Regionalisierung als eine gelungene Unterstützung.<br />
Organisatorische Herausfor<strong>der</strong>ungen<br />
� Je<strong>der</strong> Baustein umfasst mindestens zehn Stunden. Die Sitzungen des Allgemeinen <strong>Seminar</strong>s<br />
umfassten bisher jeweils drei Stunden. Durch die Verlängerung <strong>der</strong> Sitzungszeit werden die<br />
zehn Stunden eines Bausteins innerhalb von drei Sitzungen abgeschlossen. Die Bausteine<br />
können nicht über die Mindeststundenzahl ausgedehnt werden, da bereits die Anzahl <strong>der</strong> Mindeststunden<br />
die gesamte <strong>Seminar</strong>zeit im einjährigen Vorbereitungsdienst ausschöpft. Dies<br />
zieht nach sich, dass die Lehramtsanwärterinnen und –anwärter (LAA) Wahlbausteine nur zusätzlich<br />
besuchen können, was angesichts <strong>der</strong> zeitlichen Dichte von Modulprüfungen und Unterrichtsbesuchen<br />
eher unwahrscheinlich ist. Als pragmatische Erfahrung kann berichtet werden,<br />
dass die verlängerten Sitzungen zu einem geringfügigen "Zeitpuffer“ führen. Es entsteht<br />
7 Vgl. Handbuch Vorbereitungsdienst, S. 59 ff.<br />
8 Vgl. hierzu ausführlich den Beitrag von Klaus Meister in diesem <strong>Heft</strong>, S. 24<br />
9 Vgl. hierzu ausführlich den Beitrag von Andreas Stefan in diesem <strong>Heft</strong>, S. 33<br />
Seite 18
Zur Reform des Vorbereitungsdienstes<br />
ein Spielraum für die Gestaltung <strong>der</strong> Arbeitspläne (z.B. Ausgleich von Feiertagen, Zeiträume<br />
für Modulprüfungen usw.)<br />
� Die Belegung von Bausteinen ist in an<strong>der</strong>en <strong>Seminar</strong>en möglich. In <strong>der</strong> Region wurden die<br />
<strong>Seminar</strong>pläne aller <strong>Seminar</strong>e (S/L/L-Master) so gestaltet, dass <strong>der</strong> Beginn eines neuen Bausteins<br />
in <strong>der</strong>selben Woche stattfindet. So ist ein Wechsel <strong>der</strong> LAA problemlos möglich unter<br />
Berücksichtigung <strong>der</strong> Maßgabe, dass die LAA in <strong>der</strong> Regel nur einen Baustein in einer Woche<br />
besuchen. Die Arbeitspläne <strong>der</strong> zwei L-Master-<strong>Seminar</strong>e in <strong>der</strong> Region (Reinickendorf und<br />
Lichtenberg) sind so aufeinan<strong>der</strong> abgestimmt, dass an den Standorten jeweils ein an<strong>der</strong>er<br />
Baustein angeboten wird. Um die Wechselmöglichkeiten transparent zu machen, wurden die<br />
Arbeitspläne in beiden Master-Gruppen ausgeteilt mit Angabe von Ort und Zeit. Diese "Werbung"<br />
führte zu <strong>der</strong> zaghaften Nachfrage: "Dürfen wir auch bleiben?" Tatsächlich haben die<br />
LAA Wechselmöglichkeiten bisher nicht in Anspruch genommen.<br />
� Durch die formalen Vorgaben begann <strong>der</strong> Einführungskurs erst am Mittwoch, den 1.2.<strong>2012</strong>. Als<br />
Ergänzung dienten Portfolio-Aufgaben, die gleich zu Beginn eine vertiefte Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />
z.B. mit den Grundlagen des Lehrerberufs, mit den Voraussetzungen an <strong>der</strong> Schule (Schulprogramm,<br />
Aufsicht, Schülerschaft usw.) und mit Planungsgrundlagen anleiteten. Diese Aufgaben<br />
wurden zusätzlich mit Schulleitungen im Rahmen <strong>der</strong> "AG Schule und <strong>Seminar</strong> in Reinickendorf<br />
und Pankow" abgestimmt und weiterentwickelt. In <strong>der</strong> Evaluation gaben die LAA eine insgesamt<br />
positive Rückmeldung zu den Portfolioaufgaben und bestätigten die Sinnhaftigkeit <strong>der</strong><br />
Aufgabenstellungen für die eigene Ausbildung. Teilweise investierten die LAA deutlich mehr<br />
Zeit in die Bearbeitung <strong>der</strong> Portfolioaufgaben als angenommen. Ein erneuter Einsatz <strong>der</strong> Portfolioaufgaben<br />
im nächsten Einführungskurs ist demnach sinnvoll.<br />
� In jedem Schulhalbjahr finden pro Fach zwei Unterrichtsbesuche durch die Fachseminarleitungen<br />
statt. Dies führt zu einer hohen Termindichte beson<strong>der</strong>s im Prüfungshalbjahr, in dem die<br />
Master-LAA mindestens ihre zweite Modulprüfung (teils sogar beide Modulprüfungen) ablegen.<br />
Fachseminarleitungen, die vornehmlich Master-LAA in einem Fachseminar betreuen, geraten<br />
an terminliche Grenzen.<br />
Inhaltliche Herausfor<strong>der</strong>ungen<br />
� Im Arbeitsplan des Allgemeinen <strong>Seminar</strong>s wird die Reihenfolge <strong>der</strong> Bausteine zu Beginn <strong>der</strong><br />
Ausbildung festgelegt. Einerseits ist dies eine notwendige Voraussetzung für planbare Wechselmöglichkeiten,<br />
es schränkt jedoch dahingehend ein, Themen außerhalb des Bausteins nach<br />
den Lernbedürfnissen <strong>der</strong> LAA in die Sitzungen aufzunehmen. Neben einer Grundstruktur gab<br />
es bisher stets Zäsuren, um die LAA in die <strong>Seminar</strong>planung (z.B. hinsichtlich Reihenfolge o<strong>der</strong><br />
Schwerpunkten) einzubeziehen. Was vielleicht jetzt noch als einschränkend in einer kontinuierlich<br />
bestehenden <strong>Seminar</strong>gruppe empfunden wird, könnte sich als Motor für die Modularisierung<br />
in Zukunft erweisen. Durch die Wahl <strong>der</strong> Bausteine in an<strong>der</strong>en <strong>Seminar</strong>en können die<br />
LAA ihren individuellen Schwerpunkten nachgehen.<br />
� Die Themen <strong>der</strong> ehemaligen Ergänzungskurse werden in das Allgemeine <strong>Seminar</strong> integriert.<br />
Dies führt beson<strong>der</strong>s im einjährigen Vorbereitungsdienst zu einer nochmaligen erheblichen<br />
Verdichtung <strong>der</strong> Inhalte insgesamt. In <strong>der</strong> Praxis im <strong>Seminar</strong> wird offensichtlich, dass die Vielzahl<br />
relevanter Themen kaum Zeit lässt für Erprobung, Vertiefung und Vernetzung. Darüber<br />
hinaus stellt sich die Frage, wie das vorhandene Expertenwissen für die <strong>Seminar</strong>e weiterhin<br />
nutzbar gemacht werden kann.<br />
� Die Modulprüfungsaufgaben werden von den <strong>Seminar</strong>leitungen gestellt. Hier zeigt sich <strong>der</strong><br />
Wert <strong>der</strong> beratenden Unterrichtsbesuche, die die <strong>Seminar</strong>leitungen in <strong>der</strong> Region weiterhin<br />
durchführen. Durch den Blick auf die LAA, die in <strong>der</strong> Praxis agieren, erschließen sich vielfältige,<br />
auf konkrete Unterrichtssituationen bezogene Aufgabenstellungen. Die ersten Modulprüfungen<br />
finden für die im Februar <strong>2012</strong> vereidigte Gruppe schon im Juni <strong>2012</strong> statt. Den ersten<br />
Anmeldungen nach zu urteilen werden die schriftlichen Prüfungsformen öfter gewählt als die<br />
mündlichen.<br />
Seite 19
Zur Reform des Vorbereitungsdienstes<br />
Insgesamt konnte durch die Kooperation in den <strong>Seminar</strong>en einigen Herausfor<strong>der</strong>ungen positiv begegnet<br />
werden. Der Ansatz <strong>der</strong> Modularisierung muss sich nicht nur bei <strong>Seminar</strong>leitungen, son<strong>der</strong>n<br />
auch bei den Lehramtsanwärterinnen und –anwärtern verbreiten. Festzuhalten ist, dass sich<br />
beson<strong>der</strong>s im einjährigen Vorbereitungsdienst die Anfor<strong>der</strong>ungen und Einschränkungen für alle<br />
Beteiligten erhöht haben. Zeit für Vernetzung und Vertiefung ist kaum gegeben. Zusätzlich zu <strong>der</strong><br />
Aussage "Lernen braucht Zeit" (<strong>BLuS</strong>, <strong>Heft</strong> 8, 20<strong>11</strong>) findet sich hier somit ein weiteres unterstützendes<br />
Argument für das Vorhaben, den einjährigen Vorbereitungsdienst wie<strong>der</strong> zu verlängern.<br />
Silke Pflüger<br />
Leiterin des 2.Schulpraktischen <strong>Seminar</strong>s (L) im Bezirk Reinickendorf<br />
Seite 20<br />
Die allerersten Modulprüfungen<br />
Im 1. Schulpraktisches <strong>Seminar</strong> Treptow–Köpenick haben im Mai <strong>2012</strong> die allerersten Modulprüfungen<br />
zum Modul „Unterrichten“ stattgefunden, und zwar im Modus des einjährigen Durchlaufes.<br />
Im Folgenden findet sich ein kurzer Erfahrungsbericht.<br />
Die Modulprüfungen basieren im Wesentlichen auf den Inhalten <strong>der</strong> entsprechenden Modulbausteine,<br />
für die die Region 3 (Treptow-Köpenick, Tempelhof-Schöneberg, Friedrichshain-Kreuzberg<br />
und <strong>Neu</strong>kölln) inhaltliche Festlegungen getroffen hat, um eine bestimmte Vergleichbarkeit zu erzielen<br />
und gegebenenfalls wechselseitige Besuche <strong>der</strong> Lehramtsanwärter zu ermöglichen. Diese<br />
inhaltliche Grundlage ist aus Gründen <strong>der</strong> zur Verfügung stehenden <strong>Seminar</strong>zeiten (Veranstaltungen<br />
des Allgemeinen <strong>Seminar</strong>s) äußerst schmal, was hinreichend schon bemängelt wurde (siehe<br />
erschienene <strong>BLuS</strong>-<strong>Heft</strong>e) und hier nicht nochmals ausgeführt werden soll. Die Auswirkung für die<br />
Themenstellungen sind allerdings gravierend, was bisher nicht so extrem zum Ausdruck kam, da in<br />
einer mündlichen Schluss-Prüfung in <strong>der</strong> Zweiten Staatsprüfung alten Stils die thematische Basis –<br />
auch bei <strong>der</strong> einjährigen Ausbildung - wesentlich breiter war. Der Umstand <strong>der</strong> wenigen Veranstaltungen<br />
(Absolvierung von vier Modulbausteinen) bis zur möglichen Prüfungsmeldung erschwert<br />
die Formulierung eines sinnvollen Themas und lässt nur mit Mühe inhaltliche Bezüge unter verschiedenen<br />
Teilaspekten herstellen. Waren die mündlichen Prüfungen im Zweiten Staatsexamen,<br />
bedingt durch die Usancen <strong>der</strong> Ausglie<strong>der</strong>ung von Themenschwerpunkten, bereits kritisch zu sehen,<br />
so gilt dies für die mündlichen Modulprüfungen erst recht. Erst beim Zwang zur Formulierung<br />
eines Themas scheint die ganze Fragwürdigkeit einer zehnseitigen schriftlichen Prüfungsform und<br />
einer Portfolio-Prüfung auf. Für diese stehen den Anwärtern vier Wochen zur Verfügung, für jene<br />
sogar nur drei Wochen. Befragt, in welche inhaltliche Richtung sich eine Thematik bewegen könnte,<br />
denken die Anwärter praktisch ohne Ausnahme in Kategorien von Staatsexamensarbeiten im<br />
Umfang von 50 Seiten mindestens. Was man sinnvollerweise in ein 15-seitiges Portfolio für einen<br />
Beobachtungs- bzw. Entwicklungszeitraum von vier Wochen schreiben soll, sollte die Erfahrung<br />
mit den ersten Arbeiten zeigen.<br />
Die hier zur Diskussion stehende Gruppe umfasste 18 Anwärter (weitere Anwärter unterlagen nicht<br />
diesem Modus). Von ihnen wählten acht die mündliche Form, sieben die schriftliche und drei das<br />
Portfolio - jeweils in <strong>der</strong> Einzelprüfungsform. Was die Formalien angeht, so erfolgten die Testate<br />
(Belegbogen) und <strong>der</strong> Abschluss <strong>der</strong> jeweiligen Bausteine problemlos. Es ist ratsam, einen kompletten<br />
Zeitplan mit allen realen kalendarischen Terminen auszugeben, <strong>der</strong> auch konkrete Angaben<br />
zum Prüfungszeitraum, mögliche Prüfungstage, Abgabe von Beurteilungen usw. enthält. Daraus<br />
können die Teilnehmer auch die Lage des Abschlusses <strong>der</strong> notwendigen Bausteine entnehmen,<br />
so dass sie dann den Bogen zur Prüfungsmeldung abgeben können. Beim Ausfüllen des<br />
Bogens „Meldung zur Prüfung“ stellt sich allerdings die Frage, wofür dieser eigentlich benötigt wird,<br />
da die Anwärter nur den oberen Teil ausfüllen können (zwei Kreuze und einige U-Nummern), sodann<br />
praktisch alle Teile dem Protokollblatt zur Prüfung selbst entsprechen. Mit <strong>der</strong> Unterschrift
Zur Reform des Vorbereitungsdienstes<br />
des Kandidaten zeigt er die Einreichung <strong>der</strong> Meldung an, aber die Unterschrift kann sich nicht auf<br />
die weiteren Leerstellen des Formulars beziehen, da <strong>der</strong> Bogen nämlich schon eingereicht ist,<br />
wenn das Datum <strong>der</strong> Prüfung noch gar nicht bekannt ist, was wie<strong>der</strong>um mit <strong>der</strong> notwendigen freien<br />
Vereinbarung über die Termine zusammenhängt und damit auch mit dem Finden des Zweitprüfers.<br />
Wenn man das Datum <strong>der</strong> Prüfung weiß bzw. das Datum <strong>der</strong> Themenstellung, dann ist wahrscheinlich<br />
auch das Thema selbst dem <strong>Seminar</strong>leiter bereits bekannt. Das Blatt kann ohne entsprechende<br />
Rückfragen gar nicht ausgefüllt werden. Dieses Manko wie<strong>der</strong>um hat durchaus auch<br />
mit <strong>der</strong> Frage zu tun, in welcher Weise – und ob überhaupt - im Vorfeld <strong>der</strong> Modulprüfungen mit<br />
den Teilnehmern Hinweise auf thematische Möglichkeiten besprochen werden können o<strong>der</strong> dürfen.<br />
Hinsichtlich <strong>der</strong> Beurteilung <strong>der</strong> schriftlichen Formen (auch Portfolio) gibt es in <strong>der</strong> Prüfungsordnung,<br />
was das Ausfüllen <strong>der</strong> Beurteilungsblätter angeht, gewisse Unklarheiten. Im § 13 Abs. 7 <strong>der</strong><br />
VO ist davon die Rede, dass bei unterschiedlicher Beurteilung <strong>der</strong> zwei Beurteiler das arithmetische<br />
Mittel aus beiden Notenvorschlägen gebildet wird. Gleichzeitig werden aber auch die das Ergebnis<br />
tragenden Erwägungen eingefor<strong>der</strong>t. Hier bleibt die Frage offen, ob die dann unterschiedlichen<br />
Ausführungen, also im Extremfall „gute“ von einem Beurteiler und „schlechte“ vom an<strong>der</strong>en,<br />
unverbunden nacheinan<strong>der</strong> aufgeführt werden o<strong>der</strong> ob sie so zu einem Text zusammengeführt<br />
werden, dass sie die Note als Mittel repräsentieren. Wenn letzteres <strong>der</strong> Fall ist, bleibt die Frage<br />
offen, ob die Ursprungsfassungen als Anlage erhalten bleiben müssen.<br />
Das Schwierigste am formalen Verfahren ist aber nicht <strong>der</strong> Umgang mit den Formblättern, son<strong>der</strong>n<br />
die Einfädelung <strong>der</strong> Termine und damit auch das Finden des zweiten Prüfers, im vorliegenden Fall<br />
von Fachseminarleitern. Dies führt dann dazu, dass <strong>der</strong> Bogen „Meldung zur Prüfung“ praktisch<br />
erst nachträglich gänzlich ausgefüllt werden kann. Auf dem Prüfungsbogen stiftet die Rubrik „Einzelprüfung<br />
ja – nein“ und „Gruppenprüfung ja – nein“ etwas Verwirrung, weil es ausgereicht hätte<br />
„Einzel- o<strong>der</strong> Gruppenprüfung“ anzukreuzen. Ein individuelles Eingehen auf die Terminlagen kann<br />
nicht geraten werden. Stattdessen sollte man Zeitblöcke vorgeben und in diesen gesammelt mehrere<br />
Anwärter zuteilen. Die terminliche Behandlung <strong>der</strong> schriftlichen Arbeiten und Portfolios gestaltete<br />
sich hingegen problemlos. Dies gilt – an<strong>der</strong>s als bei den mündlichen Terminen - auch für<br />
die Verteilung <strong>der</strong> Arbeiten auf die zweiten Prüfer innerhalb des eigenen <strong>Seminar</strong>s, da hier eine<br />
gewisse zeitliche Unabhängigkeit für die Begutachtung gegeben ist. Es ist allerdings darauf zu<br />
achten, dass für den Fall, dass zur Zeitersparnis eine Prüfung im Anschluss an ein tagendes<br />
Fachseminar stattfinden soll, dies nur für die ersten drei Wochentage in Betracht kommt, weil<br />
durch den Vorlauf <strong>der</strong> Ausgabe <strong>der</strong> Themenstellung von fünf Kalen<strong>der</strong>tagen (Wochenendtage zählen<br />
mit) <strong>der</strong> Donnerstag und <strong>der</strong> Freitag als Prüfungstage entfallen. Diejenigen Fachseminarleiter,<br />
die am Donnerstag o<strong>der</strong> Freitag ihre Veranstaltungen haben, kämen dann nie zum Einsatz. Sie<br />
sollten ersatzweise die schriftlichen Prüfungsformen übernehmen.<br />
Der formal-organisatorische Aufwand ist enorm:<br />
1. Instruktion <strong>der</strong> LA über die Modalitäten.<br />
2. Gegebenenfalls Sammlung von Schwerpunkten<br />
3. Terminsondierungen zur möglichen Lage <strong>der</strong> Prüfungen<br />
4. Ausfüllen <strong>der</strong> Modulprüfungsmeldebogen<br />
5. Ausfüllen <strong>der</strong> Modulprüfungsprotokolle<br />
6. Verschicken <strong>der</strong> Themen und Überwachung <strong>der</strong> Termineinhaltung (viele Einzeltermine)<br />
7. Einholen <strong>der</strong> Bestätigung über den Themenerhalt und Unterschrift <strong>der</strong> LA<br />
8. Verhandlungen mit den FSL über mögliche Termine<br />
9. Informationen für die FSL hinsichtlich <strong>der</strong> schriftlichen Prüfungsformen und des Portfolios<br />
10. Verschicken <strong>der</strong> Themenstellungen an die FSL<br />
<strong>11</strong>. Beantwortung diverser Rückfragen<br />
12. Durchführung <strong>der</strong> mündlichen/multimedialen Prüfung; Lesen <strong>der</strong> schriftlichen Formen<br />
13. Rücklauf <strong>der</strong> schriftlichen Formen vereinbaren bzw. Kopieanfertigung für zweiten Prüfer<br />
(eventuell Versand per pdf–Datei)<br />
Seite 21
Zur Reform des Vorbereitungsdienstes<br />
Seite 22<br />
14. Vervollständigen <strong>der</strong> Modulprüfungsprotokolle (Noteneintrag)<br />
15. Abstimmung über die tragenden Erwägungen mit dem Zweitgutachter bei abweichenden<br />
Noten bzw. tragenden Erwägungen<br />
16. Einladung <strong>der</strong> LA zur Erklärung des Prüfungsergebnisses (schriftliche Formen)<br />
17. Erläuterung des Prüfungsergebnisses<br />
Insgesamt wurden für 18 Prüflinge 140 Din-A4-Blätter als Form- o<strong>der</strong> Dokumentationsblätter ausgedruckt.<br />
Dazu kamen E-Mails in einer Größenordnung von etwa 160 hinzu. Weitere Blätter sind<br />
notwendig, wenn die schriftlichen Arbeiten an die Fachseminarleiterinnen und Fachseminarleiter<br />
zu verteilen sind - ein völlig inakzeptabler Aufwand, <strong>der</strong> symptomatisch für das Zurückdrängen von<br />
Inhalten ist. Die genannten Zahlen beziehen sich auf den Stand <strong>der</strong> Beendigung aller mündlichen<br />
Prüfungen und Eingang aller schriftlichen Formen, so dass weiterer Schriftverkehr vorhersehbar<br />
ist.<br />
Durch die unterschiedlichste Terminierung ist es schwer, die Übersicht zu behalten (Vergabetermine,<br />
Eingangstermine, Prüfungszeit-Termine, feste Ausfallzeiten). Wegen vieler Beson<strong>der</strong>heiten<br />
(Schuleinsatz <strong>der</strong> FSL, Klassenfahrten usw.) gelingt eine Terminblockung nur schwer. Für günstig<br />
gehaltene Anschlusszeiten an die Lage <strong>der</strong> Fachseminare stoßen ihrerseits nicht immer auf Gegenliebe,<br />
weil dann teils verpflichten<strong>der</strong> Unterricht <strong>der</strong> Anwärter o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Fachseminarleiter und -<br />
leiterinnen liegt. Im Einzelfall musste sogar eine schriftliche Bitte um Freistellung ergehen. Frühzeitig<br />
wurde darauf aufmerksam gemacht, dass die Form des Portfolios mit einer Bearbeitungszeit<br />
von 4 Wochen denkbar ungünstig ist. Prompt erschienen mitten in <strong>der</strong> Laufzeit zur Bearbeitung<br />
zwei <strong>der</strong> drei Anwärter, die das Portfolio gewählt hatten, mit <strong>der</strong> Klage, durch nicht stattfindenden<br />
Unterricht einerseits und <strong>der</strong> Verschätzung <strong>der</strong> Möglichkeiten in dieser Zeiteinheit eine Entwicklung<br />
o<strong>der</strong> <strong>der</strong>gl. zu dokumentieren, den Anfor<strong>der</strong>ungen an ein Portfolio nicht gerecht werden zu können.<br />
Eine beson<strong>der</strong>e formale Erschwernis stellt die Beurteilung <strong>der</strong> schriftlichen Form und des Portfolios<br />
dann dar, wenn die Beurteiler abweichende Noten erteilen - verbunden mit divergierenden tragenden<br />
Erwägungen. Wenn diese (siehe oben) vereinheitlicht werden müssen, gibt es einen weiteren<br />
Arbeitsschritt. Die <strong>Neu</strong>formulierung muss dann auch <strong>der</strong> Zweitprüfer erst noch unterschreiben, <strong>der</strong><br />
aber nicht notwendigerweise im Hause zugegen ist, im ungünstigsten Fall sogar einer an<strong>der</strong>en<br />
Region angehört.<br />
Wegen <strong>der</strong> Möglichkeit des Nichtbestehens einer Modulprüfung bzw. <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>holung müssen<br />
die schriftlichen Formen und praktisch auch die mündlichen/multimedialen bei Einstellungstermin<br />
Februar schon vor den großen Ferien benotet werden. Dies fällt genau in die Zeit, in <strong>der</strong> die FSL<br />
an den Schulen mit den Noten für ihre Schüler zu tun haben. Die Anwärter selbst bereiten sich<br />
gewissenhaft auf die Prüfungen vor, haben aber in <strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong> Modulprüfungen pro Fach noch vier<br />
Unterrichtsbesuche! In <strong>der</strong>selben Zeit treffen die Listen mit <strong>der</strong> Nennung <strong>der</strong> Prüfungsvorsitzenden<br />
ein, so dass hier weitere Termine koordiniert werden müssen.<br />
Welche Ergebnisse erbrachten nun die Modulprüfungen? Die mündlichen Prüfungen verliefen völlig<br />
komplikationslos. Man benötigt pro Kandidat zwischen 30 und 45 Minuten, weil es in Einzelfällen<br />
noch Beratungsbedarf mit dem Zweiprüfer gibt. Diese Zeit ist allerdings nur einzuhalten, wenn<br />
einer <strong>der</strong> Prüfer gleichzeitig die tragenden Erwägungen schon grob während des Ablaufs skizziert,<br />
sonst sind eher 45 Minuten o<strong>der</strong> mehr realistisch. Die Teilnehmer hatten sich ordentlich auf die<br />
Aufgabenstellung vorbereitet. Es fiel auf, dass von den acht mündlichen Prüfungen sechsmal die<br />
Noten „sehr gut“ o<strong>der</strong> „gut“ lauteten (viermal „sehr gut“!). Die Note „mangelhaft“ gab es nicht.<br />
Im Verlauf <strong>der</strong> Prüfungen wurde Folgendes deutlich: Die natürlicherweise erfolgende Fokussierung<br />
auf die Aufgabenstellung führt übermächtig zu einem punktuellen Themenkreis, unabhängig davon,<br />
dass die Themenstellung viele selbstbestimmte Entscheidungen und weitere inhaltliche Bezüge<br />
verlangte. Die allgemeinen Vorgaben bei <strong>der</strong> Formulierung <strong>der</strong> Aufgabenstellung können<br />
nicht verhin<strong>der</strong>n, dass die Prüflinge einen sehr begrenzten Ausschnitt bearbeiten. Sie können dies<br />
mit den Erfahrungen anreichern, die sie ohnehin in <strong>der</strong> Schule machen (müssen). Aus <strong>der</strong> Vogelperspektive<br />
stellt sich das Ganze so dar, dass die Prüflinge im Extremfall ihre Aufgabenstellung zu
Zur Reform des Vorbereitungsdienstes<br />
Hause durchaus aufwendig schriftlich fixieren können und ihre Fassungen dann auswendig lernen<br />
können. Das ist systemimmanent. Im Prüfungsgespräch diesen Mangel an Breite aufzufangen,<br />
erwies sich als durchaus schwierig, weil die Antworten dann vielfach erfahrungsbasiert aus <strong>der</strong><br />
gängigen Schulpraxis resultierten und eine Art Berichtscharakter annahmen (Bei uns an <strong>der</strong> Schule<br />
machen wir das so und so.). Die Datenbasis ist natürlich viel zu gering, aber eine gewisse Tendenz<br />
scheint sich doch abzuzeichnen. Die Prüfungen erscheinen „leichter“ als die herkömmlichen<br />
mündlichen Prüfungen. Wenn das stimmen und sich insgesamt fortsetzen sollte, so dürfte es sich<br />
im Ganzen darum handeln, dass Anfor<strong>der</strong>ungen abgesenkt werden. Im Vergleich zu den alten<br />
mündlichen Prüfungen im Rahmen des Zweiten Staatsexamens kann nämlich die Breite und Vielfältigkeit<br />
hier nicht erreicht werden. Ein adäquater Ersatz ist das nicht. Vorwiegend wird auswendig<br />
Gelerntes vorgetragen, was ohne Vorwurf an die Prüflinge festgestellt wird. Der Aufwand dafür<br />
steht in keinem Verhältnis zur Erkenntnis über den Kompetenzstand <strong>der</strong> Anwärter und er ist<br />
gleichzeitig größer als in <strong>der</strong> alten Prüfungsform. Man möchte sagen, viel Verpackung, wenig Inhalt.<br />
Bei den schriftlichen Formen lagen bei Redaktionsschluss erst so wenige vorläufige und unvollständige<br />
Einschätzungen vor, dass nicht einmal eine Tendenz angegeben werden kann und damit<br />
auch nicht gesagt werden kann, ob sich ein ähnliches Bild wie bei den mündlichen Prüfungen abzeichnet.<br />
Allerdings gab es auch ein erstes En<strong>der</strong>gebnis: eine Eins.<br />
Dr. Bernd Oehmig,<br />
Leiter des 1. Schulpraktischen <strong>Seminar</strong>s Treptow-Köpenick (L)<br />
Zur Entwicklung eines Rahmenkonzepts für die Arbeitsplanung <strong>der</strong><br />
Fachseminare im modularisierten Vorbereitungsdienst<br />
Mit <strong>der</strong> Einführung <strong>der</strong> Modularisierung in den Allgemeinen <strong>Seminar</strong>en des Landes Berlin ab Februar<br />
<strong>2012</strong> wird auch die Arbeit in den Fachseminaren mit <strong>der</strong> nicht neuen Frage konfrontiert, wie<br />
dort <strong>der</strong> inhaltliche Ausbildungsprozess kumulativ und abgestimmt sowie mit den Modulen des Allgemeinen<br />
<strong>Seminar</strong>s vernetzt verlaufen kann. Die Frage ist insofern nicht neu, als bereits in <strong>der</strong><br />
„Handreichung zur Arbeit im Fachseminar“ 10 vom Juni 2002 Leitprinzipien zur Auswahl und Strukturierung<br />
<strong>der</strong> Inhalte und zur Gestaltung <strong>der</strong> Arbeit im Fachseminar sowie <strong>der</strong> Arbeitsplanung detailliert<br />
erläutert und Wege aufgezeigt wurden. Schon damals wurden vor dem Hintergrund <strong>der</strong> heterogenen<br />
Zusammensetzung <strong>der</strong> Fachseminargruppen und <strong>der</strong> Zugehörigkeit <strong>der</strong> LAA zu verschiedenen<br />
Allgemeinen <strong>Seminar</strong>en Grundprinzipien formuliert, die weiterhin hochaktuell und an<br />
die Ausbildungsverän<strong>der</strong>ungen anzupassen sind. Insbeson<strong>der</strong>e die Zuweisungen von LAA zu unterschiedlichen<br />
Zeitpunkten und die momentan zeitlich unterschiedlichen Ausbildungsgänge im L-<br />
Bereich stellen die Fachseminarleitungen vor große Herausfor<strong>der</strong>ungen, z. B.:<br />
• Wie wird gewährleistet, dass je<strong>der</strong>/jedem LAA im Rahmen ihres/seines individuellen ein-<br />
o<strong>der</strong> zweijährigen Ausbildungsganges alle wesentlichen fachlichen, fachdidaktischen<br />
Schwerpunkte angeboten werden?<br />
10 Handreichung zur Arbeit im Fachseminar, Berlin 2002 (über die <strong>Seminar</strong>leitungen erhältlich)<br />
Seite 23
Zur Reform des Vorbereitungsdienstes<br />
Seite 24<br />
• Welche Abstimmungen sind mit <strong>der</strong> Arbeit <strong>der</strong> Allgemeinen <strong>Seminar</strong>e notwendig und realisierbar?<br />
• Wie können exemplarisch zu vermittelnde domänenspezifische Themenfel<strong>der</strong> und fachdidaktische<br />
Schwerpunkte mit den Bausteinen <strong>der</strong> Module im Allgemeinen <strong>Seminar</strong> sinnvoll<br />
verknüpft werden?<br />
Die <strong>Seminar</strong>leitungen und Fachseminarleitungen in den beiden Schulpraktischen <strong>Seminar</strong>en Mitte<br />
haben sich Anfang dieses Jahres mit diesen Fragen auseinan<strong>der</strong>gesetzt und ein Rahmenkonzept<br />
entwickelt. Dabei gilt mein beson<strong>der</strong>er Dank den Fachkoordinatorinnen im L-Bereich, Frau Junge<br />
und Frau Wegerich, die die Vorbereitungsarbeit für den <strong>Seminar</strong>tag im L-Bereich übernahmen.<br />
Ausgangspunkte unserer Überlegungen waren:<br />
1. die im Handbuch Vorbereitungsdienst formulierten Indikatoren <strong>der</strong> Kompetenzentwicklung<br />
in den Beurteilungsbögen,<br />
2. die Nutzung vorhandener Ausbildungspläne <strong>der</strong> Fachbereiche,<br />
3. die Verteilung <strong>der</strong> fachdidaktischen Schwerpunkte und <strong>der</strong> den Indikatoren zugrundeliegenden<br />
Teilkompetenzen auf maximal 30 Veranstaltungen, so dass auch LAA mit einjährigem<br />
Ausbildungsgang alle für die Kompetenzentwicklung notwendigen Angebote erhalten,<br />
4. die sinnvolle Verteilung, Zuordnung, fachspezifische Ausprägung und Verknüpfung dieser<br />
Indikatoren mit den Bausteinen des Moduls „Unterrichten“ <strong>der</strong> Allgemeinen <strong>Seminar</strong>e.<br />
Zur Vorbereitung <strong>der</strong> Tagung überarbeiteten die Fachseminarleiterinnen und Fachseminarleiter –<br />
falls erfor<strong>der</strong>lich - ihre existierenden Pläne mithilfe einer Strukturvorlage (Abb.1). Sie ordneten zunächst<br />
für 30 Fachseminarveranstaltungen (zwei Ausbildungshalbjahre) die fachdidaktischen<br />
Schwerpunkte so an, dass nach Möglichkeit alle relevanten Themenbereiche (bei Einstieg zu jedem<br />
Zuweisungstermin) im Zeitraum eines Ausbildungsganges abgedeckt und gleichmäßig verteilt<br />
werden.<br />
Abb.1:Strukturvorlage <strong>11</strong> :<br />
Lehrveranstaltung<br />
Thema:<br />
(fachdidaktischer<br />
Schwerpunkt)<br />
Baustein / Modul Unterrichten<br />
(max. 2 Bausteine)<br />
Aufgabenschwerpunkt<br />
<strong>der</strong> Kompetenzentwicklung<br />
(max. 2 Bereiche als<br />
Schwerpunkt)<br />
I.<br />
<strong>11</strong> Vorlage von Frau M. Wegerich, FSL und Koordinatorin für Mathematik im 3.SPS Mitte(L)<br />
II.<br />
III.<br />
IV…
Zur Reform des Vorbereitungsdienstes<br />
Am <strong>Seminar</strong>tag selbst wurde zunächst die Grundstruktur unter Nutzung <strong>der</strong> Vorlage (Abb.2), in <strong>der</strong><br />
die Indikatoren <strong>der</strong> Kompetenzbeschreibungen des Beurteilungsbogens mit Bezug zu den Bausteinen<br />
des Moduls „Unterrichten“ des Allgemeinen <strong>Seminar</strong>s verknüpft und konkretisiert dargestellt<br />
sind, durch schon erstellte Beispiele <strong>der</strong> Fächer Deutsch und Mathematik veranschaulicht<br />
und erläutert. Hierzu wurden in <strong>der</strong> Vorlage die relevanten Kompetenzbeschreibungen aus den<br />
Beurteilungsformularen <strong>der</strong> FSL für die LAA durch mögliche Aufgabenschwerpunkte <strong>der</strong> Fachseminare<br />
konkretisiert, um Anknüpfungspunkte zu den fachdidaktischen Schwerpunkten zu gewährleisten.<br />
Abb.2: Koordinierung <strong>der</strong> Arbeitspläne Allgemeines <strong>Seminar</strong> – Fachseminar<br />
gemäß den Bausteinen im Modul Unterrichten<br />
Kompetenzbeschreibungen<br />
zum Unterrichten in den Beurteilungsformularen<br />
<strong>der</strong> FSL<br />
für die LAA 12<br />
5. bettet Unterricht sachlogisch<br />
in eine Sequenz ein.<br />
6. diagnostiziert erfolgreich<br />
Lernvoraussetzungen und Lernprozesse<br />
von Schülerinnen und<br />
Schülern.<br />
7. nutzt unterschiedliche Differenzierungsverfahren,<br />
um individuelle<br />
Lernmöglichkeiten zu<br />
ermöglichen bzw. um Erziehungsarbeit<br />
umzusetzen.<br />
8. plant Unterricht fach- und<br />
sachgerecht, führt ihn sachlich<br />
und fachlich korrekt durch<br />
und konkretisiert fachlich zutreffend<br />
Unterrichtsgegenstände<br />
auf einen kompetenzorientierten<br />
Schwerpunkt.<br />
Korrespondierende Kompetenzbeschreibungen<br />
in den<br />
Bausteinen des Moduls Un-<br />
terrichten des AS 13<br />
U-PB 14 1/2<br />
Kompetenzorientierte Unterrichtsmodelle;<br />
Lernför<strong>der</strong>liche Strukturierung<br />
und Phasierung von Unterricht<br />
U-PB 2/3/4/6<br />
Diagnose von Entwicklungs-<br />
und Lernständen/Lernausgangslagen;<br />
Bezugsnormen,<br />
Kriterien und Instrumente <strong>der</strong><br />
mündlichen und schriftlichen<br />
Leistungsbeurteilung<br />
U-PB 2/3/4/6<br />
Individualisierter und differenzierter<br />
Unterricht; Arbeit mit<br />
Kompetenzrastern; Ebenen,<br />
Aspekte und Kriterien <strong>der</strong> Diffe-<br />
renzierung<br />
U-PB 2/3/4<br />
Kompetenzen/Standards und<br />
<strong>der</strong>en Erwerb; Kompetenzorientierte<br />
Unterrichtsmodelle (Unterrichtsstunden,Unterrichtseinheiten);<br />
Fachlich/inhaltliche<br />
Schwerpunktsetzung in den<br />
Lehr- und Lernprozessen; Rahmenlehrpläne<br />
und Standards als<br />
fachspezifische Planungsgrundlage;<br />
Struktur und Zielsetzung<br />
kompetenzorientierter Unterrichtsentwürfe<br />
Aufgabenschwerpunkte<br />
<strong>der</strong> Kompetenzentwicklung<br />
in <strong>der</strong> Fachseminararbeit<br />
Strukturierung sachlogischer<br />
Sequenzen bzw. UE in den<br />
jeweiligen Teilgebieten des<br />
Faches; Verdeutlichung kumulativerKompetenzent-<br />
wicklung und Progression<br />
Exemplarische Ermittlung<br />
von Lernausgangslagen und<br />
des Standes <strong>der</strong> Kompetenzentwicklung<br />
(inhalts- und<br />
prozessbezogen) an konkreten<br />
Inhalten<br />
Bewusstmachung und Konzipierung<br />
von Differenzierungsstrategien<br />
und –formen<br />
bei konkreter Planung von<br />
Lern- und Übungsprozessen<br />
im Fach<br />
Exemplarische Bewusstmachung<br />
von wesentlichen Planungsentscheidungen<br />
durch<br />
Übungen zur Ermittlung von<br />
kompetenzorientierten<br />
Schwerpunkten konkreter<br />
Stunden und stimmiger sowie<br />
fachadäquater Stundenstrukturen/-modelle<br />
12<br />
Die Nummerierung entspricht <strong>der</strong> Nummerierung in <strong>der</strong> Tabelle zum Stand <strong>der</strong> Kompetenzentwicklung im<br />
Handbuch Vorbereitungsdienst auf S. 59.<br />
13<br />
Grundlage hierfür ist <strong>der</strong> Arbeitsplan des <strong>Seminar</strong>leiters/<strong>der</strong> <strong>Seminar</strong>leiterin des Allgemeinen <strong>Seminar</strong>s.<br />
14<br />
U-PB bedeutet: „Das Modul Unterrichten mit den Pflichtbausteinen …“.<br />
Seite 25
Zur Reform des Vorbereitungsdienstes<br />
9. kann den Planungs- und<br />
Durchführungsprozess evaluieren.<br />
10. unterstützt alle Schülerinnen<br />
und Schüler durch die Gestaltung<br />
von motivierenden<br />
Lernsituationen und befähigt<br />
sie, Zusammenhänge herzustellen<br />
und Gelerntes anzuwenden.<br />
<strong>11</strong>. för<strong>der</strong>t die Fähigkeiten von<br />
Schülerinnen und Schülern zum<br />
selbstständigen Lernen<br />
und Arbeiten durch schüleraktivierende<br />
Unterrichtsformen,<br />
insbeson<strong>der</strong>e durch die<br />
Vermittlung von Lern- und Arbeitsstrategien.<br />
12. schafft strukturierte Lernmöglichkeiten,<br />
die eine individuelle<br />
Progression beinhalten,<br />
und macht diese transparent.<br />
13. berücksichtigt ein adäquates<br />
Anfor<strong>der</strong>ungsniveau.<br />
14. steuert den Unterrichtsprozess<br />
zielgerichtet, mit eindeutigen<br />
Impulsen und einer situati-<br />
onsadäquaten Zurückhaltung.<br />
15. nutzt die vorhandene Zeit im<br />
Sinne von Lernzeit optimal aus.<br />
Seite 26<br />
U-PB 1/5<br />
Merkmale und Indikatoren guten<br />
Unterrichts; Instrumente <strong>der</strong><br />
mündlichen und schriftlichen<br />
Reflexion und Evaluation von<br />
Unterricht;<br />
Training <strong>der</strong> Unterrichtsanalyse;<br />
Konzepte kollegialer, bedürfnisbezogenerUnterrichtshospitationen;<br />
Reflexion des eigenen<br />
beruflichen Handelns<br />
U-PB 2/3/4<br />
Gestaltung von Lernarrangements<br />
und Konzipierung von<br />
Lernaufgaben<br />
U-PB 2/3/4<br />
Funktionaler Einsatz von Methoden,<br />
Arbeits- und Sozialformen<br />
in sinnvoller Balance zwischen<br />
direkter Instruktion und<br />
Schüleraktivierung; Strukturen<br />
konstruktiver und kooperativer<br />
Lernformen<br />
U-PB 2/3/4<br />
Konstruktion und Einsatz von<br />
sprachför<strong>der</strong>nden Lernaufgaben;<br />
Methoden zum Wechsel<br />
<strong>der</strong> Darstellungsformen und<br />
zum Aufbau von Begriffsnetzen;<br />
Entwicklung und Erprobung<br />
sprachsensibler Planungsraster;<br />
Entwicklung und Erprobung von<br />
abgestuften Lernhilfen<br />
U-PB 1/2/3/4<br />
Anfor<strong>der</strong>ungsbereiche (Reproduktion,<br />
Reorganisation/ Transfer,<br />
Reflexion/ Problemlösung)<br />
und <strong>der</strong>en Umsetzung im Unterricht,<br />
Konzeption und Arrangement<br />
von differenzierten Lern-<br />
aufgaben<br />
U-PB 4<br />
Lehrerverhalten; verbale und<br />
nonverbale Kommunikationstechniken;<br />
Verwendung geeig-<br />
neter Operatoren<br />
U-PB 4<br />
Klassenmanagement (z. B. Lehrer-Schüler-Verhältnis,<br />
Struktur<br />
von Arbeitsaufträgen, Rituale,<br />
Regeln, Instruktionsklarheit)<br />
Exemplarische Anwendung<br />
fachspezifischer Analysekriterien<br />
mit Bezug zu übergeordneten<br />
Indikatoren guten<br />
Unterrichts<br />
Konzipierung von (problemorientierten)<br />
Lernaufgaben<br />
für spezifische und vorgegebene<br />
fachliche Zielebenen<br />
und Bewusstmachung <strong>der</strong><br />
Lernstrukturen und Aufgabenelemente<br />
für selbststän-<br />
dige Erkenntnisprozesse<br />
Exemplarische Verdeutlichung<br />
fachbezogener und<br />
teilgebietsadäquater Prozessabläufe<br />
Kompetenz<br />
entwickeln<strong>der</strong> Lernstrukturen<br />
(Lernaufgaben); Kompetenzorientierter<br />
Aufbau fachspezifischerArbeitsstrate-<br />
gien und -techniken<br />
Konzipierung und Einbettung<br />
von (über)fachlichen Lernaufgaben<br />
zur Individualisierung<br />
und expliziten Sprachför<strong>der</strong>ung<br />
im Rahmen geöffneter<br />
Formen des Unterrichts<br />
Aufzeigen von Niveaustufen<br />
an konkreten Fachbeispielen<br />
und Ableitung qualitativer<br />
Differenzierungsmaßnahmen<br />
Thematisierung lern- und<br />
sprachför<strong>der</strong>n<strong>der</strong> Steuerungsprozesse<br />
für wie<strong>der</strong>kehrendeStandardsituatio-<br />
nen des Fachunterrichts<br />
Beispielhafte Strukturierung<br />
und Organisation von (insbeson<strong>der</strong>e<br />
kooperativen)<br />
Arbeitsprozessen an konkreten<br />
Stunden
16. setzt Medien funktional und<br />
differenzierend ein.<br />
17. realisiert funktionale und<br />
situationsbezogene Ergebnissicherung<br />
o<strong>der</strong> Zwischenreflexion<br />
mit erkennbarem Lernzuwachs.<br />
U-PB 2/3/4<br />
Zielführende Konstruktion und<br />
sprachför<strong>der</strong>licher Einsatz von<br />
Medien; Methoden zum Wechsel<br />
<strong>der</strong> Darstellungsformen und<br />
zum Aufbau von Begriffsnetzen<br />
U-PB 1/2/4<br />
Lernför<strong>der</strong>liche Strukturierung<br />
und Phasierung von Unterricht;<br />
Auswertung, Präsentation und<br />
Sicherung von Lernprodukten<br />
Zur Reform des Vorbereitungsdienstes<br />
Exemplarische Thematisierung<br />
des lern- und sprachför<strong>der</strong>lichenMedieneinsatzes<br />
im Sinne <strong>der</strong> Interaktion<br />
von Darstellungsebenen und<br />
<strong>der</strong> Visualisierung von Lern-<br />
prozessen und -ergebnissen<br />
Fachbezogene Verfahren<br />
und Elemente <strong>der</strong> Strukturierung<br />
von Auswertungs-, Ergebnissicherungs-<br />
und Reflexionsphasen<br />
Die Fachseminarleitungen entwickelten nun in fächernahen Gruppen erste exemplarische Pläne<br />
nach den Strukturvorlagen (Abb.1 und 2), wobei auf sinnvolle Passung <strong>der</strong> fachdidaktischen<br />
Schwerpunkte zu den allgemeinen Kompetenzbeschreibungen zu achten war. Es soll nicht verschwiegen<br />
werden, dass dies kein leichtes Unterfangen darstellte, da sowohl die zur Verfügung<br />
stehende Zeitstruktur als auch die Fülle <strong>der</strong> für bedeutsam erklärten Inhalte zu erheblichen und<br />
auch folgenreichen Reduktionsentscheidungen führten. So mussten manch „liebgewordene“ Themen<br />
o<strong>der</strong> Vorhaben aussortiert und <strong>der</strong> konsequenten Abdeckung wichtigerer Kompetenzentwicklungsbereiche<br />
„geopfert“ werden. Auch dies führte noch nicht zu überzeugenden Lösungen,<br />
da für die nun ausgewiesenen Veranstaltungen <strong>der</strong> Fachseminare nur wenig Spielraum für aktuelle<br />
Erfor<strong>der</strong>nisse und Bedürfnisse <strong>der</strong> LAA verbleibt 15 , die jeweils ausgewiesenen Schwerpunkte für<br />
die LAA auch explizit bewusst gemacht werden müssen und die kompetenzorientierten Arbeitsprozesse<br />
mit adäquaten Lernaufgaben Zeit erfor<strong>der</strong>n. Bei Ausbildungsgängen über zwei Jahre o<strong>der</strong><br />
18 Monate ist dieses Problem in Teilen entschärft. Alle Teilnehmer unserer Tagung waren jedoch<br />
davon überzeugt, dass es zu den Grundüberlegungen des Rahmenkonzepts kaum Alternativen<br />
gibt und die LAA durch ein insgesamt verlässlicheres und abgestimmtes Ausbildungsangebot und<br />
eine bessere Vernetzung von Ausbildungsinhalten ihre individuelle Kompetenzentwicklung bewusster<br />
wahrnehmen und auf die Beurteilungskriterien beziehen können.<br />
Da <strong>der</strong> hier zur Verfügung stehende Rahmen keinen vollständigen Abdruck - und nur dies wäre<br />
zum Verständnis für die Gesamtstruktur <strong>der</strong> Pläne sinnvoll - unserer erstellten Arbeitspläne erlaubt,<br />
sind zur Verdeutlichung <strong>der</strong> dargestellten Überlegungen zwei Arbeitsplanausschnitte aus<br />
den Fächern Deutsch und Mathematik (Abb.3 und 4) ausgewählt, an denen sowohl die fachdidaktische<br />
Sequenzbildung als auch die jeweilige Verknüpfung von fachlichen Schwerpunkten mit den<br />
ausgewählten Kompetenzen zum Unterrichten sichtbar werden soll. Dies musste zunächst nur auf<br />
sehr allgemeine Weise und formal geschehen. Weiterführend wäre es sehr hilfreich, wenn aus den<br />
Planstrukturen Lernaufgaben für die jeweiligen Fachseminarveranstaltungen entwickelt werden<br />
könnten, die exemplarisch die explizit angestrebte Kompetenzentwicklung mit ihrer fachdidaktischen<br />
Vernetzung aufzeigen würden. Dies muss jedoch den jeweiligen Dienstbesprechungen <strong>der</strong><br />
Fachkoordinatoren und <strong>der</strong> individuellen Ausprägung <strong>der</strong> Fachseminarleitungen vorbehalten werden.<br />
15 Vgl. hierzu den Artikel von Lars Kraft in diesem <strong>Heft</strong>.<br />
Seite 27
Zur Reform des Vorbereitungsdienstes<br />
Abb.3 (Auszug aus dem Arbeitsplan von Frau L. Graf, FSL Deutsch-G)<br />
22.08.<strong>2012</strong> 29.08.<strong>2012</strong> 05.09.<strong>2012</strong> 12.09.<strong>2012</strong> 19.09.<strong>2012</strong><br />
Gruppenhospitation<br />
zum Thema<br />
Sprachbetrachtung<br />
5 Reflexion und<br />
Evaluation<br />
Beispielhafte<br />
Strukturierung und<br />
Organisation von<br />
(insbeson<strong>der</strong>e kooperativen)Arbeitsprozessen<br />
an<br />
konkreten Stunden<br />
(15. im Beurteilungsformular)<br />
Fachbezogene<br />
Verfahren und<br />
Elemente <strong>der</strong><br />
Strukturierung von<br />
Auswertungs-, ErgebnissicherungsundReflexionsphasen<br />
(17. im Beurteilungsformular)<br />
Seite 28<br />
Richtig schreiben I:<br />
Prinzipien <strong>der</strong> Orthografie,Schreibentwicklung,didaktisch-methodische<br />
Prinzipien des<br />
Rechtschreiblernens<br />
2 Planung von<br />
Unterricht<br />
Exemplarische<br />
Bewusstmachung<br />
von wesentlichen<br />
Planungsentscheidungen<br />
durch<br />
Übungen zur Ermittlung<br />
von kompetenzorientierten<br />
Schwerpunkten<br />
konkreter Stunden<br />
und stimmiger sowie<br />
fachadäquater<br />
Stundenstrukturen/-modelle<br />
(8. im Beurteilungsformular)<br />
Arbeitstechniken<br />
im Rechtschreibunterricht:Abschreiben<br />
und Nachschlagen<br />
4 Unterrichtsarrangement<br />
Exemplarische<br />
Bewusstmachung<br />
von wesentlichen<br />
Planungsentscheidungen<br />
durch<br />
Übungen zur Ermittlung<br />
von kompetenzorientierten<br />
Schwerpunkten<br />
konkreter Stunden<br />
und stimmiger sowie<br />
fachadäquater<br />
Stundenstrukturen/-modelle<br />
(8. im Beurteilungsformular)<br />
Richtig schreiben<br />
II:<br />
Lernstandserhebungen<br />
(Diktate,<br />
Rechtschreibarbeiten);<br />
Korrektur und Bewertung<br />
2 Planung von<br />
Unterricht<br />
Strukturierung<br />
sachlogischer Sequenzen<br />
bzw. UE<br />
in den jeweiligen<br />
Teilgebieten des<br />
Faches; Verdeutlichung<br />
kumulativer<br />
Kompetenzenwicklung<br />
und Progression<br />
(5. im Beurteilungsformular)<br />
LRS: Feststellungsverfahren,<br />
rechtliche Grundlagen,För<strong>der</strong>möglichkeiten,<br />
Analyse von För<strong>der</strong>material<br />
6 Inklusion I –<br />
Heterogenität<br />
Aufzeigen von Niveaustufen<br />
an<br />
konkreten Fachbeispielen<br />
und<br />
Ableitung qualitativerDifferenzierungsmaßnahmen<br />
(13. im Beurteilungsformular)<br />
Abb.4 (Auszug aus dem Arbeitsplan von Frau M. Wegerich, FSL Mathematik-G und fachliche Koordinatorin)<br />
Lehrveranstaltung<br />
IX. X. XI. XII.<br />
Thema:<br />
Zahlen und Ope- Zahlen und Ope- Zahlen und Ope- Zahlen und Ope-<br />
(Fachdidaktische rationenrationenrationenrationen<br />
Schwerpunkte) Entwicklung von Grundrechenope- Gestaltung von Leistungsermitt-<br />
Bruchvorstellungen rationen im Bereich Übungsstunden im lung und Bewer-<br />
<strong>der</strong> gebrochenen MaU am Beispiel tung im MaU am<br />
Zahlen<br />
<strong>der</strong> Bruchrechnung Beispiel <strong>der</strong> Bruchrechnung<br />
- Sachanalyse - Algorithmisches - Übungsformen - Grundsätze <strong>der</strong><br />
- Abstraktionspro- Arbeiten<br />
- operatives Üben Leistungsermittzess<br />
- Handlungsanlei- - Individualisierung lung und -<br />
- Anschaulichkeit tung/Sprachför von Lernprozes- bewertung<br />
im MaU<br />
<strong>der</strong>ungsen<br />
- Kompetenzorien-<br />
- Aufgaben-analyse - eines inhaltlichen - methodische Getierte KA<br />
Verständnisses staltung von - differenzierte KA<br />
durch Erstellung Lerntheken und<br />
von Veranschaulichungen<br />
Lernpfaden<br />
Baustein / Modul 2 Planen von 2 Planen von 2 Planen von 2 Planen von<br />
Unterrichten Unterricht<br />
Unterricht<br />
Unterricht<br />
Unterricht<br />
3 Sprachför<strong>der</strong>ung 4 Unterrichtsarrangement<br />
6 Inklusion
Aufgabenschwerpunkt<br />
<strong>der</strong><br />
Kompetenzentwicklung<br />
Exemplarische<br />
Bewusstmachung<br />
von wesentlichen<br />
Planungsentscheidungen<br />
durch<br />
Übungen zur Ermittlung<br />
von kompetenzorientierten<br />
Schwerpunkten<br />
konkreter Stunden<br />
und stimmiger sowie<br />
fachadäquater<br />
Stundenstrukturen<br />
/ -modelle<br />
- Thematisierung<br />
lern- und sprachför<strong>der</strong>n<strong>der</strong>Steuerungsprozesse<br />
für<br />
wie<strong>der</strong>kehrende<br />
Standardsituationen<br />
des Fachunterrichts<br />
- Exemplarische<br />
Thematisierung<br />
des lern- und<br />
sprachför<strong>der</strong>lichenMedieneinsatzes<br />
im Sinne<br />
<strong>der</strong> Interaktion<br />
von Darstellungsebenen<br />
und <strong>der</strong><br />
Visualisierung<br />
von Lernprozessen<br />
und ergebnissen<br />
Klaus Meister,<br />
Leiter des 3.Schulpraktischen <strong>Seminar</strong>s Mitte (L)<br />
Zur Reform des Vorbereitungsdienstes<br />
Exemplarische<br />
Verdeutlichung<br />
fachbezogener und<br />
teilgebietsadäquaterProzessabläufeKompetenzentwickeln<strong>der</strong><br />
Lernstrukturen<br />
(Lernaufgaben);<br />
Kompetenzorientierter<br />
Aufbau<br />
fachspezifischer<br />
Arbeitsstrategien<br />
und –techniken<br />
Modulprüfungen – Beurteilungskriterien und mögliche<br />
Aufgabenstellungen<br />
- Exemplarische<br />
Ermittlung von<br />
Lernausgangslagen<br />
und des<br />
Standes <strong>der</strong><br />
Kompetenzentwicklung(inhalts-<br />
und prozessbezogen)<br />
an<br />
konkreten Inhalten<br />
- Konzipierung und<br />
Einbettung von<br />
fachlichen Aufgaben<br />
im Rahmen<br />
geöffneter Formen<br />
des Unterrichts<br />
Nach <strong>der</strong> Verabschiedung <strong>der</strong> neuen Lehrerausbildungsordnung (kurz: VO) und des Handbuches<br />
für den Vorbereitungsdienst, das in vielen Teilen die in <strong>der</strong> VO enthaltenen Vorschriften ergänzt,<br />
wurde schnell deutlich, dass für die Modulprüfungen neben rechtlichen und organisatorischen<br />
Hinweisen für die neuen Prüfungsabläufe und den Beson<strong>der</strong>heiten <strong>der</strong> vier Modulprüfungsformate<br />
vor allem einheitliche Bewertungsmaßstäbe notwendig sind, um einheitliche Prüfungsanfor<strong>der</strong>ungen<br />
im Land Berlin festzulegen.<br />
Mit <strong>der</strong> Entwicklung einheitlicher Bewertungskriterien wird auch die notwendige Transparenz für<br />
die Lehramtsanwärter/innen hergestellt, die damit nachvollziehen können, was von ihnen in den<br />
jeweiligen Formaten (mündliche, multimediale, schriftliche Prüfung o<strong>der</strong> ein Prüfungsportfolio) erwartet<br />
wird. Für die Schulleiter/innen und die Fachseminarleitern/innen, die neben den <strong>Seminar</strong>leitern/innen<br />
als Prüfer bei den Modulprüfungen als zweite Prüfer gleichberechtigt teilnehmen können<br />
und auch bewerten, müssen im Sinne <strong>der</strong> Gleichberechtigung in Prüfungen ebenfalls diese<br />
Kriterien bekannt sein. Ich möchte nur daran erinnern, dass in den Modulprüfungen, die als Einzel-<br />
o<strong>der</strong> Gruppenprüfung (bis zu vier Lehramtsanwärter/innen pro Gruppe) abgelegt werden können,<br />
zwei Prüfer die Noten erteilen und aus <strong>der</strong> Summe <strong>der</strong> beiden Noten das arithmetische Mittel gebildet<br />
wird.<br />
Neben den allgemeinen Anfor<strong>der</strong>ungen, die für alle vier Modulprüfungsformate gleich sind, wurden<br />
jeweils zusätzliche Spezifika für jedes Format ausgearbeitet. Zusätzlich sind in <strong>der</strong> Handreichung<br />
Beispiele für Aufgaben aus den unterschiedlichen Bausteinen für jedes Prüfungsformat als Orientierung<br />
sowohl für die Prüfenden als auch für die Lehramtsanwärter/innen enthalten.<br />
Seite 29
Zur Reform des Vorbereitungsdienstes<br />
Um die obigen Aussagen zu verdeutlichen, wird im Folgenden ein Überblick über die Beurteilungskriterien<br />
gegeben:<br />
Seite 30<br />
Beurteilungskriterien <strong>der</strong> mündlichen Modulprüfung:<br />
1. Fachliche Kompetenz<br />
• Fachliche Richtigkeit und Komplexität <strong>der</strong> Ausführungen<br />
• Auswahl und Darlegung <strong>der</strong> theoretischen Grundlagen<br />
• Begründung und Reflexion <strong>der</strong> eigenen Position<br />
• Fähigkeit zur Vernetzung mit an<strong>der</strong>en Ausbildungsinhalten<br />
2. Struktur und Schwerpunktsetzung<br />
• Orientierung an einer tragenden Fragestellung<br />
• Fokussierung des Aufgabenschwerpunkts<br />
• Zeitliche Strukturierung <strong>der</strong> Aufgabenbewältigung<br />
• Akzentuierung aufgabenrelevanter Aspekte<br />
3. Entwicklung und Darstellung fach- und aufgabengerechter Lösungen<br />
• Konkreter Bezug zur individuellen Schulpraxis<br />
• Übertragung auf praktische Problemstellungen<br />
• Konkretisierung an Fallbeispielen<br />
• Qualität <strong>der</strong> Reflexion<br />
4. Kommunikative Kompetenz<br />
• Mündliche Ausdrucksfähigkeit<br />
• Adressatenorientierung<br />
• Flexibilität im Umgang mit Prüfungsfragen<br />
• Überzeugungskraft<br />
Beurteilungskriterien <strong>der</strong> multimedialen Modulprüfung:<br />
1. Fachliche Kompetenz<br />
• Fachliche Richtigkeit und Komplexität <strong>der</strong> Ausführungen<br />
• Auswahl und Darlegung <strong>der</strong> theoretischen Grundlagen<br />
• Begründung und Reflexion <strong>der</strong> eigenen Position<br />
• Fähigkeit zur Vernetzung mit an<strong>der</strong>en Ausbildungsinhalten<br />
2. Struktur und Schwerpunktsetzung<br />
• Orientierung an einer tragenden Fragestellung<br />
• Fokussierung des Aufgabenschwerpunkts<br />
• Zeitliche Strukturierung <strong>der</strong> Aufgabenbewältigung<br />
• Akzentuierung aufgabenrelevanter Aspekte<br />
3. Entwicklung und Darstellung fach- und aufgabengerechter Lösungen<br />
• Konkreter Bezug zur individuellen Schulpraxis<br />
• Übertragung auf praktische Problemstellungen<br />
• Konkretisierung/Dokumentation an Fallbeispielen<br />
• Qualität <strong>der</strong> Reflexion<br />
4. Kommunikative Kompetenz<br />
• Mündliche Ausdrucksfähigkeit<br />
• Adressatenorientierung<br />
• Flexibilität im Umgang mit Prüfungsfragen<br />
• Überzeugungskraft<br />
5. Mediengestaltung und –einsatz<br />
• Funktionalität des Medieneinsatzes<br />
• Sicherheit im Umgang mit Medien
• Integration <strong>der</strong> Medien in den Vortrag<br />
• Wissenschaftliche Arbeitskriterien<br />
Beurteilungskriterien <strong>der</strong> schriftlichen Modulprüfung:<br />
Zur Reform des Vorbereitungsdienstes<br />
1. Fachliche Kompetenz<br />
• Fachliche Richtigkeit und Differenziertheit <strong>der</strong> Ausführungen<br />
• Auswahl und Darlegung <strong>der</strong> theoretischen Grundlagen<br />
• Begründung und Reflexion <strong>der</strong> eigenen Position/Vorgehensweise<br />
• Fähigkeit zur Vernetzung mit an<strong>der</strong>en Ausbildungsinhalten<br />
2. Struktur und Schwerpunktsetzung<br />
• Orientierung an einer tragenden Fragestellung<br />
• Fokussierung des Aufgabenschwerpunkts<br />
• Strukturierung <strong>der</strong> Aufgabenbewältigung<br />
• Akzentuierung aufgabenrelevanter Aspekte<br />
3. Entwicklung und Darstellung fach- und aufgabengerechter Lösungen<br />
• Konkreter Bezug zur individuellen Schulpraxis<br />
• Begründete und schlüssige Konzeptentwicklung<br />
• Aufbereitung und Funktionalität <strong>der</strong> Dokumentation<br />
• Qualität <strong>der</strong> Reflexion<br />
4. Schriftsprachliche Kompetenz<br />
• Schriftliche Ausdrucksfähigkeit und gedankliche Stringenz in <strong>der</strong> Darstellung<br />
• Wissenschaftliche Arbeitskriterien<br />
• Umfang und Sprachrichtigkeit<br />
• Layout und Übersichtlichkeit<br />
Beurteilungskriterien des Prüfungsportfolios:<br />
1. Fachliche Kompetenz<br />
• Fachliche Richtigkeit und Differenziertheit <strong>der</strong> Ausführungen<br />
• Auswahl und Darlegung <strong>der</strong> theoretischen Grundlagen<br />
• Begründung und Reflexion <strong>der</strong> eigenen Position/Vorgehensweise<br />
• Fähigkeit zur Vernetzung mit an<strong>der</strong>en Ausbildungsinhalten<br />
2. Struktur und Schwerpunktsetzung<br />
• Orientierung an einer tragenden Fragestellung<br />
• Fokussierung des Aufgabenschwerpunkts<br />
• Strukturierung <strong>der</strong> Aufgabenbewältigung<br />
• Akzentuierung aufgabenrelevanter Aspekte<br />
3. Entwicklung und Darstellung fach- und aufgabengerechter Lösungen<br />
• Konkreter Bezug zur individuellen Schulpraxis<br />
• Begründete und schlüssige Konzeptentwicklung<br />
• Aufbereitung und Funktionalität <strong>der</strong> Dokumentation<br />
• Qualität <strong>der</strong> Reflexion<br />
4. Schriftsprachliche Kompetenz<br />
• Schriftliche Ausdrucksfähigkeit und gedankliche Stringenz in <strong>der</strong> Darstellung<br />
• Wissenschaftliche Arbeitskriterien<br />
• Umfang und Sprachrichtigkeit<br />
• Layout und Übersichtlichkeit<br />
Seite 31
Zur Reform des Vorbereitungsdienstes<br />
Wie den Beispielen zu entnehmen ist, ist bei den mündlichen Prüfungen zusätzlich zu den für alle<br />
Prüfungsformate gültigen Kompetenzen (fachliche Kompetenz, Struktur und Schwerpunktsetzung,<br />
Entwicklung und Darstellung fach- und sachgerechter Lösungen) die kommunikative Kompetenz<br />
ein weiteres Beurteilungskriterium.<br />
Bei <strong>der</strong> Beurteilung <strong>der</strong> multimedialen Prüfungsformate sind neben <strong>der</strong> kommunikativen Kompetenz<br />
auch die Mediengestaltung und <strong>der</strong> Medieneinsatz ein Beurteilungskriterium, während bei <strong>der</strong><br />
schriftlichen Prüfung und dem Prüfungsportfolio die schriftsprachliche Kompetenz an Stelle <strong>der</strong><br />
kommunikativen Kompetenz zum Tragen kommt.<br />
Um einen Eindruck von den Prüfungsaufgaben zu vermitteln, die schwerpunktmäßig einem Baustein<br />
zuzuordnen sind, aber auch Bezüge zu an<strong>der</strong>en Pflichtbausteinen aufweisen müssen, werden<br />
exemplarisch zwei Beispiele angegeben:<br />
1. Schriftliche Prüfungsaufgabe zum Modul Unterrichten:<br />
Schwerpunkt ist <strong>der</strong> Pflichtbaustein 3: „Sprachför<strong>der</strong>ung/Sprachbildung“ (mit Bezügen zu den<br />
Pflichtbausteinen 1, 2 und 4 (Grundlagen des Lehrerberufs, Planung von Unterricht, Unterrichtsarrangement)<br />
Aufgabe:<br />
Seite 32<br />
Thema: Lernhilfen zur Formulierung von Lernergebnissen<br />
Entwickeln und reflektieren Sie zur Sprachför<strong>der</strong>ung Ihrer Schülerinnen und Schüler im Rahmen<br />
Ihrer laufenden Unterrichtseinheit im Fach ……… Lernhilfen zur selbständigen Lernergebnisformulierung<br />
2. Mündliche Prüfungsaufgabe zum Modul Erziehen:<br />
Schwerpunkt: Pflichtbaustein 1: „Entwicklungsprozesse und soziokulturelle Lebensbedingungen“<br />
(mit Bezügen zum Pflichtbaustein 3: Sprachför<strong>der</strong>ung/Sprachbildung)<br />
Aufgabe:<br />
Thema: Beratung von Eltern und Schülern<br />
Wählen Sie auf <strong>der</strong> Grundlage Ihrer Unterrichtserfahrungen und Ihres theoretischen Wissens<br />
ein Konzept zur Zusammenarbeit mit Eltern, <strong>der</strong>en Tochter/Sohn über einen längeren Zeitraum<br />
die Mitarbeit in Ihrem Fachunterricht verweigert und Gesprächsangebote von Ihnen nicht angenommen<br />
hat.<br />
Die Praxis wird zeigen, inwiefern die Beurteilungskriterien und die Aufgaben praktikabel sind und<br />
den Anspruch, eine Vernetzung zwischen den Bausteinen herzustellen und die verschiedenen Anfor<strong>der</strong>ungsniveaus<br />
zu integrieren, gerecht werden können. Herr Dr. Oehmig hat in seinem Beitrag<br />
(in diesem <strong>Heft</strong> ab Seite 20) erste Erfahrungen mit Modulprüfungen geschil<strong>der</strong>t, in denen aber die<br />
hier dargestellten Kriterien –aufgrund <strong>der</strong> Zeit – noch nicht zum Tragen kommen konnten.<br />
Roswitha Kneer-Werner,<br />
Leiterin des 2. Schulpraktischen <strong>Seminar</strong>s <strong>Neu</strong>kölln
Arbeitsgruppe Schule und <strong>Seminar</strong><br />
Zur Reform des Vorbereitungsdienstes<br />
Die beiden tragenden Säulen <strong>der</strong> schulpraktischen Ausbildung im Vorbereitungsdienst sind die<br />
Schulpraktischen <strong>Seminar</strong>e mit ihren Fachseminaren und die Ausbildungsschulen. Der Erfolg <strong>der</strong><br />
Ausbildung von Lehramtsanwärterinnen und Lehramtsanwärtern hängt nicht unwesentlich davon<br />
ab, in welcher Form die beiden Bereiche miteinan<strong>der</strong> kooperieren, Inhalte und Vorgehen aufeinan<strong>der</strong><br />
abstimmen und im positiven Sinn an einem Strang ziehen.<br />
Das Verhältnis <strong>der</strong> beiden Ausbildungsbereiche ist sensibel und läuft immer wie<strong>der</strong> Gefahr, durch<br />
Wi<strong>der</strong>sprüchlichkeiten, unterschiedliche Zielvorgaben und fehlende Vernetzung suboptimal zu bleiben.<br />
Wi<strong>der</strong>sprüche ergeben sich aus <strong>der</strong> Möglichkeit des behutsamen Einsatzes von LAA im Unterricht<br />
im Konflikt mit <strong>der</strong> Anrechnung <strong>der</strong> LAA mit sieben Stunden. Gleiches ist festzustellen, wenn<br />
die vorgesehene Zuordnung von anleitenden Lehrerinnen und Lehrern in <strong>der</strong> Praxis nicht geleistet<br />
wird o<strong>der</strong> nicht geleistet werden kann. Auch die Anfor<strong>der</strong>ungen, die Ausbil<strong>der</strong>innen und Ausbil<strong>der</strong><br />
bei Unterrichtsbesuchen an LAA stellen, werden durch betreuende Lehrerinnen und Lehrer oft nicht<br />
geteilt. Die Gründe dafür sind sicherlich vielschichtig, beruhen z. T. auch auf <strong>der</strong> Unkenntnis, was in<br />
<strong>der</strong> Ausbildung aufgrund <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> letzten Jahre vermittelt und gefor<strong>der</strong>t wird.<br />
Manchmal sind einfach die Perspektiven und die Informationsstände unterschiedlich.<br />
Um das Verhältnis Schule und <strong>Seminar</strong> zu optimieren, um die Akzeptanz <strong>der</strong> Ausbildung in den<br />
Schulen zu erhöhen, Ausbildung als Teil von Schule und Schulentwicklung zu verstehen, um die<br />
Möglichkeit des gegenseitigen Profitierens von <strong>Seminar</strong> und Schule zu verdeutlichen, hat sich eine<br />
Gruppe von Leiterinnen und Leitern Schulpraktischer <strong>Seminar</strong>e gebildet, die Vorschläge erarbeiten<br />
und in den Dialog mit Schulleiterinnen und Schulleitern getreten sind.<br />
Die Bereitschaft zur Mitarbeit war groß, so dass sich am <strong>11</strong>.02.20<strong>11</strong> elf Kolleginnen und Kollegen<br />
zu einer ersten Sitzung in <strong>der</strong> Senatsverwaltung für Bildung trafen. Schwachpunkte wurden gesammelt,<br />
Beispielhaftes berichtet und Ideen entwickelt. In die dritte Sitzung wurden dann Schulleiterinnen<br />
und Schulleiter eingeladen, um das Erarbeitete mit ihnen zu diskutieren. Von 15 eingeladenen<br />
Schulleiterinnen und Schulleitern kamen drei, einige entschuldigten ihr Fernbleiben, drei<br />
reagierten auf die Einladung überhaupt nicht. Die Anwesenden diskutierten konstruktiv und gaben<br />
Hinweise, die in die Endfassung eines Textes, <strong>der</strong> nun in das Handbuch Vorbereitungsdienst eingeflossen<br />
ist. Hier werden die wesentlichen Punkte dokumentiert:<br />
„Möglichkeiten <strong>der</strong> inhaltlichen Zusammenarbeit und des Austausches über Ausbildungsfragen<br />
zwischen Ausbil<strong>der</strong>innen und Ausbil<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Schulpraktischen <strong>Seminar</strong>e und den Ausbildungsschulen<br />
o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Schulaufsicht sind u. a.<br />
• Fortbildungsangebote für Mentorinnen und Mentoren, organisiert durch <strong>Seminar</strong>leiterinnen und<br />
<strong>Seminar</strong>leiter sowie Fachseminarleiterinnen und Fachseminarleiter (z. B. Einführung in die Ziele<br />
und Inhalte <strong>der</strong> Ausbildung, Aufgaben von anleitenden Lehrerinnen und Lehrern, Vorstellen von<br />
Ergebnissen <strong>der</strong> Fachseminararbeit bedarfsorientiert zu Themen wie Differenzierung, Heterogenität,<br />
Sprachför<strong>der</strong>ung etc.),<br />
• Angebote für schulinterne Fortbildungen durch <strong>Seminar</strong>leiterinnen und <strong>Seminar</strong>leiter bzw. Fachseminarleiterinnen<br />
und Fachseminarleiter,<br />
• die Gestaltung einzelner Tagesordnungspunkte in Gesamt- und Fachkonferenzen o<strong>der</strong> in an<strong>der</strong>en<br />
schulinternen Gremiensitzungen durch <strong>Seminar</strong>leiterinnen und <strong>Seminar</strong>leiter sowie Fachseminarleiterinnen<br />
und Fachseminarleiter und durch Lehramtsanwärterinnen und Lehramtsanwärter,<br />
Seite 33
Zur Reform des Vorbereitungsdienstes<br />
• die Durchführung von Veranstaltungen des Allgemeinen <strong>Seminar</strong>s im Rahmen <strong>der</strong> Modulbausteine<br />
an Schulen gemeinsam mit Schulleiterinnen und Schulleitern (z. B. zur Schulentwicklung,<br />
zum Schulprogramm, zu schulischen Beson<strong>der</strong>heiten/Profilbildung),<br />
• <strong>der</strong> Austausch zwischen Schulleiterinnen und Schulleitern, <strong>der</strong> Schulaufsicht und <strong>Seminar</strong>leiterinnen<br />
und <strong>Seminar</strong>leitern (z. B. über Zuweisungsmodalitäten, Ausbildungsschwerpunkte, Entwicklung<br />
von schulbezogenen Modulprüfungsaufgaben, Vernetzung von Ausbildung in Schule<br />
und <strong>Seminar</strong>).“ (S. 12/13)<br />
Neben den Anregungen für die Zusammenarbeit <strong>der</strong> Schulen und <strong>der</strong> Ausbildungsseminare im<br />
Handbuch Vorbereitungsdienst hat die Arbeitsgruppe einen Beitrag für den überarbeiteten und<br />
demnächst erscheinenden Handlungsrahmen Schulqualität geleistet. Damit sind nun erstmalig Kriterien<br />
als Orientierung für die mit <strong>der</strong> Ausbildung betrauten Schulleiterinnen und Schulleiter definiert<br />
worden. Damit wird aber auch deutlich gemacht, dass die Lehrerausbildung ein integrativer Bestandteil<br />
von Schule ist.<br />
Ausbildung<br />
Durch die Ausbildung an Schulen<br />
sollen die Lehramtsanwärterinnen<br />
und Lehramtsanwärter die<br />
Fähigkeit zu selbstständigem<br />
beruflichem Handeln in Schule,<br />
Unterricht und Erziehung erwerben<br />
und befähigt werden, Entwicklungsprozesse<br />
<strong>der</strong> Schulen<br />
mitzugestalten.<br />
Seite 34<br />
Die Schulleiterin/Der Schulleiter<br />
• sorgt dafür, dass die Lehramtsanwärterinnen und -<br />
anwärter mit den wichtigsten die Schule betreffenden<br />
Vorgängen vertraut gemacht werden und sich handelnd<br />
einbringen können,<br />
• setzt für die schulpraktische Ausbildung <strong>der</strong> Lehramtsanwärterinnen<br />
und -anwärter fachlich und fachdidaktisch<br />
qualifizierte Lehrkräfte ein.<br />
• besucht die Lehramtsanwärterinnen und -anwärter im<br />
Unterricht und berät sie,<br />
• berücksichtigt bei <strong>der</strong> Zuweisung selbstständigen Unterrichts<br />
den Ausbildungstand <strong>der</strong> Lehramtsanwärterinnen<br />
und -anwärter und die Vorgaben <strong>der</strong><br />
Ausbildungsverordnung,<br />
• nutzt die Expertise von Lehramtsanwärterinnen und -<br />
anwärtern sowie von Ausbil<strong>der</strong>innen und Ausbil<strong>der</strong>n<br />
für die Qualitätsentwicklung <strong>der</strong> Schule.<br />
Als dritten Erfolg <strong>der</strong> Arbeitsgruppe ist die Tatsache zu sehen, dass nicht nur im Handlungsrahmen<br />
Schulqualität Gelingenskriterien für den Vorbereitungsdienst an den Berliner Schulen beschrieben<br />
sind, son<strong>der</strong>n dass auch die Schulinspektion erstmalig die Ausbildungsleistungen <strong>der</strong> Schulen im<br />
Hinblick auf die Lehrerbildung im Blick hat. Dazu wurde u. a. ein Fragebogen entwickelt, <strong>der</strong> den an<br />
<strong>der</strong> Schule tätigen Lehramtsanwärterinnen und Lehramtsanwärtern vorgelegt wird und <strong>der</strong> folgende<br />
Impulse enthält.
Fragebogen für Lehramtsanwärterinnen und -anwärter<br />
im Rahmen <strong>der</strong> Schulinspektion an <strong>der</strong><br />
Termine: und<br />
Liebe Kollegin, lieber Kollege,<br />
sie absolvieren Ihre schulpraktische Ausbildung an <strong>der</strong> . In diesem<br />
Zusammenhang bitte ich Sie um eine Einschätzung zu sechs Indikatoren<br />
aus dem Handbuch Schulinspektion, die sich mit <strong>der</strong> Lehrerausbildung<br />
befassen.<br />
Die Indikatoren sind wörtlich aus dem Handbuch übernommen und ich<br />
bitte sie um eine Einschätzung auf einer Skala von „trifft zu“ bis „trifft<br />
nicht zu“. Weiter unten haben Sie dann noch die Möglichkeit, erläuternde<br />
Hinweise hinzuzufügen o<strong>der</strong> weitere, Ihnen wichtig erscheinende,<br />
Anmerkungen zu verfassen. Vielen Dank!<br />
4.1.2.3 Die Schulleiterin/<strong>der</strong> Schulleiter för<strong>der</strong>t die Einbindung <strong>der</strong><br />
Lehramtsanwärter/innen ins Kollegium.<br />
4.1.2.4 Die Schulleiterin/<strong>der</strong> Schulleiter sorgt dafür, dass die Lehramtsanwärter/innen<br />
mit den die Schule betreffenden Vorgängen<br />
vertraut gemacht werden.<br />
4.2.1.5 Die Schulleiterin/<strong>der</strong> Schulleiter nutzt die Expertise von Lehramtsanwärterinnen<br />
und Lehramtsanwärtern sowie von Ausbil<strong>der</strong>innen<br />
und Ausbil<strong>der</strong>n für die Qualitätsentwicklung <strong>der</strong><br />
Schule.<br />
4.4.1.5 Die Schulleiterin/<strong>der</strong> Schulleiter berücksichtigt bei <strong>der</strong> Zuweisung<br />
selbstständigen Unterrichts den Ausbildungsstand <strong>der</strong><br />
Lehramtsanwärter/innen und die Vorgaben <strong>der</strong> Ausbildungsverordnung.<br />
5.1.1.6 Die Schulleiterin/<strong>der</strong> Schulleiter setzt für die schulpraktische<br />
Anleitung <strong>der</strong> Lehramtsanwärter/innen fachlich und fachdidaktisch<br />
qualifizierte Lehrkräfte ein.<br />
5.1.2.5 Die Schulleiterin/<strong>der</strong> Schulleiter besucht die Lehramtsanwärter/innen<br />
im Unterricht und berät sie.<br />
Platz für Hinweise, Erläuterungen usw. (ggf. weiter auf <strong>der</strong> Rückseite)<br />
Zur Reform des Vorbereitungsdienstes<br />
trifft zu<br />
trifft eher zu<br />
trifft eher nicht zu<br />
trifft nicht zu<br />
Seite 35
Zur Reform des Vorbereitungsdienstes<br />
Eigentlich war damit <strong>der</strong> Auftrag <strong>der</strong> Arbeitsgruppe erfüllt, wenn da nicht noch das Ergebnis <strong>der</strong><br />
Dienstbesprechung <strong>der</strong> <strong>Seminar</strong>leiterinnen und <strong>Seminar</strong>leiter vom Februar 20<strong>11</strong> gewesen wäre,<br />
ein regionales Fortbildungskonzept für Fachseminarleiterinnen und Fachseminarleiter und für anleitende<br />
Lehrkräfte zu entwickeln. Frau Hanisch, eine Praktikantin im Referat Lehrerbildung, hat<br />
dazu eine umfassende und sehr aufschlussreiche Expertise aus dem Blickwinkel einer Nicht-Lehrerin<br />
den Mitglie<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Arbeitsgruppe vorgelegt, die nun auch als Grundlage für die weitere Arbeit<br />
dient. Ziel ist ein Qualifizierungskonzept für neue Fachseminarleiterinnen und Fachseminarleiter<br />
(Koordination: Frau Kneer-Werner) und ein Qualifizierungskonzept für Mentorinnen und Mentoren<br />
(Koordination: Herr Hochschild). Voraussichtlich zum Ende des Jahres <strong>2012</strong> soll das Konzept<br />
vorliegen, die inhaltliche Ausfüllung ist für Anfang 2013 geplant. Dann wird die erfolgreich und<br />
sehr konstruktiv arbeitende Arbeitsgruppe Schule und <strong>Seminar</strong> auch ihren letzten Auftrag erfüllt<br />
haben.<br />
Andreas Stephan,<br />
Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft; Grundsatzangelegenheiten Lehrerbildung;<br />
Wahrnehmung <strong>der</strong> Leitung des Referats Lehrerbildung VI E (V)<br />
Seite 36
Zum Fremdsprachenunterricht<br />
Fremdsprachenunterricht in Ausbildung<br />
und schulischer Praxis<br />
Bilingualer Unterricht<br />
<strong>Neu</strong>e Impulse für den bilingualen Unterricht an Berliner Schulen:<br />
Der Wahlbaustein Bilinguales Lehren und Lernen/CLIL<br />
in <strong>der</strong> 2. Phase <strong>der</strong> Lehrerbildung<br />
Der bilinguale Unterricht bzw. das integrierte Sach- und Sprachlernen (CLIL) hat in Berlin einen<br />
langen Weg zurück gelegt seit die ersten Schülerinnen und Schüler ab 1989 und später im Rahmen<br />
des Schulversuchs 16 ihre ersten Gehversuche unternommen haben. Seither haben Kolleginnen<br />
und Kollegen in den bilingualen Zügen mit viel Eigeninitiative und Engagement zahlreiche<br />
Schülergenerationen mit Spitzenergebnissen zum Abitur begleitet. In <strong>der</strong> Anfangsphase war <strong>der</strong><br />
Zugang zu bilingualen Zügen noch streng reglementiert und die aufgenommenen Schülerinnen<br />
und Schüler genossen einen aus heutiger Perspektive luxuriösen Umfang an Fremdsprachenunterricht.<br />
Damit einher ging nicht selten <strong>der</strong> Vorwurf, dass bilinguale Züge <strong>der</strong> Elitenbildung Vorschub<br />
leisten.<br />
Im Laufe <strong>der</strong> letzten Jahre hat sich <strong>der</strong> bilinguale Unterricht nun grundsätzlich gewandelt. Aufgrund<br />
des allseits anerkannten Mehrwerts <strong>der</strong> bilingualen Schulbildung für den Fremdsprachenerwerb<br />
und <strong>der</strong> Überführung in die Regelform entwickelt sich <strong>der</strong> bilinguale Unterricht in Berlin langsam zu<br />
einem breiten und durchlässig organisierten Unterrichtsmodell. Aus den einst 35 bilingualen Schulen<br />
im Schulverzeichnis 17 sind so inzwischen 53 geworden. Darunter befinden sich <strong>der</strong>zeit 32<br />
Gymnasien, 18 Integrierte Sekundarschulen und drei Berufsbildende Schulen. Unterrichtet wird in<br />
drei Sprachen, nämlich auf Englisch, Französisch, und Spanisch. 18<br />
Zwei strukturelle Probleme behin<strong>der</strong>n jedoch die erfolgreiche Ausweitung bzw. Durchführung des<br />
bilingualen Unterrichts in Zeiten des Lehrermangels, <strong>der</strong> Schulzeitverkürzung und Schulstrukturreform:<br />
1. Die verän<strong>der</strong>ten Bedingungen und Herausfor<strong>der</strong>ungen des bilingualen Unterrichts im<br />
Regelbetrieb.<br />
2. Ein Mangel an geeignetem Lehrernachwuchs in Zeiten, in denen die „Bili-Pioniere“ <strong>der</strong><br />
ersten Stunde nach und nach pensioniert werden und dadurch wertvolle Praxiserfahrung an<br />
den Schulen verloren geht - v.a. in den MINT-Fächern.<br />
Im Folgenden sollen die o.g. Umbrüche beleuchtet und die Vorteile <strong>der</strong> Integration eines Wahlbausteins<br />
Bilinguales Lernen im Sachfachunterricht/CLIL in die Ausbildung für die Mehrzahl <strong>der</strong> Lehramtsanwärter/innen<br />
(LAA) schlaglichtartig erläutert werden.<br />
16 Am Schulversuch zu Deutsch-Englischen bilingualen Zügen an Berliner Gymnasien (DEZIBEL) nahmen<br />
drei Schulen teil, die teilweise bereits seit 1989 bilingualen Unterricht implementiert hatten (Georg-Büchner-,<br />
Johann-Gottfried-Her<strong>der</strong>- und Sophie-Charlotte-Schule). Sie wurden 2002 und 2005 von Prof. Wolfgang<br />
Zydatiß evaluiert.<br />
Zydatiß, Wolfgang. Deutsch-Englische Züge in Berlin (DEZIBEL). Eine Evaluation des bilingualen Sachfachunterrichts<br />
an Gymnasien. in: Mehrsprachigkeit und Unterricht; Bd. 7. Frankfurt a. M.: Lang 2007.<br />
17 Gemäß SenBJW, Stand Februar 2008.<br />
18 Gemäß statistischer Erhebung von SenBJW, Dezember 20<strong>11</strong>.<br />
Seite 37
Zum Fremdsprachenunterricht<br />
Demokratisierung und Mehrwert des bilingualen Unterrichts<br />
Bilingualer Unterricht wird in <strong>der</strong> Literatur häufig als <strong>der</strong> bessere Sprachunterricht bezeichnet, da er<br />
sich im Gegensatz zur weitaus künstlicheren Situation des Fremdsprachenunterrichts durch die<br />
Konzentration auf die Sprache als reines Mittel zum Zweck selbst legitimiert und das Sprachbad, in<br />
dem sich die Schülerinnen und Schüler befinden, intensiviert. Darüber hinaus bietet er einen echten<br />
Mehrwert durch den vierfachen Fokus auf die Sachfach-, Fremdsprachen-, kognitive und interkulturelle<br />
Kompetenz. Aus diesem Grund ist die momentan an vielen Berliner Schulen zu beobachtende<br />
sogenannte Demokratisierung des bilingualen Unterrichts äußerst begrüßenswert,<br />
denn durch den freien Zugang zu bilingualen Unterrichtsangeboten werden nicht nur bilinguale<br />
Angebote ausgeweitet, son<strong>der</strong>n schwächere Schülerinnen und Schüler erhalten ebenfalls die Möglichkeit,<br />
vom intensiven Sprachbad dieses Unterrichts zu profitieren. Die Elitenbildung wird somit<br />
zugunsten einer Sprachför<strong>der</strong>ung auf breiter Basis aufgegeben, bei <strong>der</strong> mehr und unterschiedlichere<br />
Schülerinnen und Schüler erreicht werden. Diese Breitenwirkung spielt dabei nicht<br />
nur im Kontext <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung von Mehrsprachigkeit in einer globalisierten Welt eine große Rolle,<br />
son<strong>der</strong>n auch bei <strong>der</strong> Ausbildung einer Europakompetenz.<br />
Im Zuge dieser Entwicklung haben sich sowohl die Organisationsform als auch die Schülerklientel<br />
stark verän<strong>der</strong>t: Durch den Übergang in die Regelform hat sich ein flexibleres System herausgebildet,<br />
das nicht nur auf in sich abgeschlossenen bilingualen Zügen beruht, son<strong>der</strong>n eine Bandbreite<br />
von Organisationsmodellen aufweist. Hier ist alles zu finden: vom klassischen bilingualen Zug mit<br />
Aufnahmebedingungen über durchlässigere Züge mit Sprachför<strong>der</strong>ung für alle im Vorfeld und regelmäßig<br />
unterrichtete Module in unterschiedlichen Sachfächern, bis hin zum Wahlpflichtunterricht<br />
und entsprechenden Arbeitsgemeinschaften. Diese Entwicklung bringt jedoch auch eine Verän<strong>der</strong>ung<br />
<strong>der</strong> Schülerschaft mit sich, da die vormals hauptsächlich von sprachbegabten und -interessierten<br />
Schülerinnen besuchten Klassen nun eine ausgewogeneres Geschlechterverhältnis sowie<br />
eine sehr große Heterogenität bezüglich <strong>der</strong> sprachlichen und kognitiven Voraussetzungen zeigen.<br />
Folglich steht <strong>der</strong> bilinguale Sachfachunterricht vor neuen Herausfor<strong>der</strong>ungen.<br />
Herausfor<strong>der</strong>ungen des <strong>der</strong>zeitigen bilingualen Sachfachunterrichts in Berlin<br />
Während in den Anfängen des Schulversuchs ausgewählte Schülerinnen und Schüler sprachlich<br />
so weit aufgebaut wurden, dass sie zum Zeitpunkt des Abiturs mit muttersprachigen Mitkonkurrenten<br />
an ausländischen Universitäten mithalten konnten und dementsprechend in <strong>der</strong> Oberstufe<br />
keinerlei Mühe hatten mit Materialien zu arbeiten, die auf muttersprachige Schülerinnen und Schüler<br />
ausgelegt waren, hat sich in diesem Punkt die Unterrichtsrealität inzwischen drastisch verän<strong>der</strong>t.<br />
Weiterhin wurden zu Beginn Schülerinnen und Schüler durch das großzügige Zeitkontingent<br />
spielerischer an den Spracherwerb herangeführt, was sich positiv auf ihre Motivation und<br />
Sprachgewandtheit auswirkte. Unter diesen Bedingungen waren sie bereit, den Extraaufwand an<br />
Spracharbeit in Form von vermehrtem Vokabellernen etc. auf sich zu nehmen. Inzwischen ist hinsichtlich<br />
dieses Punktes Normalität eingekehrt. In <strong>der</strong> Regelform empfinden Schülerinnen und<br />
Schüler den bilingualen Unterricht nicht mehr als etwas Außergewöhnliches und haben ihre Son<strong>der</strong>stellung<br />
innerhalb des Schulbetriebs weitgehend verloren. Im Gegenzug sind sie tendenziell<br />
weniger leistungsorientiert, erbringen durchschnittlichere Leistungen und sind in Anbetracht <strong>der</strong><br />
längeren Schultage und gestiegenen Anfor<strong>der</strong>ungen schneller überlastet, demotiviert und frustriert.<br />
Zusätzlich hat sich die Situation durch Faktoren wie z.B. die Rahmenplanreform, die Schulstrukturreform,<br />
die Schulzeitverkürzung und die verän<strong>der</strong>ten Prüfungsformen grundsätzlich verän<strong>der</strong>t.<br />
Dies bedeutet vielfältige <strong>Neu</strong>belastungen und Herausfor<strong>der</strong>ungen für die Schülerinnen und Schüler<br />
und erfor<strong>der</strong>t eine dringende Anpassung <strong>der</strong> einst unter großem Aufwand und Mühen entwickelten<br />
bilingualen Unterrichtseinheiten und -materialen an die neuen Gegebenheiten.<br />
Seite 38
Zum Fremdsprachenunterricht<br />
Unter diesen Bedingungen besteht die Gefahr, in einen oberflächlichen Unterricht min<strong>der</strong>er Qualität<br />
abzurutschen, da Schülerinnen und Schüler sich nicht differenziert genug ausdrücken können<br />
und folglich das sachfachliche Lernen nicht auf einem entsprechenden Niveau stattfindet. Häufig<br />
wird es dann aus einer Art Notwehr heraus durch starke Lehrerzentrierung dorthin gebracht. Umgekehrt<br />
besteht die Tendenz, dass bei gleichbleibendem Anfor<strong>der</strong>ungsniveau eine Verschlechterung<br />
<strong>der</strong> Schülerleistungen eintritt, was häufig zur Frustration seitens <strong>der</strong> Schülerinnen und Schüler<br />
und zu <strong>der</strong>en Ausscheiden aus dem bilingualen Zug führt. Auch hier stehen die Lehrerinnen<br />
und Lehrer nun vor <strong>der</strong> Aufgabe, Defizite, die bislang durch mehr Unterrichtszeit, größere Motivation<br />
und/o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Schülervoraussetzungen verdeckt wurden, methodisch aufzufangen. Dies<br />
geht weit über einen bloßen Sachfachunterricht in <strong>der</strong> Fremdsprache hinaus und erfor<strong>der</strong>t einen<br />
integriertes Sach- und Sprachlernen, das den Schülerinnen und Schülern hilft, die ungleich komplexeren<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen des bilingualen Unterrichts zu bewältigen.<br />
Folglich ist ein Umdenken seitens <strong>der</strong> bilingual unterrichtenden Lehrerinnen und Lehrer, die durch<br />
den Mangel an Material und den dadurch bedingten vielfachen Mehraufwand ohnehin schon stark<br />
beansprucht sind, dringend notwendig. Weiterhin wurden die vorliegenden Materialien seinerzeit<br />
zwar mit viel Mühe und nach bestem Wissen und Gewissen entwickelt, zu diesem Zeitpunkt hinkte<br />
jedoch die Theorie hinter <strong>der</strong> Praxis her und die Didaktik hatte noch wenige Antworten auf den bilingualen<br />
Unterricht parat. So findet man an Schulen sehr viel wertvolles Praxiswissen, jedoch wenig<br />
Flexibilität, um auf verän<strong>der</strong>te Bedingungen einzugehen. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass<br />
den bilingualen Lehrkräften neben dem notwendigen didaktischen Wissen u.a. aufgrund <strong>der</strong> vielerorts<br />
recht dünnen Personaldecke an CLIL-Lehrkräften häufig die Kapazität fehlt, zusätzlich neue<br />
Konzepte zu entwickeln.<br />
<strong>Neu</strong>e Impulse für den bilingualen Sachfachunterricht<br />
In den letzten Jahren hat sich jedoch nicht nur berlin- und bundesweit, son<strong>der</strong>n in ganz Europa viel<br />
bewegt. Viele Bildungseinrichtungen haben angesichts <strong>der</strong> 2002 auf <strong>der</strong> Sitzung des Europäischen<br />
Rates <strong>der</strong> EU vereinbarten „1 plus 2“-Empfehlung 19 nachgelegt und Qualifizierungsmaßnahmen<br />
und Kurse für den bilingualen Unterricht von <strong>der</strong> 1. bis zur 3. Phase <strong>der</strong> Lehrerbildung entwickelt.<br />
Zudem stehen inzwischen die ersten Publikationen zur Verfügung, die eine systematische und<br />
gleichermaßen theoriebasierte sowie praxisorientierte Ausbildung ermöglichen.<br />
Um die Fremdsprachen- und CLIL-Didaktiker <strong>der</strong> Berliner Humboldt- und Freien Universität hat<br />
sich seit 2009 eine CLIL-Arbeitsgemeinschaft aus Didaktikern und CLIL-Unterrichtenden aller drei<br />
Ausbildungsphasen etabliert. Hier wird Fachkompetenz zusammengeführt und genutzt, um die<br />
Entwicklung von Standards und Ausbildungsmodulen bzw. -bausteinen erfolgreich voranzutreiben.<br />
Parallel dazu finden an beiden Universitäten in jedem Semester abwechselnd in <strong>der</strong> Anglistik und<br />
Romanistik CLIL-Masterseminare statt, die auch interessierten Lehrkräften offen stehen. In <strong>der</strong> 2.<br />
Phase ist im Schuljahr 2010/<strong>11</strong>, im Rahmen eines Pilotprojekts <strong>der</strong> Fachseminare, die bilinguale<br />
Ausbildung in den Fächern Geschichte/PW, Geografie und Biologie an drei Standorten angelaufen.<br />
In diesem Zusammenhang kann <strong>der</strong>zeit an den Standorten Mitte, Lichtenberg und <strong>Neu</strong>kölln eine<br />
CLIL-Zusatzqualifikation über den gesamten Ausbildungszeitraum hinweg erworben werden. Darüber<br />
hinaus wird die o.g. praxisnahe und sachfachspezifische Vermittlung <strong>der</strong> CLIL-Didaktik und -<br />
Methodik in den Fachseminaren ab dem Schuljahr <strong>2012</strong>/13 durch den Wahlbaustein Bilinguales<br />
Lehren und Lernen/CLIL ergänzt, <strong>der</strong> allen Lehramtsanwärter/innen (LAA) offen steht und einen<br />
wichtigen Beitrag zur Sprachför<strong>der</strong>ung leistet. Dieser erweitert nicht nur den Horizont <strong>der</strong> LAA hinsichtlich<br />
einer zukunftsträchtigen Kompetenz, son<strong>der</strong>n birgt die Chance, durch entsprechend aus-<br />
19 Die „1 plus 2“-Empfehlung (= Muttersprache/erste Sprache + zwei weitere Sprachen) wurde 2002 auf <strong>der</strong><br />
Sitzung des Europäischen Rates <strong>der</strong> EU in Barcelona als Zielmarke für alle Bürger Europas vereinbart. Sie<br />
bezieht sich auf das Erlernen von Fremdsprachen und betrachtet Mehrsprachigkeit als wesentlichen Teil <strong>der</strong><br />
europäischen Identität. EUNIC „Mehrsprachigkeit in Europa - hin zu einer besseren Praxis. Empfehlungen<br />
zum Erlernen von Sprachen in <strong>der</strong> Europäischen Union,“ Brüssel: EUNIC, 2006.<br />
http://www.goethe.de/lhr/prj/mac/mac/spv/de4349656.htm; Stand 27.04.<strong>2012</strong><br />
Seite 39
Zum Fremdsprachenunterricht<br />
gebildete LAA, an den Schulen tradiertes Praxiswissen mit neuerworbenen theoriegeleiteten Wissen<br />
zu verknüpfen und methodisch-didaktisch zu untermauern. Langfristig führt dies zu einem mo<strong>der</strong>nen,<br />
den <strong>der</strong>zeitigen schulischen Bedingungen Rechnung tragenden CLIL-Unterricht.<br />
Inhalte und Notwendigkeit des Wahlbausteins<br />
Der Wahlbaustein im Vorbereitungsdienst knüpft an die Notwendigkeit an, für gut ausgebildeten<br />
Nachwuchs zu sorgen, <strong>der</strong> einerseits über eine theoretische Grundlage verfügt und an<strong>der</strong>erseits<br />
bereits während <strong>der</strong> Ausbildung mit eigenständigem CLIL-Unterricht konfrontiert war. Eine solide<br />
Ausbildung in diesem Bereich ist beson<strong>der</strong>s wichtig, da guter CLIL-Unterricht sowohl den Schülerinnen<br />
und Schülern als auch den Lehrkräften einiges abverlangt. So ist es z.B. erfor<strong>der</strong>lich, einen<br />
vierfachen Fokus bei <strong>der</strong> Unterrichtsplanung aufrechtzuerhalten, indem stets inhaltliche, kommunikative,<br />
kognitive und interkulturelle Aspekte bedacht werden. Lehrkräfte müssen dazu über ein<br />
breites Repertoire an Unterstützungssystemen und -maßnahmen (Scaffolding) verfügen, die auf<br />
allen vier Ebenen den Lernprozess erleichtern. Ist das nicht <strong>der</strong> Fall, kann dies zum Scheitern des<br />
Unterrichts führen. Folglich sollen Sprachgerüste Schülerinnen und Schüler über alle drei Eingangskanäle<br />
im Rahmen eines individualisierten Unterrichts unterstützen, um ihnen Kommunikation,<br />
fachliches Lernen sowie Konzentration auf Lerninhalte in <strong>der</strong> Fremdsprache zu erleichtern<br />
und gleichzeitig ihre Lernkompetenz zu för<strong>der</strong>n. Weiterhin soll den LAA in diesem Rahmen Handwerkszeug<br />
mitgegeben werden, um fremdsprachige Lehr- und Lernmaterialien für den CLIL-Lerner<br />
adäquat aufzuarbeiten, da in diesem Bereich zu wenig geeignetes und dem Berliner Rahmenplan<br />
entsprechendes Material auf dem Markt ist. Außerdem müssen angehende Lehrkräfte auf möglicherweise<br />
im bilingualen Sachfachunterricht auftauchende Lernprozessstörungen vorbereitet und<br />
mit angemessenen Interventionsstrategien ausgestattet werden, um diesen vorbeugen zu können.<br />
Nicht zuletzt sollen sie dazu befähigt werden, einen motivierenden und wirklich integrierten Sachfach-<br />
und Fremdsprachenunterricht durchzuführen, <strong>der</strong> über einen simplen (häufig lehrerzentrierten)<br />
Fachunterricht in <strong>der</strong> Fremdsprache weit hinausgeht.<br />
Vorteile und Strahlkraft <strong>der</strong> CLIL-Ausbildung im Vorbereitungsdienst<br />
Man könnte nun jedoch fragen, ob ein Wahlbaustein in Anbetracht <strong>der</strong> (noch) recht geringen Anzahl<br />
an bilingualen Schulen überhaupt für alle LAA interessant und relevant ist? Die Antwort lautet<br />
ja, denn die oben genannten Aspekte garantieren nicht nur einen guten CLIL-Unterricht, son<strong>der</strong>n<br />
sind generell Kennzeichen guten Unterrichts, die im fremdsprachigen Sachfachunterricht lediglich<br />
beson<strong>der</strong>s wichtig sind. Folglich profitieren nicht nur LAA, die bereits im Vorbereitungsdienst bilingual<br />
unterrichten, son<strong>der</strong>n alle Lehrkräfte, die zunehmend mit heterogenen und von Migration geprägten<br />
Schülergruppen konfrontiert sind. Die reflexive Qualität und <strong>der</strong> vierfache Fokus des CLIL-<br />
Unterrichts taugen als zusätzliches Übungsfeld für den allerorts gefor<strong>der</strong>ten sprachsensiblen Unterricht.<br />
Sie geben angehenden Sprachlehrerinnen und -lehrern Empfehlungen und Ideen, wie ein<br />
kognitiv anregendes Sprachbad gestaltet werden kann, das weit über die Umgangssprache hinausgeht,<br />
die häufig den Fremdsprachenunterricht dominiert. Sachfachlehrerinnen und -lehrer profitieren,<br />
indem ihnen Möglichkeiten aufgezeigt werden, wie sie ihren Unterricht durch zusätzliches<br />
Sprachlernen im Fachkontext bereichern und ihn um eine interkulturelle Perspektive erweitern<br />
können.<br />
Weiterhin bereitet ein Wahlbaustein Bilinguales Lehren und Lernen/CLIL die LAA auf einen Arbeitsmarkt<br />
vor, <strong>der</strong> vom Lehrermangel geprägt ist. Nach Meinung von Experten kann eine zufriedenstellende<br />
Umsetzung <strong>der</strong> „1 plus 2“-Empfehlung am ehesten durch bilingualen Unterricht erreicht<br />
werden, da durch die Unterrichtsverkürzung weniger Zeit zum Erlernen zweier Fremdsprachen<br />
auf B1- bzw. B2-Niveau zur Verfügung steht. Da das Erlernen einer Sprache aber Zeit<br />
braucht, gewinnt das zusätzliche Sprachbad im CLIL-Unterricht hinsichtlich des Erwerbs einer<br />
Mehrsprachigkeit an Wichtigkeit vor allem in nicht gymnasialen Bildungsgängen und Schulformen.<br />
Dies erfor<strong>der</strong>t jedoch eine Vielzahl an Lehrkräften, die den bilingualen Sachfachunterricht stem-<br />
Seite 40
Zum Fremdsprachenunterricht<br />
men können. Dieser Bedarf wird jedoch nicht ausschließlich mit Lehrkräften, die über eine Doppelfakultas<br />
verfügen, abzudecken sein. Ein solcher Wahlbaustein verleiht daher den LAA mehr<br />
Flexibilität und Attraktivität am Arbeitsmarkt, da sie dadurch, für Schulleiterinnen und Schulleiter<br />
sichtbar, besser gerüstet sind, im Tandem mit Sachfach- und/o<strong>der</strong> Sprachlehrer/innen CLIL-Module<br />
durchzuführen und an den jeweiligen Schulen zu etablieren.<br />
Aus Schulleiterinnen- und Schulleiterperspektive ermöglicht eine CLIL-Zusatzausbildung im Vorbereitungsdienst<br />
ein bessere Versorgung <strong>der</strong> (bilingualen) Schulen mit dringend benötigten jungen,<br />
motivierten Lehrkräften, die bereits Erfahrung auf diesem Gebiet gesammelt haben und nicht erst<br />
mühevoll vor Ort ausgebildet werden müssen. Weiterhin ermutigt dies eventuell mehr Regelschulen,<br />
im Zuge <strong>der</strong> Sprachför<strong>der</strong>ung bilinguale Einheiten auszuprobieren. Garantiert bringen die so<br />
ausgebildeten LAA aber frischen Wind in die etablierten bilingualen Schulen und unterstützen dort<br />
Kollegien dabei, das Konzept ihres bilingualen Unterrichts zu erneuern, Materialien anzupassen<br />
o<strong>der</strong> zu überarbeiten. Letztlich trägt die Einführung eines Wahlbausteins Bilinguales Lehren und<br />
Lernen/CLIL also dazu bei, mehr Schülerinnen und Schüler mit größerer Motivation, besseren<br />
Fach- und Fremdsprachenkenntnissen und Noten zu den entsprechenden Abschlüssen zu führen<br />
und sie somit in einem mehrsprachigem Europa konkurrenzfähiger zu machen.<br />
Caroline Bolz<br />
Multiplikatorin und Koordinatorin für bilingualen Unterricht in Schule und Ausbildung bei <strong>der</strong> Senatsverwaltung<br />
für Bildung, Jugend und Wissenschaft<br />
Bilingualer Unterricht am Romain-Rolland-Gymnasium in Berlin<br />
Betrachtungen aus <strong>der</strong> Praxis<br />
Das Romain-Rolland-Gymnasium in Berlin führt seit 1994 bilingualen deutsch-französischen Unterricht<br />
durch. In den Anfangsjahren mit dem üblichen Beginn des Berliner Gymnasiums, also ab<br />
Klasse 7, doch nun schon seit langer Zeit in sogenannten „grundständigen“ Zügen ab <strong>der</strong> 5. Klasse.<br />
Davon werden jedes Jahr zwei gebildet. Ziel ist es, dass die Schülerinnen und Schüler am Ende<br />
ihrer Schullaufbahn über hervorragende Französischkenntnisse verfügen, mit <strong>der</strong> französischen<br />
Kultur und dem Schulleitbild des Citoyen européen sehr vertraut sind. Dementsprechend können<br />
die Schülerinnen und Schüler dieses Zuges beson<strong>der</strong>e Abschlüsse erreichen: Das Romain-<br />
Rolland-Gymnasium bietet den Erwerb <strong>der</strong> Doppelqualifikation Abitur-Baccalauréat sowie des europäischen<br />
Exzellenzlabels (Zertifikates) Certilingua an.<br />
Aller Anfang ist schwer<br />
Der Weg dorthin stellt Schülerinnen und Schüler wie auch die unterrichtenden Kolleginnen und<br />
Kollegen vor beson<strong>der</strong>e Herausfor<strong>der</strong>ungen. In <strong>der</strong> 5. Klasse, in <strong>der</strong> die Fremdsprache in sechs<br />
Wochenstunden unterrichtet wird, gilt es, eine sehr heterogene Lerngruppe zusammenzuführen.<br />
So nehmen wir Schüler auf, die Französisch als erste Fremdsprache seit <strong>der</strong> 3. Klasse gelernt haben,<br />
aber auch solche, die mit Englisch begonnen haben. Zusätzlich finden sich hin und wie<strong>der</strong><br />
zweisprachig deutsch-französisch aufgewachsene Lernende in den Klassen wie<strong>der</strong>. Französisch<br />
als einzige Muttersprache ist eher selten. Die Aufgabe <strong>der</strong> Unterrichtenden besteht nun darin, ein<br />
möglichst homogenes Niveau zu schaffen, ohne die einen zu langweilen und die an<strong>der</strong>en zu überfor<strong>der</strong>n.<br />
Da sind viel Binnendifferenzierung, unterschiedliche Kompetenzför<strong>der</strong>ung, Geduld und<br />
Seite 41
Zum Fremdsprachenunterricht<br />
Augenmaß notwendig. Die Einübung <strong>der</strong> Phonetik stellt an<strong>der</strong>e Anfor<strong>der</strong>ungen an alle als in homogenen<br />
Lerngruppen ohne Vorkenntnisse. Im Hinblick auf Grammatik und Syntax schneiden<br />
auch die Anfänger gut ab, da die Schüler, die bereits in <strong>der</strong> Grundschule Französisch gelernt haben,<br />
dies selten kognitiv getan haben. Der Einsatz vieler Lernspiele rundet das Ganze ab. Da alle<br />
Schülerinnen und Schüler gleichzeitig auch die zweite Fremdsprache erlernen (für einige Lernende<br />
bedeutet dies, dass sie ihre Englischkenntnisse nicht verlieren sollen, wenngleich nun als offiziell<br />
„zweite“ Fremdsprache), tauchen im Englischunterricht ähnliche Herausfor<strong>der</strong>ungen auf. Sieht<br />
man es positiv, kann man feststellen, dass Belastungen ausgeglichen werden. Praktisch gesagt:<br />
Wer <strong>Neu</strong>anfänger im Französischen ist, kann aber von seinen Englischkenntnissen profitieren und<br />
im dortigen Unterricht Kräfte sammeln. Seit vielen Jahren hat es sich bewährt, eng kooperierende<br />
Kolleginnen regelmäßig mit dieser verantwortungsvollen Aufgabe zu betrauen. Sie wissen, wie<br />
angemessen differenziert und geför<strong>der</strong>t werden muss. Spätestens im Verlauf <strong>der</strong> Klasse 6 ist es<br />
kaum noch festzustellen, wer als absoluter Anfänger in den bilingualen Zug kam. Diese hervorragende<br />
Leistung <strong>der</strong> Kolleginnen und Lernenden funktioniert auch, weil die Schülerinnen und Schüler<br />
beson<strong>der</strong>s motiviert sind, und weil alle vor <strong>der</strong> Aufnahme an einem Eignungsgespräch teilnehmen,<br />
in dem Leistungsbereitschaft und Denkvermögen unter Heranziehung von Aufgaben aus<br />
dem Deutsch-, Sachkunde- und Mathematikunterricht überprüft werden.<br />
Die Sekundarstufe I benötigt ein offenes Haus<br />
Ab Klasse 7 wird das Fach Geografie bilingual unterrichtet, ab Klasse 8 auch Geschichte/ Sozialwissenschaften.<br />
Grundsätzlich gilt, dass die Sachfächer in den beiden ersten Lernjahren jeweils<br />
eine Stunde mehr in <strong>der</strong> Stundentafel haben als im nicht-bilingualen Unterricht. Es handelt sich<br />
dabei um eine behutsame zweisprachige Einführung, die allmählich zu einer Steigerung des Anteils<br />
französischer Sprache hinführt. Die Texte werden zumeist in französischer Sprache gelesen<br />
und besprochen, aber die Schülerinnen und Schüler dürfen sich auch in <strong>der</strong> Muttersprache äußern.<br />
Zu vermeiden ist allerdings die Vermischung <strong>der</strong> Sprachen. Am Beginn des bilingualen<br />
Sachfachunterrichts sind die meisten Lerngruppen sehr motiviert. Wenn <strong>der</strong> Reiz des <strong>Neu</strong>en verschwunden<br />
ist, stellen sich die üblichen Alltagsprobleme ein. Nicht immer sind die Lernenden in<br />
<strong>der</strong> 9. und 10. Klasse in <strong>der</strong> Lage, die Vorteile ihrer Ausbildung zu erkennen. Begriffe, wie das vom<br />
Englischdidaktiker Wolfgang Hallet aufgezeigte „bilingual triangle“ o<strong>der</strong> die im deutsch-französischen<br />
Kontext häufig bemühten „regards croisés“, sind ihnen oft fremd. So werden zumeist nur die<br />
Anstrengungen wahrgenommen, die <strong>der</strong> Zug ihnen abverlangt. Als Motivationsschub dient dann<br />
manchmal <strong>der</strong> Schüleraustausch. Das Romain-Rolland-Gymnasium pflegt eine Reihe von Partnerschaften,<br />
u. a. mit Schulen in Paris und Clermont-Ferrand, wo klassische Austausche mit Besichtigungsprogramm<br />
wie auch binationale Projekte durchgeführt werden. Von Bedeutung sind ebenfalls<br />
unsere regelmäßigen Begegnungen mit Schulen in <strong>der</strong> Schweiz. Auch in dieser Hinsicht leistet<br />
<strong>der</strong> Fachbereich mit Unterstützung des ganzen Kollegiums sehr gute Arbeit, die außergewöhnlich<br />
viel Engagement und Fleiß erfor<strong>der</strong>t. Die ganze Schule muss das Dauerprojekt eines offenen<br />
Hauses mittragen. Mehrmals im Jahr sind Lerngruppen im Ausland o<strong>der</strong> internationale Gäste an<br />
unserer Schule. Das wirbelt den Stundenplan durcheinan<strong>der</strong>, weil auch hier in Berlin binationale<br />
Projekte anstehen, und sorgt für Verän<strong>der</strong>ungen in den Lerngruppen, etwa wenn mal wie<strong>der</strong> ein<br />
Schüler aus Rochefort o<strong>der</strong> Lausanne zusätzlicher Schüler einer Klasse wird. Hier sind wir bei einem<br />
weiteren wichtigen Aspekt unserer Ausbildung angelangt. Das Romain-Rolland-Gymnasium<br />
war Pilotschule für den Voltaire-Austausch. Dieser sieht einen längeren Auslandsaufenthalt auf<br />
individueller Austauschbasis vor. Schülerinnen und Schüler haben ihren festen Partner an einer<br />
französischen Schule, welche sie dann auch besuchen und empfangen. Vor <strong>der</strong> Einführung des<br />
Abiturs nach zwölf Jahren nutzten viele Schüler die als Pufferstufe empfundene <strong>11</strong>. Klasse, um für<br />
drei o<strong>der</strong> sechs Monate o<strong>der</strong> gar ein Jahr ins Partnerland zu gehen. Seit die Qualifikationsphase in<br />
<strong>der</strong> <strong>11</strong>. Klasse beginnt, beobachten wir die Tendenz, dass die Schülerinnen und Schüler ihre Austauschzeit<br />
deutlich früher antreten, manchmal sogar schon in Klasse 8. Gleichzeitig wird die Aufenthaltsdauer<br />
häufig verringert, oft beträgt diese nur noch zwei o<strong>der</strong> drei Monate, letzteres im<br />
Rahmen des Sauzay-Programms. Wie sich dies langfristig auf die Schülerleistungen auswirken<br />
Seite 42
Zum Fremdsprachenunterricht<br />
wird, bleibt abzuwarten. Einerseits ergibt sich häufig ein Motivationsschub gegen Ende <strong>der</strong> Sekundarstufe<br />
I, an<strong>der</strong>erseits sind die Schülerinnen und Schüler oft noch zu jung, um bestimmte interkulturelle<br />
Phänomene zu erfassen. Und es macht sicherlich auch einen Unterschied aus, ob man ein<br />
ganzes Schuljahr an einem Lycée (mit entsprechendem Literaturunterricht in <strong>der</strong> Première) o<strong>der</strong><br />
lediglich zehn Wochen an einem Collège verbracht hat. Die regelmäßig an unserer Schule angebotenen<br />
Vorbereitungskurse für die DELF-Prüfungen sollen die Schülerinnen und Schüler zusätzlich<br />
motivieren und u. a. qualifizieren, sich in <strong>der</strong> Sekundarstufe II auf das AbiBac vorbereiten zu<br />
können.<br />
Die Ausbildung von Experten in <strong>der</strong> Sekundarstufe II<br />
Der Eintritt in die Sekundarstufe II stellt eine Zäsur dar. Nun können sich die Schülerinnen und<br />
Schüler auf den Erwerb <strong>der</strong> Doppelqualifikation AbiBac vorzubereiten, o<strong>der</strong> sie optieren dafür, auf<br />
Antrag den bilingualen Zug zu verlassen, um zum Beispiel Französisch als nicht-bilingualen Leistungskurs<br />
o<strong>der</strong> Grundkurs fortzuführen. Manche Schüler wählen die Sprache auch ab. Im Idealfall<br />
haben sie dann neben dem MSA zumindest das DELF erworben. Bleiben sie im bilingualen Zug,<br />
und das tun jedes Jahr zwischen 2/3 und ¾ eines bilingualen Durchgangs, wird Französisch erstes<br />
Leistungsfach, bilinguale Geschichte obligatorisch drittes Prüfungsfach und Erdkunde sowie<br />
Politikwissenschaft werden als bilinguale Grundkurse unterrichtet. Zum Erwerb des AbiBac gehört<br />
auch eine zusätzliche mündliche Literaturprüfung, die ein aus Frankreich gesandter Prüfer durchführt.<br />
Dementsprechend erfährt auch <strong>der</strong> Französischunterricht eine beson<strong>der</strong>e Akzentuierung. Es<br />
gilt, nicht nur den Berliner Rahmenlehrplan zu respektieren, son<strong>der</strong>n darüber hinaus Klassiker <strong>der</strong><br />
französischen Literatur zu integrieren. Und so liegt es nahe, in <strong>der</strong> Reihe „histoires d’amour“ beispielsweise<br />
Madame Bovary von Flaubert zu analysieren o<strong>der</strong> beim Thema „migrations“ durchaus<br />
Texte (Ganzschriften) des Nobelpreisträgers Le Clézio zu lesen. Dass dies das Niveau des Kurses<br />
hebt, leuchtet ein. Nichtsdestotrotz gibt es auch in solchen Lerngruppen die üblichen Schwierigkeiten<br />
im Bereich <strong>der</strong> Schreibkompetenz. Diese muss immer wie<strong>der</strong> gefestigt werden, damit die<br />
Qualität nicht sinkt. Auch die bilingualen Schüler haben Probleme bei <strong>der</strong> Textgestaltung sowie<br />
manchmal im Satzbau. Ihr Wortschatz ist zumeist sehr gut ausgeprägt, obwohl es oft Tendenzen<br />
gibt, sich <strong>der</strong> Umgangssprache zu bedienen. Am Standardfranzösisch muss also immer wie<strong>der</strong> mit<br />
anspruchsvollen Textsorten gearbeitet werden. Im Hinblick auf interkulturelle Kompetenzen sind<br />
die bilingualen Schülerinnen und Schüler absolute Experten. Sie lernen nicht nur Frankreich, son<strong>der</strong>n<br />
durch die Brille <strong>der</strong> Nachbarn auch die eigene Kultur besser zu verstehen. Und insgesamt<br />
erweisen sich die „Bilis“ als offene, neugierige Lerner.<br />
Abschließend wird deutlich, dass auf verschiedenen Fel<strong>der</strong>n gearbeitet werden muss. Dazu gehört<br />
auch <strong>der</strong> Blick auf die frankophone Arbeitswelt. Daher unterstützt das Romain-Rolland-Gymnasium<br />
Betriebspraktika im Ausland. Sofern die Schülerinnen und Schüler nicht über eigene Initiativen o<strong>der</strong><br />
Kontakte fündig werden, versucht die Schule, einen Platz in einem Betrieb zu vermitteln. Unsere<br />
vielfältigen Beziehungen nach Clermont-Ferrand sind dabei sehr hilfreich. Diese Praktika<br />
dauern zehn bis vierzehn Tage und finden an verschiedensten Arbeitsplätzen statt. So wurden<br />
Stellen bei einem Tierarzt, in einem Blumenladen o<strong>der</strong> auf <strong>der</strong> Geschäftsstelle des örtlichen professionellen<br />
Rugbyclubs ASM ermöglicht. Die Berichte, die die Schülerinnen und Schüler erstellen,<br />
fließen in ihre Certilingua-Bewerbung ein. Für dieses Exzellenzlabel müssen sie außergewöhnliche<br />
Leistungen in zwei Fremdsprachen nachweisen. Die bilingualen Schüler sind die idealen (obschon<br />
nicht einzigen) Kandidaten für diese Qualifikation. Viele zeichnen sich auch durch gute bis sehr<br />
gute Leistungen in Englisch o<strong>der</strong> Spanisch aus.<br />
Der Schwerpunkt <strong>der</strong> Bemühungen liegt natürlich auf dem Erwerb <strong>der</strong> Doppelqualifikation Abitur-<br />
Baccalauréat. Die Ergebnisse können sich sehen lassen. Seit einigen Jahren bestehen 30-35<br />
Schülerinnen und Schüler pro Durchgang die Prüfung, was ca. 98 % <strong>der</strong> angetretenen Kandidaten<br />
entspricht. In manchen Jahren erreichen sogar alle Prüflinge ihr Ziel. Am Ende dieses Bildungsgangs<br />
haben die Schüler hervorragende Französischkenntnisse. Dank eines Abkommens zwischen<br />
Frankreich und Deutschland stehen den Absolventen des AbiBac die Türen <strong>der</strong> Universitä-<br />
Seite 43
Zum Fremdsprachenunterricht<br />
ten bei<strong>der</strong> Staaten offen. Zudem stellen bilinguale Ausbildung und AbiBac aber ein Plus auf dem<br />
Arbeitsmarkt dar. An statistischen Erhebungen zum weiteren Werdegang fehlt es allerdings. Dies<br />
ist jedoch ein Problem, das keinesfalls spezifisch für bilinguale Schulen ist. Der langfristige „postscolare“<br />
Erfolg pädagogischer Arbeit ist immer nur bedingt messbar.<br />
Robert Prekel<br />
Fachbereichsleiter Fremdsprachen und Prüfungsbeauftrager AbiBac des Landes Berlin in Frankreich<br />
Seite 44<br />
Kritische Betrachtung <strong>der</strong> Rahmenlehrpläne<br />
Standardorientierung und Kompetenzorientierung? Ja! Aber…<br />
Bemerkungen zum Umgang mit Unterrichtsinhalten und Literatur<br />
im Fremdsprachenunterricht<br />
Rahmenlehrpläne, schulische Prüfungen und Handreichungen für Unterrichtsplanungen und Unterrichtsentwürfe<br />
haben nicht nur ihren Status als (rechtliche) Vorgaben, son<strong>der</strong>n noch etwas an<strong>der</strong>es<br />
gemeinsam: sie schaffen einen sogenannten ‚backwash-effect‘, d.h. sie haben einen deutlichen<br />
Einfluss auf unterrichtliche Entscheidungen und wirken wie (mentale) Filter, durch die sich<br />
aus unzähligen Gestaltungsmöglichkeiten für Unterricht die vermeintlich passenden herauskristallisieren.<br />
Im Fremdsprachenunterricht war dieser Prozess in den letzten Jahren geprägt durch die<br />
Einführung <strong>der</strong> neuen Rahmenlehrpläne mit ihrem Paradigmenwechsel von <strong>der</strong> Input- zur Outputorientierung<br />
und die Einführung zentraler Prüfungen im Abitur bzw. im Mittleren Schulabschluss. In<br />
<strong>der</strong> Lehrerausbildung wurde das flankiert durch die Einführung <strong>der</strong> kompetenzorientierten Unterrichtsplanung,<br />
die sich in mehr o<strong>der</strong> weniger verbindlichen Vorlagen für Stundenentwürfe aus den<br />
Hauptseminaren sowie Stundenauswertungsbögen und zahlreichen an<strong>der</strong>en Formblättern im<br />
Handbuch für die Ausbildung nie<strong>der</strong>schlägt.<br />
Für diese Fächer – insbeson<strong>der</strong>e den Englischunterricht – kann nach meiner Einschätzung gesagt<br />
werden, dass dieser verän<strong>der</strong>te Blick auf Unterricht in vieler Hinsicht dem ohnehin schon weitgehend<br />
kompetenzorientierten angelsächsischen fachdidaktischen Prinzip des „communicative approach“<br />
entsprach und es von daher bezüglich des Fertigkeitentrainings nicht allzu viele Verwerfungen<br />
gab. Kurz gesagt, gab und gibt es in diesem Geflecht immer dann keine Probleme, wenn<br />
<strong>der</strong> Lernfortschritt <strong>der</strong> Schüler gemessen, berechnet o<strong>der</strong> mit Deskriptoren beschreibbar gemacht<br />
werden kann. 20 Am Beispiel <strong>der</strong> Einführung <strong>der</strong> zentralen Prüfung im MSA kann gezeigt werden,<br />
dass <strong>der</strong> Unterricht durch die Betonung des Hörverstehens und durch die mündliche Prüfung vielseitiger,<br />
lebendiger und fertigkeitsorientierter geworden ist. Es kann aber auch gezeigt werden,<br />
dass im Bereich <strong>der</strong> Lesekompetenz das Risiko besteht, im Unterricht Testformate (multiple<br />
choice, true-false-Aufgaben etc.) zu Übungsformaten zu machen, was oft dazu führt, dass sich<br />
Schüler nur sehr oberflächlich und selten in personalisierter Form mit Texten beschäftigen. Insgesamt<br />
wird <strong>der</strong> ‚backwash-effect‘ hier aber positiv eingeschätzt.<br />
In zwei Bereichen sind allerdings im Zusammenspiel <strong>der</strong> verschiedenen Vorgaben im Verlauf <strong>der</strong><br />
letzten Jahre deutliche ‚Problemzonen‘ sichtbar geworden. Ich möchte sie an Beispielen verdeutlichen:<br />
20 Sprachliche Kompetenzen sind im europäischen Referenzrahmen für jede Teilkompetenz mit Niveaustufen<br />
und entsprechenden Deskriptoren bestens ausformuliert.
Zum Fremdsprachenunterricht<br />
Beispiel 1 - Unterrichtsbesuch in einem 2. Semester Grundkurs Englisch. Das<br />
Semesterthema ist „ethnic diversity“:<br />
Während <strong>der</strong> Lektüre von T.C. Boyles Roman „The Tortilla Curtain“ nutzt eine LAA das im<br />
Roman angelegte Konfliktpotential 21 und führt eine Talkshow durch, in <strong>der</strong> die Schüler mit<br />
großem Engagement das Für und Wi<strong>der</strong> des Themas diskutieren. In <strong>der</strong> Auswertung werden<br />
die beobachtenden Schülerinnen und Schüler gebeten, Rückmeldung zum Gebrauch<br />
bestimmter ‚discussion phrases‘ und zur sprachlichen Richtigkeit bzw. Flüssigkeit zu geben.<br />
Ende <strong>der</strong> Stunde.<br />
Das gänzliche Fehlen einer inhaltlichen Auswertung und einer persönlichen Bewertung des Gesagten<br />
durch die Schülerinnen und Schüler wird von <strong>der</strong> LAA im Beratungsgespräch so begründet:<br />
sie habe ja auch das Gefühl gehabt, dass das nicht so gut passe, aber sie habe im Rahmenlehrplan<br />
keinen Standard gefunden, mit dem sich ein inhaltlicher Schwerpunkt und eine inhaltliche<br />
Auswertung habe begründen lassen, o<strong>der</strong> die sie in einer für den Unterrichtsentwurf gefor<strong>der</strong>ten<br />
Niveaukonkretisierung hätte formulieren können und daher habe sie die Sprechfertigkeit zum<br />
Schwerpunkt <strong>der</strong> Stunde gemacht und dazu passe eben diese Auswertung. 22<br />
Dies ist kein Einzelfall und resultiert nicht aus <strong>der</strong> Unfähigkeit <strong>der</strong> Referendarin, son<strong>der</strong>n aus einer<br />
deutlichen Verunsicherung, die aufgrund <strong>der</strong> unzureichenden Vorgaben entsteht. Wenn <strong>der</strong> Rahmenlehrplan<br />
Englisch <strong>der</strong> Sekundarstufe 2 bezüglich <strong>der</strong> zu unterrichtenden Inhalte in einem deutlichen<br />
Maß die Behandlung von sozioökonomischen Themen vorschreibt 23 , muss es darin auch<br />
Formulierungen zum Umgang mit solchen Inhalten geben, z.B. indem Kategorien zur Auswertung<br />
von Inhalten aus dem Rahmenlehrplan Geschichte o<strong>der</strong> Politikwissenschaft herangezogen bzw.<br />
übertragen werden 24 und indem man anerkennt, dass sich im Gegensatz zum Fremdsprachenunterricht<br />
in <strong>der</strong> Sekundarstufe 1, wo in <strong>der</strong> Regel die noch recht beliebigen Inhalte hauptsächlich<br />
dazu dienen die sprachlichen Kompetenzen <strong>der</strong> Schülerinnen und Schüler zu entwickeln, das Verhältnis<br />
von Sprache und Inhalt in <strong>der</strong> Sekundarstufe 2, je nach sprachlichem Leistungsstand <strong>der</strong><br />
Klasse, eher umkehrt. Hier wird Sprache idealerweise ein fast selbstverständlich eingesetztes Mittel<br />
zur Kommunikation über Inhalte, die dann eben auch entsprechend ausgewertet werden müssen.<br />
Beispiel 2 - Gespräch in einem Englischkollegium:<br />
A: „Kannst du mir noch einen Tipp geben? Ich brauche eine Lektüre für`s dritte Semester<br />
(the challenges of globalization).“<br />
B: „Hmmm. Ich habe kürzlich eine gute short story gelesen, aber die gibt nichts her für die<br />
Analyseaufgabe. Lies doch „Death of a Salesman“, da geht es doch auch um schlechte Arbeitsbedingungen<br />
und da kann man jede Menge Symbolik finden lassen“.<br />
An diesem (realen!) Beispiel würde ich gerne ein paar Anmerkungen zur Rolle <strong>der</strong> literarischen<br />
Kompetenz im Spannungsfeld von Rahmenlehrplanvorgaben und Vorgaben für Unterrichtsent-<br />
21 Die Bewohner eines Vorortes von Los Angeles – ausnahmslos Angehörige <strong>der</strong> oberen Mittelschicht – beraten<br />
über die Umstrukturierung ihres Viertels in eine sog. ‚gated community‘, um sich vor dem Zuzug illegaler<br />
Immigranten und <strong>der</strong> steigenden Kleinkriminalität zu schützen.<br />
22 Dies ist nur zum Teil richtig. Der Abschlussstandard für Grundkurse im Rahmenlehrplan lautet:<br />
„[Die Schülerinnen und Schüler] verstehen authentische, lebensweltorientierte Texte unterschiedlicher Länge,<br />
primär Sach-, daneben auch Fach- und einfache literarische Texte weitgehend, wenn sie in Standardsprache<br />
verfasst sind; sie entnehmen dem Text Argumente und Schlussfolgerungen.“ Da es in <strong>der</strong><br />
Talkshow jedoch nicht nur um die Demonstration des Textverständnisses ging, son<strong>der</strong>n um eine Analyse<br />
und Bewertung <strong>der</strong> Argumente, fand die LAA hier keine weitere Hilfestellung.<br />
23 für die sich viele ältere – und jüngere - Kolleginnen und Kollegen, wenn sie nicht PW o<strong>der</strong> Geschichte als<br />
Zweitfach studiert haben, im Übrigen auch nicht immer gut ausgebildet fühlen.<br />
24 z.B. Analyse, Sachurteil und persönliche Bewertung –(RLP Geschichte, S. 9), m.E. zu ergänzen durch<br />
‚Kenntnisse und Sachwissen‘, wozu das im RLP Englisch erwähnte ‚Orientierungswissen‘ (RLP Englisch S.<br />
9) gehören müsste.<br />
Seite 45
Zum Fremdsprachenunterricht<br />
würfe ableiten. Der Kollege und die Kollegin verhalten sich in vorbildlicher Weise rahmenplankonform.<br />
Dennoch spricht <strong>der</strong> Dialog Bände...<br />
Eine Dokumentsuche in den Rahmenlehrplänen Englisch und Französisch für die Sekundarstufe 2<br />
ergibt beim Suchwort ‚literarische Kompetenz‘ keinen Treffer. Wohl wird aber die Lektüre von literarischen<br />
Texten bei <strong>der</strong> Formulierung <strong>der</strong> Abschlussstandards für rezeptive Fertigkeiten (Lesen)<br />
eingefor<strong>der</strong>t. Der Rahmenlehrplan Englisch erwähnt darüber hinaus das zu erwerbende „Wissen<br />
über die kulturellen und sprachlichen Beson<strong>der</strong>heiten <strong>der</strong> anglophonen Welt und <strong>der</strong>en spezielle<br />
Ausprägung in Kunst, Literatur, Film, Theater und an<strong>der</strong>en Medien“ (RLP Englisch, S. 9). Kollegin<br />
A sucht also einen literarischen Text zur Illustration ihres Semesterthemas, während Kollege B die<br />
berühmte ‚Analyseaufgabe‘ im Blick hat und das Auswahlkriterium für literarische Texte darin sieht,<br />
wie intensiv die Schüler anhand des Textes mit diesem Aufgabenformat vertraut gemacht werden<br />
können. In keiner Argumentation geht es um literarische Kompetenz im weiteren Sinn.<br />
In seinem Artikel „zum Aufbau literarischer Lesekompetenz im Fremdsprachenunterricht“ in diesem<br />
<strong>Heft</strong> weist Christian <strong>Neu</strong>mann zu Recht auf die „Marginalisierung literarischen Lesens“ im Fremdsprachenunterricht<br />
hin und schlägt vor die Rahmenlehrpläne für die Fremdsprachen mit einem<br />
dreistufigen Modell zur Entwicklung <strong>der</strong> literarischen Kompetenz zu erweitern. Dieser begrüßenswerte<br />
Ansatz könnte in <strong>der</strong> Tat dazu beitragen, dass literarische Texte wie<strong>der</strong> mehr Eingang in den<br />
Unterricht <strong>der</strong> Sekundarstufe 1 finden und dass in <strong>der</strong> Sekundarstufe 2 <strong>der</strong> zunehmenden ‚Funktionalisierung‘<br />
literarischer Texte zur reinen ‚Illustration‘ <strong>der</strong> – zum größten Teil politisch orientierten<br />
– Semesterthemen Einhalt geboten würde.<br />
Dies löst aber nur ein Problem. Ich würde gerne auf einen weiteren – schwierigeren –Zusammenhang<br />
aufmerksam machen. 25<br />
Literarische Kompetenz hat – wie jede Kompetenz – mehrere Dimensionen. In einem überarbeiteten<br />
Rahmenlehrplan müsste eine Teildimension die <strong>der</strong> literarischen ‚Sachkompetenz‘ sein, etwa<br />
wenn es darum geht etwas über literarische Genres o<strong>der</strong> Epochen zu lernen o<strong>der</strong> mit Fachbegriffen<br />
sachgerecht umzugehen. Eine weitere Dimension ist im methodischen Bereich angesiedelt.<br />
Sie beinhaltet z.B. die Beherrschung von Texterschließungsstrategien, Analysefertigkeiten und die<br />
Fähigkeit über Texte reden bzw. schreiben zu können. Diese Bereiche sind bis zu einem gewissen<br />
Grad „messbar“ und stellen insofern kein größeres Problem bei <strong>der</strong> Umsetzung in das Textformat<br />
„Unterrichtsentwurf“ dar.<br />
Schwieriger wird es allerdings, wenn man berücksichtigt, dass es bei literarischer Kompetenz ganz<br />
wesentlich auch auf Haltungen und Einstellungen ankommt, z.B. wenn es darum geht einen emotionalen<br />
Zugang zu einer Romanfigur, einem geschil<strong>der</strong>ten Konflikt o<strong>der</strong> überhaupt zum Lesen zu<br />
entwickeln o<strong>der</strong> darum geistige ‚Offenheit‘ gegenüber textästhetischen Angeboten und Gesprächen<br />
über Texte zu zeigen. Als Fernziel kann hier – jenseits <strong>der</strong> Grenzen des Faches und <strong>der</strong><br />
Schule – die Befähigung <strong>der</strong> Lernenden zur aktiven Teilhabe am kulturellen Diskurs unserer Gesellschaft<br />
gesehen werden. 26 Die Tatsache, dass dieser Aspekt ganz wesentlich von nicht-schulischen<br />
Bereichen (Familie, soziokultureller Hintergrund) geprägt wird, entlässt uns ja gerade nicht<br />
aus <strong>der</strong> Verpflichtung, unseren Lernenden auch von schulischer Seite den Zugang zu dieser Welt<br />
zu ebnen. 27<br />
25 Randbemerkung: Gleichzeitig würde ich gerne darauf hinweisen, dass gerade in <strong>der</strong> Sekundarstufe 1 dem<br />
extensiven Lesen und schlicht dem ‚reading for fun‘ ein viel größerer Raum gegeben werden sollte. Dies<br />
würde nicht nur dazu führen, dass Schülerinnen und Schüler mit größerer Motivation lesen, son<strong>der</strong>n dass<br />
die für einen funktionierenden Leseprozess notwendigen rezeptiven Automatisierungsprozesse zur Erreichung<br />
des threshold level überhaupt erworben werden können. Diese bilden sich aufgrund <strong>der</strong> Quantität <strong>der</strong><br />
gelesenen Textmenge heraus, nicht aufgrund einer zeitaufwändigen Tiefenanalyse einer kurzen Textpassage.<br />
26 In diesem Zusammenhang muss auch eine weitere Teilkompetenz gesehen werden – die Entwicklung<br />
eigener kreativ-ästhetischer Ausdrucksmöglichkeiten.<br />
27 Den lei<strong>der</strong> nicht so selten anzutreffenden Vertretern des zugleich arroganten und ignoranten Arguments,<br />
dass es sich bei dieser Welt ja wohl um eine reine Mittelschichtveranstaltung handele und dass schwächere<br />
Seite 46
Zum Fremdsprachenunterricht<br />
Da es aber unmöglich ist, diese wichtigen Bereiche in Standards festschreiben o<strong>der</strong> in Niveaukonkretisierungen<br />
zu fassen 28 , finden Stunden mit einer in diese Richtung weisenden Zielsetzung im<br />
guten Fall dann statt, wenn die <strong>Seminar</strong>leiter wie<strong>der</strong> gegangen sind 29 , im schlechten Fall gar nicht.<br />
Versuche des Einsatzes von handlungs- und produktionsorientierten Verfahren scheitern häufig<br />
auch daran, dass letztendlich eine Reflexion erwartet wird, die jenseits des affektiven Zugangs im<br />
kognitiven Bereich angesiedelt ist.<br />
Fazit:<br />
� Bei <strong>der</strong> Überarbeitung <strong>der</strong> Rahmenlehrpläne muss vor allem in <strong>der</strong> Sekundarstufe 2 berücksichtig<br />
werden, dass Kriterien für eine inhaltliche Auseinan<strong>der</strong>setzung mit den Semesterthemen<br />
angelegt sind, die es unseren Referendaren ermöglichen Stunden mit inhaltlichem<br />
Schwerpunkt zu planen.<br />
� Die För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> literarischen Kompetenz sollte im Rahmenlehrplan – unter Berücksichtigung<br />
ihrer verschiedenen Dimensionen - deutlicher verankert werden.<br />
� Die Tatsache, dass wichtige Unterrichtsziele im Fremdsprachenunterricht im affektiven Bereich<br />
liegen, muss berücksichtigt werden. Dies betrifft den Umgang mit Literatur, aber auch interkulturelle<br />
Aspekte. Die inhaltlichen Anfor<strong>der</strong>ungen an einen Unterrichtsentwurf und die Beratung<br />
<strong>der</strong> LAAs über geeignete Unterrichtsaktivitäten und Methoden müssen dieser Tatsache Rechnung<br />
tragen.<br />
� Unsere LAAs sollten ermutigt werden ihren Schülerinnen und Schülern jenseits aller kognitiven<br />
Ziele den Spaß am Lesen zu vermitteln und durch motivierende Lektüreangebote zu extensivem<br />
Lesen anzuregen. Gerümpfte Nasen angesichts „banaler Texte“ sind fehl am Platz, wenn<br />
es darum geht, einen mühsamen Wort-für-Wort Leseprozess durch zunehmende Automatisierung<br />
in Gang zu bringen. Muttersprachliche und fremdsprachliche Lesetechniken und –Strategien<br />
ergänzen sich hierbei. Quantität führt langfristig zu Qualität. In den Fachseminaren sollten<br />
entsprechende Methoden thematisiert werden.<br />
Martina Kaltenbacher,<br />
Fachseminarleiterin für Englisch, Fachkoordinatorin<br />
Literatur:<br />
Rahmenlehrpläne Englisch, Geschichte und Politikwissenschaften, Senatsverwaltung für Bildung,<br />
Jugend und Sport Berlin, 2006/07<br />
Handbuch Vorbereitungsdienst, Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung<br />
Referat Lehrerbildung, 3. überarbeitete Auflage, November 20<strong>11</strong><br />
Common European Framework, http://www.coe.int/T/DG4/Linguistic/Source/Framework_EN.pdf<br />
(zuletzt eingesehen am 23.5.<strong>2012</strong>)<br />
Maryanne Wolf, Proust and the Squid - the Story and Science of the Reading Brain, 2007<br />
Prof. Caspari, Angela Bergfel<strong>der</strong>, Lesekompetenz – literarische Kompetenz, Praxis Fremdsprachenunterricht,<br />
6, 2008<br />
Ansgar Nünning, Carola Surkamp, Englische Literatur unterrichten – Grundlagen und Methoden,<br />
2006<br />
Schüler hier ohnehin überfor<strong>der</strong>t seien, sei <strong>der</strong> Dokumentarfilm Lou<strong>der</strong> than a Bomb aus dem Jahr 20<strong>11</strong><br />
o<strong>der</strong> eine kleine Reise durch diverse poetry slams wie z.B. dem Slam-Beitrag: Dreams are illegal in the<br />
Ghetto <strong>der</strong> Twin Poets bei Youtube empfohlen.<br />
28 Das gleiche Problem ergibt sich übrigens auch im Bereich <strong>der</strong> interkulturellen Kompetenz. Die vom Europarat<br />
definierten Bereiche ‚savoir‘ (Wissen über die fremde und die eigene Kultur) und ‚savoir faire‘ (Methoden<br />
<strong>der</strong> Bewältigung interkultureller Begegnungssituationen) sind mehr o<strong>der</strong> weniger leicht zu fassen. Aber<br />
was ist mit ‚savoir ‚être‘ (sich selbst in Frage stellen, eigene Einstellungen im Vergleich mit fremden überdenken,<br />
Bereitschaft zur Perspektivübernahme etc.)?<br />
29 O-Ton eines Referendars, dessen ersten Teil einer Doppelstunde ich besuchte (Schwerpunkte: Analyse<br />
von Bildsprache): „In <strong>der</strong> zweiten Stunde haben sich die Schüler ganz heftig über das Verhalten <strong>der</strong> Eltern<br />
im Text gestritten. Ich war froh, dass Sie nicht mehr da waren!“ Ich nicht.<br />
Seite 47
Zum Fremdsprachenunterricht<br />
Seite 48<br />
Was bedeutet <strong>der</strong> zweite Stuhl?<br />
Zum Aufbau literarischer Lesekompetenz im Fremdsprachenunterricht<br />
1. Was ist literarische Lesekompetenz?<br />
<strong>Neu</strong>lich ließ ich in einer Klassenarbeit von meinen Schülern <strong>der</strong> 8. Klasse einen Auszug aus einem<br />
französischen Jugendbuch 30 zur Überprüfung des Leseverstehens erschließen. Eine <strong>der</strong> Aufgaben<br />
lautete: „Zitiere drei Textstellen, an denen man erkennen kann, dass die Erzählerin auf jemanden<br />
wartet.“ Von mir antizipierte Antworten waren: „J’espère que tu vas venir en août“ (Ich hoffe, dass<br />
du im <strong>August</strong> kommst), „Sans toi, je suis triste, malgré les vacances“ (Ohne dich bin ich traurig,<br />
trotz <strong>der</strong> Ferien), „Tu me manques trop“ (Du fehlst mir zu sehr), „Alors je dois attendre, j’attendrai“<br />
(Also muss ich warten, und ich warte). Einige Schüler gaben aber folgende Textstelle an: « Il y a<br />
deux chaises dans ma chambre » (In meinem Zimmer stehen zwei Stühle). Nachdem ich dem ersten<br />
Schüler null Punkte auf diese Antwort gegeben hatte, dann aber merkte, dass noch an<strong>der</strong>e auf<br />
dieselbe Idee gekommen waren, begann ich mich zu fragen, was sie auf diese Lösung gebracht<br />
haben mochte. Hatten sie den Satz etwa auf einer zweiten, einer literarischen Deutungsebene rezipiert?<br />
War <strong>der</strong> zweite Stuhl für sie ein Symbol <strong>der</strong> Abwesenheit des Freundes und damit ein<br />
Ausdruck des Wartens <strong>der</strong> Erzählerin? Dann hätte die Antwort in <strong>der</strong> Tat keinen Punktabzug, son<strong>der</strong>n<br />
eher noch einen Bonuspunkt verdient gehabt. Denn die Schüler hätten damit schlicht und<br />
einfach unter Beweis gestellt, dass sie über literarische Kompetenz verfügen.<br />
Während meine Frage auf informationsentnehmendes Lesen ausgerichtet war, haben die Schüler<br />
die Textstelle durch sinnkonstituierendes Lesen erschlossen und damit das getan, was literarische<br />
Textrezeption kennzeichnet. Literarische unterscheiden sich von pragmatischen Texten nämlich<br />
darin, dass sie über den denotativen Bedeutungen ein sekundäres semantisches System (und<br />
manchmal auch mehrere) errichten, das vom Leser dekodiert werden muss, wenn er die Aussage<br />
des Textes erfassen will. Dieses System ist durch im Text angelegte Decodierungsanweisungen<br />
vorgegeben, die von einem kompetenten Leser bei <strong>der</strong> Lektüre entschlüsselt werden. Dazu bieten<br />
literarische Texte ein breites Repertoire von Strategien an: Leer- bzw. Unbestimmtheitsstellen, rhetorische<br />
Mittel und Figuren, Sprachregister, Perspektivität usw. Sie setzen aber vor allem auf das<br />
Vorwissen des Lesers, dass ein literarischer Text auf einer sekundären Bedeutungsebene rezipierbar<br />
ist. Dieses intuitive Wissen scheint von meinen Schülern aktiviert worden zu sein, als sie<br />
den zweiten Stuhl nicht als bloß faktische Beobachtung, son<strong>der</strong>n als Symbol <strong>der</strong> Abwesenheit und<br />
des Wartens interpretiert haben. Hierin zeigt sich, dass ein literarischer Text auf das ganze Arsenal<br />
an Kunstmitteln, durch die er sich normalerweise als solcher bekundet, auch verzichten kann,<br />
denn seine Literarizität ergibt sich in erster Linie aus <strong>der</strong> Rezeptionshaltung des Lesers.<br />
Unterstellt man nun einmal, dass meine Schüler tatsächlich den Text auf diese Weise verstanden<br />
haben, dann schließt sich die Frage an, wie sie darauf gekommen sind. Woher haben sie diese<br />
literarische Kompetenz, die im Französischunterricht noch kein Thema war? Vermutlich speist sie<br />
sich aus zwei Quellen: Bei Schülern, die von klein auf im Elternhaus fiktionale Kin<strong>der</strong>literatur rezipiert<br />
haben, dürfte sie sich durch ihre Leseerfahrungen ganz natürlich entwickelt und dabei auf<br />
intuitivem Wissen aufgebaut haben. So wird jedes Kind den Wolf und die sieben Geißlein nicht nur<br />
als Tiere, son<strong>der</strong>n implizit auch als Menschen wahrnehmen (ich verweise auf die unterschiedlichen<br />
psychoanalytischen Deutungen dieses Märchens), sonst könnte es sich mit den Figuren nicht identifizieren<br />
und an <strong>der</strong> Geschichte nur geringen emotionalen Anteil nehmen. Die Rezeption des sekundären<br />
semantischen Systems geschieht also schon im frühesten Alter und zunächst vollkommen<br />
unbewusst. Die zweite Quelle ist <strong>der</strong> muttersprachliche Unterricht, in dem bereits im<br />
Grundschulalter einfache fiktionale Texte nicht nur gelesen, son<strong>der</strong>n auch besprochen und dabei<br />
gedeutet werden. Auch wenn diese Deutungen noch keine Textstrategien explizit in den Blick<br />
nehmen, so wird den Schülern durch das gemeinsame Besprechen von Leseerfahrungen zunehmend<br />
auch auf kognitiver Ebene deutlich, dass fiktionale Texte nicht einfach informationsentnehmend<br />
zu lesen sind, son<strong>der</strong>n dass eine angemessene Lektüre das Erfassen weiterer Bedeutungsebenen<br />
erfor<strong>der</strong>t, dass diese Texte also nicht nur verstanden, son<strong>der</strong>n auch interpretiert werden<br />
wollen. Die beiden Quellen literarischer Kompetenz markieren zugleich zwei Entwicklungsstufen:<br />
30 Geva Caban: Je t’écris, j‘écris. Paris : Gallimard, 2002.
Zum Fremdsprachenunterricht<br />
die erste besteht im naiven, weitgehend unbewussten literarischen Lesen, dem „Schmökern“, die<br />
zweite in einer bereits reflektierenden Auseinan<strong>der</strong>setzung mit dem Inhalt des literarischen Textes.<br />
Die dritte, im Laufe <strong>der</strong> Sekundarstufe allmählich zu entwickelnde Kompetenzstufe, wäre dann die<br />
einer kritisch-distanzierten Rezeptionshaltung, die auf einer expliziten Kenntnis <strong>der</strong> Textstrategien<br />
beruht. Man lernt, wie ein literarischer Text gemacht ist und mit welchen Mitteln er seine Wirkung<br />
entfaltet, und man wird dadurch in die Lage versetzt, ihn kritisch, sozusagen gegen den Strich, zu<br />
lesen, was einerseits gegen Manipulation schützen kann, an<strong>der</strong>erseits aber auch eine vom Autor<br />
gewünschte Rezeptionshaltung darstellen kann, z. B. bei <strong>der</strong> Inszenierung unzuverlässigen Erzählens.<br />
Aus all dem dürfte deutlich geworden sein, dass <strong>der</strong> Fremdsprachenunterricht, sobald er auf literarische<br />
Texte zurückgreift, an <strong>der</strong> Frage nach <strong>der</strong> literarischen Kompetenz nicht vorbeikommt. Es ist<br />
unstrittig, dass gerade im kompetenzorientierten Fremdsprachenunterricht schon in den ersten<br />
beiden Lernjahren authentische Textauszüge aus fiktionaler Kin<strong>der</strong>- und Jugendliteratur, ja sogar<br />
einfache Ganzschriften, gelesen werden sollten. Solche Texte sind inzwischen auch in die Lehrwerke<br />
aufgenommen worden. Wie man am eingangs dargestellten Beispiel gut erkennt, ist in diesem<br />
Fall ein rein informationsentnehmendes Lesen nicht adäquat, da es sowohl dem Charakter<br />
<strong>der</strong> Texte als auch <strong>der</strong> bereits vorhandenen literarischen Kompetenz <strong>der</strong> Schüler nicht gerecht<br />
wird. Zu fragen ist also, wie literarische Kompetenz im Fremdsprachenunterricht aufgebaut werden<br />
kann, lange bevor man in <strong>der</strong> Sek. II formale Textanalysen betreibt. Der geeignete Zeitpunkt für<br />
den Einstieg scheint mir das zweite Lernjahr zu sein, wenn die elementaren sprachlichen Mittel<br />
erworben wurden, die größten Schwierigkeiten mit <strong>der</strong> fremden Laut-Buchstaben–Zuordnung<br />
überwunden sind und die Grundfertigkeit zum informationsentnehmenden Lesen ganz einfacher<br />
Texte in <strong>der</strong> Zielsprache vorhanden ist.<br />
2. Überlegungen zum Aufbau literarischer Lesekompetenz im Fremdsprachenunterricht<br />
Einen ersten Hinweis gibt <strong>der</strong> Fragenkatalog zu meinem Eingangsbeispiel. Bei allen an<strong>der</strong>en Fragen<br />
ließ sich nämlich eindeutig entscheiden, ob die Schülerantworten richtig o<strong>der</strong> falsch waren,<br />
denn sie zielten auf rein informationsentnehmendes Lesen:<br />
1. Der Text ist<br />
ein Tagebuch O<br />
ein Brief O<br />
ein Märchen O<br />
2. Die Erzählerin ist verreist O<br />
umgezogen O<br />
zu Hause O<br />
3. Die Erzählerin ist müde O<br />
fröhlich O<br />
traurig O<br />
4. Was kann die Erzählerin von ihrem Zimmer aus sehen? _________________________<br />
Nur die fünfte Frage („Zitiere drei Textstellen, an denen man erkennen kann, dass die Erzählerin<br />
auf jemanden wartet!“) ermöglichte es den Schülern, Ergebnisse ihrer literarischen Rezeption mit<br />
einzubringen. Das bedeutet, dass eine geeignete Aufgabenstellung die Schüler dazu animieren<br />
Seite 49
Zum Fremdsprachenunterricht<br />
kann, eine literarische Rezeptionshaltung anzunehmen. Um eine deutliche Trennung zwischen<br />
informationsentnehmendem und sinnkonstituierendem Lesen vorzunehmen, hätte man die Frage<br />
folgen<strong>der</strong>maßen erweitern können: „Woran erkennt man, dass die Erzählerin auf jemanden wartet:<br />
a) direkt b) indirekt?“<br />
Anschließend bieten die aus interpretierendem Lesen hervorgegangenen Antworten einen guten<br />
Sprech- o<strong>der</strong> Schreibanlass in <strong>der</strong> Fremdsprache, wenn sie begründet werden müssen, was am<br />
Übergang <strong>der</strong> Niveaustufe A1 zu A2 bereits mit einfachen Mitteln möglich ist: „Il y a deux chaises<br />
dans la chambre de la fille. Une chaise est pour elle, et elle garde l’autre chaise pour le garçon.<br />
Alors, elle attend le garçon. » Ein Instrument, um literarische Lesekompetenz bereits auf dieser<br />
Niveaustufe zu för<strong>der</strong>n, wäre also ein Fragenkatalog, <strong>der</strong> so formuliert ist, dass informationsentnehmendes<br />
wie auch sinnkonstituierendes Lesen trennscharf in die Antworten eingebracht werden<br />
können und die Ergebnisse von den Schülern begründet und gemeinsam reflektiert werden. Eine<br />
an<strong>der</strong>e Möglichkeit, die sich auf dieser Niveaustufe anbietet, wären handlungs- und produktionsorientierte<br />
Verfahren, wie beispielsweise einfache Lesebil<strong>der</strong>, die den affektiven Zugang zum Text<br />
unterstützen: Die Schüler wählen aus dem Text ein Zitat aus, das ihrer Meinung nach die Gefühlslage<br />
<strong>der</strong> Erzählerin beson<strong>der</strong>s gut verdeutlicht, schreiben es auf ein Blatt und illustrieren es<br />
durch ein Bild. Anschließend werden die Bil<strong>der</strong> ausgetauscht und die Schüler müssen begründen,<br />
warum sie sich die entsprechende Textstelle ausgesucht haben. Auch mit dieser Methode erschließen<br />
die Schüler implizite Bedeutungen des literarischen Textes und verständigen sich darüber,<br />
ohne auch nur ansatzweise eine textanalytische Terminologie zu benötigen.<br />
Deren Grundrepertoire könnte dann im dritten und vierten Lernjahr, während des Übergangs <strong>der</strong><br />
Stufe A 2 zu B 1 erworben werden. Hierzu eignen sich literarische Textauszüge, die mit relativ einfachen<br />
und leicht erkennbaren rhetorischen Mitteln arbeiten, z. B. Wortwie<strong>der</strong>holungen, Parallelismen,<br />
Vergleichen und Metaphern. Der Fragenkatalog könnte so konstruiert sein, dass die ersten<br />
Fragen auf informationsentnehmendes Lesen zielen und die Schüler danach Textbelege anführen<br />
müssen, an denen man erkennt, dass es sich hierbei um einen literarischen Text handelt. Der gefor<strong>der</strong>te<br />
Transfer aus dem muttersprachlichen Unterricht stellt kein Problem dar, und beim Sammeln<br />
<strong>der</strong> Textbeispiele kann <strong>der</strong> Lehrer die entsprechenden Fachtermini in <strong>der</strong> Fremdsprache einführen.<br />
Danach werden die sprachlichen Mittel als Ausgangspunkt für die Textinterpretation genommen.<br />
Man kann mithilfe solcher Aufgaben auch sehr gut differenzieren, indem die schwächeren<br />
Schüler, die länger mit dem informationsentnehmenden Lesen beschäftigt sind, den zweiten<br />
Schritt nicht mitvollziehen, um anschließend von den leistungsstärkeren über die Ergebnisse<br />
<strong>der</strong> formalen Analyse informiert zu werden, so dass in einem dritten Schritt wie<strong>der</strong> gemeinsam an<br />
<strong>der</strong> Interpretation gearbeitet werden kann.<br />
Im Unterricht in <strong>der</strong> Sek II sollten dann die formalen Analysefertigkeiten und damit einhergehend<br />
eine kritisch-distanzierte Rezeptionshaltung ausgebaut werden, beispielsweise durch den Vergleich<br />
themengleicher Textauszüge verschiedener Autoren in Hinblick sowohl auf inhaltlich-motivische<br />
als auch auf textstrategische und rhetorisch-stilistische Kategorien.<br />
3. Zur Aufnahme literarischer Lesekompetenz in die Rahmenlehrpläne<br />
Die drei hier skizzierten Stufen im Aufbau <strong>der</strong> literarischen Lesekompetenz sollten Eingang in die<br />
curricularen Standardformulierungen für den Fremdsprachenunterricht finden. Die aktuellen Berliner<br />
Lehrpläne erwähnen literarisches Lesen erstmals bei den Hinweisen zur Lesekompetenz für<br />
die Jahrgangsstufe 9/10 („einzelne sprachliche Mittel sowie die Intention des Textes und die Erzählperspektive<br />
erkennen und in Ansätzen auf ihre Wirkung hin untersuchen“) 31 und für die Sek. II<br />
als Teilbereich <strong>der</strong> methodischen Kompetenz („Fähigkeit zur Deutung <strong>der</strong> Thematik einfacher literarischer<br />
Texte“ für den Grundkurs, „Fähigkeit zur Analyse und Interpretation von literarischen Texten<br />
u. a. unter Berücksichtigung von Atmosphäre, Erzählperspektive, Art <strong>der</strong> Charakterisierung und<br />
Konfliktentfaltung“ 32 für den Leistungskurs). Hierbei werden verschiedene wichtige Aspekte übersehen:<br />
31 Berliner Rahmenlehrplan für die Grundschule und die Sekundarstufe I – Französisch, S. 37.<br />
32 Berliner Rahmenlehrplan für die gymnasiale Oberstufe – Französisch, S. 16.<br />
Seite 50
Zum Fremdsprachenunterricht<br />
a) Auch Schüler <strong>der</strong> Jahrgangsstufen 7/8 besitzen bereits literarische Lesekompetenz, da sie implizite<br />
Informationen decodieren und sinnkonstituierend lesen können, selbst wenn sie noch nicht<br />
über formale Analysekategorien verfügen.<br />
b) Schüler <strong>der</strong> Jahrgangsstufen 9/10 sowie Grundkursschüler verfügen durch den Muttersprachenunterricht<br />
bereits über weitaus differenziertere Analysekategorien und Interpretationsstrategien,<br />
als in den oben zitierten Formulierungen zum Ausdruck kommt.<br />
Mit <strong>der</strong> durch die gegenwärtigen fremdsprachlichen Curricula hervorgebrachten Marginalisierung<br />
literarischen Lesens zugunsten einer vorwiegend informationsentnehmenden Textrezeption werden<br />
bereits vorhandene Fähigkeiten und Einstellungen <strong>der</strong> Schüler nicht genutzt, was einerseits<br />
zur Unterfor<strong>der</strong>ung und dadurch zum Verlust an Motivation beiträgt und an<strong>der</strong>erseits das enorme<br />
Potenzial von Literatur zum Erwerb einer differenzierten Textrezeptionsfähigkeit und zur Erweiterung<br />
<strong>der</strong> interkulturellen, <strong>der</strong> sozialen und weiterer Kompetenzen brachliegen lässt. Deshalb ist es<br />
sehr zu begrüßen, dass die Berliner Rahmenlehrpläne im Bereich <strong>der</strong> Lesekompetenz zurzeit<br />
überarbeitet werden. Die revidierten Curricula sollten, analog zum muttersprachlichen Unterricht,<br />
literarisches Lesen als eigenständige Kompetenz behandeln und sich an folgen<strong>der</strong> Stufung orientieren:<br />
• Jahrgangsstufe 7/8 in Anlehnung an den Ein-Schlüssel-Standard des RLP Deutsch: „Die<br />
Schülerinnen und Schüler erschließen“ kurze und „einfache literarische Texte, entwickeln<br />
Aufgeschlossenheit gegenüber dem Mitteilungsangebot literarischer Texte, unterscheiden<br />
zwischen wörtlich Gemeintem und Bedeutung in Texten und setzen sich mit an<strong>der</strong>en über<br />
ihre Untersuchungsergebnisse auseinan<strong>der</strong>.“ 33 Wichtiges Ziel ist hier die Entwicklung positiver<br />
affektiver Einstellungen gegenüber <strong>der</strong> Zielsprache und -kultur, wozu literarische<br />
Kommunikation durch ihre Angebote zur Perspektivübernahme, ihre emotionale Ansprache,<br />
ihren ästhetischen Reiz und ihr offenes, <strong>der</strong> Subjektivität des Lesers einen gewissen<br />
Freiraum lassendes Deutungspotenzial in beson<strong>der</strong>er Weise beitragen kann.<br />
• Jahrgangsstufe 9/10 in Anlehnung an die Standards des RLP Deutsch: „ Die Schülerinnen<br />
und Schüler erschließen“ einfache literarische Texte unterschiedlicher Länge und „erfassen<br />
den Einfluss ausgewählter sprachlich-stilistischer Mittel auf indirekte und direkte Bedeutung.“<br />
34 Hier geschieht <strong>der</strong> allmähliche Übergang von einer noch weitgehend empathischen<br />
zu einer kritisch-distanzierten Rezeptionshaltung, wobei freilich weiterhin <strong>der</strong> affektiven<br />
Komponente literarischer Kommunikation eine tragende Rolle zukommt.<br />
• Für die Sek. II könnte man die Standardformulierungen für den Leistungskurs und vor allem<br />
für den Grundkurs aus <strong>der</strong> Rubrik „Umgang mit Texten und Medien“ präzisieren und durch<br />
ergänzende Hinweise ausdifferenzieren, indem man an die vorhandene Fachliteratur zur literarischen<br />
Lesekompetenz anknüpft. 35 Wesentliches Ziel ist nun die Ausbildung einer kritisch-distanzierten<br />
Rezeptionshaltung, die auf <strong>der</strong> Grundlage textanalytischer Kenntnisse<br />
eine Rezeption literarischer Werke innerhalb übergeordneter Kontexte (intertextuell, interkulturell,<br />
soziohistorisch) ermöglicht.<br />
Dr. Christian <strong>Neu</strong>mann<br />
Fachseminarleiter für Französisch im 2. SPS Lichtenberg (S)<br />
33<br />
Berliner Rahmenlehrplan für die Sekundarstufe I – Deutsch, S. 15.<br />
34<br />
Ebd., S. 37.<br />
35<br />
Vgl. Eva Burwitz-Melzer (2005): Kompetenzen für den Literaturunterricht heute. Ein Beitrag zur standardorientierten<br />
Didaktik des Fremdsprachenunterrichts. In: Fremdsprachen lehren und lernen 34/2005, S. 94-<br />
<strong>11</strong>1. Wolfgang Hallet (2010): Romane lesen lernen. In: Der FU Englisch 107/2010, S. 2-9. Vera Gabriel<br />
(20<strong>11</strong>): Claude Gutman „Pistolet-Souvenir“. Erprobung produktiver Verfahren zur För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Lesekompetenz.<br />
Unveröffentlichte Prüfungsarbeit, einsehbar im Medienforum Berlin, Bereich Französisch.<br />
Seite 51
Zum Fremdsprachenunterricht<br />
Seite 52<br />
Literaturwissenschaft im Französischunterricht?<br />
Schülerinnen und Schüler sollten wissen, was sie im Französischstudium erwartet.<br />
Wenn sich Schülerinnen und Schüler für den Französischunterricht begeistern lassen, stellt sich<br />
ihnen zuletzt die Frage, ob sie Französisch studieren sollen. Oft lässt sich dann an <strong>der</strong> Universität<br />
beobachten, dass sie von den an sie gestellten Erwartungen überrumpelt sind: Statt ihre guten<br />
Sprachkenntnisse weiter zu perfektionieren, sollen sie sich dann mit Themen aus Literatur und<br />
Sprachwissenschaft befassen. Was läge näher, ihnen in Hinsicht darauf im Französischunterricht<br />
eine erste Orientierungshilfe zu geben? Der folgende Artikel versteht sich als Anregung dazu.<br />
Nach einem kurzen Blick in den Rahmenlehrplan (1) stellt er Erwägungen an, welche Art „Kostprobe“<br />
sinnvoll wäre (2) und skizziert dann eine Unterrichtseinheit, die auf praktischen Unterrichtserfahrungen<br />
basiert.<br />
1. Die im Rahmenlehrplan Französisch (alle Zitate RLP Sek. II, S. 10-<strong>11</strong>) formulierten Ansprüche<br />
an den Französischunterricht in <strong>der</strong> Sekundarstufe II orientieren sich am Leitziel aller mo<strong>der</strong>ner<br />
Fremdsprachen, <strong>der</strong> „fremdsprachigen Handlungsfähigkeit“. Sie ist definiert als „Komplex von<br />
Kompetenzen, die in ihrem Zusammenwirken adressaten- und intentionsgerechtes Handeln und<br />
Vermitteln in kulturheterogenen Zusammenhängen“ ermöglichen sollen. Heruntergebrochen auf<br />
Französisch in <strong>der</strong> Qualifikationsphase werden daraus in formaler Hinsicht drei Kompetenzen, die<br />
nicht als getrennte Bereiche, son<strong>der</strong>n in ihrem „Zusammenspiel“ die fremdsprachige Handlungsfähigkeit<br />
ausmachen: kommunikative, methodische und interkulturelle Kompetenz. Dabei ist die<br />
„kommunikative Kompetenz“ de facto hervorgehoben. Sie, die „alle fremdsprachigen Fähigkeiten<br />
und Fertigkeiten lebensweltlich bedeutsamer Ausdrucksformen umfasst“, erstreckt sich (mit abnehmen<strong>der</strong><br />
Relevanz) auf dreierlei „Verwendungssituationen“: „Alltag“, „berufs- und wissenschaftsorientierte“<br />
Kommunikation und „literarisch-ästhetisch orientierte“ Kommunikation, eine Gestaltung,<br />
die aus <strong>der</strong> Perspektive von Französischschülerinnen und -schülern einleuchtet: damit werden<br />
angemessene Inhalte vorgezeichnet, und <strong>der</strong> rechte Platz für eine Kostprobe des Französischen<br />
als Wissenschaft scheint gefunden: am Rand, als ein möglicher Inhalt unter vielen.<br />
Etwas verän<strong>der</strong>t stellt sich die Lage dar, wenn man Rang und Stellung <strong>der</strong> Inhalte unter Vorzeichen<br />
des Kompetenzparadigmas berücksichtigt. Ihm folgend stehen sie nicht im Zentrum, son<strong>der</strong>n<br />
auf Inhalte bleibt, wie es im RLP heißt, „authentisches Sprachhandeln“„angewiesen“; sie sind gebunden<br />
an Lebenspraxis, authentische Situationen, an für Frankreich relevant Kulturelles und<br />
summarisch, um weiteres abzudecken, an ein „in inhaltlicher und methodischer Hinsicht weiterentwickelte(s)<br />
Anspruchsniveau“. Kurz: die Inhalte bleiben beliebig, <strong>der</strong> Kommunikationskompetenz<br />
gegenüber nachrangig und Spielmaterial für das oberste Ziel <strong>der</strong> sprachlichen Handlungsfähigkeit,<br />
d. h. auch dabei geht es darum, ein „authentisches, auf die Persönlichkeit <strong>der</strong> Lernenden<br />
bezogenes und komplexes Sprachhandeln“ zu erweitern und auch bei spezielleren, etwa wissenschaftlichen<br />
Themen angemessen und gewandt kommunizieren zu können.<br />
Der RLP verfügt zwar auch, dass die Lernenden “im Fremdsprachenunterricht <strong>der</strong> Qualifikationsphase<br />
... mit den fachspezifisch strukturierten Kenntnissen und Fertigkeiten wissenschaftspropädeutische<br />
Arbeitsweisen für das anschließende Studium bzw. die Berufstätigkeit” erwerben sollen.<br />
Aber dies betrifft “die Verwendung <strong>der</strong> Fremdsprache als Arbeitsmittel in zukünftiger berufs- und<br />
wissenschaftsorientierter Kommunikation”, ist also ebenfalls eine allgemeine Kompetenz: Das<br />
Französische soll als Arbeitssprache in frankophon dominierten Kontexten beherrscht werden.<br />
Wissenschaftspropädeutik ist also auch nur ein weiteres Mittel zu dem Zweck, die sprachliche<br />
Handlungsfähigkeit optimal zu för<strong>der</strong>n, hier für das Studium im frankophonen Ausland.<br />
2. Es scheint also, dass Themen <strong>der</strong> französischen Literatur- und Sprachwissenschaft ein Schattendasein<br />
führen, weil sie bei <strong>der</strong> <strong>der</strong>zeitigen Fassung <strong>der</strong> Kompetenzorientierung als Inhalte nicht<br />
genügend gewürdigt werden, insbeson<strong>der</strong>e weil <strong>der</strong> Inhalt gemessen am Overall-Ziel <strong>der</strong> kommunikativen<br />
Handlungsfähigkeit nur beiher spielt und diesem in dienen<strong>der</strong> Funktion untergeordnet ist.
Zum Fremdsprachenunterricht<br />
Hier möchte ich dazu zwei Überlegungen anstellen. Zunächst werde ich einen immanenten Einwand<br />
formulieren (a), und dann Erwägungen anstellen, auf welche Art die französische Literatur-<br />
und Sprachwissenschaft sinnvoll in den Unterricht einbezogen werden kann (b).<br />
a) Akzeptieren wir einmal die Orientierung an <strong>der</strong> sprachlichen Handlungsfähigkeit in <strong>der</strong> beschriebenen<br />
Zuspitzung und schließen wir uns <strong>der</strong> Auffassung an, <strong>der</strong> Französischunterricht habe auf<br />
je<strong>der</strong> Stufe genau diesem Ziel zu dienen. Kann dieses Ziel, einseitig gefasst als Frage <strong>der</strong> Hebung<br />
des Sprachfertigkeitsniveaus, bei weitgehen<strong>der</strong> Vernachlässigung des Inhalts überhaupt erreicht<br />
werden? Lässt sich also ein komplexer literarischer Text unter dem Aspekt „Rezeption Lesen / Interpretation“<br />
nach bestimmten methodischen Mustern bearbeiten wie je<strong>der</strong> beliebige Text, weil nur<br />
das Komplexitätsniveau unterschiedlich ist? O<strong>der</strong> gibt es zwischen <strong>der</strong> pragmatischen Einübung<br />
sprachlicher Kompetenzen und <strong>der</strong> Aneignung einer literarischen Interpretationskompetenz eine<br />
Art qualitativen Umschlag?<br />
Dass es bei Ersterem nicht bleiben kann, wird, wenn auch in eher vagen Formulierungen, vom<br />
RLP berücksichtigt. Sprachbewusstheit erwächst demnach nämlich „aus einem vertieften Verständnis<br />
von Sprachreflexion“, die für „die beson<strong>der</strong>en Strukturen und Ausdrucksmöglichkeiten <strong>der</strong><br />
Ziel- und Muttersprache“ sensibilisiert, was „ein individuelles Repertoire für den effizienten Spracherwerb<br />
aufbauen hilft.“ Sprachfertigkeit auf gehobenem Niveau lässt sich also nicht von einer reflexiven<br />
Haltung gegenüber <strong>der</strong> Sprache trennen, über die allein sich <strong>der</strong> Lernende die Feinheiten<br />
interpretatorischer Kontexte zu erschließen vermag und die individuell ist in dem Sinne, dass das<br />
Sprachbewusstsein nur verbunden mit einem spezifischen Inhalt anwachsen kann. 1<br />
Je höher das Sprachniveau und je komplexer <strong>der</strong> Gegenstand, desto mehr sind nicht nur die verschiedenen<br />
Kompetenzen untereinan<strong>der</strong>, son<strong>der</strong>n auch in ihrer Relation zum Inhalt nur im „Zusammenspiel“<br />
för<strong>der</strong>bar. Es dürfte intuitiv einleuchten, dass ein flüssig und fehlerfrei vorgetragener,<br />
mit idiomatischen Wendungen gespickter Diskussionsbeitrag, <strong>der</strong> aber an inhaltlichen Kenntnissen<br />
arm ist, eher Befremden auslöst, als dass er den Sprecher als sprachkundig ausweist.<br />
Kann ein Gesprächsteilnehmer dagegen „mitreden“, so werden ihm sprachliche Unzulänglichkeiten<br />
gerne verziehen. Hier lässt sich zwischen Inhalt und sprachlicher Form nicht mehr einfach trennen.<br />
Es ist eine Erfahrung in <strong>der</strong> eigenen Muttersprache wie in einer gut beherrschten Fremdsprache,<br />
dass die Diskurskompetenz mit <strong>der</strong> Aneignung des Inhalts mitwächst, o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Inhalt mit <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung<br />
<strong>der</strong> Diskurskompetenz reicher wird, in einem reziproken Prozess. Bezogen auf die Thematisierung<br />
literaturwissenschaftlicher Inhalte im Französischunterricht heißt das, dass von einer Orientierung<br />
an <strong>der</strong> sprachlichen Handlungsfähigkeit nicht nur nicht abgewichen werden muss, son<strong>der</strong>n<br />
ab einem bestimmten Niveau gar nicht abgewichen werden kann. Eine ernsthafte literatur-<br />
o<strong>der</strong> sprachwissenschaftliche Auseinan<strong>der</strong>setzung mit einem Thema exemplarischer Art muss<br />
also zum obersten Ziel des Französischunterrichts keineswegs im Gegensatz stehen.<br />
b) Ein Seitenblick auf das Fach Deutsch mag helfen, für die Integration literatur- und sprachwissenschaftlicher<br />
Aspekte die rechte Balance zu finden. Anstelle <strong>der</strong> „sprachlichen Handlungsfähigkeit“<br />
wird dort „selbstbestimmtes Handeln“ als Ziel hervorgehoben. Erreicht werden soll es durch<br />
eine „reflexiv-analytische“ Haltung, die bezweckt, „die Fähigkeit <strong>der</strong> Lernenden zu entwickeln, Texte,<br />
beson<strong>der</strong>s solche mit literarischem Anspruch, als gestaltete Gegenstände in ihrer Beson<strong>der</strong>heit<br />
wahrzunehmen und zu beurteilen.“ Der „Textbegriff“ umfasst dort neben den pragmatischen ausdrücklich<br />
auch „literarische“ Textsorten und damit Texte, die „als gestalteter Gegenstand zu verstehen<br />
und zu erschließen“ sind. Dabei sind sie nicht nur „als Mittel <strong>der</strong> Kommunikation“, son<strong>der</strong>n<br />
auch als „Mittel individueller und künstlerischer Äußerung zu untersuchen.“ Die dafür erfor<strong>der</strong>liche<br />
1 (Fn.: Die Dekonstruktion hat gezeigt, wie Texte mit Ausdrucksmitteln <strong>der</strong> Sprache verwachsen sind und<br />
Interpretation, verkürzt gefasst, darin besteht, den Text zu zerlegen, ihn über seine offen verstehbare Struktur<br />
hinauszutreiben und ihn weitersprechen zu lassen.<br />
Für die in didaktischer Hinsicht interessante Diskussion dieses Themas vgl. Christian Gefert, “Die Arbeit am<br />
Text - das Schweigen <strong>der</strong> Schrift und Strategien <strong>der</strong> Texteröffnung”, in: Johannes Rohbeck (Hg.), Philosophische<br />
Denkrichtungen, Dresden: Thelem 2001, S. 144-165).<br />
Seite 53
Zum Fremdsprachenunterricht<br />
Fähigkeit, Texte wie literaturwissenschaftliche Gegenstände zu untersuchen, ist dem Kompetenzbereich<br />
„Lesen, Erschließen und Bewerten literarischer und pragmatischer Texte“ unterstellt. Richtet<br />
sich <strong>der</strong> Focus auf sprachwissenschaftliche Gegenstände, so handelt es sich um eine eigene<br />
Kompetenz, bei <strong>der</strong> die Schülerinnen und Schüler „unter Berücksichtigung neuer wissenschaftlicher<br />
Erkenntnisse die Bedeutung <strong>der</strong> Sprache für die menschliche Kognition“ reflektieren sollen.<br />
Die „Kompetenzbereiche“ sind zwar in Deutsch etwas an<strong>der</strong>s zugeschnitten (die Differenzen lassen<br />
sich hier nicht erörtern), aber grosso modo lassen sie sich mit den französischen Kompetenzen<br />
vergleichen. Die literaturwissenschaftliche Seite wird in Deutsch wie in Französisch dem<br />
Rubrum „Lesen“ unterstellt, während für die sprachwissenschaftliche Seite in Deutsch eine eigene<br />
Kompetenz „Reflektieren über Sprache und Sprachgebrauch“ eingeführt wird. Es ist hier natürlich<br />
zu berücksichtigen, dass Deutsch als Muttersprache unterrichtet wird und vertiefenden Analysen<br />
von Sprache und Literatur naturgemäß mehr Raum geben muss. In welcher Intensität jedoch auch<br />
immer, für die Schülerinnen und Schüler werden Einblicke in sprach- und literaturwissenschaftliche<br />
Sachverhalte so erkennbar und erfahrbar – als Pfade zu Sprache und Text auf vertieftem Niveau.<br />
Sollte also <strong>der</strong> Kenntnis dessen, was Französischschülerinnen und -schüler in einem potentiellen<br />
Romanistikstudium erwartet, ein höherer Stellenwert eingeräumt werden als einem beliebigen Inhalt,<br />
über den kommuniziert wird? Ich meine ja. Zwar gilt bis hin zu Q4, dass <strong>der</strong> Spracherwerb im<br />
Sinne sprachlicher Handlungsfähigkeit im Vor<strong>der</strong>grund stehen muss, doch das muss, da er sich<br />
auf höherer Stufe erst in Kombination mit komplex erschlossenen Inhalten voll entfalten kann, kein<br />
Wi<strong>der</strong>spruch sein. Und <strong>der</strong> Blick auf das Fach Deutsch zeigt, dass für die Frage nach dem Verständnis<br />
komplexerer Textsorten eine solche Kenntnis die Antwort ist.<br />
3. Wie könnte eine UE, die sich solche Einblicke zu geben vornimmt, praktisch aussehen? Ich<br />
möchte hier in gebotener Kürze ein im Unterricht erprobtes Beispiel aus dem literaturwissenschaftlichen<br />
Bereich vorstellen.<br />
Im Rahmen <strong>der</strong> Reihe Visions d'avenir. L'environnement, die thematisch im 4. Semester <strong>der</strong> Qualifizierungsstufe<br />
angesiedelt ist, lässt sich ohne Schwierigkeiten eine Doppelstunde zum Thema Les<br />
visionnaires d'autrefois. Le poéte et son environnement integrieren. Im Mittelpunkt <strong>der</strong> Reihe stehen<br />
heutige Umweltfragen wie Er<strong>der</strong>wärmung und Atomkraft, dazu bildet die Haltung des Dichters<br />
im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t zu seiner Umwelt, zur feindlichen Natur und einer zunehmend technisch entfremdeten<br />
Zivilisation einen exklusiven, vertiefenden Kontrast. Dies verdichtet sich im berühmten<br />
Gedicht von Stephane Mallarmé, „Le vierge, le vivace et le bel aujourd’hui“. Dessen Sprache ist<br />
von höchstem Schwierigkeitsgrad, Vokabular und Wortstellungen lassen es auch Muttersprachlern<br />
anspruchsvoll erscheinen - eine Hürde, die z.B. durch eine brauchbare Interlinearübersetzung gesenkt<br />
werden kann. Das Gedicht bietet den Vorteil, eine Vielfalt von Varianten <strong>der</strong> Interpretation<br />
stellvertretend für Gedichte im Allgemeinen sozusagen auf kleinstem Raum exemplarisch deutlich<br />
werden zu lassen. Es folgt <strong>der</strong> äußeren Form nach in strenger Weise den klassischen Regeln des<br />
Sonetts und hält sich puristisch an die Regeln des französischen zwölfhebigen Alexandriners. Mit<br />
seinen Lautfärbungen setzt es Akzente in die Richtung <strong>der</strong> klirrenden, winterlich kalten Landschaft,<br />
von dem im Gedicht inhaltlich die Rede ist. Inhaltlichen bewegt sich das Gedicht auf vier Ebenen:<br />
es beschreibt die Natur in einem Bild <strong>der</strong> Kälte und des Stillstands. Es spricht zweitens von einer<br />
Kreatur, die in dieser Erstarrung kaum noch lebensfähig ist. Metaphorisch steht diese (drittens)<br />
traditionsgemäß für den Dichter bzw. Intellektuellen, <strong>der</strong> sich mit <strong>der</strong> Welt auseinan<strong>der</strong>setzt. Die<br />
Natur verkörpert (viertens) die Lebenswelt des Dichters, die von ihm besungen bzw. analysiert<br />
wird. Der Dichter erkennt sich darin (fünftens) als entfremdeter Visionär, dies treibt ihn ins innere<br />
Exil, das in <strong>der</strong> reinen Schönheit <strong>der</strong> Form o<strong>der</strong> im “signe” (Signifikanten) ohne Signifikat seinen<br />
Ausdruck findet.<br />
Für die Schülerinnen und Schüler war es innerhalb von einer Doppelstunde ohne größere Schwierigkeiten<br />
möglich, die Mehrschichtigkeit wenn auch nicht in ihrem Sinngehalt auszuschöpfen, so<br />
doch in ihren unterschiedlichen Ausrichtungen zu erkennen. Mit Sachgehalt, Form, metaphorischer<br />
Ebene und <strong>der</strong> reflexiven Haltung des Poeten konnten sie paradigmatisch einen Eindruck von den<br />
Perspektiven gewinnen, aus denen eine literaturwissenschaftliche Analyse einen Text fokussiert.<br />
Seite 54
Zum Fremdsprachenunterricht<br />
Nota bene: Um den Unterschied zwischen einer gewohnten französischsprachigen Kommunikation<br />
zu einem Thema und dieser Einsicht in literaturwissenschaftliches Interpretieren markanter zu gestalten,<br />
traf ich für den zweiten, im engeren Sinne literaturwissenschaftlichen Teil <strong>der</strong> Doppelstunde<br />
die didaktische Entscheidung, Deutsch zur Unterrichtssprache zu erklären. Dies hatte drei<br />
Effekte: <strong>der</strong> Wechsel des Kompetenzschwerpunkts wurde hervorgehoben, die Schülerinnen und<br />
Schüler begannen automatisch, sich das Spezifische des französischen Textes sprachmittelnd zu<br />
vergegenwärtigen, und es stellte sich ein fachübergreifen<strong>der</strong> Effekt ein, als sich die Schülerinnen<br />
und Schüler ganz zwanglos <strong>der</strong> Werkzeuge bedienten, die sie im Deutschunterricht für die formale<br />
Interpretation von Gedichten erlernten hatten.<br />
Le vierge, le vivace et le bel aujourd‘hui<br />
Va-t-il nous déchirer avec un coup d‘aile ivre<br />
Ce lac dur oublié que hante sous le givre<br />
Le transparent glacier des vols qui n‘ont pas fui!<br />
Un cygne d‘autrefois se souvient que c‘est lui<br />
Magnifique mais qui sans espoir se délivre<br />
Pour n‘avoir pas chanté la région où vivre<br />
Quand du stérile hiver a resplendi l‘ennui.<br />
Tout son col secouera cette blanche agonie<br />
Par l‘espace infligé à l‘oiseau qui le nie,<br />
Mais non l‘horreur du sol où le plumage est pris.<br />
Fantôme qu‘à ce lieu son pur éclat assigne,<br />
Il s‘immobilise au songe froid de mépris<br />
Que vêt parmi l‘exil inutile le Cygne.<br />
Dr. Ulrich Müller-Schöll<br />
Lehramtsanwärter im 2.Schulpraktischen <strong>Seminar</strong> Lichtenberg (S)<br />
Das jungfräuliche, lebendige und schöne Heute,<br />
wird es uns mit einem irren Flügelschlag<br />
den vergessenen harten See aufreißen, <strong>der</strong> unter dem<br />
Reif<br />
von <strong>der</strong> transparenten Eisschicht <strong>der</strong> Flüge heimgesucht wird,<br />
die nie geflogen wurden?<br />
Ein Schwan von früher erinnert sich, dass er es ist, <strong>der</strong>,<br />
großartig, aber hoffnungslos, sich davon freimacht,<br />
die Region, wo man leben könnte, nicht besungen zu<br />
als das Unbehagen in sterilem Winter aufglänzte.<br />
haben,<br />
Sein ganzer Hals schüttelt also dieses weiße Dahinsiechen ab,<br />
das <strong>der</strong> Raum dem Vogel auferlegt, <strong>der</strong> diesen ignorieren<br />
kann,<br />
nicht jedoch die Abscheu vor dem Boden, in dem das Gefie<strong>der</strong><br />
festsitzt.<br />
Ein Phantom, das an diesem Ort sein bloßes Aufleuchten an-<br />
zeigt –<br />
es wird reglos angesichts des kalten Traums <strong>der</strong> Verachtung,<br />
<strong>der</strong> den SCHWAN in seinem nutzlosen Exil einhüllt.<br />
Seite 55
Forum<br />
Seite 56<br />
Forum<br />
Wie bringen wir Gegenwartsliteratur in die Schule?<br />
Zur Entstehung und Veröffentlichung von Unterrichtsmaterialien<br />
Am Beispiel <strong>der</strong> von uns entwickelten Unterrichtsreihe Juli Zeh: „Corpus Delicti. Ein Prozess“ – ein<br />
Roman zur Verteidigung <strong>der</strong> Freiheit? 36 und unter Berücksichtigung des parallel dazu entstandenen<br />
literaturwissenschaftlichen Aufsatzes Die Zukunft unserer Gesellschaft liegt in ihrer Vergangenheit.<br />
Zu Juli Zehs Roman „Corpus Delicti. Ein Prozess“ 37 stellen wir im Folgenden vor, welche<br />
Schritte von Autoren auf dem Weg zur Veröffentlichung von Unterrichtsmaterial bedacht sein wollen.<br />
Planung einer Unterrichtsreihe<br />
Unser persönliches Interesse am Werk <strong>der</strong> Schriftstellerin Juli Zeh stand am Anfang <strong>der</strong> Konzeption<br />
von Materialien zum Roman Corpus Delicti. Noch während <strong>der</strong> Erstlektüre begann <strong>der</strong> Austausch<br />
über Möglichkeiten einer unterrichtlichen Erarbeitung dieses gegenwartsliterarischen Textes,<br />
<strong>der</strong> gemäß dem Berliner Rahmenlehrplan im vierten Kurshalbjahr <strong>der</strong> gymnasialen Oberstufe<br />
seinen Platz finden kann, um komplexe epische Texte unter Anwendung methodengeleiteter Untersuchungsverfahren<br />
systematisch zu analysieren. 38 An<strong>der</strong>s als beim Roman Spieltrieb 39 , <strong>der</strong> uns<br />
trotz seines thematischen Bezugs zur Schule und zur Lebenswelt <strong>der</strong> Schülerinnen und Schüler<br />
wegen seines Umfangs aus formalen Gründen nicht für eine Ganzlektüre im Erprobungskurs 40 geeignet<br />
schien, erkannten wir jene Chancen, die Corpus Delicti als engagierter Text für literarisches<br />
Lernen und für eine Kanonrevision 41 eröffnet. Außerdem konnte die Wahl des Romans als Gegenstand<br />
für den Deutschunterricht durch eine weitgehende Übereinstimmung mit den von Sabine<br />
Pfäfflin entwickelten formal-ästhetischen, thematisch-inhaltlichen und didaktischen Auswahlkriterien<br />
für Gegenwartsliteratur 42 begründet werden. Die Ausarbeitung, die Reflexion und Modifikation<br />
<strong>der</strong> Unterrichtsreihe zu Corpus Delicti während ihrer mehrfachen Erprobung sollte zur Etablierung<br />
von Gegenwartsliteratur im Deutschunterricht beitragen und ferner exemplarisch einen Lösungs-<br />
36 Manja Vorbeck-Heyn/ Marcus Schotte: Juli Zeh: „Corpus Delicti. Ein Prozess“ – ein Roman zur Verteidigung <strong>der</strong><br />
Freiheit? (Sek II), in: RAAbits Deutsch/Literatur. Impulse und Materialien für die kreative Unterrichtsgestaltung. 74,<br />
Ergänzungslieferung. Stuttgart, 46 S. + Farbfolie.<br />
37 Marcus Schotte/ Manja Vorbeck-Heyn: Die Zukunft unserer Gesellschaft liegt in ihrer Vergangenheit. Zu Juli Zehs<br />
Roman Corpus Delicti. Ein Prozess, in: Literatur im Unterricht. Texte <strong>der</strong> Gegenwartsliteratur für die Schule 12 (20<strong>11</strong>),<br />
H. 2, S. <strong>11</strong>1-131.<br />
38 Vgl. Rahmenlehrplan für die gymnasiale Oberstufe. Gymnasium. Gesamtschulen mit gymnasialer Oberstufe.<br />
Berufliche Gymnasien. Kollegs. Abendgymnasien. Deutsch. Hrsg. v. Senatsverwaltung für Bildung, Jugend<br />
und Sport Berlin. Berlin 2006, S. 13, 23: Innerhalb des Themas „Literatur und Sprache im 21. Jahrhun<strong>der</strong>t“<br />
kann <strong>der</strong> Roman dem Bereich „Literatur und Literaturbetrieb“ mit seinem Unterthema „Literatur im Medienkontext“<br />
zugeordnet werden.<br />
39 Juli Zeh: Spieltrieb. Frankfurt am Main 2004, 566 S. Vgl. Rainer Fliege: Was ist gute Literatur? Eine Antwort<br />
mit dem Roman „Spieltrieb“ von Juli Zeh, in: Deutschmagazin 6 (2009), H. 4, S. 59-63.<br />
40 Im Schuljahr 2009/10 wurde die Unterrichtsreihe in zwei elften Klassen <strong>der</strong> Eckener-Oberschule (Gymna-<br />
sium) in Berlin-Tempelhof durchgeführt.<br />
41 Vgl. Rahmenlehrplan Sachsen (Lektüreliste für das Abitur im Grund- und Leistungskurs), verbindliche Lek-<br />
türe ab 2013.<br />
42 Vgl. Sabine Pfäfflin: Auswahlkriterien für Gegenwartsliteratur im Deutschunterricht. 2., korr. u. überarb.<br />
Aufl. Baltmannsweiler 2010, S. 1-56.
Forum<br />
ansatz für die in <strong>der</strong> Fachdidaktik diskutierten Probleme im Umgang mit Romanen vorschlagen.<br />
Festgestellt wurde dort, dass<br />
„ausführliche Gesamtdarstellungen [fehlen], die zu klären versuchen, in welchem Alter welche<br />
Romane mit welchen Intentionen und möglichen Fragestellungen gelesen werden können,<br />
wie Romanlesen ‚gelernt’ wird, was man dazu im Deutschunterricht lernen muss, welche<br />
Kenntnisse über narrative Texte nötig sind und wie <strong>der</strong> Deutschunterricht sie vermitteln<br />
kann, wie die private Romanlektüre <strong>der</strong> Schüler durch den Unterricht beeinflusst werden<br />
kann, schließlich: welche Methoden sich für die gemeinsame Romanlektüre eignen und auf<br />
welche Methoden man mit Schüler/innen besser verzichtet.“ 43<br />
Da Corpus Delicti als literarische <strong>Neu</strong>erscheinung zum Zeitpunkt <strong>der</strong> Planung und Durchführung<br />
<strong>der</strong> Unterrichtsreihe im Frühjahr 2010 „we<strong>der</strong> durch literaturwissenschaftliche Interpretationspraxis<br />
noch durch didaktische Analysen und methodische Erprobungen abgesichert“ 44 war, musste den<br />
Überlegungen zur unterrichtlichen Umsetzung die textnahe Interpretation des Romans vorausgehen.<br />
Dazu gehörte zunächst die Untersuchung des inhaltlichen Aufbaus, <strong>der</strong> Personenkonstellation<br />
und <strong>der</strong> Erzählstruktur. In einem weiteren Schritt kam die Kontextanalyse unter Einbezug diverser<br />
Prätexte hinzu. Daran schloss sich die Diskussion, unter welchen Fragestellungen und mit welchen<br />
Methoden – bei Bevorzugung handlungs- und produktionsorientierter Verfahren – die Realisierung<br />
im Unterricht stattfinden konnte.<br />
Zusammengefasst ergab sich daraus: Der Text zeichnet sich formal durch einen mittels Vor- und<br />
Rückblenden komplex ineinan<strong>der</strong> verschränkten Handlungsverlauf aus, das Inhaltsverständnis<br />
wird dadurch strukturbedingt erschwert. Dem steht jedoch ein spannungsreicher und die Erzählgeschwindigkeit<br />
erhöhen<strong>der</strong> kriminalistischer Plot gegenüber. Von Vorteil ist demnach, dass <strong>der</strong> Roman<br />
auf mehreren Ebenen gewinnbringend gelesen werden kann: An <strong>der</strong> Oberfläche ist die Lösung<br />
des verhandelten Mordvorwurfs gegen den Bru<strong>der</strong> <strong>der</strong> Protagonistin interessant; anregend ist<br />
dann die Auseinan<strong>der</strong>setzung mit <strong>der</strong> Gesellschaftskritik, die durch die Genrezugehörigkeit geschickt,<br />
aber durchsichtig verschleiert wird; schließlich bietet das dichte Gewebe aus Referenzen<br />
die Möglichkeit zum Einbezug einer Vielzahl weiterer literarischer und filmischer Texte. Ohne sich<br />
<strong>der</strong> Gefahr einer Instrumentalisierung <strong>der</strong> Gegenwartsliteratur für (hoch-)literarisches Lernen auszusetzen,<br />
kann die unterrichtliche Arbeit mit dem Text auf unterschiedlichen Niveaus dazu beitragen,<br />
literarästhetisches Wissen aufzubauen und/ o<strong>der</strong> zu festigen und/ o<strong>der</strong> auf ältere Texte zu<br />
übertragen. Das wissenschaftspropädeutische Vorgehen kann sowohl einen Beitrag zur För<strong>der</strong>ung<br />
literarischer Rezeptionskompetenz leisten als auch darüber hinaus Sinnangebote machen, indem<br />
vor dem Hintergrund <strong>der</strong> aufgerufenen historischen Bezüge die Frage gestellt wird, wie je<strong>der</strong> Einzelne<br />
sich autoritärer und totalitärer Tendenzen erwehren kann und dadurch seine Verantwortung<br />
für den Erhalt des demokratischen Gemeinwesens wahrnehmen kann und muss. Der Roman Corpus<br />
Delicti ist unserer Meinung nach für junge Erwachsene in außerordentlichem Maße geeignet,<br />
weil <strong>der</strong> Text aktuelle Fragen aufgreift: Wie weit kann und wird <strong>der</strong> Staat individuelle Rechte einschränken?<br />
Gibt es ein Recht des Einzelnen auf Wi<strong>der</strong>stand? Im Vor<strong>der</strong>grund stehen dabei die<br />
Themen Überwachung und Kontrolle sowie <strong>der</strong> staatliche Zwang zur Gesundheitsvorsorge als Lebenszweck.<br />
Bezogen wird das gattungstypisch auf unsere Zukunft, gemeint ist aber nur leicht chiffriert<br />
unsere Gegenwart.<br />
Durchführung einer Unterrichtsreihe<br />
Für die Durchführung <strong>der</strong> Unterrichtsreihe (inklusive Klausur) wurden sechs Wochen eingeplant.<br />
Die Berücksichtigung eines experimentellen Spielraums für eine solche Erprobung garantiert einen<br />
43<br />
Wolfgang Wangerin: Romane im Unterricht, in: Günter Lange u. a. (Hrsg.): Taschenbuch des Deutschunterrichts.<br />
Grundfragen und Praxis <strong>der</strong> Sprach- und Literaturdidaktik, Bd. 2. 8., unverän<strong>der</strong>te Aufl. Balmannsweiler<br />
2003, S. 600-620, hier S. 608f.<br />
44<br />
Elisabeth K. Paefgen: Einführung in die Literaturdidaktik (SM, Bd. 317). 2., akt. u. erw. Aufl. Stuttart/ Weimar<br />
2006, S. 89.<br />
Seite 57
Forum<br />
zeitlichen Puffer, um ggf. Erweiterungen o<strong>der</strong> Reduktionen für eine spätere Veröffentlichung vornehmen<br />
zu können. Während <strong>der</strong> Erprobung werden die Arbeitsmaterialien auf ihre Brauchbarkeit<br />
hin überprüft, so dass sie im Anschluss daran in einem weiteren Arbeitsschritt modifiziert werden<br />
können. Als sinnvoll hat sich die Evaluation durch die Schülerinnen und Schüler in Diskussionen<br />
und mittels Beurteilungsbögen erwiesen. Für eine gewisse Objektivierung sorgt <strong>der</strong> Austausch mit<br />
weiteren Lehrpersonen, die während <strong>der</strong> Durchführung hospitieren und die Reihe selbst erproben.<br />
Verlagssuche<br />
Aufschluss über einen positiven Verlauf <strong>der</strong> Unterrichtsreihe gaben uns die folgenden Beobachtungen:<br />
Die Schülerinnen und Schüler arbeiteten kontinuierlich intensiv mit dem Text und den zur<br />
Verfügung gestellten Materialien. Trotz des Lektürepensums schien die Lesemotivation hoch zu<br />
sein; punktuell fand eine Wie<strong>der</strong>holungslektüre statt. Die Ergebnisse <strong>der</strong> Schülerarbeiten zeigten<br />
eine Reaktivierung und Erweiterung des literaturanalytischen Zugriffs. Immer wie<strong>der</strong> führte die<br />
Auseinan<strong>der</strong>setzung mit dem Text zur kritischen Diskussion gesellschaftspolitischer Fragen. Dies<br />
sprach neben dem Fehlen von Unterrichtsmaterial zu Corpus Delicti dafür, einen Publikationsort<br />
für die Unterrichtsmaterialien und die fundierende literaturwissenschaftliche Analyse in Form eines<br />
Aufsatzes zu suchen. Mit einer Reihenplanung und zwei Materialbeispielen versehene Anfragen<br />
erfolgten per E-Mail an verschiedene Verlage, die auf die Publikation von Unterrichtsmaterialien<br />
spezialisiert sind. Gleichzeitig wendeten wir uns an eine deutschdidaktische Fachzeitschrift, <strong>der</strong>en<br />
Gegenstand Gegenwartsliteratur im Unterricht ist.<br />
Zusammenarbeit mit Verlagen<br />
Nachdem die zuständigen Fachlektoren eine positive Rückmeldung formuliert hatten, verlangten<br />
sie die Einsicht in unterschiedliche Materialtypen mit jeweiligem Erwartungshorizont, um die Qualität<br />
und Quantität <strong>der</strong> Unterrichtsmaterialien einschätzen zu können. Die unterschiedlichen Formatanfor<strong>der</strong>ungen<br />
<strong>der</strong> Verlage richten sich nach ihrem jeweiligen Programmschwerpunkt (Gegenwartsliteratur),<br />
ihrer Zielgruppe (Lehrer, Schüler, Studenten) und ihrem Standardumfang (Seitenzahl)<br />
und beschränkten die Publikationsmöglichkeit, so dass in unserem Fall eine Kooperation mit<br />
dem Raabe-Verlag in Frage kam. Bei Vertragsabschluss wird die Zusammenarbeit zwischen Autor<br />
und Verlag geregelt, festgelegt wird dabei u. a. <strong>der</strong> Seitenumfang, die sorgfältige Beitragserstellung<br />
mit <strong>der</strong> Verpflichtung zu Überarbeitungen sowie <strong>der</strong> Abgabetermin (Erstabgabe nach ca. drei<br />
Monaten, Überarbeitungszeitraum ca. zwei Monate, Drucklegung ca. neun Monate nach Vertragsabschluss).<br />
Festzustellen ist, dass die Verlage sich bei <strong>der</strong> Beitragsannahme an den KMK-<br />
Standards orientieren, die zu för<strong>der</strong>nden Kompetenzen werden explizit formuliert und die didaktisch-methodischen<br />
Überlegungen basieren sowohl auf inhaltlichen als auch methodischen<br />
Schwerpunkten. Aus unserer Sicht zeichnet sich brauchbares Unterrichtsmaterial dadurch aus,<br />
dass zum einen Material für die Hand <strong>der</strong> Schülerinnen und Schüler, zum an<strong>der</strong>en die Verlaufsplanung<br />
(gesamte Reihe und einzelne Unterrichtsstunden mit ihren verschiedenen Phasen) und<br />
die ausformulierten Erwartungshorizonte für die Lehrperson zur Verfügung gestellt werden. Unsere<br />
Erfahrungen mit dem Lektorat sind äußerst positiv, zeigen aber, dass Beiträge stets im Sinne des<br />
Verlags lektoriert werden und Autoren hier zu Kompromissen bereit sein müssen. Zwei Beispiele<br />
dazu: Bei den Unterrichtsmaterialien wurde von Verlagsseite gefor<strong>der</strong>t, Sacherklärungen für Schülerinnen<br />
und Schüler aus didaktisierten Nachschlagewörterbüchern statt aus wissenschaftlichen<br />
Sachwörterbüchern zu verwenden mit <strong>der</strong> Begründung, an<strong>der</strong>nfalls bestehe die Gefahr <strong>der</strong> Überfor<strong>der</strong>ung.<br />
Bei dem Fachaufsatz wurde ein historischer Exkurs aufgrund seines Umfangs gestrichen,<br />
obwohl dieser für die Argumentation und das Verständnis des interpretierten Primärtextes<br />
notwendig war. Was die wissenschaftliche Sorgfaltspflicht betrifft, ist anzumerken, dass die Formate<br />
zwar Quellenangaben für das Unterrichtsmaterial für Schülerhand vorsehen, nicht aber für die<br />
Sachanalysen und die zu formulierenden Erwartungshorizonte.<br />
Seite 58
Forum<br />
Die hier geschil<strong>der</strong>ten Erfahrungen mit <strong>der</strong> Konzeption und Veröffentlichung von Unterrichtsmaterial<br />
bzw. Unterrichtsanregungen sollen an<strong>der</strong>e bestärken, ihren Fachunterricht als Chance dafür zu<br />
nutzen, selbst innovative Unterrichtsanregungen zu entwickeln und an<strong>der</strong>e durch die Veröffentlichung<br />
daran teilhaben zu lassen.<br />
Dr. Manja Vorbeck-Heyn, Studienrätin (i.A.) (D/F) Eckener-Oberschule (Gymnasium) Berlin-<br />
Tempelhof<br />
Marcus Schotte, Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Fachdidaktik Deutsch, FU Berlin<br />
„Innovative Formen <strong>der</strong> Verknüpfung von Theorie und Praxis in <strong>der</strong><br />
Lehrerbildung“<br />
Expertentagung vom 23. bis 24. Februar <strong>2012</strong> in Hamburg<br />
Die Frage zum Verhältnis von Theorie und Praxis in <strong>der</strong> Lehrerbildung ist in den Bundeslän<strong>der</strong>n in<br />
letzter Zeit verstärkt in den Fokus genommen worden. In vielen Bundeslän<strong>der</strong>n wird <strong>der</strong> Anteil von<br />
Praxisphasen in <strong>der</strong> ersten Phase verstärkt und zunehmend auch eine Abstimmung mit <strong>der</strong> zweiten<br />
Phase <strong>der</strong> Ausbildung initiiert, was sich nicht immer ganz einfach hinsichtlich <strong>der</strong> Verantwortlichkeiten<br />
erweist, aber natürlich zu einer besseren Verschränkung von erster und zweiter Phase<br />
führen kann.<br />
Die diesjährige Expertentagung in Hamburg nahm deshalb zum Anlass, wie Prof. Dr. Josef Keufer,<br />
Direktor des Landesinstituts Hamburg, ausführte, über die Verknüpfung <strong>der</strong> Anteile nachzudenken.<br />
Mit dem Einführungsvortrag von Prof. Dr. Per Ramberg, dem Leiter <strong>der</strong> Lehrerbildung an <strong>der</strong> Universität<br />
Trondheim, wurde <strong>der</strong> Blick auf europäische Tendenzen am Beispiel <strong>der</strong> nordischen Län<strong>der</strong>,<br />
insbeson<strong>der</strong>e Norwegens, gelenkt.<br />
Prof. Dr. P. Ramberg erläuterte in seinem engagierten Vortrag das seit 25 Jahren entwickelte Konzept<br />
<strong>der</strong> forschungsbasierten Lehrerbildung, in <strong>der</strong> die Pole von Autonomie und Kontrolle sowie<br />
Theorie und Praxis das Koordinatensystem darstellen, in dem <strong>der</strong> traditionelle <strong>Seminar</strong>betrieb sich<br />
hin zu einer „Forscherschule“ gewandelt habe. Die heutige norwegische professionelle Lehrerbildung<br />
bestehe nunmehr aus einer sinnvollen Kombination von theoretischen und praxisorientierten<br />
Lernfel<strong>der</strong>n. Das Programm <strong>der</strong> Lehrerbildung an <strong>der</strong> norwegischen Universität „University of Science<br />
and Technology“ (NTNU) in Trondheim arbeitet seit zehn Jahren mit dem „Schul-Einsatz“,<br />
bei dem eine Gruppe von Referendaren (ca. 40) mit den Fachlehrern und acht professionellen<br />
Mentoren, die anteilig in Schule und Universität arbeiten, für eine bestimmte Zeitspanne die meisten<br />
Aufgabenbereiche einer Partnerschule übernimmt, vielleicht vergleichbar mit dem Prinzip eines<br />
Ausbildungsbetriebes deutscher Unternehmen (Azubifirma).<br />
In diesem Partnerschaftsmodell sind seit 2007 ca. 40 Partnerschulen eingebunden, <strong>der</strong>en professionelle<br />
Mentoren und Lehrerbildner von <strong>der</strong> NTNU die Verantwortung für Basisgruppen von jeweils<br />
ca. fünf Lehramtsstudenten vom Beginn bis zum Ende des Masterstudiums inne haben.<br />
Damit habe sich Norwegen, animiert durch die finnischen Erfolge nach grundlegenden Verän<strong>der</strong>ungen<br />
im Bildungswesen, ebenfalls auf den Weg einer systematischen Kompetenzentwicklung<br />
<strong>der</strong> Lehrer gemacht, wie sie in <strong>der</strong> OECD-Studie „Teachers Matters“(2005) gefor<strong>der</strong>t wurde.<br />
Die Gastgeber <strong>der</strong> Tagung, das Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung und das<br />
Zentrum für Lehrerbildung, gaben im Anschluss einen Überblick über den ersten Durchgang des<br />
„Kernpraktikums“ in Hamburg. 20<strong>11</strong> wurde erstmals im Masterstudiengang das neue Praxissemester<br />
durchgeführt. S. Hartung vom Zentrum für Lehrerbildung in Hamburg erläuterte die Verän<strong>der</strong>ungsprozesse,<br />
die aus Sicht <strong>der</strong> Universität und aus Sicht <strong>der</strong> Ausbildung mit <strong>der</strong> Einführung<br />
des Praxissemesters verbunden waren. So z.B. die Erstellung eines gemeinsamen Curriculums, in<br />
Seite 59
Forum<br />
<strong>der</strong> die Leitideen <strong>der</strong> ersten und zweiten Phase <strong>der</strong> Ausbildung vereint werden konnten ohne jedoch<br />
dabei Inhalte <strong>der</strong> zweiten Phase vorweg zu nehmen. Die Ausbil<strong>der</strong>/innen <strong>der</strong> zweiten Phase<br />
sollen das Praxissemester begleiten. Ziel des Praxissemesters ist eine stärkere Verzahnung von<br />
Theorie und Praxis sowie das Finden eines Ortes, in dem die Lehramtsstudenten ihre eigene Professionalität<br />
erkennen können. Um die Verän<strong>der</strong>ungsprozesse zu initiieren sollte eine Kooperationsgruppe,<br />
bestehend aus Professoren <strong>der</strong> Universität, <strong>Seminar</strong>leitern <strong>der</strong> 2. Phase <strong>der</strong> Ausbildung<br />
und Schulleitern gebildet werden. Wie S. Hartung darlegte, schätzten die Auszubildenden<br />
den höheren Praxisanteil; auch begleitende <strong>Seminar</strong>e wurden umso höher geschätzt, je näher sie<br />
sich an <strong>der</strong> Praxis orientierten. Dagegen wurde das „forschende Lernen“ (Forschungsprojekte)<br />
mitunter als Störfaktor wahrgenommen. Der Blick auf die Zukunft spielte keine große Rolle. Wichtiger<br />
war es den Studenten, im schulischen Kontext erst einmal „zurecht zu kommen“. Zudem wurde<br />
eine „Clearing-Stelle“ eingeführt, zu <strong>der</strong>en Aufgaben es gehört zu klären, inwieweit Ausbildungsbeauftragte<br />
an den Schulen etabliert worden sind. Zusätzlich fungiert sie als Schlichtungsstelle,<br />
wenn es zu Zerwürfnissen zwischen Mentoren und Studenten kommen sollte.<br />
Das Workshopangebot <strong>der</strong> Tagung war mit 13 Bausteinen breit gefächert und aspektreich: es<br />
reichte z. B. vom nie<strong>der</strong>sächsischen Modell <strong>der</strong> „Lehr-Lern-Labore“ <strong>der</strong> Universität Oldenburg über<br />
Erfahrungslernen durch Videoselbstanalyse bis zur Reflexion des eigenen Repertoires an Führungsstilen<br />
im Referendariat, wie sie in Bremen erprobt wurde.<br />
Beispielhaft sei <strong>der</strong> letztgenannte Workshop, geleitet von H. Johnson vom Bremer Landesinstitut<br />
für Schule, erwähnt, <strong>der</strong> durch überzeugende Rhythmisierung von Einstiegsvortrag, anregen<strong>der</strong><br />
Übungsphase und Abschlussreflexion mit den Teilnehmern <strong>der</strong> Frage nachging, wie Referendare<br />
Selbst- und Fremdwahrnehmung als Führungskraft entdecken und entwickeln lernen, indem sie<br />
das eigene Repertoire an Führungsstilen in Anlehnung an D. Goleman beobachten, reflektieren<br />
und erproben.<br />
Den Ausklang <strong>der</strong> Tagung bildete <strong>der</strong> externe Blick durch J. Beppler (Landestrainer des Hessischen<br />
Handballverbandes für die hessischen Jugendnationalspieler) auf die Lehrerbildung, die die<br />
in Teilen interessanten Parallelen zwischen <strong>der</strong> sportlichen Trainingsarbeit und <strong>der</strong> Lehrerausbildung<br />
deutlich machte.<br />
Neben den vielfältigen Workshops und Vorträgen kam es auch zu einem regen Austausch mit Vertretern<br />
aus den verschiedenen Bundeslän<strong>der</strong>n, sodass die teilnehmenden <strong>Seminar</strong>leiter/innen und<br />
<strong>der</strong> Vertreter <strong>der</strong> für das Schulwesen zuständigen Senatsverwaltung mit vielen Ideen wie<strong>der</strong> nach<br />
Berlin reisten.<br />
Wir freuen uns schon heute auf die nächste Expertentagung, die vom 28.02. bis 01.03.2013 in<br />
Hildesheim stattfinden wird.<br />
Ulrike Ernst,<br />
Leiterin des 4. Schulpraktisches <strong>Seminar</strong> <strong>Neu</strong>kölln<br />
(S)<br />
Seite 60<br />
Roswitha Kneer-Werner,<br />
Leiterin des 2. Schulpraktisches <strong>Seminar</strong> <strong>Neu</strong>kölln<br />
(S)
Aufgeschnappt<br />
Aufgeschnappt<br />
Verbeamtung von Lehrerinnen und Lehrern ist Verfassungsgebot<br />
Das vom Verband Bildung und Erziehung - VBE - Landesverband NRW - vorgelegte und von Prof. Dr. Wolfram<br />
Cremer, Universität Bochum, erstellte Gutachten „Beamtenstatus von Lehrern als Verfassungsgebot“<br />
kommt zu dem Schluss, dass Lehrerinnen und Lehrer grundsätzlich verbeamtet werden müssen.<br />
Das Gutachten wird Gegenstand des beamtenpolitischen Grundsatzgespräches des dbb berlin mit Bürgermeister<br />
Frank Henkel am 5. Juni <strong>2012</strong> sein.<br />
Ausgangspunkt <strong>der</strong> Überlegungen des Gutachters ist Art. 33 Absatz 4 Grundgesetz (GG), in dem es heißt:<br />
„Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in <strong>der</strong> Regel Angehörigen des öffentlichen<br />
Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.“ Daran<br />
knüpft sich die Frage an: Handelt es sich bei <strong>der</strong> Lehrtätigkeit um die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse<br />
im Sinne von Art. 33 Absatz 4 GG? Dies ist immer dann <strong>der</strong> Fall, wenn staatliches Handeln für die Ausübung<br />
o<strong>der</strong> Wahrnehmung <strong>der</strong> Grundrechte seiner Bürger wesentlich ist. Daran, dass die Tätigkeit von Lehrerinnen<br />
und Lehrern wie kaum eine an<strong>der</strong>e grundrechtswesentlich ist, kann aber kein vernünftiger Zweifel<br />
bestehen. Dies gilt gleichermaßen für die Notengebung und Versetzungsentscheidungen wie auch den Unterricht<br />
als solchen. Die Bedeutung all dessen für die (beruflichen) Lebenschancen und die Persönlichkeitsentwicklung<br />
und damit die Möglichkeiten <strong>der</strong> Grundrechtsentfaltung eines jeden Einzelnen können gar nicht<br />
hoch genug eingeschätzt werden.<br />
Zwei an<strong>der</strong>s lautenden Beschlüssen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom September 2007 und<br />
Januar <strong>2012</strong> fehlt es überdeutlich an einer hinreichenden Begründung. Vielmehr wird lapidar behauptet, Lehrerinnen<br />
und Lehrer nähmen „nicht schwerpunktmäßig hoheitlich geprägte Aufgaben“ wahr.<br />
Das vollständige Gutachten ist unter http://cms-vbe.myserver106.de/downloads/PDF%20Dokumente/DA9_Beamtenstatus_01_03_12.pdf<br />
veröffentlicht.<br />
Unabhängig vom Verfassungsgericht ist die darin anklingende Geringschätzung des Lehrerberufs ein Schlag<br />
ins Gesicht für diejenigen, die täglich Kin<strong>der</strong> und Jugendliche zu verantwortungsvollen Erwachsenen heranbilden.<br />
Joachim Jetschmann<br />
Vorsitzen<strong>der</strong> des dbb beamtenbund und tarifunion berlin<br />
Seite 61
Mitteilungen<br />
Seite 62<br />
Mitteilungen<br />
1. Bewerbungs- und Vereidigungstermine/Einführungsseminare<br />
Der Bewerbungstermin für die schulpraktische Ausbildung<br />
• war <strong>der</strong> 13. März <strong>2012</strong>, für Lehramtsanwärter/innen, die am 30.7.<strong>2012</strong> ihre Ausbildung beginnen<br />
werden.<br />
• ist <strong>der</strong> 25. September <strong>2012</strong> für Lehramtsanwärter/innen, die ihre Ausbildung im Februar<br />
2013 beginnen möchten.<br />
Die Vereidigung/Ernennung <strong>der</strong> Lehramtsanwärter/innen findet in den aufnehmenden Schulpraktischen<br />
<strong>Seminar</strong>en am Montag, 30. Juli <strong>2012</strong>, statt. Daran schließt sich ein dreißig Stunden umfassendes<br />
Einführungsseminar für die Lehramtsanwärter/innen an, das von den Leitern/Leiterinnen<br />
bzw. Stellvertretenden Leitern/Leiterinnen <strong>der</strong> Schulpraktischen <strong>Seminar</strong>e durchgeführt wird.<br />
Die Zahl <strong>der</strong> Ausbildungsplätze zum 30. Juli <strong>2012</strong> beträgt voraussichtlich:<br />
� in <strong>der</strong> Studienratslaufbahn (im allgemein bildenden Bereich)<br />
� in <strong>der</strong> Studienratslaufbahn (im berufsbildenden Bereich)<br />
� in <strong>der</strong> Lehrerlaufbahn<br />
o L1-Lehreranwärter/innen<br />
o L2-Lehreranwärter/innen<br />
davon berufsbegleitend 10<br />
davon Quereinsteiger 19<br />
davon insgesamt berufsbegleitend 4<br />
� Lehreranwärter/innen an Son<strong>der</strong>schulen 60<br />
Damit hat sich die Anzahl <strong>der</strong> Lehramtsanwärter/innen, die ihre Ausbildung im Juli <strong>2012</strong> beginnen,<br />
gegenüber dem letzten Einstellungstermin im Februar <strong>2012</strong> in allen Laufbahnen erhöht bzw. in <strong>der</strong><br />
L1-Lehrerlaufbahn ist die Zahl konstant geblieben:<br />
in <strong>der</strong> Studienratslaufbahn (allgemein bildend) + 68<br />
im berufsbildenden Bereich + 1<br />
in <strong>der</strong> Lehrerlaufbahn<br />
L1- Lehrer<br />
0<br />
L2-Lehrer<br />
+ 25<br />
bei den Son<strong>der</strong>pädagogen + 26<br />
Nach Aussagen <strong>der</strong> Senatsverwaltung zeigt sich ein Rückgang bei den Bewerbungen für das Amt<br />
eines Lehrers/einer Lehrerin.<br />
Im Bereich <strong>der</strong> Lehrerlaufbahnen beträgt die Zahl <strong>der</strong> Masterabsolventen 88 zuzüglich 35 bei den<br />
Son<strong>der</strong>pädagogen.<br />
Im Bereich <strong>der</strong> Studienratslaufbahn wird die Zahl <strong>der</strong> Masterabsolventen zurzeit nicht erhoben.<br />
304<br />
48<br />
106<br />
84
2. Aufnahme von Lehramtsanwärtern/innen in den Ausbildungsregionen<br />
Mitteilungen<br />
Wie bereits in <strong>der</strong> letzten Ausgabe erwähnt, wird den Regionen eine Gesamtzahl an Lehramtsanwärter/innen<br />
zugewiesen, die dann die <strong>Seminar</strong>leiter/innen <strong>der</strong> jeweiligen Regionen auf die Schulen<br />
und die Fachseminare in ihrer Region verteilen. Sollten nicht ausreichend Ausbildungsplätze in<br />
den Schulen o<strong>der</strong> in den Fachseminaren vorhanden sein, muss auf benachbarte Regionen ausgewichen<br />
werden. In diesem Jahr sind dies:<br />
Region L-Bereich S-Bereich<br />
1 : Charlottenburg-Wilmersdorf, Mitte,<br />
Spandau, Steglitz-Zehlendorf,<br />
2 : Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf,<br />
Reinickendorf<br />
3 : Friedrichshain-Kreuzberg, <strong>Neu</strong>kölln,<br />
Tempelhof-Schöneberg, Treptow-Köpenick<br />
69 74<br />
67 107<br />
54 123<br />
Entsprechend den bisherigen Frequenzen in den Schulpraktischen <strong>Seminar</strong>en, nehmen die folgenden<br />
<strong>Seminar</strong>e Lehramtsanwärter/ innen zum Juli <strong>2012</strong> auf:<br />
Lehreranwärter/innen:<br />
Region 1<br />
Studienreferendar/innen<br />
(allgemein bildend):<br />
3. SPS Mitte 1. SPS Charlottenburg-Wilmersdorf<br />
3. SPS Steglitz-Zehlendorf (Master) 5. SPS Charlottenburg-Wilmersdorf<br />
8. SPS Steglitz-Zehlendorf<br />
Region 2<br />
1. SPS Lichtenberg (Master) 2. SPS Lichtenberg<br />
2. SPS Marzahn-Hellersdorf 3. SPS Marzahn-Hellersdorf<br />
2. SPS Reinickendorf (Master) 3. SPS Reinickendorf<br />
7. SPS Reinickendorf<br />
Region 3:<br />
1. SPS Treptow-Köpenick (Master) 2. SPS <strong>Neu</strong>kölln<br />
3. SPS Treptow-Köpenick 2. SPS Tempelhof-Schöneberg<br />
3. SPS Tempelhof-Schöneberg<br />
2. SPS Treptow-Köpenick<br />
4. SPS Treptow-Köpenick<br />
Son<strong>der</strong>pädagogen<br />
Studienreferendare/innen<br />
(berufsbildend)<br />
unbekannt 7. SPS Steglitz-Zehlendorf<br />
Seite 63
Mitteilungen<br />
3. Einführungsveranstaltungen für neue Fachseminarleiter/innen<br />
Für die neuen Fachseminarleiter/innen, die ab <strong>August</strong> <strong>2012</strong> ihre Tätigkeit aufnehmen, bietet die<br />
für das Schulwesen zuständige Senatsverwaltung wie<strong>der</strong> Einführungskurse an, <strong>der</strong>en Termine<br />
noch nicht festliegen:<br />
Baustein 1<br />
Ort: Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft<br />
Thema: Einführung in die rechtlichen Grundlagen, u.a. Lehrerausbildungs- und Prüfungsordnung<br />
Baustein 2<br />
Seite 64<br />
Herr Dannert, Herr Stephan<br />
Ort: 2. Schulpraktisches <strong>Seminar</strong> <strong>Neu</strong>kölln<br />
Thema: Beobachten-Bewerten-Beurteilen<br />
Frau Kneer-Werner<br />
Für die beiden Bausteine ergehen geson<strong>der</strong>te Einladungen von <strong>der</strong> Senatsverwaltung für<br />
Bildung, Jugend und Wissenschaft.<br />
4. Personalia<br />
Auch in diesem Jahr wurden wie<strong>der</strong> neue Fachseminarleiter/innen für die Ausbildung benötigt. In<br />
<strong>der</strong> folgenden Übersicht sind die neuen Fachseminare o<strong>der</strong> neu zu besetzenden Fachseminare<br />
nach Fächern zusammengestellt. Folgende Kolleginnen und Kollegen werden ab <strong>August</strong> <strong>2012</strong> ihre<br />
Tätigkeit als Fachseminarleiter/innen aufnehmen:<br />
LAUFB FACH Name des FSL VORNAME Schulname<br />
S a De Lubitz Anja Schulfarminsel Scharfenberg<br />
S a De Maron Jutta Heinrich-Schliemann-Schule<br />
S a En Kriesing Germer Leibniz-Oberschule<br />
S a Ge Stelter Johannes Heinz-Berggruen-Schule<br />
S a Ge Benning Maria John-Lennon-Gymnasium<br />
S a Ge Bublys Florian ????<br />
S a Ge Kehl Christian Archenhold-Schule<br />
S a Ge Klingenfuß Martin Humboldt-Oberschule<br />
S a Ge Lautenschläger Hella Primo-Levi-Schule<br />
S a La Wenzel Andreas Goethe-Gymnasium<br />
S a Ma Car Katrin<br />
Europäische Schule Bertha-von-<br />
Suttner<br />
S a Ma Hinterleitner Antje Albert-Einstein-Schule<br />
S a Span Klausa David Werner-von-Siemens-Gymnasium<br />
S a Span Mertha Stefanie Anne-Frank-Schule<br />
S a Span Feix Jeannine Tagore-Schule<br />
S a Sp Hartmann Josephine Diesterweg-Schule<br />
S DH Druck Diestelkam Wilm Ernst-Lifaß-Schule (OSZ)
L a De Rieger Cordula Hermann-Hesse-Oberschule<br />
L a Fr Riebesell Frank Scharmützelsee-Schule<br />
L a Ge Di Lorenzo Anne Hedwig-Dohm-Schule<br />
L a SU Heßler Pamela Süd-Grundschule<br />
Legende: S a: Studienratslaufbahn, allgemein bildend<br />
Stand: 10. Juni <strong>2012</strong><br />
S DH: Studienratslaufbahn, berufsbildend<br />
L a: Lehrerlaufbahn, allgemein bildend<br />
L So: Lehrerlaufbahn, Son<strong>der</strong>pädagogik<br />
Zusammengestellt von Roswitha Kneer-Werner<br />
Leiterin des 2. Schulpraktischen <strong>Seminar</strong>s <strong>Neu</strong>kölln (S)<br />
Mitteilungen<br />
Seite 65
BAK Berlin<br />
Seite 66<br />
Der <strong>Bundesarbeitskreis</strong> <strong>der</strong> <strong>Seminar</strong>- und<br />
Fachleiter/innen e.V., Landesgruppe Berlin<br />
Aktivitäten des BAK in Berlin<br />
1. Seit Mai sind wir 100!<br />
Tatsächlich konnte <strong>der</strong> Landesverband im Mai das 100. Mitglied begrüßen. Der Bundesverband<br />
informierte die Bundeslän<strong>der</strong> im März <strong>2012</strong> über die Entwicklung des Mitglie<strong>der</strong>standes<br />
seit 2006; dabei ist die Entwicklung für den Landesverband Berlin eine erfreuliche:<br />
9/2006 9/2007 <strong>11</strong>/2008 9/2009 9/2010 6/20<strong>11</strong> 5/<strong>2012</strong><br />
Mitglie<strong>der</strong> 57 56 53 68 88 91 100<br />
Der Landesvorstand dankt allen Mitglie<strong>der</strong>n für das entgegengebrachte Vertrauen. Weitere Aktivitäten<br />
sollen die Mitgliedschaft und das Engagement im Landesverband auch in Zukunft lohnend<br />
und interessant machen.<br />
2. Vortragsreihe <strong>2012</strong>:<br />
Die Vortragsreihe wird im September und Oktober mit zwei Veranstaltungen fortgesetzt. Herzlichen<br />
Dank an alle, die sich für die komplette Veranstaltungsreihe angemeldet haben. Sie brauchen<br />
nichts weiter zu tun, Ihre Anmeldung wird berücksichtigt. Wer sich noch nicht angemeldet<br />
hat, kann das gerne bis eine Woche vor Veranstaltungsbeginn tun:<br />
1. Motivation im Lehrerberuf<br />
Vortrag und Diskussion mit Prof. Dr. Oliver Dickhäuser, Universität Mannheim, Lehrstuhl Pädagogische<br />
Psychologie<br />
Der Vortrag thematisiert, wie sich die Motivation von (angehenden) Lehrkräften in <strong>der</strong>en Erleben,<br />
Kompetenzhandeln, Leistung sowie Unterrichtsverhalten nie<strong>der</strong>schlägt. Prof. Dickhäuser<br />
berichtet dabei unter an<strong>der</strong>em über aktuelle Studien mit Lehrkräften im Beruf sowie mit Referendaren.<br />
Wie können angesichts dieser Befunde wünschenswerte berufliche Zielorientierungen<br />
von angehenden Lehrerinnen und Lehrern geför<strong>der</strong>t werden? Überlegungen hierzu bilden<br />
den Abschluss des Vortrags und sollen eine fruchtbare Diskussion anregen.<br />
Veranstaltungsnummer: V02DICK<br />
Zeit: 7.9.<strong>2012</strong>, 15.00 - 17.00 Uhr<br />
Ort: Humboldt-Universität, Hegelplatz, Hörsaal 1.101<br />
Kostenbeitrag: 10 €, für Mitglie<strong>der</strong> 5 €<br />
2. Praxis <strong>der</strong> Unterrichtsdiagnostik<br />
Vortrag und Workshop mit Prof. Dr. Andreas Helmke, Universität Koblenz-Landau<br />
Prof. Andreas Helmke, zu dessen Lehr- und Forschungsschwerpunkten die Unterrichtsdiagnostik<br />
gehört, wird dieses Thema in einem Workshop theoretisch und praktisch behandeln.<br />
Veranstaltungsnummer: V03HELM<br />
Zeit: 26.10.<strong>2012</strong>, 14.30 - 18.00 Uhr<br />
Ort: Freie Universität, Hörsaal Hs 1b<br />
Kostenbeitrag: 10 €, für Mitglie<strong>der</strong> 5 €
Hinweise für die Anmeldung:<br />
BAK Berlin<br />
• Die Anmeldung für die Veranstaltungen V02 - V03 erfolgt per Banküberweisung an unsere<br />
Kassenwartin Monika Wegerich und per zusätzlicher E-Mail an bak-buero.berlin@gmx.de .<br />
• Wollen Sie sich für beide Veranstaltungen anmelden, überweisen Sie bitte den doppelten<br />
Kostenbeitrag. Vermerken Sie auf <strong>der</strong> Banküberweisung unter „Verwendungszweck“<br />
IHREN VOR- und ZUNAMEN und die VERANSTALTUNGSNUMMER/N <strong>der</strong> gewünschten<br />
Veranstaltung/en.<br />
• Im Folgenden ein BEISPIEL für die Anmeldung zu den Veranstaltungen mit Prof. Dickhäuser<br />
und Prof. Helmke.<br />
BEISPIEL: Monika Wegerich<br />
Berliner Sparkasse<br />
Kontonummer: 1060246054<br />
Bankleitzahl: 10050000<br />
Verwendungszweck: ERIKA MUSTERMANN, V02DICK + V03HELM<br />
• Senden Sie nach erfolgter Anmeldung per Banküberweisung eine E-Mail an<br />
bak-buero.berlin@gmx.de. Damit ist sichergestellt, dass Sie über Veranstaltungsän<strong>der</strong>ungen<br />
informiert o<strong>der</strong> Ihnen ggf. vorbereitende Materialien per E-Mail zugesandt werden können.<br />
(Anmeldebestätigungen werden nicht verschickt.)<br />
Bitte wie<strong>der</strong>holen Sie in <strong>der</strong> E-Mail die Angaben Ihrer Banküberweisung unter „Verwendungszweck“.<br />
Im gewählten BEISPIEL: ERIKA MUSTERMANN, V02DICK + V03HELM<br />
Gerne können Sie unter Ihren Kolleginnen und Kollegen für diese Veranstaltungen werben. Alle<br />
Interessierten können nach Anmeldung teilnehmen. - Es handelt sich an dieser Stelle um eine<br />
Vorabinformation; <strong>der</strong> Landesverband wird mindestens vier Wochen vor dem jeweiligen<br />
Termin für jede Veranstaltung eine Einladung an alle Mitglie<strong>der</strong> und alle Schulpraktischen <strong>Seminar</strong>e<br />
versenden.<br />
3. Fachdidaktik-Tagung in Berlin, 1. und 2. März 2013<br />
Bitte vormerken!<br />
Der BAK-Bundesverband und das Zentrum für Lehrerbildung <strong>der</strong> FU Berlin veranstalten am<br />
01./02. März 2013 in Berlin eine Fachdidaktik-Tagung. Über die Intention und die Arbeitsweise<br />
während dieser Tagung informiert Dr. Jörg Kayser im Beitrag auf Seite 69.<br />
4. 46. <strong>Seminar</strong>tag in Köln, 25. - 28.9.<strong>2012</strong> – Vielfalt als Aufgabe <strong>der</strong> Lehrerbildung<br />
Interkulturalität, Inklusion, Identität – mit diesen Begriffen spannt <strong>der</strong> 46. <strong>Seminar</strong>tag in Köln einen<br />
Rahmen des wissenschaftlichen, schul- und ausbildungspraktischen Austauschs über professionelle<br />
Lehrerarbeit unter den Bedingungen gesellschaftlicher und schulischer Vielfältigkeit.<br />
Anmeldung online ab dem 12. Juni <strong>2012</strong> über den nebenstehenden QR-Code bzw.<br />
http://www.bak-online.de/aktuelles/index.html , dort auch weitere Informationen zum Programm,<br />
zu den Workshops, zu Hotelreservierungen und zur Kultur in und um Köln.<br />
Zusammengestellt von Herbert Böpple<br />
Landessprecher des BAK Berlin<br />
Leiter des 2. Schulpraktischen <strong>Seminar</strong>s Lichtenberg (S)<br />
Seite 67
BAK Berlin<br />
Seite 68
BAK Berlin<br />
Fachdidaktik-Tagung des BAK und des Zentrums für Lehrerbildung <strong>der</strong><br />
FU Berlin am 01./02. März 2013 in Berlin<br />
Die fachdidaktische Ausbildung zukünftiger Lehrkräfte ist eine phasenübergreifende Aufgabe!<br />
Der BAK möchte sich in <strong>der</strong> Zukunft verstärkt und unterstützend dieser Aufgabe widmen.<br />
Im regelmäßigen Turnus soll an <strong>der</strong> FU Berlin in Kooperation zwischen dem Zentrum für Lehrerbildung<br />
<strong>der</strong> FU Berlin und dem BAK jeweils Anfang März eine bundesweite Fachdidaktik-Tagung<br />
stattfinden, in <strong>der</strong> Vertreterinnen und Vertreter <strong>der</strong> ersten und zweiten Phase <strong>der</strong> Lehrerbildung<br />
(ggfs. auch <strong>der</strong> Fort- und Weiterbildung) zusammenwirken können.<br />
Dabei soll eine inhaltliche Fragestellung zunächst im Plenum übergreifend für alle Fächer thematisiert<br />
werden, um anschließend in fachbezogenen und phasenübergreifenden Arbeitsgruppen vertiefend<br />
behandelt zu werden.<br />
Diese Arbeitsgruppen werden in die Obhut <strong>der</strong> Län<strong>der</strong> gegeben. Entsprechend sind die Landesverbände<br />
des BAK gehalten, jeweils die Betreuung einzelner Fächer zu übernehmen. Dies schließt<br />
zunächst die Auswahl <strong>der</strong> Fächer sowie die Bestellung <strong>der</strong> phasenübergreifenden Leitung <strong>der</strong> Arbeitsgruppen<br />
– ein(e) Vertreter/in Hochschule und ein(e) Vertreter/in Vorbereitungsdienst – ein.<br />
Für die erste Tagung dieser Art ergibt sich <strong>der</strong>zeit <strong>der</strong> folgende Planungsstand:<br />
Veranstaltungstermin: 01./02. März 2013<br />
Zielgruppe: Fachdidaktikerinnen und Fachdidaktiker <strong>der</strong> ersten und zweiten Phase <strong>der</strong><br />
bundesdeutschen Lehrerausbildung<br />
Veranstaltungsort: Zentrum für Lehrerbildung, FU Berlin, Habelschwerdter Allee 45, 14195<br />
Berlin<br />
Veranstalter: BAK und Zentrum für Lehrerbildung <strong>der</strong> FU Berlin,<br />
Referent: (angefragt) Prof. Dr. Kurt Reusser, Universität Zürich, Institut für Erziehungswissenschaft,<br />
Pädagogische Psychologie und Didaktik<br />
Thema (Arbeitstitel): "Lernwirksame Ausbildung und lernwirksamer Unterricht in heterogenen<br />
Lerngruppen: Gelingensbedingungen und Qualitätsmerkmale".<br />
Beson<strong>der</strong>es Augenmerk soll im Leitvortrag auf den notwendigen Wandel im<br />
Rollenverständnis <strong>der</strong> Lehrkräfte und (vor allem auch) von <strong>der</strong>en Ausbil<strong>der</strong>innen<br />
und Ausbil<strong>der</strong>n sowie auf die Entwicklung <strong>der</strong> Diagnosekompetenz<br />
und die "Schaffung von Zugängen über Lernaufgaben" gelegt werden. Entsprechend<br />
und darauf aufbauend sollen in den Arbeitsgruppen die Lernprozesse<br />
und die Lernwirksamkeit von Lernaufgaben betrachtet werden.<br />
Vorüberlegungen zum Ablauf:<br />
Freitag, 01.03.13<br />
14:00 Uhr Einführungssitzung <strong>der</strong> Arbeitsgruppenleitungen<br />
16:00 Uhr Begrüßung und offizielle Eröffnung <strong>der</strong> Tagung<br />
Seite 69
BAK Berlin<br />
Seite 70<br />
16:15 Uhr Leitvortrag zum o.g. Thema von Herrn Prof. Reusser mit anschließen<strong>der</strong><br />
Diskussion<br />
ca. 18:00 Uhr Ende<br />
20:00 Uhr Kleinkunstabend<br />
Samstag 02.03.13<br />
09:00 Uhr Arbeitsgruppen – Phase 1<br />
<strong>11</strong>:00 Uhr Kaffeepause<br />
<strong>11</strong>:30 Uhr Arbeitsgruppen – Phase 2<br />
ca. 14:00 Ende<br />
Unterbringung: Der BAK bemüht sich, preiswerte Hotelangebote für ein bis zwei Übernachtungen<br />
für ein bis zwei Personen zu organisieren, so dass Teilnehmerinnen<br />
und Teilnehmer ihre Partner/in mitbringen und mit ihnen gemeinsam das<br />
Restwochenende in Berlin verbringen können. Die Kosten tragen die Teilnehmerinnen<br />
und Teilnehmer.<br />
Ansprechpartner: Dr. Jörg Kayser (BAK-Bund / übergreifende Fragen)<br />
bak.mail@gmx.de<br />
Herbert Böpple (LV Berlin / Fragen zu Berliner Arbeitsgruppen)<br />
bak-berlin.boepple@alice.de<br />
Genauere Informationen (z.B. über das Anmeldeverfahren) erhalten BAK-Mitglie<strong>der</strong> rechtzeitig<br />
über einen E-Mail-Rundbrief und die Zeitschrift SEMINAR!<br />
Dr. Jörg Kayser<br />
Bundesvorsitzen<strong>der</strong> des <strong>Bundesarbeitskreis</strong>es <strong>der</strong> <strong>Seminar</strong>- und Fachleiter/innen e.V.<br />
Leiter des 1. Schulpraktischen <strong>Seminar</strong>s Reinickendorf (S)
<strong>Bundesarbeitskreis</strong> <strong>der</strong> <strong>Seminar</strong>- und Fachleiter/innen e. V.<br />
Geschäftsstelle für Mitglie<strong>der</strong>verwaltung - Finanzen - Vertrieb<br />
Dietmar Seiffert - Bundesschatzmeister<br />
Bernhard-Lichtenberg-Weg 9, 3<strong>11</strong>39 Hildesheim<br />
Beitrittserklärung<br />
Tel. / Fax 05121 / 270191 Tel. 05121 / 46184 E-Mail: D.Seiffert@t-online.de<br />
Beitrittserklärung und Ermächtigung zum Bankeinzug<br />
Hiermit erkläre ich meinen Beitritt zum <strong>Bundesarbeitskreis</strong> <strong>der</strong> <strong>Seminar</strong>- und Fachleiter/innen<br />
e. V. (BAK). Gleichzeitig ermächtige ich den BAK wi<strong>der</strong>ruflich, den Jahresbeitrag<br />
bei Fälligkeit am 01. März eines jeden Jahres von meinem Konto mittels<br />
Lastschrift einzuziehen. Die For<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Gutschrift eines von mir nicht anerkannten<br />
Einzugsbetrages bleibt vorbehalten.<br />
Der gegenwärtige Jahresbeitrag beträgt für Mitglie<strong>der</strong> aus den „alten" Bundeslän<strong>der</strong>n<br />
48,00 EUR und für Mitglie<strong>der</strong> aus den „neuen" Bundeslän<strong>der</strong>n 36,00 EUR.<br />
� Bundesland<br />
� Name<br />
� Vorname<br />
� Straße<br />
� PLZ, Ort<br />
� E-Mail / Telefon<br />
� Ort des Studienseminars<br />
� Lehramt /(Gym., bbS, GHRS, SoS, …)<br />
� <strong>Seminar</strong>funktion<br />
Konto<br />
Bank<br />
in<br />
BLZ<br />
Ort, Datum Unterschrift<br />
BAK ist vom Finanzamt Bruchsal als gemeinnützige Personenvereinigung anerkannt worden<br />
(Gern. <strong>11</strong>50).<br />
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