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Der Buchstabe und die Schriftstruktur des Wortes

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1<br />

Duden (1995: 56-84): Grammatik. Band 4.<br />

<strong>Der</strong> <strong>Buchstabe</strong> <strong>und</strong> <strong>die</strong> <strong>Schriftstruktur</strong> <strong>des</strong> <strong>Wortes</strong><br />

1 Allgemeines<br />

1.1 Gesprochene <strong>und</strong> geschriebene Sprache<br />

Schrift(system): <strong>die</strong> Schriftzeichen lassen sich fest auf bestimmte<br />

sprachliche Einheiten beziehen.<br />

Die ältesten Schriften: ägyptische, babylonische, chinesische (ca.<br />

5000 Jahre). Das Sprechen: zumin<strong>des</strong>t 20-30-mal so alt.<br />

Die ältesten Schriften sind Wortschriften: Schriftzeichen hat als<br />

Ganzes Bedeutung <strong>und</strong> keine systematischen Bezüge auf kleinere<br />

sprachliche Einheiten.<br />

logographische Schriften: kleinste Einheiten Wörter oder Morpheme<br />

(Chinesisch).<br />

Die Schriften unseres Schriftenkreises: von logographischen<br />

über Silbenschriften zu Alphabetschriften entwickelt.


2<br />

Alphabetschrift: erstmals vor knapp dreitausend Jahren für das<br />

Griechische verwendet. In Alphabetschriften lassen sich <strong>die</strong><br />

kleinsten Einheiten Segment für Segment regelhaft bestimmten<br />

¡<br />

Abschnitten <strong>des</strong> Lautkontinuums der gesprochenen Sprache<br />

zuordnen, eben den Sprachlauten.<br />

Vor- <strong>und</strong> Nachteile der Schriftsysteme:<br />

¡<br />

Eigenschaft Alphabetschrift logographische Schr.<br />

nur wenige Einheiten +<br />

-<br />

(30)<br />

(2000-20000)<br />

schnell erlernbar + -<br />

systematischer<br />

Lautbezug<br />

+ -<br />

Bezug auf Bedeutung - +<br />

Zeichenkombinationen<br />

übereinzelsprachlich<br />

verständlich<br />

- +<br />

flexibel + -<br />

¡ Schriftsystem <strong>des</strong> Deutschen: Mischsystem - auf der Basis <strong>des</strong><br />

Alphabets weist es eine ausgeprägte silbenschriftliche <strong>und</strong><br />

logographische Komponente auf.<br />

¡ Sek<strong>und</strong>ärer Schriftspracherwerb¢¢ ££ primärer Spracherwerb:<br />

gesprochene Sprache so angeeignet, wie es <strong>die</strong> soziale Interaktion<br />

<strong>des</strong> Kin<strong>des</strong> erfordert <strong>und</strong> möglich macht (sprachliches Handeln als<br />

Bestandteil der sozialen Interaktion). Das Kind lernt sprechen, bis<br />

es <strong>die</strong> Sprache kann, aber es weiß wenig über <strong>die</strong> Sprache. Mit dem<br />

Erwerb der Schriftsprache ändert sich <strong>die</strong>s. Die Beherrschung der<br />

Schrift ist nur möglich, wenn ein Min<strong>des</strong>tmaß an sprachlichem<br />

Wissen vorhanden ist: Entwicklung eines Lautbegriffs (Bezug der<br />

<strong>Buchstabe</strong>n auf Laute), Wortbegriffs (als vorgegebene Einheiten)<br />

<strong>und</strong> Silbenbegriffs (Worttrennung), Erwerb grammatischer<br />

Kategorien (Groß- <strong>und</strong> Kleinschreibung, Interpunktion). Was ein<br />

Laut, Wort <strong>und</strong> Satz ist, ergibt sich für den Normalsprecher<br />

weitgehend aus Eigenschaften geschriebener Texte. Dass<br />

erhebliche Unterschiede zur gesprochenen Sprache bestehen,<br />

kommt ihm nur selten zu Bewusstsein.


1.2 Die orthographische Norm<br />

werden, sondern es besitzt eine Orthographie.<br />

3<br />

¤ Schriftnorm: Das Deutsche kann nicht irgendwie geschrieben<br />

Die in unserer Orthographie festgelegten Schreibweisen gibt es<br />

insgesamt seit etwa 250 Jahren. Diese Schreibweise erlaubte es,<br />

über politische <strong>und</strong> Dialektgrenzen hinweg <strong>die</strong>selbe Sprache zu<br />

¤<br />

verwenden. Die Regeln der Rechtschreibung gehen zurück auf <strong>die</strong><br />

Beschlüsse der 2. Ortographischen Konferenz im Jahre 1901. Die<br />

Tradition <strong>des</strong> Rechtschreibdudens ist älter als das Regelwerk. Sie<br />

wurde begründet im Orthographischen Wörterbuch von Konrad<br />

Duden, das erstmals im Jahre 1880 erschien. Dieses Wörterbuch<br />

setzte sich schnell im deutschen Sprachraum durch <strong>und</strong> trug viel<br />

dazu bei, <strong>die</strong> deutsche Orthographie zu vereinheitlichen. Es enthielt<br />

etwa 27000 Einträge, <strong>und</strong> man war damals der Auffassung, daß<br />

<strong>die</strong>s der vollständige Wortschatz <strong>des</strong> Deutschen sei. Die jetzt<br />

gültige Ausgabe <strong>des</strong> Rechtschreibwörterbuches weist 115000<br />

Einträge auf, aber auch sie ist nicht vollständig.<br />

Sprachlicher Wandel in der Orthographie: z.B. anstelle/an<br />

Stelle (<strong>die</strong> erste Form taucht im Rechtschreibwörterbuch von 1926<br />

noch gar nicht auf, in der Ausgabe von 1941 ist an Stelle<br />

¤<br />

verzeichnet, heute sind beide Schreibweisen zugelassen). Die<br />

Veränderung der orthographischen Norm folgt dem<br />

Zusammenwachsen der beiden Wörter beim Gebrauch als<br />

Präposition zu einem.<br />

Häufige Änderungen im Fremdwortbereich: <strong>die</strong> Schreibung folgt<br />

dem Prozeß der Eindeutschung (z.B. Strike > Streik, Blouse ><br />

Bluse, Cakes > Keks). Beide Schreibungen noch nebeneinander<br />

¤<br />

(z.B. chic - schick, Telephon - Telefon, Shredder - Schredder).<br />

In manchen Fällen mehrere Schreibungen zugelassen, obwohl<br />

weder Sprachveränderungs- noch Integrationsprozeß: z.B.<br />

Existentialismus - Existenzialismus<br />

¤<br />

existent - Existenz). Eine<br />

der Schreibweisen als einzige für verbindlich zu erklären, wäre<br />

willkürlich, würde <strong>die</strong> Orthographie unflexibel machen <strong>und</strong><br />

historische wie systematische Zusammenhänge zerreißen.<br />

(¥<br />

Die Behandlung der <strong>Schriftstruktur</strong> sprachlicher Einheiten sollte<br />

¦<br />

Teil einer Grammatik <strong>des</strong> Deutschen sein.


2 Das phonographische Prinzip<br />

2.1 <strong>Buchstabe</strong>n <strong>und</strong> Grapheme<br />

4<br />

Gr<strong>und</strong>lage <strong>des</strong> deutschen Schriftsystems: das lateinische<br />

Alphabet (Kapitalschrift der römischen Antike - ähnelt<br />

Großbuchstaben). Unterscheidung von Groß- <strong>und</strong> Kleinbuchstaben<br />

§<br />

viel jünger (im Deutschen systematisch ca. 400 Jahre).<br />

Einzelsprachliche Besonderheiten der Alphabetschriften: Die<br />

§<br />

Sprachen unterscheiden sich in ihrer Lautstruktur voneinander<br />

das lateinische Alphabet wurde abgewandelt. Besonderheiten:<br />

(a) neue <strong>Buchstabe</strong>n entwickelt (ß);<br />

(b) <strong>Buchstabe</strong>n durch<br />

¨<br />

Diakritika abgewandelt (ä, ö, ü);<br />

(c) feste <strong>Buchstabe</strong>nverbindungen (sch, ch <strong>und</strong> qu).<br />

Grapheme: <strong>die</strong> kleinsten bedeutungsunterscheidenden Einheiten<br />

<strong>des</strong> Schriftsystems (analog zu den Phonemen im Lautsystem) -<br />

Einzelbuchstaben, <strong>Buchstabe</strong>nverbindungen<br />

©<br />

(Mehrgraphe).<br />

Graphematik: Teilgebiet der Grammatik, in dem <strong>die</strong><br />

graphematische Struktur von Wortformen beschrieben wird. In der<br />

Graphematik einer<br />

©<br />

Einzelsprache fragt man, welche Grapheme<br />

<strong>die</strong>se Sprache hat <strong>und</strong> nach welchen Regeln <strong>die</strong> Grapheme zu<br />

größeren Einheiten kombiniert werden.<br />

Schreibkonventionen: /Ro:t/ [Ro:t] (letztere graphematisch)<br />

Methoden zur Ermittlung von Graphemen (vgl. Phoneme):<br />

Bilden von<br />

©<br />

Minimalpaaren (paradigmatische Funktion): z.B.<br />

;<br />

©<br />

; <br />

; , ,<br />

� ¨<br />

<br />

�<br />

,<br />

¨<br />

. <br />

�<br />

bildet<br />

¨<br />

� ¨<br />

eine Einheit (nicht zerlegbar), erweist sich also als ein Graphem.<br />

�<br />

Grapheminventar <strong>des</strong> Deutschen:<br />

¨<br />

� ¨ � ¨<br />

©<br />

Vokalgrapheme<br />

, , , , , , , , <br />

Konsonantgrapheme<br />

, , , , , , , , , , , <br />

, , , , , , , , ,


5<br />

Größe <strong>des</strong> Grapheminventars: Wie in der Phonemik richtet sich<br />

der Umfang <strong>des</strong> Inventars danach, welche Wörter noch<br />

berücksichtigt werden sollen. Die Grapheme in <strong>die</strong>ser Tabelle<br />

�<br />

reichen aus, um den weitaus größten Teil <strong>des</strong> heimischen<br />

Wortschatzes zu erfassen.<br />

Bezeichnungen der Graphemklassen: Zur Benennung der<br />

Graphemklassen wurden Bezeichnungen gewählt, <strong>die</strong> sich an<br />

Bezeichnungen für Phonemklassen anlehnen, so daß <strong>die</strong> Beziehung<br />

�<br />

zwischen Graphemen <strong>und</strong> Phonemen gleich in den Bezeichnungen<br />

deutlich wird.<br />

Lautunabhängige Graphemermittlung: Es ist ohne weiteres<br />

möglich, <strong>die</strong> Struktur graphematischer Wörter so zu beschreiben,<br />

als gäbe es <strong>die</strong> weitgehend parallel aufgebauten phonologischen<br />

�<br />

Wörter gar nicht.<br />

Verhältnis von Geschriebenem <strong>und</strong> Gesprochenem: Für<br />

praktische Zwecke allgemein interessiert nicht so sehr <strong>die</strong> Struktur<br />

<strong>des</strong> Geschriebenen an sich, sondern wie <strong>die</strong> Struktur <strong>des</strong><br />

�<br />

graphematischen <strong>Wortes</strong> mit der <strong>des</strong> phonologischen <strong>Wortes</strong><br />

zusammenhängt.<br />

2.2 Graphem-Phonem-Korrespondenz<br />

� Phonographisches Prinzip: Den Phonemen lassen sich regelhaft<br />

Segmente <strong>des</strong> Geschriebenen (Grapheme) zuordnen - <strong>die</strong>s nennt<br />

man Graphem-Phonem-Korrespondenzregeln (GPK-Regeln).<br />

Eine GPK-Regel stellt fest, welches Segment <strong>des</strong> Geschriebenen<br />

einem bestimmten Phonem im Normalfall entspricht. Im<br />

Deutschen wird in den meisten Fällen einem Phonem genau ein<br />

Graphem zugewiesen. Für jeden Vokal � Normalschreibung.<br />

Form der GPK-Regel: [x1 ... xm] �� <br />

(x1 ... xm Phoneme; y1 ... yn Grapheme)<br />

� Vokalgrapheme im Deutschen: Darstellung beruht nicht auf<br />

Unterscheidung zwischen Kurz- <strong>und</strong> Langvokalen, sondern auf der<br />

zwischen gespannten <strong>und</strong> ungespannten Vokalen � GPK-Regeln<br />

operieren ebenfalls mit gespannten <strong>und</strong> ungespannten.


GPK-Regeln für <strong>die</strong> deutschen Vokale<br />

Gespannte Vokale<br />

[i] � [� pi:s] — [y] � [ty:R] — <br />

[e] � [ve:k] — [� ] � [� � :n] — <br />

[� ] � [tR� :g� ] — [� ] � [pf� :t] — <br />

[o] � [� Ro:t] — [u] � [hu:t] — <br />

Ungespannte Vokale<br />

[� [� � � � [� � � � � [� � ��� �<br />

[� � [� [g� � n� [� � ��<br />

� � [fR� [�<br />

[� � [k�<br />

] ] — ] ] — <br />

] ] — ] nl — <br />

[a] [kalt] — <br />

] nst] — <br />

] st] — <br />

Reduktionsvokal<br />

6<br />

[� ] � [z� n� ] — <br />

� Auffällig: (a) gespannte Vokale <strong>und</strong> ungespannte Vokale<br />

entsprechen paarweise demselben Graphem, z.B.[o] - [� ] � .<br />

(b) aber: [i:] � � � [� ] � .<br />

� Die GPK-Regeln gelten für heimischen Kernwortschatz. Bei der<br />

Berücksichtigung von Eigennamen <strong>und</strong> Fremdwörtern braucht man<br />

weitere Regeln, z. B. [y] � (Mythos) <strong>und</strong> [� ] � <br />

(Malheur). Solche GPK-Regeln stellen regelhafte Sonderfälle<br />

gegenüber dem Normalfall (hier etwa [y] � , [� ] � ) dar.


GPK-Regeln für <strong>die</strong> deutschen Konsonanten<br />

Konsonanten<br />

[p] � [� � �� ] — [t] � [t� :l] — <br />

[k] � [kalt] — [kv] � [kv� :l] — <br />

[b] � [b� nt] — [d] � [do:m] — <br />

[g] � [g� nst] — [f] � [f�� ] — <br />

[s] � [Ru:s] — [� ] � [� Ro:t] — <br />

[x] � [vax] — [v] � [v� nt] — <br />

[z] � [� � � � ] — [j] � [J� :R] — <br />

[m] � [mu:s] — [n] � [no:t] — <br />

[� ] � [R�� ]— [l] � [l� ft] — <br />

[R] � [R�� ] — <br />

Affrikate<br />

7<br />

] � [ts� :n] — <br />

[�<br />

Auffallend: nicht allen Lauten <strong>des</strong> Phonemsystems wird eine<br />

� �<br />

�<br />

GPK-Regel zugeordnet:<br />

(a) [�� ]: Distribution ist morphonologisch bestimmt (er kann nur<br />

vor Vokal in solchen Morphemen auftreten, <strong>die</strong> am<br />

Wortanfang stehen können). Dem [� ] entspricht kein<br />

graphematisches Segment, <strong>des</strong>halb gibt es keine GPK-Regel.<br />

(b) [�� ]: kommt nur in Fremdwörtern vor; Schreibungen [� ]�<br />

(Genie, Garage), [� ]� Dschungel u.a. Ein<br />

weiterer Konsonant, der für <strong>die</strong> Schreibung von<br />

Fremdwörtern in Frage kommt, ist z.B. [� ] (engl. this).<br />

(c) [kv]�� : Lautfolge durch Graphemfolge wiedergegeben.<br />

(d) Affrikaten [�<br />

] <strong>und</strong> ]: nur das ] mit Hilfe einer GPK-<br />

[� � � � � �<br />

Regel abgebildet. Für<br />

�<br />

]<br />

�<br />

keine Regel benötigt, weil <strong>die</strong><br />

Regeln für [p] <strong>und</strong> [f] ausreichen.<br />

� [�� � �� � [��<br />

(e) Für , : keine GPK-Regeln, nur in Sonderregeln.<br />

� Die GPK-Regeln zeigen, welche Phoneme im Geschriebenen<br />

direkt abgebildet werden <strong>und</strong> welche graphematische Einheit<br />

einem Phonem im Normalfall entspricht.


8<br />

Die GPK-Regeln stellen den alphabetischen Anteil der<br />

Schreibungen <strong>des</strong> Deutschen dar. Sie verwirklichen in ihrer Form<br />

das Gr<strong>und</strong>prinzip der Alphabetschrift, das darauf beruht, einem<br />

�<br />

Lautsegment ein bestimmtes graphisches Element zuzuweisen.<br />

Neben den GPK-Regeln lassen sich für eine Sprache auch<br />

Phonem-Graphem-Korrespondenzregeln (PGK-Regeln)<br />

formulieren. Ausgangspunkt sind dabei <strong>die</strong> Grapheme. Die PGK-<br />

�<br />

Regeln stellen fest, welches phonologische Segment einem<br />

Graphem normalerweise entspricht. Unsere Darstellung:<br />

Blickrichtung vom Phonologischen auf das Graphematische bei.<br />

Die orthographisch korrekte Schreibung vieler Wortformen läßt<br />

sich allein aus den GPK-Regeln herleiten, z.B. für grün, Wüste,<br />

Regen, edel, Muße, Schachtel, Wiese. Für viele andere Wortformen<br />

�<br />

ergibt sich nicht <strong>die</strong> korrekte Schreibung. Zu ihrer Herleitung<br />

muss auf <strong>die</strong> Silbenstruktur, <strong>die</strong> morphologische Struktur <strong>und</strong><br />

anderes zurückgegriffen werden.<br />

3 Das silbische Prinzip<br />

3.1 Eigenschaften der Schreibsilbe<br />

Für zahlreiche Wortformen führt das phonographische Verfahren<br />

nicht zu korrekten Schreibungen. Zu den wichtigsten Gründen<br />

gehört <strong>die</strong> Bezugnahme auf silbische Information: Laute, <strong>die</strong><br />

�<br />

in<br />

der Sprechsilbe eine bestimmte Rolle spielen, werden im<br />

Geschriebenen nicht so wiedergegeben, wie es der entsprechenden<br />

GPK-Regel entspricht, sondern ihre Schreibung unterliegt<br />

besonderen, eben silbenbezogenen Regeln.<br />

Eigenschaften der Sprechsilbe Schreibsilbe: �� �� �<br />

Eigenschaft Sprechsilbe Schreibsilbe<br />

ausgeprägtere Regularisierung - +<br />

Form konstanter - +<br />

ausgeprägtere Längenausgleichstendenz - +<br />

das Lesen als für das Schreiben funktional.<br />

� <strong>Der</strong> starke silbische Zug der deutschen Orthographie ist eher für


9<br />

der einzige Kons. in 3-phonemigen ([� Anfangsrändern ],<br />

], ]) <strong>die</strong> einzigen<br />

� � �<br />

Anfangsränder mit 2 Obstruenten. Überlänge der<br />

�<br />

Schreibsilbe<br />

� � � � � � � �� � [��<br />

Silbenanfangsrand: fast durchweg phonographische Schreibung.<br />

1. Silbische Schreibung nur beim ]: im heimischen Wortschatz<br />

�<br />

[�� �<br />

���]); abgesehen von Affrikaten [� ([�<br />

vermieden, indem ] vor [t] <strong>und</strong> [p] ein entspricht: <strong>und</strong><br />

<br />

�<br />

(silbische Schr.) statt <strong>und</strong> (phonograph.).<br />

Diese Schreibung möglich, weil [s] vor [p] <strong>und</strong> [t] nicht<br />

[�<br />

vorkommt.<br />

Graphemmuster <strong>und</strong> als Einheiten wahrgenommen;<br />

erleichtern das Lesen trotz Abweichung von Normalzuordnung.<br />

2. Silbisches Element bei der Schreibung <strong>des</strong> Silbenkerns <strong>und</strong><br />

bei der Wechselbeziehung zwischen Kern <strong>und</strong> Endrand.<br />

�<br />

2a. Schreibung der schließenden Diphthonge: Die Diphthonge<br />

], ], ] erscheinen als , , , , .<br />

• Schreibung : morphologische Gr<strong>und</strong>lage (laut - läuten).<br />

�<br />

• Schreibungen <strong>und</strong> : phonographisch.<br />

• Schreibungen <strong>und</strong> : folgen anderem<br />

[� � � [� �� [� � �<br />

Prinzip.<br />

Regelung: fest an 1. Position, an 2. Position vier<br />

Schreibweisen: , , , .<br />

�<br />

1. Pos. 2. Pos.<br />

a i<br />

e u<br />

Struktur der Diphthongschreibungen<br />

� Durch Fixierung der Grapheme auf <strong>die</strong> 1. bzw. 2. Position im Diphthong<br />

� feste <strong>Buchstabe</strong>nverbindungen, <strong>die</strong> als solche erkannt<br />

werden (ob phonographisch oder silbisch f<strong>und</strong>iert). Die<br />

Diphthongschreibungen auf <strong>die</strong> direkte Informationsentnahme<br />

durch das Auge eingerichtet <strong>und</strong> weniger auf eine Umsetzung<br />

ins Lautliche. Diphthonge bedürfen zu ihrer Identifizierung beim<br />

Lesen nicht <strong>des</strong> Umweges über <strong>die</strong> lautlichen Entsprechungen.


10<br />

2b. Silbisches Element in der Schreibweise der Vokallänge in<br />

betonten Silben:<br />

• Betonte Silbe<br />

�<br />

offen Vokal gespannt, lang z.B. [Ro:z� in ]<br />

(Rose) oder ] (Gabel).<br />

��<br />

[g�<br />

• Betonte Silbe mit 2 oder mehr Konsonanten im Endrand<br />

Vokal ungespannt,<br />

:�<br />

kurz<br />

�<br />

wie<br />

�<br />

in ] (List), ] (Furcht).<br />

Vokallänge<br />

�<br />

ergibt sich aus dem Aufbau der betreffenden Silbe.<br />

[��<br />

2c. Betonte Silben mit einfachem Endrand: besondere Regeln<br />

dafür, wann Vokal lang gespannt<br />

�<br />

oder kurz ungespannt. Für<br />

� [� � � � �<br />

flektierende Einheiten<br />

�<br />

gilt:<br />

(a) Einsilber<br />

�<br />

mit nur 1 Graphem im Endrand Vokal lang,<br />

�<br />

z. B. Ton, Flut, schön, groß.<br />

��<br />

(b) Mehrsilber mit 1 Graphem im Endrand Vokal kurz, z.<br />

B. Mul-de, Kan-te, Gür-tel, Wol-ke (Ausnahme: Wüs-te).<br />

Länge/Gespanntheit brauchen in den angeführten Fällen nicht<br />

��<br />

�<br />

besonders angezeigt werden. Diese Mittel �<br />

(a) um Informationsentnahme zu erleichtern <strong>und</strong><br />

(b) um Längenausgleich bei bestimmten Schreibsilbentypen<br />

herbeizuführen.<br />

Zur BESONDEREN Kennzeichnung von gespannten langen<br />

Vokalen in betonter Silbe: 3. Dehnungs-h, 4. -Verdoppelung.<br />

� 3. Dehnungs-h: kann stehen, wenn einem Vokalgraphem ein<br />

einzelnes Sonorantengraphem folgt (, , , ). Das gilt<br />

für 1-silbige <strong>und</strong> 2-silbige Formen: Jahr, Kohl, Huhn, Wahn, kühn,<br />

lahm; Bahre, Kohle, Sühne, Sahne, Rahmen, dehnen. Nach 2c. (a)<br />

wäre auch ohne ein langer, gespannter Vokal zu lesen.<br />

� Funktionen <strong>des</strong> Dehnungs-h: (a) Sonoranten sind Konsonanten<br />

mit hoher Sonorität � folgen im Endrand unmittelbar dem<br />

Silbenkern. Da auf <strong>die</strong> Sonoranten noch weitere Konsonaten folgen<br />

können, stehen Sonoranten besonders häufig am Anfang<br />

komplexer Endränder (2, 3 oder 4 Konsonaten): z.B. Welt, Furcht,<br />

Hirn, Sand, Amt. Sonorant � Zeichen für komplexen Endrand<br />

<strong>und</strong> vorausgehenden ungespannten Kurzvokal. � =<br />

Erleichterung für das Lesen, weil Zeichen für gespannten<br />

Langvokal vor Sonorant. (b) Da das Dehnungs-h nur bei<br />

einfachem Endrand auftritt, wird <strong>die</strong> Schreibsilbe optisch<br />

verlängert - Ausgleich der Schreibsilbenlängen.


11<br />

� Die Regel für das Dehnungs-h gibt eine notwendige Bedingung<br />

für das an, nicht eine hinreichende. In vielen Fällen steht das<br />

Dehnungs-h dort nicht, wo es stehen könnte. Korrelation zur<br />

Silbenlänge:<br />

(a) Silbe mit komplexem Anfangsrand � Dehnungs-h eher<br />

unwahrscheinlich (Strom, schwer, Schwan, Schnur, schwül).<br />

(b) Silbe mit einfachem Anfangsrand � Dehnungs-h eher<br />

wahrscheinlich (Hahn, hohl, kahl, Ruhm, Wehr, kühn).<br />

Tendenz zum Ausgleich der optischen Silbenlänge. Eine feste<br />

Regel gibt es allerdings nur dafür, wo das Dehnungs-h stehen<br />

kann, nicht aber dafür, wo es stehen muss.<br />

� 4. Verdoppelung von Vokalgraphemen: in Positionen, in denen<br />

ein Vokalgraphem lang gelesen � zeigt daher nicht Vokallänge<br />

an, <strong>die</strong>nt als visuelle Stütze beim Lesen <strong>und</strong> zum optischen<br />

Längenausgleich der Schreibsilbe. in drei Kontexten:<br />

(1) in offener Silbe (Schnee, Tee, See, Fee): Sprechsilben<br />

mit Langvokal werden optisch verlängert.<br />

(2) , , vor <strong>und</strong> (Aal, Saal, Haar, Paar,<br />

scheel, Heer, Meer, Teer, leer, Moor), wo auch das<br />

Dehnungs-h: Erhöhung <strong>des</strong> optischen Gewichts der Silbe.<br />

(3) , , vor (Staat, Saat, Maat, Beet, Boot)<br />

<strong>und</strong> (selten vor) (Aas, Moos): Neben den Sonoranten<br />

sind [t] <strong>und</strong> [s] <strong>die</strong>jenigen Laute, <strong>die</strong> am häufigsten in<br />

komplexen Endrändern <strong>und</strong> damit nach ungespanntem<br />

Kurzvokal erscheinen � Langvokal optisch hervorgehoben<br />

� <strong>und</strong> fehlen im Deutschen �� Form der <strong>Buchstabe</strong>n:<br />

nicht Erleichterung, sondern Irritationen für das Auge (aber in<br />

anderen Sprachen: z.B. minuut im Holländischen).


3.2 Mehrsilbige Wörter<br />

Silbengrenze <strong>und</strong> Silbentrennung<br />

12<br />

Markierung von Silbengrenzen: Lesen vorteilhaft, wenn<br />

Schreibsilben auf eindeutige Weise voneinander abgegrenzt sind.<br />

Schreiben<br />

�<br />

Lage der Silbengrenze bei Trennung am Zeilenende.<br />

Regelfall<br />

�<br />

für phonographisch geschriebene Formen:<br />

Silbengrenze im Geschriebenen = Silbengrenze im Gesprochenen.<br />

� �<br />

Lage der Silbengrenze bei phonographischen Schreibungen<br />

phonologisch graphematisch<br />

]<br />

<br />

[kan.t�<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

R] [bRu:.d�<br />

[e:.z� l]<br />

[trau.� R]<br />

[ern.t� ]<br />

] �� t� [l� :.t�<br />

R] � � ��� � � [�<br />

� Besonderheiten der Silbentrennung bei phonographischer<br />

Schreibung (gültig vor der Rechtschreibreform 1998):<br />

1. : nicht trennen, z.B. Polster: [� � � � ��� � R] � � .<br />

Begründung: Die Regel ist nicht linguistisch motiviert, sondern<br />

kommt aus dem Buchdruck in Frakturschrift, wo das "lange s" (� )<br />

<strong>und</strong> das t (� ) auf einem Block standen � nicht zu trennen.<br />

2. : Ein einzelnes Vokalgraphem wird nicht abgetrennt,<br />

z.B. E-sel, A-bend waren vor der Rechtschreibreform (1998)<br />

unzulässig, weil <strong>die</strong> abgetrennte Schreibsilbe visuell zu schwach<br />

wäre (ästhetisch motivierte Regel).<br />

� Rechtschreibreform 1998 � bei phonographischer Schreibung<br />

Schreibsilbengrenze = Sprechsilbengrenze (Pols-ter, A-bend).


13<br />

� Explizite graphische Markierung der Schreibsilbengrenze:<br />

(1) Silbenkerne unmittelbar nacheinander � silbeninitiales ;<br />

(2) Silbengelenk wird auf zwei graphematische Einheiten zerdehnt.<br />

� 1. Silbeninitiales h: [V . v] auf betonte offene Silbe unmittelbar<br />

der Kern einer nichtbetonbaren Silbe � Beginn der 2. Silbe :<br />

phonologisch graphematisch<br />

[dRo:.� n] <br />

[ze:.� n] <br />

[h� :.� R] <br />

[my:.� ] <br />

[Ru:.� ] <br />

Das silbeninitiale ist wie das Dehnungs-h ein stummes <br />

(dem Graphem entspricht in <strong>die</strong>ser Position kein Phonem).<br />

Funktionen <strong>des</strong> silbeninitialen : (a) markiert Silbengrenze;<br />

�<br />

(b) Erhöhung der visuellen Prägnanz u. Lesbarkeit <strong>des</strong> <strong>Wortes</strong>.<br />

Ohne silbeninitiales : ,<br />

�<br />

, .<br />

Silbeninitiales steht nicht, (a) wenn (1. Vokal als<br />

� �<br />

Mehrgraph, z.B. See - Seen, Knie - Knie) <strong>und</strong> (b) nicht nach<br />

Diphthongen [fR�<br />

(2. Vokal nicht silbisch:).<br />

] — , � [tR� R] — � �� .� .� � � �<br />

� Ausnahmen: (a) Schreibdiphthong , .<br />

Gr<strong>und</strong>regel: silbeninitiales nicht, wenn Gr<strong>und</strong>form einsilbig<br />

(Schrei —schreien, Blei - verbleien). Besonderheiten historisch<br />

bedingt, verträglich mit der Funktion <strong>die</strong>ses , Mehrsilbigkeit<br />

anzuzeigen. (b) isolierte Ausnahme: Schreibung rauh.<br />

� 2. Silbengelenke: Konsonant zwischen betontem ungespannten<br />

<strong>und</strong> unbetontem Vokal in phonologischer Wortform [V C v] (in<br />

[� ����� � ] (Schlitten) ist [t] ambisilbisch = gehört zur beiden Silben).<br />

Graphematisches Segment: gehört stets zu einer Schreibsilbe �<br />

Silbengelenk in Sprechsilbe = Segmentfolge in Schreibsilbe<br />

(meist Verdoppelung <strong>des</strong> Konsonantgraphems, wodurch beide<br />

Schreibsilben das Konsonantgraphem erhalten):


14<br />

Doppelkonsonantgrapheme an der Silbengrenze<br />

phonologisch graphematisch<br />

[� � ��� ] <br />

] <br />

[ma��<br />

] <br />

�<br />

� [kla��<br />

] <br />

� � � ���<br />

[� � ��<br />


15<br />

2. C = phonographisch Mehrgraph ¢¢ keine Verdoppelung.<br />

Mehrgraph zur zweiten Schreibsilbe: [va££¤¤ ¥ n] ¦ ,<br />

*. Ähnlich: [§ ¨ ©©�� � � ] � , .<br />

3. [k] = Silbengelenk � , bei Trennung � : [ba� � � ] �<br />

- . Gr<strong>und</strong> ist Verhältnis [k] : [�� ], [x]. Im<br />

Silbenendrand [k] vor [s] = [� ], [x] � : [� � � � � ] �<br />

, [vaks� n] � . Drei Schreibungen für<br />

[k]: , <strong>und</strong> vor . stellt visuellen Bezug<br />

zwischen u. her: - - . Dieser Bezug<br />

geht verloren bei [k] = Gelenk � . In der neuen<br />

Rechtschreibung: z. B. Ba-cke, Zu-cker. Die neue Trennung<br />

suggeriert einen Langvokal <strong>und</strong> kein Silbengelenk - ungünstig !<br />

Silbentrennung an Morphemgrenzen:<br />

�<br />

Sprechsilbengrenze morphologisch ��<br />

determiniert<br />

Schreibsilbengrenze ebenfalls morphologisch determiniert:<br />

,


16<br />

Tilgung von Lauten an einer Morphemgrenze: Beim<br />

�<br />

Aufeinandertreffen gleicher oder hinreichend ähnlicher Laute an<br />

einer Morphemgrenze verschmelzen <strong>die</strong>se Laute zu einem Laut.<br />

(annehmen).<br />

z.B. [an] + [ne:.� � � ] > [� � �<br />

�<br />

� � ��� � � ] > UL [� � � ��� � � ]<br />

�<br />

Im Geschriebenen Reduktionen häufig vermieden. Gr<strong>und</strong>regeln:<br />

�<br />

1. An Grenze von Ableitungsaffixen keine �<br />

Reduktion<br />

Graphemverdoppelung ohne phonographische Gr<strong>und</strong>lage bei<br />

Affixen (verrohen, enttarnen, zerreden; Schrifttum, behebbar).<br />

Ausnahme: -heit: zäh + heit = Zäheit. Neu: Rohheit, Zähheit.<br />

2. Keine Reduktion an der Kompositionsfuge (zwischen UK von<br />

Komposita): Türrahmen, Waschschüssel, Strohhaufen. Lauffeuer;<br />

Pappplakat, Werkstatttreppe, Sauerstoffflasche. Bis 1998:<br />

Reduktion 3 > 2 gleiche � Grapheme wenn 2 gleiche<br />

Konsonanten beiderseits der K-Fuge: Stoffetzen, Geschirreiniger,<br />

Bettuch, Fallinie, Kammacher, Brennessel. Gr<strong>und</strong>: bei Komposita<br />

häufig 1. UK betont. K-Fuge häufig zwischen betonter <strong>und</strong><br />

unbetonter Silbe. Konsonant zwischen Vokalen � Silbengelenk,<br />

daher [� � � � � �� Doppelkonsonantgraphem: ] = . Neu:<br />

immer 3 Konsonantgrapheme, also z. B. Stofffetzen, Betttuch.<br />

3. Grenze Stamm - Flexionsendung: grammatikalisierte<br />

Konsonantenreduktion (im Geschriebenen <strong>und</strong> Gesprochenen).<br />

(a) Verbstämmen auf alveolare Obstruenten: 2./3. P.Sg.:<br />

reisen - du reist (nicht reisst), raten -errät (nicht rätt).<br />

(b) Substantive mit -(e)n im Nom. Pl.: Dativ Plural reduziert:<br />

<strong>die</strong> Frauen - den Frauen (nicht Frauenn).<br />

(c) Substantive mit Stamm auf : Pluralform reduziert: das<br />

Knie - <strong>die</strong> Knie; der See - <strong>die</strong> Seen (nicht Seeen).<br />

Umlautschreibung: Grapheme , ‚ morphologisch:<br />

�<br />

flach -Fläche - flächig; Not - Nöte - nötig; Fluß - Flüsse - flüssig.<br />

Diphthong : Haus -Häuser, Schaum - � schäumen.<br />

Zwischen <strong>und</strong> einerseits sowie andererseits besteht<br />

ein wesentlicher Unterschied.<br />

<strong>und</strong> : Phonographische Schreibung (ohne Bezug auf<br />

�<br />

<strong>und</strong> ) in schön, Föhn, Hölle, dünn, Mühle, � blühen.<br />

immer auf bezogen: laut - läuten, Braut - Bräutigam.


17<br />

Wenn kein Bezug zu � wird geschrieben: Leute, Eule,<br />

�<br />

heulen. Ausnahme: � Säule.<br />

morphologischer Bezug zu : Sache - sächlich, lachen -<br />

lächerlich, wachen - Wächter. Allerdings auch viele Wörter ohne<br />

-Bezug: z. B. Bär, träge, Krähe, Lärm, � Geländer.<br />

Besonderheiten bis 1998: erwartete Umlautschreibung fehlt:<br />

Überschwang - überschwenglich, blau - verbleuen. Neuregelung:<br />

überschwänglich, verbläuen. Ausnahmen: Eltern (eigtl. „<strong>die</strong><br />

Älteren“, zu alt) u.a. Wörtern morphologische Beziehung zerrissen.<br />

Ablaut: Ablaut = Vokalwechsel in den Stammformen <strong>des</strong> Verbs,<br />

�<br />

(z. B. singe - sang - gesungen, liege - lag - gelegen). Vokale in den<br />

verschiedenen Stammformen immer phonographisch: berge -<br />

barg - geborgen <strong>und</strong> nicht bärge - barg - geborgen. Ebenso bersten<br />

— barst, gelten - galt, sterben - � starb.<br />

Auch Rückumlaut führt nicht zu morphologischen Schreibungen,<br />

vgl. brenne - brannte, nenne - nannte, renne - rannte, wende -<br />

wandte, kenne - kannte, sende - sandte. Schreibungen mit für<br />

den Stammvokal regelmäßig (verstoßen nicht gegen das<br />

morphologische Prinzip).<br />

� Verdoppelung von Vokalgraphemen : nur in<br />

Wortstämmen, niemals in Affixen. wird in allen<br />

Umgebungen konsequent beibehalten (z. B. leer, leeren, geleert;<br />

Moos, Moose, bemoost). Bei Umlaut � nur ein Umlautgraphem;<br />

Boot - Bötchen, Paar - Pärchen, Saat - säen - Sämann.<br />

Dehnungs-h: in Wortstämmen, in denen auf betonten Vokal ein<br />

�<br />

einzelnes Graphem für Sonoranten (, , , ) folgt. Ein<br />

Dehnungs-h erscheint in allen Formen mit <strong>die</strong>sen Stämmen<br />

(auch wenn betontem Vokal mehrere Konsonanten folgen <strong>und</strong><br />

selbst wenn das gespannte [i] durch besonders markiert ist !):<br />

Jahr - Jahre - jährlich - verjährt; kühn - kühnstes - erkühnt;<br />

stehlen — stiehlst — stahl — gestohlen - � Stehler.<br />

Kein � Dehnungs-h nach Stammvokal ein Silbengelenk:<br />

genommen - nehmen.


18<br />

Silbeninitiales h: steht, wenn betonter <strong>und</strong> nicht betonbarer<br />

�<br />

silbischer Vokal direkt aufeinander [se:.� folgen, n] — se-hen,<br />

] — Mü-he. Silbeninitiales bleibt in allen Formen mit<br />

[my:.�<br />

<strong>die</strong>sen Stämmen erhalten, auch wenn es wegen morphologischer<br />

Veränderungen nicht mehr das erste Graphem der zweiten Silbe ist<br />

(sehen — seht — siehst — sah; Mühe - mühsam � -bemüht).<br />

Das silbeninitiale markiert eine morphologische Grenze.<br />

Besonderheit: Wird <strong>die</strong>se Position auf Gr<strong>und</strong> unregelmäßiger<br />

Formbildung von einem anderen Konsonantgraphem besetzt, dann<br />

steht das nicht (selbst bei langem Stammvokal nicht), z. B.:<br />

ziehen - zog; näher - nächster; Schuhe - � Schuster.<br />

Synchrone Ausnahmen: kein regelhaftes Ableitungsverhältnis<br />

mehr in Draht (zu drehen), Naht (zu nähen), Mahd (zu mähen).<br />

Das <strong>die</strong>ser Wörter ist daher nur historisch zu verstehen.<br />

Gelenkschreibung: Silbengelenke in Schreibsilbe durch<br />

�<br />

<strong>Buchstabe</strong>nfolgen abgebildet:<br />

(a) Doppelkonsonantgrapheme, z. B. Wanne, Eile, Wasser;<br />

(b) bestimmte Graphemfolgen (Zange, bringen) <strong>und</strong><br />

(c) Mehrgraphe (mit Graphemstatus), z.B. (Sichel, Asche, � Hacke).<br />

Die graphematische Gestalt <strong>des</strong> Silbengelenks bleibt auch dann<br />

erhalten, wenn der entsprechende Konsonant aus morphologischen<br />

Gründen nicht mehr Silbengelenk ist.<br />

Morphologisches Prinzip: Erhaltung der Gelenkschreibungen<br />

Gelenkschreibung Morphologische Schreibungen<br />

Stimme, stimmig stimmt, stimmlich<br />

irren, irrig Irrtum, irrst<br />

Männer, ermannen Mann, männlich<br />

Gänge, gegangen gang, gingst, vergänglich<br />

Witze, witzig Witz, witzlos<br />

machen, Macher Macht, machbar<br />

backen, Bäcker backst, Backofen<br />

wischen, Wischer gewischt, wischfest


19<br />

Bei Gelenkschreibungen nur 2 Fälle nicht nach morpho. Prinzip:<br />

�<br />

1. [s] = � Gelenk . Aber bis 1998: [s] ≠ � Gelenk :<br />

Wasser - wäßrig; müssen - muß - mußte; gerissen - reißen - riß;<br />

geflossen - fließen -floß; flüssig - Flüsse - Fluß.<br />

Neuregelung: nach � Kurzvokal , wässrig, muss, riss.<br />

2. Silbengelenk nach �� Nebenakzent Gelenkschreibung. Diese<br />

unterliegt jedoch nicht dem morphologischen Prinzip.<br />

[� � ��� � �� � �� � � z.B.: ] mit Nebenakzent [� auf ]. Silbengelenk = � [n]<br />

: Lehrerinnen. Aber: Im Sg. [n] ≠ � Gelenk (Lehrerin).<br />

Entsprechend: Hindernisse - Hindernis, Ananasse - Ananas,<br />

Albatrosse - Albatros. Analogieschreibungen (Konsonantgraphem<br />

verdoppelt, obwohl vorausgehende Silbe stets unbetont, also ohne<br />

Nebenakzent): Iltisse - Iltis, Globusse — Globus � u.ä.<br />

Verletzung <strong>des</strong> morphologischen Prinzips auch, wenn<br />

regelhafter morphologischer Zusammenhang zwischen Formen<br />

nicht mehr besteht: spinnen - Spindel, gönnen - Gunst, zusammen<br />

- sämtlich, schaffen - Geschäft,.<br />

Veränderungen im Silbenendrand: Die Schrift macht lautliche<br />

�<br />

Veränderungen wegen Silbenzerlegung generell nicht mit <strong>und</strong><br />

erhält <strong>die</strong> Schreibung der � "Langform".<br />

Zwei Typen von Lautveränderungen (Laut: � Endrand<br />

Anfangsrand):<br />

1. Auslautverhärtung (Silbenendrand: keine sth. Obstruenten):<br />

Zweisilbige Form (Langform) im Anfangsrand der zweiten Silbe<br />

mit stimmhaftem � Obstruenten Obstruent entstimmt, wenn er aus<br />

morphologischen Gründen im Endrand der ersten Silbe erscheint,<br />

[� � � .d� z.B. ] [� � � � — [le:.� � � ], ] — [le:kt]. In allen Formen bleibt<br />

Graphem für sth. Obstruenten: H<strong>und</strong>e - H<strong>und</strong>, legen - legt.<br />

2. Spirantisierung <strong>des</strong> [g]: Ein [g] [� nach ] wird unter den<br />

Bedingungen der Auslautverhärtung nicht nur entstimmt, sondern<br />

zusätzlich spirantisiert: [g] [� > ], z. [ve:.� � �� � B. ] [ve:.n� � — ],<br />

� � � �� � �� � � ] — [� � � � �� � � � ]. Die Schrift behält in allen Fällen das<br />

[�<br />

bei: wenige - wenig, reinigen - reinigt.


20<br />

Unterscheidung gleichlautender Stämme: Die Möglichkeit, eine<br />

�<br />

Lautfolge auf unterschiedliche Weise zu schreiben, wird teilweise<br />

zur graphem. Differenzierung gleichlautender Stämme ausgenutzt:<br />

Mohr - Moor. bot - Boot, lehren - leeren, Wahl - Wal, mahlen -<br />

malen, Sohle - Sole, Lied — Lid, wieder - wider, Miene — Mine,<br />

Seite — Suite, Leib — Laib, Beeren — Bären, Lerche - Lärche,<br />

das - daß (neu: � dass).<br />

Solche Differenzierungen sind als morphologische<br />

Schreibungen anzusehen. Funktion: Eindeutigkeit der Zuordnung<br />

von Form <strong>und</strong> Bedeutung zu � verbessern.<br />

Differenzierungsmittel nicht systematisch genutzt: Meist sind es<br />

Stämme flektierender Wörter, <strong>die</strong> nur in einigen Formen<br />

übereinstimmen. Aber viele <strong>die</strong>ser Wörter haben unterschiedliche<br />

Formen, so dass Verwechslung der Wortformen im Kontext<br />

meist ausgeschlossen, � z.B.<br />

Substantive Pl. (Moore - Mohren, Wahlen -Wale, Leiber - � Laibe),<br />

Partizipien der Verben mahlen - malen (gemahlen - gemalt).<br />

Möglichkeiten zur graphematischen Differenzierung<br />

gleichlautender Stämme wohl daher nicht systematisch � ausgenutzt.<br />

Möglich wären z.B. Kiefer (Baum) — Kifer (Knochen), Ton<br />

(Erde) — Tohn (Klang), Weide (Baum) — Waide (Wiese).<br />

Die s-Schreibung: Die Darstellung der -Schreibung zeigt, wie<br />

�<br />

phonographisches, silbisches <strong>und</strong> morphologisches Prinzip bei der<br />

Wortschreibung � zusammenwirken.<br />

Bei Berücksichtigung <strong>des</strong> phonographischen, silbischen <strong>und</strong><br />

morphologischen Prinzips zeigt sich, daß <strong>die</strong> s-Schreibung sehr<br />

systematisch geregelt � ist.<br />

Die einzige wirklich unregelmäßige Schreibung ist / war � .<br />

Nicht erfasst Analogiefälle wie z.B. Busse — Bus, Iltisse —Iltis,<br />

Krokusse - Krokus (siehe Geminantenschreibung).<br />

� "s-Schreibung" = Schreibung der Laute [� ] wie in Schule, [z] wie<br />

in Wiese <strong>und</strong> [s] wie in Muße. Gr<strong>und</strong>legend für <strong>die</strong> Schreibungen<br />

sind drei GPK-Regeln:<br />

[� ] � [z] � [s] �


21<br />

s-Schreibung oft nicht mit den drei GPK-Regeln erfassbar:<br />

�<br />

[� 1. ]vor [t] <strong>und</strong> [p] im �� Silbenanfangsrand : z.B. stehen,<br />

Stein, Strumpf Span, spielen, Sprung. Sonst nach GPK-Regel, z. B.<br />

Schrank, Schule, waschen, Quatsch.<br />

2. [z] immer nach GPK-Regel, z. B. Sand, singen, Wiese, reisen.<br />

3. � [s] � oder � oder :<br />

- [s] = �� Silbengelenk , z. B. Wasser, wissen, gerissen,<br />

wessen, Flüsse.<br />

- [s] = morphologisch auf Silbengelenk �� bezogen : z.B.<br />

weiß, gewußt (von wissen); reißen, riß (von gerissen), Fluß (von<br />

Flüsse). Ausnahmen: Pronomina (wessen aber was; <strong>des</strong>sen aber<br />

das). Neuregelung: nach Kurzvokal durch ersetzt.<br />

- [s] in [z]-Position �� (Stimmhaftigkeit ist distinktiv, z.B.<br />

� � � �� �� � � � � � �� � � ]), z. B. Muße, weißen, Straße, Klöße, Rußes,<br />

[�<br />

draußen. Morphologisches Prinzip gilt, wenn [s]<br />

morphologisch auf solche Position bezogen, � [s] , z.B.<br />

Kloß (von Klöße), Ruß (von Rußes), weißt (von weißen).<br />

- Konjunktion [das]: � [s] — zur Unterscheidung von<br />

Artikel <strong>und</strong> Pronomen. Neuregelung: dass.<br />

- Sonst � [s] : z.B. bis, das, es, Hast, Karst, Raps, legst,<br />

klügste, Muttis.<br />

5 Weitere orthographische Mittel<br />

� Durch <strong>die</strong> Großschreibung werden bestimmte Wortformen im<br />

Text besonders gekennzeichnet. Kleinschreibung unmarkiert.<br />

� Großschreibung der Substantive: Simplizia (Hand, Wald,<br />

Freude, Hammer), abgeleitete (Handlung, Händler, Gleichheit,<br />

Ungleichheit, Unvergleichlichkeit) <strong>und</strong> Komposita (Tischbein,<br />

Straßenbauamt, Kleingärtner, Denkansatz).<br />

� Substantivierung: Besonders häufig bei Adjektiv <strong>und</strong> Verb<br />

(Infinitive <strong>und</strong> Partizipien). Kontext zeigt meist, ob Substantiv<br />

vorliegt:<br />

Alle angeklagten Demonstranten wurden freigesprochen. - Alle<br />

Angeklagten wurden freigesprochen. Sie wollen nach Helmstedt<br />

wandern. - Das Wandern ist <strong>des</strong> Müllers Lust.


22<br />

Zahlreiche Wörter anderer Wortarten mit Substantivstämmen<br />

�<br />

Aber: klein geschrieben. Adjektive wie � wolkig Wolk(e) + ig),<br />

Verben wie tischlern; Adverbien wie abends, � eimerweise.<br />

Wechsel von Substantiven in andere Wortarten oder zu<br />

Bestandteilen von Wörtern anderer Wortarten:<br />

- �� Substantiv Präposition: kraft, dank, seitens, namens,<br />

anstatt, zufolge, anstelle (an Stelle), aufgr<strong>und</strong> (auf Gr<strong>und</strong>).<br />

- �� Substantiv feste Fügung (einer anderen Wortart): z.B. ein<br />

paar (einige), willens sein (wollen), im allgemeinen<br />

(normalerweise), aufs äußerste (sehr). Neuregelung: in einigen<br />

Fällen Großschreibung, z.B. im Allgemeinen, aufs Äußerste.<br />

- �� Aneinanderreihungen Substantiv (Substantivbedeutung):<br />

erste Wortform groß + Bin<strong>des</strong>triche: z. B. das Als-ob, ein zögern<strong>des</strong><br />

Um-so-besser. Häufig Attribut + Substantivierung:<br />

z.B. das In-<strong>die</strong>-Luft-Starren, das Auf-der-faulen-Haut-Liegen.<br />

Aber: Koordination, grammatische Nebenordnung: z. B. das<br />

Entweder-Oder, das Wenn <strong>und</strong> � Aber.<br />

Großschreibung macht eine Wortform auffälliger. Sie erleichtert<br />

dem Leser das Suchen nach wichtigen Informationseinheiten eines<br />

Satzes. Substantive ("Hauptwörter") enthalten einen Großteil der<br />

Satzinformation (Beispiel: fehlen<strong>des</strong> Verb kann aus realisierten<br />

Valenzpartnern rekonstruiert werden). Im Deutschen werden sie<br />

daher groß geschrieben. Entsprechen<strong>des</strong> gilt auch für <strong>die</strong><br />

Eigennamen.<br />

Großschreibung der Eigennamen<br />

Eigennamen �� eine oder mehrere Wortformen.<br />

�<br />

Eigenname aus einer Wortform = Substantiv � groß geschrieb.:<br />

�<br />

Frankfurt, Weichsel, Atlantik, Helga, Karl, Goethe, Kafka, � Höchst.<br />

Mehrteilige Eigennamen: erste W-Form groß. Artikel, Pronomen,<br />

Konjunktion, Präposition im Inneren mehrteiliger Eigennamen<br />

klein, alle anderen Wortformen groß: Andreas Kehler, Wüste Gobi.<br />

Die Zeit, Zur Alten Post, Institut für Verbrennungsmotoren, Hohe<br />

Tatra. Kasseler Sportverein von � 1896.<br />

Adjektive im Inneren mehrteiliger Namen mit Kleinschreibung:<br />

Institut für deutsche Sprache, Zur letzten Instanz.


Großschreibung von Pronomina<br />

23<br />

Anredepronomina (Du, Ihr <strong>und</strong> Sie) + Possessivpronomina<br />

�<br />

(Dein, Euer <strong>und</strong> Ihr) schreibt man in Briefen u. ä. groß:<br />

z.B. Bitte teilen Sie mir Ihr Einverständnis mit. Ich hoffe, daß Du<br />

mit Deinen Fre<strong>und</strong>en einen schönen Urlaub hast.<br />

Neuregelung der deutschen Rechtschreibung: nur noch <strong>die</strong><br />

Höflichkeitsanrede Sie + Ihr groß zu schreiben. Sonst klein:<br />

z.B. Ich hoffe, dass du mit deinen Fre<strong>und</strong>en einen schönen Urlaub<br />

hast. Wenn ihr wieder zu Hause seid, meldet euch bei � uns.<br />

Durch <strong>die</strong> Großschreibung der o.a. Pronomina in Briefen zeigt der<br />

Schreiber, daß der Adressat von Bedeutung für den Sender ist.<br />

Großschreibung von Satzanfängen<br />

Die erste Wortform eines Ganzsatzes groß, auch, wenn der Satz<br />

�<br />

<strong>die</strong> Funktion der direkten Rede hat<br />

(Er fragte: „Wo gehen wir hin ?“)<br />

oder nach Doppelpunkt<br />

(Die Konsequenz: <strong>Der</strong> Dollar fiel � erneut).<br />

Ein Satz ist eine relativ abgeschlossene Informationseinheit<br />

(fallende / steigende Kadenz + Hauptakzent als intonatorische<br />

Zeichen). Die Großschreibung <strong>des</strong> Satzanfanges (d.h. <strong>die</strong><br />

Kennzeichnung der Grenze einer neuen Informationseinheit) stellt<br />

daher eine Leseerleichterung dar.<br />

Zusammen- <strong>und</strong> Getrenntschreibung<br />

� Getrenntschreibung = Mittel zur einheitlichen Textsegmentierung<br />

in Gr<strong>und</strong>bausteine � In der geschriebenen Sprache besteht ein<br />

Zwang zur Kennzeichnung von Grenzen zwischen Wortformen.<br />

� Gesprochene Sprache: kennt keine derartige Segmentierung in<br />

Bedeutungseinheiten. Statt<strong>des</strong>sen: Intonationseinheiten (z.B. ganze<br />

Wortgruppen oder gar Sätze können durch Pausen getrennt sein).<br />

� Zusammenschreibung = Mittel zur Kennzeichnung von<br />

Bedeutungseinheiten: ein Wort � ein Begriff (eine sem. Einheit).


24<br />

� Univerbierung: Wortformen, <strong>die</strong> in bestimmten Konstruktionen<br />

regelmäßig gemeinsam auftreten (Kollokationen), können zu einer<br />

Wortform zusammenwachsen (ob wohl � obwohl, zu Gunsten �<br />

zugunsten, auf Gr<strong>und</strong> � aufgr<strong>und</strong>). Unsicherheit bei den<br />

Schreibern, ob zusammen oder getrennt geschrieben werden soll,<br />

ist in der Regel ein Anzeichen für einen sich vollziehenden<br />

Univerbierungsprozeß. Die orthographische Norm läßt in einigen<br />

Fällen Schreibvarianten zu.<br />

- Neue Verben durch Integration eines Substantivs in das Verb:<br />

kopfstehen. hohnlachen, maßhalten � � Ski laufen, Auto fahren,<br />

Karten spielen. Integration � Kleinschreibung auch bei Trennung<br />

vom Verbstamm: hohnlachen - er lacht hohn.<br />

Neuregelung: führt Getrennt- <strong>und</strong> Großschreibung ein: z.B. Kopf<br />

stehen, Hohn lachen, Maß halten (Ausnahmefälle: z.B. haushalten,<br />

stattfinden, preisgeben, teilnehmen).<br />

Vorteil der Zusammenschreibung: Eine derartige Verbindung<br />

von Morphemen stellt eine neue Bedeutungseinheit dar. <strong>Der</strong> Leser<br />

erkennt <strong>die</strong> besondere Bedeutung der Morphemverbindung<br />

schneller, wenn deren Bestandteile eine visuelle Einheit bilden.<br />

Vorteil der Neuregelung: <strong>Der</strong> Schreiber kann auf <strong>die</strong> bekannte<br />

Schreibweise gr<strong>und</strong>legender Lexeme zurückgreifen <strong>und</strong> braucht<br />

nicht zu überlegen, ob eine spezielle Bedeutung vorliegt, <strong>die</strong> durch<br />

Zusammenschreibung gekennzeichnet werden müßte.<br />

- Neue Verben aus Verbstämmen oder Adjektivstämmen bei<br />

metaphorischem Gebrauch:<br />

z.B. sitzenbleiben (‚eine Klasse wiederholen‘), sitzen bleiben (‚sich<br />

nicht vom Sitz erheben‘); gutschreiben (‚als Guthaben anrechnen‘),<br />

gut schreiben (‚leserlich schreiben‘), fallenlassen, gera<strong>des</strong>tehen.<br />

Neuregelung: Formen aus zwei Verbstämmen generell getrennt,<br />

z.B. sitzen bleiben, fallen lassen, kennen lernen, spazieren gehen.<br />

Vor- <strong>und</strong> Nachteil: s.o. Entsprechen<strong>des</strong> auch im folgenden Fall:<br />

- Neue Adjektive durch Integration unterschiedlicher Stämme:<br />

fleischfressend. eisenverarbeitend, schwerbeladen, selbstgemacht.<br />

In einigen Fällen Beschränkung der Zusammenschreibung auf den<br />

attributiven Gebrauch (bei prädikativem Gebrauch getrennt): <strong>die</strong><br />

reich geschmückten Straßen — <strong>die</strong> Straßen sind reich geschmückt.


Schreibung mit Bin<strong>des</strong>trich (BS)<br />

25<br />

Bin<strong>des</strong>trichfunktionen: (a) bei Silbentrennung am Zeilenende;<br />

�<br />

(b) zur Verdeutlichung der internen Gliederung von � Wortformen.<br />

Zusammensetzung (= ZS): <strong>die</strong> 1. UK = einzelner <strong>Buchstabe</strong> (I-<br />

Punkt. n-Tupel, y-Strahlen, x-beliebig), ein Logogramm ( 0 /oo-<br />

Grenze, &-Verbindung) oder eine Abkürzung (wie z.B. Kfz-<br />

Versicherung, US-Bürger, EKD-Präsidium).<br />

Neuregelung: auch in Ziffern (Zahlzeichen) Zahlen mit einem<br />

Bin<strong>des</strong>trich, z.B. 20-jährig, 8-Pfünder, � 99-prozentig.<br />

Kennzeichnung der Hauptsegmentgrenze bei langen,<br />

unübersichtlichen Zusammensetzungen: z.B. Hochschul-<br />

Strukturkommission, � Beamten-Unfallversicherung.<br />

Vereindeutigung: (Drucker-Zeugnis, � Druck-Erzeugnis).<br />

Vermeidung von Vokalgrph.-Häufungen an Kompositionsfuge:<br />

z. B. Kaffee-Ersatz, Zoo-Orchester, Tee-Ernte.<br />

Neuregelung: Zusammenschreibung beim Zusammentreffen von<br />

drei gleichen Vokalbuchstaben (Kaffeeersatz, Zooorchester,<br />

Teeernte). BS zur Erleichterung <strong>des</strong> Lesens � möglich.<br />

Wortreihungen als Substantive verwendet: Form für Form mit BS<br />

(z.B. ein solches Als-ob, das � An-den-Haaren-Herbeiziehen.<br />

Mehrteilige Familiennamen / Personennamen als Bestandteil<br />

von umfangreicheren Namen durch BS gekoppelt: z.B. (Gisela<br />

Klann-Delius, Karl-Korn-Allee, � Henry-Ford-Universität.<br />

Auslassungen in koordinativen Fügungen durch BS kenntlich:<br />

z.B. Raub- <strong>und</strong> Singvögel, Spielerein- <strong>und</strong> -verkäufer, Hand- oder<br />

� Kopfarbeit.<br />

Bin<strong>des</strong>triche in kompletten Morphemverbindungen zeigen an,<br />

daß <strong>die</strong> gekoppelten Bestandteile eine begriffliche (aber noch<br />

nicht konventionalisierte) Einheit bilden. Sie erleichtern das<br />

Erkennen der einzelnen Morpheme einer komplexen Wortform.<br />

<strong>Der</strong> Schreiber kann sie zur Verdeutlichung � einsetzen.<br />

Bei Auslassungen in koordinativen Fügungen hat der Bin<strong>des</strong>trich<br />

eine etwas andere Funktion, denn er zeigt an, daß <strong>die</strong> Ergänzung<br />

eines Wortteiles notwendig ist. Er <strong>die</strong>nt demnach ebenfalls der<br />

Verdeutlichung, obwohl unter anderen Umständen.


Logogramme (ideographische Zeichen) <strong>und</strong> Abkürzungen<br />

von einer Graphem-Phonem-Korrespondenz ist.<br />

26<br />

� Logogramme = Schriftzeichen, deren Form gänzlich unabhängig<br />

Die wichtigsten Logogramme <strong>des</strong> Deutschen wie aller anderen<br />

�<br />

Alphabetschriften: Ziffern 0, 1, …, 9. Andere: § (Paragraph), %<br />

(Prozent), %o (Promill), & (<strong>und</strong>). In Fachsprachen weit verbreitet:<br />

(+‚ —‚ � =‚ , ∑, ∞ � usw.).<br />

Abkürzungen - an der Grenze zwischen normaler Wortschreibung<br />

<strong>und</strong> Logogrammen.<br />

- Bestimmte Abkürzungen = geschriebene Kurzformen für<br />

volle phonologische Wortformen oder Wortgruppen: z.B.<br />

usw., Dr., Tel., Abt. Sie richten sich i.d.R. bezüglich Groß-/<br />

Kleinschreibung nach den Vollformen + Abkürzungspunkte.<br />

- Die meisten Abkürzungen nicht als volle phonologische<br />

Wortformen, sondern als Folgen von <strong>Buchstabe</strong>nnamen gelesen<br />

(PKW, BGB, GmbH, SPD). Diese Abkürzungen häufig nur mit<br />

Großbuchstaben <strong>und</strong> ohne Abkürzungspunkte.<br />

� Logogramme vereinfachen <strong>die</strong> Informationsübermittlung: durch<br />

konventionelle Schriftzeichen für (oft) komplexe Inhalte (<strong>und</strong><br />

komplexe morphosyntaktische Formen) ersparen sich Schreiber<br />

<strong>und</strong> Leser viel Arbeit:<br />

- der Schreiber kann <strong>die</strong> begriffliche Einheit durch ein einziges<br />

Schriftzeichen wiedergeben <strong>und</strong> spart Zeit <strong>und</strong> Platz im Text;<br />

- der (geübte) Leser kann den komprimierten Inhalt aus dem<br />

markanten Logogram dekomprimieren (daher werden in der<br />

Fachsprache oft auch Anleihen aus anderen Alphabeten<br />

gemacht, um <strong>die</strong> Auffälligkeit <strong>des</strong> Logogramms zu steigern).<br />

- Solange das Inventar der Logogramme nicht zu stark<br />

anwächst, haben demnach sowohl Schreiber als auch Leser<br />

einen Vorteil bei ihrer Verwendung. Bei zu großen Inventaren<br />

ist seitens <strong>des</strong> Schreibers das Anlegen einer Liste notwendig<br />

(d.h. zusätzliche Arbeit, Konzentrations- <strong>und</strong> Zeitverlust),<br />

seitens <strong>des</strong> Lesers dagegen häufigeres Nachschlagen (also<br />

ebenfalls zusätzliche Arbeit, Konzentrations- <strong>und</strong> Zeitverlust).


6 Fremdwortschreibung<br />

27<br />

115 Die in den Abschnitten 2 bis 5 dargestellten Schreibregeln<br />

gelten für <strong>die</strong> Wörter im heimischen Wortschatz (Kernwortschatz).<br />

Die regelhafte Schreibung der Wörter im Kernwortschatz ist eng<br />

geb<strong>und</strong>en an <strong>die</strong> Lautstruktur <strong>und</strong> an <strong>die</strong> morphologische Struktur<br />

<strong>die</strong>ser Wörter. Regelhafte Schreibung setzt also voraus, daß <strong>die</strong><br />

entsprechenden Wörter in jeder Beziehung regelhaft sind, <strong>die</strong> von<br />

Bedeutung für <strong>die</strong> Schreibung sein kann.<br />

Daß Wörter nicht regelhaft sind, kann sich auf ganz unterschiedliche<br />

Eigenschaften ihrer Struktur beziehen, <strong>und</strong> es kann ganz<br />

unterschiedliche Gründe haben. Ein Verb wie gehen hat einen<br />

unregelmäßig gebildeten Präteritalstamm ging, der ursprünglich gar<br />

nichts mit dem Stamm von gehen zu tun hatte, heute aber als<br />

„unregelmäßige Stammform“ im Paradigma von gehen gilt. Ein Wort<br />

wie Efeu dagegen ist unregelmäßig im Hinblick auf seine<br />

Lautstruktur. Die Silbe (fu] als unbetonte zweite Silbe eines<br />

Substantivs im Kernwortschatz gibt es sonst nicht. Bei Efeu ist sie das<br />

Ergebnis einer komplizierten Wortgeschichte, in der <strong>die</strong>ses Wort<br />

immer wieder neu gedeutet <strong>und</strong> von den Sprechern auf verschiedene<br />

andere Wörter bezogen wurde. Eine unregelmäßige Schreibung<br />

dagegen ist das in Hexe. Dieses Wort ist kein Fremdwort <strong>und</strong><br />

müßte eigentlich Hechse geschrieben werden. Mit einer kleinen<br />

Gruppe weiterer Wörter, <strong>die</strong> zum Kernwortschatz gehören, teilt es<br />

<strong>die</strong>se Besonderheit in der Schreibung.<br />

Eine große Zahl von Wörtern, <strong>die</strong> in der einen oder anderen Weise<br />

von den Regeln im heimischen Wortschatz abweichen, findet sich bei<br />

den Fremdwörtern. Auch hier kann sich <strong>die</strong> Abweichung auf<br />

unterschiedliche Eigenschaften der Wortstruktur beziehen. Ein Wort<br />

wie Chance kann auf verschiedene Weise ausgesprochen werden,<br />

aber keine der Aussprachen entspricht vollständig den Lautstrukturen<br />

im Kernwortschatz. Ein Wort wie Poet hat <strong>die</strong> Besonderheit, daß innerhalb<br />

<strong>des</strong> Stammes ein betonter Vokal unmittelbar auf einen<br />

unbetonten folgt. Das gibt es im Kernwortschatz nicht. Zahlreiche<br />

Fremdwörter sind morphologisch auffällig, weil sie kein eigentliches<br />

Stammorphem enthalten. So wird man Präsident morphologisch in


28<br />

Prä#sid#ent zerlegen. <strong>Der</strong> Bestandteil sid entspricht aber nicht dem,<br />

was man für den Kernwortschatz ein Stammorphem nennt.<br />

Schließlich gibt es viele Fremdwörter, <strong>die</strong> — was <strong>die</strong> Form betrifft —<br />

nur durch ihre Schreibung auffallen. Chrom <strong>und</strong> Mythe etwa haben<br />

Lautstrukturen, wie wir sie im Kernwortschatz finden, aber sie<br />

werden anders geschrieben, als man es für Wörter <strong>des</strong><br />

Kernwortschatzes erwarten würde "Krom"‚ "Müte").<br />

Wenn von Fremdwortschreibung <strong>die</strong> Rede ist, geht es also nicht<br />

darum, lediglich festzustellen, daß <strong>die</strong> Schreibung <strong>die</strong>ser Wörter<br />

abweichend, unregelmäßig <strong>und</strong> regelmäßig allenfalls im Sinne der<br />

Herkunftssprache sei. Es kommt vielmehr darauf an, vorhandene<br />

Regelmäßigkeiten zu erkennen <strong>und</strong> sie auf <strong>die</strong> Regeln <strong>des</strong><br />

Kernwortschatzes zu beziehen. Vielfach läßt sich dann feststellen, daß<br />

Fremdwörter nicht nur anderen Regeln folgen als heimische Wörter,<br />

sondern daß es auch andere Arten von Regeln gibt.<br />

116 Für <strong>die</strong> Beschreibung von Fremdwörtern ist es üblich, zwei<br />

Hauptgruppen zu unterscheiden. Zur ersten gehören solche Wörter,<br />

deren Stamm als Ganzes aus einer anderen Sprache entlehnt wurde,<br />

wie etwa Job, Bluff Snob, fit aus dem Englischen <strong>und</strong> Hotel, Nugat,<br />

Balkon, Creme aus dem Französischen.<br />

Zur zweiten Gruppe gehören Fremdwörter, deren einzelne<br />

Bestandteile aus anderen Sprachen entlehnt sind. Diese Bestandteile<br />

werden nach Regeln, <strong>die</strong> für das Deutsche gelten, zu Wortstämmen<br />

kombiniert. Solche Bildungen operieren überwiegend mit Elementen<br />

aus dem Griechischen <strong>und</strong> Lateinischen, <strong>die</strong> direkt oder über das<br />

Italienische, Französische oder Englische ins Deutsche gelangt sind.<br />

Sie sind typisch für <strong>die</strong> Wörter aus Fachwortschätzen (Polyästhesie,<br />

Polyembryonie, Polykondensat), sind aber auch in der Gemeinsprache<br />

weit verbreitet (bilateral, Poliklinik, multikulturell). Auch Bildungen<br />

mit Elementen aus dem Englischen gibt es, z. B. Showmaster, das im<br />

Englischen als Kompositum nicht existiert (man spricht hier von<br />

Pseudoanglizismen).<br />

Im Folgenden werden für <strong>die</strong> Fremdwortschreibung <strong>die</strong> wichtigsten<br />

Typen von Besonderheiten im Vergleich zum Kernwortschatz<br />

zusammengestellt. Wir wollen zeigen, wie <strong>die</strong> Schreibung von<br />

Fremdwörtern im Prinzip (von den Typen her) begründet ist. Die


29<br />

Auswahl kann nur einen kleinen Teil <strong>des</strong> Vokabulars behandeln.<br />

Gerade im Bereich der Fremdwörter bleibt <strong>die</strong> Benutzung eines<br />

Wörterbuches unerläßlich. 1<br />

Phonem-Graphem-Korrespondenzen<br />

117 Für den überwiegenden Teil der Fremdwörter gelten andere<br />

GPK-Regeln als für <strong>die</strong> Wörter im Kernbereich. Die Gründe für das<br />

Auftreten <strong>die</strong>ser besonderen GPK-Regeln können phonologischer wie<br />

graphematischer Art sein. Folgende Gr<strong>und</strong>typen lassen sich<br />

unterscheiden:<br />

1. Mit der Entlehnung von Wörtern übernimmt das Deutsche Laute,<br />

<strong>die</strong> es selbst nicht hat. Diese Laute werden in der Regel so<br />

geschrieben wie in der Herkunftssprache. Beispiele:<br />

— Ein stimmhafter alveolarer [� Frikativ ] existiert im<br />

Kernwortschatz nicht, wird aber mit vielen Fremdwörtern aus dem<br />

Französischen übernommen <strong>und</strong> wie im Französischen geschrieben:<br />

Garage, Sabotage, Lage.<br />

— Nasalierte Vokale gibt es im Kernwortschatz <strong>des</strong> Deutschen<br />

nicht. Werden sie aus dem Französischen übernommen, so wird auch<br />

ihre Schreibung übernommen, z. [balk� � B. ] - Balkon. Hier setzt eine<br />

Angleichung an <strong>die</strong> Lautstruktur <strong>des</strong> Deutschen ein, um <strong>die</strong><br />

nasalierten Vokale zu vermeiden.<br />

1 Zur Fremdwortorthographie vgl. K. Heller: Die<br />

Fremdwortschreibung. In: Sprachwissenschaftliche Informationen<br />

2(1980), 20-26; H. H. Munske: Fremdwörter inder deutschen Orthographie.<br />

In: Akten <strong>des</strong> VII. Internationalen Germanistenkongresses<br />

Göttingen 1986. Bd.4, 49-59. Weitere Beiträge finden sich in: H.<br />

Zabel (Hrsg.): Fremdwortorthographie. Beiträge zu historischen <strong>und</strong><br />

aktuellen Fragestellungen. Tübingen 1987.<br />

2. Das Deutsche übernimmt Wörter, <strong>die</strong> keine fremden Laute<br />

enthalten, <strong>die</strong> aber im Deutschen so wie in der Herkunftssprache<br />

geschrieben werden. Dies dürfte der häufigste Gr<strong>und</strong> für das<br />

Auftreten neuer GPK-Regeln sein. So schreiben wir [� ] in<br />

Entlehnungen aus dem Französischen oft als (Chanson, Chef;


30<br />

recherchieren) <strong>und</strong> in Entlehnungen aus dem Englischen oft als <br />

(Show, Shampoo, Finish). Oder wir schreiben in Entlehnungen<br />

aus dem Französischen, Englischen, Italienischen, Lateinischen <strong>und</strong><br />

Griechischen als <strong>und</strong> (Catch, Cockpit, Composer, Chor,<br />

Charta, Christ). Solche besonderen GPK-Regeln gibt es für fast alle<br />

Laute <strong>des</strong> Deutschen. Sie lassen sich systematisch ordnen nach Herkunftssprache<br />

<strong>und</strong> dem sprachlichen Kontext, in dem sie stehen. Eine<br />

Angleichung an <strong>die</strong> GPK-Regeln <strong>des</strong> Kernwortschatzes findet in<br />

vielen Fällen statt, z. B. das [� ] in Schikane (chicane), Scheck<br />

(cheque), Schredder (shredder) oder das [k] in Karosse (carosse),<br />

Kartusche (cartouche), Kollege (collega).<br />

3. In Entlehnungen aus dem Griechischen wird vielfach auf das<br />

griechische Alphabet Bezug genommen. Die <strong>Buchstabe</strong>n <strong>des</strong><br />

griechischen Alphabets werden nicht durch <strong>die</strong> nächstliegenden<br />

Entsprechungen <strong>des</strong> lateinischen Alphabets, sondern durch besondere<br />

<strong>Buchstabe</strong>n <strong>und</strong> <strong>Buchstabe</strong>nkombinationen dargestellt. Bei den<br />

Vokalgraphemen gilt <strong>die</strong>s vor allem für das für [y] <strong>und</strong> [v] wie in<br />

Syntax, Typ, Dynamik, System. Bei den Konsonantgraphemen gilt es<br />

vor allem für (Theater), (Philosophie), (Rhythmus)<br />

<strong>und</strong> das schon erwähnte (synchron). Gelegentlich findet eine<br />

Angleichung an <strong>die</strong> GPK-Regeln <strong>des</strong> Kernwortschatzes statt, z. B.<br />

Telefon (Telephon), Fotografie (Photographie).<br />

Silbische Schreibungen<br />

118 Da Fremdwörter häufig andere Silbenstrukturen haben als<br />

Wörter im Kernwortschatz <strong>und</strong> nach anderen Regeln betont werden,<br />

weisen sie silbische Schreibungen auf, <strong>die</strong> im Kernwortschatz<br />

unbekannt sind. Die Beispiele dafür sind vielfältig <strong>und</strong> noch wenig<br />

untersucht. Einige verbreitete Erscheinungen sind <strong>die</strong> folgenden:<br />

1. Doppelkonsonantgrapheme: Im Kernwortschatz stehen<br />

Doppelkonsonantgrapheme in der Position von Silbengelenken oder<br />

sind morphologisch auf solche Positionen bezogen (rollen - rollt,<br />

Schwämme - Schwamm). In Fremdwörtern ist <strong>die</strong> Verdoppelung von<br />

Konsonantgraphemen vielfach ohne Berücksichtigung der<br />

Lautstruktur mit entlehnt worden. So in Militär der lateinische Stamm<br />

miles (‚Soldat‘), in Millionär der lateinische Stamm mille (‚tausend‘).


31<br />

Den Fremdwörtern ist nicht anzuhören, daß das eine von ihnen im<br />

Lateinischen ein Silben-gelenk enthält <strong>und</strong> <strong>des</strong>halb mit doppeltem l<br />

geschrieben wird.<br />

Wörter wie <strong>die</strong> genannten müßten bei Angleichung an <strong>die</strong> Regeln <strong>des</strong><br />

Kernwortschatzes mit einfachem Konsonantgraphem geschrieben<br />

werden, weil keiner der korrespon<strong>die</strong>renden Laute ein Silbengelenk<br />

ist („Militär, „Milionär, ähnlich „Komode, Komerz <strong>und</strong> viele andere).<br />

Eine wirkliche Angleichung an den Kernwortschatz wäre <strong>die</strong>s jedoch<br />

nicht. Die Wörter haben eine oder mehrere unbetonte Silben vor dem<br />

Hauptakzent, wobei <strong>die</strong>se unbetonten Silben aber keine Präfixe sind.<br />

Mehrsilbige Stammorpheme <strong>die</strong>ser Art gibt es im Kernwortschatz<br />

kaum. Deshalb können solche Wörter nicht ohne weiteres mit den<br />

Regeln <strong>des</strong> Kernwortschatzes erfaßt werden.<br />

2. Schreibung <strong>und</strong> : Im Kernwortschatz wird vor


32<br />

119 Das morphologische Prinzip ist bei der Schreibung von<br />

Fremdwörtern weitgehend auf <strong>die</strong>selbe Weise wirksam wie im<br />

Kernwortschatz. Aber es gibt auch auffällige Besonderheiten.<br />

1. Doppelkonsonantgrapheme können in Fremdwörtern wie im<br />

Kernwortschatz dann stehen, wenn ein Konsonant als Silbengelenk<br />

fungiert, vgl. etwa <strong>die</strong> Anglizismen Dinner, killen, bluffen, Lobby,<br />

grillen. Das morphologische Prinzip wird jedoch weniger konsequent<br />

durchgeführt als im Kernwortschatz. Häufig kommt es vor, daß der<br />

Verbstamm mit Doppelgraphem, der entsprechende Substantivstamm<br />

jedoch mit Einfachgraphem geschrieben wird:<br />

jobben - Job, jetten - Jet. strippen - Strip.<br />

Diese Schreibungen sind zu einem Teil auf <strong>die</strong> Schreibungen im<br />

Englischen zu beziehen. Sie sind aber auch damit begründet, daß<br />

innerhalb <strong>des</strong> Substantivparadigmas keine zweisilbigen Formen<br />

auftreten. Die Substantive bilden den Plural auf -s, so daß es keine<br />

Form im Paradigma gibt, in der der auslautende Konsonant zum<br />

Silbengelenk wird (z. B. Jet — Jets, nicht Jette).<br />

2. In Entlehnungen aus dem Französischen gibt es sogenannte<br />

stille Konsonantgrapheme, insbesondere ein stilles . Das stille <br />

ist teilweise morphologisch motiviert, z. B. in Trikot - Trikotage,<br />

Porträt - porträtieren, Debüt - Debutant. Filet - filetieren. Ein solcher<br />

Zusammenhang zu Formen, in denen das [t] lautlich präsent ist,<br />

besteht nicht in Wörtern wie Buffet, Budget, Depot. Hier ist das <br />

nur noch als Anzeiger für Betontheit der entsprechenden Silbe<br />

anzusehen.<br />

3. Die unterschiedliche silbische Schreibung [�<br />

� �<br />

von ] als wie in<br />

Frequenz <strong>und</strong> wie in Nation kann zu morphologisch bedingten<br />

Doppelschreibungen <strong>und</strong> Schreibkonflikten führen. <strong>Der</strong> Fall tritt vor<br />

allem auf bei Adjektiven auf -iös <strong>und</strong> -iell. So wird morphologisch<br />

geschrieben Tendenz - tendenziös <strong>und</strong> Infekt - infektiös. Ähnlich<br />

Provinz - provinziell, Part - partiell. Dagegen findet sich sowohl<br />

minutiös als auch minuziös. Aber nur potent — potentiell, different —<br />

differentiell <strong>und</strong> nicht potenziell <strong>und</strong> essenziell obwohl es Potenz <strong>und</strong><br />

Essenz gibt. Die Neuregelung der deutschen Rechtschreibung läßt in<br />

solchen Fällen beide Schreibweisen zu, z. B. essentiell <strong>und</strong> essenziell.<br />

4. Die Schreibung mit dem Umlautgraphem . Im


33<br />

Kernwortschatz ist das Umlautgraphem weitgehend beschränkt<br />

auf morphologische Schreibungen (Bach - Bäche, nah - näher, vgl.<br />

98). In zahlreichen Fremdwörtern wird ohne einen solchen Bezug<br />

verwendet, z. B. Anästhesie, Ästhetik, plä<strong>die</strong>ren, präzise. Diese<br />

Verwendung <strong>des</strong> könnte langfristig zum Verlust seiner primär<br />

morphologischen Funktion im Kernwortschatz führen. Das würde<br />

dann wie das <strong>und</strong> das sowohl als Umlautgraphem wie als<br />

Graphem in einer GPK-Regel auftreten. Es fände eine Angleichung<br />

im Verhalten der drei Grapheme statt.<br />

Angleichung der Fremdwörter an <strong>die</strong> Schreibungen im<br />

Kernwortschatz<br />

120 Die Angleichung der Schreibung kann, wie schon <strong>die</strong> bisher<br />

behandelten Fälle<br />

zeigen, auf zwei Weisen erfolgen: (1) Ersetzung fremder<br />

Schreibungen durch<br />

Schreibungen nach den Regeln <strong>des</strong> Kernwortschatzes <strong>und</strong> (2)<br />

Ersetzung fremder<br />

Lautung durch Lautung, <strong>die</strong> der Schreibung entspricht. Meistens<br />

werden beide<br />

Wege gleichzeitig beschritten.<br />

1. Ersetzen fremder Schreibungen: Die Angleichung von<br />

Fremdwörtern durch Ersetzen fremder Schreibungen ist dann<br />

möglich, wenn das Fremdwort sich in seiner Lautstruktur nicht<br />

wesentlich von den Wörtern im Kernwortschatz unterscheidet.<br />

Problemlos ersetzbar sind einzelne Grapheme entsprechend den GPK-<br />

Regeln für den Kernwortschatz, z. B. das durch in Likör,<br />

Etikett, das durch in Zentrum, Elektrizität, Zentimeter, das<br />

durch in Bluse.<br />

Eine Angleichung findet immer statt im Hinblick auf Groß- <strong>und</strong><br />

Kleinschreibung. <strong>Der</strong> bei weitem größte Teil der Fremdwörter gehört<br />

zu den Substantiven. Sie werden wie <strong>die</strong> Substantive im<br />

Kernwortschatz groß geschrieben.<br />

2. Angleichung der Aussprache: Eine Angleichung von Fremdwörtern<br />

über <strong>die</strong> Veränderung ihrer Aussprache ist <strong>die</strong> häufigste Art der<br />

Assimilation. Die Aussprache wird in der Regel so verändert, daß sich


34<br />

Aussprache <strong>und</strong> Schreibung ähnlich wie im Kernwortschatz<br />

zueinander verhalten (sogenannte Leseaussprache). Typische<br />

Beispiele:<br />

— Das französische Substantiv intrigue [ItRig] wird in seiner<br />

Schreibung leicht verändert zu Intrige. Die Aussprache wird an <strong>die</strong>se<br />

Schreibung angepaßt <strong>und</strong> gegenüber der französischen erheblich<br />

verändert zu [IntRi:g� ]. Das Wort entspricht damit insgesamt den<br />

Regularitäten <strong>des</strong> Kernwortschatzes.<br />

— Ein typisches Beispiel für einen Prozeß vollständiger<br />

Angleichung ist das Wort Soße. Das französische Sauce [so:s] wird<br />

lautlich angeglichen über das Ersetzen <strong>des</strong> stimmlosen [s] <strong>des</strong> Anlauts<br />

durch ein stimmhaftes [z] sowie <strong>die</strong> Realisierung <strong>des</strong> stummen e als<br />

[� ]. Damit entsteht der für den Kernwortschatz typische Zweisilber<br />

aus betonter <strong>und</strong> unbetonter Silbe [zo:s� ]. Das intervokalische [s]<br />

wird regelhaft geschrieben. Von seiner Form her erinnert das<br />

Wort Soße in nichts mehr an seine Herkunft aus dem Französischen.<br />

Nicht in allen Fällen führt <strong>die</strong> Leseaussprache zu einer vollständigen<br />

Angleichung, beispielsweise nicht bei der großen Zahl der Wörter, <strong>die</strong><br />

auf Nasalvokal auslauten. In Wörtern wie Balkon, Beton findet sich in<br />

deutscher Standardlautung auslautend ein velarer Nasal, z. B. frz.<br />

[� � � �� ] wird zu dt. [� � � � � ]. Damit bleibt <strong>die</strong> Schreibung solcher Wörter<br />

markiert. Eine vollständige Anpassung ist nicht möglich, weil [� ] im<br />

Deutschen in der Regel Silbengelenk ist <strong>und</strong> dann als geschrieben<br />

wird wie in [� � � � � ] (singen). In Balkon, Beton usw. ist [� ]<br />

nicht Gelenk, <strong>des</strong>halb wären auch <strong>die</strong> Schreibungen Balkong <strong>und</strong><br />

Betong nicht regelhaft im Sinne <strong>des</strong> Kernwortschatzes. Eine<br />

vollständige Angleichung der Fremdwörter ist in <strong>die</strong>sen wie in vielen<br />

anderen Fällen unter den gegebenen Bedingungen ausgeschlossen.

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