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2 extra Februar 2009<br />

[ extra@Zukunftsgespräch]<br />

MIT MAG. EWALD THALLER, GESCHäFTSFÜHRER DER STAHL JUDENBURG GMBH<br />

Abrupte Vollbremsung<br />

Eisenhart erwischt. Die Stahlbranche wurde von der weltweiten Wirtschaftskrise besonders<br />

stark getroffen. extra hat mit Stahl Judenburg-Geschäftsführer Ewald Thaller<br />

über die Gegenwart und vor allem über die Zukunft des obersteirischen Vorzeigebetriebs<br />

mit seinen rund 350 Mitarbeitern gesprochen.<br />

extra: Weltweit sind stahlverarbeitende<br />

Betriebe stark unter Druck gekommen.<br />

Inwieweit hat die Stahl Judenburg<br />

GmbH diese Auswirkungen<br />

gespürt?<br />

Ewald Thaller: Seit Ausbruch der Krise<br />

sind wir sehr stark betroffen davon.<br />

Quasi ohne Vorwarnung gab es im November<br />

2008 eine abrupte Vollbremsung.<br />

Als Lieferant von Spezialstählen,<br />

speziell in die Automobil-, Nutzfahrzeug-,<br />

Maschinenbau- und Hydraulikindustrie<br />

sind wir urplötzlich mit einem<br />

Auftragsrückgang von rund 50 Prozent<br />

konfrontiert gewesen. Freilich könnte<br />

man nun trefflich und stundenlang<br />

über die Ursachen der Finanzkrise und<br />

ihre Auswirkungen diskutieren, aber das<br />

hilft auch relativ wenig. Vielmehr brauchen<br />

wir nun vernünftige Lösungen.<br />

extra: Keine einfache Situation. Da<br />

drängt sich gleich die Frage auf, wie<br />

die Stahl Judenburg aufgestellt ist, um<br />

der Krise nachhaltig zu überstehen?<br />

Ewald Thaller: Eine legitime Frage.<br />

Die Stahl Judenburg GmbH mit ihren<br />

rund 350 Mitarbeitern und 2007 fast<br />

100 Mio. Euro Umsatz<br />

hat im letzten<br />

Jahr rund sechs<br />

Millionen Zahnstangenrohlingeausgeliefert.<br />

Damit haben<br />

wir in Europa rund<br />

ein Drittel Marktanteil.<br />

In rund sechs<br />

Millionen Dieselfahrzeugen<br />

befinden<br />

sich Komponenten<br />

der Stahl Judenburg.<br />

Eingebettet<br />

in die GMH Unternehmensgruppe haben<br />

wir uns einen sehr guten Namen<br />

am Markt gemacht. Das ist eine gesunde<br />

Grundvoraussetzung für die zweifellos<br />

schwierigen Zeiten. Unsere Kunden<br />

brauchen derzeit alles auf, was auf irgendwo<br />

auf Lager liegt, setzen auf verlängerte<br />

Werksferien oder Kurzarbeit<br />

und versuchen so Kosten zu sparen. Das<br />

führt dann automatisch zu Auftragsrückgängen<br />

in dieser Dimension.<br />

extra: Apropos Kosten<br />

– müssen Sie jetzt<br />

nicht auch massiv an<br />

der Kostenschraube<br />

drehen? Wie sieht<br />

die Stahl Judenburg-<br />

Strategie dazu aus?<br />

Ewald Thaller: Natürlich<br />

müssen wir<br />

das. Der massive Einbruch<br />

unserer Aufträge<br />

führt zu einem<br />

Investitionsstopp.<br />

Wobei wir unser größtes und wohl auch<br />

wichtigstes Projekt, den Bau eines neuen<br />

Ofens mit rund neun Millionen Euro Investitionsvolumen,<br />

durchziehen werden<br />

und können. Wir wissen, dass wir einem<br />

sehr schwierigen Jahr entgegenblicken,<br />

aber ich habe keine Angst davor. Wir haben<br />

eine gute Infrastruktur aufgebaut,<br />

wir sind solide finanziert und haben eine<br />

sehr gute Eigenkapitalausstattung<br />

von rund 50 Prozent. Und wir haben vor<br />

allem sehr gut qualifizierte Mitarbeiter,<br />

die unsere Qualität sichern.<br />

extra: Weltweit werden zehntausende<br />

Mitarbeiter in der Stahlindustrie gekündigt<br />

– wie sieht die Lage bei Ihnen<br />

aus?<br />

Ewald Thaller: Sparen ist in dieser Situation<br />

unumgänglich. Was wir aber mit<br />

Sicherheit nicht machen werden, sind<br />

Kündigungen im großen Stil. Wir versuchen<br />

im Einklang mit der Belegschaft<br />

Lösungen zu finden. Sparen mit Augenmaß.<br />

Beispielsweise Bildungskarenzen,<br />

reduzierte Überstunden und ähnliche<br />

sozial verträgliche Maßnahmen. Dass<br />

es im einen oder anderem Fall auch zu<br />

Personalabbau kommen kann, ist nicht<br />

auszuschließen. Aber die Kernmannschaft,<br />

die in den letzten Jahren immer<br />

mitgezogen ist und großen Anteil am<br />

Erfolg der Firma hat, ist mit Sicherheit<br />

nicht davon betroffen.<br />

extra: Das klingt ja „vorsichtig optimistisch“,<br />

aber wie lange können Sie diese<br />

Durststrecke durchstehen bzw. wann<br />

glauben Sie, dass es langsam wieder<br />

bergauf gehen könnte?<br />

Ewald Thaller: Ich bin Realist und glaube<br />

nicht an Wunder. Bis Mitte des nächsten<br />

Jahres sehe ich nicht viele Möglichkeiten,<br />

ab dem zwei Halbjahr wird es<br />

wieder stärkere Nachfrage geben, allerdings<br />

nicht mehr auf dem Niveau, das<br />

wir gewohnt waren. Aber darauf müssen<br />

wir uns eben einstellen. Aber wie<br />

gesagt: Wir haben aufgrund unserer Eigenkapitalbasis<br />

und der soliden Finanzierungsstruktur<br />

eine sehr gute Basis.<br />

extra: Warum ist es Ihrer Meinung<br />

nach zu dieser dramatischen Situation<br />

gekommen?<br />

Ewald Thaller: Die ausschlaggebenden<br />

Ursachen waren sicher<br />

die Überschuldung, speziell in den<br />

USA, das zu schnelle Wachstum in<br />

Schwellenländern, speziell in China<br />

und Indien, Spekulationen und auch<br />

eine gewissen Sättigung in den europäischen<br />

Märkten. Die gesamten<br />

Pipelines und Lager waren einfach<br />

übervoll. Dann gibt’s aufgrund<br />

der Finanzkrise eine sehr restriktive<br />

Kreditpolitik und dann läuft das<br />

Fass über.<br />

extra: Blickrichtung Zukunft – wie<br />

wird die Stahl Judenburg aus dieser<br />

Krise hervorgehen und was sind Ihre<br />

Lerneffekte aus dieser Phase?<br />

Ewald Thaller: Ich blicke trotz allem<br />

sehr zuversichtlich in die Zukunft. Es<br />

wird weiter konsumiert werden, die<br />

Nachfrage wird irgendwann wieder<br />

steigen. Die Stahl Judenburg wird<br />

gestärkt aus der Krise hervorgehen,<br />

denn unsere Stärken wie Qualität<br />

und hohe Flexibilität werden in<br />

Zukunft noch viel wichtiger werden.<br />

Darüber hinaus bin ich davon überzeugt,<br />

dass wir uns kritisch fragen<br />

müssen, ob ewiges Wachstum der<br />

richtige Weg ist, um zu mehr Wohlstand<br />

zu gelangen. Wir werden Alternativen<br />

brauchen, um im Einklang<br />

mit den Energien, Ressourcen<br />

und der Umwelt zu einer gesunden<br />

Entwicklung zu gelangen. Da sind<br />

wir alle gefragt. Unternehmer, Konsumenten<br />

und vor allem die Politik.<br />

Aber wie in jeder Krise, so liegt auch<br />

in dieser eine Chance. Wir werden<br />

mit aller Kraft versuchen, diese<br />

Chancen für uns und unsere Mitarbeiter<br />

zu nutzen.<br />

extra: Wir danken für das interessante<br />

Gespräch.

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