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wissensr ä ume 1622–1962–2012 - Universitätsbibliothek ...

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W I S S E N S R Ä U M E<br />

<strong>1622–1962–2012</strong><br />

Sehr geehrte Leserinnen und Leser,<br />

UNIVERSITÄT<br />

S A L Z B U R G<br />

ganz im Zeichen des Universit<strong>ä</strong>tsjubil<strong>ä</strong>ums steht unser Ausstellungsprojekt<br />

„Wissensr<strong>ä</strong><strong>ume</strong> <strong>1622–1962–2012</strong>“: Die Fensterfront der<br />

Universit<strong>ä</strong>tsbibliothek zur Hofstallgasse wandelt sich in einen<br />

t<strong>ä</strong>glich rund um die Uhr geöffneten „Jubil<strong>ä</strong>umspfad“, auf dem Sie<br />

hier auch virtuell durch Vergangenheit und Gegenwart der Universit<strong>ä</strong>t<br />

spazieren können.<br />

Uni-Alltag einst und jetzt<br />

Nach einer Zeitreise durch fast 400 Jahre Salzburger Universit<strong>ä</strong>tsgeschichte<br />

spürt Christoph Brandhuber (Universit<strong>ä</strong>tsarchiv) auf der<br />

Grundlage reichen Quellenmaterials im zweiten Fensterzyklus dem<br />

universit<strong>ä</strong>ren Alltagsleben nach. Momentaufnahmen von damals und<br />

heute verdeutlichen – einander gegenübergestellt –, dass vieles von<br />

dem, was uns heute selbstverst<strong>ä</strong>ndlich erscheint, hart erk<strong>ä</strong>mpft werden<br />

musste: Frauenstudium, unzensiertes Pressewesen, freie Wahl<br />

des Lebenspartners … Manche Herausforderungen sind aber heute<br />

noch so aktuell wie damals!<br />

Eine spannende Zeitreise wünscht Ihnen<br />

mit herzlichem Gruß<br />

Ursula Schachl-Raber<br />

Leiterin der Universit<strong>ä</strong>tsbibliothek<br />

I M P R E S S U M<br />

Projektleitung: Ursula Schachl-Raber<br />

Idee: Susanna Graggaber<br />

Konzept & Texte: Christoph Brandhuber<br />

Lektorat: Irmgard Lahner<br />

Fotos: Hubert Auer<br />

Gestaltung: Eric Pratter<br />

UNIVERSITÄTS<br />

BIBLIOTHEK<br />

S A L Z B U R G<br />

Andreas Hamberger,<br />

P<strong>ä</strong>pstliches und<br />

Kaiserliches Zepter der<br />

Universit<strong>ä</strong>t Salzburg, 1656<br />

Fotos: Hubert Auer<br />

W I S S E N S R Ä U M E<br />

<strong>1622–1962–2012</strong><br />

JAHRE<br />

UNIVERSITÄT<br />

S A L Z B U R G


Fürsterzbischof Guidobald Graf von Thun (1616–1668) best<strong>ä</strong>tigt<br />

die Privilegien der Universit<strong>ä</strong>t Salzburg und gew<strong>ä</strong>hrt den<br />

Professoren Steuerfreiheit Salzburg, 8. August 1654<br />

Universit<strong>ä</strong>tsbibliothek Salzburg, Universit<strong>ä</strong>tsarchiv, Urkunde 3<br />

Foto: Hubert Auer<br />

1654<br />

W I S S E N S R Ä U M E<br />

<strong>1622–1962–2012</strong><br />

UNIVERSITÄT<br />

S A L Z B U R G<br />

Steuerfreiheit für Professoren<br />

An der Benediktineruniversit<strong>ä</strong>t unterrichten meist<br />

18 Professoren. Nur drei von ihnen sind nicht geist -<br />

lichen, sondern weltlichen Standes: Juristen, die sich<br />

oft schon einen Namen an anderen Universit<strong>ä</strong>ten<br />

gemacht haben, bevor sie der Erzbischof abwirbt.<br />

Nach Salzburg lockt man sie mit einem guten Gehalt,<br />

mit Steuerfreiheit und der Befreiung von der Pflicht,<br />

im Krieg Soldaten einquartieren zu müssen. Deshalb<br />

sind sie am Heiratsmarkt sehr begehrt. Aber manchmal<br />

kann eine Professur mit der Übernahme einer<br />

ungeliebten Braut verbunden sein – etwa der Witwe<br />

des Amtsvorg<strong>ä</strong>ngers. Professor Steinhauser weigert<br />

sich, die ihm zugedachte Frau zu heiraten. Dafür<br />

macht man ihm das Leben schwer. Wutentbrannt<br />

wirft er im Senat seinen Widersachern vor: Sie<br />

sein Spitzbuben. Ich weiß wo diese passion gegen<br />

mir herkommt: weil ich keine von Euren Canaillien<br />

geheiratet habe.<br />

JAHRE<br />

UNIVERSITÄTS<br />

BIBLIOTHEK<br />

S A L Z B U R G


1968<br />

Zur Bewerbung Rosen streuen<br />

Kaum ist 1962 der Beschluss zur Wiedergründung der<br />

Universit<strong>ä</strong>t in Salzburg gefasst, beginnt im gesamten<br />

deutschen Sprachraum die Suche nach geeigneten<br />

Lehrenden. Man wünscht sich sowohl etablierte ProfessorInnen,<br />

Namen mit Strahlkraft, die Studierende<br />

nach Salzburg ziehen sollen, als auch junge BewerberInnen<br />

mit international beachteter Habilitation und<br />

gutem Vortragsstil. KandidatInnen werden vorgeschlagen,<br />

Gutachten eingeholt, Referate gehalten,<br />

Berufungsverhandlungen geführt. Dabei werden interessante<br />

Strategien verfolgt. Ein Kandidat versucht es<br />

mit dem Charme der „alten Schule“, bringt Bl<strong>ume</strong>n<br />

für die Frau des Dekans zum Bewerbungsgespr<strong>ä</strong>ch.<br />

Als ihm ein anderer vorgezogen wird, schreibt er<br />

resignierend: Ich hoffe, daß mein kleiner Rosenstrauch<br />

Ihrer sehr verehrten Frau Gemahlin Freude<br />

gebracht haben möge. Denn Freude machen, das ist<br />

mein Lebensziel.<br />

Franz Reindl (1770–1840), Rosen, 1788, Aquarell, 345x476 mm,<br />

Universit<strong>ä</strong>tsbibliothek Salzburg, Sondersammlungen H 367<br />

Aus dem aufgelösten Klebeband „Malerakademie IV.“ mit dem<br />

Supralibros des Fürsterzbischofs Hieronymus Joseph Grafen<br />

von Colloredo (1732–1812)<br />

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<strong>1622–1962–2012</strong><br />

JAHRE<br />

UNIVERSITÄT<br />

S A L Z B U R G<br />

UNIVERSITÄTS<br />

BIBLIOTHEK<br />

S A L Z B U R G


Johann Michael Rottmayr (1654–1730), Der hl. Benedikt<br />

tauft einen heidnischen Fürsten, 1722, Öl/Leinwand,<br />

640x265 cm, Salzburg, Universit<strong>ä</strong>tskirche<br />

Foto: Hubert Auer<br />

1699<br />

Begegnung und<br />

Umgang mit Fremden<br />

W I S S E N S R Ä U M E<br />

<strong>1622–1962–2012</strong><br />

UNIVERSITÄT<br />

S A L Z B U R G<br />

Salzburgs günstige Lage zieht schon im Barockzeit -<br />

alter ausl<strong>ä</strong>ndische Studenten an, vor allem aus<br />

den deutschsprachigen Nachbarl<strong>ä</strong>ndern. Aber auch<br />

Italiener, Polen, Schweizer, Slowenen, Tschechen<br />

und Ungarn studieren hier gerne. In Zeiten der Krise,<br />

wenn Krieg und Hungersnöte herrschen, <strong>ä</strong>ndert<br />

sich die Einstellung zu den sonst willkommenen<br />

Ausl<strong>ä</strong>ndern. W<strong>ä</strong>hrend einer Hungersnot im Jahr 1699<br />

müssen sie ein Quantum an Getraÿdt mit sich herein<br />

ins Land bringen und ohne Studienerfolg sollen<br />

sie von hier hinweg geschafft werden. 1771 befiehlt<br />

der Erzbischof sogar das Studienjahr früher zu<br />

beenden, damit durch die Abreise der Studenten<br />

mehr Nahrung bleibe.<br />

Keinen Kompromiss kennt man in Fragen der Religion.<br />

Nur wer katholisch ist, darf in Salzburg studieren.<br />

Benediktinerprofessoren begleiten als Seelsorger den<br />

Übertritt von „Heiden“ zum Katholizismus, übernehmen<br />

sogar die Patenschaft.<br />

JAHRE<br />

UNIVERSITÄTS<br />

BIBLIOTHEK<br />

S A L Z B U R G


Gaetano Vascellini (1745–1805) / Stecher, Fürsterzbischof Hieronymus<br />

Joseph Graf von Colloredo (1732–1812), aus: Francesco Fontani (Hg.),<br />

Trattato della pittura di Lionardo da Vinci, Florenz 1792,<br />

Universit<strong>ä</strong>tsbibliothek Salzburg 86.632 II<br />

1790<br />

Wehe dem, der nicht<br />

lateinisch schw<strong>ä</strong>tzt!<br />

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<strong>1622–1962–2012</strong><br />

UNIVERSITÄT<br />

S A L Z B U R G<br />

Latein ist für Jahrhunderte die Gelehrtensprache.<br />

1790 wird das Kirchenrecht zum ersten Mal in<br />

Deutsch vorgetragen. Erzbischof Colloredo wünscht<br />

jedoch die Rückkehr zum Vortrag in Latein. Ein Gutachten<br />

ergibt, dass nur noch ein einziger Professor<br />

in lateinischer Sprache lehrt – doch der hat die<br />

wenigsten Studenten! In der deutschen Romanen=<br />

und Comoedien Lectüre sehen die Professoren<br />

die schlechten Lateinkenntnisse begründet. Daher<br />

sollen bereits die Schüler angehalten werden,<br />

untereinander nur lateinisch zu reden: Schw<strong>ä</strong>tzt<br />

einer w<strong>ä</strong>hrend der Profeßor auf der Kanzl sitzt,<br />

und Deutsch, so ist er doppelt straff<strong>ä</strong>llig.<br />

International ist die Wissenschaftssprache heute<br />

Englisch, doch „schw<strong>ä</strong>tzt“ man an der Universit<strong>ä</strong>t<br />

Salzburg in vielen Sprachen, immerhin kommt<br />

ein Drittel der mehr als 18.000 Studierenden aus<br />

über 100 Staaten.<br />

JAHRE<br />

UNIVERSITÄTS<br />

BIBLIOTHEK<br />

S A L Z B U R G


1732<br />

Sophie oder Philosophie?<br />

Zwar wacht eine Frau, die hl. Katharina von Alexandria,<br />

als Patronin über die Philosophische Fakult<strong>ä</strong>t, doch<br />

studieren dürfen Frauen an der Benediktineruniversit<strong>ä</strong>t<br />

nicht. Als 1732 die 21j<strong>ä</strong>hrige Laura Bassi an der<br />

Universit<strong>ä</strong>t Bologna promoviert wird, erl<strong>ä</strong>utert der<br />

Salzburger Professor Placidus Böcken OSB in einer<br />

schwungvollen Rede zur Sponsion seiner Studenten,<br />

dass auch Frauen für ein Studium geeignet w<strong>ä</strong>ren.<br />

Kein vernünftiger Grund spricht dagegen! Schon Platon<br />

und Cicero befürworten die gleiche Ausbildung der<br />

Geschlechter. Die Bibel erz<strong>ä</strong>hlt von der Richterin<br />

Debora und der eloquenten Königin von Saba, reich<br />

ist die Geschichte an gelehrten Frauen. Für ihn stellt<br />

sich daher die Frage, warum Frauen heute nicht mehr<br />

studieren? Daran, so meint er scherzend, sind seine<br />

Studenten schuld, die lieber eine Sophie verehren als<br />

die Philosophie und eine Bibiana öfter besuchen als<br />

die Bibliothek!<br />

Andreas Hamberger, Die hl. Katharina von Alexandria mit geborstenem Rad,<br />

Schwert und Palmzweig als Patronin der Philosophischen Fakult<strong>ä</strong>t, Detail aus dem<br />

P<strong>ä</strong>pstlichen Zepter der Universit<strong>ä</strong>t Salzburg, 1656<br />

Foto: Hubert Auer<br />

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<strong>1622–1962–2012</strong><br />

JAHRE<br />

UNIVERSITÄT<br />

S A L Z B U R G<br />

UNIVERSITÄTS<br />

BIBLIOTHEK<br />

S A L Z B U R G


Matrikeleintrag von Luise Bonora, der ersten immatrikulierten Studentin<br />

am Philosophischen Institut der Theologischen Fakult<strong>ä</strong>t, vom 9. April 1932<br />

Universit<strong>ä</strong>tsbibliothek Salzburg, Universit<strong>ä</strong>tsarchiv FA CXXIV, Nationale<br />

10.II, Sommersemester 1932<br />

1932<br />

Frauenstudium<br />

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<strong>1622–1962–2012</strong><br />

In Salzburg studieren Frauen ab 1932 am Philoso -<br />

phischen Institut der Theologischen Fakult<strong>ä</strong>t. Doch<br />

erst nach dem 2. Weltkrieg werden regelm<strong>ä</strong>ßig<br />

Theolo gie studentinnen aufgenommen: Im Winter -<br />

semester 1945/46 sind von 171 Studierenden<br />

16 Frauen. Sie stammen aus Bosnien, Deutschland,<br />

Lettland, Litauen, Österreich, Tschechien und der<br />

Ukraine. Seither steigt der Frauenanteil unter den<br />

Studierenden, 2012 erreicht er fast 60%.<br />

Erste ordentliche Professorin wird 1969 die Zeit -<br />

historikerin Erika Weinzierl. Noch l<strong>ä</strong>nger dauert es,<br />

bis Frauen auch in höchste akademische Ämter<br />

berufen werden: Die Romanistin Brigitte Winklehner<br />

wird 1998 erste Vizerektorin, die Historikerin Sylvia<br />

Hahn 2009 erste Dekanin. Die gesetzlich vorge -<br />

schriebene 40%-Frauenquote in allen universit<strong>ä</strong>ren<br />

Kollegialorganen wird seit 2009 vom „Arbeitskreis<br />

für Gleichbehandlungsfragen“ überprüft.<br />

JAHRE<br />

UNIVERSITÄT<br />

S A L Z B U R G<br />

UNIVERSITÄTS<br />

BIBLIOTHEK<br />

S A L Z B U R G


Nos addimus alas – „Wir verleihen Flügel“, Emblem<br />

der Salzburger Universit<strong>ä</strong>tsbuchdruckerfamilie Mayr<br />

von Mayregg, 1663, Universit<strong>ä</strong>tsbibliothek Salzburg,<br />

Sondersammlungen R 94.950 I<br />

1742<br />

Die Prinzipalin<br />

W I S S E N S R Ä U M E<br />

<strong>1622–1962–2012</strong><br />

Einer einzigen Frau kommt im ausschließlich m<strong>ä</strong>nn -<br />

lichen Akademiebetrieb über Jahrzehnte hinweg eine<br />

<strong>ä</strong>ußerst einflussreiche Stellung zu: Anna Viktoria<br />

Cajetana Konhauser von Sternenfeld, Erbin der<br />

„Mayr’schen Druckerei“, verlegt ab 1742 die Veröffentlichungen<br />

der Universit<strong>ä</strong>t. Ihre alte Familiendevise<br />

Nos addimus alas – „Wir verleihen Flügel!“ erscheint<br />

auch heute noch modern. Das Verlagsprogramm<br />

ist mit Werken von Theologen, Juristen, Schul-<br />

und Kochbuchautoren erstaunlich breit gef<strong>ä</strong>chert.<br />

Doch Frau von Sternenfeld, die ganz Salzburg ehrfurchtsvoll<br />

die „Prinzipalin“ nennt, wird schließlich<br />

die Veröffentlichung der Schm<strong>ä</strong>hschrift eines<br />

Franziskaners auf die Reduktion der Feiertage zum<br />

Verh<strong>ä</strong>ngnis. Erzbischof Colloredo verurteilt die<br />

Verlegerin zu einer hohen Geldstrafe, ihre Druckerei<br />

wird unter Wert an das besser zu kontrollierende<br />

Waisenhaus zwangsverkauft.<br />

JAHRE<br />

UNIVERSITÄT<br />

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UNIVERSITÄTS<br />

BIBLIOTHEK<br />

S A L Z B U R G


Verschiedene Briefkonzepte, darunter an den Redakteur<br />

der „Academischen Revue“ mit Bezug auf das Studienjahr<br />

1896/97 an der Theologischen Fakult<strong>ä</strong>t in Salzburg<br />

Universit<strong>ä</strong>tsbibliothek Salzburg,<br />

Universit<strong>ä</strong>tsarchiv FA XLVII, 16<br />

1896<br />

Wir sind Universit<strong>ä</strong>t!<br />

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<strong>1622–1962–2012</strong><br />

Die Öffentlichkeitsarbeit der Universit<strong>ä</strong>t hat lange<br />

Tradition. Bescheiden die Anf<strong>ä</strong>nge: Auf knappem<br />

Raum wird nur der Personalstand im „Hof- und<br />

Staats-Schematismus“ veröffentlicht. Doch schon<br />

Ende des 19. Jahrhunderts wirbt man international in<br />

akademischen Zeitschriften für die Wiedergründung<br />

der Universit<strong>ä</strong>t. 1896 berichtet die „Academische<br />

Revue“ über die rege Beteiligung selbst der unteren<br />

Volksschichten im Katholischen Universit<strong>ä</strong>tsverein.<br />

Seither gibt es in den Akten des Universit<strong>ä</strong>tsarchivs<br />

regelm<strong>ä</strong>ßig die Rubrik „Öffentlichkeitsarbeit“.<br />

Bibliotheksdirektor Ernst Frisch begeistert in der<br />

Zwischenkriegszeit mit Vortr<strong>ä</strong>gen und Publikationen<br />

für die Studienbibliothek. Heute wird das Erscheinungsbild<br />

der Universit<strong>ä</strong>t in der Öffentlichkeit durch<br />

Medienbetreuung, Print- und Onlineprodukte sowie<br />

eine Vielzahl von Veranstaltungen gepr<strong>ä</strong>gt.<br />

JAHRE<br />

UNIVERSITÄT<br />

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UNIVERSITÄTS<br />

BIBLIOTHEK<br />

S A L Z B U R G


1711<br />

Streik!<br />

1711 kursiert ein Schm<strong>ä</strong>hgedicht auf Rektor und<br />

Professoren. Der Schuldige, Wolfgang Ignaz Rudolph<br />

Würth, wird gefasst, muss in der Stuba Academica<br />

kniend Abbitte leisten und bekommt für jede der<br />

25 Strophen des Gedichts einen Stockhieb. Die<br />

Studenten sind über die Züchtigung erbost, sehen<br />

ihre Rechte verletzt und beschließen die Vorlesungen<br />

zu boykottieren. Der Rektor soll versprechen, dass<br />

Würth rehabilitiert und kein Student mehr gezüchtigt<br />

wird. Nach Ostern stürmen die Studenten die Stuba<br />

Academica und verlangen aus dem Matrikelbuch<br />

gestrichen zu werden. Der Rektor stimmt zu, will<br />

aber den Abg<strong>ä</strong>ngern kein Zeugnis geben, was zu<br />

neuen Protesten führt. Der Erzbischof – gerade<br />

beim Fischen – schickt dem bedr<strong>ä</strong>ngten Rektor die<br />

Stadtwache zu Hilfe und l<strong>ä</strong>sst einen Wagen mit<br />

Kolben und Feuerschlünden von der Festung offen<br />

herabfahren. Erst jetzt bricht der fast zwei Monate<br />

dauernde Streik zusammen.<br />

Salzburg, Altes Studiengeb<strong>ä</strong>ude, Stuba Academica<br />

Foto: Hubert Auer<br />

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<strong>1622–1962–2012</strong><br />

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BIBLIOTHEK<br />

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Salzburger Volksblatt, Folge 112, S. 3 vom 16. Mai 1970<br />

Universit<strong>ä</strong>tsbibliothek Salzburg 5.357 III, 93.1970,2<br />

1970<br />

Lass die Sau raus!<br />

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<strong>1622–1962–2012</strong><br />

UNIVERSITÄT<br />

S A L Z B U R G<br />

Eine der spektakul<strong>ä</strong>rsten Aktionen unter Beteiligung<br />

Salzburger Studierender richtet sich gegen Milit<strong>ä</strong>r -<br />

paraden. Als im Mai 1970 das Bundesheer auf dem<br />

Residenzplatz aufmarschiert, lassen Gegner der Heeresschau<br />

ein Ferkel los. Die dick eingeseifte „Jolande“<br />

rutscht ihren Verfolgern immer wieder durch die<br />

H<strong>ä</strong>nde und zieht die Zeremonie ins L<strong>ä</strong>cherliche. Das<br />

Medienecho ist enorm, die Meinungen dazu geteilt.<br />

Einige Beteiligte werden verhaftet, doch auf Druck<br />

der Öffentlichkeit bald wieder freigelassen.<br />

Rechte und Interessen der Studierenden vertritt die<br />

Österreichische Hochschülerschaft. Ein Beitrag, der<br />

jedes Semester zu bezahlen ist, sichert die finanzielle<br />

Unabh<strong>ä</strong>ngigkeit der ÖH. Zu ihren zahlreichen Aufgaben<br />

z<strong>ä</strong>hlen Informationsveranstaltungen, Beratungen<br />

für Studienanf<strong>ä</strong>ngerInnen, Mitgestalten von Lehrpl<strong>ä</strong>nen,<br />

Verhandlungen mit der Bundesregierung und – wenn<br />

nötig – das Organisieren von Streiks.<br />

JAHRE<br />

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BIBLIOTHEK<br />

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1725<br />

Hunde an die Leine!<br />

Die Studenten des 18. Jahrhunderts lieben Hunde.<br />

Doch die Vierbeiner sind dem Erzbischof ein Dorn im<br />

Auge – besonders in der Jagdsaison: Wenn die Fasane<br />

in die Auen ausgelassen werden, dürfen die Studenten<br />

zum Schutz des edlen Feder-Wildbrets dort nicht<br />

mehr mit den Hunden spazieren gehen. Werden<br />

Hunde ohne Halsband und hierauf gestochenen<br />

Namen erwischt, bedeutet das ihr Ende: So soll<br />

auch die Stadt besser ges<strong>ä</strong>ubert bleiben!<br />

Ungern sieht der Erzbischof Maschen-Richten für den<br />

Vogelfang und Fischen als Zeitvertreib der Studenten;<br />

doch will er ihnen eine anst<strong>ä</strong>ndig-ehrliche Erholung<br />

gn<strong>ä</strong>digst vergönnen. Warum nicht in den Zoo?<br />

Aber auch hier gibt es Ärger mit der „Tierliebe“ der<br />

Studenten. 1707 reicht der Verwalter von Hellbrunn<br />

Beschwerde ein: Bei der Besichtigung der Rarit<strong>ä</strong>ten<br />

habe ein Student eine Schildkroten aufgehebt und<br />

einem andern Studenten in die Tasche des Rocks<br />

geschoben.<br />

Fr. Thiemo Sing OSB (1639–1666), Barocker Hund, Detail aus dem<br />

Altarbild „Die Taufe des Herzogs Theodo“, 1664, Öl/Leinwand,<br />

Stiftskirche St. Peter, Turmerdgeschoss<br />

Foto: Hubert Auer<br />

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<strong>1622–1962–2012</strong><br />

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UNIVERSITÄTS<br />

BIBLIOTHEK<br />

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„Toback Luder–Narr“, aus: Abraham a Sancta Clara, Centi-Folium stultorum<br />

in quarto oder hundert ausbündige Narren, Nürnberg 1709<br />

Universit<strong>ä</strong>tsbibliothek Salzburg, Sondersammlungen R 330.582 I<br />

Abraham a Sancta Clara (1644–1709) besuchte 1659 bis 1662 das<br />

Gymnasium der Salzburger Benediktineruniversit<strong>ä</strong>t<br />

1802<br />

Rauchen verboten!<br />

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<strong>1622–1962–2012</strong><br />

Unter Erzbischof Johann Ernst (1687–1709) hagelt es<br />

Verbote für die Studenten: Lagerfeuer auf dem<br />

Gaisberg, Schlittenfahren in der Stadt, Musizieren in<br />

den Gasth<strong>ä</strong>usern – alles untersagt. Die Studenten<br />

sollen um 10 Uhr nachts zu Hauß sein! Noch strenger<br />

ist Erzbischof Colloredo. Er wünscht, dass kein Student<br />

die Wirtsh<strong>ä</strong>user weder zur Kost, noch zum Trunk, am<br />

allerwenigsten zum Tanz besuche. Doch der Fakult<strong>ä</strong>tsrat<br />

h<strong>ä</strong>lt solch ein Gesetz für unausführbar, man<br />

würde den Studenten alle Gelegenheit nehmen sich<br />

zu ergötzen. Leichter ist schnelles Reiten und Fahren<br />

zu verbieten! Eine weitere Eingabe richtet sich gegen<br />

das Tabakrauchen unter den Akademikern, weil sie<br />

den Vorübergehenden mit Tabakdampf beschwerlich<br />

fallen. Diesem Verbot wird 1802 stattgegeben, da<br />

Rauchen der Gesundheit nachteilig ist, die Feuers -<br />

gefahr vermehrt und allj<strong>ä</strong>hrlich eine sehr betr<strong>ä</strong>chtliche<br />

Summe Geldes außer Landes ziehet.<br />

JAHRE<br />

UNIVERSITÄT<br />

S A L Z B U R G<br />

UNIVERSITÄTS<br />

BIBLIOTHEK<br />

S A L Z B U R G


Zacharias Miller, „Jesus, den Du, o Jungfrau, im<br />

Tempel wiedergefunden hast“, aus der Serie der 15<br />

Geheimnisse des Rosenkranzes, 1636, Öl/Leinwand,<br />

Salzburg, Altes Studiengeb<strong>ä</strong>ude, Große Aula<br />

Foto: Hubert Auer<br />

W I S S E N S R Ä U M E<br />

<strong>1622–1962–2012</strong><br />

Barocke Studienförderung<br />

UNIVERSITÄT<br />

S A L Z B U R G<br />

Wohlt<strong>ä</strong>tigkeitseinrichtungen versuchen die Not armer<br />

Studenten zu lindern. Mit der Studentenbüchse<br />

werden Almosen gesammelt. Der Universit<strong>ä</strong>tsgründer<br />

Paris Graf Lodron stiftet das Collegium Marianum und<br />

das Collegium Rupertinum für bedürftige Studenten.<br />

Als Gegenleistung für freie Kost, Kleidung und Logis<br />

müssen sie t<strong>ä</strong>glich für die Lodrons beten und für<br />

jedes Studienjahr zwei Jahre bei der Grafenfamilie<br />

arbeiten. Einen besonderen M<strong>ä</strong>zen haben die Studenten<br />

in Johann Christoph Graf von Liechtenstein<br />

(1591–1643). Als Fürstbischof von Chiemsee l<strong>ä</strong>dt er<br />

jeden Monat zu Ehren der 15 Geheimnisse des Rosenkranzes<br />

15 arme Studenten zu sich in den Chiemseehof,<br />

um ihnen bei Tische zu dienen und das Hand -<br />

wasser zu reichen. Er l<strong>ä</strong>sst ihnen sieben Gerichte<br />

vorsetzen, schenkt ihnen vom besten Weine ein,<br />

soviel sie wollen, und gibt zum Schlusse für das<br />

Abendessen jedem einen Gulden.<br />

JAHRE<br />

UNIVERSITÄTS<br />

BIBLIOTHEK<br />

S A L Z B U R G


1964: „Reges Treiben herrscht in der Salzburger Residenz<br />

vor der Dekanatskanzlei. Studenten füllen die zahlreichen<br />

Druckformulare für die Inskription aus.“<br />

Universit<strong>ä</strong>ts bibliothek Salzburg,<br />

Universit<strong>ä</strong>tsarchiv, Fotosammlung<br />

1961<br />

Ein Wohnheim für<br />

StudentInnen<br />

W I S S E N S R Ä U M E<br />

<strong>1622–1962–2012</strong><br />

UNIVERSITÄT<br />

S A L Z B U R G<br />

Wer in Salzburg studieren möchte, sollte sich früh<br />

genug um eine Unterkunft bemühen. Erste Anlaufstelle<br />

sind oft StudentInnenheime, die eine gute Infrastruktur<br />

und Möglichkeiten für soziale Kontakte bieten. Eines<br />

der ersten StudentInnenheime, das „Hochschülerheim<br />

Wolf Dietrich“, wird bereits 1961 nach Pl<strong>ä</strong>nen des<br />

Architekten Thomas Schwarz erbaut. Es beherbergt<br />

zun<strong>ä</strong>chst auch vier Universit<strong>ä</strong>tsinstitute und die<br />

Mensa. Da Heimpl<strong>ä</strong>tze knapp und Wohnungen in der<br />

Altstadt teuer sind, leben heute viele Studierende aus<br />

Kostengründen in Wohngemeinschaften oder an<br />

Salzburgs Peripherie.<br />

Ein sozial gestaffeltes Stipendiensystem soll ein Studium<br />

für alle leistbar machen. Die staatliche Studien -<br />

förderung gew<strong>ä</strong>hrt Studienbeihilfen im Inland und<br />

unterstützt Studienaufenthalte im Ausland. Studierende<br />

mit Kindern und Berufst<strong>ä</strong>tige können zus<strong>ä</strong>tzliche<br />

finanzielle Zuschüsse beantragen.<br />

JAHRE<br />

UNIVERSITÄTS<br />

BIBLIOTHEK<br />

S A L Z B U R G


Bruderschaftsbuch der Marienkongregation, 1619<br />

Universit<strong>ä</strong>tsbibliothek Salzburg, Universit<strong>ä</strong>tsarchiv bA 130<br />

1743<br />

Der „Liebesbund“<br />

W I S S E N S R Ä U M E<br />

<strong>1622–1962–2012</strong><br />

UNIVERSITÄT<br />

S A L Z B U R G<br />

Dem Fegefeuer zu entrinnen ist nach kirchlicher<br />

Sündenlehre nahezu unmöglich, doch fromme Werke<br />

können diese „Hölle auf Zeit“ verkürzen. So trifft<br />

sich Salzburgs Bevölkerung in Bruderschaften, um<br />

durch Gebet den verstorbenen Mitgliedern zu Hilfe<br />

zu kommen. Daneben treten diese Bruderschaften<br />

als Kredit- und Auftraggeber von Künstlern auf.<br />

Auch an der Universit<strong>ä</strong>t etabliert sich eine Reihe von<br />

Bruderschaften, die Teilnahme an der Marienkongregation<br />

ist für alle Studenten Pflicht. Die Mitglieder<br />

der Bruderschaft vom hl. Thomas von Aquin sollen<br />

t<strong>ä</strong>glich 15 Ave Maria zur Ausrottung der Fleisches -<br />

sünden beten. J<strong>ä</strong>hrlich 40 Kreuzer Mitgliedsbeitrag<br />

verlangt der 1743 organisierte „Liebesbund“, um<br />

t<strong>ä</strong>glich drei Messen lesen zu lassen. Zudem haben<br />

die Mitglieder Anteil an den Verdiensten der Wohltaten,<br />

welche man armen Studenten aus dem Vereinsbudget<br />

zuteil werden l<strong>ä</strong>sst.<br />

JAHRE<br />

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2002<br />

Alumni Club<br />

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<strong>1622–1962–2012</strong><br />

UNIVERSITÄT<br />

S A L Z B U R G<br />

Der Alumni Club (lat. alumni, „Zöglinge“) pflegt<br />

seit 2002 die Verbindung der Universit<strong>ä</strong>t mit ihren<br />

ehe maligen Studierenden. Er vernetzt AbsolventInnen<br />

und bezieht sie weiterhin in das universit<strong>ä</strong>re Leben<br />

ein. Darüber hinaus erleichtert er Salzburgs Jung -<br />

akademikerInnen den Eintritt ins Berufsleben,<br />

sie profitieren vom Know-how erfahrener Alumni,<br />

besonders bei Jobrecherche und Bewerbungstraining.<br />

Auch das gesellschaftliche Leben kommt nicht zu kurz.<br />

Dass gemeinsames Studium dauerhaft verbindet,<br />

zeigen die Alumni-Feste, die immer in spektakul<strong>ä</strong>rer<br />

Kulisse stattfinden wie auf der Festung Hohensalzburg<br />

oder im Hangar-7, und zuletzt der Paris-Lodron-<br />

Ball in der Residenz. Dort fanden schon zur Zeit<br />

der Benediktineruniversit<strong>ä</strong>t die Faschingsb<strong>ä</strong>lle des<br />

Erzbischofs statt. Fleißige Studenten belohnte der<br />

Rektor mit Handbillets, die die Teilnahme an diesen<br />

gesellschaftlichen Ereignissen ermöglichten.<br />

Eindruck vom „Ersten Paris-Lodron-Ball“ in der Residenz<br />

Foto: Scheinast UNIVERSITÄTS<br />

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Ein beliebter „Studententreff“ im Barockzeitalter: Der Platz vor dem Bürgerspital, in<br />

den die Getreidegasse die feucht-fröhlichen Besucher ihrer Wirtsh<strong>ä</strong>user münden ließ,<br />

aus: Franz Anton Danreiter (1695–1760) / Vorlage, Johann Bernhard Hattinger<br />

(1707–1769) / Stecher, Die Saltzburgische Kirchenprospect, Augsburg 1735<br />

Universit<strong>ä</strong>tsbibliothek Salzburg, Sondersammlungen G 500 I<br />

Erstürmung der Maximuskapelle, um 1602, aquarellierte Federzeichnung,<br />

Universit<strong>ä</strong>tsbibliothek Salzburg, Sondersammlungen H 567<br />

Verbotene Liebe<br />

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<strong>1622–1962–2012</strong><br />

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Sittengesetze versuchen im Barockzeitalter außereheliches<br />

Liebesleben zu verbieten. Da „gefallene<br />

Töchter“ oft nicht mehr zu verheiraten sind, gelten<br />

für ledige M<strong>ä</strong>dchen strenge Regeln. Weil aber<br />

viele Studenten nicht bis zur Hochzeit mit einer<br />

standes gem<strong>ä</strong>ßen Braut warten möchten, blüht die<br />

Prostitution.<br />

Als beliebter Ort für die verbotenen Treffen gilt der<br />

Platz vor dem Bürgerspital. Ist der Preis ausverhandelt,<br />

bricht man dorthin auf, wo man sich ungestört<br />

glaubt. Besonderen Reiz üben die Katakomben von<br />

St. Peter in der Felswand des Mönchsbergs aus,<br />

angeblich der Ort des Martyriums des hl. Maximus.<br />

Vergisst der Abt abzuschließen, halten Huren und<br />

Buben alda ihre Conventicula in einzigartiger Kulisse:<br />

hoch über Salzburg, direkt über dem Petersfriedhof!<br />

Zum Entsetzen des Abts werden dort solch bese<br />

leith nicht nur einmal erdapet.<br />

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Das Urteil über Georg P<strong>ä</strong>mer im Rektoratsprotokoll vom 2. April 1658<br />

Universit<strong>ä</strong>tsbibliothek Salzburg, Universit<strong>ä</strong>tsarchiv bA 22, p. 51<br />

1658<br />

Der Student und<br />

die Henkerstochter<br />

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<strong>1622–1962–2012</strong><br />

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Georg P<strong>ä</strong>mer ist ein armer Student aus München,<br />

der in Duellen stets unterliegt. Mehrmals besucht er<br />

den magiekundigen Scharfrichter Simon Mandl, von<br />

dem er sich einen Zauberspruch erwartet, der ihn<br />

unbesiegbar macht. Doch seine Besuche im Scharfrichterhaus<br />

gelten nicht nur dem Henker, sondern<br />

auch der Henkerstochter, die wenig sp<strong>ä</strong>ter ein Kind<br />

erwartet. Der Henker erstattet Anzeige, P<strong>ä</strong>mer muss<br />

in den Karzer, doch seine erzürnten Eltern wollen<br />

die geforderten Alimente nicht zahlen. Als auch noch<br />

ans Tageslicht kommt, dass P<strong>ä</strong>mer sich mit Zauberei<br />

besch<strong>ä</strong>ftigt hat, kennt der Rektor kein Pardon. Er<br />

f<strong>ä</strong>llt ein drakonisches Urteil: Weil der Student eine<br />

„Unehrliche“ schw<strong>ä</strong>ngerte, wird er in der Aula mit<br />

einem „Schandmal“ gebrandmarkt und der Stadt<br />

verwiesen. Sollte er noch einmal aufgegriffen<br />

werden, droht der Rektor, so l<strong>ä</strong>sst er ihn mit Pferden<br />

aus der Stadt schleifen.<br />

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Verführungsszene, aus: Second mémoire justificatif<br />

de la comtesse de Valois de La Motte, London 1790<br />

Universit<strong>ä</strong>tsbibliothek Salzburg, 11.300 I<br />

1661<br />

Der galante Verführer<br />

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<strong>1622–1962–2012</strong><br />

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Der Student Wolf Christoph von Clam ist zum<br />

geist lichen Stand bestimmt, für den er aber wenig<br />

Neigung zeigt, liegt ihm doch Salzburgs Damenwelt<br />

zu Füßen. Er feiert rauschende Feste und wechselt<br />

bald die Unterkunft, weilen man ihm die fremde<br />

Menscher und n<strong>ä</strong>chtliches außgehn nicht gestatten<br />

will. Mit Vor liebe verführt er verheiratete Damen<br />

von Stand, die sich im Glanz jugendlicher Verehrung<br />

sonnen. Mit ihnen geht er Arm in Arm cum maximo<br />

scandalo öffentlich herum spazieren, schreibt ihnen<br />

glühende Liebesbriefe. Die Ehem<strong>ä</strong>nner sind entsetzt<br />

über den Domherrn, der fast alle nacht außgehe, sich<br />

verkleide, und allerleÿ H<strong>ä</strong>ndl anfange. Der Rektor<br />

wird nicht Herr der Lage, der Erzbischof muss ein -<br />

greifen. Er legt dem adeligen Sünder nahe, ehest die<br />

Stadt zu verlassen. Clam geht – und macht trotzdem<br />

geistliche Karriere! Als Regensburger Domherr und<br />

Propst stirbt er 1703 in Straubing.<br />

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Logo der Veranstaltungsreihe „SchülerUNI“, das auf den<br />

Wappenlöwen mit Brezelschweif des Universit<strong>ä</strong>tsgründers<br />

Paris Graf Lodron Bezug nimmt<br />

2012<br />

Studieren mit Kind<br />

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<strong>1622–1962–2012</strong><br />

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Kinder sind in Hörs<strong>ä</strong>len selten zu sehen, doch bei -<br />

nahe jede/r Zehnte studiert heute mit Kind. Untersuchungen<br />

zeigen: Nachwuchs w<strong>ä</strong>hrend des Studiums<br />

bringt das Zeitmanagement durcheinander, erhöht<br />

aber die Flexibilit<strong>ä</strong>t im sp<strong>ä</strong>teren Berufsleben. Auch<br />

aus diesem Grund wird eine frühe Elternschaft rückblickend<br />

als „grunds<strong>ä</strong>tzlich positiv“ beurteilt. Kinder -<br />

betreuungsgeld, Familien- und erhöhte Studienbei -<br />

hilfe helfen die finanzielle Lage zu verbessern. Vor<br />

allem die Organisation der außerfamili<strong>ä</strong>ren Betreuung<br />

der Kleinkinder stellt für die Studierenden oft eine<br />

Herausforderung dar. Kinderbüro der Universit<strong>ä</strong>t und<br />

ÖH informieren über Betreuungseinrichtungen und<br />

Babysitter-Börsen.<br />

Die Veranstaltungsreihen Kinder- und SchülerUNI<br />

sollen Kinder zu einem frühen Einstieg in die Universit<strong>ä</strong>t<br />

motivieren, indem „jungen ForscherInnen“<br />

spannende Themen altersgerecht vermittelt werden.<br />

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Titelkupfer, aus: Conrad Hagger, Neues<br />

Saltzburgisches Koch-Buch, Augsburg 1718<br />

Universit<strong>ä</strong>tsbibliothek Salzburg,<br />

Sondersammlungen R 329.530 I<br />

1718<br />

Ein Starkoch für die<br />

Universit<strong>ä</strong>t!<br />

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<strong>1622–1962–2012</strong><br />

In der Klosterküche von St. Gallen lernt Conrad<br />

Hagger sein Handwerk. Nach Wanderjahren als<br />

Feldkoch bei Kriegszügen durch Osteuropa kommt<br />

er nach Salzburg. Bald steigt er zum Stadtkoch auf,<br />

der die weibsbilder im Kochen zu unterrichten hat.<br />

Seinen reichen Erfahrungsschatz veröffentlicht er<br />

1718 im „Neuen Saltzburgischen Kochbuch“: mehr<br />

als 2550 Rezepte bebildert mit 300 Kupferstichen<br />

auf 1700 Seiten. Der Erfolg zeichnet sich ab. Noch<br />

im Andruck wird ein kaiserliches Privileg erwirkt,<br />

das vor unerlaubtem Nachdruck schützen soll. Doch<br />

der Kauf des Hauses Getreidegasse Nr. 23 ruiniert<br />

Haggers Finanzen so sehr, dass er sich zus<strong>ä</strong>tzlich<br />

als Hausmeister der Universit<strong>ä</strong>t verdingen muss. Er<br />

stirbt in Armut, sein Kochbuch aber erfreut sich noch<br />

lange einer fast t<strong>ä</strong>glichen Nachfrage. 1765 legt die<br />

Universit<strong>ä</strong>tsbuchdruckerin die barocke Genussbibel<br />

in einer Auswahledition neu auf.<br />

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Mensa<br />

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<strong>1622–1962–2012</strong><br />

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Schnell muss es gehen, günstig muss es sein und<br />

schmecken soll es auch: das Essen für Universit<strong>ä</strong>t s -<br />

angehörige. Erste Adresse ist die Mensa (lat. mensa,<br />

„Tisch, Tafel“), ein Selbstbedienungsrestaurant, in<br />

dem sich Studierende zu einem Vorzugspreis laben<br />

können. G<strong>ä</strong>ste sind willkommen, zahlen aber einen<br />

geringen Aufpreis. An der Universit<strong>ä</strong>t Salzburg gibt es<br />

drei Mensen: in den Fakult<strong>ä</strong>tsgeb<strong>ä</strong>uden des Toskanatrakts<br />

der Residenz, am Rudolfskai und in der Hellbrunner<br />

Straße. Alle gehören zur Österreichischen<br />

Mensen Betriebsgesellschaft. Sie bieten neben zwei<br />

dreig<strong>ä</strong>ngigen Classic-Menüs und À-la-carte-Es sen für<br />

den großen und kleinen Hunger spezielles „Brainfood“,<br />

das nach besonderen ern<strong>ä</strong>hrungsphysiologischen<br />

Grunds<strong>ä</strong>tzen zusammengestellt ist.<br />

Neben den Mensen erfreuen sich die Cafés<br />

UNI:VERSUM (Hofstallgasse) und UNIKUM<br />

(UNIPARK) großer Beliebtheit auch bei der<br />

Salzburger Bevölkerung.<br />

Eindrücke aus der ehemaligen „Uni-Mensa“ im<br />

Alten Studiengeb<strong>ä</strong>ude (Theologische Fakult<strong>ä</strong>t), die für<br />

Schweinsbraten, Kaiserschmarrn und Punschkrapferl<br />

von Frau Anna Schrattenecker berühmt war.<br />

Fotos: Privat UNIVERSITÄTS<br />

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Kardinalshut des hl. Karl Borrom<strong>ä</strong>us, Salzburg,<br />

Universit<strong>ä</strong>tskirche, Katholische<br />

Hochschulgemeinde<br />

Foto: Hubert Auer<br />

1708<br />

Gut behütet?<br />

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<strong>1622–1962–2012</strong><br />

Im Barock wird in den Kirchen der Universit<strong>ä</strong>t ein<br />

reicher Schatz an Reliquien verehrt, unter ihnen<br />

ein Splitter vom Kreuz Christi, die Überreste eines<br />

M<strong>ä</strong>rtyrers aus den römischen Calixtus-Katakomben<br />

und drei kleine Reliquien des hl. Rupert. Große<br />

Beachtung gilt insbesondere dem Kardinalshut des<br />

Universit<strong>ä</strong>tspatrons. Dieses kostbare Andenken an<br />

den hl. Karl Borrom<strong>ä</strong>us erh<strong>ä</strong>lt die Benediktineruniversit<strong>ä</strong>t<br />

von der Grafenfamilie Castelbarco. Im ersten<br />

Überschwang wird der Hut von den Professoren in<br />

einer feierlichen Prozession durch die Stadt getragen<br />

und auf dem Karlsaltar der eben eingeweihten Universit<strong>ä</strong>tskirche<br />

zur Verehrung ausgesetzt. Der Erzbischof,<br />

den Castelbarcos nicht wohlgesinnt, verlangt einen<br />

Nachweis der Echtheit des Hutes, der mangels<br />

Beweisen vom Altar in die Sakristei zurückwandert.<br />

Erst Erzbischof Firmian gestattet wieder die Aussetzung<br />

des Hutes am Festtag des hl. Karl (4. 11.).<br />

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1969<br />

Die Ewige Senatssitzung<br />

Das Sacellum birgt ein schauriges Geheimnis. Als<br />

1969 der Zugang zu der vergessenen Krypta geöffnet<br />

wird, stockt den Restauratoren der Atem: Unten sitzen<br />

zwölf mumifizierte M<strong>ä</strong>nner mit Doktorhüten auf ihren<br />

Köpfen! Grabinschriften überliefern, wer sich hier zur<br />

letzten Senatssitzung trifft – Benediktiner professoren<br />

und um die Universit<strong>ä</strong>t verdiente M<strong>ä</strong>nner wie der<br />

Dramatiker Otto Aicher, der Jurist Christoph Bluem -<br />

lacher, der Stadtarzt Rupert Streicher und der Pedell<br />

Wolfgang Braumiller, der 1632 den ersten Salzburger<br />

„Jedermann“ verkörperte. Anfang des 18. Jahrhunderts<br />

enden die Sitzbestattungen im Sacellum. Künftig werden<br />

Universit<strong>ä</strong>tsangehörige in der Kolumbariengruft<br />

(lat. columbarium, „Taubenschlag“) der Universit<strong>ä</strong>tskirche<br />

bestattet. Noch ein letztes Mal wird das Sacellum<br />

zur Grabst<strong>ä</strong>tte: Weil sein Herz der Universit<strong>ä</strong>t<br />

gehört, l<strong>ä</strong>sst es Erzbischof Schrattenbach vor dem<br />

Hochaltar bestatten.<br />

Blick auf den Hochaltar des Sacellums mit ovaler<br />

Grabplatte für das Herz von Fürsterzbischof<br />

Siegmund Christoph Grafen von Schrattenbach<br />

(1698–1771), Salzburg, Altes Studiengeb<strong>ä</strong>ude<br />

Foto: Hubert Auer<br />

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<strong>1622–1962–2012</strong><br />

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