wissensr ä ume 1622–1962–2012 - Universitätsbibliothek ...
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W I S S E N S R Ä U M E<br />
<strong>1622–1962–2012</strong><br />
Sehr geehrte Leserinnen und Leser,<br />
UNIVERSITÄT<br />
S A L Z B U R G<br />
ganz im Zeichen des Universit<strong>ä</strong>tsjubil<strong>ä</strong>ums steht unser Ausstellungsprojekt<br />
„Wissensr<strong>ä</strong><strong>ume</strong> <strong>1622–1962–2012</strong>“: Die Fensterfront der<br />
Universit<strong>ä</strong>tsbibliothek zur Hofstallgasse wandelt sich in einen<br />
t<strong>ä</strong>glich rund um die Uhr geöffneten „Jubil<strong>ä</strong>umspfad“, auf dem Sie<br />
hier auch virtuell durch Vergangenheit und Gegenwart der Universit<strong>ä</strong>t<br />
spazieren können.<br />
Uni-Alltag einst und jetzt<br />
Nach einer Zeitreise durch fast 400 Jahre Salzburger Universit<strong>ä</strong>tsgeschichte<br />
spürt Christoph Brandhuber (Universit<strong>ä</strong>tsarchiv) auf der<br />
Grundlage reichen Quellenmaterials im zweiten Fensterzyklus dem<br />
universit<strong>ä</strong>ren Alltagsleben nach. Momentaufnahmen von damals und<br />
heute verdeutlichen – einander gegenübergestellt –, dass vieles von<br />
dem, was uns heute selbstverst<strong>ä</strong>ndlich erscheint, hart erk<strong>ä</strong>mpft werden<br />
musste: Frauenstudium, unzensiertes Pressewesen, freie Wahl<br />
des Lebenspartners … Manche Herausforderungen sind aber heute<br />
noch so aktuell wie damals!<br />
Eine spannende Zeitreise wünscht Ihnen<br />
mit herzlichem Gruß<br />
Ursula Schachl-Raber<br />
Leiterin der Universit<strong>ä</strong>tsbibliothek<br />
I M P R E S S U M<br />
Projektleitung: Ursula Schachl-Raber<br />
Idee: Susanna Graggaber<br />
Konzept & Texte: Christoph Brandhuber<br />
Lektorat: Irmgard Lahner<br />
Fotos: Hubert Auer<br />
Gestaltung: Eric Pratter<br />
UNIVERSITÄTS<br />
BIBLIOTHEK<br />
S A L Z B U R G<br />
Andreas Hamberger,<br />
P<strong>ä</strong>pstliches und<br />
Kaiserliches Zepter der<br />
Universit<strong>ä</strong>t Salzburg, 1656<br />
Fotos: Hubert Auer<br />
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<strong>1622–1962–2012</strong><br />
JAHRE<br />
UNIVERSITÄT<br />
S A L Z B U R G
Fürsterzbischof Guidobald Graf von Thun (1616–1668) best<strong>ä</strong>tigt<br />
die Privilegien der Universit<strong>ä</strong>t Salzburg und gew<strong>ä</strong>hrt den<br />
Professoren Steuerfreiheit Salzburg, 8. August 1654<br />
Universit<strong>ä</strong>tsbibliothek Salzburg, Universit<strong>ä</strong>tsarchiv, Urkunde 3<br />
Foto: Hubert Auer<br />
1654<br />
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<strong>1622–1962–2012</strong><br />
UNIVERSITÄT<br />
S A L Z B U R G<br />
Steuerfreiheit für Professoren<br />
An der Benediktineruniversit<strong>ä</strong>t unterrichten meist<br />
18 Professoren. Nur drei von ihnen sind nicht geist -<br />
lichen, sondern weltlichen Standes: Juristen, die sich<br />
oft schon einen Namen an anderen Universit<strong>ä</strong>ten<br />
gemacht haben, bevor sie der Erzbischof abwirbt.<br />
Nach Salzburg lockt man sie mit einem guten Gehalt,<br />
mit Steuerfreiheit und der Befreiung von der Pflicht,<br />
im Krieg Soldaten einquartieren zu müssen. Deshalb<br />
sind sie am Heiratsmarkt sehr begehrt. Aber manchmal<br />
kann eine Professur mit der Übernahme einer<br />
ungeliebten Braut verbunden sein – etwa der Witwe<br />
des Amtsvorg<strong>ä</strong>ngers. Professor Steinhauser weigert<br />
sich, die ihm zugedachte Frau zu heiraten. Dafür<br />
macht man ihm das Leben schwer. Wutentbrannt<br />
wirft er im Senat seinen Widersachern vor: Sie<br />
sein Spitzbuben. Ich weiß wo diese passion gegen<br />
mir herkommt: weil ich keine von Euren Canaillien<br />
geheiratet habe.<br />
JAHRE<br />
UNIVERSITÄTS<br />
BIBLIOTHEK<br />
S A L Z B U R G
1968<br />
Zur Bewerbung Rosen streuen<br />
Kaum ist 1962 der Beschluss zur Wiedergründung der<br />
Universit<strong>ä</strong>t in Salzburg gefasst, beginnt im gesamten<br />
deutschen Sprachraum die Suche nach geeigneten<br />
Lehrenden. Man wünscht sich sowohl etablierte ProfessorInnen,<br />
Namen mit Strahlkraft, die Studierende<br />
nach Salzburg ziehen sollen, als auch junge BewerberInnen<br />
mit international beachteter Habilitation und<br />
gutem Vortragsstil. KandidatInnen werden vorgeschlagen,<br />
Gutachten eingeholt, Referate gehalten,<br />
Berufungsverhandlungen geführt. Dabei werden interessante<br />
Strategien verfolgt. Ein Kandidat versucht es<br />
mit dem Charme der „alten Schule“, bringt Bl<strong>ume</strong>n<br />
für die Frau des Dekans zum Bewerbungsgespr<strong>ä</strong>ch.<br />
Als ihm ein anderer vorgezogen wird, schreibt er<br />
resignierend: Ich hoffe, daß mein kleiner Rosenstrauch<br />
Ihrer sehr verehrten Frau Gemahlin Freude<br />
gebracht haben möge. Denn Freude machen, das ist<br />
mein Lebensziel.<br />
Franz Reindl (1770–1840), Rosen, 1788, Aquarell, 345x476 mm,<br />
Universit<strong>ä</strong>tsbibliothek Salzburg, Sondersammlungen H 367<br />
Aus dem aufgelösten Klebeband „Malerakademie IV.“ mit dem<br />
Supralibros des Fürsterzbischofs Hieronymus Joseph Grafen<br />
von Colloredo (1732–1812)<br />
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<strong>1622–1962–2012</strong><br />
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BIBLIOTHEK<br />
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Johann Michael Rottmayr (1654–1730), Der hl. Benedikt<br />
tauft einen heidnischen Fürsten, 1722, Öl/Leinwand,<br />
640x265 cm, Salzburg, Universit<strong>ä</strong>tskirche<br />
Foto: Hubert Auer<br />
1699<br />
Begegnung und<br />
Umgang mit Fremden<br />
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<strong>1622–1962–2012</strong><br />
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Salzburgs günstige Lage zieht schon im Barockzeit -<br />
alter ausl<strong>ä</strong>ndische Studenten an, vor allem aus<br />
den deutschsprachigen Nachbarl<strong>ä</strong>ndern. Aber auch<br />
Italiener, Polen, Schweizer, Slowenen, Tschechen<br />
und Ungarn studieren hier gerne. In Zeiten der Krise,<br />
wenn Krieg und Hungersnöte herrschen, <strong>ä</strong>ndert<br />
sich die Einstellung zu den sonst willkommenen<br />
Ausl<strong>ä</strong>ndern. W<strong>ä</strong>hrend einer Hungersnot im Jahr 1699<br />
müssen sie ein Quantum an Getraÿdt mit sich herein<br />
ins Land bringen und ohne Studienerfolg sollen<br />
sie von hier hinweg geschafft werden. 1771 befiehlt<br />
der Erzbischof sogar das Studienjahr früher zu<br />
beenden, damit durch die Abreise der Studenten<br />
mehr Nahrung bleibe.<br />
Keinen Kompromiss kennt man in Fragen der Religion.<br />
Nur wer katholisch ist, darf in Salzburg studieren.<br />
Benediktinerprofessoren begleiten als Seelsorger den<br />
Übertritt von „Heiden“ zum Katholizismus, übernehmen<br />
sogar die Patenschaft.<br />
JAHRE<br />
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BIBLIOTHEK<br />
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Gaetano Vascellini (1745–1805) / Stecher, Fürsterzbischof Hieronymus<br />
Joseph Graf von Colloredo (1732–1812), aus: Francesco Fontani (Hg.),<br />
Trattato della pittura di Lionardo da Vinci, Florenz 1792,<br />
Universit<strong>ä</strong>tsbibliothek Salzburg 86.632 II<br />
1790<br />
Wehe dem, der nicht<br />
lateinisch schw<strong>ä</strong>tzt!<br />
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<strong>1622–1962–2012</strong><br />
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Latein ist für Jahrhunderte die Gelehrtensprache.<br />
1790 wird das Kirchenrecht zum ersten Mal in<br />
Deutsch vorgetragen. Erzbischof Colloredo wünscht<br />
jedoch die Rückkehr zum Vortrag in Latein. Ein Gutachten<br />
ergibt, dass nur noch ein einziger Professor<br />
in lateinischer Sprache lehrt – doch der hat die<br />
wenigsten Studenten! In der deutschen Romanen=<br />
und Comoedien Lectüre sehen die Professoren<br />
die schlechten Lateinkenntnisse begründet. Daher<br />
sollen bereits die Schüler angehalten werden,<br />
untereinander nur lateinisch zu reden: Schw<strong>ä</strong>tzt<br />
einer w<strong>ä</strong>hrend der Profeßor auf der Kanzl sitzt,<br />
und Deutsch, so ist er doppelt straff<strong>ä</strong>llig.<br />
International ist die Wissenschaftssprache heute<br />
Englisch, doch „schw<strong>ä</strong>tzt“ man an der Universit<strong>ä</strong>t<br />
Salzburg in vielen Sprachen, immerhin kommt<br />
ein Drittel der mehr als 18.000 Studierenden aus<br />
über 100 Staaten.<br />
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BIBLIOTHEK<br />
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1732<br />
Sophie oder Philosophie?<br />
Zwar wacht eine Frau, die hl. Katharina von Alexandria,<br />
als Patronin über die Philosophische Fakult<strong>ä</strong>t, doch<br />
studieren dürfen Frauen an der Benediktineruniversit<strong>ä</strong>t<br />
nicht. Als 1732 die 21j<strong>ä</strong>hrige Laura Bassi an der<br />
Universit<strong>ä</strong>t Bologna promoviert wird, erl<strong>ä</strong>utert der<br />
Salzburger Professor Placidus Böcken OSB in einer<br />
schwungvollen Rede zur Sponsion seiner Studenten,<br />
dass auch Frauen für ein Studium geeignet w<strong>ä</strong>ren.<br />
Kein vernünftiger Grund spricht dagegen! Schon Platon<br />
und Cicero befürworten die gleiche Ausbildung der<br />
Geschlechter. Die Bibel erz<strong>ä</strong>hlt von der Richterin<br />
Debora und der eloquenten Königin von Saba, reich<br />
ist die Geschichte an gelehrten Frauen. Für ihn stellt<br />
sich daher die Frage, warum Frauen heute nicht mehr<br />
studieren? Daran, so meint er scherzend, sind seine<br />
Studenten schuld, die lieber eine Sophie verehren als<br />
die Philosophie und eine Bibiana öfter besuchen als<br />
die Bibliothek!<br />
Andreas Hamberger, Die hl. Katharina von Alexandria mit geborstenem Rad,<br />
Schwert und Palmzweig als Patronin der Philosophischen Fakult<strong>ä</strong>t, Detail aus dem<br />
P<strong>ä</strong>pstlichen Zepter der Universit<strong>ä</strong>t Salzburg, 1656<br />
Foto: Hubert Auer<br />
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<strong>1622–1962–2012</strong><br />
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BIBLIOTHEK<br />
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Matrikeleintrag von Luise Bonora, der ersten immatrikulierten Studentin<br />
am Philosophischen Institut der Theologischen Fakult<strong>ä</strong>t, vom 9. April 1932<br />
Universit<strong>ä</strong>tsbibliothek Salzburg, Universit<strong>ä</strong>tsarchiv FA CXXIV, Nationale<br />
10.II, Sommersemester 1932<br />
1932<br />
Frauenstudium<br />
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<strong>1622–1962–2012</strong><br />
In Salzburg studieren Frauen ab 1932 am Philoso -<br />
phischen Institut der Theologischen Fakult<strong>ä</strong>t. Doch<br />
erst nach dem 2. Weltkrieg werden regelm<strong>ä</strong>ßig<br />
Theolo gie studentinnen aufgenommen: Im Winter -<br />
semester 1945/46 sind von 171 Studierenden<br />
16 Frauen. Sie stammen aus Bosnien, Deutschland,<br />
Lettland, Litauen, Österreich, Tschechien und der<br />
Ukraine. Seither steigt der Frauenanteil unter den<br />
Studierenden, 2012 erreicht er fast 60%.<br />
Erste ordentliche Professorin wird 1969 die Zeit -<br />
historikerin Erika Weinzierl. Noch l<strong>ä</strong>nger dauert es,<br />
bis Frauen auch in höchste akademische Ämter<br />
berufen werden: Die Romanistin Brigitte Winklehner<br />
wird 1998 erste Vizerektorin, die Historikerin Sylvia<br />
Hahn 2009 erste Dekanin. Die gesetzlich vorge -<br />
schriebene 40%-Frauenquote in allen universit<strong>ä</strong>ren<br />
Kollegialorganen wird seit 2009 vom „Arbeitskreis<br />
für Gleichbehandlungsfragen“ überprüft.<br />
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Nos addimus alas – „Wir verleihen Flügel“, Emblem<br />
der Salzburger Universit<strong>ä</strong>tsbuchdruckerfamilie Mayr<br />
von Mayregg, 1663, Universit<strong>ä</strong>tsbibliothek Salzburg,<br />
Sondersammlungen R 94.950 I<br />
1742<br />
Die Prinzipalin<br />
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<strong>1622–1962–2012</strong><br />
Einer einzigen Frau kommt im ausschließlich m<strong>ä</strong>nn -<br />
lichen Akademiebetrieb über Jahrzehnte hinweg eine<br />
<strong>ä</strong>ußerst einflussreiche Stellung zu: Anna Viktoria<br />
Cajetana Konhauser von Sternenfeld, Erbin der<br />
„Mayr’schen Druckerei“, verlegt ab 1742 die Veröffentlichungen<br />
der Universit<strong>ä</strong>t. Ihre alte Familiendevise<br />
Nos addimus alas – „Wir verleihen Flügel!“ erscheint<br />
auch heute noch modern. Das Verlagsprogramm<br />
ist mit Werken von Theologen, Juristen, Schul-<br />
und Kochbuchautoren erstaunlich breit gef<strong>ä</strong>chert.<br />
Doch Frau von Sternenfeld, die ganz Salzburg ehrfurchtsvoll<br />
die „Prinzipalin“ nennt, wird schließlich<br />
die Veröffentlichung der Schm<strong>ä</strong>hschrift eines<br />
Franziskaners auf die Reduktion der Feiertage zum<br />
Verh<strong>ä</strong>ngnis. Erzbischof Colloredo verurteilt die<br />
Verlegerin zu einer hohen Geldstrafe, ihre Druckerei<br />
wird unter Wert an das besser zu kontrollierende<br />
Waisenhaus zwangsverkauft.<br />
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Verschiedene Briefkonzepte, darunter an den Redakteur<br />
der „Academischen Revue“ mit Bezug auf das Studienjahr<br />
1896/97 an der Theologischen Fakult<strong>ä</strong>t in Salzburg<br />
Universit<strong>ä</strong>tsbibliothek Salzburg,<br />
Universit<strong>ä</strong>tsarchiv FA XLVII, 16<br />
1896<br />
Wir sind Universit<strong>ä</strong>t!<br />
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<strong>1622–1962–2012</strong><br />
Die Öffentlichkeitsarbeit der Universit<strong>ä</strong>t hat lange<br />
Tradition. Bescheiden die Anf<strong>ä</strong>nge: Auf knappem<br />
Raum wird nur der Personalstand im „Hof- und<br />
Staats-Schematismus“ veröffentlicht. Doch schon<br />
Ende des 19. Jahrhunderts wirbt man international in<br />
akademischen Zeitschriften für die Wiedergründung<br />
der Universit<strong>ä</strong>t. 1896 berichtet die „Academische<br />
Revue“ über die rege Beteiligung selbst der unteren<br />
Volksschichten im Katholischen Universit<strong>ä</strong>tsverein.<br />
Seither gibt es in den Akten des Universit<strong>ä</strong>tsarchivs<br />
regelm<strong>ä</strong>ßig die Rubrik „Öffentlichkeitsarbeit“.<br />
Bibliotheksdirektor Ernst Frisch begeistert in der<br />
Zwischenkriegszeit mit Vortr<strong>ä</strong>gen und Publikationen<br />
für die Studienbibliothek. Heute wird das Erscheinungsbild<br />
der Universit<strong>ä</strong>t in der Öffentlichkeit durch<br />
Medienbetreuung, Print- und Onlineprodukte sowie<br />
eine Vielzahl von Veranstaltungen gepr<strong>ä</strong>gt.<br />
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1711<br />
Streik!<br />
1711 kursiert ein Schm<strong>ä</strong>hgedicht auf Rektor und<br />
Professoren. Der Schuldige, Wolfgang Ignaz Rudolph<br />
Würth, wird gefasst, muss in der Stuba Academica<br />
kniend Abbitte leisten und bekommt für jede der<br />
25 Strophen des Gedichts einen Stockhieb. Die<br />
Studenten sind über die Züchtigung erbost, sehen<br />
ihre Rechte verletzt und beschließen die Vorlesungen<br />
zu boykottieren. Der Rektor soll versprechen, dass<br />
Würth rehabilitiert und kein Student mehr gezüchtigt<br />
wird. Nach Ostern stürmen die Studenten die Stuba<br />
Academica und verlangen aus dem Matrikelbuch<br />
gestrichen zu werden. Der Rektor stimmt zu, will<br />
aber den Abg<strong>ä</strong>ngern kein Zeugnis geben, was zu<br />
neuen Protesten führt. Der Erzbischof – gerade<br />
beim Fischen – schickt dem bedr<strong>ä</strong>ngten Rektor die<br />
Stadtwache zu Hilfe und l<strong>ä</strong>sst einen Wagen mit<br />
Kolben und Feuerschlünden von der Festung offen<br />
herabfahren. Erst jetzt bricht der fast zwei Monate<br />
dauernde Streik zusammen.<br />
Salzburg, Altes Studiengeb<strong>ä</strong>ude, Stuba Academica<br />
Foto: Hubert Auer<br />
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<strong>1622–1962–2012</strong><br />
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Salzburger Volksblatt, Folge 112, S. 3 vom 16. Mai 1970<br />
Universit<strong>ä</strong>tsbibliothek Salzburg 5.357 III, 93.1970,2<br />
1970<br />
Lass die Sau raus!<br />
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<strong>1622–1962–2012</strong><br />
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Eine der spektakul<strong>ä</strong>rsten Aktionen unter Beteiligung<br />
Salzburger Studierender richtet sich gegen Milit<strong>ä</strong>r -<br />
paraden. Als im Mai 1970 das Bundesheer auf dem<br />
Residenzplatz aufmarschiert, lassen Gegner der Heeresschau<br />
ein Ferkel los. Die dick eingeseifte „Jolande“<br />
rutscht ihren Verfolgern immer wieder durch die<br />
H<strong>ä</strong>nde und zieht die Zeremonie ins L<strong>ä</strong>cherliche. Das<br />
Medienecho ist enorm, die Meinungen dazu geteilt.<br />
Einige Beteiligte werden verhaftet, doch auf Druck<br />
der Öffentlichkeit bald wieder freigelassen.<br />
Rechte und Interessen der Studierenden vertritt die<br />
Österreichische Hochschülerschaft. Ein Beitrag, der<br />
jedes Semester zu bezahlen ist, sichert die finanzielle<br />
Unabh<strong>ä</strong>ngigkeit der ÖH. Zu ihren zahlreichen Aufgaben<br />
z<strong>ä</strong>hlen Informationsveranstaltungen, Beratungen<br />
für Studienanf<strong>ä</strong>ngerInnen, Mitgestalten von Lehrpl<strong>ä</strong>nen,<br />
Verhandlungen mit der Bundesregierung und – wenn<br />
nötig – das Organisieren von Streiks.<br />
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1725<br />
Hunde an die Leine!<br />
Die Studenten des 18. Jahrhunderts lieben Hunde.<br />
Doch die Vierbeiner sind dem Erzbischof ein Dorn im<br />
Auge – besonders in der Jagdsaison: Wenn die Fasane<br />
in die Auen ausgelassen werden, dürfen die Studenten<br />
zum Schutz des edlen Feder-Wildbrets dort nicht<br />
mehr mit den Hunden spazieren gehen. Werden<br />
Hunde ohne Halsband und hierauf gestochenen<br />
Namen erwischt, bedeutet das ihr Ende: So soll<br />
auch die Stadt besser ges<strong>ä</strong>ubert bleiben!<br />
Ungern sieht der Erzbischof Maschen-Richten für den<br />
Vogelfang und Fischen als Zeitvertreib der Studenten;<br />
doch will er ihnen eine anst<strong>ä</strong>ndig-ehrliche Erholung<br />
gn<strong>ä</strong>digst vergönnen. Warum nicht in den Zoo?<br />
Aber auch hier gibt es Ärger mit der „Tierliebe“ der<br />
Studenten. 1707 reicht der Verwalter von Hellbrunn<br />
Beschwerde ein: Bei der Besichtigung der Rarit<strong>ä</strong>ten<br />
habe ein Student eine Schildkroten aufgehebt und<br />
einem andern Studenten in die Tasche des Rocks<br />
geschoben.<br />
Fr. Thiemo Sing OSB (1639–1666), Barocker Hund, Detail aus dem<br />
Altarbild „Die Taufe des Herzogs Theodo“, 1664, Öl/Leinwand,<br />
Stiftskirche St. Peter, Turmerdgeschoss<br />
Foto: Hubert Auer<br />
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<strong>1622–1962–2012</strong><br />
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„Toback Luder–Narr“, aus: Abraham a Sancta Clara, Centi-Folium stultorum<br />
in quarto oder hundert ausbündige Narren, Nürnberg 1709<br />
Universit<strong>ä</strong>tsbibliothek Salzburg, Sondersammlungen R 330.582 I<br />
Abraham a Sancta Clara (1644–1709) besuchte 1659 bis 1662 das<br />
Gymnasium der Salzburger Benediktineruniversit<strong>ä</strong>t<br />
1802<br />
Rauchen verboten!<br />
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<strong>1622–1962–2012</strong><br />
Unter Erzbischof Johann Ernst (1687–1709) hagelt es<br />
Verbote für die Studenten: Lagerfeuer auf dem<br />
Gaisberg, Schlittenfahren in der Stadt, Musizieren in<br />
den Gasth<strong>ä</strong>usern – alles untersagt. Die Studenten<br />
sollen um 10 Uhr nachts zu Hauß sein! Noch strenger<br />
ist Erzbischof Colloredo. Er wünscht, dass kein Student<br />
die Wirtsh<strong>ä</strong>user weder zur Kost, noch zum Trunk, am<br />
allerwenigsten zum Tanz besuche. Doch der Fakult<strong>ä</strong>tsrat<br />
h<strong>ä</strong>lt solch ein Gesetz für unausführbar, man<br />
würde den Studenten alle Gelegenheit nehmen sich<br />
zu ergötzen. Leichter ist schnelles Reiten und Fahren<br />
zu verbieten! Eine weitere Eingabe richtet sich gegen<br />
das Tabakrauchen unter den Akademikern, weil sie<br />
den Vorübergehenden mit Tabakdampf beschwerlich<br />
fallen. Diesem Verbot wird 1802 stattgegeben, da<br />
Rauchen der Gesundheit nachteilig ist, die Feuers -<br />
gefahr vermehrt und allj<strong>ä</strong>hrlich eine sehr betr<strong>ä</strong>chtliche<br />
Summe Geldes außer Landes ziehet.<br />
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Zacharias Miller, „Jesus, den Du, o Jungfrau, im<br />
Tempel wiedergefunden hast“, aus der Serie der 15<br />
Geheimnisse des Rosenkranzes, 1636, Öl/Leinwand,<br />
Salzburg, Altes Studiengeb<strong>ä</strong>ude, Große Aula<br />
Foto: Hubert Auer<br />
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<strong>1622–1962–2012</strong><br />
Barocke Studienförderung<br />
UNIVERSITÄT<br />
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Wohlt<strong>ä</strong>tigkeitseinrichtungen versuchen die Not armer<br />
Studenten zu lindern. Mit der Studentenbüchse<br />
werden Almosen gesammelt. Der Universit<strong>ä</strong>tsgründer<br />
Paris Graf Lodron stiftet das Collegium Marianum und<br />
das Collegium Rupertinum für bedürftige Studenten.<br />
Als Gegenleistung für freie Kost, Kleidung und Logis<br />
müssen sie t<strong>ä</strong>glich für die Lodrons beten und für<br />
jedes Studienjahr zwei Jahre bei der Grafenfamilie<br />
arbeiten. Einen besonderen M<strong>ä</strong>zen haben die Studenten<br />
in Johann Christoph Graf von Liechtenstein<br />
(1591–1643). Als Fürstbischof von Chiemsee l<strong>ä</strong>dt er<br />
jeden Monat zu Ehren der 15 Geheimnisse des Rosenkranzes<br />
15 arme Studenten zu sich in den Chiemseehof,<br />
um ihnen bei Tische zu dienen und das Hand -<br />
wasser zu reichen. Er l<strong>ä</strong>sst ihnen sieben Gerichte<br />
vorsetzen, schenkt ihnen vom besten Weine ein,<br />
soviel sie wollen, und gibt zum Schlusse für das<br />
Abendessen jedem einen Gulden.<br />
JAHRE<br />
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BIBLIOTHEK<br />
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1964: „Reges Treiben herrscht in der Salzburger Residenz<br />
vor der Dekanatskanzlei. Studenten füllen die zahlreichen<br />
Druckformulare für die Inskription aus.“<br />
Universit<strong>ä</strong>ts bibliothek Salzburg,<br />
Universit<strong>ä</strong>tsarchiv, Fotosammlung<br />
1961<br />
Ein Wohnheim für<br />
StudentInnen<br />
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<strong>1622–1962–2012</strong><br />
UNIVERSITÄT<br />
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Wer in Salzburg studieren möchte, sollte sich früh<br />
genug um eine Unterkunft bemühen. Erste Anlaufstelle<br />
sind oft StudentInnenheime, die eine gute Infrastruktur<br />
und Möglichkeiten für soziale Kontakte bieten. Eines<br />
der ersten StudentInnenheime, das „Hochschülerheim<br />
Wolf Dietrich“, wird bereits 1961 nach Pl<strong>ä</strong>nen des<br />
Architekten Thomas Schwarz erbaut. Es beherbergt<br />
zun<strong>ä</strong>chst auch vier Universit<strong>ä</strong>tsinstitute und die<br />
Mensa. Da Heimpl<strong>ä</strong>tze knapp und Wohnungen in der<br />
Altstadt teuer sind, leben heute viele Studierende aus<br />
Kostengründen in Wohngemeinschaften oder an<br />
Salzburgs Peripherie.<br />
Ein sozial gestaffeltes Stipendiensystem soll ein Studium<br />
für alle leistbar machen. Die staatliche Studien -<br />
förderung gew<strong>ä</strong>hrt Studienbeihilfen im Inland und<br />
unterstützt Studienaufenthalte im Ausland. Studierende<br />
mit Kindern und Berufst<strong>ä</strong>tige können zus<strong>ä</strong>tzliche<br />
finanzielle Zuschüsse beantragen.<br />
JAHRE<br />
UNIVERSITÄTS<br />
BIBLIOTHEK<br />
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Bruderschaftsbuch der Marienkongregation, 1619<br />
Universit<strong>ä</strong>tsbibliothek Salzburg, Universit<strong>ä</strong>tsarchiv bA 130<br />
1743<br />
Der „Liebesbund“<br />
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<strong>1622–1962–2012</strong><br />
UNIVERSITÄT<br />
S A L Z B U R G<br />
Dem Fegefeuer zu entrinnen ist nach kirchlicher<br />
Sündenlehre nahezu unmöglich, doch fromme Werke<br />
können diese „Hölle auf Zeit“ verkürzen. So trifft<br />
sich Salzburgs Bevölkerung in Bruderschaften, um<br />
durch Gebet den verstorbenen Mitgliedern zu Hilfe<br />
zu kommen. Daneben treten diese Bruderschaften<br />
als Kredit- und Auftraggeber von Künstlern auf.<br />
Auch an der Universit<strong>ä</strong>t etabliert sich eine Reihe von<br />
Bruderschaften, die Teilnahme an der Marienkongregation<br />
ist für alle Studenten Pflicht. Die Mitglieder<br />
der Bruderschaft vom hl. Thomas von Aquin sollen<br />
t<strong>ä</strong>glich 15 Ave Maria zur Ausrottung der Fleisches -<br />
sünden beten. J<strong>ä</strong>hrlich 40 Kreuzer Mitgliedsbeitrag<br />
verlangt der 1743 organisierte „Liebesbund“, um<br />
t<strong>ä</strong>glich drei Messen lesen zu lassen. Zudem haben<br />
die Mitglieder Anteil an den Verdiensten der Wohltaten,<br />
welche man armen Studenten aus dem Vereinsbudget<br />
zuteil werden l<strong>ä</strong>sst.<br />
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2002<br />
Alumni Club<br />
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<strong>1622–1962–2012</strong><br />
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Der Alumni Club (lat. alumni, „Zöglinge“) pflegt<br />
seit 2002 die Verbindung der Universit<strong>ä</strong>t mit ihren<br />
ehe maligen Studierenden. Er vernetzt AbsolventInnen<br />
und bezieht sie weiterhin in das universit<strong>ä</strong>re Leben<br />
ein. Darüber hinaus erleichtert er Salzburgs Jung -<br />
akademikerInnen den Eintritt ins Berufsleben,<br />
sie profitieren vom Know-how erfahrener Alumni,<br />
besonders bei Jobrecherche und Bewerbungstraining.<br />
Auch das gesellschaftliche Leben kommt nicht zu kurz.<br />
Dass gemeinsames Studium dauerhaft verbindet,<br />
zeigen die Alumni-Feste, die immer in spektakul<strong>ä</strong>rer<br />
Kulisse stattfinden wie auf der Festung Hohensalzburg<br />
oder im Hangar-7, und zuletzt der Paris-Lodron-<br />
Ball in der Residenz. Dort fanden schon zur Zeit<br />
der Benediktineruniversit<strong>ä</strong>t die Faschingsb<strong>ä</strong>lle des<br />
Erzbischofs statt. Fleißige Studenten belohnte der<br />
Rektor mit Handbillets, die die Teilnahme an diesen<br />
gesellschaftlichen Ereignissen ermöglichten.<br />
Eindruck vom „Ersten Paris-Lodron-Ball“ in der Residenz<br />
Foto: Scheinast UNIVERSITÄTS<br />
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Ein beliebter „Studententreff“ im Barockzeitalter: Der Platz vor dem Bürgerspital, in<br />
den die Getreidegasse die feucht-fröhlichen Besucher ihrer Wirtsh<strong>ä</strong>user münden ließ,<br />
aus: Franz Anton Danreiter (1695–1760) / Vorlage, Johann Bernhard Hattinger<br />
(1707–1769) / Stecher, Die Saltzburgische Kirchenprospect, Augsburg 1735<br />
Universit<strong>ä</strong>tsbibliothek Salzburg, Sondersammlungen G 500 I<br />
Erstürmung der Maximuskapelle, um 1602, aquarellierte Federzeichnung,<br />
Universit<strong>ä</strong>tsbibliothek Salzburg, Sondersammlungen H 567<br />
Verbotene Liebe<br />
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Sittengesetze versuchen im Barockzeitalter außereheliches<br />
Liebesleben zu verbieten. Da „gefallene<br />
Töchter“ oft nicht mehr zu verheiraten sind, gelten<br />
für ledige M<strong>ä</strong>dchen strenge Regeln. Weil aber<br />
viele Studenten nicht bis zur Hochzeit mit einer<br />
standes gem<strong>ä</strong>ßen Braut warten möchten, blüht die<br />
Prostitution.<br />
Als beliebter Ort für die verbotenen Treffen gilt der<br />
Platz vor dem Bürgerspital. Ist der Preis ausverhandelt,<br />
bricht man dorthin auf, wo man sich ungestört<br />
glaubt. Besonderen Reiz üben die Katakomben von<br />
St. Peter in der Felswand des Mönchsbergs aus,<br />
angeblich der Ort des Martyriums des hl. Maximus.<br />
Vergisst der Abt abzuschließen, halten Huren und<br />
Buben alda ihre Conventicula in einzigartiger Kulisse:<br />
hoch über Salzburg, direkt über dem Petersfriedhof!<br />
Zum Entsetzen des Abts werden dort solch bese<br />
leith nicht nur einmal erdapet.<br />
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Das Urteil über Georg P<strong>ä</strong>mer im Rektoratsprotokoll vom 2. April 1658<br />
Universit<strong>ä</strong>tsbibliothek Salzburg, Universit<strong>ä</strong>tsarchiv bA 22, p. 51<br />
1658<br />
Der Student und<br />
die Henkerstochter<br />
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Georg P<strong>ä</strong>mer ist ein armer Student aus München,<br />
der in Duellen stets unterliegt. Mehrmals besucht er<br />
den magiekundigen Scharfrichter Simon Mandl, von<br />
dem er sich einen Zauberspruch erwartet, der ihn<br />
unbesiegbar macht. Doch seine Besuche im Scharfrichterhaus<br />
gelten nicht nur dem Henker, sondern<br />
auch der Henkerstochter, die wenig sp<strong>ä</strong>ter ein Kind<br />
erwartet. Der Henker erstattet Anzeige, P<strong>ä</strong>mer muss<br />
in den Karzer, doch seine erzürnten Eltern wollen<br />
die geforderten Alimente nicht zahlen. Als auch noch<br />
ans Tageslicht kommt, dass P<strong>ä</strong>mer sich mit Zauberei<br />
besch<strong>ä</strong>ftigt hat, kennt der Rektor kein Pardon. Er<br />
f<strong>ä</strong>llt ein drakonisches Urteil: Weil der Student eine<br />
„Unehrliche“ schw<strong>ä</strong>ngerte, wird er in der Aula mit<br />
einem „Schandmal“ gebrandmarkt und der Stadt<br />
verwiesen. Sollte er noch einmal aufgegriffen<br />
werden, droht der Rektor, so l<strong>ä</strong>sst er ihn mit Pferden<br />
aus der Stadt schleifen.<br />
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Verführungsszene, aus: Second mémoire justificatif<br />
de la comtesse de Valois de La Motte, London 1790<br />
Universit<strong>ä</strong>tsbibliothek Salzburg, 11.300 I<br />
1661<br />
Der galante Verführer<br />
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<strong>1622–1962–2012</strong><br />
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Der Student Wolf Christoph von Clam ist zum<br />
geist lichen Stand bestimmt, für den er aber wenig<br />
Neigung zeigt, liegt ihm doch Salzburgs Damenwelt<br />
zu Füßen. Er feiert rauschende Feste und wechselt<br />
bald die Unterkunft, weilen man ihm die fremde<br />
Menscher und n<strong>ä</strong>chtliches außgehn nicht gestatten<br />
will. Mit Vor liebe verführt er verheiratete Damen<br />
von Stand, die sich im Glanz jugendlicher Verehrung<br />
sonnen. Mit ihnen geht er Arm in Arm cum maximo<br />
scandalo öffentlich herum spazieren, schreibt ihnen<br />
glühende Liebesbriefe. Die Ehem<strong>ä</strong>nner sind entsetzt<br />
über den Domherrn, der fast alle nacht außgehe, sich<br />
verkleide, und allerleÿ H<strong>ä</strong>ndl anfange. Der Rektor<br />
wird nicht Herr der Lage, der Erzbischof muss ein -<br />
greifen. Er legt dem adeligen Sünder nahe, ehest die<br />
Stadt zu verlassen. Clam geht – und macht trotzdem<br />
geistliche Karriere! Als Regensburger Domherr und<br />
Propst stirbt er 1703 in Straubing.<br />
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Logo der Veranstaltungsreihe „SchülerUNI“, das auf den<br />
Wappenlöwen mit Brezelschweif des Universit<strong>ä</strong>tsgründers<br />
Paris Graf Lodron Bezug nimmt<br />
2012<br />
Studieren mit Kind<br />
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<strong>1622–1962–2012</strong><br />
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Kinder sind in Hörs<strong>ä</strong>len selten zu sehen, doch bei -<br />
nahe jede/r Zehnte studiert heute mit Kind. Untersuchungen<br />
zeigen: Nachwuchs w<strong>ä</strong>hrend des Studiums<br />
bringt das Zeitmanagement durcheinander, erhöht<br />
aber die Flexibilit<strong>ä</strong>t im sp<strong>ä</strong>teren Berufsleben. Auch<br />
aus diesem Grund wird eine frühe Elternschaft rückblickend<br />
als „grunds<strong>ä</strong>tzlich positiv“ beurteilt. Kinder -<br />
betreuungsgeld, Familien- und erhöhte Studienbei -<br />
hilfe helfen die finanzielle Lage zu verbessern. Vor<br />
allem die Organisation der außerfamili<strong>ä</strong>ren Betreuung<br />
der Kleinkinder stellt für die Studierenden oft eine<br />
Herausforderung dar. Kinderbüro der Universit<strong>ä</strong>t und<br />
ÖH informieren über Betreuungseinrichtungen und<br />
Babysitter-Börsen.<br />
Die Veranstaltungsreihen Kinder- und SchülerUNI<br />
sollen Kinder zu einem frühen Einstieg in die Universit<strong>ä</strong>t<br />
motivieren, indem „jungen ForscherInnen“<br />
spannende Themen altersgerecht vermittelt werden.<br />
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Titelkupfer, aus: Conrad Hagger, Neues<br />
Saltzburgisches Koch-Buch, Augsburg 1718<br />
Universit<strong>ä</strong>tsbibliothek Salzburg,<br />
Sondersammlungen R 329.530 I<br />
1718<br />
Ein Starkoch für die<br />
Universit<strong>ä</strong>t!<br />
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<strong>1622–1962–2012</strong><br />
In der Klosterküche von St. Gallen lernt Conrad<br />
Hagger sein Handwerk. Nach Wanderjahren als<br />
Feldkoch bei Kriegszügen durch Osteuropa kommt<br />
er nach Salzburg. Bald steigt er zum Stadtkoch auf,<br />
der die weibsbilder im Kochen zu unterrichten hat.<br />
Seinen reichen Erfahrungsschatz veröffentlicht er<br />
1718 im „Neuen Saltzburgischen Kochbuch“: mehr<br />
als 2550 Rezepte bebildert mit 300 Kupferstichen<br />
auf 1700 Seiten. Der Erfolg zeichnet sich ab. Noch<br />
im Andruck wird ein kaiserliches Privileg erwirkt,<br />
das vor unerlaubtem Nachdruck schützen soll. Doch<br />
der Kauf des Hauses Getreidegasse Nr. 23 ruiniert<br />
Haggers Finanzen so sehr, dass er sich zus<strong>ä</strong>tzlich<br />
als Hausmeister der Universit<strong>ä</strong>t verdingen muss. Er<br />
stirbt in Armut, sein Kochbuch aber erfreut sich noch<br />
lange einer fast t<strong>ä</strong>glichen Nachfrage. 1765 legt die<br />
Universit<strong>ä</strong>tsbuchdruckerin die barocke Genussbibel<br />
in einer Auswahledition neu auf.<br />
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Mensa<br />
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<strong>1622–1962–2012</strong><br />
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Schnell muss es gehen, günstig muss es sein und<br />
schmecken soll es auch: das Essen für Universit<strong>ä</strong>t s -<br />
angehörige. Erste Adresse ist die Mensa (lat. mensa,<br />
„Tisch, Tafel“), ein Selbstbedienungsrestaurant, in<br />
dem sich Studierende zu einem Vorzugspreis laben<br />
können. G<strong>ä</strong>ste sind willkommen, zahlen aber einen<br />
geringen Aufpreis. An der Universit<strong>ä</strong>t Salzburg gibt es<br />
drei Mensen: in den Fakult<strong>ä</strong>tsgeb<strong>ä</strong>uden des Toskanatrakts<br />
der Residenz, am Rudolfskai und in der Hellbrunner<br />
Straße. Alle gehören zur Österreichischen<br />
Mensen Betriebsgesellschaft. Sie bieten neben zwei<br />
dreig<strong>ä</strong>ngigen Classic-Menüs und À-la-carte-Es sen für<br />
den großen und kleinen Hunger spezielles „Brainfood“,<br />
das nach besonderen ern<strong>ä</strong>hrungsphysiologischen<br />
Grunds<strong>ä</strong>tzen zusammengestellt ist.<br />
Neben den Mensen erfreuen sich die Cafés<br />
UNI:VERSUM (Hofstallgasse) und UNIKUM<br />
(UNIPARK) großer Beliebtheit auch bei der<br />
Salzburger Bevölkerung.<br />
Eindrücke aus der ehemaligen „Uni-Mensa“ im<br />
Alten Studiengeb<strong>ä</strong>ude (Theologische Fakult<strong>ä</strong>t), die für<br />
Schweinsbraten, Kaiserschmarrn und Punschkrapferl<br />
von Frau Anna Schrattenecker berühmt war.<br />
Fotos: Privat UNIVERSITÄTS<br />
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Kardinalshut des hl. Karl Borrom<strong>ä</strong>us, Salzburg,<br />
Universit<strong>ä</strong>tskirche, Katholische<br />
Hochschulgemeinde<br />
Foto: Hubert Auer<br />
1708<br />
Gut behütet?<br />
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<strong>1622–1962–2012</strong><br />
Im Barock wird in den Kirchen der Universit<strong>ä</strong>t ein<br />
reicher Schatz an Reliquien verehrt, unter ihnen<br />
ein Splitter vom Kreuz Christi, die Überreste eines<br />
M<strong>ä</strong>rtyrers aus den römischen Calixtus-Katakomben<br />
und drei kleine Reliquien des hl. Rupert. Große<br />
Beachtung gilt insbesondere dem Kardinalshut des<br />
Universit<strong>ä</strong>tspatrons. Dieses kostbare Andenken an<br />
den hl. Karl Borrom<strong>ä</strong>us erh<strong>ä</strong>lt die Benediktineruniversit<strong>ä</strong>t<br />
von der Grafenfamilie Castelbarco. Im ersten<br />
Überschwang wird der Hut von den Professoren in<br />
einer feierlichen Prozession durch die Stadt getragen<br />
und auf dem Karlsaltar der eben eingeweihten Universit<strong>ä</strong>tskirche<br />
zur Verehrung ausgesetzt. Der Erzbischof,<br />
den Castelbarcos nicht wohlgesinnt, verlangt einen<br />
Nachweis der Echtheit des Hutes, der mangels<br />
Beweisen vom Altar in die Sakristei zurückwandert.<br />
Erst Erzbischof Firmian gestattet wieder die Aussetzung<br />
des Hutes am Festtag des hl. Karl (4. 11.).<br />
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1969<br />
Die Ewige Senatssitzung<br />
Das Sacellum birgt ein schauriges Geheimnis. Als<br />
1969 der Zugang zu der vergessenen Krypta geöffnet<br />
wird, stockt den Restauratoren der Atem: Unten sitzen<br />
zwölf mumifizierte M<strong>ä</strong>nner mit Doktorhüten auf ihren<br />
Köpfen! Grabinschriften überliefern, wer sich hier zur<br />
letzten Senatssitzung trifft – Benediktiner professoren<br />
und um die Universit<strong>ä</strong>t verdiente M<strong>ä</strong>nner wie der<br />
Dramatiker Otto Aicher, der Jurist Christoph Bluem -<br />
lacher, der Stadtarzt Rupert Streicher und der Pedell<br />
Wolfgang Braumiller, der 1632 den ersten Salzburger<br />
„Jedermann“ verkörperte. Anfang des 18. Jahrhunderts<br />
enden die Sitzbestattungen im Sacellum. Künftig werden<br />
Universit<strong>ä</strong>tsangehörige in der Kolumbariengruft<br />
(lat. columbarium, „Taubenschlag“) der Universit<strong>ä</strong>tskirche<br />
bestattet. Noch ein letztes Mal wird das Sacellum<br />
zur Grabst<strong>ä</strong>tte: Weil sein Herz der Universit<strong>ä</strong>t<br />
gehört, l<strong>ä</strong>sst es Erzbischof Schrattenbach vor dem<br />
Hochaltar bestatten.<br />
Blick auf den Hochaltar des Sacellums mit ovaler<br />
Grabplatte für das Herz von Fürsterzbischof<br />
Siegmund Christoph Grafen von Schrattenbach<br />
(1698–1771), Salzburg, Altes Studiengeb<strong>ä</strong>ude<br />
Foto: Hubert Auer<br />
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<strong>1622–1962–2012</strong><br />
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