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Rechtliche Aspekte der Nutzung, Verbreitung und ... - Bund.de

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5.4 Wettbewerbsrechts (UWG) 49<br />

5.4.2 Fallgruppe 2: Wettbewerbsgefährdung<br />

Ein Verstoß gegen § 3 UWG kann sich dann ergeben, wenn zu befürchten ist, dass sich die Angebote<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> öffentlichen Hand zu einer ernstlichen Gefahr für <strong>de</strong>n Bestand <strong>de</strong>s Wettbewerbs auswachsen.<br />

103 Einen solchen unlauteren Verdrängungswettbewerb hat <strong><strong>de</strong>r</strong> BGH in <strong><strong>de</strong>r</strong> Entscheidung<br />

Abrechnungssoftware für Zahnärzte untersagt. 104 In <strong>de</strong>m <strong><strong>de</strong>r</strong> Entscheidung zugr<strong>und</strong>e liegen<strong>de</strong>n<br />

Sachverhalt hatte eine kassenärztliche Vereinigung ihren Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>n Abrechnungssoftware eines<br />

bestimmten Herstellers kostenlos zur Verfügung gestellt. Ähnliche Konstellationen sind auch für<br />

die Entwicklung <strong>und</strong> <strong>Verbreitung</strong> von OSS durch die öffentliche Hand <strong>de</strong>nkbar. Das Wettbewerbsrecht<br />

fin<strong>de</strong>t allerdings keine Anwendung, wenn es sich bei <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Verbreitung</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Software um eine<br />

hoheitliche Tätigkeit aufgr<strong>und</strong> gesetzlicher Ermächtigung han<strong>de</strong>lt. Dies wur<strong>de</strong> vom OLG Düsseldorf<br />

für die Entwicklung <strong><strong>de</strong>r</strong> Steuersoftware „ELSTER“ angenommen, da insoweit eine gesetzliche<br />

Ermächtigung gem. § 130 Abs. 5 AO vorliegt <strong>und</strong> das Gericht davon ausging, dass die Software<br />

nur die bisherigen Formulare ersetze <strong>und</strong> damit die gesetzliche Pflicht erfülle, <strong>de</strong>m Steuerpflichtigen<br />

die erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>lichen Formulare zur Verfügung zu stellen. 105 Eine geschäftliche Handlung kann<br />

dagegen vorliegen, wenn die öffentliche Hand zwar zur Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe, aber<br />

ohne ausdrückliche gesetzliche Vorgabe, also ohne ausdrückliche gesetzliche Befugnis zum konkreten<br />

Han<strong>de</strong>ln tätig wird. 106 Wür<strong>de</strong>n etwa die Steuerbehör<strong>de</strong>n ein OSS-Anwendungsprogramm<br />

entwickeln lassen, welches die Abgabe einer rechtlich geprüften Einkommenssteuererklärung erleichtert,<br />

in<strong>de</strong>m es übliche Beratungsleistungen in die Anwendung integriert, <strong>und</strong> wür<strong>de</strong> das Projekt<br />

so erfolgreich laufen, dass die bisherigen Anbieter entsprechen<strong><strong>de</strong>r</strong> proprietärer Programme<br />

ihre Marktanteile einbüßen, so wäre man im Bereich einer unlauteren Marktverdrängung. Das<br />

Wettbewerbsrecht ist wohlgemerkt erst dann tangiert, wenn eine ernstliche Gefahr für <strong>de</strong>n Bestand<br />

<strong>de</strong>s Wettbewerbs auf einem spezifischen Markt besteht. Solange das Angebot <strong><strong>de</strong>r</strong> öffentlichen<br />

Hand mit marktstarken Konkurrenzprodukten im Wettbewerb steht, besteht diese Gefahr nicht <strong>und</strong><br />

ergeben sich keine beson<strong><strong>de</strong>r</strong>en Pflichten für Behör<strong>de</strong>n. Nur wenn eine Gefährdung <strong>de</strong>s Wettbewerbs<br />

zu befürchten ist, müssen Behör<strong>de</strong>n darauf achten, dass nicht durch <strong>de</strong>n intensiven Einsatz<br />

öffentlicher Mittel weniger finanzstarke Mitbewerber aus <strong>de</strong>m Markt gedrängt wer<strong>de</strong>n. Dies dürfte<br />

allerdings nur in Ausnahmekonstellationen <strong><strong>de</strong>r</strong> Fall sein.<br />

5.4.3 Fallgruppe 3: Gesetzesverletzung<br />

Eine dritte Fallgruppe schließlich betrifft Gesetzesverletzungen durch Behör<strong>de</strong>n bei <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Verbreitung</strong><br />

von OSS. Verletzt die Behör<strong>de</strong> bei <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Verbreitung</strong> von OSS Vorschriften <strong>de</strong>s Verwaltungsrechts,<br />

so kommen privatrechtliche Unterlassungsansprüche <strong><strong>de</strong>r</strong> betroffenen Wettbewerber aus<br />

§§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG in Betracht, sofern die in Frage stehen<strong>de</strong> Norm je<strong>de</strong>nfalls auch dazu bestimmt<br />

ist, im Interesse <strong><strong>de</strong>r</strong> Marktteilnehmer das Marktverfahren zu regeln. Dagegen führt die Verletzung<br />

bloßer Marktzutrittsregeln, welche <strong><strong>de</strong>r</strong> öffentlichen Hand <strong>de</strong>n Marktzutritt untersagen o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

eine entsprechen<strong>de</strong> Betätigung von Bedingungen abhängig machen, um die Privatwirtschaft von<br />

einem übermäßigen Wettbewerb durch die öffentliche Hand zu schützen (vgl. Art. 87 Bay GO,<br />

§ 102 BW GO, § 107 NRW GO, § 71 Thür GO, Art. 85 RhPf GO), nicht zu Ansprüchen aus <strong>de</strong>m<br />

103 Vgl. Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, Gesetz gegen <strong>de</strong>n unlauteren Wettbewerb, 29. Aufl., 2011, § 4,<br />

Rz. 13.35.<br />

104 BGH GRUR 1993, 917 – Abrechnungssoftware für Zahnärzte.<br />

105 Siehe die unveröffentlichte Entscheidung OLG Düsseldorf, 16.10.2007, 22 U 55/07.<br />

106 Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, Gesetz gegen <strong>de</strong>n unlauteren Wettbewerb, 29. Aufl., 2011, § 4,<br />

Rz. 13.22.

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