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Rechtliche Aspekte der Nutzung, Verbreitung und ... - Bund.de

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4.5 Vergaberecht 37<br />

erwarten<strong>de</strong>n mittel- <strong>und</strong> langfristigen Kosten verwiesen wer<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>nn die Vergabekriterien müssen<br />

stets auf die ausgeschriebene Leistung bezogen sein. 69 Vielmehr sind die genannten Eigenschaften<br />

von Open-Source-Software als Vorteil im Rahmen <strong>de</strong>s Preis-Leistungs-Vergleichs zu berücksichtigen.<br />

Umgekehrt sollten Kosten, die durch die Migration von proprietären auf OSS-Produkte<br />

entstehen, nicht pauschal als wirtschaftlicher Nachteil <strong>de</strong>s OSS-Produkts einbezogen wer<strong>de</strong>n. Die<br />

Kosten <strong>de</strong>s Ausstiegs aus einer nicht o<strong><strong>de</strong>r</strong> nur unzureichend auf offenen Standards basieren<strong>de</strong>n<br />

IT-Lösung ist ein wirtschaftlicher Nachteil dieser geschlossenen Lösung <strong>und</strong> kann nicht <strong>de</strong>m konkurrieren<strong>de</strong>n<br />

OSS-Angebot zum Nachteil gereichen.<br />

Bei Anlegung dieser Gr<strong>und</strong>sätze ergibt sich das folgen<strong>de</strong> Bild: Pauschale Hinweise auf die För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung<br />

von OSS o<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>s Wettbewerbs auf <strong>de</strong>n IT-Märkten sind als vergabefrem<strong>de</strong> Kriterien unzulässig.<br />

Die IT-Beschaffung durch Behör<strong>de</strong>n ist nicht <strong><strong>de</strong>r</strong> richtige Platz, um Wettbewerbspolitik zu<br />

betreiben. Das Gleiche gilt für sozialpolitische o<strong><strong>de</strong>r</strong> sonstige allgemeine Erwägungen. Behör<strong>de</strong>n<br />

dürfen entsprechen<strong>de</strong> Argumente bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Begründung einer Vergabeentscheidung nicht zugr<strong>und</strong>e<br />

legen.<br />

Es ist aber darauf hinzuweisen, dass sich Behör<strong>de</strong>n nicht mit einem einfachen Preisvergleich <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Gesamtangebote begnügen müssen. Die Erfahrung zeigt, dass kurzfristige finanzielle Vorteile oftmals<br />

später teuer bezahlt wer<strong>de</strong>n müssen. Dies kann insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e dann <strong><strong>de</strong>r</strong> Fall sein, wenn Behör<strong>de</strong>n<br />

Produkte anschaffen, die nur mit Produkten <strong>de</strong>sselben Anbieters kombiniert wer<strong>de</strong>n können<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> für die ausschließlich dieser Anbieter Supportleistungen anbietet. Kurzfristige Preisnachteile<br />

können mittelfristig durch die Unabhängigkeit von einzelnen Anbietern auf <strong>de</strong>n Folgemärkten<br />

ausgeglichen wer<strong>de</strong>n. OSS bietet hier einen strategischen Vorteil. Offene Quelltexte <strong>und</strong> die Freiheit,<br />

Än<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen an diesen vorzunehmen, sorgen dafür, dass wichtige Folgemärkte für eine Mehrzahl<br />

von Anbietern offen stehen. Dies sorgt für Wettbewerb <strong>und</strong> Kostenvorteile. Eine entsprechen<strong>de</strong><br />

Einbeziehung konkret absehbarer Begleit- <strong>und</strong> Folgekosten ist im Sinne einer nachhaltigen Verwendung<br />

öffentlicher Mittel wünschenswert. Es sollte hierbei aber nicht direkt auf die zu erwarten<strong>de</strong>n<br />

mittel- <strong>und</strong> langfristigen Kosten verwiesen wer<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>nn die Vergabekriterien müssen stets<br />

auf die ausgeschriebene Leistung bezogen sein. Vielmehr müssen die genannten Eigenschaften<br />

von OSS als Vorteil einer Migration zu OSS im Rahmen <strong>de</strong>s Preis-Leistungs-Vergleichs berücksichtigt<br />

wer<strong>de</strong>n. Die technische <strong>und</strong> rechtliche Unabhängigkeit auf Folgemärkten ist <strong>de</strong>shalb als<br />

werthaltige Eigenschaft <strong>de</strong>s Angebots zu berücksichtigen.<br />

Vergaberechtlich zulässig sind auch alle sonstigen Kriterien, <strong>de</strong>nen Aussagekraft für die Leistungsfähigkeit<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> einzelnen Angebote zukommt. Hier können unter an<strong><strong>de</strong>r</strong>em einbezogen wer<strong>de</strong>n: die<br />

technische Sicherheit <strong><strong>de</strong>r</strong> IT-Angebote, die Kompatibilität mit an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Programmen, die Kompatibilität<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> mit <strong>de</strong>m Programm erzeugten Dokumente, die technischen <strong>und</strong> rechtlichen <strong>Nutzung</strong>smöglichkeiten,<br />

Fragen <strong><strong>de</strong>r</strong> Haftung <strong>und</strong> Gewährleistung. Entsprechen<strong>de</strong> Kriterien dürfen allerdings nur<br />

unter <strong><strong>de</strong>r</strong> Voraussetzung berücksichtigt wer<strong>de</strong>n, dass sie in <strong><strong>de</strong>r</strong> Ausschreibung ausdrücklich benannt<br />

wor<strong>de</strong>n sind.<br />

4.5.5 Vergleich proprietäre Software <strong>und</strong> OSS<br />

Die Anfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen <strong>de</strong>s Vergaberechts gelten in gleichem Maße für eine Migration zu OSS wie<br />

eine Migration zu proprietärer Software. Ausschreibungen dürfen nicht so gestaltet sein, dass bestimmte<br />

Bieter, seien es Anbieter proprietärer o<strong><strong>de</strong>r</strong> OSS-Produkte, von vornherein faktisch ausge-<br />

69 Immenga/Mestmäcker-Dreher, Wettbewerbsrecht, Band. 2, GWB, 4. Aufl. 2007, § 97, Rn. 224.

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