Rechtliche Aspekte der Nutzung, Verbreitung und ... - Bund.de
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32 4 <strong>Nutzung</strong> von OSS durch die öffentliche Hand<br />
In <strong><strong>de</strong>r</strong> Praxis bestehen zum Teil Schwierigkeiten, das Vorliegen aller Tatsachen für das Bestehen<br />
eines Scha<strong>de</strong>nsersatzanspruchs zu beweisen. Dort, wo das Produkt in industrieller Weise gefertigt<br />
<strong>und</strong> vertrieben wird, kommt jedoch unter Umstän<strong>de</strong>n eine Anwendung <strong><strong>de</strong>r</strong> von <strong><strong>de</strong>r</strong> Rechtsprechung<br />
entwickelten Gr<strong>und</strong>sätze <strong><strong>de</strong>r</strong> sog. Produzentenhaftung in Betracht. Dies betrifft vor allem die<br />
Herstellung fertiger Betriebssystemdistributionen durch Distributoren. Im Rahmen einer solchen<br />
Produzentenhaftung wird in verschie<strong>de</strong>ner Hinsicht die Beweisführung <strong>de</strong>s Verletzten erleichtert 54 .<br />
4.4.6 Einsatz von OSS: Mitverschul<strong>de</strong>n<br />
Sowohl bei <strong><strong>de</strong>r</strong> vertraglichen als auch bei <strong><strong>de</strong>r</strong> außervertraglichen Haftung ist zu berücksichtigen,<br />
dass die Ansprüche jeweils durch ein Mitverschul<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Behör<strong>de</strong> ganz o<strong><strong>de</strong>r</strong> teilweise im Umfang<br />
begrenzt sein können. Im Grenzfall können sie sogar wegen eines „überwiegen<strong>de</strong>n“ Mitverschul<strong>de</strong>ns<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Behör<strong>de</strong> vollständig entfallen.<br />
Ein wichtiger Bereich, in <strong>de</strong>m in <strong><strong>de</strong>r</strong> Praxis gehäuft Probleme eines möglichen Mitverschul<strong>de</strong>ns<br />
auftreten, ist die Haftung für <strong>de</strong>n Verlust von Datenbestän<strong>de</strong>n. Hier ist zu beachten, dass es im gewerblichen<br />
Anwen<strong><strong>de</strong>r</strong>bereich vielfach als selbstverständlich angesehen wird, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Anwen<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
eine zuverlässige, zeitnahe <strong>und</strong> umfassen<strong>de</strong> Sicherung <strong><strong>de</strong>r</strong> Daten sicherstellt. Entsprechen<strong>de</strong> Anfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen<br />
wird man auch an Behör<strong>de</strong>n stellen dürfen.<br />
4.4.7 Vergleich proprietäre Software <strong>und</strong> OSS<br />
Ein Vergleich zwischen <strong><strong>de</strong>r</strong> Migration zu proprietärer Software <strong>und</strong> zu OSS zeigt, dass dort, wo<br />
entgeltliche Verträge geschlossen wer<strong>de</strong>n, weitgehen<strong>de</strong> Parallelen in <strong><strong>de</strong>r</strong> Haftung <strong>und</strong> Gewährleistung<br />
bestehen.<br />
Beim Erwerb <strong><strong>de</strong>r</strong> Software zur Benutzung innerhalb <strong><strong>de</strong>r</strong> Behör<strong>de</strong> ist Anspruchsgegner <strong><strong>de</strong>r</strong> vertraglichen<br />
Haftung <strong>und</strong> Gewährleistung <strong><strong>de</strong>r</strong> jeweilige Vertragspartner <strong>de</strong>s Überlassungsvertrages. Dies<br />
gilt sowohl für eine Migration zu OSS als auch für eine Migration zu proprietärer Software. Arbeitet<br />
die Software nicht vertragsgemäß o<strong><strong>de</strong>r</strong> stehen Rechte Dritter einer Benutzung entgegen, ist stets<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Händler zur Beseitigung <strong><strong>de</strong>r</strong> Beeinträchtigung verpflichtet. Der Händler haftet auch für Schä<strong>de</strong>n<br />
an sonstigen Rechtsgütern <strong><strong>de</strong>r</strong> Behör<strong>de</strong>. Der gesetzliche Haftungsumfang ist dabei <strong><strong>de</strong>r</strong>selbe,<br />
solange die Software entgeltlich erworben wird.<br />
Macht die Behör<strong>de</strong> hingegen von <strong><strong>de</strong>r</strong> bei Migration zu OSS bestehen<strong>de</strong>n Möglichkeit Gebrauch,<br />
die Software kostenlos zu erwerben, so muss sie Abstriche im Haftungs- <strong>und</strong> Gewährleistungsumfang<br />
hinnehmen, da das Gesetz <strong>de</strong>n Softwarelieferanten bei einer unentgeltlichen Überlassung privilegiert.<br />
Hier kann zu überlegen sein, ob die ersparten Erwerbskosten für eine Risikoabsicherung<br />
(Supportverträge, Garantieverträge, Versicherungen) eingesetzt wer<strong>de</strong>n. Bei Abschluss entsprechen<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Verträge ergeben sich keine entscheidungserheblichen Unterschie<strong>de</strong> zwischen OSS <strong>und</strong><br />
proprietärer Software bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Frage <strong><strong>de</strong>r</strong> Haftung <strong>und</strong> Gewährleistung.<br />
Will die Behör<strong>de</strong> Lizenzrechte erwerben, etwa um die Software zu vervielfältigen, anzupassen o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
an an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Behör<strong>de</strong>n weiterzugeben, so wer<strong>de</strong>n bei OSS diese Rechte stets kostenlos eingeräumt.<br />
Bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Migration zu proprietärer Software bedarf es hingegen regelmäßig – soweit überhaupt eine<br />
entsprechen<strong>de</strong> Rechtseinräumung erfolgt – <strong><strong>de</strong>r</strong> Zahlung einer Lizenzgebühr. Aufgr<strong>und</strong> dieser Unterschiedlichkeit<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> zugr<strong>und</strong>e liegen<strong>de</strong>n Verträge variiert auch <strong><strong>de</strong>r</strong> Haftungs- <strong>und</strong> Gewährleistungsmaßstab<br />
beträchtlich. Bei kostenloser Einräumung besteht eine weitgehen<strong>de</strong> Privilegierung.<br />
54 Vgl. dazu Schiffner, Open-Source-Software (2002), S. 253 f.