Rechtliche Aspekte der Nutzung, Verbreitung und ... - Bund.de
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26 4 <strong>Nutzung</strong> von OSS durch die öffentliche Hand<br />
daraus nicht gefolgert wer<strong>de</strong>n, inwieweit Patente Dritter berührt wer<strong>de</strong>n. Da das Patent die zugr<strong>und</strong>e<br />
liegen<strong>de</strong>n technischen Lösungen schützt <strong>und</strong> nicht die konkrete Form <strong><strong>de</strong>r</strong> Programmierung, genügt<br />
es mit Blick auf etwaige Patentrechte nicht, alle Rechte <strong><strong>de</strong>r</strong> jeweiligen Programmierer erworben<br />
zu haben. Um wirkliche Rechtssicherheit zu erreichen, bedarf es einer Patentrecherche <strong>und</strong><br />
gegebenenfalls <strong>de</strong>n Erwerb von Patentlizenzen Dritter. In patentrechtlicher Hinsicht ergeben sich<br />
dabei für bei<strong>de</strong> Migrationswege im Gr<strong>und</strong>satz die gleichen rechtlichen Risiken.<br />
4.4 Haftung <strong>und</strong> Gewährleistung<br />
4.4.1 Einleitung<br />
Einer <strong><strong>de</strong>r</strong> wesentlichen Punkte in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bewertung <strong><strong>de</strong>r</strong> unterschiedlichen Risiken einer Migration zu<br />
proprietärer Software o<strong><strong>de</strong>r</strong> zu OSS ist die Frage nach <strong>de</strong>m Umfang <strong><strong>de</strong>r</strong> jeweiligen Haftung <strong>und</strong> Gewährleistung.<br />
Dieser ergibt sich im Einzelfall erst in <strong><strong>de</strong>r</strong> Zusammenschau von gesetzlichen Regeln<br />
<strong>und</strong> <strong>de</strong>n konkret getroffenen vertraglichen Vereinbarungen. Die pauschale Aussage, bei OSS gebe<br />
es keine Haftung <strong>und</strong> Gewährleistung, weil die Software kostenlos erhältlich sei, während bei proprietärer<br />
Software die volle Absicherung durch <strong>de</strong>n Vertragspartner geschul<strong>de</strong>t sei, gibt die<br />
Rechtslage nicht zutreffend wie<strong><strong>de</strong>r</strong>. Bei entsprechen<strong><strong>de</strong>r</strong> Vertragsgestaltung bestehen für Behör<strong>de</strong>n<br />
keine erheblichen Unterschie<strong>de</strong> zwischen <strong>de</strong>m Einsatz von OSS o<strong><strong>de</strong>r</strong> proprietärer Software.<br />
Zunächst gilt es allerdings die verschie<strong>de</strong>nen Ansprüche <strong>und</strong> Anspruchsgegner auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>zuhalten.<br />
Unter Gewährleistung versteht man das „Einstehen müssen“ für die Vertragsgemäßheit <strong>de</strong>s<br />
Programms. Der Begriff <strong><strong>de</strong>r</strong> Haftung beschreibt zunächst das vertragliche „Einstehen müssen“ für<br />
Schä<strong>de</strong>n, die sich beim Vertragspartner an sonstigen Rechtsgütern ergeben, etwa Schä<strong>de</strong>n an<br />
Hardware o<strong><strong>de</strong>r</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>er Software (vertragliche Haftung). Mit Haftung bezeichnet man darüber hinaus<br />
auch je<strong>de</strong>s sonstige außervertragliche „Einstehen müssen“ für Schä<strong>de</strong>n (außervertragliche<br />
Haftung).<br />
Die Haftung <strong>und</strong> Gewährleistung kann, abhängig von <strong><strong>de</strong>r</strong> Ausgestaltung <strong><strong>de</strong>r</strong> jeweiligen vertraglichen<br />
Beziehungen, unterschiedlichen gesetzlichen Maßstäben unterliegen. So gelten insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e<br />
bei unentgeltlichen Verträgen vielfach weitreichen<strong>de</strong> Gewährleistungs- <strong>und</strong> Haftungserleichterungen,<br />
während bei <strong><strong>de</strong>r</strong> entgeltlichen Softwareüberlassung voll gehaftet wird. Von <strong>de</strong>n gesetzlichen<br />
Regelungen können die Vertragsparteien innerhalb bestimmter gesetzlicher Grenzen abweichen<br />
<strong>und</strong> einen schärferen o<strong><strong>de</strong>r</strong> mil<strong><strong>de</strong>r</strong>en Haftungs- <strong>und</strong> Gewährleistungsmaßstab vertraglich vereinbaren.<br />
Behör<strong>de</strong>n sollten darauf bedacht sein, dass die Haftung <strong>und</strong> Gewährleistung nicht zu ihrem<br />
Nachteil ausgeschlossen wird. Wer<strong>de</strong>n diese Vereinbarungen nicht wirksam getroffen, etwa<br />
weil man sich außerhalb <strong>de</strong>s gesetzlich zulässigen Rahmens befin<strong>de</strong>t, gilt wie<strong><strong>de</strong>r</strong>um <strong><strong>de</strong>r</strong> gesetzliche<br />
Haftungsmaßstab. Gesetzlich zulässig <strong>und</strong> in <strong><strong>de</strong>r</strong> Praxis verbreitet ist die Vereinbarung einer<br />
zusätzlichen vertraglichen Haftung. Distributoren von OSS bieten vielfach die vertragliche Übernahme<br />
<strong>de</strong>s Haftungsrisikos ihrer K<strong>und</strong>en gegenüber Ansprüchen Dritter an („In<strong>de</strong>mnification Program“,<br />
„Assurance Program“ o.ä.)<br />
Für die Behör<strong>de</strong> kommen bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Migration zu OSS unterschiedliche vertragliche Haftungs- <strong>und</strong><br />
Gewährleistungsschuldner in Betracht. Einerseits können Ansprüche gegenüber <strong>de</strong>m Distributor<br />
o<strong><strong>de</strong>r</strong> sonstigen Lieferanten <strong><strong>de</strong>r</strong> Software bestehen. An<strong><strong>de</strong>r</strong>erseits können dort, wo die Behör<strong>de</strong> eine<br />
Open-Source-Lizenz erworben hat, um die Software zu verän<strong><strong>de</strong>r</strong>n, zu vervielfältigen <strong>und</strong> weiterzu-