Rechtliche Aspekte der Nutzung, Verbreitung und ... - Bund.de
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16 4 <strong>Nutzung</strong> von OSS durch die öffentliche Hand<br />
<strong>und</strong> zwar dann, wenn <strong><strong>de</strong>r</strong> Rechtsinhaber <strong>de</strong>n Abschluss eines Lizenzvertrags wünscht. Anbieter<br />
proprietärer Programme verlangen regelmäßig vom Erwerber einer Standardsoftware, dass dieser<br />
neben <strong>de</strong>m Kaufvertrag mit <strong>de</strong>m Einzelhändler ein zusätzliches "End User License Agreement"<br />
(EULA) mit <strong>de</strong>m Rechtsinhaber direkt abschließt. Dieser Lizenzvertrag soll typischerweise durch<br />
das Anwählen eines "o.k."-Buttons o<strong><strong>de</strong>r</strong> die Benutzung <strong><strong>de</strong>r</strong> Software zustan<strong>de</strong> kommen. 18 Die<br />
Wirksamkeit entsprechen<strong><strong>de</strong>r</strong> Verträge wird von namhaften Fachautoren mit guten Argumenten verneint.<br />
19 Gerichtsentscheidungen liegen hierzu allerdings nicht vor. Es fehlt an entsprechen<strong>de</strong>n Klagen<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Rechtsinhaber gegen die K<strong>und</strong>en auf Einhaltung <strong><strong>de</strong>r</strong> oftmals restriktiven Lizenzverträge.<br />
Demgegenüber ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Vertrieb von OSS über Einzel- o<strong><strong>de</strong>r</strong> Zwischenhändler beziehungsweise<br />
Dienstleister weniger problematisch. Solange die Behör<strong>de</strong> die Software lediglich bestimmungsgemäß<br />
benutzt, kommt es überhaupt nicht zum Abschluss eines Lizenzvertrags mit <strong>de</strong>n Rechtsinhabern.<br />
Ist aber ein Lizenzvertrag erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>lich, weil die Behör<strong>de</strong> die Rechte aus <strong><strong>de</strong>r</strong> GPL o<strong><strong>de</strong>r</strong> einer<br />
an<strong><strong>de</strong>r</strong>en OSS-Lizenz wahrnehmen möchte (etwa weil man Vervielfältigungen o<strong><strong>de</strong>r</strong> Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen<br />
<strong>de</strong>s Programms vornehmen möchte), so wirft das dadurch entstehen<strong>de</strong> Dreipersonenverhältnis<br />
weniger rechtliche Probleme auf als im Fall <strong><strong>de</strong>r</strong> EULAs. Während die OSS-Lizenz <strong>de</strong>m Nutzer<br />
Rechte einräumt, die über die bereits nach <strong>de</strong>m Gesetz erlaubte bestimmungsgemäße Benutzung<br />
hinausgehen, beschränken EULAs diese Rechte, in<strong>de</strong>m Weitergabeverbote, CPU-Klauseln <strong>und</strong><br />
Ähnliches zulasten <strong>de</strong>s Nutzers vereinbart wer<strong>de</strong>n. Warum aber sollte ein Nutzer, <strong><strong>de</strong>r</strong> durch <strong>de</strong>n<br />
Erwerb einer rechtmäßig in Verkehr gebrachten Programmkopie bereits das Recht zur bestimmungsgemäßen<br />
Benutzung gemäß §§ 69d <strong>und</strong> § 69e UrhG erworben hat, nachträglich einer Beschränkung<br />
dieser Rechte zustimmen wollen? Es ist mehr als fragwürdig, ein Anwählen <strong>de</strong>s "o.k."-<br />
Buttons als Zustimmung zu werten, wenn <strong>de</strong>m Nutzer keine an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Möglichkeit offen steht, die bereits<br />
erworbene Software überhaupt verwen<strong>de</strong>n zu können. Diese spezifischen Probleme <strong><strong>de</strong>r</strong> EU-<br />
LAs treffen auf OSS-Lizenzen nicht zu.<br />
4.2 Urheberrecht<br />
4.2.1 Einleitung<br />
Eine zweite Gruppe von rechtlichen Argumenten, die angeblich gegen <strong>de</strong>n Einsatz von OSS sprechen,<br />
betrifft urheberrechtliche Fragen. So wird von Anbietern proprietärer Lösungen häufig ins<br />
Feld geführt, dass die Rechtseinräumung in <strong>de</strong>n üblicherweise genutzten OSS-Lizenzen nicht mit<br />
<strong>de</strong>m <strong>de</strong>utschen Urheberrecht vereinbar sei. Auch wird auf ein erhöhtes Risiko <strong><strong>de</strong>r</strong> Verletzung von<br />
Urheberrechten Dritter beim Einsatz von OSS <strong>und</strong> daraus folgen<strong>de</strong> Scha<strong>de</strong>nsersatzansprüche verwiesen.<br />
Die in diesem Zusammenhang genannten Rechtsfragen führen in <strong><strong>de</strong>r</strong> Praxis jedoch zu<br />
keinen nennenswerten Gefahren für die Nutzer. Im Vergleich zu üblichen Lizenzbedingungen proprietärer<br />
Software zeigt sich vielmehr, dass die <strong>Nutzung</strong> von OSS für Behör<strong>de</strong>n in urheberrechtlicher<br />
Sicht von Vorteil ist.<br />
18 Vgl. zu <strong>de</strong>n heute üblichen Vertragsgestaltungen in diesem Bereich exemplarisch Marly, Softwareüberlassungverträge<br />
(5. Aufl. 2009), S. 400 ff. mit zahlreichen Beispielen aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Vertragspraxis.<br />
19 So im Ergebnis auch Marly, a.a.O., S. 409; vgl. auch Dreier/Schulze-Dreier, Urheberrechtsgesetz (3. Aufl.<br />
2008), § 69c, Rz. 33; Re<strong>de</strong>ker, IT-Recht (4. Aufl. 2007), S. 170 f.