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«Das Personal ist mein<br />
Familienersatz»<br />
Johanna Baumann (92) zog vor elf Jahren ins Pflegezentrum<br />
Brunnmatt. Diesen Entscheid hat sie nie bereut. In der Brunnmatt<br />
fand sie einen Zufluchtsort und ein soziales Umfeld.<br />
«Alle haben mich davor gewarnt, ins Altersheim zu gehen»,<br />
erzählt Johanna Baumann. Sie hat damals alle skeptischen<br />
Stimmen in den Wind geschlagen. So lebt die frühere Handarbeitslehrerin<br />
seit über elf Jahren im Pflegezentrum Brunnmatt<br />
in Liestal. Ihren Entscheid, dorthin zu ziehen, hat sie keine<br />
einzige Sekunde bereut. «Aber ich bin ein Spezialfall», erzählt<br />
die bald 93-Jährige aus ihrem Leben voller Schicksalsschläge.<br />
Als 12-Jährige erkrankte sie an Hüftarthrose und Rheuma;<br />
körperliche Einschränkungen gehören seither zu ihrem Alltag.<br />
Glückliche Stunden mit Enkelkindern waren ihr nicht vergönnt,<br />
ihr einziges Kind ist gestorben.<br />
Früher lebte Johanna Baumann im eigenen Haus, bevor sie<br />
mit ihrem Mann in eine Wohnung umzog. Vor über 20 Jahren<br />
ist ihr Ehegatte gestorben. «Nach zehn Jahren als Witwe sah ich<br />
keinen Sinn mehr, ständig eine Wohnung auf Hochglanz zu<br />
polieren», erinnert sie sich an ihren bewussten Entscheid, ins<br />
Altersheim zu gehen. Die Brunnmatt wurde zu ihrem idealen<br />
Zufluchtsort, dort fand sie ein soziales Umfeld. «Das Personal<br />
ist mein Familienersatz», sagt Johanna Baumann. Sie schätzt<br />
das selbstbestimmte Wohnen im Pflegezentrum und die Tatsache,<br />
dass ihre Privatsphäre stets gewährleistet bleibt. Sie<br />
bekommt die Pflege, die ihren Alltag erleichtert: Täglich muss<br />
«Gern würde ich mich mit neuen Medien auskennen»,<br />
sagt die hellwache Seniorin Johanna Baumann.<br />
ihr Rücken eingerieben werden, eine Pflegerin träufelt Tropfen<br />
in ihre Augen. «Sonst brauche ich nicht viel, mir geht es gut»,<br />
berichtet sie.<br />
Etwas schwergefallen sei ihr im September 2012 allerdings<br />
der Umzug vom Altbau in den Erweiterungsbau. «Man sollte<br />
alte Bäume nicht verpflanzen», fällt der Rentnerin dazu ein.<br />
Inzwischen habe sie sich aber bestens eingelebt und geniesst<br />
die Aussicht aus dem grossen Fenster. Überhaupt haut sie so<br />
schnell nichts um. Als Bauerstochter habe sie wichtige Werte<br />
wie Bescheidenheit und Fleiss mit auf den Weg bekommen,<br />
blickt die Seniorin zurück. «Trotz meiner körperlichen Einschränkung<br />
wollte ich mit allen und allem Schritt halten.<br />
Das hat mich stark gemacht.»<br />
Johanna Baumann beobachtet das Zeitgeschehen mit<br />
grossem Interesse. Zwischendurch nimmt sie sich das Recht<br />
heraus, ihre Gedanken schriftlich festzuhalten – ihre manchmal<br />
auch etwas provokativen Beiträge wurden schon im Jahresbericht<br />
des Pflegezentrums Brunnmatt gedruckt. «Gern würde ich<br />
mich mit neuen Medien auskennen», erklärt sie. Und für die<br />
Menschen, die im Pflegezentrum arbeiten, wünscht sie sich in<br />
der Gesellschaft mehr Wertschätzung. «Hoffentlich werden die<br />
Pflegenden nie durch Roboter ersetzt.»<br />
LiMa Januar–Februar 2013 – 25 –