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Die verfassungsgebende Gewalt des Volkes und die ... - Hauke Möller

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II. Französische Revolution 19<br />

sich also darauf, in der Verfassung das Recht der Nation zur Verfassungsgebung<br />

zu bekräftigen, ihr aber zugleich zu empfehlen, davon<br />

keinen Gebrauch zu machen.<br />

Artikel 1 <strong>des</strong> Titels VII über <strong>die</strong> Verfassungsrevision der Verfassung<br />

von 1791 erhielt <strong>die</strong> Fassung: »<strong>Die</strong> <strong>verfassungsgebende</strong> Nationalversammlung<br />

erklärt, daß <strong>die</strong> Nation das unverjährbare Recht hat,<br />

ihre Verfassung zu ändern; <strong>und</strong> dennoch, da es dem nationalen Interesse<br />

angemessener ist, nur mit den in der Verfassung selbst ergriffenen<br />

Mitteln das Recht zu gebrauchen, darin <strong>die</strong> Artikel zu reformieren, deren<br />

Nachteile <strong>die</strong> Erfahrung gezeigt hat, ordnet sie an, daß dabei durch<br />

eine Revisionsversammlung in der folgenden Form vorgegangen werden<br />

soll: (. . . )« 64 . Im Anschluß daran wurde ein recht restriktives <strong>und</strong><br />

langwieriges Verfahren zur Verfassungsänderung festgelegt.<br />

<strong>Die</strong> Frage einer gänzlich neuen Verfassung stellte sich bereits im<br />

Juli 1792. <strong>Die</strong> Nationalversammlung erörterte Möglichkeiten, den König<br />

abzusetzen 65 . Ein Redner trug vor, daß <strong>die</strong> geltende Verfassung<br />

dafür kein Hindernis darstellen könne, da das französische Volk jederzeit<br />

das Recht zur Verfassungsänderung habe. Der Parlamentspräsident<br />

wollte <strong>die</strong>se Äußerung als verfassungswidrig bewerten <strong>und</strong> rief<br />

den Redner zur Ordnung. <strong>Die</strong> Versammlung lehnte <strong>die</strong> Auffassung<br />

ihres Präsidenten jedoch fast einstimmig ab <strong>und</strong> erteilte ihm ihrerseits<br />

einen Ordnungsruf 66 .<br />

auf Sieyes zu berufen (Merkel, a. a. O., S. 154). Merkel wird damit der Schrift über den<br />

Dritten Stand nicht gerecht. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, daß Sieyes <strong>die</strong> seinerzeit<br />

von ihm verkündete Lehre für falsch hielt. Aber selbst, wenn dem so wäre: Er hat<br />

nun einmal mit dem Werk »Qu’est-ce que le Tiers état?« <strong>die</strong> Lehre von der <strong>verfassungsgebende</strong>n<br />

<strong>Gewalt</strong> geprägt. Wenn Sieyes dabei für sich heimliche Vorbehalte gemacht<br />

haben sollte, würde das an der Wirkungsgeschichte der Schrift nichts ändern.<br />

64 »L’Assemblée nationale constituante déclare que la Nation a le droit imprescriptible<br />

de changer sa Constitution; et néanmoins, considérant qu’il est plus conforme à l’intérêt<br />

national d’user seulement, par les moyens pris dans la Constitution même, du droit d’en<br />

réformer les articles dont l’expérience aurait fait sentir les inconvénients, décrète qu’il y<br />

sera procédé par une Assemblée de révision en la forme suivante: (. . . )«.<br />

65 Ludwig XVI. hatte seine Bereitschaft erkennen lassen, auch mit Hilfe ausländischer<br />

Soldaten seine Position als absoluter Monarch zurückzugewinnen. Nachdem Frankreich<br />

am 20. April 1792 Österreich den Krieg erklärt hatte, blockierte er mit seinem Veto<br />

Gesetzgebungsprojekte, <strong>die</strong> dazu bestimmt waren, Frankreichs Verteidigungsbereitschaft<br />

zu verbessern. Er wurde im August 1972 gestürzt <strong>und</strong> schließlich am 21. Januar<br />

1793 hingerichtet (Soboul, <strong>Die</strong> Große Französische Revolution, S. 193 ff., S. 210 ff. <strong>und</strong><br />

S. 247 ff.; vgl. Hartmann, Französische Verfassungsgeschichte der Neuzeit, S. 51 f.).<br />

66 Zweig, <strong>Die</strong> Lehre vom Pouvoir Constituant, S. 326; Leisner, Verfassunggebung <strong>und</strong>

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