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Die verfassungsgebende Gewalt des Volkes und die ... - Hauke Möller

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I. Art. 146 GG n. F. 221<br />

mit der Wiedervereinigung erledigt hat, eine Antwort zu geben 988 . <strong>Die</strong><br />

Bedeutung <strong>des</strong> Art. 146 GG n. F. blieb dann auch umstritten. Vielfach<br />

wird angenommen, Art. 146 GG a. F. habe mit dem Vollzug der Wiedervereinigung<br />

jede Bedeutung verloren, <strong>und</strong> Art. 146 GG n. F. sei eine<br />

Neuschöpfung <strong>des</strong> verfassungsändernden Gesetzgebers, <strong>die</strong> <strong>des</strong>halb<br />

an Art. 79 Abs. 3 GG geb<strong>und</strong>en sein müsse 989 .<br />

Demgegenüber wurde bereits gezeigt, daß Art. 146 GG a. F. sich<br />

mit Vollzug der Wiedervereinigung keineswegs erledigt hat 990 . <strong>Die</strong><br />

Schlußbestimmung sah in ihrer alten Fassung vor, daß das Gr<strong>und</strong>gesetz<br />

einer Neubetätigung der <strong>verfassungsgebende</strong>n <strong>Gewalt</strong> <strong>des</strong> <strong>Volkes</strong><br />

nicht im Wege stehen würde. Es sollte nur bis zu dem Tag gelten,<br />

an dem eine vom deutschen Volk in freier Entscheidung beschlossene<br />

Verfassung in Kraft treten würde. <strong>Die</strong> Anwendung <strong>des</strong> Artikels<br />

war nicht an den Zeitpunkt der Wiedervereinigung geb<strong>und</strong>en. In<br />

Art. 146 GG a. F. war vielmehr <strong>die</strong> Kompetenz <strong>des</strong> pouvoir constituant<br />

anerkannt, jederzeit das Gr<strong>und</strong>gesetz durch eine neue Verfassung zu<br />

ersetzen.<br />

<strong>Die</strong> Neufassung <strong>des</strong> Art. 146 GG kann daran nichts geändert haben.<br />

Zu den durch Art. 79 Abs. 3 GG für unabänderlich erklärten<br />

Inhalten gehört auch der in Art. 20 Abs. 2 S. 1 GG niedergelegte<br />

988 <strong>Die</strong> Bun<strong>des</strong>regierung hatte allerdings in einer »Denkschrift zum Einigungsvertrag«,<br />

<strong>die</strong> mit dem Vertrag als Bestandteil der Gesetzesmaterialien in den Bun<strong>des</strong>tag eingebracht<br />

wurde, ein bestimmtes Verständnis <strong>des</strong> reformierten Art. 146 GG niedergelegt.<br />

Zur Neufassung <strong>des</strong> Art. 146 GG heißt es dort (BT-Drucks. 11/7760, 355, 359): »Der<br />

Wortlaut macht deutlich, daß <strong>die</strong> Arbeiten zur Novellierung von Verfassungsbestimmungen<br />

in dem im Gr<strong>und</strong>gesetz verankerten Verfahren erfolgen <strong>und</strong> den Anforderungen<br />

<strong>des</strong> Artikels 79 <strong>des</strong> Gr<strong>und</strong>gesetzes uneingeschränkt unterliegen mit der Folge,<br />

daß Verfassungsänderungen einer Zweidrittelmehrheit in den gesetzgebenden Körperschaften<br />

bedürfen.«<br />

Gelegentlich wird angenommen, <strong>die</strong>se Denkschrift zum Einigungsvertrag müsse bei<br />

der Auslegung <strong>des</strong> Art. 146 GG n. F. eine besondere Beachtung finden, weil sie <strong>die</strong> Auffassung<br />

der Vertragsparteien widergebe (Isensee, Braucht Deutschland eine neue Verfassung?,<br />

S. 46 f.; vgl. Herdegen, <strong>Die</strong> Verfassungsänderungen im Einigungsvertrag, S. 6<br />

<strong>und</strong> S. 28). Dem kann nicht gefolgt werden. Auch wenn Bun<strong>des</strong>tag <strong>und</strong> Bun<strong>des</strong>rat den<br />

Vertrag nur im Ganzen annehmen oder ablehnen konnten, lag <strong>die</strong> Kompetenz zur Änderung<br />

<strong>des</strong> Gr<strong>und</strong>gesetzes allein bei <strong>die</strong>sen Organen. Soweit es bei der Auslegung der<br />

Verfassungsänderungen auf <strong>die</strong> Absichten <strong>des</strong> Normgebers ankommt, bleiben <strong>des</strong>halb<br />

<strong>die</strong> – offenbar nicht einheitlichen – Vorstellungen der Parlamentarier <strong>und</strong> der Lan<strong>des</strong>regierungen<br />

entscheidend, nicht <strong>die</strong> der Regierungen von Bun<strong>des</strong>republik <strong>und</strong> DDR.<br />

989 Vgl. oben Abschnitt C. III. 1. auf Seiten 74–80.<br />

990 Vgl. oben Abschnitt C. III. auf Seiten 74–107.

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