Die verfassungsgebende Gewalt des Volkes und die ... - Hauke Möller
Die verfassungsgebende Gewalt des Volkes und die ... - Hauke Möller
Die verfassungsgebende Gewalt des Volkes und die ... - Hauke Möller
- Keine Tags gefunden...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
I. Entstehungsgeschichte 121<br />
blieben auch dann der <strong>verfassungsgebende</strong>n <strong>Gewalt</strong> vorbehalten,<br />
wenn – wie in der Weimarer Reichsverfassung – keine entsprechende<br />
Klausel vorhanden sei. <strong>Die</strong>se Ansicht setzte sich zwar nicht durch,<br />
wurde aber weithin wahrgenommen 547 . Bei Vorliegen einer ausdrücklichen<br />
Revisionsschranke hielt Schmitt es für klar, daß <strong>die</strong>se nicht<br />
selber im Wege <strong>des</strong> Verfassungsrevisionsverfahrens beseitigt werden<br />
könne 548 . Walter Jellinek legte dagegen in einer 1931 erschienenen<br />
Abhandlung zu den »Grenzen der Verfassungsgesetzgebung« <strong>die</strong><br />
Ansicht dar, es sei unmöglich, einen Teil der Verfassung für unabänderlich<br />
zu erklären. Der Staat befinde sich in ewiger Entwicklung,<br />
<strong>und</strong> eine Unabänderlichkeitsklausel übersteige <strong>die</strong> Grenzen der <strong>verfassungsgebende</strong>n<br />
<strong>Gewalt</strong>. Schon <strong>die</strong> Revolution sei der schlagendste<br />
Beweis für <strong>die</strong> Unmöglichkeit der Unabänderlichkeitsklausel 549 . Möglich<br />
sei aber ein Verbot, das <strong>die</strong> Unabänderlichkeit nur so lange gelten<br />
lasse, bis <strong>die</strong> Klausel selbst im verfassungsändernden Verfahren aufgehoben<br />
sei 550 .<br />
Der Schweizer Hans Nef vertrat 1942 <strong>die</strong> Auffassung, wenn eine<br />
Verfassung eine Revisionsschranke aufstelle, könne es nicht in ihrem<br />
Sinne sein, <strong>die</strong> Schranke zu beseitigen. Eine solche Schranke teile <strong>die</strong><br />
Verfassung in verschiedene Stufen ein 551 . <strong>Die</strong> Beschränkung einer <strong>Gewalt</strong><br />
könne nur durch Normen einer höheren Stufe erfolgen, an welche<br />
sie dann regelmäßig geb<strong>und</strong>en sei. <strong>Die</strong> Revisionsschranke könne<br />
nicht beseitigt werden, weil sie selbst der oberen Stufe angehöre<br />
552 . Dagegen kam in einer 1947 veröffentlichten Untersuchung der<br />
Schweizer Hans Haug zu dem Ergebnis, Revisionsverbote stellten nur<br />
eine Warnung dar. <strong>Die</strong> Revisionsgewalt sei der Souverän im Staat <strong>und</strong><br />
könne daher nicht absolut geb<strong>und</strong>en sein. Bestünden ausdrückliche<br />
Schranken der Verfassungsrevision, sei der Verfassungsgeber an <strong>die</strong>se<br />
nur bis zu ihrer formell korrekten Beseitigung geb<strong>und</strong>en 553 .<br />
Als in Deutschland in den meisten der nach 1945 entstandenen<br />
Länderverfassungen Revisionsverbote festgelegt wurden, war deren<br />
547Vgl. zur Lehre Carl Schmitts <strong>die</strong> Darstellung oben in Abschnitt B. III. auf Seiten<br />
26–29.<br />
548Carl Schmitt, Verfassungslehre, S. 106.<br />
549Walter Jellinek, Grenzen der Verfassungsgesetzgebung, S. 23.<br />
550Walter Jellinek, Grenzen der Verfassungsgesetzgebung, S. 24.<br />
551Nef, Zeitschrift für schweizerisches Recht, N. F. 61 (1942), 108, 120.<br />
552Nef, Zeitschrift für schweizerisches Recht, N. F. 61 (1942), 108, 122 f.<br />
553Haug, <strong>Die</strong> Schranken der Verfassungsrevision, S. 182 f.