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Rechtsfragen der Flugsicherung Rechtsgutachten im Auftrag des ...

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<strong>Rechtsfragen</strong> <strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong><br />

<strong>Rechtsgutachten</strong><br />

<strong>im</strong> <strong>Auftrag</strong> <strong>des</strong><br />

Landratsamts Waldshut<br />

erstellt von<br />

Prof. Dr. Joach<strong>im</strong> Wieland, LL.M.<br />

Institut für Öffentliches Recht<br />

Johann Wolfgang Goethe-Universität<br />

Frankfurt am Main<br />

März 2006


- 2 -<br />

A. GUTACHTENAUFTRAG ....................................................................................... 3<br />

B. SACHBERICHT..................................................................................................... 7<br />

I. Die Entwicklung <strong>der</strong> Luftverkehrsverwaltung bis 1992 .......................................................................... 7<br />

II. Die Rechtslage nach Grundgesetzän<strong>der</strong>ung und Organisationsprivatisierung 1992 ............................ 8<br />

III. Die Entwicklung <strong>der</strong> europäischen Luftraumarchitektur zum einheitlichen europäischen<br />

Luftraum.............................................................................................................................................................. 12<br />

IV. Der Entwurf eines <strong>Flugsicherung</strong>sgesetzes......................................................................................... 17<br />

V. Die Luftraumüberwachung durch die schweizerische Skyguide AG und ihr luftverkehrsrechtlicher<br />

Rahmen ................................................................................................................................................................ 21<br />

C. DIE WAHRNEHMUNG VON FLUGSICHERUNGSDIENSTEN DURCH PRIVATE<br />

................................................................................................................................. 25<br />

I. Die verfassungsrechtlichen Vorgaben für eine Kapitalprivatisierung –Art. 87 d Abs. 1 Satz 1 und 2<br />

GG 25<br />

II. Zum Einfluss <strong>des</strong> Europarechts auf die Organisation <strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong>............................................ 37<br />

D. DIE WAHRNEHMUNG VON FLUGSICHERUNGSDIENSTEN DURCH DIE<br />

SCHWEIZERISCHE AG ZUR FÜR ZIVILE UND MILITÄRISCHE FLUGSICHERUNG<br />

(„SKYGUIDE“)......................................................................................................... 39<br />

I. Die Rechtsstellung <strong>der</strong> „Skyguide“ nach schweizerischem Recht – Gesetzliche Beleihungsfiktion<br />

nach § 16 FSG-E.................................................................................................................................................. 39<br />

II. Die einfachgesetzlichen Grenzen <strong>der</strong> Betätigung <strong>der</strong> „Skyguide“ <strong>im</strong> deutschen Luftraum ............... 40<br />

III. Das Gebot zur Einbindung in die Bun<strong>des</strong>verwaltung nach Art. 87d GG ........................................ 44<br />

IV. Hoheitsrechtsübertragung an einen Privaten? – Der Rahmen <strong>der</strong> Artt. 24, 59 GG....................... 46<br />

V. Die Einwirkungen völkerrechtlicher Bindungen <strong>der</strong> Europäischen Gemeinschaft............................. 49<br />

E. ERGEBNISSE IN THESEN.................................................................................. 54


A. Gutachtenauftrag<br />

- 3 -<br />

Die Bun<strong>des</strong>regierung hat am 14. Dezember 2005 einen Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung<br />

<strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong> in den Bun<strong>des</strong>tag eingebracht.<br />

Gesetzentwurf <strong>der</strong> Bun<strong>des</strong>regierung, Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung <strong>der</strong><br />

<strong>Flugsicherung</strong>, BT/Drs. 16/240 (<strong>im</strong> Folgenden abgekürzt FSG-E).<br />

Der Gesetzentwurf wurde nach <strong>der</strong> ersten Beratung in <strong>der</strong> 11. Sitzung <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>tages am 19.<br />

Januar 2006 in die Ausschüsse – fe<strong>der</strong>führend: Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung<br />

– verwiesen.<br />

Deutscher Bun<strong>des</strong>tag, Plenarprotokoll 16/11, 749 (C) – 754 (D).<br />

Der Gesetzentwurf ist einerseits durch Än<strong>der</strong>ungen <strong>im</strong> europarechtlichen Rahmen <strong>der</strong> Luftsicherheit<br />

veranlasst, an<strong>der</strong>erseits beabsichtigt <strong>der</strong> Gesetzgeber die Kapitalprivatisierung <strong>der</strong><br />

Deutschen <strong>Flugsicherung</strong> GmbH (<strong>im</strong> Folgenden: DFS), um <strong>der</strong>en Chancen <strong>im</strong> europäischen<br />

Wettbewerb auf dem sich abzeichnenden Luftsicherungsmarkt zu verbessern.<br />

Die Europäische Gemeinschaft hat durch ein Verordnungspaket aus dem Jahr 2004 die Architektur<br />

<strong>des</strong> europäischen Luftraums grundlegend umgestaltet. Neben <strong>der</strong> Neuzeichnung <strong>des</strong><br />

Rahmens <strong>der</strong> Luftraumaufteilung,<br />

VO Nr. 549/2004 <strong>des</strong> Europäischen Parlaments und <strong>des</strong> Rates vom 10. März 2004 zur<br />

Festlegung <strong>des</strong> Rahmens für die Schaffung eines einheitlichen europäischen Luftraums<br />

(„Rahmenverordnung“), ABl. EU Nr. L 96 S. 1.<br />

<strong>der</strong> Nutzungsbedingungen eines einheitlichen europäischen Luftraums,<br />

VO Nr. 551/2004 <strong>des</strong> Europäischen Parlaments und <strong>des</strong> Rates vom 10. März 2004 über<br />

die Ordnung und Nutzung <strong>des</strong> Luftraums <strong>im</strong> einheitlichen europäischen Luftraum<br />

(„Luftraum-Verordnung“), ABl. EU Nr. L 96 S. 20.<br />

und <strong>der</strong> Herstellung von Interoperabilität <strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong>stechnik durch einen kohärenten<br />

Gemeinschaftsrechtsrahmen<br />

VO Nr. 552/2004 <strong>des</strong> Europäischen Parlaments und <strong>des</strong> Rates vom 10. März 2004 über<br />

die Interoperabilität <strong>des</strong> europäischen Flugverkehrsmanagementnetzes („Interoperabilitäts-Verordnung“),<br />

ABl. EU Nr. L 96 S. 26.<br />

erfährt die Erbringung von <strong>Flugsicherung</strong>sdiensten eine grundlegende Umgestaltung und<br />

erstmalige europäische, gemeinschaftsrechtliche Fundierung. Wesentlicher Regelungsgegenstand<br />

<strong>der</strong> „<strong>Flugsicherung</strong>sdienste-Verordnung“


- 4 -<br />

Nr. 550/2004 <strong>des</strong> Europäischen Parlaments und <strong>des</strong> Rates vom 10. März 2004 über die<br />

Erbringung von <strong>Flugsicherung</strong>sdiensten <strong>im</strong> einheitlichen europäischen Luftraum<br />

(„<strong>Flugsicherung</strong>sdienste-Verordnung“), ABl. EU Nr. L 96 S. 10.<br />

ist die Schaffung eines Rahmens für die Erbringung von <strong>Flugsicherung</strong>sdiensten durch in den<br />

Mitgliedstaaten <strong>im</strong> Wege <strong>der</strong> Zertifizierung anerkannte und von den Flugaufsichtsbehörden<br />

funktionell getrennte <strong>Flugsicherung</strong>sorganisationen.<br />

Die gemeinschaftsrechtlichen Regelungen binden als Verordnungen nach Art. 249 Abs. 2 EG<br />

die Bun<strong>des</strong>republik Deutschland, ohne dass es eines weiteren Umsetzungsaktes bedürfte. Sie<br />

lösen aber einen erheblichen Anpassungsbedarf, namentlich <strong>im</strong> Luftverkehrsrecht, aus. Insbeson<strong>der</strong>e<br />

die gemeinschaftsrechtlich nunmehr gebotene Trennung von <strong>Flugsicherung</strong>s- und<br />

Aufsichtsorganisationen ist <strong>im</strong> geltenden deutschen Luftverkehrsrecht nur ansatzweise verwirklicht.<br />

Der Gesetzentwurf <strong>der</strong> Bun<strong>des</strong>regierung sieht insoweit die Schaffung eines Bun<strong>des</strong>amtes<br />

für <strong>Flugsicherung</strong> vor. Dieses soll unmittelbar <strong>der</strong> Fach- und Rechtaufsicht <strong>des</strong><br />

Bun<strong>des</strong>ministeriums für Verkehr, Bau und Wohnungswesen [nunmehr: Bun<strong>des</strong>ministerium<br />

für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung] unterstehen.<br />

Vgl. § 2 FSG-E.<br />

Die Erbringung von <strong>Flugsicherung</strong>sdienstleistungen soll <strong>im</strong> Wege <strong>der</strong> Beleihung von selbstständigen<br />

<strong>Flugsicherung</strong>sorganisationen wahrgenommen werden.<br />

Vgl. §§ 3 ff. FSG-E.<br />

Derzeit ist mit <strong>der</strong> Wahrnehmung <strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong> in Deutschland nach § 31b LuftVG die<br />

DFS GmbH betraut. Bei dieser handelt es sich um eine juristische Person <strong>des</strong> Privatrechts,<br />

<strong>der</strong>en Gesellschaftsanteile in<strong>des</strong> – <strong>der</strong> Vorgabe <strong>des</strong> § 31 b LuftVG gelten<strong>der</strong> Fassung folgend<br />

– ausschließlich vom Bund gehalten werden. Der Gesetzentwurf n<strong>im</strong>mt nun den europarechtlich<br />

bedingten Regulierungsbedarf zum Anlass, den Bereich <strong>der</strong> reinen Organisationsprivatisierung<br />

zu verlassen und eine Kapitalprivatisierung <strong>der</strong> DFS GmbH zu ermöglichen. Die Motivation<br />

<strong>des</strong> Gesetzgebers ist die Verbesserung <strong>der</strong> Wettbewerbsfähigkeit <strong>der</strong> DFS auf dem<br />

erwarteten europäischen Markt <strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong>s-Leistungserbringer.<br />

Vgl. die Begründung <strong>des</strong> Gesetzentwurfs <strong>der</strong> Bun<strong>des</strong>regierung zur Neuregelung <strong>der</strong><br />

<strong>Flugsicherung</strong>, BT/Drs. 16/240, S. 1 f.: „Gleichzeitig werden die Voraussetzungen für<br />

eine Kapitalprivatisierung <strong>der</strong> bislang bun<strong>des</strong>eigenen DFS geschaffen, um auf diese<br />

Weise besser zur Erhaltung und Stärkung <strong>der</strong> Konkurrenzfähigkeit <strong>des</strong> Unternehmens<br />

<strong>im</strong> Hinblick auf die zu erwartende Umorganisation <strong>der</strong> europäischen Luftraumstruktur<br />

beitragen zu können.“<br />

Die funktionelle Trennung von <strong>Flugsicherung</strong>saufsicht und -dienstleistung einerseits und die<br />

Kapitalprivatisierung an<strong>der</strong>erseits sind damit in unterschiedlichem Maße durch die Vorgaben


- 5 -<br />

<strong>des</strong> europäischen Sekundärrechts best<strong>im</strong>mt. Beide werden aber einen erheblichen Einfluss auf<br />

die Aufsichts- und Anbieterstrukturen in <strong>der</strong> Luftraumsicherung haben.<br />

Dies gilt insbeson<strong>der</strong>e auch für die Erbringung grenzüberschreiten<strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong>sdienstleistungen<br />

in südwestdeutschen Luftraum. Hier wird die <strong>Flugsicherung</strong> seit Jahrzehnten nicht<br />

durch deutsche Behörden o<strong>der</strong> die DFS GmbH selbst wahrgenommen, son<strong>der</strong>n durch die<br />

Schweizerische AG für zivile und militärische <strong>Flugsicherung</strong> („Skyguide“). Grundlage für<br />

<strong>der</strong>en Tätigkeit ist <strong>der</strong>zeit ein Vertrag mit <strong>der</strong> DFS GmbH („technisches Übereinkommen“).<br />

Schon vor <strong>der</strong> Organisationsprivatisierung <strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong> in Deutschland warf die Wahrnehmung<br />

von genuin hoheitlichen <strong>Flugsicherung</strong>saufgaben durch schweizerische Stellen erhebliche<br />

verfassungsrechtliche Probleme auf. Diese hat ein vom Bun<strong>des</strong>verkehrsministerium<br />

<strong>im</strong> Jahr 1982 in <strong>Auftrag</strong> gegebenes Gutachten belegt.<br />

Böckstiegel/Reifarth, Die Luftaufsicht <strong>im</strong> südwestdeutschen Raum, insbeson<strong>der</strong>e die<br />

Einschaltung <strong>der</strong> schweizerischen Luftaufsicht und die An- und Abflüge zum und vom<br />

Flughafen Zürich <strong>im</strong> deutschen Luftraum, ZLW 32 (1983), 183 ff.<br />

Vor diesem Hintergrund ist <strong>der</strong> Frage nachzugehen, ob die zwischenzeitliche Organisationsprivatisierung<br />

Auswirkungen auf die verfassungsrechtlichen Bedenken hat und ob sich <strong>im</strong><br />

Zuge <strong>der</strong> <strong>im</strong> Entwurf eines <strong>Flugsicherung</strong>sgesetzes vorgesehenen Rechtsän<strong>der</strong>ungen die Vorgaben<br />

für eine Kooperation mit <strong>der</strong> schweizerischen Skyguide weiter verschieben. Anlass<br />

dafür geben europarechtliche Vorgaben. Hier ist insbeson<strong>der</strong>e fraglich, welche Auswirkungen<br />

insoweit das bilaterale Luftverkehrsabkommen zwischen <strong>der</strong> Schweiz und <strong>der</strong> Europäischen<br />

Gemeinschaft, das am 1. Juni 2002 in Kraft getreten ist,<br />

Abkommen zwischen <strong>der</strong> Europäischen Gemeinschaft und <strong>der</strong> Schweizerischen Eidgenossenschaft<br />

über den Luftverkehr, ABl. EG 2002, L 114, 73 ff.<br />

nach Umsetzung <strong>des</strong> Single European Sky (<strong>im</strong> Folgenden: SES)-Programmes <strong>im</strong> bilateralen<br />

Verhältnis <strong>der</strong> Schweiz zur Bun<strong>des</strong>republik hat.<br />

Auch <strong>der</strong> Entwurf eines <strong>Flugsicherung</strong>sgesetzes selbst könnte die Tätigkeit <strong>der</strong> Skyguide auf<br />

eine neue Rechtsgrundlage stellen. Hier könnte eine Beleihungsfiktion aus den Übergangsregelungen<br />

<strong>des</strong> Gesetzentwurfes einschlägig sein. Dieser sieht in § 16 Abs. 1 vor, dass die<br />

Deutsche <strong>Flugsicherung</strong> GmbH bis zur Beleihung als beliehene <strong>Flugsicherung</strong>sorganisation<br />

gilt und dass diese „bis zur Beleihung zur Wahrnehmung <strong>der</strong> bislang ausgeübten Aufgaben<br />

berechtigt und verpflichtet“ ist. Nach § 16 Abs. 2 FSG-E gilt die Regelung <strong>des</strong> Abs. 1 entsprechend<br />

„für an<strong>der</strong>e Stellen o<strong>der</strong> Personen nach § 31b Abs. 1 Satz 2 <strong>des</strong> Luftverkehrsgesetzes<br />

in <strong>der</strong> jeweils geltenden Fassung, die vor dem 1. Juli 2006 mit <strong>Flugsicherung</strong>saufgaben<br />

beauftragt worden sind, längstens jedoch bis zum 30. Juni 2007.“


- 6 -<br />

Gesetzentwurf, BT/Drs. 16/240, S. 13. Dazu heißt es in <strong>der</strong> Begründung, daselbst, S.<br />

28: „Für die DFS, die bislang durch Verordnung mit <strong>der</strong> Wahrnehmung <strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong>sdienste<br />

beauftragt war, ist eine Übergangsregelung zu schaffen, die zunächst sicherstellt,<br />

dass bis auf Weiteres die DFS als beliehene <strong>Flugsicherung</strong>sorganisation gilt<br />

und die bisher ausgeübten Aufgaben <strong>im</strong> Wesentlichen, d. h. sofern dem nicht abweichende<br />

Regelungen entgegenstehen, zu den bisherigen Bedingungen bis zu einer förmlichen<br />

Beleihung weiter ausführt. (…) Absatz 2 trifft eine entsprechende Regelung für<br />

Stellen o<strong>der</strong> Personen, die mit <strong>Flugsicherung</strong>saufgaben beauftragt waren, die nicht von<br />

<strong>der</strong> DFS wahrgenommen worden sind. Dies betrifft die nach dem bisherigen § 31b<br />

Abs. 1 Satz 2 (alt) LuftVG ergangenen Beleihungen einzelner natürlicher Personen.“<br />

Das Gutachten wird in drei Schritten vorgehen:<br />

1. Den rechtlichen Erwägungen vorangestellt wird die Darstellung <strong>der</strong> Organisationsformen<br />

<strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong> in Deutschland und ihrer rechtlichen Grundlagen in <strong>der</strong> Entwicklung bis<br />

hin zu ihrer heutigen Gestalt. Hierbei wird auch das zunehmend dichtere europarechtliche<br />

Regelungsgefüge kontrastierend und ergänzend dargelegt. In diesem Zusammenhang werden<br />

die Regelungen <strong>des</strong> FSG-Entwurfes eingefügt. Die tatsächlichen Ausführungen schließlich<br />

konzentrieren sich auf die beson<strong>der</strong>e Situation <strong>im</strong> südwestdeutschen Luftraum und auf die<br />

Einbeziehung <strong>der</strong> schweizerischen Skyguide AG in die <strong>Flugsicherung</strong> (B.).<br />

2. Die rechtlichen Ausführungen werden zunächst die Neuregelungen <strong>des</strong> <strong>Flugsicherung</strong>sgesetzes<br />

unter dem Gesichtspunkt <strong>der</strong> Kapitalprivatisierung und <strong>der</strong> Beleihung <strong>der</strong> Deutsche<br />

<strong>Flugsicherung</strong> GmbH in den Blick nehmen (C.). Ausgehend von den bisherigen einfachgesetzlichen<br />

Regelungen sollen <strong>der</strong>en verfassungsrechtliche Maßstabsnormen – namentlich<br />

Art. 87d GG – näher entfaltet werden (C.I.). Sodann sind – dem (beschränkten) Anwendungsvorrang<br />

<strong>des</strong> Europarechts auch vor deutschem Verfassungsrecht entsprechend – die verfassungsrechtlichen<br />

Ergebnisse daraufhin zu überprüfen, ob ihnen europarechtliche Vorgaben<br />

entgegenstehen o<strong>der</strong> jedenfalls eine abweichende Beurteilung zulassen o<strong>der</strong> erfor<strong>der</strong>n (C.II.).<br />

3. In einem weiteren Schritt sind die rechtlichen Erörterungen auf die schweizerische Skyguide<br />

AG zu erstrecken. Hier gilt es zunächst, Klarheit über den Status und die Rolle <strong>der</strong> Skyguide<br />

nach schweizerischem Recht zu erlangen (D.I). Vor diesem Hintergrund wird das verwaltungsrechtliche<br />

Instrumentarium <strong>des</strong> Luftverkehrgesetzes darauf untersucht werden, ob es <strong>der</strong><br />

Betätigung <strong>der</strong> schweizerischen Skyguide unmittelbar o<strong>der</strong> auch mittelbar, etwa <strong>im</strong> Rahmen<br />

<strong>des</strong> Flughafenplanfeststellungsverfahrens, Grenzen setzen kann (D.II.). Sodann werden die<br />

verfassungsrechtlichen Grenzen <strong>der</strong> „Beauftragung“ <strong>der</strong> Skyguide mit <strong>der</strong> Wahrnehmung hoheitlicher<br />

<strong>Flugsicherung</strong>saufgaben <strong>im</strong> deutschen Luftraum erörtert werden: Neben dem schon<br />

angesprochenen Art. 87d GG (D.III.) in seiner verwaltungsorganisationsrechtlichen D<strong>im</strong>ension<br />

sind hier vor allem Fragen <strong>der</strong> Hoheitsrechtsübertragung bzw. -beschränkung <strong>im</strong> Sinne <strong>des</strong><br />

Art. 24 Abs. 1 GG angesprochen (D.IV.). Auch die insoweit gefundenen Ergebnisse sind auf<br />

ihre Europarechtskonformität hin zu überprüfen. Diese Prüfung mündet letztlich in <strong>der</strong> Erörterung<br />

von Fragen völkerrechtlicher Beziehungen <strong>der</strong> Europäischen Gemeinschaft zum Nicht-<br />

Mitgliedstaat Schweiz (D.V.)<br />

Die Ausführungen schließen mit einer Zusammenfassung <strong>der</strong> wesentlichen Gutachtenergebnisse<br />

in Thesenform (E.)


B. Sachbericht<br />

- 7 -<br />

I. Die Entwicklung <strong>der</strong> Luftverkehrsverwaltung bis 1992<br />

Die Luftverkehrsverwaltung in <strong>der</strong> Bun<strong>des</strong>republik Deutschland war bei Inkrafttreten <strong>des</strong><br />

Grundgesetzes mit <strong>der</strong> Bun<strong>des</strong>gesetzgebungskompetenz in Art. 73 Nr. 6 GG nur rud<strong>im</strong>entär<br />

geregelt. Die Luftverkehrsverwaltung oblag ausschließlich den Besatzungsmächten. Erst nach<br />

dem Ende <strong>der</strong> Besatzungsherrschaft gemäß den Pariser Verträgen erlangte die Bun<strong>des</strong>republik<br />

1955 die Lufthoheit zurück.<br />

Zum Ganzen Trampler, Verfassungs- und unternehmensrechtliche Probleme <strong>der</strong> bun<strong>des</strong>deutschen<br />

<strong>Flugsicherung</strong>, 1993, S. 35 ff.; Horn, in: v. Mangoldt/Kein/Starck<br />

(Hrsg.), GG, Kommentar, Band 3, 5. Aufl. 2005, Art. 87d Rdn. 1.<br />

Der Bund machte mit <strong>der</strong> Errichtung <strong>des</strong> Luftfahrt-Bun<strong>des</strong>amtes (urspr.: Bun<strong>des</strong>-<br />

Luftfahrtamt) und <strong>der</strong> Bun<strong>des</strong>amtes für <strong>Flugsicherung</strong>, die nach Rückübertragung <strong>der</strong> vollen<br />

Verantwortung für die Zivilluftfahrt an die Bun<strong>des</strong>republik <strong>im</strong> Zuge <strong>des</strong> Überleitungsvertrages<br />

BGBl. II 1954, 227.<br />

in den Jahren 1953 und 1954 errichtet worden waren,<br />

Gesetz über die Bun<strong>des</strong>anstalt für <strong>Flugsicherung</strong> vom 23.03.1953, BGBl. I, 70; Gesetz<br />

über das Bun<strong>des</strong>-Luftfahrtamt vom 30.11.1954, BGBl. I, 354. Dazu Lischka, VerwArch<br />

79 (1988), 445 ff.<br />

von <strong>der</strong> ihm eingeräumten Gesetzgebungs- und Verwaltungskompetenz nur begrenzt<br />

Gebrauch. Dem Regelfall <strong>der</strong> Ausführung <strong>der</strong> Bun<strong>des</strong>gesetze durch die Län<strong>der</strong> als eigene<br />

Angelegenheiten nach Art. 83 GG entsprechend vollzogen die Län<strong>der</strong> die bun<strong>des</strong>rechtlichen<br />

Vorschriften über den Luftverkehr <strong>im</strong> Übrigen in eigener Verwaltungszuständigkeit. Im Wege<br />

einer Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Län<strong>der</strong>n wurden die jeweiligen Zuständigkeiten<br />

gegeneinan<strong>der</strong> abgegrenzt.<br />

Dem unabweisbaren Bedarf nach einer klaren gesetzlichen Zuständigkeitszuordnung kam <strong>der</strong><br />

verfassungsän<strong>der</strong>nde Gesetzgeber durch das am 16. Februar 1961 in Kraft getretene „Gesetz<br />

zur Einfügung eines Artikels über die Luftverkehrsverwaltung in das GG“ nach und fügte<br />

Art. 87c – nach heutiger Zählung Art. 87d – ein.<br />

BGBl. I, S. 65.<br />

Nach <strong>des</strong>sen Abs. 1 wurde und wird die Luftverkehrsverwaltung grundsätzlich in bun<strong>des</strong>eigener<br />

Verwaltung geführt; Art. 2 enthielt als Neuerung die Zulassung <strong>der</strong> <strong>Auftrag</strong>sverwaltung


- 8 -<br />

durch die Län<strong>der</strong>, die damit die Län<strong>der</strong>tätigkeit auf Grundlage <strong>der</strong> Verwaltungsvereinbarung<br />

zwischen ihnen und dem Bund ersetzte.<br />

Näher zum Ganzen Schwenk/Giemulla, Handbuch <strong>des</strong> Luftverkehrsrechts, 3. Aufl.,<br />

2005, S. 56 ff.; Trampler, Verfassungs- und unternehmensrechtliche Probleme <strong>der</strong><br />

bun<strong>des</strong>deutschen <strong>Flugsicherung</strong>, 1993, S. 44 ff.<br />

II. Die Rechtslage nach Grundgesetzän<strong>der</strong>ung und Organisationsprivatisierung<br />

1992<br />

Die <strong>Flugsicherung</strong> in Deutschland wurde dementsprechend bis vor 15 Jahren <strong>im</strong> Grundsatz<br />

durch die Bun<strong>des</strong>anstalt für <strong>Flugsicherung</strong> wahrgenommen. Die Übertragung hoheitlicher<br />

Aufgaben auf private Stellen war in<strong>des</strong> in Randbereichen möglich: Beispiele hierfür bildeten<br />

etwa die Beauftragung von Regionalfluglotsen nach § 31 b Abs. 2 Satz 2 LuftVG, die Verantwortlichkeit<br />

<strong>des</strong> Luftfahrzeugführers für die Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung<br />

an Bord nach § 29 Abs. 3 LuftVG o<strong>der</strong> auch die grundsätzliche Privatisierung <strong>des</strong> Prüfwesens<br />

für Luftfahrtgerät.<br />

Näher: Schwenk/Giemulla, Handbuch <strong>des</strong> Luftverkehrsrechts, 3. Aufl., 2005, S. 59 ff.,<br />

71 ff.<br />

Eine sog. Organisationsprivatisierung, d.h. die grundsätzliche Übertragung <strong>der</strong> Wahrnehmung<br />

von <strong>Flugsicherung</strong>saufgaben auf Akteure in privater Rechtsform, strebte <strong>der</strong> Bun<strong>des</strong>gesetzgeber<br />

mit dem Entwurf eines 10. Gesetzes zur Än<strong>der</strong>ung <strong>des</strong> Luftverkehrsgesetzes an.<br />

Gesetzentwurf <strong>der</strong> Bun<strong>des</strong>regierung vom 21.03.1990, BT/Drs. 11/6745.<br />

Der Gesetzgeber sah durch die hoheitliche und behördenmäßige Erbringung von <strong>Flugsicherung</strong>sdiensten<br />

seitens <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>amtes für <strong>Flugsicherung</strong> die für die flüssige Abwicklung <strong>des</strong><br />

Luftverkehrs erfor<strong>der</strong>liche Flexibilität nicht mehr gegeben. Mit <strong>der</strong> Schaffung <strong>der</strong> Möglichkeit,<br />

<strong>Flugsicherung</strong>sdienste durch ein in <strong>der</strong> Rechtform <strong>der</strong> GmbH geführtes <strong>Flugsicherung</strong>sunternehmen<br />

zu erbringen, wollte <strong>der</strong> Gesetzgeber hinreichende Flexibilität zur Qualitätssicherung<br />

und Bezahlung <strong>des</strong> eingesetzten Personals erlangen.<br />

Begründung, BT/Drs. 11/6745, S. 20.<br />

Rechtstechnisch wollte <strong>der</strong> Gesetzgeber dieses Ziel durch die Beauftragung <strong>des</strong> privaten Unternehmens<br />

seitens <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>verkehrministeriums mit <strong>der</strong> Erbringung von <strong>Flugsicherung</strong>sdiensten<br />

erreichen. Grundsätzlich sollte das LuftVG mit den §§ 27 c und 31b bis 31d seine<br />

heutige Gestalt erhalten.<br />

Vgl. BT/Drs. 11/6745, S. 8 ff. Näher Thyssen, DÖV 1989, 1073 ff.


- 9 -<br />

Bun<strong>des</strong>präsident von Weizsäcker unterzeichnete jedoch das vom Parlament verabschiedete<br />

Gesetz nicht, weil er es nach Ausübung seines Prüfungsrechts für verfassungswidrig hielt.<br />

Dazu Epping, JZ 1991, 1102 (1105 ff.); Riedel/Schmidt, DÖV 1991, 371 (372 ff.).<br />

Namentlich die Organisationsprivatisierung erachtete er für unvereinbar mit dem Vorbehalt<br />

<strong>der</strong> Ausübung hoheitlicher Befugnisse durch Angehörige <strong>des</strong> öffentlichen Dienstes in Art. 33<br />

Abs. 4 GG und für unvereinbar mit <strong>der</strong> Zuweisung <strong>der</strong> Staatsaufgabe „Luftverkehrsverwaltung“<br />

zur staatlichen bun<strong>des</strong>eigenen Verwaltung nach Art. 87d Abs. 1 GG.<br />

Unterrichtung durch den Bun<strong>des</strong>präsidenten vom 22.01.1991, BT/Drs. 12/67, S. 1 f.<br />

Der Bun<strong>des</strong>gesetzgeber respektierte die Rechtsauffassung <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>präsidenten und ergänzte<br />

Art. 87d Abs. 1 GG um Satz 2.<br />

Entwurf eines Gesetzes zur Än<strong>der</strong>ung <strong>des</strong> Grundgesetzes, BT/Drs. 12/1800.<br />

Der verfassungsän<strong>der</strong>nde Gesetzgeber wollte auf diesem Wege die in Aussicht genommene<br />

Organisationsprivatisierung ermöglichen. Damit sollte erreicht werden, „dass die <strong>Flugsicherung</strong>saufgaben<br />

künftig von einer Gesellschaft <strong>des</strong> privaten Rechts (GmbH) wahrgenommen<br />

werden, <strong>der</strong>en Geschäftsanteile alle vom Bund gehalten werden“.<br />

Begründung <strong>des</strong> Entwurfs eines Gesetzes zur Än<strong>der</strong>ung <strong>des</strong> Grundgesetzes, BT/Drs.<br />

12/1800, S. 3.<br />

Der neue Satz 2 <strong>des</strong> Art. 87d Abs. 1 GG zielte darauf, dass zwar <strong>im</strong> Grundsatz die Form <strong>der</strong><br />

bun<strong>des</strong>eigenen Verwaltung für den Bereich <strong>des</strong> Luftverkehrs beibehalten werden konnte, dass<br />

jedoch die Möglichkeit geschaffen werde, „durch Bun<strong>des</strong>gesetz auch an<strong>der</strong>e Organisationsformen<br />

zu wählen. Das schließt ein, juristische Personen <strong>des</strong> Privatrechts zu bilden, ihnen<br />

einige o<strong>der</strong> alle Aufgaben <strong>der</strong> Luftverkehrsverwaltung zu übertragen und die Befugnis einzuräumen,<br />

diese Aufgaben <strong>im</strong> eigenen Namen in den Handlungsformen <strong>des</strong> öffentlichen Rechts<br />

wahrzunehmen. (…) Es handelt sich insoweit um eine ,Beleihung’, die (…) die Übertragung<br />

staatlicher (hoheitlicher) Aufgaben auf Privatrechtssubjekte zur Wahrnehmung <strong>im</strong> eignen<br />

Namen umfasst. (…) Die vorgeschlagene Formulierung ermöglicht es außerdem, Teilbereiche<br />

<strong>der</strong> Luftverkehrsverwaltung weiterhin in bun<strong>des</strong>eigener Verwaltung und an<strong>der</strong>e Teilbereiche<br />

in mittelbarer Bun<strong>des</strong>verwaltung zu führen o<strong>der</strong> auf Privatrechtssubjekte zu übertragen“.<br />

Begründung, Entwurf eines Gesetzes zur Än<strong>der</strong>ung <strong>des</strong> Grundgesetzes, BT/Drs.<br />

12/1800, S. 3 f. So auch die Beschlussempfehlung <strong>des</strong> Rechtsausschusses, BT/Drs.<br />

12/2450, S. 4.


- 10 -<br />

Der Bun<strong>des</strong>gesetzgeber hat den ihm durch Än<strong>der</strong>ung <strong>des</strong> Art. 87d GG erwachsenden Regelungsspielraum<br />

in Form <strong>des</strong> parallel dazu eingebrachten – und insoweit mit dem ursprünglichen<br />

Regierungsentwurf übereinst<strong>im</strong>menden – 10. Än<strong>der</strong>ungsgesetzes zum Luftverkehrsgesetzes<br />

genutzt.<br />

Entwurf eines Gesetzes zur Än<strong>der</strong>ung <strong>des</strong> Luftverkehrsgesetzes vom 11.12.1991,<br />

BT/Drs. 12/1801.<br />

Neben <strong>der</strong> materiellen Definition <strong>des</strong> Aufgabenspektrums <strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong> in § 27c LuftVG<br />

Vgl. dazu die Begründung <strong>des</strong> Entwurfs eines Gesetzes zur Än<strong>der</strong>ung <strong>des</strong> Luftverkehrsgesetzes<br />

vom 11.12.1991, BT/Drs. 12/1801, S. 17.<br />

hat <strong>der</strong> Bun<strong>des</strong>gesetzgeber in § 31b LuftVG das Bun<strong>des</strong>ministerium für Verkehr [nunmehr:<br />

Bun<strong>des</strong>ministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung] ermächtigt, „durch Rechtsverordnung<br />

ohne Zust<strong>im</strong>mung <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>rates eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, <strong>der</strong>en<br />

Anteile ausschließlich vom Bund gehalten werden, mit <strong>der</strong> Wahrnehmung von in § 27c<br />

genannten Aufgaben <strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong> zu beauftragen (<strong>Flugsicherung</strong>sunternehmen)“.<br />

Luftverkehrsgesetz (LuftVG), RGBl. I 1922, 681, neugefasst durch Bek. v. 27.3.1999<br />

BGBl. I, S. 550; zuletzt geän<strong>der</strong>t durch Art. 48 G v. 21.6.2005, BGBl. I, S. 1818.<br />

Im Falle <strong>der</strong> Beauftragung untersteht das <strong>Flugsicherung</strong>sunternehmen <strong>der</strong> Rechts- und bei <strong>der</strong><br />

Wahrnehmung <strong>der</strong> Aufgaben <strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong>sbetriebsdienste <strong>der</strong> Fachaufsicht <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>verkehrministeriums,<br />

das die Ausübung seiner Aufsichtsrechte auf das Luftfahrt-Bun<strong>des</strong>amt<br />

übertragen kann (vgl. § 31d Abs. 2 LuftVG).<br />

Dem verfassungsän<strong>der</strong>nden Gesetzgeber war bewusst, dass die nach Art. 87d Abs. 1 GG gefor<strong>der</strong>te<br />

bun<strong>des</strong>eigene Wahrnehmung <strong>der</strong> Verwaltungsaufgabe „Luftverkehr“ sich nicht auf<br />

die „Ausübung von Aufsichtsbefugnissen, wie weit o<strong>der</strong> eng diese <strong>im</strong> Einzelfall auch ausgestaltet<br />

sein mögen,“ reduzieren lässt. „Aufsicht ist qualitativ etwas an<strong>der</strong>es als eigene Verwaltung.<br />

Im Übrigen sind zur effektiven Erfüllung hoheitlicher Aufgaben Weisungs- und Durchgriffsrechte<br />

<strong>des</strong> Verwaltungsträgers <strong>im</strong> Einzelfall notwendig. Derartige Rechte sind jedoch<br />

zwangsläufig eingeschränkt, wenn eine Organisationsform <strong>des</strong> Privatrechts gewählt wird.“<br />

Begründung <strong>des</strong> Entwurfs eines Gesetzes zur Än<strong>der</strong>ung <strong>des</strong> Grundgesetzes, BT/Drs.<br />

12/1800, S. 3.<br />

Der Bun<strong>des</strong>gesetzgeber hat die Steuerungsverluste in Folge <strong>der</strong> Organisationsprivatisierung<br />

und den latenten Wi<strong>der</strong>spruch zum Grundsatz <strong>der</strong> bun<strong>des</strong>eigenen Verwaltung nach Art. 87d<br />

Abs. 1 Satz 1 GG bei <strong>der</strong> Novellierung <strong>des</strong> Luftverkehrsgesetzes erkannt und durch entsprechende<br />

gesellschaftsrechtliche Steuerungsinstrumente <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> zu kompensieren gesucht.<br />

Die Nutzung einer privaten Organisationsform <strong>im</strong> Rahmen <strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong> hat nach § 31b


- 11 -<br />

Abs. 1 LuftVG zur Voraussetzung, dass die Anteile an <strong>der</strong> Gesellschaft vom Bund gehalten<br />

werden.<br />

Begründung, Entwurf eines Gesetzes zur Än<strong>der</strong>ung <strong>des</strong> Luftverkehrsgesetzes vom<br />

11.12.1991, BT/Drs. 12/1801, S. 19: „Die Hoheitsaufgaben <strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong> können<br />

damit auf eine privatrechtliche Organisation übertragen werden. Wegen <strong>der</strong> Beschränkung<br />

in Art. 87d Abs. 1 GG (bun<strong>des</strong>eigene Verwaltung) ist <strong>der</strong> Bund Alleingesellschafter<br />

<strong>der</strong> GmbH. Damit ist <strong>der</strong> je<strong>der</strong>zeit mögliche und <strong>im</strong> Einzelfall notwendige<br />

Durchgriff <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> in die Aufgabenerfüllung bei <strong>der</strong> Gesellschaft gewährleistet.“<br />

Der Bun<strong>des</strong>minister für Verkehr hat durch Verordnung vom 11. November 1992 die DFS<br />

GmbH mit <strong>der</strong> Wahrnehmung <strong>der</strong> in § 27c Abs. 2 LuftVG genannten Aufgaben <strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong><br />

beauftragt.<br />

Verordnung zur Beauftragung eines <strong>Flugsicherung</strong>sunternehmens (FS-<strong>Auftrag</strong>sV)<br />

vom 11.11.1992, BGBl. I, S. 1928.<br />

Die für die Wahrnehmung <strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong>sdienstleistungen durch die DFS GmbH wesentlichen<br />

Vorschriften <strong>des</strong> Luftverkehrsgesetzes lauten wie folgt:<br />

LuftVG § 27c<br />

(1) <strong>Flugsicherung</strong> dient <strong>der</strong> sicheren, geordneten und flüssigen Abwicklung <strong>des</strong> Luftverkehrs.<br />

(2) Sie umfasst insbeson<strong>der</strong>e folgende Aufgaben:<br />

1. die <strong>Flugsicherung</strong>sbetriebsdienste, zu denen gehören<br />

a) die Flugverkehrskontrolle zur Überwachung und Lenkung <strong>der</strong> Bewegungen <strong>im</strong> Luftraum<br />

und auf den Rollflächen von Flugplätzen, einschließlich <strong>der</strong> Überprüfung, Warnung und Umleitung<br />

von Luftfahrzeugen <strong>im</strong> Luftraum,<br />

b) die Verkehrsflussregelung und die Steuerung <strong>der</strong> Luftraumnutzung,<br />

c) die Flugberatung, ausgenommen Flugwetterberatung,<br />

d) die Mitwirkung be<strong>im</strong> Such- und Rettungsdienst für Luftfahrzeuge,<br />

e) die Übermittlung von <strong>Flugsicherung</strong>sinformationen;<br />

2. die flugsicherungstechnischen Dienste, zu denen gehören<br />

a) die Beschaffung, <strong>der</strong> Einbau und die Abnahme <strong>der</strong> flugsicherungstechnischen Einrichtungen,<br />

b) <strong>der</strong> Betrieb, die Instandhaltung und die Überwachung <strong>der</strong> flugsicherungstechnischen Einrichtungen,<br />

c) die Entwicklung und Pflege <strong>der</strong> Anwendungsprogramme in <strong>der</strong> elektronischen Datenverarbeitung<br />

für die <strong>Flugsicherung</strong>;<br />

3. die Planung und die Erprobung von Verfahren und Einrichtungen für die <strong>Flugsicherung</strong>;<br />

4. die Sammlung und die Bekanntgabe von Nachrichten für die Luftfahrt sowie die Herstellung<br />

und die Herausgabe <strong>der</strong> Karten sowie <strong>der</strong> Veröffentlichung von Verfahrensvorschriften für die<br />

Luftfahrt.<br />

(…)<br />

LuftVG § 29<br />

(1) Die Abwehr von betriebsbedingten Gefahren für die Sicherheit <strong>des</strong> Luftverkehrs sowie für die öffentliche<br />

Sicherheit o<strong>der</strong> Ordnung durch die Luftfahrt (Luftaufsicht) ist Aufgabe <strong>der</strong> Luftfahrtbehörden<br />

und <strong>der</strong> für die <strong>Flugsicherung</strong> zuständigen Stelle. Sie können in Ausübung <strong>der</strong> Luftaufsicht Verfügungen<br />

erlassen. (…)<br />

(2) Die Luftfahrtbehörden können diese Aufgaben auf an<strong>der</strong>e Stellen übertragen o<strong>der</strong> sich an<strong>der</strong>er geeigneter<br />

Personen als Hilfsorgane für best<strong>im</strong>mte Fälle bei <strong>der</strong> Wahrnehmung <strong>der</strong> Luftaufsicht bedienen.<br />

(…)<br />

LuftVG § 31b


- 12 -<br />

(1) Das Bun<strong>des</strong>ministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung<br />

ohne Zust<strong>im</strong>mung <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>rates eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, <strong>der</strong>en Anteile<br />

ausschließlich vom Bund gehalten werden, mit <strong>der</strong> Wahrnehmung von in § 27c genannten Aufgaben <strong>der</strong><br />

<strong>Flugsicherung</strong> zu beauftragen (<strong>Flugsicherung</strong>sunternehmen). Darüber hinaus kann das Bun<strong>des</strong>ministerium<br />

für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen geeignete natürliche Personen mit <strong>der</strong> Wahrnehmung einzelner<br />

Aufgaben nach § 27c Abs. 2 beauftragen. (…)<br />

(5) Das <strong>Flugsicherung</strong>sunternehmen kann sich mit Zust<strong>im</strong>mung <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>ministeriums für Verkehr,<br />

Bau- und Wohnungswesen zur Erfüllung seiner Aufgaben an an<strong>der</strong>en Unternehmen beteiligen o<strong>der</strong> Unternehmen<br />

erwerben o<strong>der</strong> errichten. Seine Verantwortlichkeit für die ordnungsgemäße Erfüllung <strong>der</strong><br />

ihm übertragenen Aufgaben bleibt unberührt. Die Zust<strong>im</strong>mung stellt keine Beleihung dar. (…)<br />

LuftVG § 31d<br />

(1) Die Beauftragung nach den §§ 31a bis 31c ist nur zulässig, wenn <strong>der</strong> zu Beauftragende einwilligt<br />

und hinreichende Gewähr für die ordnungsgemäße Erfüllung <strong>der</strong> Aufgabe bietet. Sind diese Voraussetzungen<br />

nicht mehr erfüllt, wird die Beauftragung ohne Entschädigung zurückgezogen.<br />

(2) Die Beauftragten nach den §§ 31a und 31c arbeiten nach den Richtlinien <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>ministeriums<br />

für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen und unterstehen seiner Rechts- und Fachaufsicht. Beauftragte<br />

nach § 31b unterstehen <strong>der</strong> Rechtsaufsicht <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>ministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen;<br />

die Beauftragte nach § 31b Abs. 1 Satz 1 untersteht bei <strong>der</strong> Wahrnehmung <strong>der</strong> Aufgaben nach<br />

§ 27c Abs. 2 Nr. 1 <strong>der</strong> Fachaufsicht <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>ministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen;<br />

Beauftragte nach § 31b Abs. 1 Satz 2 unterstehen bei <strong>der</strong> Wahrnehmung <strong>der</strong> Aufgaben <strong>der</strong> Fachaufsicht<br />

<strong>des</strong> <strong>Flugsicherung</strong>sunternehmens. (…).<br />

III. Die Entwicklung <strong>der</strong> europäischen Luftraumarchitektur zum einheitlichen<br />

europäischen Luftraum<br />

1. EUROCONTROL<br />

Um den grundsätzlich transnationalen Anfor<strong>der</strong>ungen an die Flugsicherheit genügen zu können,<br />

wurde schon vor 45 Jahren eine gemeinsame Sicherheitsarchitektur <strong>im</strong> traditionell in<br />

relativ kleine Lufträume zersplitterten europäischen Luftraum in Betracht gezogen. Im Jahre<br />

1960 wurde unter Beteiligung <strong>der</strong> Bun<strong>des</strong>republik durch das Abkommen zur Schaffung einer<br />

„Europäischen Organisation zur Sicherung <strong>der</strong> Luftfahrt“ mit EUROCONTROL eine zwischenstaatliche<br />

Einrichtung geschaffen, die mit <strong>der</strong> Bewirtschaftung <strong>des</strong> Luftraums und insbeson<strong>der</strong>e<br />

<strong>der</strong> Wahrnehmung von <strong>Flugsicherung</strong>sdiensten betraut werden konnte.<br />

Siehe das Transformationsgesetz vom 14.12.1962, BGBl. II, S. 2273.<br />

EUROCONTROL n<strong>im</strong>mt heute <strong>Flugsicherung</strong>saufgaben <strong>im</strong> Luftraum über Norddeutschland<br />

und den Benelux-Staaten wahr. Die Hoheitsrechtsübertragung an EUROCONTROL beschäftigte<br />

auf <strong>der</strong> Ebene <strong>des</strong> Rechtsschutzes <strong>im</strong> Jahr 1981 auch das Bun<strong>des</strong>verfassungsgericht.<br />

BVerfGE 58, 1 ff.; BVerfGE 59, 63 ff.<br />

In<strong>des</strong> führte <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>stand einiger Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong>sorganisation, die nicht bereit<br />

waren, <strong>Flugsicherung</strong>sdienste auf EUROCONTROL zu übertragen, zu einem Bedeutungsverlust<br />

von EUROCONTROL und <strong>der</strong> Renationalisierung <strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong>. Erst <strong>im</strong>


- 13 -<br />

Jahr 1997 gewann EUROCONTROL durch Ausdehnung auf den mittel- und osteuropäischen<br />

Luftraum wie<strong>der</strong> verstärkt an Bedeutung, namentlich in <strong>der</strong> Setzung technischer Standards.<br />

Zum Ganzen: EUROCONTROL, 1963-2003 – „40 years of service to European aviation“,<br />

www.eurocontrol.com; Schwenk/Schwenk, ZLW 42 (1993), 121 (123 ff.);<br />

Trampler, Verfassungs- und unternehmensrechtliche Probleme <strong>der</strong> bun<strong>des</strong>deutschen<br />

<strong>Flugsicherung</strong>, 1993, S. 46 ff.<br />

Um <strong>der</strong> Verbindlichkeit dieser Standards <strong>im</strong> Gemeinschaftsrechtsrahmen willen ist die Europäische<br />

Gemeinschaft dem „Eurocontrol“-Übereinkommen <strong>im</strong> Jahre 2002 beigetreten.<br />

Protokoll über den Beitritt <strong>der</strong> Europäischen Gemeinschaft zum Internationalen Übereinkommen<br />

vom 13. Dezember 1960 über Zusammenarbeit zur Sicherung <strong>der</strong> Luftfahrt<br />

Eurocontrol entsprechend den verschiedenen vorgenommenen Än<strong>der</strong>ungen in <strong>der</strong><br />

Neufassung <strong>des</strong> Protokolls vom 27. Juni 1997, ABl. EG Nr. L 304 vom 30.09.2004, S.<br />

210 ff., siehe KOM(2003) 555 endg.<br />

In Fragen <strong>der</strong> technischen Standardsetzung ist auf Gemeinschaftsebene in Ergänzung zu EU-<br />

ROCONTROL ein wesentlicher Schritt mit <strong>der</strong> Errichtung <strong>der</strong> Europäischen Agentur für<br />

Flugsicherheit (EASA) erfolgt.<br />

VO EG Nr. 1592/2002, ABl. L 240 v. 07.09.2002, S. 1 ff.; Mitteilung <strong>der</strong> Kommission,<br />

Erweiterung <strong>der</strong> Aufgaben <strong>der</strong> Europäischen Agentur für Flugsicherheit – Blick<br />

auf 2010, KOM(2005) 578 endg.<br />

2. Single European Sky<br />

Hintergrund ist das verstärkte Bemühen <strong>der</strong> Europäischen Gemeinschaft um eine Reorganisation<br />

<strong>des</strong> Europäischen Luftraums. Seit 1996 verfolgte die Kommission das Ziel, das national<br />

organisierte Luftraummanagement durch ein europäisches System zur regulierten Nutzung<br />

<strong>des</strong> Luftraums zu ersetzen („Single European Sky“ – SES). Dessen Verwirklichung ist mit<br />

dem eingangs in Bezug genommenen Verordnungspaket aus dem Jahr 2004 weitgehend gelungen.<br />

Zu den Inhalten <strong>der</strong> Verordnungen <strong>im</strong> Überblick Scherer, EuZW 2005, 268 ff.<br />

Das Verordnungspaket betrifft vorrangig „den Marktplatz für Luftverkehrsdienstleistungen<br />

und <strong>der</strong>en Rahmenbedingungen; die Organisationsstruktur <strong>der</strong> Diensteanbieter, insbeson<strong>der</strong>e<br />

<strong>der</strong> in zahlreichen Mitgliedstaaten noch als Teil <strong>der</strong> Staatsverwaltung organisierten <strong>Flugsicherung</strong>sorganisationen<br />

bleibt weitgehend unberührt“.<br />

Scherer, EuZW 2005, 268 (268).<br />

Allerdings enthält die Rahmenverordnung


- 14 -<br />

VO EG Nr. 249/2004, ABl. L 96 v. 31.3.2004, S. 1 ff.<br />

die bindende Vorgabe, dass die mitgliedstaatlichen Aufsichtsbehörden „über eine hinreichende<br />

Unabhängigkeit gegenüber <strong>Flugsicherung</strong>sorganisationen“, also den Erbringern <strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong>sdienste<br />

verfügen.<br />

9. Erwägungsgrund, VO EG Nr. 249/2004, ABl. L 96 v. 31.3.2004, S. 2.<br />

Die Gemeinschaft erkennt in<strong>des</strong> an, dass <strong>Flugsicherung</strong>sdienste in den Mitgliedstaaten Behörden<br />

vergleichbar sein können. Sie for<strong>der</strong>t auch in diesem Fall eine „funktionale o<strong>der</strong> strukturelle<br />

Trennung“, räumt aber ein, dass sie „je nach Mitgliedstaat sehr unterschiedliche<br />

Rechtsformen“ annehmen können.<br />

10. Erwägungsgrund, VO EG Nr. 249/2004, ABl. L 96 v. 31.3.2004, S. 2.<br />

Der Grundsatz <strong>der</strong> funktionalen Trennung von Aufsichtsbehörde und <strong>Flugsicherung</strong>sorganisation<br />

hat sich in Art. 4 <strong>der</strong> VO EG Nr. 249/2004 nie<strong>der</strong>geschlagen.<br />

„Artikel 4<br />

Nationale Aufsichtsbehörden<br />

(1) In den Mitgliedstaaten werden eine o<strong>der</strong> mehrere Stellen als nationale Aufsichtsbehörde benannt o<strong>der</strong><br />

eingerichtet, die die Aufgaben wahrnehmen, die dieser Behörde aufgrund dieser Verordnung und<br />

<strong>der</strong> in Artikel 3 genannten Maßnahmen übertragen werden.<br />

(2) Die nationalen Aufsichtsbehörden sind von den <strong>Flugsicherung</strong>sorganisationen unabhängig. Diese<br />

Unabhängigkeit ist durch eine ausreichende Trennung — zumin<strong>des</strong>t auf funktionaler Ebene—zwischen<br />

nationalen Aufsichtsbehörden und <strong>Flugsicherung</strong>sorganisationen sicherzustellen. Die Mitgliedstaaten<br />

sorgen dafür, dass die nationalen Aufsichtsbehörden ihre Befugnisse unparteiisch und transparent ausüben.<br />

(…)“.<br />

Eine best<strong>im</strong>mte privatrechtliche o<strong>der</strong> öffentlich-rechtliche Ausgestaltung <strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong><br />

seitens <strong>der</strong> Mitgliedstaaten ist in<strong>des</strong> in keine Richtung durch die Verordnung vorgegeben.<br />

Dies stellt auch die Europäische Kommission deutlich heraus:<br />

„Die Verordnung garantiert eine Trennung <strong>der</strong> Funktionen <strong>der</strong> nationalen Aufsichtsbehörden<br />

und <strong>der</strong> Anbieter von <strong>Flugsicherung</strong>sdiensten. Diese Trennung lässt sich mit<br />

öffentlich-privaten Partnerschaften und mit <strong>der</strong> Erbringung von Dienstleistungen gleichermaßen<br />

vereinbaren – je nachdem, für welches Modell sich die einzelnen Mitgliedstaaten<br />

entscheiden.“, Stellungnahme <strong>der</strong> Kommission v. 27.08.2003, KOM(2003) 514<br />

endg., S. 4.<br />

Für die Erbringung von <strong>Flugsicherung</strong>sdienstleistungen ist die Luftraum-Verordnung<br />

VO EG Nr. 551/2004, ABl. L 96 v. 31.03.2004, S. 20 ff.


- 15 -<br />

von beson<strong>der</strong>er Bedeutung. Sie schafft eine gemeinschaftsweit einheitliche Luftraumarchitektur.<br />

Neben <strong>der</strong> Umsetzung <strong>des</strong> Konzepts <strong>der</strong> flexiblen – militärischen und zivilen – Luftraumnutzung<br />

Art. 7 VO EG Nr. 551/2004.<br />

wird insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> obere Luftraum umstrukturiert und in funktionale Luftraumblöcke unterteilt.<br />

Deren Festsetzung fällt in die Zuständigkeit <strong>der</strong> betroffenen Mitgliedstaaten. Ein<br />

funktionaler Luftraumblock kann lediglich <strong>im</strong> Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates liegen,<br />

kann sich aber (je nach Effizienz) auch grenzüberschreitend über den Luftraum mehrerer Mitgliedstaaten<br />

erstrecken.<br />

Vgl. Art. 5 VO EG Nr. 551/2004.<br />

Die Ausweisung funktionaler Luftraumblöcke ist für die Erbringung von <strong>Flugsicherung</strong>sdiensten<br />

<strong>des</strong>halb von beson<strong>der</strong>er Bedeutung, weil die <strong>Flugsicherung</strong>sdienste-Verordnung<br />

VO EG Nr. 550/2004, ABl. L 96 v. 31.03.2004, S. 10 ff.<br />

den Mitgliedstaaten die Befugnis einräumt, diese jeweils einer <strong>Flugsicherung</strong>sorganisation als<br />

Erbringerin von Flugverkehrsdiensten exklusiv zuzuweisen. <strong>Flugsicherung</strong>sdienste sind weiterhin<br />

als Monopol ausgestaltet.<br />

So führt die Europäische Kommission explizit aus: „Die Mitgliedstaaten sollen auch<br />

weiterhin für die Benennung von Diensteanbietern zuständig sein, die unter Monopolbedingungen<br />

arbeiten (<strong>Flugsicherung</strong>sdienste)“, Stellungnahme <strong>der</strong> Kommission v.<br />

27.08.2003, KOM(2003) 514 endg., S. 4.<br />

Die Erbringung von Flugverkehrsdiensten wird ausdrücklich nicht dem europäischen Wettbewerbsrecht<br />

unterstellt, da sie mit <strong>der</strong> „Ausübung von hoheitlichen Befugnissen“ zusammenhängen,<br />

die keinen wirtschaftlichen Charakter haben.<br />

5. Erwägungsgrund, VO EG Nr. 550/2004, ABl. L 96 v. 31.03.2004, S. 10.<br />

Die <strong>Flugsicherung</strong>sdienste-Verordnung schafft einen einheitlichen europäischen Rahmen für<br />

die Erbringung von <strong>Flugsicherung</strong>sleistungen. Kernelement <strong>der</strong> Regelungen ist ein System<br />

<strong>der</strong> Aufsicht über <strong>Flugsicherung</strong>sorganisationen durch funktionell getrennte, nationale Aufsichtsbehörden.<br />

Art. 2 VO EG Nr. 550/2004.<br />

Der „Markt“ <strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong>sdienst-Anbieter wird durch ein gemeinschaftliches Zertifizierungssystem<br />

– unter gegenseitiger Anerkennung <strong>der</strong> Zertifikationsentscheidung – vereinheit-


- 16 -<br />

licht. <strong>Flugsicherung</strong>sdienste können nach Art. 7 Abs.1 <strong>der</strong> Verordnung grundsätzlich nur von<br />

zertifizierten Organisationen erbracht werden.<br />

Für den <strong>im</strong> Rahmen dieser Untersuchung beson<strong>der</strong>s relevanten Bereich <strong>der</strong> Flugverkehrsdienste<br />

sieht die Verordnung in ihrem Art. 8 in<strong>des</strong> die Benennung jeweils eines Dienstleisters<br />

für einen funktionalen Luftraumblock vor.<br />

„Artikel 8 – Benennung von Dienstleistern für Flugverkehrsdienste<br />

(1) Die Mitgliedstaaten sorgen für die Erbringung von Flugverkehrsdiensten auf ausschließlicher<br />

Grundlage innerhalb best<strong>im</strong>mter Luftraumblöcke in Bezug auf den Luftraum in ihrem Zuständigkeitsbereich.<br />

Hierzu benennen die Mitgliedstaateneinen Dienstleister für Flugverkehrsdienste, <strong>der</strong> <strong>im</strong> Besitz eines<br />

in <strong>der</strong> Gemeinschaft gültigen Zeugnisses ist.<br />

(2) Die Mitgliedstaaten legen die Rechte und Pflichten <strong>der</strong> benannten Dienstleister fest. (…)<br />

(3) Es liegt <strong>im</strong> Ermessen <strong>der</strong> Mitgliedstaaten, einen Dienstleister auszuwählen, sofern dieser die in den<br />

Artikeln 6 und 7genannten Anfor<strong>der</strong>ungen und Bedingungen erfüllt.<br />

(4) In Bezug auf funktionale Luftraumblöcke, die nach Artikel 5 <strong>der</strong> Luftraum-Verordnung festgelegt<br />

wurden und sich über den Luftraum <strong>im</strong> Zuständigkeitsbereich mehrerer Mitgliedstaaten erstrecken, benennen<br />

die betreffenden Mitgliedstaaten spätestens einen Monat vor <strong>der</strong> Umsetzung <strong>des</strong> Luftraumblocks<br />

gemeinsam einen o<strong>der</strong> mehrere Dienstleister für Flugverkehrsdienste. (…)“,VO EG 550/2004,<br />

ABl. L 96 v. 31.03.2004, S. 14.<br />

Eine entsprechende – in<strong>des</strong> fakultative – Regelung trifft Art. 9 <strong>der</strong> Verordnung für die Erbringung<br />

von Wetterdiensten.<br />

Die zertifizierten <strong>Flugsicherung</strong>sorganisationen können jeweils zur Erbringung ihrer Dienste<br />

mit an<strong>der</strong>en zertifizierten Organisationen nach näherer Best<strong>im</strong>mung <strong>des</strong> Art. 10 <strong>der</strong> Verordnung<br />

zusammenarbeiten. Diese Zusammenarbeit steht <strong>im</strong> Falle <strong>der</strong> Erbringung von Flugverkehrsdiensten<br />

in<strong>des</strong> unter mitgliedstaatlichem Zust<strong>im</strong>mungsvorbehalt.<br />

„Artikel 10 – Beziehungen zwischen Dienstleistern<br />

(1) <strong>Flugsicherung</strong>sorganisationen können die Dienste an<strong>der</strong>er in <strong>der</strong> Gemeinschaft zertifizierter<br />

Dienstleister in Anspruchnehmen.<br />

(2) Die <strong>Flugsicherung</strong>sorganisationen formalisieren ihre Arbeitsbeziehungen durch schriftliche Vereinbarungen<br />

o<strong>der</strong>gleichwertige rechtliche Abmachungen, in denen die beson<strong>der</strong>en Aufgaben und Funktionen<br />

festgelegt sind, die die einzelnen Dienstleister übernehmen, und die einen Austausch von Betriebsdaten<br />

zwischen sämtlichen Dienstleistern <strong>im</strong> Hinblick auf den allgemeinen Flugverkehr ermöglichen.<br />

Diese Vereinbarungen o<strong>der</strong> Abmachungen werden <strong>der</strong> bzw. den betreffendennationalen Aufsichtsbehörden<br />

mitgeteilt.<br />

(3) In Fällen, in denen die Erbringung von Flugverkehrsdiensten betroffen ist, ist die Zust<strong>im</strong>mung <strong>der</strong><br />

betreffenden Mitgliedstaaten erfor<strong>der</strong>lich. In Fällen, in denen die Erbringung von Wetterdiensten betroffen<br />

ist, ist die Zust<strong>im</strong>mung <strong>der</strong> betreffenden Mitgliedstaaten erfor<strong>der</strong>lich, falls sie einen Dienstleister<br />

auf ausschließlicher Grundlage gemäß Artikel 9 Absatz 1 benannt haben“, VO EG Nr. 550/2004, ABl.<br />

L 96 v. 31.03.2004, S. 14.<br />

3. Ergänzungen 2005<br />

Dem SES-Verordnungspaket folgten <strong>im</strong> vergangenen Jahr weitere Rechtssetzungsakte: Die<br />

Luftraum-Verordnung wurde um Regelungen zur flexiblen Luftraumnutzung ergänzt.<br />

VO EG Nr. 2150/2005 vom 23.12.2005, ABl. L 342 vom. 24.12.2005, S. 20 ff.


- 17 -<br />

Im Bereich <strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong> sind in diesem Zusammenhang Vorarbeiten zu einer Richtlinie<br />

über eine gemeinschaftliche Fluglotsenlizenz zu nennen, die letztlich die materiellen Voraussetzungen<br />

<strong>der</strong> von Art. 5 VO EG Nr. 550/2004 gefor<strong>der</strong>ten gegenseitigen Anerkennung zur<br />

Zulassung von Fluglotsen schafft.<br />

Kommission, Vorschlag für eine Richtlinie zu einer gemeinschaftlichen Fluglotsenlizenz,<br />

KOM(2004) 473 endg. Dazu Gemeinsamer Standpunkt <strong>des</strong> Rates Nr. 35/2005 v.<br />

14.11.2005, ABl. C 316E vom 13.12.2005, S. 1 ff.<br />

Den Rahmen zur gemeinschaftlichen Zertifizierung von <strong>Flugsicherung</strong>sunternehmen unter<br />

gegenseitiger Anerkennung, den die <strong>Flugsicherung</strong>sdienste-Verordnung (VO EG Nr.<br />

550/2004) vorgezeichnet hat, füllt die „Verordnung zur Festlegung gemeinsamer Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

bezüglich <strong>der</strong> Erbringung von <strong>Flugsicherung</strong>sdiensten“ vom 20. Dezember 2005 aus.<br />

VO EG Nr. 2096/2005, ABl. L 335 v. 21.12.2005, S. 13 ff.<br />

Damit wird ein System <strong>der</strong> Erteilung von Zeugnissen, <strong>der</strong> ständigen Überwachung <strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong>sorganisationen<br />

durch die nationalen Aufsichtsbehörden und <strong>der</strong> grundsätzlich gemeinschaftsweiten<br />

Anerkennung <strong>der</strong> erteilten Zeugnisse geschaffen. Regelungen über die<br />

Organisationsstruktur <strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong>sorganisationen, namentlich solche über ihre öffentlich-rechtliche<br />

o<strong>der</strong> privat-rechtliche Verfasstheit, enthält die Verordnung in<strong>des</strong> nicht.<br />

IV. Der Entwurf eines <strong>Flugsicherung</strong>sgesetzes<br />

1. Der Gesetzeszweck<br />

Die Bun<strong>des</strong>regierung hat den regulatorischen Neuordnungsbedarf, den das SES-<br />

Verordnungspaket auslöst, zum Anlass genommen, nicht nur die <strong>Flugsicherung</strong> in <strong>der</strong> Bun<strong>des</strong>republik<br />

den geän<strong>der</strong>ten europäischen Rahmenbedingungen anzupassen, son<strong>der</strong>n zugleich<br />

die Voraussetzungen für eine Kapitalprivatisierung <strong>der</strong> DFS GmbH zu schaffen. Ziel <strong>des</strong><br />

Entwurfes eines <strong>Flugsicherung</strong>sgesetzes ist insoweit auch die Stärkung <strong>der</strong> Konkurrenzfähigkeit<br />

<strong>der</strong> DFS „bei <strong>der</strong> für die Zukunft zu erwartenden Konsolidierung <strong>der</strong> europäischen <strong>Flugsicherung</strong>sorganisationen“.<br />

Gesetzentwurf, BT/Drs. 16/240, S. 2.<br />

Auch nach Auffassung <strong>des</strong> seinerzeitigen Bun<strong>des</strong>verkehrsministers Stolpe soll durch das Gesetz<br />

die Konkurrenzfähigkeit <strong>der</strong> DFS gesteigert werden. Nach <strong>der</strong> Kapitalprivatisierung behalte<br />

<strong>der</strong> Bund aber umfassende Überwachungs- und Durchgriffsrechte gegenüber <strong>der</strong> privatisierten<br />

Gesellschaft. Damit werde gewährleistet, „dass wir auch weiterhin unseren Verpflichtungen<br />

<strong>im</strong> Bereich <strong>des</strong> Verkehrs und <strong>der</strong> Lan<strong>des</strong>verteidigung nachkommen können“.


- 18 -<br />

Stolpe: Privatisierung <strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong> verbessert die Konkurrenzfähigkeit <strong>der</strong> DFS,<br />

Pressemitteilung <strong>des</strong> BMVBS vom 10. August 2005, Nr. 284/2005.<br />

2. Die Grundstrukturen<br />

Der Gesetzentwurf vollzieht die Strukturentscheidungen <strong>der</strong> SES-Verordnungen nach: Flugverkehrsdienste<br />

werden nach § 1 <strong>des</strong> FSG-E weiterhin als hoheitliche Aufgabe <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong><br />

qualifiziert.<br />

㤠1 РAnwendungsbereich<br />

(1) Die <strong>Flugsicherung</strong> dient <strong>der</strong> sicheren, geordneten und flüssigen Abwicklung <strong>des</strong> Luftverkehrs.<br />

(2) Flugverkehrsdienste werden in Übereinst<strong>im</strong>mung mit dem Recht <strong>der</strong> Europäischen Gemeinschaft<br />

über die Schaffung eines einheitlichen europäischen Luftraums als hoheitliche Aufgabe <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong><br />

durchgeführt; sie umfassen auch die zur Durchführung notwendige <strong>Flugsicherung</strong>stechnik (ATM-<br />

Technik). Für Flugverkehrsdienste für den militärischen Luftverkehr können ergänzende o<strong>der</strong> abweichende<br />

Regelungen getroffen werden, soweit dies zur Erfüllung <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>en militärischen Aufgaben<br />

unter Berücksichtigung <strong>der</strong> öffentlichen Sicherheit und Ordnung erfor<strong>der</strong>lich ist. Kernelement <strong>der</strong> Flugverkehrsdienste<br />

ist die zivil-militärische Zusammenarbeit.“<br />

Als nationale Aufsichtsbehörde errichtet § 2 FSG-E ein Bun<strong>des</strong>amt für Flugsicherheit, das <strong>der</strong><br />

Fach- und Rechtsaufsicht <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>ministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen<br />

[nunmehr: Bun<strong>des</strong>ministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung] untersteht.<br />

Die Aufgabe, Flugverkehrsdienste zu erbringen, kann das Bun<strong>des</strong>amt nach Maßgabe <strong>des</strong> § 3<br />

FSG-E <strong>im</strong> Wege <strong>der</strong> Beleihung auf <strong>Flugsicherung</strong>sorganisationen übertragen. Den Beliehenen<br />

erwächst ein umfänglicher Pflichtenkreis nach näherer Maßgabe <strong>des</strong> § 6 FSG-E. Die Beliehenen<br />

unterstehen <strong>der</strong> Rechts- und Fachaufsicht <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>amtes. Dieses hat umfangreiche<br />

Informations- und Weisungsbefugnisse, die bis zur Ersatzvornahme <strong>im</strong> Einzelfall und bis zum<br />

Wi<strong>der</strong>ruf <strong>der</strong> Beleihung nach § 10 FSG-E reichen.<br />

Vgl. hierzu die Gesetzesbegründung, BT/Drs. 16/240, S. 18:<br />

„Aus dem verfassungsrechtlichen Staatsvorbehalt als Strukturvorgabe staatlichen<br />

Handelns in diesem Bereich folgt, dass dem Bund gegenüber den <strong>Flugsicherung</strong>sorganisationen<br />

ausreichende Kontroll- und Steuerungsrechte (sog. Ingerenzrechte) verbleiben<br />

müssen, sofern die <strong>Flugsicherung</strong>sorganisationen Tätigkeiten <strong>im</strong> hoheitlichen<br />

Kernbereich ausüben“.<br />

Der Bun<strong>des</strong>gesetzgeber sieht die Beleihung bei entsprechen<strong>der</strong> Ausgestaltung, „die über die<br />

bislang praktizierte Beauftragung hinausgeht, [als] geeignet [an], den verfassungsrechtlich<br />

gebotenen Einfluss <strong>der</strong> staatlichen Stellen sicherzustellen, <strong>der</strong> bislang in Bezug auf die privatrechtlich<br />

organisierte DFS dadurch gewährleistet worden ist, dass die Anteile dieses Unternehmens<br />

gemäß § 31b Abs. 1 LuftVG (<strong>der</strong> aufgehoben wird), ausschließlich vom Bund<br />

gehalten werden“.<br />

Begründung zu § 3 FSG-E, BT/Drs. 16/240, S. 23.


- 19 -<br />

Für den Fall, dass die beliehenen <strong>Flugsicherung</strong>sorganisationen mit Dritten zusammenarbeiten,<br />

bedarf dies <strong>der</strong> Zust<strong>im</strong>mung durch das Bun<strong>des</strong>amt.<br />

Zum Voranstehenden siehe den Gesetzestext:<br />

㤠3 РBeleihung<br />

(1) Das Bun<strong>des</strong>aufsichtsamt für <strong>Flugsicherung</strong> kann <strong>Flugsicherung</strong>sorganisationen <strong>im</strong> Sinn von Artikel<br />

2 Abs. 5 <strong>der</strong> Verordnung (EG) Nr. 549/2004 durch Verwaltungsakt die Aufgabe übertragen, jeweils innerhalb<br />

eines best<strong>im</strong>mten Bereichs Flugverkehrsdienste nach § 1 Abs. 2 zu erbringen. (…) Eine beliehene<br />

<strong>Flugsicherung</strong>sorganisation wird nach Maßgabe von Artikel 8 <strong>der</strong> Verordnung (EG) Nr. 550/2004<br />

gegenüber <strong>der</strong> Europäischen Kommission als Dienstleister für Flugverkehrsdienste benannt.<br />

(2) Das Bun<strong>des</strong>aufsichtsamt für <strong>Flugsicherung</strong> kann eine <strong>Flugsicherung</strong>sorganisation mit den in § 1<br />

Abs. 4 genannten Aufgaben beleihen. Ein Rechtsanspruch auf Beleihung nach Satz 1 o<strong>der</strong> auf Fortsetzung<br />

<strong>der</strong> Beleihung besteht nicht.<br />

(3) Die Beleihung nach Absatz 1 o<strong>der</strong> 2 kann mit Nebenbest<strong>im</strong>mungen versehen werden<br />

(4) Bei <strong>der</strong> Wahrnehmung von Aufgaben nach den Absätzen 1 und 2 unterliegt eine beliehene <strong>Flugsicherung</strong>sorganisation<br />

<strong>der</strong> Rechts- und Fachaufsicht <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>aufsichtsamts für <strong>Flugsicherung</strong>. Dieses<br />

kann sich zur Wahrnehmung seiner Aufsichtstätigkeit je<strong>der</strong>zeit über die Angelegenheiten einer beliehenen<br />

<strong>Flugsicherung</strong>sorganisation, insbeson<strong>der</strong>e durch Einholung von Auskünften, Berichten und <strong>der</strong><br />

Vorlage von Aufzeichnungen aller Art unterrichten, rechtswidrige o<strong>der</strong> zweckwidrige Maßnahmen beanstanden<br />

sowie entsprechende Abhilfe verlangen. Eine beliehene <strong>Flugsicherung</strong>sorganisation und die<br />

sie vertreten- den Personen sind verpflichtet, den Weisungen <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>aufsichtsamts für <strong>Flugsicherung</strong><br />

nachzukommen. Es kann, wenn die beliehene <strong>Flugsicherung</strong>sorganisation seinen Weisungen nicht<br />

o<strong>der</strong> nicht fristgerecht nachkommt, die erfor<strong>der</strong>lichen Maßnahmen an Stelle und auf Kosten <strong>der</strong> beliehenen<br />

<strong>Flugsicherung</strong>sorganisation selbst durchführen o<strong>der</strong> durch einen an<strong>der</strong>en durchführen lassen. Anstelle<br />

von Maß- nahmen nach Satz 4 kann das Bun<strong>des</strong>aufsichtsamt für <strong>Flugsicherung</strong> auch ein Warnungsgeld<br />

von bis zu 500 000 Euro verhängen. Wi<strong>der</strong>spruch und Anfechtungsklage <strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong>sorganisation<br />

gegen aufsichtsrechtliche Maßnahmen, soweit diese Verwaltungsakte darstellen, haben<br />

keine aufschiebende Wirkung.<br />

(5) Die Vertreter <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>aufsichtsamts für <strong>Flugsicherung</strong> sind zum Zweck <strong>der</strong> Aufsicht befugt, die<br />

Anlagen und Betriebsräume einer beliehenen <strong>Flugsicherung</strong>sorganisation während <strong>der</strong> üblichen Betriebs-<br />

o<strong>der</strong> Geschäftszeit zu betreten. Eine beliehene <strong>Flugsicherung</strong>sorganisation o<strong>der</strong> die sie vertretenden<br />

Personen sind insoweit verpflichtet, Vertretern <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>aufsichtsamts für <strong>Flugsicherung</strong> den Zugang<br />

zu den Anlagen- und Betriebsräumen zu gewähren. Gegenstände o<strong>der</strong> geschäftliche Unterlagen<br />

können <strong>im</strong> erfor<strong>der</strong>lichen Umfang in Verwahrung genommen werden. (…)<br />

(6) Bedient sich eine beliehene <strong>Flugsicherung</strong>sorganisation bei <strong>der</strong> Erbringung von Flugverkehrsdiensten<br />

<strong>der</strong> Hilfe an<strong>der</strong>er zertifizierter Dienstleister, gilt § 4 Abs. 1 für die Zust<strong>im</strong>mung <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>aufsichtsamts<br />

für <strong>Flugsicherung</strong> nach Artikel 10 Abs. 3 <strong>der</strong> Verordnung (EG) Nr. 550/2004 entsprechend.<br />

Diese Dienstleister können <strong>im</strong> Namen und <strong>im</strong> <strong>Auftrag</strong> <strong>der</strong> beliehenen <strong>Flugsicherung</strong>sorganisation handeln,<br />

sie treten jedoch nicht in die Rechte und Pflichten <strong>der</strong> beliehenen <strong>Flugsicherung</strong>sorganisation gegenüber<br />

dem Bun<strong>des</strong>aufsichtsamt für <strong>Flugsicherung</strong> ein. Die beliehene <strong>Flugsicherung</strong>sorganisation ist<br />

verpflichtet, <strong>im</strong> Umfang <strong>der</strong> ihr obliegenden Pflichten die ordnungsgemäße Diensterbringung durch an<strong>der</strong>e<br />

Dienstleister sicherzustellen. Erbringt ein Dienstleister die Flugverkehrsdienste nicht ordnungsgemäß,<br />

kann das Bun<strong>des</strong>aufsichtsamt für <strong>Flugsicherung</strong> von <strong>der</strong> beliehenen <strong>Flugsicherung</strong>sorganisation<br />

die unverzügliche Beendigung <strong>der</strong> Zusammenarbeit mit diesem Dienstleister verlangen. Absatz 4 Satz 4<br />

bis 6 gilt entsprechend.“<br />

Beleihungsvoraussetzungen sind gemäß § 4 FSG-E die Zertifizierung nach Artikel 7 VO EG<br />

Nr. 550/2004, die hinreichende Gewähr für die Aufgabenerfüllung und die Fähigkeit zur<br />

sachgerechten Wahrnehmung <strong>der</strong> Aufgaben für den überörtlichen militärischen Flugbetrieb.<br />

Dem Bun<strong>des</strong>amt steht als beson<strong>der</strong>es Aufsichtsmittel zudem die Kontrolle <strong>der</strong> Geschäftsführung<br />

<strong>der</strong> beliehenen <strong>Flugsicherung</strong>sorganisation zur Verfügung. Die Zuverlässigkeit und Eignung<br />

<strong>der</strong> geschäftsführungsberechtigten Personen müssen dem Bun<strong>des</strong>amt nachgewiesen


- 20 -<br />

werden. Bei nicht ordnungsgemäßer Geschäftsführung o<strong>der</strong> dem Bekanntwerden von Tatsachen,<br />

die den Wi<strong>der</strong>ruf <strong>der</strong> Beleihung rechtfertigen würden, kann das Bun<strong>des</strong>amt nach Verwarnung<br />

die Geschäftsführungsbefugnisse ganz o<strong>der</strong> teilweise auf einen Son<strong>der</strong>beauftragten<br />

übertragen.<br />

Siehe: „§ 5 – Kontrolle <strong>der</strong> Geschäftsleitung<br />

(1) Die gesetzlich zur Geschäftsführung berechtigten Personen einer beliehenen <strong>Flugsicherung</strong>sorganisation<br />

müssen zuverlässig und geeignet sein. Die beliehene <strong>Flugsicherung</strong>sorganisation hat die Tatsachen<br />

anzugeben, die für die Beurteilung <strong>der</strong> Zuverlässigkeit und Eignung wesentlich sind. Der Vollzug<br />

<strong>der</strong> Bestellung ist dem Bun<strong>des</strong>aufsichtsamt für <strong>Flugsicherung</strong> anzuzeigen.<br />

(2) Das Bun<strong>des</strong>aufsichtsamt für <strong>Flugsicherung</strong> kann die Abberufung von zur Geschäftsführung berechtigten<br />

Personen verlangen, wenn diese trotz Verwarnung fortgesetzt Aufgaben nicht ordnungsgemäß erfüllen,<br />

die <strong>der</strong> beliehenen <strong>Flugsicherung</strong>sorganisation nach diesem Gesetz übertragen worden sind, o<strong>der</strong><br />

wenn Tatsachen bekannt werden, die den Wi<strong>der</strong>ruf <strong>der</strong> Beleihung rechtfertigen würden, weil die beliehene<br />

<strong>Flugsicherung</strong>sorganisation keine hinreichende Gewähr mehr für die ordnungsgemäße Erfüllung<br />

ihrer Aufgaben bietet. Unter diesen Voraussetzungen kann das Bun<strong>des</strong>aufsichtsamt für <strong>Flugsicherung</strong><br />

auch Befugnisse, die Geschäftsleitern <strong>der</strong> beliehenen <strong>Flugsicherung</strong>sorganisation zustehen, ganz o<strong>der</strong><br />

teilweise auf einen Son<strong>der</strong>beauftragten übertragen, <strong>der</strong> zur Wahrung <strong>der</strong> Befugnisse geeignet ist. Die<br />

durch die Bestellung <strong>des</strong> Son<strong>der</strong>beauftragten entstehenden Kosten ein- schließlich <strong>der</strong> diesem zu gewährenden<br />

Vergütung trägt die beliehene <strong>Flugsicherung</strong>sorganisation. Das Bun<strong>des</strong>aufsichtsamt für<br />

<strong>Flugsicherung</strong> setzt die Höhe <strong>der</strong> Vergütung fest. Die sofortige Abberufung kann verlangt werden,<br />

wenn die öffentliche Sicherheit erheblich gefährdet ist.“<br />

Die beliehene <strong>Flugsicherung</strong>sorganisation führt Aufgaben <strong>der</strong> Flugverkehrskontrolle nach<br />

näherer Best<strong>im</strong>mung in § 7 FSG-E in den Handlungsformen <strong>des</strong> öffentlichen Rechts aus. Klagen<br />

sind gegen die Bun<strong>des</strong>republik Deutschland zu richten, das Bun<strong>des</strong>amt ist Wi<strong>der</strong>spruchsbehörde.<br />

Siehe dazu die Gesetzesbegründung, BT/Drs. 16/240, S. 26.<br />

Nach <strong>der</strong> Übergangsregelung <strong>des</strong> § 16 Abs. 1 FSG-E gilt die Deutsche <strong>Flugsicherung</strong> GmbH<br />

bis zur Beleihung als beliehene <strong>Flugsicherung</strong>sorganisation.<br />

Der Weg zu ihrer Kapitalprivatisierung wird durch die ersatzlose Streichung <strong>des</strong> bisherigen<br />

§ 31b LuftVG durch Art. 2 Nr. 19 <strong>des</strong> Gesetzentwurfes frei. Diese ist damit die „eigentliche<br />

Kernvorschrift“ <strong>des</strong> Gesetzesentwurfes.<br />

Begründung, BT/Drs. 16/240, S. 31 (zu Art. 2 Nr. 19).<br />

3. Die Privatisierung<br />

Grenzen <strong>der</strong> Kapitalprivatisierung finden sich <strong>im</strong> Gesetzentwurf nicht. Die Sicherung einer<br />

Min<strong>des</strong>tbeteiligung <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> an <strong>der</strong> DFS GmbH lässt sich lediglich einer Absichtsbekundung<br />

in <strong>der</strong> Gesetzbegründung entnehmen, wonach <strong>der</strong> Bund einen Geschäftsanteil von 25,1


- 21 -<br />

Prozent bei <strong>der</strong> DFS GmbH aufrechterhalten wolle, um den Bun<strong>des</strong>einfluss auf die Gesellschaft<br />

zusätzlich zu sichern.<br />

Begründung, BT/Drs. 16/240, S. 19.<br />

Nach Presseberichten hat das Bun<strong>des</strong>ministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung<br />

angekündigt, den Gesetzentwurf dahingehend zu ergänzen, dass dem Bund eine Veräußerung<br />

von Gesellschaftsanteilen <strong>der</strong> DFS nur bis einer Grenze von 74,9 % gestattet sein soll und<br />

damit eine Sperrminorität be<strong>im</strong> Bund verbleibt. Zudem ist die Ergänzung <strong>des</strong> Entwurfes um<br />

eine Regelung vorgesehen, <strong>der</strong> zufolge die Verlegung <strong>der</strong> Hauptbetriebsstätte <strong>der</strong> DFS GmbH<br />

an die Zust<strong>im</strong>mung <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>tages gebunden wird.<br />

Vgl. zum Voranstehenden: „Regierung will Bedenken berücksichtigen“, Badische Zeitung<br />

vom 02.03.2006, S. 32.<br />

V. Die Luftraumüberwachung durch die schweizerische Skyguide AG und ihr<br />

luftverkehrsrechtlicher Rahmen<br />

1. Die Rechtsstellung <strong>der</strong> Skyguide AG<br />

Die schweizerische Skyguide AG n<strong>im</strong>mt <strong>im</strong> südwestdeutschen Raum Aufgaben <strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong><br />

wahr. Rechtsgrundlage hierfür ist ein technisches Übereinkommen mit <strong>der</strong> DFS<br />

GmbH. Die Rechtsstellung <strong>der</strong> Skyguide AG nach schweizerischem Recht ist <strong>der</strong>jenigen <strong>der</strong><br />

DFS GmbH in Grundzügen vergleichbar:<br />

Nach Art. 3 LFG übt <strong>der</strong> Bun<strong>des</strong>rat – regelmäßig durch das Bun<strong>des</strong>amt für Zivilluftfahrt – die<br />

Aufsicht über die Luftfahrt aus.<br />

Bun<strong>des</strong>gesetz über die Luftfahrt (Luftfahrtgesetz, LFG) vom 21.12.1948 (Stand:<br />

24.08.2004), Bun<strong>des</strong>recht Ziff. 748.0<br />

Für die Ordnung <strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong> best<strong>im</strong>mt Art. 40 LFG:<br />

„Art. 40<br />

1 Der Bun<strong>des</strong>rat ordnet den <strong>Flugsicherung</strong>sdienst.<br />

2 Er kann den zivilen und den militärischen <strong>Flugsicherung</strong>sdienst ganz o<strong>der</strong> teilweise einer nicht gewinnorientierten,<br />

gemischtwirtschaftlichen Aktiengesellschaft (Gesellschaft) übertragen, an welcher <strong>der</strong><br />

Bund mehrheitlich beteiligt ist und <strong>der</strong>en Statuten <strong>der</strong> Genehmigung <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>rates bedürfen. Der zivile<br />

und <strong>der</strong> militärische <strong>Flugsicherung</strong>sdienst sind entsprechend den Bedürfnissen aufeinan<strong>der</strong> abzust<strong>im</strong>men.<br />

Der Bund ist für die hoheitliche Funktion verantwortlich. (…)“<br />

Näher ausgeführt werden die Befugnisse von Skyguide und Bun<strong>des</strong>amt in <strong>der</strong> Verordnung<br />

über den <strong>Flugsicherung</strong>sdienst vom 18. Dezember 1995.<br />

VFSD vom 18.12.1995 (Stand am 12. Juni 2001), Bun<strong>des</strong>recht Ziff. 748.132.1.


- 22 -<br />

Neben <strong>der</strong> Definition <strong>der</strong> Gegenstände <strong>des</strong> <strong>Flugsicherung</strong>sdienstes enthält diese Verordnung<br />

in Art. 2 VFSD die maßgeblichen Zuständigkeitsbest<strong>im</strong>mungen.<br />

Art 2 VFSD lautet auszugsweise:<br />

„Art. 2 Zuständigkeiten<br />

1 Das Bun<strong>des</strong>amt für Zivilluftfahrt (Bun<strong>des</strong>amt) regelt <strong>im</strong> Einvernehmen mit dem Kommando <strong>der</strong><br />

Luftwaffe (Kommando) den <strong>Flugsicherung</strong>sdienst. Es legt <strong>im</strong> Einvernehmen mit dem Kommando und<br />

nach Anhörung <strong>der</strong> Skyguide die Luftraumstruktur und die Luftraumklassen fest und veröffentlicht sie<br />

<strong>im</strong> Luftfahrthandbuch. Es ist zuständig für die Wahrnehmung <strong>der</strong> Dienste nach Artikel 1 Absatz 1<br />

Buchstabe h.<br />

2 Die Dienste nach Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a–g und Buchstabe i werden <strong>der</strong> «Skyguide Schweizerische<br />

Aktiengesellschaft für zivile und militärische <strong>Flugsicherung</strong> » (Skyguide) übertragen, welche<br />

ATS-Authority <strong>im</strong> Sinne <strong>der</strong> Anhänge 2 und 11 <strong>des</strong> Übereinkommens vom 7. Dezember 19449 über die<br />

Internationale Zivilluftfahrt (ICAO, Annex 2 und 11) ist. Die <strong>Flugsicherung</strong>saufgaben sind <strong>im</strong> Anhang<br />

umschrieben; das Departement kann <strong>der</strong> Skyguide auch weitere Aufgaben zuweisen. Die Skyguide kann<br />

unter ihrer Verantwortung einzelne Aufgaben durch Dritte durchführen lassen.“<br />

Bemerkenswert ist zudem die Verteilung von Verhandlungs- und Vertragsschlusskompetenzen<br />

zwischen Bun<strong>des</strong>amt und Skyguide AG. Hierzu begründet Art. 3b LFG eine Regelkompetenz<br />

<strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>amtes.<br />

„Art. 3b<br />

Das Bun<strong>des</strong>amt kann <strong>im</strong> Rahmen seiner Befugnisse und <strong>im</strong> Einvernehmen mit den übrigen interessierten<br />

Bun<strong>des</strong>behörden mit ausländischen Luftfahrtbehörden o<strong>der</strong> internationalen Organisationen Vereinbarungen<br />

über die technische Zusammenarbeit treffen, insbeson<strong>der</strong>e über<br />

a. die Aufsicht über Luftfahrtbetriebe;<br />

b. die <strong>Flugsicherung</strong>;<br />

c. das Such- und Rettungswesen.“<br />

Auch diese Kompetenz wird in Art. 2 VFSD näher ausgestaltet, hier wird <strong>der</strong> Skyguide AG<br />

lediglich eine Vertragsschlusskompetenz in technischen Fragen übertragen.<br />

Art. 2 Abs. 9 und Abs. 10 VFSD lauten:<br />

„9 Das Bun<strong>des</strong>amt führt grundsätzlich die Verhandlungen mit in- o<strong>der</strong> ausländischen Behörden o<strong>der</strong><br />

Organisationen, soweit nicht nur rein militärische Interessen verhandelt werden; die Skyguide kann an<br />

diesen Verhandlungen teilnehmen. Das Bun<strong>des</strong>amt kann die Skyguide <strong>im</strong> Einzelfall auch mit <strong>der</strong> Verhandlungsführung<br />

beauftragen.<br />

10 Die Skyguide führt Verhandlungen und tätigt Vertragsabschlüsse in ihrem betrieblichen, technischen<br />

und kommerziellen Zuständigkeitsbereich“.<br />

2. Die rechtliche Beziehungen zwischen <strong>der</strong> Schweiz und Deutschland sowie<br />

<strong>der</strong> Europäischen Union<br />

Im bilateralen Verhältnis zwischen <strong>der</strong> Schweiz und Deutschland sollten durch den Vertrag<br />

vom 18. Oktober 2001 sowohl die Fragen <strong>der</strong> An- und Abflugrouten und -zeiten von und zum<br />

Flughafen Zürich zu einem verträglichen Ausgleich geführt als auch die Durchführung <strong>der</strong><br />

Flugüberwachung <strong>im</strong> deutschen Luftraum durch die Skyguide AG auf eine belastbare Rechtsgrundlage<br />

gestellt werden.


- 23 -<br />

Vgl. Begründung <strong>des</strong> Entwurfes zum Transformationsgesetz, BT/Drs. 14/8731, S. 6.<br />

Näher dazu: Bentzien, ZLW 51 (2002), 493 ff.; Hilger, Der Vertrag vom 18. Oktober<br />

2001 zwischen Deutschland und <strong>der</strong> Schweiz zur Regelung <strong>des</strong> Flugverkehrs rund um<br />

den Flughafen Zürich, in: Frowein (Hrsg.), Verhandeln für den Frieden, Liber Amicorum<br />

Eitel, 2003, S. 325 ff.<br />

Der insoweit maßgebliche Artikel 1 <strong>des</strong> Abkommens übertrug <strong>der</strong> Schweiz nicht nur die Befugnis<br />

zur Ausübung <strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong>sdienste, son<strong>der</strong>n erlaubte ihr auch <strong>der</strong>en Übertragung<br />

auf die Skyguide AG (Abs. 3). Art. 1 <strong>des</strong> Vertrages lautete wie folgt:<br />

„Artikel 1 Ausübung <strong>der</strong> Flugverkehrskontrolle<br />

(1) Die Bun<strong>des</strong>republik Deutschland gestattet <strong>der</strong> Schweizerischen Eidgenossenschaft die Abwicklung<br />

<strong>des</strong> Luftverkehrs nach Maßgabe <strong>des</strong> deutschen Rechtes und den beson<strong>der</strong>en Best<strong>im</strong>mungen dieses Vertrages<br />

in einem Teil <strong>des</strong> süddeutschen Luftraums südlich und westlich einer Linie zwischen den Städten<br />

Breisach bei Freiburg–Reutlingen–Ulm–Leutkirch–Oberstaufen. Die Schweizerische Eidgenossenschaft<br />

führt die Flugverkehrskontrolle (Flugverkehrskontrolldienst, Fluginformationsdienst, Flugalarmdienst)<br />

<strong>im</strong> genannten Luftraum durch. Die Bun<strong>des</strong>republik Deutschland erkennt die zu diesem Zweck von <strong>der</strong><br />

Schweizerischen Eidgenossenschaft nach Satz 1 vorgenommenen Kontrollmaßnahmen zur Durchführung<br />

<strong>der</strong> Flugverkehrskontrolle an.<br />

(2) Die Vertragsstaaten legen die genauen vertikalen und lateralen Ausdehnungen innerhalb <strong>des</strong> in Absatz<br />

1 Satz 1genannten Luftraums in dem anliegenden Luftraumplan fest. Än<strong>der</strong>ungen <strong>des</strong> Luftraumplanes<br />

werden durch die Gemeinsame Luftverkehrskommission nach Artikel 11 empfohlen und treten<br />

an dem Tag in Kraft, an dem die Vertragsstaaten einan<strong>der</strong> mitgeteilt haben, dass die innerstaatlichen<br />

Vorschriften für das Inkrafttreten erfüllt sind. Maßgebend ist <strong>der</strong> Tag <strong>des</strong> Eingangs <strong>der</strong> letzten Mitteilung.<br />

(3) Die Schweizerische Eidgenossenschaft ist befugt, die Aufgaben nach Absatz 1 von einem <strong>Flugsicherung</strong>sunternehmen<br />

mit Sitz <strong>im</strong> schweizerischen Hoheitsgebiet durchführen zulassen. Ihre Verpflichtungen<br />

aus diesem Vertrag bleiben davon unberührt.<br />

(4) Die operationell notwendigen Einzelheiten werden zwischen den mit <strong>der</strong> Durchführung <strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong><br />

beauftragten Stellen <strong>der</strong> Bun<strong>des</strong>republik Deutschland und <strong>der</strong> Schweizerischen Eidgenossenschaft<br />

<strong>im</strong> Rahmen von operationellen Betriebsabsprachen geregelt“.<br />

Der Vertragstext ist abgedruckt in BT/Drs. 14/8731, S. 8 ff.<br />

Der Vertrag ist vom schweizerischen Bun<strong>des</strong>rat nicht ratifiziert worden und ist damit nicht in<br />

Geltung erwachsen. Die politische Absicht <strong>des</strong> schweizerischen Bun<strong>des</strong>rates zielt ungeachtet<br />

<strong>des</strong>sen unverän<strong>der</strong>t darauf ab, mit den Anrainerstaaten – und damit auch mit Deutschland –<br />

bilaterale Flugverkehrs- und <strong>Flugsicherung</strong>sabkommen zu schließen.<br />

Vgl. Bun<strong>des</strong>rat, Bericht über die Luftfahrtpolitik <strong>der</strong> Schweiz 2004 vom 10.12.2004,<br />

Dokumente <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>rates, 2005-0197, Ziff. 05.011, S. 1781 ff., hier: S. 1854.<br />

Der Bun<strong>des</strong>rat strebt zudem eine Vertiefung <strong>der</strong> Kooperation mit <strong>der</strong> Europäischen Gemeinschaft<br />

an. Derzeit sind die bei<strong>der</strong>seitigen Rechte <strong>im</strong> Rahmen eines Abkommens festgelegt.<br />

Abkommen zwischen <strong>der</strong> Europäischen Gemeinschaft und <strong>der</strong> Schweizerischen Eidgenossenschaft<br />

über den Luftverkehr, ABl. EG L 114 v. 30.04.2002, S. 73 ff.<br />

Dieses untersagt in seinem Anwendungsbereich – den Regeln <strong>im</strong> Bereich <strong>der</strong> Zivilluftfahrt<br />

nach Art. 1 <strong>des</strong> Abkommens – nicht nur jede Diskr<strong>im</strong>inierung nach <strong>der</strong> Staatsangehörigkeit<br />

(Art. 3 <strong>des</strong> Abkommens), es eröffnet den Anwendungsbereich <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>lassungsfreiheit auch


- 24 -<br />

für schweizerische Unternehmen und Gesellschaften (Art. 4-5 <strong>des</strong> Abkommens). Hiervon<br />

ausgenommen sind in<strong>des</strong> nach Art. 6 <strong>des</strong> Abkommens Tätigkeiten, die mit <strong>der</strong> Ausübung hoheitlicher<br />

Gewalt verbunden sind.<br />

Im Zuge <strong>der</strong> Umsetzung <strong>des</strong> SES-Programms <strong>der</strong> Europäischen Gemeinschaft und damit <strong>der</strong><br />

Schaffung eines einheitlichen europäischen Luftraums wird <strong>der</strong> obere Luftraum in funktionale<br />

Luftraumblöcke eingeteilt werden. Für <strong>der</strong>en Festsetzung und die Beauftragung eines <strong>Flugsicherung</strong>sdienstes<br />

für die jeweiligen Luftraumblöcke sind die Mitgliedstaaten – wie ausgeführt<br />

– verantwortlich. Hieraus erwächst auch für die schweizerische Luftraumarchitektur und<br />

<strong>Flugsicherung</strong> ein erheblicher Anpassungsbedarf. Der Bun<strong>des</strong>rat erachtet das Hoheitsgebiet<br />

<strong>der</strong> Schweiz als zu klein, um einen funktionalen Luftraumblock bilden zu können. Für die<br />

weitere Tätigkeit <strong>der</strong> Skyguide AG ist eine Beteiligung an <strong>Flugsicherung</strong>sdiensten grenzüberschreiten<strong>der</strong><br />

Luftraumblöcke damit unabweisbar. Der Bun<strong>des</strong>rat sieht hierbei die Chance, die<br />

grenzüberschreitenden <strong>Flugsicherung</strong>sprobleme <strong>der</strong> schweizerischen Flughäfen besser lösen<br />

zu können. Die Schweiz will sich <strong>im</strong> Rahmen ihrer Möglichkeiten am SES <strong>der</strong> EU beteiligen.<br />

Vgl. Bun<strong>des</strong>rat, Bericht über die Luftfahrtpolitik <strong>der</strong> Schweiz 2004 vom 10.12.2004,<br />

Dokumente <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>rates, 2005-0197, Ziff. 05.011, S. 1781 ff., hier: S. 1855. Siehe<br />

auch: Bun<strong>des</strong>amt für Zivilluftfahrt, Pressemitteilung vom 25.11.2005.<br />

Derzeit erfolgt die <strong>Flugsicherung</strong> seitens <strong>der</strong> Skyguide AG <strong>im</strong> deutschen Luftraum mangels<br />

eines erfolgten Beitritts <strong>der</strong> Schweiz zum SES-Programm allerdings unverän<strong>der</strong>t auf Grundlage<br />

<strong>des</strong> technischen Übereinkommens. Sowohl die DFS GmbH als auch Skyguide sehen<br />

hierin eine betrieblich sinnvolle Lösung, die beibehalten werden soll. Dieser Einschätzung<br />

schlossen sich Vertreter <strong>der</strong> Fachbehörden bei<strong>der</strong> Län<strong>der</strong> an. Darüber, wie die Wahrnehmung<br />

<strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong> durch Skyguide künftig geregelt und vergütet werden soll, wurden weitere<br />

Konsultationen vereinbart. Deren Ergebnisse sollen <strong>im</strong> Laufe <strong>des</strong> Frühjahres 2006 vorliegen.<br />

Vgl. Bun<strong>des</strong>amt für Zivilluftfahrt/ UEVK, Pressemitteilung v. 18.11.2005, verfügbar<br />

unter: www.uvek.admin.ch.


- 25 -<br />

C. Die Wahrnehmung von <strong>Flugsicherung</strong>sdiensten durch Private<br />

Streicht <strong>der</strong> Bun<strong>des</strong>gesetzgeber wie geplant § 31b LuftVG ersatzlos, kann die Aufgabe <strong>der</strong><br />

<strong>Flugsicherung</strong> zukünftig auch einer GmbH übertragen werden, <strong>der</strong>en Gesellschafter nicht<br />

mehr allein <strong>der</strong> Bund ist. Vielmehr lassen §§ 3 f. <strong>des</strong> FSG-E die Übertragung von <strong>Flugsicherung</strong>sdiensten<br />

an jede nach Maßgabe <strong>des</strong> § 4 FSG-E geeignete und zertifizierte <strong>Flugsicherung</strong>sorganisation<br />

zu. Ob die geplante Kapitalprivatisierung als Folge <strong>der</strong> geplanten Aufgabe<br />

<strong>der</strong> Mehrheit <strong>der</strong> Bun<strong>des</strong>anteile an <strong>der</strong> DFS GmbH durch das Gesetzesvorhaben verfassungskonform<br />

ausgestaltet würde, best<strong>im</strong>mt sich maßgeblich nach Art. 87d Abs. 1 GG bzw. danach,<br />

wie die Wahrnehmung von <strong>Flugsicherung</strong>sdiensten <strong>im</strong> systematischen Zusammenhang<br />

innerhalb <strong>der</strong> „Luftverkehrsverwaltung“ zu beurteilen ist.<br />

I. Die verfassungsrechtlichen Vorgaben für eine Kapitalprivatisierung –<br />

Art. 87 d Abs. 1 Satz 1 und 2 GG<br />

1. Der Meinungsstand<br />

Nach Art. 87 Abs.1 Satz 1 GG wird die „Luftverkehrsverwaltung“ in bun<strong>des</strong>eigener Verwaltung<br />

geführt. Nach Art. 87 Abs.1 Satz 2 GG wird über die öffentlich-rechtliche o<strong>der</strong> die privat-rechtliche<br />

Organisationsform durch Bun<strong>des</strong>gesetz entschieden. Art. 87d Abs. 1 GG ist<br />

systematisch als Ausnahme zum Grundsatz <strong>der</strong> Ausführung <strong>der</strong> Bun<strong>des</strong>gesetze durch die<br />

Län<strong>der</strong> nach Art. 83 GG zu bewerten und begründet eine obligatorische Bun<strong>des</strong>verwaltungskompetenz.<br />

Dies legt schon <strong>der</strong> Wortlaut („wird in bun<strong>des</strong>eigener Verwaltung geführt) nahe.<br />

Lerche, Neue Entwicklungen zum Begriff <strong>der</strong> Bun<strong>des</strong>eigenverwaltung, in: Kirchhof<br />

u.a. (Hrsg.), Festschrift Klein, 1994, S. 527 ff.; Maunz, in: <strong>der</strong>s./Dürig/Herzog, Grundgesetz,<br />

Kommentar, Loseblatt, Stand: 12/1992, Art. 87d Rdn. 2, 10; Windthorst, in:<br />

Sachs (Hrsg.), GG, Kommentar, 3. Aufl., 2003, Art. 87d Rdn. 16; Horn, in: v. Mangoldt/Kein/Starck<br />

(Hrsg.), GG, Kommentar, Band 3, 5. Aufl. 2005, Art. 87d Rdn. 4;<br />

Uerpmann, in: von Münch/Kunig (Hrsg.), ´Grundgesetz, Kommentar, Band 3, 5.<br />

Aufl., 2003, Art. 87d Rdn. 1.<br />

Der Bund kann in<strong>des</strong> (einzelne) Aufgaben <strong>der</strong> Luftverkehrsverwaltung nach Art. 87d Abs. 2<br />

GG in die <strong>Auftrag</strong>sverwaltung durch die Län<strong>der</strong> überführen. Ein Kern von Aufgaben <strong>der</strong><br />

Luftverkehrsverwaltung muss aber zwingend vom Bund wahrgenommen werden.<br />

Lerche, Neue Entwicklungen zum Begriff <strong>der</strong> Bun<strong>des</strong>eigenverwaltung, in: Kirchhof<br />

u.a. (Hrsg.), Festschrift Klein, 1994, S. 527 (532 f.); Hermes, in: Dreier (Hrsg.), GG,<br />

Kommentar, Band 2, 1998, Art. 87d Rdn. 8, str.<br />

Der Gegenstand <strong>der</strong> Verwaltungskompetenz ist das Recht <strong>der</strong> Luftverkehrverwaltung. Hierunter<br />

sind zunächst traditionelle Aufgaben <strong>der</strong> „Luft“-Polizei zu verstehen. Luftverkehrsverwal-


- 26 -<br />

tung ist Gefahrenabwehr- bzw. beson<strong>der</strong>es Ordnungsrecht. Im Fokus steht das Recht <strong>der</strong> „überwachenden<br />

technischen Sicherheitsverwaltung, also die <strong>Flugsicherung</strong>“.<br />

Hennecke/Ruge, in: Schmidt-Bleibtreu/ Klein (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, 10.<br />

Aufl., 2004, Art. 87d Rdn. 2; Maunz, in: <strong>der</strong>s./Dürig/Herzog, Grundgesetz, Kommentar,<br />

Loseblatt, Stand: 12/1992, Art. 87d Rdn. 11 f.; Windthorst, in: Sachs (Hrsg.), GG,<br />

Kommentar, 3. Aufl., 2003, Art. 87d Rdn. 9; Hermes, in: Dreier (Hrsg.), GG, Kommentar,<br />

Band 2, 1998, Art. 87d Rdn. 12; Trampler, Verfassungs- und unternehmensrechtliche<br />

Probleme <strong>der</strong> bun<strong>des</strong>deutschen <strong>Flugsicherung</strong>, 1993, S. 101.<br />

Die <strong>Flugsicherung</strong> und die Luftaufsicht nach §§ 27 c, 29 LuftVG beschreiben grundsätzlich<br />

hoheitliche, son<strong>der</strong>polizeiliche Aufgaben.<br />

Giemulla, in: <strong>der</strong>s. (Hrsg.), LuftVG, Kommentar, Stand: 10/1997, § 31b Rdn. 2;<br />

Hennecke/Ruge, in: Schmidt-Bleibtreu/ Klein (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, 10.<br />

Aufl., 2004, Art. 87d Rdn. 1; Trampler, Verfassungs- und unternehmensrechtliche<br />

Probleme <strong>der</strong> bun<strong>des</strong>deutschen <strong>Flugsicherung</strong>, 1993, S. 84 ff.; Baumann, Private Luftfahrtverwaltung,<br />

2002, S. 292. An<strong>der</strong>s: Graumann, ZLW 1990, 246 (249 ff., 255).<br />

So spricht auch das Bun<strong>des</strong>verfassungsgericht <strong>im</strong> Rahmen seiner Bewertung <strong>der</strong> Ausgestaltung<br />

<strong>des</strong> Rechtswegs gegen die Erhebung von Gebühren durch EUROCONTROL davon, dass<br />

die Luftverkehrssicherungsdienste „öffentliche Aufgaben hoheitlicher Natur“ seien, die zudem<br />

<strong>im</strong> „deutschen innerstaatlichen Bereich hoheitlich vollzogen “ werden.<br />

BVerfGE 58, 1 (31).<br />

Gerade die <strong>im</strong> Rahmen <strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong> erfolgende Verteilung <strong>der</strong> knappen Ressource <strong>der</strong><br />

Abflug- und Landeberechtigungen hat vor dem Hintergrund <strong>des</strong> Grundrechts <strong>der</strong> Berufs- und<br />

Gewerbefreiheit <strong>der</strong> Luftfahrtunternehmen aus Art. 12 Abs. 1GG beson<strong>der</strong>e Grundrechtsrelevanz<br />

und unterliegt nicht zuletzt wegen <strong>der</strong> hohen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen<br />

Bedeutung <strong>des</strong> Luftverkehrs dem Vorbehalt einer „allgemein-politische[n] Grundentscheidung<br />

<strong>des</strong> parlamentarischen Gesetzgebers.“<br />

Vgl. BVerwGE 82, 246 (255).<br />

2. Die Verfassungsgrenzen <strong>der</strong> Privatisierung<br />

Die Verwaltungskompetenz <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> aus Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG hat Auswirkungen auf<br />

die Frage <strong>der</strong> Aufgabenzuordnung: Die Zuweisung <strong>der</strong> Luftverkehrsverwaltung und damit <strong>der</strong><br />

<strong>Flugsicherung</strong> an den Bund wirft angesichts <strong>der</strong> geplanten Veräußerung <strong>der</strong> Anteile <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong><br />

an <strong>der</strong> DFS GmbH die Frage nach <strong>der</strong> Vereinbarkeit <strong>der</strong> Übertragung <strong>der</strong> hoheitlichen<br />

Aufgabe auf eine private Organisationseinheit mit dem verfassungsrechtlichen Gebot, die<br />

Luftverkehrsverwaltung als bun<strong>des</strong>eigene Verwaltung auszugestalten, auf. Die Qualifikation


- 27 -<br />

<strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong> als Gegenstand <strong>der</strong> bun<strong>des</strong>eigenen Verwaltung <strong>im</strong>pliziert, dass ihre Wahrnehmung<br />

Aufgabe <strong>des</strong> Staates, nämlich <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> ist.<br />

Zu den Artt. 83 ff. als Privatisierungsschranken Bauer, VVDStRL 54 (1995), 243 (263<br />

f.); an<strong>der</strong>s Schoch, DVBl. 1994, 962 (969). Vgl. auch die Darstellung <strong>des</strong> Meinungsstreites<br />

m. w. Nw. bei: Baumann, Private Luftfahrtverwaltung, 2002, S. 38 f.<br />

Die Beteiligung eines privaten Unternehmens o<strong>der</strong> einer Privatperson an <strong>der</strong> Erfüllung <strong>der</strong><br />

Staatsaufgabe ist ein Anwendungsfall <strong>der</strong> Erfüllung von Verwaltungsaufgaben durch Private<br />

Ossenbühl, VVDStRL 29 (1971), 137 ff.<br />

und damit <strong>der</strong> Verfassungsgrenzen <strong>der</strong> Privatisierung.<br />

Zur Privatisierung siehe die Berichte von Hengstschläger, Osterloh und Bauer, Privatisierung<br />

von Verwaltungsaufgaben, in: VVDStRL 54 (1995); speziell zur materiellen<br />

Privatisierung <strong>im</strong> Rahmen <strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong> Baumann, ZLW 50 (2001), 304 ff.<br />

Privatisierung ist ein schillern<strong>der</strong> Rechtsbegriff und kann verschiedenste Erscheinungsformen<br />

beschreiben: Diese reichen von <strong>der</strong> singulären Beteiligung eines Privaten an <strong>der</strong> Aufgabenerfüllung<br />

durch Indienstnahme über die bloße Nutzung <strong>der</strong> Rechtsformen und mit diesen einher<br />

gehenden Gestaltungsfreiheiten <strong>des</strong> Privatrechts, den Rückzug <strong>des</strong> Staates aus <strong>der</strong> Aufgabenwahrnehmung<br />

und ihre Wahrnehmung durch Private bei bestehen bleibenden, dichten staatlichen<br />

Aufsichts- und Regulierungsbefugnissen (sog. „unechte Privatisierung“),<br />

So Krölls, GewArch 1995, 129 (131); vgl. auch die Typologie bei: Bauer, VVDStRL<br />

54 (1995), 243 (251 ff.); Di Fabio, JZ 1999, 585 (588 ff.); Schoch, DVBl. 1994, 962<br />

(962 f.).<br />

bis hin zur Entlassung <strong>der</strong> Aufgabenwahrnehmung in gänzlich privat-autonome Verantwortung.<br />

Letztere ist nur dann statthaft, wenn sich die betreffende Angelegenheit „als Staatsaufgabe<br />

erledigt hat, wenn sie insoweit zur (gesetzgeberischen) Disposition steht“.<br />

Scholz, NJW 1997, 14 (15).<br />

Die Begründung <strong>der</strong> Verwaltungskompetenz <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> in Art.87d Abs. 1 GG schließt die<br />

Annahme, die Aufgabe „Luftverkehrsverwaltung“ sei in die gesellschaftliche Sphäre entlassen<br />

und habe sich als Staatsaufgabe erledigt, aus.<br />

Baumann, ZLW 50 (2001), 304 (309 f.) m. w. N.<br />

Eine materielle Aufgabenprivatisierung ohne residuale staatliche Regulierungs- und Aufsichtspflichten<br />

überschreitet in jedem Fall den Rahmen <strong>des</strong> Art. 87d Abs. 1 Satz 1 GG.


- 28 -<br />

Vgl. Scholz, Staatliche Sicherheitsverantwortung zu Lasten Privater?, in: Wendt u.a.<br />

(Hrsg.), Festschrift Friauf, 1996, S. 439 (447).<br />

Über die Zulässigkeit einer Überführung <strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong> in privatrechtliche Rechtsformen<br />

o<strong>der</strong> einer „unechten“ materiellen Aufgabenprivatisierung ist damit aber noch nichts gesagt.<br />

Im Normbereich <strong>des</strong> Art. 87d Abs. 1 Satz 1 GG ist eine Einbeziehung Privater in die Wahrnehmung<br />

<strong>der</strong> Verwaltungsaufgabe „Luftverkehrsverwaltung“ <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> nach den allgemeinen<br />

Regelungen <strong>der</strong> partiellen Beleihung und Indienstnahme in Randbereichen möglich. Voraussetzung<br />

ist aber, dass <strong>der</strong> Kern <strong>der</strong> Verwaltungsaufgabe in bun<strong>des</strong>eigener Verwaltung verbleibt<br />

und die Aufgaben grundsätzlich durch eigene Verwaltungsbehörden <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> wahrgenommen<br />

werden.<br />

Hermes, in: Dreier (Hrsg.), GG, Kommentar, Band 2, 1998, Art. 87d Rdn. 8.<br />

3. Der verfassungsrechtliche Gehalt von Art. 87d Abs. 1 Satz 1 und 2 GG<br />

Die Prüfung, inwieweit Art. 87d Abs. 1 GG einer Privatisierung <strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong> entgegensteht,<br />

sieht sich vor das Problem gestellt, die Regelungen <strong>des</strong> Art. 87d Abs. 1 Satz 1 und Satz<br />

2 zu einer kohärenten Auslegung zu führen. Einerseits n<strong>im</strong>mt <strong>der</strong> Wortlaut <strong>des</strong> Art. 87d Abs.<br />

1 Satz 1 GG mit <strong>der</strong> Zuweisung <strong>der</strong> Luftverkehrsverwaltung in die bun<strong>des</strong>eigene Verwaltung<br />

Bezug auf Art. 86 GG. Statthaft ist danach grundsätzlich nur die unmittelbare Bun<strong>des</strong>verwaltung.<br />

Etwas an<strong>der</strong>es ergibt sich in<strong>des</strong> bei Berücksichtigung <strong>des</strong> Art. 87d Abs. 1 Satz 2 GG.<br />

Danach kann durch Bun<strong>des</strong>gesetz über die öffentlichrechtliche o<strong>der</strong> die privatrechtliche Organisationsform<br />

entschieden werden. Satz 2 <strong>des</strong> Art. 87d Abs. 1 GG setzt mithin voraus, dass<br />

die Luftverkehrsverwaltung von Stellen mit selbständiger Organisation und damit in Formen<br />

mittelbarer Verwaltung durchgeführt werden kann.<br />

Der verfassungsän<strong>der</strong>nde Gesetzgeber hat durch die Einfügung <strong>des</strong> Art. 87d Abs. 1 Satz 2 GG<br />

die Organisationsprivatisierung <strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong> ermöglichen wollen, war sich dabei aber<br />

<strong>des</strong> Wi<strong>der</strong>spruchs zum Grundsatz <strong>der</strong> bun<strong>des</strong>eigenen Verwaltung bewusst. Er meinte in<strong>des</strong>,<br />

ihn durch die Stellung <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> als Alleingesellschafter <strong>der</strong> DFS GmbH zumin<strong>des</strong>t abmil<strong>der</strong>n,<br />

wenn nicht beseitigen zu können.<br />

Vgl. Begründung, BT/Drs. 12/1800, S. 3 f., und Begründung, BT/Drs. 12/1801, S. 19.<br />

Mag diese Erwartung <strong>im</strong> Ergebnis auch faktisch tragfähig sein, so löst sie doch nicht den<br />

dogmatischen „Systembruch“<br />

Windthorst, in: Sachs (Hrsg.), GG, Kommentar, 3. Aufl., 2003, Art. 87d Rdn. 32.<br />

<strong>im</strong> Rahmen <strong>des</strong> Art. 87d Abs. 1 GG: Auch für den Fall, dass man eine „Organisationsprivatisierung<br />

in Randbereichen <strong>der</strong> Luftverkehrsverwaltung“ als mit <strong>der</strong> Verwaltungsform „bun-


- 29 -<br />

<strong>des</strong>eigene Verwaltung“ <strong>im</strong> (engen) Sinne <strong>des</strong> Art. 87d Abs. 1 Satz 1 vereinbar erachtet, „überschreitet<br />

das durch Art. 87d Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 GG eingeräumte Recht einer formellen<br />

Privatisierung jedenfalls bei Kernaufgaben <strong>der</strong> Luftverkehrsverwaltung diese Grenzen“.<br />

Windthorst, in: Sachs (Hrsg.), GG, Kommentar, 3. Aufl., 2003, Art. 87d Rdn. 33.<br />

Über dogmatische Lösungsvorschläge besteht <strong>im</strong> rechtswissenschaftlichen Schrifttum keine<br />

Einigkeit. Das Meinungsspektrum reicht weit.<br />

Überblick bei Horn, in: v. Mangoldt/Kein/Starck (Hrsg.), GG, Kommentar, Band 3, 5.<br />

Aufl. 2005, Art. 87d Rdn. 9; Lerche, Neue Entwicklungen zum Begriff <strong>der</strong> Bun<strong>des</strong>eigenverwaltung,<br />

in: Kirchhof u.a. (Hrsg.), Festschrift Klein, 1994, S. 527 (535 ff.);<br />

Baumann, Private Luftfahrtverwaltung, 2002, S. 64 ff.<br />

Es ist denkbar, die Formulierung „bun<strong>des</strong>eigene Verwaltung“ zwar als Regelung <strong>des</strong> Verwaltungstypus<br />

zu begreifen, ihr aber ein weites Sinnverständnis zu Grunde zu legen, das auch<br />

Formen <strong>der</strong> mittelbaren Verwaltung erfasst. Ein solches Vorgehen kollidiert in<strong>des</strong> mit dem<br />

identischen Wortlaut <strong>der</strong> Artt. 86 und 87d GG. Auch <strong>der</strong> Vorschlag einer Aufweichung <strong>des</strong><br />

Erfor<strong>der</strong>nisses bun<strong>des</strong>eigener Verwaltung, die auf Art. 87d Abs. 1 Satz 2 2. Alt GG beschränkt<br />

bliebe, überzeugt kaum. Hiernach besäße Art. 87d Abs. 1 Satz 2 1. Alt GG nur klarstellende<br />

Bedeutung dahingehend, dass <strong>der</strong> Bund die Aufgaben <strong>der</strong> Luftverkehrsverwaltung<br />

durch eigene Verwaltungsbehörden wahrzunehmen habe; erst sobald er sich hierzu privatrechtlicher<br />

Formen bediene, sei insoweit eine Verselbstständigung <strong>der</strong> Verwaltungsträger<br />

statthaft. Eine solche Deutung behandelte in<strong>des</strong> die in Satz 2 <strong>des</strong> Absatzes 1 gleichgestellten,<br />

alternativen Organisationsformen in ihrer normativen Aussagekraft ohne einsichtigen Grund<br />

unterschiedlich. Aus systematischen Erwägungen heraus erscheint in<strong>des</strong> auch <strong>der</strong> Vorschlag<br />

bedenklich, <strong>im</strong> Begriff „Bun<strong>des</strong>verwaltung“ <strong>im</strong> Rahmen <strong>des</strong> Art. 87d Abs.1 GG die Vorstellung<br />

eines Verwaltungstypus sui generis zu sehen, <strong>der</strong> auch Erscheinungsformen mittelbarer<br />

Bun<strong>des</strong>verwaltung umfasst.<br />

Die genannten Einwände stellen sich dann nicht, wenn man in Art. 87d Abs.1 GG überhaupt<br />

keine Regelung eines Verwaltungstypus erblickt, son<strong>der</strong>n lediglich eine Norm, die <strong>der</strong> Abgrenzung<br />

<strong>der</strong> Zuständigkeiten von Bund und Län<strong>der</strong>n <strong>im</strong> Bereich <strong>der</strong> Luftverkehrsverwaltung<br />

verpflichtet ist.<br />

Vgl. Giemulla/Wenzler, DVBl. 1989, 283 (284).<br />

Bun<strong>des</strong>eigene Verwaltung i. S. d. Art. 87d GG hieße dann nichts an<strong>der</strong>es als Bun<strong>des</strong>verwaltung.<br />

Lerche, Neue Entwicklungen zum Begriff <strong>der</strong> Bun<strong>des</strong>eigenverwaltung, in: Kirchhof<br />

u.a. (Hrsg.), Festschrift Klein, 1994, S. 527 (538 f.); Uerpmann, in: von Münch/Kunig<br />

(Hrsg.), ´Grundgesetz, Kommentar, Band 3, 5. Aufl., 2003, Art. 87d Rdn. 8;


- 30 -<br />

Hennecke/Ruge, in: Schmidt-Bleibtreu/ Klein (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, 10.<br />

Aufl., 2004, Art. 87d Rdn. 1.<br />

Schließlich wird vorgeschlagen, das systematische Verhältnis von Art. 87d Abs. 1 Satz 1 und<br />

Satz 2 GG neu zu best<strong>im</strong>men: Im Rahmen <strong>des</strong> Art. 87 d Abs. 1 Satz 1 GG sei <strong>der</strong> Normgehalt<br />

wortlautgetreu und <strong>der</strong> Verwaltungstypus als Anwendungsfall <strong>des</strong> Art. 86 Abs. 1 Satz 1 1. Alt<br />

GG zu verstehen. In<strong>des</strong> sei die durch Satz 2 dem Bund eingeräumte Organisationsfreiheit<br />

nicht als Unterfall <strong>der</strong> Bun<strong>des</strong>eigenverwaltung zu sehen, son<strong>der</strong>n „gerade als Alternative“ zu<br />

dieser.<br />

So Horn, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), GG, Kommentar, Band 3, 5. Aufl.<br />

2005, Art. 87d Rdn. 11.<br />

Die dargelegten Versuche, zu dogmatischer Kohärenz zu gelangen, müssen in<strong>des</strong> nicht weiter<br />

verfolgt werden, da sie in dem Fall, dass <strong>der</strong> Bund von seiner Wahlfreiheit nach Art. 87d Abs.<br />

1 Satz 2 GG Gebrauch macht, selbst für den Fall, dass sich ein systematischer Wi<strong>der</strong>spruch zu<br />

Art. 86 GG ergibt, wegen <strong>des</strong> insoweit gleichen Geltungsranges <strong>der</strong> Normen zu keinen Konsequenzen<br />

führen.<br />

Unstreitig erlaubt Art. 87d Abs. 1 Satz 2 GG dem Bund die Nutzung privatrechtlicher Organisationsformen,<br />

solange sie als bun<strong>des</strong>eigene Verwaltung angesehen werden kann.<br />

BVerwG, Urt. v. 22.01.1997, NVwZ-RR 1997, 648 (649).<br />

Das war das ausdrückliche Regelungsanliegen <strong>des</strong> verfassungsän<strong>der</strong>nden Gesetzgebers. Dieser<br />

strebte mit <strong>der</strong> Neuregelung gerade die Zulassung einer Organisationsprivatisierung <strong>der</strong><br />

<strong>Flugsicherung</strong> an.<br />

Vgl. die Begründung <strong>der</strong> Verfassungsän<strong>der</strong>ung, BT/Drs. 12/1800, S. 3.<br />

4. Die Kapitalprivatisierung<br />

Fraglich ist in<strong>des</strong>, ob <strong>der</strong> Bun<strong>des</strong>gesetzgeber <strong>im</strong> Rahmen <strong>des</strong> Art. 87d Abs. 1 Satz 2 GG auf<br />

eine reine Organisationsprivatisierung beschränkt ist. Die Frage wird mit dem Argument bejaht,<br />

dass nur über „vollständiges Bun<strong>des</strong>eigentum die ausreichende Anbindung an den Bund<br />

und damit die Verfolgung öffentlicher Zwecke gesichert wird.“ Zudem müsse neben das Bun<strong>des</strong>eigentum<br />

eine umfassende Rechts- und Fachaufsicht treten, die sicherstelle, dass <strong>der</strong> Bund<br />

je<strong>der</strong>zeit ausreichend Einfluss auf die Verwaltungstätigkeit <strong>der</strong> privatrechtlich verfassten Organisation<br />

nehmen könne. Selbst eine bloße Min<strong>der</strong>heitsbeteiligung privaten Kapitals an einer<br />

in die Luftverkehrsverwaltung eingeschalteten juristischen Person <strong>des</strong> privaten Rechts ist danach<br />

nicht möglich. Sie begründe die berechtigte Befürchtung <strong>der</strong> weitgehenden Verselbständigung<br />

und Lösung von den öffentlichrechtlichen Zielsetzungen.


- 31 -<br />

Hermes, in: Dreier (Hrsg.), GG, Kommentar, Band 2, 1998, Art. 87d Rdn. 23 unter<br />

Verweis auf Wahl, Privatisierungsorganisationsrecht als Steuerungsinstrument bei <strong>der</strong><br />

Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben, in: Schmidt/Aßmann/Hoffmann-Riem (Hrsg.),<br />

Verwaltungsorganisationsrecht als Steuerungsressource, 1997, S. 301 ff. (330).<br />

Hiernach wäre die Kapitalprivatisierung <strong>der</strong> DFS GmbH – ungeachtet <strong>des</strong> beabsichtigten Sicherung<br />

einer Min<strong>der</strong>heitsbeteiligung <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> – in Gestalt <strong>der</strong> ersatzlosen Streichung <strong>des</strong><br />

bisherigen § 31b LuftVG durch Art. 2 Nr. 19 <strong>des</strong> Gesetzentwurfes mit Art. 87d Abs. 1 Satz 2<br />

GG nicht vereinbar.<br />

Die Sicherstellung eines hinreichenden und je<strong>der</strong>zeitigen Bun<strong>des</strong>einflusses auf die Verwaltungstätigkeit<br />

durch das <strong>Flugsicherung</strong>sunternehmen for<strong>der</strong>n auch diejenigen, die eine Kapitalprivatisierung<br />

für mit Art. 87d Abs. 1 GG vereinbar erachten.<br />

Uerpmann, in: von Münch/Kunig (Hrsg.), ´Grundgesetz, Kommentar, Band 3, 5.<br />

Aufl., 2003, Art. 87d Rdn. 12 unter Verweis auf Nitz, Private und öffentliche Sicherheit,<br />

2000, S. 441 f. sowie B. Mayer, Die Bun<strong>des</strong>post, 1990, S. 79 f.;<br />

Pabst/Schwartmann, DÖV 1998, 315 (317 f.).<br />

An die Stelle <strong>des</strong> Alleineigentums <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> und seiner Einflussrechte als Gesellschafter <strong>der</strong><br />

DFS GmbH sollen – bei verbleiben<strong>der</strong> Gewährleistungsverantwortung <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> für die<br />

Aufgabenwahrnehmung –<br />

Bauer, VVDStRL 54 (1995), 243 (268 m. zahlr. w. Nw. in Fn. 128).<br />

Ingerenzpflichten treten, die <strong>der</strong> Bund durch ein entsprechend dichtes Netz an Kontroll- und<br />

Aufsichtsrechten gegenüber dem (teil-) privatisierten <strong>Flugsicherung</strong>sunternehmen hat und die<br />

ihm erlauben sollen, je<strong>der</strong>zeitigen Einfluss auf <strong>der</strong>en Verwaltungstätigkeit zu nehmen.<br />

Zu Ingerenzpflichten Baumann, Private Luftfahrtverwaltung, 2002, S. 313 ff.;<br />

Pabst/Schwartmann, DÖV 1998, 315 (315 f.); Bull, Über Formenwahl, Formwahrheit<br />

und Verantwortungsklarheit in <strong>der</strong> Verwaltungsorganisation, in: Geis (Hrsg.), Festschrift<br />

Maurer, 2001, S. 545 (561 f.).<br />

Allerdings werden bei einer beson<strong>der</strong>en Rechtfertigung auch Ausnahmen von einer umfassenden<br />

Fachaufsicht für zulässig gehalten.<br />

Uerpmann, in: von Münch/Kunig (Hrsg.), ´Grundgesetz, Kommentar, Band 3, 5.<br />

Aufl., 2003, Art. 87d Rdn. 12.<br />

Im Ergebnis deutet diese Auffassung die verwaltungsmäßige Einbindung <strong>der</strong> Staatsaufgabe<br />

<strong>der</strong> Luftverkehrsverwaltung in die Verwaltungsorganisation <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> instrumental. Sie soll<br />

sicherstellen, dass die son<strong>der</strong>polizeilichen Schutzgüter, die durch den Luftverkehr tangiert<br />

werden können – also die Luftsicherheit als Bestandteil <strong>der</strong> öffentlichen Sicherheit und Ord-


- 32 -<br />

nung – nicht gefährdet o<strong>der</strong> sogar preisgegeben werden. Prägend für das Luftverkehrsrecht ist<br />

danach wie für je<strong>des</strong> Son<strong>der</strong>ordnungs- o<strong>der</strong> Polizeirecht die möglichst opt<strong>im</strong>ale Erreichung<br />

und Sicherung <strong>der</strong> jeweils verfolgten öffentlichen Zwecke. Durch welche Steuerungsinstrumente<br />

sichergestellt wird, dass die öffentlichen Zwecke nicht verfehlt werden, hält diese Auffassung<br />

für verfassungsrechtlich nicht determiniert: Der Bun<strong>des</strong>gesetzgeber könne hierzu die<br />

privatrechtlichen Einflussmöglichkeiten nutzen, die einem Gesellschafter zustehen, er könne<br />

aber auch ein adäquates öffentlichrechtliches Aufsichts- und Einwirkungsinstrumentarium<br />

bereithalten.<br />

Dieses Konzept sieht sich jedoch durchgreifenden Einwänden gegenüber: Schon <strong>der</strong> Wortlaut<br />

<strong>des</strong> Verfassungstextes lässt es zumin<strong>des</strong>t als äußerst zweifelhaft erscheinen, ob eine nicht nur<br />

privatrechtlich organisierte, son<strong>der</strong>n auch in privatem Eigentum stehende Gesellschaft als<br />

„bun<strong>des</strong>eigene Verwaltung“ angesehen werden kann. We<strong>der</strong> gehört eine Gesellschaft, <strong>der</strong>en<br />

Gesellschafter Privatpersonen sind, zur öffentlichen Verwaltung, noch ist sie „bun<strong>des</strong>eigen“ –<br />

sie ist vielmehr „privateigen“. Art. 87d Abs. 1 Satz 2 GG spricht nur von einer privatrechtlichen<br />

Organisationsform <strong>der</strong> Luftverkehrsverwaltung, nicht jedoch von <strong>der</strong> Gründung eines<br />

Wirtschaftsunternehmens o<strong>der</strong> privatwirtschaftlichen Dienstleistungen privater Anbieter.<br />

Die systematische Interpretation zeigt, dass die Verfassung dort, wo sie wie in Art. 87e GG<br />

und Art. 87f GG über eine Organisationsprivatisierung hinaus eine Kapitalprivatisierung zulässt<br />

o<strong>der</strong> vorschreibt, genau diese Bezeichnungen verwendet: So werden Eisenbahnen <strong>des</strong><br />

Bun<strong>des</strong> „als Wirtschaftsunternehmen in privatrechtlicher Form geführt“ (Art. 87e Abs. 3 Satz<br />

1 GG), Dienstleistungen <strong>im</strong> Bereich <strong>des</strong> Postwesens und <strong>der</strong> Telekommunikation „werden als<br />

privatwirtschaftliche Tätigkeiten durch die aus dem Son<strong>der</strong>vermögen Deutsche Bun<strong>des</strong>post<br />

hervorgegangenen Unternehmen und durch an<strong>der</strong>e private Anbieter erbracht“ (Art. 87f Abs. 2<br />

Satz 1 GG).<br />

Näher dazu Wieland, Art. 87e Rn. 13 und Art. 87f Rn. 16, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz,<br />

Kommentar, Band III, 2000.<br />

Vor <strong>der</strong> materiellen Privatisierung waren die Bun<strong>des</strong>eisenbahnen und die Bun<strong>des</strong>post in Art.<br />

87 Abs. 1 Satz 1 GG a. F. als Gegenstände <strong>der</strong> bun<strong>des</strong>eigenen Verwaltung genannt. Als ihre<br />

materielle Privatisierung in Angriff genommen wurde, wurde das Grundgesetz an<strong>der</strong>s als in<br />

Art. 87d Abs. 1 GG nicht nur dahin geän<strong>der</strong>t, dass eine privatrechtliche Organisationsform als<br />

zulässige Alternative eröffnet wurde. Vielmehr hat <strong>der</strong> verfassungsän<strong>der</strong>nde Gesetzgeber ausdrücklich<br />

<strong>im</strong> Text <strong>des</strong> Grundgesetzes die privatwirtschaftliche Unternehmensführung genannt.<br />

Genau das ist in Art. 87d GG nicht erfolgt.<br />

Auch die Entstehungsgeschichte spricht dagegen, dass Art. 87d GG eine materielle Privatisierung<br />

erlauben könnte: Die Einfügung von Art. 87d Abs. 1 Satz 2 GG in die Verfassung geht<br />

auf die Weigerung <strong>des</strong> damaligen Bun<strong>des</strong>präsidenten von Weizsäcker zurück, das Zehnte<br />

Gesetz zur Än<strong>der</strong>ung <strong>des</strong> Luftverkehrsgesetz auszufertigen,


- 33 -<br />

BT/Drs. 11/6745, 11/6779 und 11/7339; dazu und zum Folgenden oben B. II.<br />

das den Bun<strong>des</strong>minister für Verkehr ermächtigen sollte, durch Rechtsverordnung eine Gesellschaft<br />

mit beschränkter Haftung mit <strong>der</strong> Wahrnehmung von Aufgaben <strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong> zu<br />

beauftragen. Der Bun<strong>des</strong>präsident hielt diese sogenannte Organisationsprivatisierung nach <strong>der</strong><br />

seinerzeitigen Verfassungslage für unvereinbar mit Art. 33 Abs. 4 GG und Art. 87d Abs.1<br />

GG. Er wies ausdrücklich darauf hin, dass die Tätigkeit <strong>der</strong> Fluglotsen trotz technischer Beson<strong>der</strong>heiten<br />

ihrer Rechtsnatur nach son<strong>der</strong>polizeilicher Art („Luftpolizei“) und damit <strong>im</strong><br />

Kern hoheitliche Ausübung öffentlicher Gewalt <strong>im</strong> Sinne von Art. 33 Abs. 4 GG sei. „Artikel<br />

87d Abs. 1 GG weist die Staatsaufgabe ,Luftverkehrsverwaltung’ und damit die <strong>Flugsicherung</strong><br />

<strong>der</strong> staatlichen bun<strong>des</strong>eigenen Verwaltung <strong>im</strong> Sinne <strong>des</strong> Artikel 86 GG zu und schließt<br />

eine Organisationsprivatisierung aus. Zum Kern <strong>der</strong> hiervon umfassten Aufgaben zählt insbeson<strong>der</strong>e<br />

die hoheitliche Verwaltungstätigkeit <strong>der</strong> Fluglotsen. Sie kann nicht von den gerade<br />

hierfür geschaffenen organisationsrechtlichen Vorgaben <strong>der</strong> Verfassung ausgenommen werden.“<br />

BT/Drs. 12/67, S. 1 f.<br />

Um dennoch die vom Parlament für notwendig gehaltene Organisationsprivatisierung zu ermöglichen,<br />

hat <strong>der</strong> verfassungsän<strong>der</strong>nde Gesetzgeber Art 87d Abs.1 GG um Satz 2 ergänzt:<br />

„Durch die Organisationsprivatisierung soll erreicht werden, dass die <strong>Flugsicherung</strong>saufgaben<br />

künftig von einer Gesellschaft privaten Rechts (GmbH) wahrgenommen werden, <strong>der</strong>en Geschäftsanteile<br />

alle vom Bund gehalten werden…Die nach Artikel 87d Abs. 1 GG gefor<strong>der</strong>te<br />

bun<strong>des</strong>eigene Wahrnehmung <strong>der</strong> Verwaltungsaufgabe ,Luftverkehr’ lässt sich ebenfalls nicht<br />

auf die Ausübung von Aufsichtsbefugnissen, wie weit o<strong>der</strong> eng diese <strong>im</strong> Einzelfall auch ausgestaltet<br />

sein mögen, reduzieren. Aufsicht ist qualitativ etwas an<strong>der</strong>es als eigene Verwaltung.<br />

Im Übrigen sind zur effektiven Erfüllung hoheitlicher Aufgaben Weisungs- und Durchgriffsrechte<br />

<strong>des</strong> Verwaltungsträgers <strong>im</strong> Einzelfall notwendig. Derartige Rechts sind jedoch zwangsläufig<br />

eingeschränkt, wenn eine Organisationsform <strong>des</strong> Privatrechts gewählt wird…Durch<br />

Anfügung <strong>des</strong> neuen Satzes in Art. 87d Abs. 1 GG wird <strong>im</strong> Grundsatz die Form <strong>der</strong> bun<strong>des</strong>eigenen<br />

Verwaltung für den Bereich <strong>des</strong> Luftverkehrs beibehalten. Es wird jedoch die Möglichkeit<br />

geschaffen, durch Bun<strong>des</strong>gesetz eine an<strong>der</strong>e Organisationsform zu wählen.“<br />

BT/Drs. 12/1800, S. 3.<br />

Nach dem Willen <strong>des</strong> verfassungsän<strong>der</strong>nden Gesetzgebers soll Art. 87d Abs. 1 Satz 2 GG also<br />

nur eine Organisationsprivatisierung, nicht jedoch die materielle Überführung <strong>der</strong> son<strong>der</strong>polizeilichen<br />

Aufgabe <strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong> in private Hände ermöglichen. Deshalb wurde nicht nur<br />

ausdrücklich von einer „Organisationsprivatisierung“ gesprochen, son<strong>der</strong>n auch darauf hingewiesen,<br />

dass <strong>der</strong> Bund alle Geschäftsanteile <strong>der</strong> privaten Gesellschaft halten werde. Nur die<br />

Organisationsform <strong>der</strong> Hoheitsaufgabe <strong>Flugsicherung</strong> sollte <strong>der</strong> Entscheidung <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>gesetzgebers<br />

überlassen werden, nicht jedoch ihre Zugehörigkeit zur öffentlichen Verwaltung.<br />

Wegen dieser beschränkten Reichweite <strong>der</strong> Verfassungsän<strong>der</strong>ung erlaubt <strong>der</strong> zeitgleich mit


- 34 -<br />

<strong>der</strong> Verfassungsän<strong>der</strong>ung verabschiedete § 31b Abs. 1 Satz 1 LuftVG auch nur die Übertragung<br />

<strong>der</strong> Hoheitsaufgaben <strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong> auf eine private Gesellschaft, „<strong>der</strong>en Anteile<br />

ausschließlich vom Bund gehalten werden.“ In <strong>der</strong> Gesetzesbegründunge heißt es dazu ausdrücklich:<br />

„Wegen <strong>der</strong> Beschränkung in Artikel 87d Abs. 1 GG (bun<strong>des</strong>eigene Verwaltung)<br />

ist <strong>der</strong> Bund Alleingesellschafter <strong>der</strong> GmbH.“<br />

BT/Drs. 12/1801, S. 19.<br />

Diese Beschränkung <strong>der</strong> Privatisierungsmöglichkeiten ist nicht durch Zeitablauf entfallen.<br />

Vielmehr ist es weiterhin Sinn und Zweck <strong>des</strong> Art. 87d Abs. 1 GG, nur eine Organisationsprivatisierung<br />

<strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong> zu ermöglichen. Weil <strong>Flugsicherung</strong>saufgaben inhaltlich son<strong>der</strong>polizeiliche<br />

Aufgaben sind, wirft ihre materielle Privatisierung wesentlich größere Probleme<br />

auf als das <strong>im</strong> Bereich <strong>der</strong> Leistungsverwaltung die materielle Privatisierung von Bahn<br />

und Post getan haben. Dienstleistungen lassen sich viel eher privatwirtschaftlich organisieren<br />

als Verwaltungsaufgaben <strong>der</strong> Eingriffsverwaltung. Von einer sorgfältigen, nicht vorrangig an<br />

wirtschaftlichen Effizienzkriterien orientierten <strong>Flugsicherung</strong>, die <strong>im</strong> allgemeinen Interesse<br />

liegt, hängen viele Menschenleben ab. Kleine Fehler <strong>der</strong> Handelnden können sich verhängnisvoll<br />

auswirken, wie die Vergangenheit gezeigt hat. Die Hürde für eine materielle Privatisierung<br />

ist damit höher als <strong>im</strong> Dienstleistungsbereich. Dementsprechend folgt auch aus dem<br />

Telos <strong>des</strong> Art. 87d Abs. 1 GG die Notwendigkeit einer Verfassungsän<strong>der</strong>ung vor <strong>der</strong> geplanten<br />

Kapitalprivatisierung.<br />

Wortlaut, systematischer Zusammenhang, Entstehungsgeschichte und Zweck <strong>des</strong> Art. 87d<br />

Abs.1 GG weisen also alle in die gleiche Richtung: Die Verfassung erlaubt nur eine Organisationsprivatisierung<br />

<strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong>. Die geplante Kapitalprivatisierung setzt eine erneute<br />

Än<strong>der</strong>ung <strong>des</strong> Art. 87d Abs.1 GG voraus. Sie müsste erst die Grundlage dafür liefern, dass<br />

<strong>Flugsicherung</strong> zukünftig von Unternehmen privatwirtschaftlich nach den Gesetzen <strong>des</strong> Marktes<br />

erbracht werden könnte. Vorbild für die erfor<strong>der</strong>liche Verfassungsän<strong>der</strong>ung könnten Formulierungen<br />

in Art. 87e GG und Art. 87f GG sein. Der verfassungsän<strong>der</strong>nde Gesetzgeber<br />

müsste sich auch darüber klar werden, ob <strong>Flugsicherung</strong> auch nach <strong>der</strong> angestrebten Kapitalprivatisierung<br />

weiterhin als Teil <strong>der</strong> son<strong>der</strong>polizeilichen Staatsaufgaben behandelt werden<br />

sollte, wie das den Regelungen <strong>des</strong> Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung <strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong><br />

zu Grunde liegt.<br />

Ebenso Baumann, DVBl. 2006, 332, 335 f.).<br />

5. Die Folgerungen für den Gesetzentwurf nach einer Än<strong>der</strong>ung <strong>des</strong> Art.<br />

87d Abs. 1 GG<br />

Der Gesetzentwurf übersieht die Notwendigkeit einer Verfassungsän<strong>der</strong>ung als Voraussetzung<br />

einer Kapitalprivatisierung. Er sieht das wesentliche Regelungsproblem zur Herstellung


- 35 -<br />

<strong>der</strong> Voraussetzungen einer Kapitalprivatisierung in <strong>der</strong> Sicherstellung <strong>der</strong> Verantwortlichkeit<br />

<strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> <strong>im</strong> Bereich <strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong>: „Da die <strong>Flugsicherung</strong> <strong>der</strong> Sicherheitsgewährleistung<br />

<strong>im</strong> Luftraum dient und verfassungsrechtlich mithin dem Kernbereich staatlicher Aufgaben<br />

zuzuordnen ist (Artikel 87a und 87d <strong>des</strong> Grundgesetzes), gilt es dafür Sorge zu tragen,<br />

dass sie auch weiterhin in Übereinst<strong>im</strong>mung mit den öffentlichen Interessen durchgeführt<br />

wird…Aus dem verfassungsrechtlichen Staatsvorbehalt als Strukturvorgabe staatlichen Handelns<br />

in diesem Bereich folgt, dass dem Bund gegenüber den <strong>Flugsicherung</strong>sorganisationen<br />

ausreichende Kontroll- und Steuerungsrechte (sog. Ingerenzrechte) verbleiben müssen, sofern<br />

die <strong>Flugsicherung</strong>sorganisationen Tätigkeiten <strong>im</strong> hoheitlichen Kernbereich ausüben.“<br />

BT/Drs. 16/240, S. 18.<br />

Gleichzeitig wird betont, dass mit <strong>der</strong> Kapitalprivatisierung „privaten Investoren die für die<br />

Weiterentwicklung <strong>der</strong> DFS notwendige unternehmerische Handlungsfreiheit eingeräumt“<br />

werde.<br />

BT/Drs. 16/240, S. 20.<br />

Da die für eine Kapitalprivatisierung erfor<strong>der</strong>liche Än<strong>der</strong>ung <strong>des</strong> Art. 87d GG durchaus als<br />

vorstellbar erscheint, soll <strong>im</strong> Folgenden geprüft werden, ob das Ziel <strong>des</strong> Gesetzgebers, durch<br />

eine Kapitalprivatisierung privaten Investoren unternehmerische Handlungsfreiheit einzuräumen<br />

und gleichzeitig <strong>im</strong> Kernbereich hoheitlicher Tätigkeiten die notwendigen Ingerenzrechte<br />

zu sichern, auf <strong>der</strong> Grundlage <strong>der</strong> verfassungsrechtlich notwendigen erneuten Än<strong>der</strong>ung <strong>des</strong><br />

Art. 87d GG nach dem Vorbild <strong>der</strong> Art. 87e GG und 87f GG erreichbar wäre. Zu klären ist,<br />

welches Ausmaß die Einstandspflicht <strong>des</strong> Staates haben müsste, wenn und soweit er die Erfüllung<br />

seiner Aufgaben auf private Dritte verlagerte, nachdem durch eine Verfassungsän<strong>der</strong>ung<br />

<strong>der</strong> Betrieb <strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong> nach unternehmerischen Prinzipien erlaubt würde. In <strong>der</strong> folgenden<br />

Prüfung wird <strong>des</strong>halb eine Ergänzung <strong>des</strong> Art. 87d GG dahin unterstellt, dass die<br />

<strong>Flugsicherung</strong> nicht nur in privatrechtlicher Organisation, son<strong>der</strong>n auch nach privatwirtschaftlichen<br />

Grundsätzen von Unternehmen durchgeführt werden dürfte.<br />

Allgemeine Maßstäbe für die Intensität und Dichte <strong>der</strong> staatlichen Einstandspflicht wären<br />

auch dann nicht eindeutig best<strong>im</strong>mt. Plausibel wäre, sie in Bezug zu <strong>der</strong> Intensität möglicher<br />

Eingriffe in Rechte Dritter, die von dem beauftragten Privaten ausgehen könnten, zu suchen<br />

und sie damit letztlich durch das Gewicht <strong>der</strong> öffentlichen Interessen, die die staatliche Aufgabenzuordnung<br />

tragen, zu best<strong>im</strong>men. Hiernach würde man jedenfalls eine gesetzliche<br />

Grundlage <strong>der</strong> Beleihung Privater mit <strong>der</strong> staatlichen Aufgabenwahrnehmung, ihrer Verfahren<br />

und Grenzen, eine gesetzliche Festlegung <strong>der</strong> Befugnisse Beliehener und Regelungen über die<br />

„organisatorische und personelle Sicherstellung <strong>des</strong> öffentlichen <strong>Auftrag</strong>es“ <strong>des</strong> Beliehenen,<br />

„insbeson<strong>der</strong>e staatliche Aufsichts-, Einwirkungs- und Überwachungsrechte“, for<strong>der</strong>n müssen.<br />

Vgl. Gusy, DÖV 1996, 573 (583); Pabst/Schwartmann, DÖV 1998, 315 (316).


- 36 -<br />

Mit <strong>der</strong> Regelung <strong>des</strong> § 3 Abs. 1 FSG-E genügt <strong>der</strong> Gesetzgeber dem Erfor<strong>der</strong>nis einer gesetzlichen<br />

Beleihungsgrundlage und <strong>der</strong> hinreichenden Beschreibung <strong>der</strong> wahrzunehmenden<br />

Aufgabe, nämlich <strong>der</strong> Erbringung von Flugverkehrsdiensten. Die Zulässigkeit <strong>der</strong> Umsetzung<br />

<strong>des</strong> Regelungskonzepts <strong>des</strong> Gesetzgebers hinge dann davon ab, ob <strong>der</strong> durch die Aufgabe <strong>des</strong><br />

Alleineigentums <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> an <strong>der</strong> DFS GmbH verursachte Verlust an Steuerungs- und Einflussmöglichkeiten<br />

auf die Geschäfte <strong>der</strong> GmbH, mithin auf <strong>der</strong>en Verwaltungstätigkeiten,<br />

durch gesetzlich eingeräumte Kontroll- und Aufsichtsrechte hinreichend kompensiert würde.<br />

Der Gesetzentwurf entfaltet insoweit ein breites Spektrum an Instrumenten und Kompetenzen<br />

<strong>der</strong> Aufsichtsbehörde – also <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>amtes für <strong>Flugsicherung</strong> – zur Kontrolle eines beliehenen<br />

<strong>Flugsicherung</strong>sunternehmens. Schon die Beleihung hat nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 FSG-E<br />

zur Voraussetzung, dass das zu beleihende Unternehmen eine hinreichende Gewähr für die<br />

ordnungsgemäße Erfüllung <strong>der</strong> zu übertragenden Flugverkehrsdienste bietet. Darin liegt eine<br />

präventive Sicherung <strong>der</strong> Zweckerreichung.<br />

Gegenüber <strong>der</strong> beliehenen <strong>Flugsicherung</strong>sorganisation enthalten die § 3 Abs. 3 bis Abs. 6<br />

FSG-E und §§ 5, 6, 10 FSG-E weitere Einflussmöglichkeiten <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>aufsichtsamtes für<br />

<strong>Flugsicherung</strong> und <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>ministeriums für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung. Zum<br />

ersten untersteht die beliehene <strong>Flugsicherung</strong>sorganisation bei <strong>der</strong> Erbringung von <strong>Flugsicherung</strong>sdiensten<br />

<strong>der</strong> Rechts- und Fachaufsicht <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>aufsichtsamtes für <strong>Flugsicherung</strong> (§ 3<br />

Abs. 4 Satz 1 FSG-E). Dieses kann Auskünfte und die Vorlage von Unterlagen verlangen,<br />

kann Maßnahmen <strong>des</strong> <strong>Flugsicherung</strong>sunternehmens beanstanden und Abhilfe verlangen (§ 3<br />

Abs. 4 Satz 2 FSG-E). Wenn das beliehene <strong>Flugsicherung</strong>sunternehmen den Weisungen <strong>des</strong><br />

Bun<strong>des</strong>amtes für <strong>Flugsicherung</strong> nicht nachkommt, hat dieses ein Ersatzvornahmerecht (§ 3<br />

Abs. 4 Satz 4 FSG-E). Zur effektiven Ausübung dieser Rechte wird den Vertretern <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>amtes<br />

auch ein gesetzliches Betretungsrecht <strong>der</strong> Betriebsräume <strong>des</strong> <strong>Flugsicherung</strong>sunternehmens<br />

eingeräumt (§ 4 Abs. 5 FSG-E). Als letztes Mittel verbleibt <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>ruf <strong>der</strong> Beleihung<br />

nach § 10 Abs. 1 FSG-E.<br />

Nach dem Vorbild <strong>der</strong> Aufsicht über Finanzdienstleistungsunternehmen unterliegt zudem die<br />

Geschäftsführung nach § 5 FSG <strong>der</strong> Kontrolle durch das Bun<strong>des</strong>aufsichtsamt. Hier ist letzterem<br />

die Bestellung zuverlässiger und geeigneter Personen anzuzeigen (§ 5 Abs. 1 FSG-E).<br />

Das Aufsichtsamt kann die Abberufung <strong>der</strong> Geschäftsführer verlangen, wenn diese fortgesetzt<br />

Aufgaben nicht ordnungsgemäß erfüllen, die dem Unternehmen übertragen worden sind, o<strong>der</strong><br />

wenn Tatsachen bekannt werden, die einen Wi<strong>der</strong>ruf <strong>der</strong> Beleihung nach § 10 FSG-E rechtfertigen<br />

würden. Nach näherer Best<strong>im</strong>mung <strong>des</strong> § 5 Abs. 2 Satz 2 FSG-E kann das Bun<strong>des</strong>aufsichtsamt<br />

in diesen Fällen die Geschäftsführung einem Son<strong>der</strong>beauftragen übertragen. Das<br />

stellt ein öffentlichrechtliches Pendant zur Abberufung <strong>der</strong> Geschäftsführer durch öffentliche<br />

Gesellschafter einer nur organisationsprivatisierten Gesellschaft dar.


- 37 -<br />

Soweit die Luftsicherheit „<strong>im</strong> höchsten Maße“ durch nicht genügende Aufgabenwahrnehmung<br />

seitens <strong>der</strong> beliehenen Organisation gefährdet wird, sieht § 10 Abs. 2 FSG-E die Möglichkeit<br />

vor, die Geschäftsanteile <strong>der</strong> beliehenen Organisation nach einer Entscheidung durch<br />

die Bun<strong>des</strong>regierung gegen Entschädigung auf den Bund zurück zu übertragen. Hier greift <strong>der</strong><br />

Gesetzgeber mithin auf das Institut <strong>der</strong> Administrativenteignung zur Sicherung <strong>der</strong> Unversehrtheit<br />

<strong>der</strong> Luftsicherheit zurück.<br />

In ihrer Kumulation lassen diese Kontroll- und Einwirkungsrechte einen wirksamen Eingriff<br />

in das Verwaltungsverhalten <strong>der</strong> beliehenen Organisation zu. Insbeson<strong>der</strong>e die Mittel <strong>der</strong><br />

Fachaufsicht sind durch entsprechende Vollzugsinstrumente bis hin zur Abberufung <strong>der</strong> Geschäftsleitung<br />

und Bestellung eines Beauftragten abgesichert. Der wesentliche Unterschied<br />

zur gegenwärtigen Rechtslage bestünde allerdings darin, dass die DFS nach einer Kapitalprivatisierung<br />

als Wirtschaftsunternehmen mit dem Zweck <strong>der</strong> Gewinnerzielung geführt würde,<br />

während die Gesellschaft gegenwärtig als Eigengesellschaft <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> nicht auf die Erwirtschaftung<br />

von Gewinnen, son<strong>der</strong>n auf den öffentlichen Zweck <strong>der</strong> Gewährleistung <strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong><br />

ausgerichtet ist. Diesen Wechsel <strong>des</strong> Zwecks könnte <strong>der</strong> verfassungsän<strong>der</strong>nde Gesetzgeber<br />

ermöglichen. Zwar ginge mit dem Verlust <strong>der</strong> Alleingesellschafterstellung <strong>des</strong><br />

Bun<strong>des</strong> eine Schwächung <strong>der</strong> Möglichkeiten zur Verwirklichung <strong>des</strong> öffentlichen Zwecks<br />

einher. Er würde nach einer Kapitalprivatisierung dem Wirtschaftsunternehmen von Seiten<br />

<strong>des</strong> Staates – also von außen – vorgegeben und vor allem durch die Fachaufsicht verfolgt.<br />

Ebenso Baumann, DVBl. 2006, 332 (337).<br />

Demgegenüber ist die DFS gegenwärtig zwar privatrechtlich organisiert, aber Teil <strong>der</strong> öffentlichen<br />

Verwaltung und damit aus sich heraus öffentlichen Zwecken verpflichtet. Erlaubte Art.<br />

87d GG nach einer Grundgesetzän<strong>der</strong>ung eine Kapitalprivatisierung, wären die <strong>im</strong> Gesetzentwurf<br />

vorgesehenen Instrumente zur Durchsetzung <strong>des</strong> öffentlichen Interesses gegenüber<br />

einem Wirtschaftsunternehmen hinreichend ausgebildet.<br />

II. Zum Einfluss <strong>des</strong> Europarechts auf die Organisation <strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong><br />

Das sich aus <strong>der</strong> Sicht <strong>des</strong> deutschen Verfassungsrechts für die Organisation <strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong>sdienste<br />

ergebende Bild könnte durch europarechtliche Einflüsse verän<strong>der</strong>t werden: Der<br />

Anwendungsvorrang <strong>des</strong> europäischen Sekundärrechts ergreift – <strong>im</strong> Rahmen <strong>der</strong> in Art. 23<br />

GG nie<strong>der</strong>gelegten äußeren Grenzen – auch das bun<strong>des</strong>deutsche Verfassungsrecht. Einschlägig<br />

für die Wahrnehmung von <strong>Flugsicherung</strong>sdiensten ist vornehmlich das SES-<br />

Verordnungspaket. Dieses ist mithin daraufhin zu untersuchen, ob es bindende Vorgaben für<br />

die Organisationsstruktur <strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong> enthält und ob <strong>der</strong> Bun<strong>des</strong>gesetzgeber diesen<br />

Vorgaben entsprochen hat.


- 38 -<br />

Zunächst entsteht ein Regulierungsbedarf auf organisationsrechtlicher Ebene: Nach Art. 4 <strong>der</strong><br />

VO EG Nr. 249/2004 sind die nationalen Aufsichtsbehörden funktionell von den Erbringern<br />

von <strong>Flugsicherung</strong>sdiensten zu trennen. Diesem Trennungsgebot genügt <strong>der</strong> Bun<strong>des</strong>gesetzgeber<br />

durch die Errichtung <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>amtes für <strong>Flugsicherung</strong> nach § 2 FSG-E. Die <strong>der</strong>zeitige<br />

Beauftragung <strong>der</strong> DFS GmbH nach § 31b LuftVG mit <strong>Flugsicherung</strong>sdiensten nach § 27c<br />

LuftVG bewegt sich nur zu Teilen innerhalb <strong>des</strong> verordnungsrechtlich gesteckten Rahmens.<br />

Die hierin begründete Monopolstellung <strong>der</strong> DFS GmbH ist nach Art. 8 VO EG Nr. 550/2004<br />

nur <strong>im</strong> Bereich <strong>der</strong> Erbringung von Flugverkehrsdiensten weiterhin <strong>der</strong> Regelfall. Die übrigen<br />

– hier nicht zu erörternden – <strong>Flugsicherung</strong>sdienstleistungen sind mit Ausnahme <strong>der</strong> fakultativ<br />

monopolisierbaren Wetterdienste auf wettbewerblicher Ebene von jeweils zertifizierten<br />

<strong>Flugsicherung</strong>sorganisationen zu erbringen. Die Erbringung von <strong>Flugsicherung</strong>sdiensten in<br />

den jeweils zu bewirtschaftenden funktionalen Luftraumblöcken bedarf nach Art. 8 VO EG<br />

Nr. 550/2004 <strong>der</strong> Beauftragung eines <strong>Flugsicherung</strong>sunternehmens durch den jeweiligen Mitgliedstaat.<br />

Die Beleihung nach § 3 FSG-E stellt eben diese Beauftragung dar.<br />

Die Kapitalprivatisierung <strong>der</strong> DFS GmbH und die Ausgestaltung ihrer Organisationsverfassung<br />

sind auch <strong>im</strong> Falle ihrer Beauftragung mit Flugverkehrsdiensten europarechtlich nicht<br />

vorgegeben. Insbeson<strong>der</strong>e das Gebot <strong>der</strong> hinreichenden Einbindung <strong>der</strong> Gesellschaft in die<br />

bun<strong>des</strong>eigene Verwaltung nach Art. 87d Abs. 1 GG sowie das Ausmaß an kraft Verfassungsrechts<br />

notwendigen staatlichen Einfluss-, Gestaltungs- und Kontrollmöglichkeiten ist nicht<br />

Gegenstand <strong>des</strong> mit Anwendungsvorrang ausgestatteten Verordnungsrechts. Die SES-<br />

Verordnungen enthalten keine Regelungen über die öffentliche o<strong>der</strong> private Organisation <strong>der</strong><br />

Erbringung von Flugverkehrsdiensten. Der europäische Verordnungsgeber hat die Frage <strong>der</strong><br />

privaten o<strong>der</strong> öffentlichen Organisation <strong>der</strong> Flugverkehrsdienste – in Anerkennung <strong>der</strong> von<br />

ihm vorgefundenen Ausgestaltungen in den Mitgliedstaaten – diesen überlassen.<br />

Vgl. nur: Stellungnahme <strong>der</strong> Kommission v. 27.08.2003, KOM(2003) 514 endg., S. 4.


- 39 -<br />

D. Die Wahrnehmung von <strong>Flugsicherung</strong>sdiensten durch die schweizerische AG zur für<br />

zivile und militärische <strong>Flugsicherung</strong> („Skyguide“)<br />

Die Beleihung <strong>der</strong> DFS GmbH mit Flugverkehrssicherungsdiensten wirft die weitergehende<br />

Frage auf, inwieweit diese die Ausübung <strong>der</strong> ihr übertragenen Aufgaben <strong>im</strong> süddeutschen<br />

Luftraum auf Grund eines technischen Übereinkommens auf die schweizerische Skyguide AG<br />

weiter übertragen kann.<br />

I. Die Rechtsstellung <strong>der</strong> „Skyguide“ nach schweizerischem Recht – Gesetzliche<br />

Beleihungsfiktion nach § 16 FSG-E<br />

Die Skyguide AG ist als gemischtwirtschaftliches Unternehmen auf Grund <strong>des</strong> Art. 2 VFSD i.<br />

V. m. Art. 40 Abs. 2 LFG mit <strong>der</strong> Wahrnehmung von Flugverkehrsdiensten in <strong>der</strong> Schweiz<br />

betraut. Die Verwaltungsaufgabe <strong>der</strong> Luftverkehrsverwaltung obliegt nach Art. 40 LFG <strong>der</strong><br />

Bun<strong>des</strong>verwaltung und unterliegt nach Art. 3 LFG <strong>der</strong> Aufsicht durch den Bun<strong>des</strong>rat, vermittelt<br />

durch das Bun<strong>des</strong>amt für Zivilluftfahrt. Die Rechtsstellung <strong>der</strong> Skyguide AG ist damit<br />

<strong>der</strong>jenigen <strong>der</strong> DFS GmbH vergleichbar.<br />

Ihre Betrauung mit Aufgaben <strong>der</strong> Luftverkehrskontrolle könnte durch die Übergangsregelung<br />

<strong>des</strong> § 16 FSG-E auf eine neben das zwischen <strong>der</strong> Skyguide AG und <strong>der</strong> DFS GmbH abgeschlossenen<br />

technischen Übereinkommens tretende, neue gesetzliche Grundlage gestellt werden.<br />

Einerseits sieht § 16 Abs. 1 FSG-E vor, dass die Deutsche <strong>Flugsicherung</strong> GmbH bis zur<br />

Beleihung als beliehene <strong>Flugsicherung</strong>sorganisation gilt und dass diese „bis zur Beleihung zur<br />

Wahrnehmung <strong>der</strong> bislang ausgeübten Aufgaben berechtigt und verpflichtet“ ist. Nach § 16<br />

Abs. 2 FSG-E gilt die Regelung <strong>des</strong> Abs. 1 entsprechend „für an<strong>der</strong>e Stellen o<strong>der</strong> Personen<br />

nach § 31b Abs. 1 Satz 2 <strong>des</strong> Luftverkehrsgesetzes in <strong>der</strong> jeweils geltenden Fassung, die vor<br />

dem 1. Juli 2006 mit <strong>Flugsicherung</strong>saufgaben beauftragt worden sind, längstens jedoch bis<br />

zum 30. Juni 2007.“ Mit dieser Formulierung zielt die Bun<strong>des</strong>regierung auf die nach § 31b<br />

Abs. 1 Satz 2 LuftVG beliehenen natürlichen Personen ab.<br />

Vgl. Gesetzentwurf, BT/Drs. 16/240, S. 13. Dazu: Begründung, daselbst, S. 28: „Für die DFS, die bislang<br />

durch Verordnung mit <strong>der</strong> Wahrnehmung <strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong>sdienste beauftragt war, ist eine Übergangsregelung<br />

zu schaffen, die zunächst sicherstellt, dass bis auf Weiteres die DFS als beliehene <strong>Flugsicherung</strong>sorganisation<br />

gilt und die bisher ausgeübten Aufgaben <strong>im</strong> Wesentlichen, d. h. sofern dem<br />

nicht abweichende Regelungen entgegenstehen, zu den bisherigen Bedingungen bis zu einer förmlichen<br />

Beleihung weiter ausführt. (…) Absatz 2 trifft eine entsprechende Regelung für Stellen o<strong>der</strong> Personen,<br />

die mit <strong>Flugsicherung</strong>saufgaben beauftragt waren, die nicht von <strong>der</strong> DFS wahrgenommen worden sind.<br />

Dies betrifft die nach dem bisherigen § 31b Abs. 1 Satz 2 (alt) LuftVG ergangenen Beleihungen einzelner<br />

natürlicher Personen.“<br />

Die Formulierung „an<strong>der</strong>e Stellen“, die mit Aufgaben <strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong> betraut waren, kann<br />

bei wörtlichem Verständnis aber auch auf die Skyguide AG bezogen werden und so <strong>der</strong>en<br />

Beleihung fingieren, da lediglich auf die tatsächliche vorherige Beauftragung mit <strong>Flugsicherung</strong>saufgaben<br />

abgestellt wird.


- 40 -<br />

Auch die Regelung <strong>der</strong> Beleihungsfiktion unterliegt dem Vorrang verfassungsrechtlicher<br />

Vorgaben für die Wahrnehmung von <strong>Flugsicherung</strong>s- bzw. Flugverkehrsdiensten. Das Erfor<strong>der</strong>nis<br />

<strong>der</strong> vorherigen Beauftragung an<strong>der</strong>er Stellen ist insoweit verfassungskonform dahingehend<br />

auszulegen, dass diese Stellen nur dann vom Gesetz erfasst werden, wenn sie rechtmäßig<br />

mit <strong>der</strong> Wahrnehmung von <strong>Flugsicherung</strong>saufgaben beauftragt worden sind. Der Vorrang<br />

<strong>der</strong> Verfassung schließt es aus, das Gesetz so zu interpretieren, dass es mit seiner Fiktion auch<br />

eine verfassungswidrige Beauftragung erfassen wolle und damit selbst verfassungswidrig<br />

würde.<br />

Ob das gehe<strong>im</strong> gehaltene technische Übereinkommen zur Beauftragung <strong>der</strong> Skyguide AG<br />

überhaupt eine wirksame Rechtsgrundlage darstellt, ist schon wegen <strong>der</strong> regelmäßig nicht bei<br />

<strong>der</strong> Skyguide AG, son<strong>der</strong>n be<strong>im</strong> Bun<strong>des</strong>amt für Zivilluftfahrt liegenden Verhandlungs- und<br />

Vertragsabschlusskompetenz für über technische Fragen hinausgehende Vertragsgegenstände<br />

zweifelhaft.<br />

Art. 2 Abs. 9 und Abs. 10 VFSD lauten:<br />

„Das Bun<strong>des</strong>amt führt grundsätzlich die Verhandlungen mit in- o<strong>der</strong> ausländischen Behörden o<strong>der</strong> Organisationen,<br />

soweit nicht nur rein militärische Interessen verhandelt werden; die Skyguide kann an diesen<br />

Verhandlungen teilnehmen. Das Bun<strong>des</strong>amt kann die Skyguide <strong>im</strong> Einzelfall auch mit <strong>der</strong> Verhandlungsführung<br />

beauftragen.<br />

Die Skyguide führt Verhandlungen und tätigt Vertragsabschlüsse in ihrem betrieblichen, technischen<br />

und kommerziellen Zuständigkeitsbereich.“<br />

Im Nachfolgenden sollen die gesetzlichen und verfassungsrechtlichen Grenzen einer rechtmäßigen<br />

Beauftragung <strong>der</strong> Skyguide dargelegt und damit die Rechtmäßigkeit <strong>des</strong> technischen<br />

Übereinkommens untersucht werden.<br />

II. Die einfachgesetzlichen Grenzen <strong>der</strong> Betätigung <strong>der</strong> „Skyguide“ <strong>im</strong> deutschen<br />

Luftraum<br />

Die gesetzlichen Grenzen <strong>der</strong> Betätigung <strong>der</strong> Skyguide <strong>im</strong> Rahmen <strong>der</strong> Flugverkehrssicherung<br />

<strong>im</strong> deutschen Luftraum, namentlich bei <strong>der</strong> Regelung <strong>der</strong> An- und Abflüge zum und<br />

vom Flughafen Zürich, stellen sich wie folgt dar: Die Flugrouten vom und zum Flughafen<br />

Zürich stellen für den deutschen Luftraum über Südbaden eine erhebliche Belastung dar. Die<br />

Belange <strong>der</strong> betroffenen Kommunen und Landkreise sind in<strong>des</strong> lediglich vom Luftfahrtbun<strong>des</strong>amt<br />

bei <strong>der</strong> Festsetzung von Flugrouten nach § 27c LuftVO i. V. m. § 32 LuftVG<br />

§ 27a LuftVO<br />

(1) Soweit die zuständige Flugverkehrskontrollstelle keine Flugverkehrskontrollfreigabe nach § 26 Abs.<br />

2 Satz 2 erteilt, hat <strong>der</strong> Luftfahrzeugführer bei Flügen innerhalb von Kontrollzonen, bei An- und Abflügen<br />

zu und von Flugplätzen mit Flugverkehrskontrollstelle und bei Flügen nach Instrumentenflugregeln<br />

die vorgeschriebenen Flugverfahren zu befolgen.<br />

(2) Das Luftfahrt-Bun<strong>des</strong>amt wird ermächtigt, die Flugverfahren nach Absatz 1 einschließlich <strong>der</strong><br />

Flugwege, Flughöhen und Meldepunkte durch Rechtsverordnung festzulegen. Zur Abwehr von Gefahren<br />

für die Sicherheit <strong>des</strong> Luftverkehrs sowie für die öffentliche Sicherheit o<strong>der</strong> Ordnung kann das


- 41 -<br />

<strong>Flugsicherung</strong>sunternehmen <strong>im</strong> Einzelfall Flugverfahren durch Verfügung festlegen; die Dauer <strong>der</strong><br />

Festlegung darf jedoch drei Monate nicht überschreiten.<br />

zu berücksichtigen.<br />

Näher aus <strong>der</strong> Rechtsprechung BVerwGE 111, 276 ff.; BVerwGE 119, 245 ff.;<br />

BVerwGE 121, 152 ff.; BVerwG, Beschl. v. 04.05.2005, NVwZ 2005, 1061 (1061 f.)<br />

– Flughafen Zürich; aus <strong>der</strong> Literatur Pfaff/Heilshorn, NVwZ 2004, 412 ff.; Quaas,<br />

NVwZ 2003, 649 ff.<br />

Die Ausweisung von Flugrouten und <strong>der</strong>en Nutzung ist in<strong>des</strong> unabhängig davon, welche<br />

<strong>Flugsicherung</strong>sorganisation – die DFS GmbH o<strong>der</strong> die Skyguide AG – die Nutzung dieser<br />

Routen durch Luftverkehrunternehmen kontrolliert.<br />

Das gleiche Bild bietet auch eine planungsrechtliche Betrachtung transnationaler Belastungswirkungen:<br />

Das deutsche Luftverkehrsrecht unterwirft zwar Flughäfen dem Planfeststellungsverfahren<br />

nach §§ 6 ff. LuftVG. Dieses Verfahren kommt in<strong>des</strong> nur zur Anwendung, wenn<br />

ein Flughafen innerhalb <strong>des</strong> territorialen Anwendungsbereichs <strong>des</strong> Luftverkehrsgesetzes errichtet<br />

und betrieben werden soll. Für auf ausländischem Territorium betriebene Anlagen findet<br />

die Anwendung deutschen Rechts seine Grenze an den Grenzen deutscher Staatsgewalt.<br />

Das Territorialitätsprinzip steht einer Ausweitung deutscher Planfeststellungsverfahren auf<br />

jenseits <strong>des</strong> deutschen Staatsgebietes betriebene Flughäfen entgegen. Dies hat <strong>der</strong> Verwaltungsgerichtshof<br />

München<br />

BayVGH, Urt. v. 04.05.1981, UPR 1983, 270 (271); BayVGH, Urt. v. 09.08.1983,<br />

UPR 1984, 130 f.; vgl. Weitbrecht, NVwZ 1986, 897 (897).<br />

<strong>im</strong> Falle <strong>des</strong> Flughafens Salzburg – unter Billigung <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>verfassungsgerichts –<br />

BVerfGE 72, 66 ff. – Das Gericht prüfte eine Verletzung <strong>des</strong> Eigentumsrechts <strong>der</strong><br />

Anwohner aus Art. 14 Abs. 1 GG, erkannte jedoch auf eine verfassungskonforme Inhalts-<br />

und Schrankenbest<strong>im</strong>mung <strong>des</strong> Eigentums. Der Fall wies freilich die Beson<strong>der</strong>heit<br />

auf, dass ein Zust<strong>im</strong>mungsgesetz zu einem Staatsvertrag zwischen <strong>der</strong> Bun<strong>des</strong>republik<br />

und <strong>der</strong> Republik Österreich eine Belegenheit <strong>des</strong> Flughafens Salzburg auf<br />

deutschem Gebiet und eine partielle Anwendbarkeit deutschen Rechts fingierte,<br />

BVerfGE 72, 66 (69 f.). Hierzu auch: Weitbrecht, NVwZ 1986, 897 f.<br />

zu recht hervorgehoben.<br />

An <strong>der</strong> Beschränkung <strong>der</strong> Reichweite <strong>des</strong> deutschen Verwaltungs- und Verfassungsrechts<br />

durch das Territorialitätsprinzip än<strong>der</strong>n auch das bilaterale Luftfahrtübereinkommen <strong>der</strong> Europäischen<br />

Gemeinschaft mit <strong>der</strong> Schweiz sowie das Chicagoer Abkommen nichts. Dies lässt<br />

sich anhand <strong>der</strong> Auseinan<strong>der</strong>setzung um die Regelung <strong>der</strong> An- und Abflugrouten und -zeiten<br />

vom und zum Flughafen Zürich durch das Luftfahrtbun<strong>des</strong>amt nach §§ 32 Abs. 1 LuftVG i.<br />

V. m. § 27a LuftVO


illustrieren.<br />

- 42 -<br />

㤠27a LuftVO<br />

(1) Soweit die zuständige Flugverkehrskontrollstelle keine Flugverkehrskontrollfreigabe nach § 26 Abs.<br />

2 Satz 2 erteilt, hat <strong>der</strong> Luftfahrzeugführer bei Flügen innerhalb von Kontrollzonen, bei An- und Abflügen<br />

zu und von Flugplätzen mit Flugverkehrskontrollstelle und bei Flügen nach Instrumentenflugregeln<br />

die vorgeschriebenen Flugverfahren zu befolgen.<br />

(2) Das Luftfahrt-Bun<strong>des</strong>amt wird ermächtigt, die Flugverfahren nach Absatz 1 einschließlich <strong>der</strong><br />

Flugwege, Flughöhen und Meldepunkte durch Rechtsverordnung festzulegen. Zur Abwehr von Gefahren<br />

für die Sicherheit <strong>des</strong> Luftverkehrs sowie für die öffentliche Sicherheit o<strong>der</strong> Ordnung kann das<br />

<strong>Flugsicherung</strong>sunternehmen <strong>im</strong> Einzelfall Flugverfahren durch Verfügung festlegen; die Dauer <strong>der</strong><br />

Festlegung darf jedoch drei Monate nicht überschreiten“.<br />

Diese Auseinan<strong>der</strong>setzung wurde gutachterlich begleitet. Siehe hierzu die Gutachten<br />

<strong>im</strong> <strong>Auftrag</strong> <strong>der</strong> Unique Zurich Airport AG von Wolfrum/Lübben/Ohldorff, ZLW 50<br />

(2001), 350 ff. und Netteshe<strong>im</strong>, ZLW 51 (2002), 240 ff.<br />

Noch vor Zustandekommen <strong>des</strong> bilateralen Staatsvertrages zwischen <strong>der</strong> Bun<strong>des</strong>republik und<br />

<strong>der</strong> Schweiz über den Luftverkehr setzte das Luftfahrtbun<strong>des</strong>amt – gestützt auf §§ 32 Abs. 1<br />

LuftVG i. V. m. § 27a LuftVO – Flugkorridore und Zeitbeschränkungen für den An- und Abflug<br />

zum Flughafen Zürich unter Nutzung <strong>des</strong> deutschen Luftraums fest.<br />

Vgl. 204. LuftVO-DVO vom 06.08.2001, BAnz. 2001, 17861. Nunmehr ersetzt durch:<br />

220. LuftVO-DVO vom 10.03.2005, BAnz 2005 Nr. 53, 4021.<br />

Hiergegen wandte sich die Betreibergesellschaft <strong>des</strong> Flughafens Zürich ohne Erfolg vor dem<br />

Verwaltungsgerichtshof Mannhe<strong>im</strong>.<br />

VGH. Baden-Württemberg, Urt. v. 24.01.2003, ESVGH 53, 137 ff. Zur gerichtlichen<br />

Zuständigkeit VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 24.10.2002, NVwZ-RR 2003, 737<br />

ff. Ebenfalls mit einer Abweisung <strong>der</strong> Klage endeten die von Anwohnern und Schweizer<br />

Städten betriebenen Klagen, vgl. Beck Aktuell, VGH Mannhe<strong>im</strong> weist Klagen gegen<br />

Anflugbeschränkungen auf den Flughafen Zürich ab, www.beck-online.de, becklink<br />

166298, unter Bezug auf: VGH Mannhe<strong>im</strong>, Urteile v. 24.01.2006, Az.: 8 S<br />

1249/04, 8 S 1706/04 und 8 S 1733/05, unveröff.<br />

Parallel zu diesem Verfahren griff die Schweiz die deutschen Regelungen mit <strong>der</strong> Rüge <strong>der</strong><br />

Unvereinbarkeit mit dem Luftverkehrsübereinkommen zwischen <strong>der</strong> Schweiz und <strong>der</strong> EG<br />

Abkommen vom 15.06.1999, ABl. L 114 vom 30.04.2002, S. 73.<br />

sowie <strong>der</strong> diskr<strong>im</strong>inierenden Verletzung <strong>der</strong> Verordnung über den Zugang von Luftfahrtunternehmen<br />

<strong>der</strong> Gemeinschaft zu Strecken <strong>des</strong> innergemeinschaftlichen Flugverkehrs<br />

VO EWG Nr. 2408/92, ABl. L 240 v. 24.08.1992, S.8.


- 43 -<br />

an. Darauf hin hat die EU-Kommission entschieden, dass Deutschland die angegriffene<br />

Durchführungsverordnung zur Luftverkehrsordnung weiterhin anwenden kann. Die Kommission<br />

stellt <strong>im</strong> Wesentlichen auf die ihr nach Art. 18 <strong>des</strong> Abkommens i. V. m. Artt. 8 und 9 VO<br />

EWG 2408/92 eingeräumten Prüfungsbefugnisse ab und unterwirft auch <strong>Flugsicherung</strong>smaßnahmen<br />

ihrer Kontrollbefugnis.<br />

Kommission, Entscheidung vom 05.12.2003, K(2003) 4472 – TREN/AMA/11/03,<br />

ABl. L 4 vom 08.01.2004, S. 13 ff., 20.<br />

In<strong>des</strong> hält die 213. LuftVO-DVO nach Auffassung <strong>der</strong> Kommission sowohl den Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

<strong>des</strong> Grundsatzes <strong>der</strong> Verhältnismäßigkeit als auch denjenigen aus dem Gebot <strong>der</strong> Nichtdiskr<strong>im</strong>inierung<br />

stand.<br />

Kommission, Entscheidung vom 05.12.2003, K(2003) 4472 – TREN/AMA/11/03,<br />

ABl. L 4 vom 08.01.2004, S. 21 ff.<br />

Gegen die Entscheidung <strong>der</strong> Kommission hat die Schweiz den Europäischen Gerichtshof angerufen.<br />

Die Klägerin meint, durch das bilaterale Luftverkehrabkommen sei <strong>der</strong> Luftverkehrsbinnenmarkt<br />

mit <strong>der</strong> Folge auf die Schweiz ausgedehnt worden, dass schweizerische<br />

Luftverkehrsunternehmen gleichberechtigten Zugang zum Markt hätten und sich insoweit<br />

auch auf die Dienstleistungsfreiheit gerufen könnten. Durch die angegriffenen An- und Abflugregelungen<br />

werde aber insbeson<strong>der</strong>e die Fluggesellschaft SWISS als sog „home carrier“<br />

<strong>des</strong> Flughafens Zürich <strong>im</strong> Vergleich zur Lufthansa und <strong>der</strong>en Flugberechtigungen auf den<br />

Drehkreuzen Frankfurt/Main und München diskr<strong>im</strong>iniert.<br />

Wie<strong>der</strong>gabe <strong>der</strong> Klagegründe und wesentlichen Argumente in: ABl. EG C 94 vom<br />

17.04.2004, S. 22 f.<br />

Die Entscheidung <strong>des</strong> Gerichtshofes in dieser Sache steht noch aus. Er hat die Sache bislang<br />

lediglich dem Gericht erster Instanz übertragen.<br />

EuGH, 2. Kammer, Beschluss v. 14.07.2005, Rs. C-70/04, verfügbar unter: curia.eu.int.<br />

Auch wie<strong>der</strong>gegeben in: ABl. C 296 vom 26.11.2005, S. 8.<br />

Mit Rücksicht auf das anhängige Verfahren hat das Bun<strong>des</strong>verwaltungsgericht, das gegen die<br />

Entscheidung <strong>des</strong> VGH Mannhe<strong>im</strong> gerichtete Revisionsverfahren ausgesetzt.<br />

BVerwG, Beschl. v. 04.05.2005, NVwZ 2005, 1061 ff.<br />

Der Ausgang <strong>des</strong> Verfahrens kann in<strong>des</strong> für die Beantwortung <strong>der</strong> Gutachtenfrage dahinstehen.<br />

Das Luftfahrtbun<strong>des</strong>amt hat <strong>im</strong> Rahmen seiner Abwägungsentscheidung <strong>im</strong> Rahmen <strong>der</strong><br />

ihm nach §§ 32 LuftVG, 27a LuftVO eingeräumten Regelungsbefugnisse die Belastungen,


- 44 -<br />

die mit dem Betrieb <strong>des</strong> Flughafens Zürich für betroffene Gemeinden und Private einhergehen,<br />

zu berücksichtigen.<br />

Zur Flugroutenfestlegung und dem dabei zu beachtenden Abwägungsprogramm<br />

BVerwGE 111, 276 ff.; BVerwGE 119, 245 ff.; BVerwGE 121, 152 ff.<br />

Die Flugroutenfestlegung setzt <strong>der</strong> Tätigkeit <strong>des</strong> <strong>Flugsicherung</strong>sunternehmens einen verbindlichen<br />

Rechtsrahmen, in dem die Räume und Zeiten konkretisiert werden, innerhalb <strong>der</strong>er <strong>der</strong><br />

Flugverkehr abzuwickeln ist. Insoweit könnte grundsätzlich eine verfassungswidrige Beeinträchtigung<br />

<strong>des</strong> Eigentums von Privatpersonen an Grundstücken in Betracht kommen, die in<br />

Südwestdeutschland vom Fluglärm betroffen sind.<br />

Vgl. zu einer entsprechenden Konstellation BVerfGE 72, 66.<br />

Die Flugroutenfestlegung enthält eine inhaltliche Beschränkung und Konturierung <strong>der</strong> Erbringung<br />

von <strong>Flugsicherung</strong>sdienstleistungen durch die Skyguide AG. Der damit aufgeworfenen<br />

Rechtsfrage <strong>des</strong> zulässigen Umfangs <strong>des</strong> Flugverkehrs und damit <strong>des</strong> Umfangs <strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong>sdienstleistungen<br />

ist aber die Frage vorgelagert, ob die Skyguide AG als <strong>Flugsicherung</strong>sunternehmen<br />

<strong>im</strong> deutschen Luftraum überhaupt tätig sein kann. Sollte schon dies nicht <strong>der</strong><br />

Fall sein, muss die Frage, in welcher Weise die hiervon unabhängigen Regelungsbefugnisse<br />

<strong>des</strong> Luftfahrtbun<strong>des</strong>amtes <strong>im</strong> Rahmen <strong>der</strong> Flugroutenfestlegung bei Sachverhalten mit transnationalem<br />

Bezug auszuüben sind, nicht beantwortet werden.<br />

III. Das Gebot zur Einbindung in die Bun<strong>des</strong>verwaltung nach Art. 87d GG<br />

Die schweizerische Skyguide AG n<strong>im</strong>mt, soweit sie die Flugverkehrsicherung <strong>im</strong> südwestdeutschen<br />

Raum abwickelt, wie auch die DFS GmbH, Aufgaben <strong>der</strong> Luftverkehrsverwaltung<br />

<strong>im</strong> Sinne <strong>des</strong> Art. 87d Abs. 1 GG wahr. Auch die Tätigkeit <strong>der</strong> Skyguide AG muss damit<br />

funktionell als bun<strong>des</strong>eigene Verwaltung nach Art. 87d Abs. 1 Satz 1 GG zu qualifizieren<br />

sein.<br />

Da Art. 87 Abs.1 GG es ausschließt, dass eine deutsche kapitalprivatisierte Gesellschaft <strong>des</strong><br />

Zivilrechts die Aufgaben <strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong> wahrn<strong>im</strong>mt, ist erst recht die Ausführung von<br />

hoheitlichen Aufgaben <strong>der</strong> Luftverkehrsverwaltung durch ein ausländisches Unternehmen<br />

verfassungswidrig. Die Privatisierungsschranke <strong>des</strong> Art. 87d Abs. 1 GG schließt generell die<br />

Beteiligung privatwirtschaftlicher Unternehmen an <strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong> ohne vorherige Verfassungsän<strong>der</strong>ung<br />

aus.<br />

Sollte <strong>der</strong> verfassungsän<strong>der</strong>nde Gesetzgeber Art. 87d GG dahin ergänzen, dass nicht allein<br />

eine nur organisationsprivatisierte Eigengesellschaft <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>, son<strong>der</strong>n ein privatwirtschaftlich<br />

handeln<strong>des</strong> Unternehmen mit privater Kapitalbeteiligung mit <strong>der</strong> Durchführung von<br />

hoheitlichen Aufgaben <strong>der</strong> Luftverkehrsverwaltung beliehen werden dürfte, stellte sich die


- 45 -<br />

Frage, ob <strong>der</strong> Bund auch bei <strong>der</strong> Wahrnehmung <strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong>saufgaben durch ein privates<br />

Unternehmen <strong>des</strong> schweizerischen Rechts seiner Gewährleistungsverantwortung nachkommen<br />

und seinen Einstandpflichten genügen könnte. Auch gegenüber <strong>der</strong> schweizerischen<br />

Skyguide AG müssten dem Bund hinreichende Kontroll-, Aufsichts- und Einwirkungsbefugnisse<br />

verbleiben, wenn eine Verfassungsän<strong>der</strong>ung die Übernahme von Aufgaben <strong>der</strong> Luftverkehrsverwaltung<br />

durch mit Hoheitsgewalt beliehene private Wirtschaftsunternehmen erlaubte.<br />

Das Bun<strong>des</strong>amt für <strong>Flugsicherung</strong> wird – wie auch <strong>der</strong>zeit das Luftfahrtbun<strong>des</strong>amt bzw. das<br />

Bun<strong>des</strong>ministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung – auf die Tätigkeit <strong>der</strong> Skyguide<br />

AG <strong>im</strong> Ergebnis nur durch Einwirkung auf die DFS GmbH Einfluss nehmen können, die ihrerseits<br />

Rechte gegenüber <strong>der</strong> Skyguide AG lediglich aus <strong>der</strong> Verwaltungsvereinbarung geltend<br />

machen kann. Auch nur an Rechts- und Fachaufsicht heranreichende Einflussmöglichkeiten<br />

kann <strong>der</strong> Bund durch seine Behörden mithin nicht ausüben, geschweige denn gegenüber<br />

<strong>der</strong> Skyguide AG mit den Mitteln <strong>der</strong> Verwaltungsvollstreckung – etwa <strong>im</strong> Wege <strong>der</strong><br />

Ersatzvornahme – vorgehen. Den nach Art. 87d Abs. 1 GG gegenwärtig gebotenen je<strong>der</strong>zeitigen<br />

Einfluss auf die Betätigung <strong>der</strong> Skyguide AG, <strong>der</strong> auch nach einer Verfassungsergänzung<br />

nach Vorbild <strong>der</strong> Art. 87e GG und Art. 87f GG gesichert sein müsste, kann <strong>der</strong> Bund gegenüber<br />

einer schweizerischen Gesellschaft nicht einmal <strong>im</strong> Ansatz ausüben. Die Wahrnehmung<br />

<strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong>saufgaben durch die Skyguide AG geschieht daher nicht in bun<strong>des</strong>eigener<br />

Verwaltung und mithin unter Verstoß gegen Art. 87d Abs. 1 GG. Das technische Übereinkommen<br />

ist folglich ebenso verfassungswidrig wie es die Fiktion <strong>des</strong> § 16 Abs. 2 bei einer<br />

Erstreckung auf die Skyguide AG wäre.<br />

Nur am Rande sei darauf hingewiesen, dass sowohl das Demokratieprinzip als auch das<br />

Rechtsstaatsprinzip <strong>der</strong> Verabschiedung einer gesetzlichen Best<strong>im</strong>mung entgegen stehen, die<br />

<strong>im</strong> Wege einer Fiktion einem gehe<strong>im</strong> gehaltenden „Technischen Übereinkommen“ die Wirkungen<br />

einer Beleihung eines ausländischen Unternehmens mit deutscher Hoheitsgewalt zumessen<br />

wollte. Alle Regelungen, die Gegenstand einer Beschlussfassung <strong>des</strong> Parlaments sind,<br />

müssen grundsätzlich öffentlich sein. Nur dann können die Abgeordneten die demokratische<br />

Verantwortung für die von ihnen beschlossenen Regelungen übernehmen und gegenüber dem<br />

Volk für ihr Handel einstehen.<br />

Zur Bedeutung <strong>der</strong> Öffentlichkeit für den demokratischen Prozess BVerfGE 85, 386<br />

(403 f.).<br />

Auch müssen Gesetze einschließlich <strong>der</strong> Regelungen, denen sie Geltungskraft zumessen, <strong>im</strong><br />

Bun<strong>des</strong>gesetzblatt veröffentlicht werden (Art. 82 Abs. 1 Satz 1). Nach <strong>der</strong> Rechtsprechung<br />

<strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>verfassungsgerichts gebietet das Rechtsstaatsprinzip die Verkündung förmlich<br />

gesetzter Rechtsnormen. Die Normen müssen <strong>der</strong> Öffentlichkeit in einer Weise förmlich zugänglich<br />

gemacht werden, die es den Betroffenen erlaubt, sich Kenntnis von ihrem Inhalt zu<br />

verschaffen.


BVerfGE 65, 283 (291); st.Rspr.<br />

- 46 -<br />

Die Rechtsklarheit als Bestandteil <strong>des</strong> Rechtsstaatsprinzips verlangt auch für vertragliche<br />

Normen, an die <strong>der</strong> Gesetzgeber <strong>im</strong> Wege einer fingierten Beleihung Rechtsfolgen knüpfen<br />

will, die Veröffentlichung, weil nur so <strong>der</strong> Regelungsgehalt <strong>der</strong> Gesetzesvorschrift nachvollziehbar<br />

wird. Grundvoraussetzung für die gesetzliche Fiktion einer Beleihungswirkung <strong>des</strong><br />

technischen Übereinkommens wäre also jedenfalls <strong>des</strong>sen Veröffentlichung.<br />

IV. Hoheitsrechtsübertragung an einen Privaten? – Der Rahmen <strong>der</strong> Artt. 24,<br />

59 GG<br />

Der Verstoß gegen Art. 87d Abs. 1 GG, <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Aufgabenwahrnehmung auf <strong>der</strong> Grundlage<br />

<strong>des</strong> technischen Übereinkommens liegt, könnte verfassungsrechtlich nur dann zu billigen sein,<br />

wenn <strong>der</strong> schweizerischen Skyguide AG die Wahrnehmung von <strong>Flugsicherung</strong>saufgaben aus<br />

Verfassungsgründen außerhalb <strong>des</strong> Bereichs <strong>der</strong> bun<strong>des</strong>eigenen Verwaltung gestattet wäre.<br />

Eine Übertragung <strong>der</strong> Wahrnehmung von <strong>Flugsicherung</strong>saufgaben, die Ausfluss <strong>der</strong> Lufthoheit<br />

<strong>der</strong> Bun<strong>des</strong>republik Deutschland sind und damit Ausprägungen eines Hoheitsrechts darstellen,<br />

Böckstiegel/Reifarth, ZLW 1983, 183 (187 f.); Zuleeg, ZLW 1975, 189 ff.<br />

könnte nach den Grundsätzen <strong>der</strong> Hoheitsrechtsübertragung nach Art. 24 Abs. 1 GG und <strong>der</strong><br />

Hoheitsrechtsbeschränkung auf Grund eines nach Art. 59 Abs. 2 GG transformierten Völkerrechtsaktes<br />

verfassungskonform sein.<br />

Nach Art. 24 Abs. 1 GG kann <strong>der</strong> Bund durch Gesetz Hoheitsrechte auf zwischenstaatliche<br />

Einrichtungen übertragen. Im Rahmen ihrer Zuständigkeit können die Län<strong>der</strong> entsprechend<br />

nach Art. 24 Abs. 1a GG mit Zust<strong>im</strong>mung <strong>der</strong> Bun<strong>des</strong>regierung Hoheitsrechte auf grenznachbarschaftliche<br />

Einrichtungen übertragen. Beide Normen vermögen die Übertragung <strong>der</strong><br />

Wahrnehmung von <strong>Flugsicherung</strong>saufgaben auf die Skyguide AG <strong>im</strong> Wege eines technischen<br />

Übereinkommens aber nicht zu rechtfertigen.<br />

Eine Übertragung nach Art. 24 Abs. 1 a GG scheidet schon <strong>des</strong>halb aus, weil mit <strong>der</strong> Flugverkehrsverwaltung<br />

nach Art. 87d Abs. 1 GG eine Angelegenheit in <strong>der</strong> Kompetenz <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong><br />

betroffen ist. Aber auch die Transferermächtigung <strong>des</strong> Art. 24 Abs. 1 GG kommt aus<br />

mehreren Gründen nicht in Betracht:<br />

Zum ersten handelt es sich bei dem technischen Übereinkommen nicht um eine dem Gesetzesvorbehalt<br />

<strong>des</strong> Art. 24 Abs. 1 GG genügende Handlungsform.<br />

Zum Parlamentsvorbehalt siehe BVerfGE 58, 1 (35 f.) – Eurocontrol. Aus <strong>der</strong> Lit.<br />

Pernice, in: Dreier (Hrsg.), GG, Kommentar, Band 2, 2000, Art. 24 Rdn. 28; Streinz,<br />

in: Sachs (Hrsg.), GG, Kommentar, 3. Aufl., 2003, Art. 24 Rdn. 22 m.w.Nw.


- 47 -<br />

Zum zweiten fehlt es auch den beteiligten Parteien, also <strong>der</strong> DFS GmbH und <strong>der</strong> Skyguide<br />

AG, an <strong>der</strong> erfor<strong>der</strong>lichen völkerrechtlichen Vertretungsbefugnis.<br />

So für das Luftfahrtbun<strong>des</strong>amt Böckstiegel/Reifarth, ZLW 1983, 183 (188 f.).<br />

Und zum dritten schließlich ist die Skyguide AG als juristische Person <strong>des</strong> schweizerischen<br />

Privatrechts keine taugliche Adressatin einer Hoheitsrechtsübertragung. Hoheitsrechte können<br />

gemäß Art. 24 Abs. 1 GG nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut lediglich auf zwischenstaatliche<br />

Einrichtungen, einschließlich <strong>der</strong> von diesen geschaffenen Organe (und den Wortlaut<br />

erweiternd u. U. auf ausländische Staaten)<br />

Entgegen <strong>der</strong> h. M., die eine Hoheitsrechtsübertragung auf ausländische Staaten nach<br />

Art. 24 Abs. 1 GG nicht für möglich hält, näher: Streinz, in: Sachs (Hrsg.), GG, Kommentar,<br />

3. Aufl., 2003, Art. 24 Rdn. 19; Pernice, in: Dreier (Hrsg.), GG, Kommentar,<br />

Band 2, 2000, Art. 24 Rdn. 24, so aber: Classen, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.),<br />

Grundgesetz, Kommentar, 5. Aufl., 2005, Art. 24 Rdn. 66. Näher: Gramm, DVBl.<br />

1999, 1237 ff.; Baldus, Die Verwaltung 32 (1999), 481 ff.<br />

– mithin also auf Völkerrechtssubjekte mit eigener Rechtspersönlichkeit – übertragen werden.<br />

Nicht erfasst sind nichtstaatliche Organisationen und Körperschaften, die in einen an<strong>der</strong>en<br />

Staat eingeglie<strong>der</strong>t sind – soweit sie nicht ihrerseits von einer zwischenstaatlichen Organisation<br />

benutzt werden.<br />

Vgl. BVerfGE 2, 347 (348); Pernice, in: Dreier (Hrsg.), GG, Kommentar, Band 2,<br />

2000, Art. 24 Rdn. 24 m. w. Nw.; Streinz, in: Sachs (Hrsg.), GG, Kommentar, 3. Aufl.,<br />

2003, Art. 24 Rdn. 19 f.<br />

An<strong>der</strong>s als etwa Eurocontrol<br />

Vgl. BVerfGE 58, 1 (31). Aus <strong>der</strong> Lit.: Rojahn, JZ 1979, 118 ff.; Uerpmann, in: von<br />

Münch/Kunig (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Band 3, 5. Aufl., 2003, Art. 87d<br />

Rdn. 9<br />

ist die Skyguide AG als gemischt-wirtschaftliches Unternehmen keine zwischenstaatliche<br />

Einrichtung; auch wird sie nicht von einer solchen zur Erfüllung von <strong>der</strong>en Aufgaben benutzt.<br />

Eine Hoheitsrechtsübertragung an sie nach Art. 24 Abs. 1 GG scheidet mithin aus.<br />

Soweit man die Tätigkeit <strong>der</strong> Skyguide AG als Hoheitsrechtsbeschränkung qualifiziert, ergibt<br />

sich nichts Abweichen<strong>des</strong>: Eine Hoheitsrechtsbeschränkung liegt vor, wenn <strong>der</strong> Bund die<br />

Ausübung frem<strong>der</strong> Hoheitsgewalt auf seinem Gebiet duldet o<strong>der</strong> gestattet.<br />

Ohler, Die Kollisionsordnung <strong>des</strong> Allgemeinen Verwaltungsrechts, 2005, S. 186 ff.,<br />

207; Gramm, DVBl. 1999, 1237 (1240 f.); Rojahn, in: v. Münch/Kunig (Hrsg.), GG,<br />

Kommentar, Band 2, 5. Aufl., 2004, Art. 24 Rdn. 23a m. w. Nw.


- 48 -<br />

Neben <strong>der</strong> Hoheitsrechtsbeschränkung durch Beteiligung <strong>der</strong> Bun<strong>des</strong>republik an einem gegenseitigen<br />

System kollektiver Sicherheit nach Art. 24 Abs. 2 GG können Hoheitsrechtsbeschränkungen<br />

durch völkerrechtliche Titel und <strong>der</strong>en Transformation mittels eines Parlamentsgesetzes<br />

nach Art. 59 Abs. 2 GG erfolgen. Das technische Übereinkommen zwischen<br />

zwei Privatrechtssubjekten – mögen sie auch mit <strong>der</strong> Ausübung von Hoheitsrechten beliehen<br />

sein – stellt keinen völkerrechtlichen Vertrag dar. Schon <strong>des</strong>halb kann nicht von einer wirksamen<br />

Hoheitsrechtsbeschränkung ausgegangen werden.<br />

Ein Beispiel für eine Hoheitsrechtsbeschränkung durch völkerrechtlichen Vertrag hätte die<br />

Übertragung <strong>der</strong> Durchführung <strong>der</strong> Flugüberwachung nach dem bilateralen Luftverkehrsabkommen<br />

zwischen <strong>der</strong> Bun<strong>des</strong>republik und <strong>der</strong> Schweiz vom 18. Oktober 2001 gebildet.<br />

Bentzien, ZLW 51 (2002), 493 (497 f.); Ohler, Die Kollisionsordnung <strong>des</strong> Allgemeinen<br />

Verwaltungsrechts, 2005, S. 207.<br />

Der insoweit maßgebliche Artikel 1 <strong>des</strong> Abkommens übertrug <strong>der</strong> Schweiz nicht nur die Befugnis<br />

zur Ausübung <strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong>sdienste, son<strong>der</strong>n eröffnete ihr auch die Möglichkeit<br />

<strong>der</strong> Übertragung auf die Skyguide AG (Abs. 3).<br />

Vgl.: „Art. 1<br />

(1) Die Bun<strong>des</strong>republik Deutschland gestattet <strong>der</strong> Schweizerischen Eidgenossenschaft die Abwicklung<br />

<strong>des</strong> Luftverkehrs nach Maßgabe <strong>des</strong> deutschen Rechtes und den beson<strong>der</strong>en Best<strong>im</strong>mungen dieses Vertrages<br />

in einem Teil <strong>des</strong> süddeutschen Luftraums südlich und westlich einer Linie zwischen den Städten<br />

Breisach bei Freiburg–Reutlingen–Ulm–Leutkirch–Oberstaufen. Die Schweizerische Eidgenossenschaft<br />

führt die Flugverkehrskontrolle(Flugverkehrskontrolldienst, Fluginformationsdienst, Flugalarmdienst)<br />

<strong>im</strong> genannten Luftraum durch. Die Bun<strong>des</strong>republik Deutschland erkennt die zu diesem Zweck von <strong>der</strong><br />

Schweizerischen Eidgenossenschaft nach Satz 1 vorgenommenen Kontrollmaßnahmen zur Durchführung<br />

<strong>der</strong> Flugverkehrskontrolle an. (…)<br />

(3) Die Schweizerische Eidgenossenschaft ist befugt, die Aufgaben nach Absatz 1 von einem <strong>Flugsicherung</strong>sunternehmen<br />

mit Sitz <strong>im</strong> schweizerischen Hoheitsgebiet durchführen zulassen. Ihre Verpflichtungen<br />

aus diesem Vertrag bleiben davon unberührt. (…)“.<br />

BT/Drs. 14/8731, S. 8 ff.<br />

Der Vertrag ist aber vom Schweizerischen Bun<strong>des</strong>rat nicht ratifiziert worden und ist damit<br />

nicht in Geltung erwachsen. Die Absicht <strong>der</strong> Vertragspartner, die Durchführung <strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong><br />

<strong>im</strong> deutschen Luftraum durch die Skyguide AG auf eine belastbare Rechtsgrundlage<br />

zu stellen, ist bisher nicht umgesetzt worden.<br />

Vgl. Begründung <strong>des</strong> Entwurfes zum Transformationsgesetz, BT/Drs. 14/8731, S. 6.


- 49 -<br />

V. Die Einwirkungen völkerrechtlicher Bindungen <strong>der</strong> Europäischen Gemeinschaft<br />

Die Nichteinbindung <strong>der</strong> Skyguide AG in die bun<strong>des</strong>eigene Verwaltung nach Art. 87d Abs. 1<br />

GG könnte durch mit Anwendungsvorrang versehene europarechtliche Regelungen gerechtfertigt<br />

sein. Dies wäre <strong>der</strong> Fall, wenn die DFS GmbH europarechtlich berechtigt wäre, mit <strong>der</strong><br />

schweizerischen Skyguide AG durch ein technisches Übereinkommen in <strong>der</strong> Weise zu kooperieren,<br />

dass letztere die Flugverkehrsdienste über dem südwestdeutschen Luftraum erfüllt,<br />

wenn sie also die Aufgaben, mit <strong>der</strong>en Erfüllung sie nach § 3 FSG-E i. V. m. § 16 FSG-E als<br />

beliehen gilt, auf eine Dritte übertragenen könnte.<br />

In europarechtlicher Perspektive könnte sich eine solche Subdelegationsbefugnis aus zwei<br />

Quellen ableiten lassen: Zum einen aus völkerrechtlichen Verpflichtungen <strong>der</strong> Gemeinschaft<br />

gegenüber <strong>der</strong> Schweiz und zum an<strong>der</strong>en auf sekundärrechtlicher Grundlage aus den SES-<br />

Verordnungen selbst.<br />

Die <strong>Flugsicherung</strong>sdienste-Verordnung sieht in ihrem Art. 10 Abs. 1 vor, dass zertifizierte<br />

<strong>Flugsicherung</strong>sorganisationen Dienste an<strong>der</strong>er in <strong>der</strong> Gemeinschaft zertifizierter Dienstleister<br />

in Anspruch nehmen können. Die formalisierten Rechtsgrundlagen dieser Zusammenarbeit<br />

sind nach Maßgabe <strong>des</strong> Art. 10 Abs. 2 VO EG Nr. 550/2004 den nationalen Aufsichtsbehörden<br />

mitzuteilen. Für die hier einschlägigen Flugverkehrsdienste <strong>im</strong> Sinne <strong>des</strong> Art. 8 <strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong>sdienste-Verordnung<br />

unterliegt die Zusammenarbeit <strong>der</strong> Zust<strong>im</strong>mung durch den<br />

Mitgliedstaat.<br />

„Artikel 10 – Beziehungen zwischen Dienstleistern<br />

(1) <strong>Flugsicherung</strong>sorganisationen können die Dienste an<strong>der</strong>er in <strong>der</strong> Gemeinschaft zertifizierter<br />

Dienstleister in Anspruchnehmen.<br />

(2) Die <strong>Flugsicherung</strong>sorganisationen formalisieren ihre Arbeitsbeziehungen durch schriftliche Vereinbarungen<br />

o<strong>der</strong>gleichwertige rechtliche Abmachungen, in denen die beson<strong>der</strong>en Aufgaben und Funktionen<br />

festgelegt sind, die die einzelnen Dienstleister übernehmen, und die einen Austausch von Betriebsdaten<br />

zwischen sämtlichen Dienstleistern <strong>im</strong> Hinblick auf den allgemeinen Flugverkehr ermöglichen.<br />

Diese Vereinbarungen o<strong>der</strong> Abmachungen werden <strong>der</strong> bzw. den betreffendennationalen Aufsichtsbehörden<br />

mitgeteilt.<br />

(3) In Fällen, in denen die Erbringung von Flugverkehrsdiensten betroffen ist, ist die Zust<strong>im</strong>mung <strong>der</strong><br />

betreffenden Mitgliedstaaten erfor<strong>der</strong>lich. In Fällen, in denen die Erbringung von Wetterdiensten betroffen<br />

ist, ist die Zust<strong>im</strong>mung <strong>der</strong> betreffenden Mitgliedstaaten erfor<strong>der</strong>lich, falls sie einen Dienstleister<br />

auf ausschließlicher Grundlage gemäß Artikel 9 Absatz 1 benannt haben.“, VO EG Nr. 550/2004, ABl.<br />

L 96 v. 31.03.2004, S. 14.<br />

Dieser europarechtlichen Vorgabe versucht <strong>der</strong> Bun<strong>des</strong>gesetzgeber in § 3 Abs. 6 FSG-E zu<br />

genügen. Hiernach gilt für die Zust<strong>im</strong>mung nach Art. 10 Abs. 3 VO EG Nr. 550/2004 <strong>der</strong> § 4<br />

Abs. 1 FSG-E entsprechend. Damit müssen die für die Beleihung maßgeblichen Voraussetzungen<br />

<strong>der</strong> Zuverlässigkeit und Eignung auch in <strong>der</strong> Person <strong>der</strong> kooperierenden <strong>Flugsicherung</strong>sorganisation<br />

vorliegen. Diese tritt jedoch gegenüber dem Bun<strong>des</strong>aufsichtsamt nicht in<br />

die Rechte und Pflichten <strong>der</strong> Beliehenen ein. Vielmehr hat sie <strong>im</strong> Verhältnis zur kooperierenden<br />

Organisation sicherzustellen, dass die ihr übertragenen <strong>Flugsicherung</strong>sdienste ordnungs-


- 50 -<br />

gemäß erbracht werden. Die Einwirkungsmöglichkeiten <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>amtes für <strong>Flugsicherung</strong><br />

sind nach § 3 Abs. 6 Satz 4 FSG-E darauf beschränkt, <strong>im</strong> Falle <strong>der</strong> Schlechterbringung <strong>der</strong><br />

Dienstleistungen von <strong>der</strong> beliehenen <strong>Flugsicherung</strong>sorganisation die unverzügliche Beendigung<br />

<strong>der</strong> Zusammenarbeit verlangen zu können.<br />

§ 3 Abs. 6 FSG-E: „Bedient sich eine beliehene <strong>Flugsicherung</strong>sorganisation bei <strong>der</strong> Erbringung von<br />

Flugverkehrsdiensten <strong>der</strong> Hilfe an<strong>der</strong>er zertifizierter Dienstleister, gilt § 4 Abs. 1 für die Zust<strong>im</strong>mung<br />

<strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>aufsichtsamts für <strong>Flugsicherung</strong> nach Artikel 10 Abs. 3 <strong>der</strong> Verordnung (EG) Nr. 550/2004<br />

entsprechend. Diese Dienstleister können <strong>im</strong> Namen und <strong>im</strong> <strong>Auftrag</strong> <strong>der</strong> beliehenen <strong>Flugsicherung</strong>sorganisation<br />

handeln, sie treten jedoch nicht in die Rechte und Pflichten <strong>der</strong> beliehenen <strong>Flugsicherung</strong>sorganisation<br />

gegenüber dem Bun<strong>des</strong>aufsichtsamt für <strong>Flugsicherung</strong> ein. Die beliehene <strong>Flugsicherung</strong>sorganisation<br />

ist verpflichtet, <strong>im</strong> Umfang <strong>der</strong> ihr obliegenden Pflichten die ordnungsgemäße Diensterbringung<br />

durch an<strong>der</strong>e Dienstleister sicherzustellen. Erbringt ein Dienstleister die Flugverkehrsdienste nicht<br />

ordnungsgemäß, kann das Bun<strong>des</strong>aufsichtsamt für <strong>Flugsicherung</strong> von <strong>der</strong> beliehenen <strong>Flugsicherung</strong>sorganisation<br />

die unverzügliche Beendigung <strong>der</strong> Zusammenarbeit mit diesem Dienstleister verlangen. Absatz<br />

4 Satz 4 bis 6 gilt entsprechend.“<br />

Die Zulässigkeit <strong>der</strong> zurückgenommenen Aufsichts- und Steuerungsintensität durch das Bun<strong>des</strong>amt<br />

für <strong>Flugsicherung</strong> begründet <strong>der</strong> Gesetzentwurf wie folgt: „ Um jedoch sicherzustellen,<br />

dass <strong>der</strong> zertifizierte Dritte, <strong>der</strong> nicht <strong>der</strong> deutschen Rechts- und Fachaufsicht unterliegt,<br />

seine Dienste ordnungsgemäß erbringt, wird die beliehene <strong>Flugsicherung</strong>sorganisation in die<br />

Pflicht genommen. Sie hat dafür Sorge zu tragen, dass die Erbringung <strong>der</strong> Flugverkehrsdienste<br />

insgesamt den Sicherheitsansprüchen genügt und hat insofern auf den Dritten einzuwirken.<br />

Erbringt <strong>der</strong> Dritte die Flugverkehrsdienste trotz <strong>der</strong> Einflussnahme <strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong>sorganisation<br />

nicht ordnungsgemäß, kann das Bun<strong>des</strong>aufsichtsamt für <strong>Flugsicherung</strong> von <strong>der</strong> beliehenen<br />

<strong>Flugsicherung</strong>sorganisation die unverzügliche Einstellung <strong>der</strong> Zusammenarbeit mit<br />

dem zertifizierten Dritten verlangen.“<br />

Begründung, BT/Drs. 16/240, S. 24.<br />

An die Stelle <strong>der</strong> unmittelbar ausgeübten Rechts- und Fachaufsicht durch das Bun<strong>des</strong>amt treten<br />

also die mittelbare Einwirkung über die beliehene <strong>Flugsicherung</strong>sorganisation und als<br />

letztes Mittel die <strong>der</strong> Beliehenen aufzugebende Beendigung <strong>der</strong> Zusammenarbeit.<br />

Durch diese Regelung genügt <strong>der</strong> Gesetzgeber nicht den ihn treffenden verfassungsrechtlichen<br />

Vorgaben aus Art. 87d Abs. 1 GG. Wie die Verfassung <strong>der</strong> Übertragung von Verwaltungsaufgaben<br />

auf deutsche privatwirtschaftlich arbeitende Unternehmen in ihrer gegenwärtigen<br />

Fassung entgegen steht, so schließt sie erst recht eine Subdelegation an ein ausländisches<br />

Unternehmen aus. Die Tätigkeit <strong>der</strong> Skyguide AG kann unter keinem Gesichtspunkt als Teil<br />

<strong>der</strong> bun<strong>des</strong>eigenen Luftverkehrsverwaltung verstanden werden. Selbst wenn die Verfassung<br />

nach dem Vorbild <strong>der</strong> Art. 87e GG und Art. 87f GG dahin geän<strong>der</strong>t werden sollte, dass auch<br />

privatwirtschaftlich handelnde Unternehmen Aufgaben <strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong> wahrnehmen dürften,<br />

stellte sich das Problem <strong>der</strong> nur sehr begrenzten Einwirkungsmöglichkeiten <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong><br />

auf eine ausländische Gesellschaft. Auch wenn <strong>der</strong> Bund Aufgaben <strong>der</strong> Luftverkehrsverwaltung<br />

nicht durch eigene Behörden, son<strong>der</strong>n durch Private erbringt, hat er aber einen je<strong>der</strong>zeitigen<br />

Zugriff auf <strong>der</strong>en Betätigung durch hinreichend steuerungsintensive Aufsichts- und<br />

Kontrollrechte gegenüber dem Privaten sicherzustellen, um seiner verfassungsunmittelbaren


- 51 -<br />

Gewährleistungsverantwortung für die Erfüllung <strong>der</strong> Verwaltungsaufgabe Luftverkehrsverwaltung<br />

nachzukommen.<br />

Vgl. die obigen Ausführungen unter C.I.<br />

Dieser Pflicht genügt <strong>der</strong> Gesetzentwurf gegenüber <strong>der</strong> beliehenen <strong>Flugsicherung</strong>sorganisation<br />

durch die umfassenden Aufsichts- und Kontrollrechte aus §§ 3 Abs. 4 f., 5 und 10 FSG-E,<br />

wenn man einmal das Problem <strong>der</strong> fehlenden verfassungsrechtlichen Ermächtigung für eine<br />

Kapitalprivatisierung außer Betracht lässt. In den genannten Vorschriften wird die generelle<br />

Rechts- und Fachaufsicht durch ein dichtes Netz an Zwangsmitteln – vom Zwangsgeld, über<br />

die Bestellung eines Beauftragten bis hin zur Abberufung <strong>der</strong> Geschäftsführer <strong>der</strong> beliehenen<br />

Gesellschaft – von Verfassungs wegen notwendig ergänzt. Im Fall <strong>der</strong> Drittkooperation versucht<br />

<strong>der</strong> Gesetzentwurf insoweit, die Gewährleistungsverantwortung für die ordnungsgemäße<br />

Diensterbringung auf die beliehene Organisation übertragen, ohne dass dieser <strong>im</strong> Verhältnis<br />

zu ihrem Kooperationspartner entsprechende Einflussmöglichkeiten zukämen.<br />

Diese Ausdünnung <strong>der</strong> von Art. 87d Abs. 1 GG gebotenen und gefor<strong>der</strong>ten Steuerungsmittel<br />

ist europarechtlich <strong>im</strong> Falle <strong>der</strong> Erbringung von Flugverkehrsdiensten nicht geboten: Nach<br />

Art. 10 Abs. 3 VO EG Nr. 550/2004 steht die Kooperation mit dritten, in <strong>der</strong> Gemeinschaft<br />

zertifizierten <strong>Flugsicherung</strong>sorganisationen unter <strong>der</strong> Voraussetzung, dass <strong>der</strong> jeweilige, für<br />

die Bewirtschaftung <strong>des</strong> in Rede stehenden funktionalen Luftraumblocks zuständige Mitgliedstaat<br />

dem zugest<strong>im</strong>mt hat. Auch für Fall <strong>der</strong> Erbringung von Flugverkehrsdiensten <strong>im</strong><br />

Sinne <strong>des</strong> Art. 8 VO EG Nr. 550/2004 belässt es <strong>der</strong> europäische Verordnungsgeber bei dem<br />

Vorbehalt zugunsten <strong>der</strong> Lufthoheit <strong>der</strong> Mitgliedstaaten. N<strong>im</strong>mt man hinzu, dass die Verordnungen<br />

insoweit rechtsformenneutral ausgestaltet sind und es den Mitgliedstaaten überlassen<br />

bleibt, ob sie Flugverkehrsdienste durch Private o<strong>der</strong> <strong>im</strong> Rahmen von unmittelbarer Hoheitsverwaltung<br />

erbringen,<br />

Stellungnahme <strong>der</strong> Kommission v. 27.08.2003, KOM(2003) 514 endg., S. 4.<br />

so folgt hieraus eine weite Gestaltungsfreiheit <strong>der</strong> Mitgliedstaaten bei <strong>der</strong> Ausgestaltung <strong>des</strong><br />

Zust<strong>im</strong>mungsvorbehalts nach Art. 10 Abs. 3 VO EG Nr. 550/2004 unter Beachtung ihrer jeweiligen<br />

verfassungsrechtlichen Bindungen. So wäre die Bun<strong>des</strong>republik europarechtlich frei,<br />

Flugverkehrsdienste zukünftig durch Einrichtungen unmittelbarer Bun<strong>des</strong>verwaltung, etwa<br />

das Luftfahrtbun<strong>des</strong>amt, zu erbringen o<strong>der</strong> an <strong>der</strong> Erbringung durch die lediglich organisationsprivatisierte<br />

DFS GmbH festzuhalten. Für <strong>der</strong>en Kooperation mit dritten zertifizierten Organisationen<br />

gilt danach unabhängig von <strong>der</strong> Notwendigkeit einer verfassungsrechtlichen<br />

Grundlage für eine Kapitalprivatisierung das Erfor<strong>der</strong>nis eines den Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>des</strong><br />

Art. 87d GG genügenden Niveaus an Einwirkungs- und Aufsichtsinstrumenten <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>,<br />

das diesem den je<strong>der</strong>zeitigen hinreichenden Einfluss auf die Diensterbringung sichert. Ist dieser<br />

Einfluss nicht zu gewährleisten, ist die Kooperation nicht mit Art. 87d GG vereinbar, und<br />

darf somit die Zust<strong>im</strong>mung nach Art. 10 Abs. 3 <strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong>sdienste-Verordnung von<br />

Verfassungs wegen nicht erteilt werden. Diesen Anfor<strong>der</strong>ungen genügt § 3 Abs. 6 FSG-E


- 52 -<br />

nicht. Er ist damit auch insoweit wegen Verstoßes gegen Art. 87d Abs. 1 GG verfassungswidrig<br />

und auch nicht wegen europarechtlicher Vorgaben anzuwenden.<br />

Im Falle <strong>der</strong> Kooperation zwischen <strong>der</strong> Skyguide AG und <strong>der</strong> DFS GmbH ist mangels eines<br />

vollzogenen Beitritts <strong>der</strong> Schweiz zu den SES-Verordnungen jedenfalls <strong>der</strong>zeit das Recht zur<br />

Kooperation und Zusammenarbeit mit dritten zertifizierten <strong>Flugsicherung</strong>sorganisationen aus<br />

Art. 10 <strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong>sdienste-Verordnung <strong>im</strong> Übrigen schon nicht anwendbar.<br />

Aber auch bei einem späteren – möglicherweise zu erwartenden – Beitritt <strong>der</strong> Schweiz zu den<br />

SES-Verordnungen ist <strong>der</strong> Bund in <strong>der</strong> Kooperation gehalten, seinen Steuerungs- und Aufsichtspflichten<br />

nachzukommen. Im Rahmen <strong>des</strong> technischen Übereinkommens können allerdings<br />

schon <strong>der</strong> DFS GmbH – und damit <strong>der</strong>zeit noch mittelbar dem Bund – keine Zwangsrechte,<br />

die zur Durchsetzung <strong>der</strong> Steuerungsinteressen <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> <strong>im</strong> Wege <strong>der</strong> Fachaufsicht<br />

prägend sind, erwachsen. Hier blieben nur die Instrumente <strong>des</strong> internationalen und <strong>des</strong><br />

schweizerischen Privatrechts und damit <strong>der</strong> Zivilrechtsweg. Eine den verfassungsrechtlichen<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen genügende Kompensation <strong>der</strong> dem Bund gegenüber den beliehenen <strong>Flugsicherung</strong>sunternehmen<br />

zukommenden Rechte ist damit nicht zu erreichen. Insoweit bleibt dem<br />

Bund nur <strong>der</strong> Weg über die völkerrechtliche Beschränkung seiner Hoheitsrechte in <strong>der</strong> Ausübung<br />

<strong>der</strong> Flugverkehrskontrolle in einem bilateralen Abkommen mit <strong>der</strong> Schweiz, wie es <strong>der</strong><br />

Vertrag vom 18. Oktober 2001 gewesen wäre.<br />

Eine Anwendung <strong>der</strong> SES-Verordnungen – und damit <strong>des</strong> Rechts zur Zusammenarbeit in <strong>der</strong><br />

Erbringung von <strong>Flugsicherung</strong>sdiensten – folgt auch nicht aus bilateralen Abkommen <strong>der</strong><br />

Europäischen Gemeinschaft und <strong>der</strong> Schweiz, die auch den Mitgliedstaat Bun<strong>des</strong>republik<br />

Deutschland grundsätzlich zu binden vermögen. Die gegenseitigen Rechte in Bezug auf den<br />

Flugverkehr haben die Europäische Gemeinschaft und die Schweiz <strong>im</strong> Abkommen vom 30.<br />

April 2002 nie<strong>der</strong>gelegt.<br />

Abkommen zwischen <strong>der</strong> Europäischen Gemeinschaft und <strong>der</strong> Schweizerischen Eidgenossenschaft<br />

über den Luftverkehr, ABl. EG L 114 v. 30.04.2002, S. 73 ff.<br />

Unabhängig davon, ob durch dieses Abkommen die Schweiz umfänglich in den Luftverkehrsbinnenmarkt<br />

eingeglie<strong>der</strong>t wurde – wie es die Schweiz <strong>im</strong> Verfahren vor dem Europäischen<br />

Gerichtshof vorträgt –, lässt das Abkommen jedenfalls keinen auf den Grundsatz <strong>der</strong><br />

Nichtdiskr<strong>im</strong>inierung nach <strong>der</strong> Staatsangehörigkeit und auf die Nie<strong>der</strong>lassungsfreiheit gestützten<br />

Gleichbehandlungsanspruch für schweizerische Flugverkehrssicherungs-<br />

Unternehmen zu.<br />

Die Erbringung von Flugverkehrsdiensten ist auch nach <strong>der</strong> Wertung <strong>des</strong> Art. 8 <strong>der</strong> VO EG<br />

Nr. 550/2004 weiterhin ein Element <strong>der</strong> mitgliedstaatlichen Lufthoheit und ist damit Ausübung<br />

von hoheitlicher Gewalt. Nach Art. 6 <strong>des</strong> Luftverkehrsabkommens zwischen <strong>der</strong> Europäischen<br />

Gemeinschaft und <strong>der</strong> Schweiz sind aber hoheitliche Tätigkeiten gerade von <strong>der</strong><br />

Erstreckung <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>lassungsfreiheit ausgenommen.


- 53 -<br />

„Art. 6<br />

Auf Tätigkeiten, die <strong>im</strong> Hoheitsgebiet einer Vertragspartei dauernd o<strong>der</strong> zeitweise mit <strong>der</strong> Ausübung öffentlicher<br />

Gewalt verbunden sind, finden die Artikel 4 und 5 <strong>im</strong> Hoheitsgebiet <strong>der</strong> betreffenden Vertragspartei<br />

keine Anwendung, “,<br />

Abkommen zwischen <strong>der</strong> Europäischen Gemeinschaft und <strong>der</strong> Schweizerischen Eidgenossenschaft über<br />

den Luftverkehr, ABl. EG L 114 v. 30.04.2002, S. 73 ff.<br />

Eine <strong>der</strong> Geltung <strong>des</strong> Zusammenarbeitsrechts aus Art. 10 VO EG Nr. 550/2004 gleichkommende<br />

Erstreckung von <strong>des</strong>sen Regelungsgehalt auf schweizerische <strong>Flugsicherung</strong>sorganisationen<br />

lässt sich <strong>im</strong> Ergebnis nicht auf das bilaterale Luftverkehrsabkommen zwischen <strong>der</strong><br />

Gemeinschaft und <strong>der</strong> Schweiz stützen. Auch insoweit ist <strong>im</strong> Falle ihres Inkrafttretens die<br />

Regelung <strong>des</strong> § 3 Abs. 6 FSG-E wegen Verstoßes gegen Art. 87d Abs. 1 GG verfassungswidrig<br />

und auf die Kooperation zwischen <strong>der</strong> DFS GmbH und Skyguide AG nicht anzuwenden.<br />

Der Verstoß gegen Art. 87d Abs. 1 GG, <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Übertragung <strong>der</strong> Aufgabe, Flugverkehrssicherungsdienste<br />

zu erbringen, auf die schweizerische Skyguide AG liegt, lässt sich folglich<br />

we<strong>der</strong> durch völker- noch durch europarechtliche Vorgaben rechtfertigen.


E. Ergebnisse in Thesen<br />

- 54 -<br />

1. Ob die geplante Kapitalprivatisierung <strong>im</strong> Wege <strong>der</strong> Aufgabe <strong>der</strong> Mehrheit <strong>der</strong> Bun<strong>des</strong>anteile<br />

an <strong>der</strong> DFS GmbH nach <strong>der</strong> ersatzlosen Streichung <strong>des</strong> § 31b LuftVG verfassungskonform<br />

ist, best<strong>im</strong>mt sich maßgeblich nach Art. 87d Abs. 1 GG.<br />

a. Art. 87d Abs. 1 GG begründet eine obligatorische Bun<strong>des</strong>verwaltungskompetenz.<br />

Die <strong>Flugsicherung</strong> und die Luftaufsicht nach §§ 27 c, 29 LuftVG beschreiben<br />

<strong>im</strong> Rahmen <strong>der</strong> Luftverkehrsverwaltung hoheitliche, son<strong>der</strong>polizeiliche<br />

Aufgaben.<br />

b. Die Qualifikation <strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong> als Gegenstand <strong>der</strong> bun<strong>des</strong>eigenen Verwaltung<br />

<strong>im</strong>pliziert, dass auch ihre Wahrnehmung Aufgabe <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> ist. Die<br />

Beteiligung eines privaten Unternehmens o<strong>der</strong> einer Privatperson an <strong>der</strong> Erfüllung<br />

dieser Staatsaufgabe wirft die Frage nach den Verfassungsgrenzen <strong>der</strong><br />

Privatisierung auf.<br />

c. Die Begründung <strong>der</strong> Verwaltungskompetenz <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> in Art. 87d Abs. 1<br />

GG steht <strong>der</strong> Annahme entgegen, die Aufgabe „Luftverkehrsverwaltung“ sei in<br />

die gesellschaftliche Sphäre entlassen und habe sich als Staatsaufgabe erledigt.<br />

Eine materielle Aufgabenprivatisierung überschreitet den Rahmen <strong>des</strong> Art. 87d<br />

Abs. 1 Satz 1 GG.<br />

d. Art. 87d Abs. 1 Satz 2 GG erlaubt dem Bund die Nutzung privatrechtlicher<br />

Organisationsformen, solange diese als bun<strong>des</strong>eigene Verwaltung angesehen<br />

werden können. Dies war das ausdrückliche Regelungsanliegen <strong>des</strong> verfassungsän<strong>der</strong>nden<br />

Gesetzgebers.<br />

e. Durch die verwaltungsmäßige Einbindung <strong>der</strong> Staatsaufgabe <strong>der</strong> Luftverkehrsverwaltung<br />

in die Verwaltungsorganisation <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> soll sichergestellt werden,<br />

dass die son<strong>der</strong>polizeilichen Schutzgüter, die durch den Luftverkehr tangiert<br />

werden können, nicht gefährdet werden.<br />

f. Art. 87d Abs.1 GG schließt eine Kapitalprivatisierung <strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong> nach<br />

Wortlaut, systematischem Zusammenhang mit Art. 87e GG und Art. 87f GG,<br />

Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck aus.<br />

g. Auch wenn Art.87d GG nach dem Vorbild <strong>der</strong> Art. 87e GG und Art. 87f GG<br />

dahin geän<strong>der</strong>t würde, dass zukünftig die Aufgabe <strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong> von privatwirtschaftlich<br />

handelnden Unternehmen wahrgenommen werden könnte,<br />

müsste <strong>der</strong> Bund sich hinreichende Einwirkungsmöglichkeiten gegenüber den<br />

mit Hoheitsgewalt zur Erfüllung ihrer son<strong>der</strong>polizeilichen Aufgaben zu beleihenden<br />

<strong>Flugsicherung</strong>sunternehmen sichern.<br />

h. Der Gesetzentwurf umfasst ein breites Spektrum an Instrumenten und Kompetenzen<br />

<strong>der</strong> Aufsichtsbehörde – also <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>amtes für <strong>Flugsicherung</strong> – zur<br />

Kontrolle <strong>der</strong> beliehenen und zu beleihenden <strong>Flugsicherung</strong>sunternehmen.<br />

Diese reichen von <strong>der</strong> präventiven Kontrolle <strong>im</strong> Vorfeld <strong>der</strong> Beleihung nach<br />

§ 4 Abs. 1 Nr. 2 FSG-E, über weitgehende Einflussmöglichkeiten <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>aufsichtsamtes<br />

für <strong>Flugsicherung</strong> und <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>ministeriums für Verkehr,<br />

Bau- und Stadtentwicklung gegenüber <strong>der</strong> beliehenen <strong>Flugsicherung</strong>sorganisa-


- 55 -<br />

tion nach § 3 Abs. 3 bis Abs. 6 FSG-E und §§ 5, 6, 10 FSG-E. So untersteht<br />

die beliehene <strong>Flugsicherung</strong>sorganisation bei <strong>der</strong> Erbringung von <strong>Flugsicherung</strong>sdiensten<br />

<strong>der</strong> Rechts- und Fachaufsicht <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>aufsichtsamtes für<br />

<strong>Flugsicherung</strong> (§ 3 Abs. 4 Satz 1 FSG-E). Wenn das beliehene <strong>Flugsicherung</strong>sunternehmen<br />

den Weisungen <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>amtes für <strong>Flugsicherung</strong> nicht<br />

nachkommt, hat dieses ein Ersatzvornahmerecht (§ 3 Abs. 4 Satz 4 FSG-E).<br />

Zur effektiven Ausübung dieser Rechte wird den Vertretern <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>amtes<br />

auch ein gesetzliches Betretungsrecht <strong>der</strong> Betriebsräume <strong>des</strong> <strong>Flugsicherung</strong>sunternehmens<br />

eingeräumt (§ 4 Abs. 5 FSG-E). Als letztes Mittel verbleibt <strong>der</strong><br />

Wi<strong>der</strong>ruf <strong>der</strong> Beleihung nach § 10 Abs. 1 FSG-E. Schließlich unterliegt die<br />

Geschäftsführung nach § 5 FSG <strong>der</strong> Kontrolle durch das Bun<strong>des</strong>aufsichtsamt.<br />

Das Bun<strong>des</strong>aufsichtsamt kann die Abberufung <strong>der</strong> Geschäftsführer verlangen,<br />

wenn diese fortgesetzt Aufgaben nicht ordnungsgemäß erfüllen, die dem Unternehmen<br />

übertragen worden sind. Nach näherer Best<strong>im</strong>mung <strong>des</strong> § 5 Abs. 2<br />

Satz 2 FSG-E kann das Bun<strong>des</strong>aufsichtsamt in diesen Fällen die Geschäftsführung<br />

auch einem Son<strong>der</strong>beauftragen übertragen.<br />

i. In ihrer Kumulation lassen diese Kontroll- und Einwirkungsrechte einen hinreichenden<br />

staatlichen Zugriff auf das Verwaltungsverhalten <strong>der</strong> beliehenen<br />

Organisation zu.<br />

2. Die bei <strong>der</strong> DFS GmbH monopolisierte und ihr auch nach § 16 FSG-E weiterhin zukommende<br />

Stellung als Erbringer von Flugverkehrsdiensten unterliegt <strong>im</strong> Ergebnis<br />

keinen europarechtlichen Bedenken:<br />

a. Die Beauftragung <strong>der</strong> DFS GmbH nach § 31b LuftVG mit <strong>Flugsicherung</strong>sdiensten<br />

nach § 27c LuftVG bewegt sich hinsichtlich <strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong> innerhalb<br />

<strong>des</strong> verordnungsrechtlich gesteckten Rahmens.<br />

b. Die hierin begründete Monopolstellung <strong>der</strong> DFS GmbH ist nach Art. 8 VO EG<br />

Nr. 550/2004 <strong>im</strong> Bereich <strong>der</strong> Erbringung von Flugverkehrsdiensten weiterhin<br />

<strong>der</strong> Regelfall.<br />

c. Die Erbringung von <strong>Flugsicherung</strong>sdiensten in den jeweils zu bewirtschaftenden<br />

funktionalen Luftraumblöcken bedarf nach Art. 8 EG VO 550/2004 <strong>der</strong><br />

Beauftragung eines <strong>Flugsicherung</strong>sunternehmens durch den jeweiligen Mitgliedstaat.<br />

Die Beleihung nach § 3 FSG-E stellt eben diese Beauftragung dar.<br />

3. Durch das Inkrafttreten <strong>des</strong> <strong>Flugsicherung</strong>sgesetzes und durch das Single European<br />

Sky-Verordnungspaket wird die Bewertung <strong>der</strong> Erbringung von Flugverkehrsdiensten<br />

durch die Skyguide AG nach bun<strong>des</strong>deutschem Verfassungsrecht nicht tangiert.<br />

a. Die Erbringung von Flugverkehrsdiensten durch die schweizerische Skyguide<br />

AG fußt <strong>der</strong>zeit auf einem zwischen dieser und <strong>der</strong> DFS GmbH geschlossenen<br />

technischen Übereinkommen.<br />

b. Die Skyguide AG ist als gemischtwirtschaftliches Unternehmen auf Grund <strong>des</strong><br />

Art. 2 VFSD i. V. m. Art. 40 Abs. 2 LFG mit <strong>der</strong> Wahrnehmung von Flugver-


- 56 -<br />

kehrsdiensten in <strong>der</strong> Schweiz betraut. Die Rechtsstellung <strong>der</strong> Skyguide AG ist<br />

damit <strong>der</strong>jenigen <strong>der</strong> DFS GmbH vergleichbar.<br />

c. Die Übergangsregelung <strong>des</strong> § 16 FSG-E, wonach „an<strong>der</strong>e Stellen“ bis zum 30.<br />

Juni 2007 als beliehen gelten, soweit sie nur mit <strong>Flugsicherung</strong>sdiensten betraut<br />

waren, führt nicht zu einer gesetzlichen Übertragung <strong>der</strong> Luftraumüberwachung<br />

auf die Skyguide AG. Das Erfor<strong>der</strong>nis <strong>der</strong> vorherigen Beauftragung<br />

an<strong>der</strong>er Stellen ist insoweit verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass<br />

letztere rechtmäßig mit <strong>der</strong> Wahrnehmung von <strong>Flugsicherung</strong>saufgaben beauftragt<br />

waren. Hieran aber fehlt es.<br />

4. Das deutsche Luftverkehrsrecht bietet keinen Anhalt, um <strong>der</strong> Beauftragung <strong>der</strong> Skyguide<br />

AG insbeson<strong>der</strong>e mit <strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong> <strong>der</strong> An- und Abflüge vom und zum Flughafen<br />

Zürich, Schranken zu setzen.<br />

a. Die Ausweisung von Flugrouten und <strong>der</strong>en Nutzung ist unabhängig davon,<br />

welche <strong>Flugsicherung</strong>sorganisation – die DFS GmbH o<strong>der</strong> die Skyguide AG –<br />

die Nutzung dieser Routen durch Luftverkehrunternehmen kontrolliert.<br />

b. Das deutsche Luftverkehrsrecht unterwirft Flughäfen dem Planfeststellungsverfahren<br />

nach §§ 6 ff. LuftVG. Dieses Verfahren findet in<strong>des</strong> nur Anwendung,<br />

wenn ein Flughafen innerhalb <strong>des</strong> territorialen Anwendungsbereichs <strong>des</strong><br />

Luftverkehrsgesetzes errichtet und betrieben werden soll. Das Territorialitätsprinzip<br />

steht einer Ausweitung deutscher Planfeststellungsverfahren auf jenseits<br />

<strong>des</strong> deutschen Staatsgebietes betriebene Flughäfen entgegen.<br />

5. Die schweizerische Skyguide AG n<strong>im</strong>mt, soweit sie die Flugverkehrsicherung <strong>im</strong><br />

südwestdeutschen Raum abwickelt, wie die DFS GmbH Aufgaben <strong>der</strong> Luftverkehrsverwaltung<br />

<strong>im</strong> Sinne <strong>des</strong> Art. 87d Abs. 1 GG wahr. Auch die Tätigkeit <strong>der</strong> Skyguide<br />

AG müsst <strong>des</strong>halb von Verfassungs wegen als bun<strong>des</strong>eigene Verwaltung nach<br />

Art. 87d Abs. 1 Satz 1 GG zu qualifizieren sein. Dies ist nicht <strong>der</strong> Fall.<br />

a. Art. 87d GG schließt eine Kapitalprivatisierung nicht nur deutscher, son<strong>der</strong>n<br />

auch ausländischer Unternehmen aus. Ein schweizerisches gemischtwirtschaftliches<br />

Unternehmen kann nicht Teil <strong>der</strong> bun<strong>des</strong>eigenen Verwaltung sein.<br />

b. Ein nach Art. 87d Abs. 1 GG gebotener je<strong>der</strong>zeitiger Einfluss auf die Betätigung<br />

<strong>der</strong> Skyguide AG kommt dem Bund nicht zu. Die Wahrnehmung <strong>der</strong><br />

<strong>Flugsicherung</strong>saufgaben geschieht daher nicht in bun<strong>des</strong>eigener Verwaltung<br />

und verstieße mithin selbst dann gegen Art. 87d Abs. 1 GG, wenn die Vorschrift<br />

dahin ergänzt würde, dass eine Aufgabenwahrnehmung durch ein privatwirtschaftliches<br />

Unternehmen zulässig wäre.<br />

c. Das geringere Kontroll- und Aufsichtsniveau gegenüber <strong>der</strong> Skyguide AG ist<br />

we<strong>der</strong> durch eine Hoheitsrechtsübertragung nach Art. 24 Abs. 1 GG auf die<br />

Schweiz noch durch eine Hoheitsrechtsbeschränkung <strong>im</strong> Verfahren nach<br />

Art. 59 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich gestattet. Hierfür ist das technische<br />

Übereinkommen zwischen <strong>der</strong> DFS GmbH keine rechtlich tragfähige Handlungsform.<br />

Im Rahmen <strong>des</strong> Art. 24 Abs. 1 GG ist die Skyguide, die keine zwi-


- 57 -<br />

schenstaatliche Einrichtung son<strong>der</strong>n ein gemischtwirtschaftliches Unternehmen<br />

schweizerischen Privatrechts ist, zudem keine taugliche Adressatin einer<br />

Hoheitsrechtsübertragung.<br />

d. Der Verstoß gegen Art. 87d Abs. 1 GG, <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Übertragung <strong>der</strong> Aufgabe,<br />

Flugverkehrssicherungsdienste zu erbringen, auf die schweizerische Skyguide<br />

AG liegt, ist we<strong>der</strong> nach völker- noch nach europarechtlichen Vorgaben einer<br />

abweichenden Beurteilung zu unterziehen:<br />

- We<strong>der</strong> eine Kapitalprivatisierung noch die verfassungswidrige Ausdünnung<br />

<strong>der</strong> von Art. 87d Abs. 1 GG gebotenen und gefor<strong>der</strong>ten Steuerungsmittel ist<br />

europarechtlich <strong>im</strong> Falle <strong>der</strong> Erbringung von Flugverkehrsdiensten geboten:<br />

Nach Art. 10 Abs. 3 VO EG Nr. 550/2004 steht die Kooperation mit<br />

dritten, in <strong>der</strong> Gemeinschaft zertifizierten <strong>Flugsicherung</strong>sorganisationen<br />

unter <strong>der</strong> Voraussetzung, dass <strong>der</strong> jeweilige, für die Bewirtschaftung <strong>des</strong> in<br />

Rede stehenden funktionalen Luftraumblocks zuständige Mitgliedstaat dem<br />

zugest<strong>im</strong>mt hat. Auch für den Fall <strong>der</strong> Erbringung von Flugverkehrsdiensten<br />

<strong>im</strong> Sinne <strong>des</strong> Art. 8 VO EG Nr. 550/2004 belässt es <strong>der</strong> europäische<br />

Verordnungsgeber bei dem Vorbehalt zugunsten <strong>der</strong> Lufthoheit <strong>der</strong> Mitgliedstaaten.<br />

- Die Mitgliedstaaten haben eine weite Gestaltungsfreiheit bei <strong>der</strong> Ausgestaltung<br />

<strong>des</strong> Zust<strong>im</strong>mungsvorbehalts nach Art. 10 Abs. 3 VO EG Nr. 550/2004<br />

unter Beachtung ihrer jeweiligen verfassungsrechtlichen Bindungen.<br />

- Für die Kooperation <strong>der</strong> DFS GmbH mit dritten, zertifizierten Organisationen<br />

ist über eine verfassungsrechtliche Zulassung einer Kapitalprivatisierung<br />

hinaus ein den Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>des</strong> Art. 87d GG genügen<strong>des</strong> Niveau an<br />

Einwirkungs- und Aufsichtsinstrumenten <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>, das diesem den je<strong>der</strong>zeitigen<br />

maßgeblichen Einfluss auf die Diensterbringung sichert, verfassungsrechtliche<br />

Voraussetzung <strong>der</strong> Zust<strong>im</strong>mung durch den Bund.<br />

- Im Falle <strong>der</strong> Kooperation zwischen <strong>der</strong> Skyguide AG und <strong>der</strong> DFS GmbH<br />

ist <strong>der</strong>zeit das Recht zur Kooperation und Zusammenarbeit mit dritten zertifizierten<br />

<strong>Flugsicherung</strong>sorganisationen aus Art. 10 <strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong>sdienste-Verordnung<br />

nicht anwendbar.<br />

- Eine Anwendung <strong>der</strong> SES-Verordnungen und damit <strong>des</strong> Rechts zur Zusammenarbeit<br />

in <strong>der</strong> Erbringung von Flugverkehrsdiensten folgt auch nicht<br />

aus bilateralen Abkommen <strong>der</strong> Europäischen Gemeinschaft und <strong>der</strong><br />

Schweiz, weil das Erbringen von Flugverkehrsdiensten die Ausübung von<br />

hoheitlicher Gewalt darstellt, die vom Anwendungsbereich <strong>der</strong> maßgeblichen<br />

Best<strong>im</strong>mungen ausgenommen ist.<br />

Prof. Dr. Wieland

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