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Schwerpunkt: Mikrofinanz Reckers: Auch Arme können Kredite bedienen Zu Gast im Schloss der RWE Power: BKU veranstaltet Kurzseminar zum Thema Mikrofinanz Mikrofinanzkredite als Bankgeschäfte mit doppeltem Profit: Unter diesem Thema lud der BKU jetzt zu einem Kurzseminar in Bergheim bei Köln. Zielgruppe waren BKU-Mitglieder aus dem Rheinland und die Teilnehmer des Board-Meetings der UNIA- PAC (s. Seite 18). 6_BKU-Journal 2_07 von Peter Unterberg Als Moderator erinnerte der Vorsitzende der Diözesangruppe Rhein-Main, Burkhard Leffers, daran, dass das Thema Mikrofinanzen im BKU schon mehr als 15 Jahre auf der Agenda stand, bevor es durch den Friedensnobelpreis für Prof. Muhammad Yunus geadelt wurde. Nun Kompetente Diskussionsrunde in Sachen Mikrofinanz: Dr. Christoph Berndorff (v.li.) und Dr. Hans Reckers aus Deutschland … Moderator Burkhard Leffers und Godwin Ehigiamusoe aus Nigeria … sowie José Ignacio Mariscal aus Mexiko und Guido Beazar aus Belgien. Fotos: Peter Unterberg zeige sich zunehmend, dass die soziale Einstellung in diesem Geschäft durch eine Professionalisierung ergänzt werden müsse. Hier komme der BKU als Unternehmerverband ins Spiel. Bundesbank-Vorstand Dr. Hans Reckers weiß noch um die Skepsis, die die Anfänge der Kleinkredite begleitet hat: Früher habe es geheißen, arme Menschen bräuchten Spenden, aber könnten doch keine Kredite bedienen, sagte er. Die Erfahrung zeige, dass das Gegenteil der Fall ist: Die zumeist armen Kunden der Kleinkredite arbeiteten hart für die Rückzahlung. Doch bei aller Begeisterung nannte Reckers auch die Grenzen: Selbst Länder mit funktionierenden Mikrofinanzmärkten müssten durch Spenden und staatliche Entwicklungshilfe gefördert werden – etwa für den Aufbau von Infrastruktur und Bildungswesen. Die meisten Kreditnehmer sind Frauen Als Vertreter Afrikas trat Godwin Ehigiamusoe auf, der Direktor der nigerianischen Organisation Lapo (Living above poverty organisation). Er betonte, dass Kleinstkredite für Selbstständige in der Dritten Welt nicht nur eine gute Sache seien, sondern auch ein profitables Bankgeschäft. Folglich hat seine Organisation damit begonnen, auch andere Finanzdienstleistungen anzubieten. Die hohe Rückzahlungsquote werde erreicht, indem die Kreditnehmer sich in kleinen Gruppen gegenseitig unter sozialer Kontrolle halten. Interessant sei auch, dass 98 Prozent der Lapo-Kunden Frauen sind. Der Grund dafür: Während die Männer ihre Verdienste sehr bald konsumieren, sparen Frauen weiter, um Rücklagen für die Zukunft und die Kinder zu bilden. FinComun: Mikro- Banking professionell Noch professioneller als die Lapo präsentierte sich die mexikanische FinComun, die vom neuen Weltpräsidenten der UNIAPAC, José Ignacio Mariscal, ins Leben gerufen wurde. Er berichtete von einer wissenschaftlichen Untersuchung über Einkommen und Selbstverständnis seiner Kreditnehmer: Schon sehr schnell steige das Einkommen der Kunden auf das Zweieinhalbfache des Mindestlohnes – und das Selbstbewusstsein gleich mit, betonte Mariscal. Die Kreditausgabe wird durch Spareinlagen und Mikro-Versicherungen flankiert. Zwölf Jahre nach dem Start versorgt FinComun heute 106 000 Kunden – mit steigender Tendenz. Berndorff: Mikrofinance-Fonds der Pax-Bank Als Vertreter einer Kreditinstitutes, dessen Kunden Aktivitäten im Mikrofinanzbereich erwarten, präsentierte sich der Vorstandsvorsitzende der Kölner Pax- Bank, Dr. Christoph Berndorff. Er erinnerte an die Tradition der Volks- und Raiffeisenbanken, die im 19. Jahrhundert in Deutschland mit Mikrokrediten für Handwerker angefangen haben. Die Pax- Bank hat kürzlich ein Zertifikat aufgelegt, in dem auch Mikrofinanzanteile enthalten sind. Allerdings sei deren Anteil bislang aus Sicherheitsgründen und wegen gesetzlicher Vorgaben limitiert. Besonders wichtig ist für ihn der Geist dieser Aktivitäten: „Wir wollen das mit Afika organisieren und nicht für Afrika“, betonte Berndorff. Sehr aktiv im Geschäft ist der belgische Partnerverband des BKU, die VKW. Dessen Präsident Guido Beazar gab eine einleuchtende Erklärung für dieses Engagement: Unternehmer hegen nun einmal Sympathie für andere Unternehmer und unterstützen daher auch ihresgleichen in den Entwicklungsländern. Als Vertreter des BKU-Bundesvorstandes hatte der stellvertretende Bundesvorsitzende, Dr. Thomas Müller-Kirschbaum, die vom BKU formulierten „Zehn Gebote für Unternehmer“ ins Englische übersetzen lassen. So bekamen die Gäste aus aller Welt auch noch eine kompakte Einführung in werteorientierter Unternehmensführung. Für den festlichen Rahmen sorgte die RWE-Power AG, die in ihr Wasserschloss Paffendorf bei Bergheim eingeladen hatte. Von BKU-Mitglied und RWE-Direktor Dr. Christian Lögters erfuhren die Teilnehmer deshalb auch alles Wesentliche über den rheinischen Braunkohletagebau. ■
Den Menschen trauen und hart arbeiten Auf Einladung des BKU stellt Friedensnobelpreisträger Yunus sein Erfolgsrezept Mikrofinanz vor Seine Vision kann er in klaren, einfachen Worten eindrucksvoll beschreiben: Das bewies der Gründer der Grameen-Bank und Träger des Friedensnobelpreises, Prof. Muhammad Yunus, jetzt bei einer BKU- Veranstaltung in Köln. von Peter Unterberg Yunus beschrieb, wie sich das Erfolgsmodell der Grameen-Bank 31 Jahre nach ihrer Gründung auf ganz Bangladesch ausgebreitet hat. Im vergangenen Jahr habe die Bank pro Tag zwei Filialen eröffnet, sagte er. Das Prinzip dabei ist ebenso einfach wie drastisch: Die achtköpfigen Teams werden ohne eigenes Geld in Provinzdörfer geschickt und können erst dann mit der Vergabe von Kleinkrediten an Arme anfangen, wenn sie vor Ort das Geld dafür akquiriert haben. Dafür versammeln sie die örtlichen Eliten und fordern sie auf, Spareinlagen zu leisten. Da die Bank einen guten Ruf habe und gute Zinsen zahle, gelinge dies in der Regel sehr schnell. Spielen die Eliten nicht mit, zieht die Grameen-Bank weiter. 86 Prozent der Teams schafften jedoch die Vorgabe, binnen eines Jahres den Breakeven-Point zu erreichen, versicherte Yunus. Fünf Sterne messen den Erfolg Der Erfolg der Arbeit werde mit einem Fünf-Sterne- System gemessen. Jeweils einen Stern gibt es für eine Rückzahlungsquote von 100 Prozent, profitables Arbeiten, Zahlungen an die Zentrale, den Schulbesuch aller (!) Kinder der Kunden und das Errei- Der Friedensnobelpreisträger und die Gastgeber des BKU: Schatzmeister Winfried Hinzen von der Pax-Bank (v.li), Prof. Muhammad Yunus, die BKU-Vorsitzende Marie-Luise Dött, MdB, und Arbeitskreis-Leiter Prof. Dr. Winfried Pinger. Foto: Peter Unterberg chen des Zieles, die Kunden aus der Armut zu führen. Der Weg aus der Armut gilt als gelungen, wenn alle Kunden ein Dach über dem Kopf und Zugang zu sauberem Trinkwasser haben, ausreichend gekleidet sind und in einem eigenen Bett schlafen. „It’s a tough job but they get it!“, versicherte der Friedensnobelpreisträger. Eine wichtige Rolle spielt das Menschenbild des Mohammedaners Yunus, das sehr an die Katholische Soziallehre erinnert: „Jeder von uns hat ein unbegrenztes Potenzial“, versichert er. Die Gesellschaft sei jedoch so organisiert, „dass viele dieses Geschenk gar nicht auspacken“, klagte er. Seine Mikro-Kredite sieht er als Werkzeug, diese Geschenke auszupacken. Bettler werden Händler Yunus ist überzeugt, dass dies für alle Menschen gilt, selbst für die Ärmsten der Armen. Um das zu beweisen, hat er vor drei Jahren damit angefangen, auch Bettler zu unterstützen. Als Startkapital gab es ein paar Kekse oder billige Spielwaren. Wenn die Bettler nun von Haus zu Haus gehen, können sie neben dem Betteln auch diese Waren anbieten und werden so schrittweise zu Händlern. Der Blick auf die Politik Auf die Frage nach seinen Zukunftsprognosen für das Mikro-Finanz-Geschäft verwies Yunus auf den rechtlichen Rahmen: In fast allen Ländern seien die Bankgesetze auf die Gründung von großen Banken ausgelegt, die er als „Supertanker“ bezeichnet. Mikrofinanz-Banken seien dagegen kleine Boote, die anderen Gesetzmäßikgeiten folgen – und andere Gesetze brauchen. Im eigenen Land hat er den Markt mittlerweile fast abgedeckt. Yunus schätzt, dass in Bangladesch 80 Prozent der Menschen Zugang zu Mikrokrediten haben. Im Jahr 2010 möchte er die 100 Prozent-Marke erreichen und damit das „Menschenrecht auf Kredit“ verwirklichen. Mit Blick auf den G8-Gipfel in Heiligendamm forderte Yunus die Politiker auf, die Schwerpunkt: Mikrofinanz Millenniumsziele zur Armutsbekämpfung nicht aus den Augen zu verlieren. Statt auf dem Gipfel neue Programme aufzulegen, sollten lieber die alten Ziele realisiert werden. Sein Rezept dafür ist einfach: „Trust in the people and hard work“. Dött: Lange Mikrofinanz - Tradition des BKU Die BKU-Vorsitzende Marie-Luise Dött, MdB, erinnerte in ihrem Grußwort daran, dass der BKU bereits seit 15 Jahren Mikrofinanz-Einrichtungen in Kenia, Nigeria und Uganda unterstützt. Dabei habe sich gezeigt, dass die stärkste Kraft im Kampf gegen die Armut die armen Menschen selbst sind. Der Vorsitzende des BKU-Arbeitskreises Unternehmerische Entwikklungszusammenarbeit, Prof. Dr. Winfried Pinger, ergänzte unter Bezug auf Yunus: „Mikrokredite sind keine Wohltätigkeit. Sie sind Business!“ Pinger, der das Treffen mit dem Nobelpreisträger ermöglicht hatte, betonte, dass der BKU seit 15 Jahren die Plattform stellt, mit der Unternehmer, Bankenvertreter, Politiker und Kirchen das Thema vorantreiben. Derzeit gehe es darum, Mikrofinanz-Fonds auch in Deutschland zuzulassen. Als Unterstützer der Veranstaltung trat die Kölner Pax- Bank auf, die durch ihr Vorstandsmitglied Winfried Hinzen vertreten wurde. Hinzen verwies auf die Mikrofinanz- Aktivitäten der Bank und dankte Yunus dafür, dass er zeigt, wie die Armut mit wenig Geld erfolgreich bekämpft werden kann. Aus Sicht eines Bankers sei dies die beste Dividende für das eingesetzte Geld. ■ BKU-Journal 2_07 7
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