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Tagungen<br />
Wie viel „verdient“ der Vorstandsvorsitzende?<br />
Vier Unternehmer diskutieren die werteorientierte Führung im Alltag<br />
Für die Choreografie der<br />
Schmallenberger Tagung<br />
hat sich eine Zweiteilung<br />
bewährt: Nach eher theoretischen<br />
Vorträgen am ersten<br />
Tag, kommen am zweiten<br />
die Praktiker zu Wort. In<br />
diesem Jahr diskutierten<br />
vier gestandene Unternehmer,<br />
wie sie persönlich mit<br />
Werten führen.<br />
von Peter Unterberg<br />
Den Auftakt der Statements<br />
machte Dr. Stella Ahlers, die<br />
seit Juli 2005 Vorstandsvorsitzende<br />
der Ahlers AG in Herford<br />
ist. Das Unternehmen mit<br />
rund 3 000 Mitarbeitern produziert<br />
seit 1919 Herrenkleidung,<br />
unter anderem die Marken<br />
Pierre Cardin und Pioneer-Jeans.<br />
Ahlers hat Theologie<br />
und Jura studiert.<br />
Ahlers wurde sehr schnell<br />
konkret und nannte Beispiele<br />
aus ihrer Arbeit. Für sie gehört<br />
zum werteorientierten Führen,<br />
• dass die Gehälter von Vorständen<br />
und Mitarbeitern in<br />
einem angemessenen Verhältnis<br />
stehen;<br />
• dass Mitarbeiter auch in<br />
Krisenzeiten mitgetragen<br />
werden, etwa bei längeren<br />
Krankheiten;<br />
• dass die Mitarbeiter weder<br />
über- noch unterfordert<br />
werden;<br />
• dass ein guter Umgangston<br />
herrscht;<br />
• dass mit Fehlern konstruktiv<br />
umgegangen wird.<br />
Diese Wertekultur sei ihr<br />
nicht nur im Inland wichtig,<br />
betonte sie. So achte sie in den<br />
ausländischen Produktionsstätten<br />
des Unternehmens darauf,<br />
dass auch dort Mindeststandards<br />
für die Mitarbeiter<br />
gewahrt werden. Im Werk in<br />
Sri Lanka sei eine gute Ernährung<br />
der Arbeiter ebenso<br />
selbstverständlich wie eine<br />
22_<strong>BKU</strong>-Journal 2_07<br />
Über Unternehmensethik in der Praxis diskutierten in Schmallenberg Fritz<br />
Roth (v.li.), Dr. Stella Ahlers, Wilhelm A. Böllhoff und Dr. Thomas Rusche.<br />
ärztliche Versorgung und gute<br />
Löhne. Und die eigenen Aktionäre<br />
gelte es, „ehrlich zu informieren,<br />
auch wenn es<br />
manchmal nicht so gut läuft“.<br />
Dies alles basiere auf einer<br />
Haltung, die sich der Unternehmer<br />
täglich neu bewusst zu<br />
machen habe. Allerdings seien<br />
die Werte langfristig gut für<br />
das Unternehmen, denn „das<br />
stärkt die Motivation der Mitarbeiter<br />
und dient der Reputation“.<br />
Böllhoff führt durch<br />
Zielvereinbarungen<br />
Wilhelm Alexander Böllhoff<br />
führt gemeinsam mit seinem<br />
Bruder in vierter Generation<br />
die Wilhelm Böllhoff<br />
GmbH & Co KG in Bielefeld,<br />
die Befestigungselemente produziert<br />
und vertreibt.<br />
<strong>BKU</strong>-Mitglied Böllhoff<br />
setzt auf eine Mischung aus<br />
Werten und „knallharten Anforderungen<br />
an die Mitarbeiter“.<br />
Schon sehr früh habe sich<br />
Böllhoff ein Leitbild gegeben,<br />
das ständig überarbeitet werde.<br />
Viele der darin formulier-<br />
ten Werte entstammen der Katholischen<br />
Soziallehre:<br />
• die persönliche Anerkennung<br />
der Mitglieder passe<br />
zur Personalität;<br />
• das Mitdenken-Dürfen sei<br />
Ausdruck der Subsidiarität;<br />
• das Gefühl der Mitarbeiter,<br />
dazuzugehören, lasse sich<br />
mit Solidarität beschreiben.<br />
Böllhoff führt weitgehend<br />
durch Zielvereinbarungen und<br />
delegiert Verantwortung. Dazu<br />
gebe es formalisierte Führungsmittel<br />
wie Beratungsund<br />
Fördergespräche oder Abteilungsversammlungen.<br />
Böllhoff wandte sich gegen<br />
eine Schwarz-Weiß-Malerei,<br />
die den Mittelstand als Heilsbringer<br />
der Wirtschaft glorifiziere<br />
und die Großkonzerne<br />
pauschal in Schutt und Asche<br />
rede. Es gebe durchaus auch<br />
gut geführte Großkonzerne –<br />
und schlechte Mittelständler –<br />
stellte er klar. Wie Ahlers gehört<br />
zu seinem Wertegefüge<br />
auch die richtige Gehaltsstruktur:<br />
„Kann ein Vorstandsvorsitzender<br />
300 Mal soviel<br />
Wert sein wie ein guter Mitarbeiter?“<br />
fragt sich Böllhoff.<br />
Roth und<br />
die letzten Werte<br />
„Bin ich der, der die Werte<br />
zu Grabe trägt?“ stellte sich<br />
unter Anspielung auf seinen<br />
Beruf als Bestatter Fitz Roth<br />
vor, Inhaber der Pütz-Roth Bestattungen<br />
und Trauerbegleitung<br />
in Bergisch Gladbach,<br />
und neuer Vorsitzender der<br />
<strong>BKU</strong>-Diözesangruppe Köln.<br />
Roth geht in seiner Branche<br />
bewusst eigene Wege, die er<br />
wortgewaltig skizzierte. Er<br />
kritisierte den Trend, Verstorbene<br />
zu „entsorgen“, und bietet<br />
als Alternative eine echte<br />
Trauerarbeit an. Seine Seminare<br />
zu den letzten Fragen erreichen<br />
20 000 Besucher im<br />
Jahr.<br />
Roth erlebt, dass die Menschen<br />
am Sarg ihrer Angehörigen<br />
Werte neu entdecken und<br />
existenzielle Fragen aufkommen.<br />
„Den eigenen Tod, den<br />
stirbt man nur, aber den Tod<br />
der anderen, dem muss man<br />
leben“, sagte er in Anlehnung<br />
an Mascha Kalliko.<br />
Rusche: Niemand hat<br />
eine weiße Weste<br />
Vor zu hohen Erwartungen<br />
warnte Moderator Dr. Thomas<br />
Rusche. Für ihn steht fest, dass<br />
am Ende kein Unternehmer<br />
mit weißer Weste vor dem<br />
Herrgott stehen wird. „Wer auf<br />
dem Fußballplatz mitspielt,<br />
der macht sich schmutzig“,<br />
weiß er.<br />
Doch wie soll man diese<br />
Spannung aushalten? Rusche<br />
etwa sucht Führungskräfte, die<br />
seine Werte teilen. Dazu gehöre<br />
etwa ein Filialleiter in Russland,<br />
der lieber mal auf zwei<br />
Millionen Umsatz verzichtet,<br />
als 10 000 Euro Schmiergelder<br />
zu zahlen. ■