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Sonderthema Bildung<br />
Staatliche Anreize an das einzelne Kind binden<br />
Interview mit dem Leiter des <strong>BKU</strong>-Arbeitskreises Bildung, Jörg E. Feuchthoven<br />
Um Inhalte, Hintergründe<br />
und Erfolgsaussichten des<br />
neuen <strong>BKU</strong>-Papiers zur<br />
frühkindlichen Bildung<br />
geht es im folgenden Interview<br />
mit dem Leiter des<br />
<strong>BKU</strong>-Arbeitskreises Bildung,<br />
Jörg E. Feuchthoven.<br />
<strong>BKU</strong>-Journal: Herr Feuchthofen,<br />
das neue <strong>BKU</strong>-Positionspapier<br />
„Erziehung fördern,<br />
Eltern stärken“ ruft zu<br />
mehr frühkindlicher Bildung<br />
und Erziehung auf,<br />
will Eltern zudem eine echte<br />
Wahlmöglichkeit zwischen<br />
Selbst- und Fremdbetreuung<br />
geben und überdies<br />
auch noch die Förderung<br />
von Institutionen durch<br />
Pro-Kopf-Zuwendungen<br />
per Gutschein ersetzen. Ist<br />
das nicht ein bisschen viel<br />
auf einmal? Brauchen wir<br />
wirklich auf diesem Feld<br />
gleich eine Revolution statt<br />
einer Evolution?<br />
Feuchthofen: Wir haben einen<br />
sehr konkreten Vorschlag<br />
gemacht, wie unser vorschulischesBildungssystem<br />
in zehn Jahren aussehen<br />
kann. Dabei sind uns<br />
drei Dinge besonders wichtig:<br />
Das Kindeswohl, echte<br />
Wahlfreiheit für die Eltern<br />
und mehr Qualität des Systems.<br />
Bei den ersten beiden<br />
Punkten gibt es einen breiten<br />
Konsens, beim letzten<br />
aber einen heftigen Streit,<br />
wie wir mehr Qualität erreichen<br />
können. Als Unternehmer<br />
setzen wir hierbei<br />
auf den Wettbewerb der Anbieter,<br />
der natürlich einer<br />
staatlichen Rahmenordnung<br />
bedarf. Wir sind aber<br />
überzeugt davon, dass die<br />
„Entdeckungsverfahren“<br />
vieler, miteinander im Wettbewerb<br />
stehender vorschulischerBildungseinrichtun-<br />
Bildungsexperte: Der Leiter des Arbeitskreises Bildung, Jörg E. Feuchthoven,<br />
ist im Hauptberuf Geschäftsführer der hessischen Unternehmerverbände<br />
(VHU). Foto: VHU<br />
gen zu mehr pädagogischer<br />
Qualität und Innovation<br />
führt als 20 oder 30 oder<br />
noch mehr staatlich-wissenschaftliche<br />
Studien.<br />
Wettbewerb<br />
der Kindergärten?<br />
<strong>BKU</strong>-Journal: Sind denn unsere<br />
katholischen Kindergärten<br />
für diesen Wettbewerb<br />
um jedes Kind gerüstet?<br />
Feuchthofen: Davon bin ich<br />
überzeugt. In unserem Modell<br />
kann die Kirche die<br />
bisherigen Trägerbeiträge,<br />
die sie nicht mehr als verpflichtenden<br />
Eigenbeitrag<br />
leisten muss, da die Gutscheine<br />
als Vollkostendeckung<br />
kalkuliert sind, in die<br />
bessere Qualifizierung und<br />
Honorierung ihres Personals<br />
sowie in zusätzliche<br />
Angebote wie Fremdsprachen,<br />
musische Angebote<br />
und natürlich auch in zusätzliche<br />
religiöse Akzente<br />
investieren. Die katholischen<br />
Einrichtungen könnten<br />
sich so noch stärker profilieren<br />
und klare Wettbewerbsvorteile<br />
erzielen.<br />
<strong>BKU</strong>-Journal: Muss das denn<br />
wirklich sein: Wettbewerb<br />
im Kindergartenbereich?<br />
Ist unser Bildungswesen<br />
wirklich so schlecht?<br />
Feuchthofen: Nein, es ist generell<br />
sogar gut und die<br />
Fachkräfte in unseren Kitas<br />
– gerade den katholischen<br />
– sind sehr engagiert. Das<br />
zeigt die große Nachfrage<br />
aus der Elternschaft. Gut ist<br />
aber in Zukunft nicht mehr<br />
gut genug. Das ist der<br />
Punkt. Nur zwei Zahlen: In<br />
China haben im vergangenen<br />
Jahr 400 000 Ingenieure<br />
die Hochschulen verlassen,<br />
in Deutschland nur<br />
40 000. Noch sind von den<br />
Chinesen nur 4 000 so gut<br />
wie unsere jungen Ingenieure,<br />
aber es ist nur eine<br />
Frage der Zeit, wann die<br />
40 000 besten Chinesen un-<br />
ser Niveau erreicht haben.<br />
Besser sein als<br />
Chinesen und Inder<br />
Und dann besteht die Gefahr,<br />
dass die Chinesen uns<br />
nicht nur preislich, sondern<br />
auch qualitativ Konkurrenz<br />
machen. Wir haben also<br />
keine Wahl: Wir müssen<br />
immer besser sein als eine<br />
Milliarde Chinesen und eine<br />
Milliarde Inder billiger<br />
sind. Das wird nur mit einem<br />
Quantensprung der<br />
Bildungsqualität in Deutschland<br />
erreichbar sein, und<br />
dafür brauchen wir Wettbewerb,<br />
mehr Unternehmergeist<br />
und viel privates Kapital,<br />
in der Bildung sozusagen<br />
von Anfang an.<br />
<strong>BKU</strong>-Jounal: Und das schon<br />
im Kindergarten?<br />
Feuchthofen: Ja, denn der<br />
wissenschaftliche Konsens<br />
ist eindeutig. In den ersten<br />
Lebensjahren werden die<br />
Grundlagen für die Lernfähigkeit<br />
des jungen Menschen<br />
gelegt. Wir brauchen<br />
das beste vorschulische Bildungssystem<br />
der Welt,<br />
wenn wir den Wohlstand in<br />
unserem Lande dauerhaft<br />
sichern wollen.<br />
<strong>BKU</strong>-Journal: Wie wollen Sie<br />
dabei verhindern, dass Kinder<br />
aus sozial schwachen<br />
Familien auf der Strecke<br />
bleiben?<br />
Feuchthofen: Unser Vorschlag<br />
gibt jedem Kind einen<br />
Gutschein, der nicht<br />
übertragbar, nicht handelbar<br />
und nicht wie das Kindergeld<br />
anderweitig konsumierbar<br />
ist. Kein Kind wird<br />
also von der Möglichkeit<br />
ausgeschlossen, eine Einrichtung<br />
zu besuchen, deren<br />
pädagogische Qualität<br />
Fortsetzung auf Seite 16<br />
<strong>BKU</strong>-Journal 2_07 15